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KIT Universität des Landes Baden-Württemberg und nationales Forschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft 2. Karlsruher Zukunftstagung „Betriebliches Gesundheitsmanagement“, 09. Oktober 2017 www.kit.edu Arbeit 4.0 und Aging Workforce Herausforderungen für die bewegungsbezogene Gesundheitsförderung Prof. Dr. Alexander Woll (Leiter Netzwerk Gesundheit am KIT)

Arbeit 4.0 und Aging Workforce Herausforderungen für die ... · Body & Mind Coaching Körperliches & mentales Training Persönliche Leistungsfähigkeit & Kompetenz Individuelles

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KIT – Universität des Landes Baden-Württemberg und

nationales Forschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft

2. Karlsruher Zukunftstagung „Betriebliches Gesundheitsmanagement“, 09. Oktober 2017

www.kit.edu

Arbeit 4.0 und Aging Workforce – Herausforderungen

für die bewegungsbezogene Gesundheitsförderung

Prof. Dr. Alexander Woll (Leiter Netzwerk Gesundheit am KIT)

2

Gliederung

Demografischer Wandel

Arbeit 4.0

Welchen Beitrag kann Sport und Bewegung leisten?

Abb. 1: (ADAC, 2013)

3

Herausforderungen betrieblicher

Gesundheitsförderung

Demografischer Wandel

Verlängerung der Lebensarbeitszeit

Anstieg psychischer Erkrankungen

Digitalisierung und Industrie 4.0

Fachkräftemangel

4

Internationaler Vergleich 35

46 46

41 4039 38 37

31

27

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

50

Alters

media

n i

n J

ahre

n

(UN DESA, 2017)

Durchschnittsalter der Bevölkerung im Jahr

2015

5

(Statistisches Bundesamt, 2016)

Im Jahre 2050

37 % der Bevölkerung über 60 Jahre

(heute: 25%)

über 4 Mio. Pflegebedürftige

(heute: ca 2 Mio.)

nur noch 16 % der Bevölkerung unter 20 Jahre

(heute: 21%)

Demografischer Wandel – wir werden älter

6

Demografischer Wandel

Zwei zentrale demografische Entwicklungen in westlichen

Industrieländern:

I. Geburtenziffern sinken

II. Lebenserwartung steigt

Abb. 2: (Schreier, 2016)

7

(Buck & Schlenz, 2002)

„Demografische Zange“ für Unternehmen

8

Folgen des demografischen Wandels für die

Arbeitswelt

Anteil der 50- bis 64-Jährigen an der Erwerbsbevölkerung steigt von

30% im Jahr 2000 auf 39% im Jahr 2020

Zahl der Erwerbspersonen wird zwischen 1990 und 2040 von 42 auf

32,6 Millionen abnehmen

Resultat

immer weniger und immer älter werdende

Erwerbspersonen müssen die Anforderungen

der zukünftigen Arbeitswelt bewältigen

(Statistisches Bundesamt, 2016)

9

46%

30%

24%

24%

23%

23%

15%

11%

00% 05% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% 45% 50%

Fachkräftemangel

Überalterung der Belegschaft

Veränderung des Nachfrageverhaltens unsererKunden

Anstieg des Anteils weiblicher Beschäftigter

Keinen nachweisbaren Effekt

Führungskräftemangel

Absinken der Qualifikation und des Wissensstandseigener Fachkräfte

Abnahme der Leistungs- und Innovationsfähigkeit

Anteil der befragten Unternehmen

(IFOK, 2010)

Gegenwärtige Auswirkungen des

demografischen Wandels auf Unternehmen

10

Krankenstand

2008: Krankenstand mit 3,24 Prozent auf historischem

Tiefststand

zweitniedrigstes Niveau seit Einführung der Lohnfortzahlung im Jahr

1970

2016: Krankenstand bei 4,25 Prozent

Vergleich:

• 70er Jahre - über 5 Prozent

• 80er Jahren - zwischen 5,7 und 4,4 Prozent

(BMG, 2008)

(Statistisches Bundesamt, 2017)

11

AU-Geschehen

12

Arbeitsunfähigkeit

13

Defizitäre Sichtweise auf das Alter

AU-Geschehen

Verringerung von

I. Fähigkeiten der Sinnesorgane

II. Muskelkraft

III. Lernfähigkeit für abstrakte Beziehungen

IV. Speicherfähigkeit des Kurzzeitgedächtnisses

V. Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit

(Truxillo et al., 2015)

14

(Badura et al., 2010)

0% 20% 40% 60% 80% 100%

Arbeitsmoral, -disziplin

Qualitätsbewusstsein

Erfahrungswissen

Loyalität

Lernbereitschaft

Lernfähigkeit

Körperliche Belastbarkeit

30

26

53

17

5

3

6

66

70

44

79

73

65

64

4

4

3

4

22

32

30

eher bei Älteren kein Unterschied eher bei Jüngeren

Stärken älterer Mitarbeiter

15

„Beim FC Bayern passiert gerade etwas, das heute Alltag in der

Arbeitswelt Deutschlands ist: Man wirbt um ältere qualifizierte

Arbeitnehmer. Endlich! Zum Glück!“ (Süddeutsche Zeitung, 07.10.2017)

16

Gliederung

Demografischer Wandel

Arbeit 4.0

Welchen Beitrag kann Sport und Bewegung leisten?

Abb. 3: (VDI, 2015)

17

Wandel der Arbeitswelt

1. und 2. industrielle Revolution: körperlich-geprägte Arbeit

3. industrielle R. (1970er J.) vermehrte Automatisierung durch Einsatz

von Elektronik/IT: vermehrt geistige Tätigkeiten

4. industrielle R.: komplexe Vernetzungen, intelligente Arbeitssysteme

unterstützen Beschäftigte

Folgen:

I. verstärkte kognitive Anforderungen

II. veränderte Qualifikationsanforderungen

III. Zunahme psychischer Belastungen

18

Zukunft in der Arbeit 4.0

Informations- und Kommunikationstechnologie werden in den

kommenden Jahren alle Bereiche der Arbeit durchdringen

(BMAS, 2015)

19

Technologischer Wandel

gestiegene Anforderungen werden stärker empfunden als

Arbeitserleichterungen

(BMAS, 2015)

20

physisch

psychisch-mental

Belastung

Zeitachse - Urzeit bis zum Jahr 2000

Berufswelt

heutefrüher

Wandel in der Berufswelt

21

Digitalisierungsfolgen „Sedentariness“

lange Sitzzeiten erhöhen das Erkrankungsrisiko für Diabetes mellitus

Typ 2, Brustkrebs, kardiovaskulären Erkrankungen und

Osteoporose (Hamilton et al., 2004)

Zusammenhang zwischen Inaktivität und Depression (Vallance et al.,

2011)

(Abb. 4: mtkphysio, 2017)

22

Zusammenfassung

Zunahme Inaktivität

Zunahme psychischer Belastungen

Veränderung der Leistungspotentiale

Veränderung von Arbeitsanforderungen(Abb. 5: werockyourweb, 2017)

(Abb. 6: Workare, 2017)

23

Gliederung

Demografischer Wandel

Arbeit 4.0

Welchen Beitrag kann Sport und Bewegung leisten?

(Abb. 7: natur-Magazin, 2017)

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Auswirkungen körperlich-sportlicher Aktivität

ganzheitliche Gesundheitswirkung auf:

• den Bewegungsapparat

• den Stoffwechsel

• das Herz-Kreislauf-System

• das Immunsystem

• die Psyche

• das soziale Wohlbefinden

• kognitive Leistungsfähigkeit(Löllgen, 2013)

erhöht die Lebenserwartung (Berge, 2015)

25

Gerade Inaktive profitieren von körperlicher

Aktivität – bereits wenig nützt viel!

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Empfehlungen für die Bewegungsförderung in

der Lebenswelt Betrieb

Mehrkomponentenansätze mit folgenden Komponenten:

I. konkrete Kursangebote (Bewegungsprogramme) für die Belegschaft

II. die Umgestaltung betrieblicher Abläufe (z. B. Einrichtung von

Bewegungspausen)

III. die Schaffung von bewegungsförderlichen Infrastrukturen im Betrieb

(z. B. Fitnessräume, Fahrradparkplätze)

(Rütten & Pfeifer, 2016)

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Reduktion von Fehlzeiten und Krankheitstagen

Aldana (2001); DeGroot & Kiker (2003)

Reduzierung von Gesundheitskosten

Erfurt et al. (1992)

Steigerung von Arbeitszufriedenheit und Organisationalem

Commitment Daley & Parfitt (1996); Voit (2001)

Evidenz bewegungsorientierter

Gesundheitsförderung aus Unternehmenssicht -

Bewegung fördern zahlt sich aus!

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Blick in die Zukunft

Individuelle Lösungen für den Bedarf eines Unternehmens und auf

der Personenebene (Intervention Mapping Ansatz)

Partizipation der Zielgruppe entscheidend (bottom-up als Zusatz zu

top-down-Herangehensweise)

Verstärkte Digitalisierung im BGM - E-Health-Programme sind

vielversprechender Ansatz; jedoch: Evidenzlage für die Wirksamkeit

dieser Art von Interventionen derzeit noch unzureichend

29

Technologische Plattform zur

Integration der Daten und

Realisierung von Community

Aspekten

Multiparametrische

Datenanlalyse zur Bestimmung

von Fitness und Stress

Integratives Vermittlungs- und

Trainingskonzept

Integratives Vermittlungs- und

Trainingskonzept

Steigerung der persönlichen

Leistungsfähigkeit und

Kompetenz Mobiles individuelles Monitoring

Analyse & Feedback

Body & Mind Coaching

Körperliches & mentales Training

Persönliche Leistungsfähigkeit & Kompetenz

Individuelles Monitoring mit

mobilen Vitalsensoren und

durch Befragung

N

e

x

t

Untersuchung des Zusammenhangs zwischen körperlicher und mentaler Fitness und kognitiver Leistungsfähigkeit

Erlernen von Selbstcoaching-Fähigkeiten zur Kompetenzsteigerung, Unterstützung

durch eCoach und virtuelle Gruppen

Forschungsperspektiven

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Betriebliche Gesundheitsförderung

– ein Zukunftsthema

z.B. Arbeitsmedizin, Betriebswirt-

schaft, Psychologie, Gesundheits-

ökonomie, Sportwissenschaft

Wachstums-

markt

Interdisziplinäres

Forschungs- und

Handlungsfeld

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Forschungsfelder/Themen:

Aging Workforce

Psychosoziale Gesundheit/Stress

Betriebliche Gesundheitskommunikation

Aufsuchende Gesundheitsförderung

Ernährung und Erholung in der Arbeitswelt

E-health BGM

Entwicklung und Evaluation von betrieblichen Gesundheitsprogrammen

Betriebliche Gesundheitsdiagnostik

Ausdifferenzierung Bewegungsbezogener BGM/BGF-

Forschung am IfSS

(Prof. Woll)

(Prof. Ebner-Priemer)

(Dr. Wäsche/Bachert)

(Schüler-Hammer)

(Prof. Bub )

(Dr. Gnam/Prof. Woll)

(Dr. Hildebrand, Prof. Woll)

(Dr. Neumann in Koop. mit Arbeitsmedizin Dr. List)

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Sportliche Aktivität &

Gesundheit in der

Bewegungsbezogenen betrieblichen Gesundheitsförderung

-

eine zentrale Perspektive

sportwissenschaftlichen Handelns

am IfSS Karlsruhe !

Steigender gesellschaftlicher Bedarf

nach körperlicher, seelischer und sozialer Gesundheit

„Sechster Kondratieff-Zyklus“ (Nefiodow, 1996)

Die Gesundheitswirtschaft

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Literaturempfehlung

Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Hrsg.). Bewegung fördern

zahlt sich aus. Zum ökonomischen Nutzen von

Bewegungsförderung. [Stand: 09/2016]

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Quellen

AOK Rheinland/Hamburg. (2014). Gesundheitsbericht 2012. Hamburg: AOK.

Badura, B. et al. (2010). Betriebliche Gesundheitspolitik. Berlin: Springer-Verlag.

BAuA. (2008). Alles grau in grau?. Dortmund. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.

Bundesministerium für Arbeit und Soziales. (2015). Digitalisierung am Arbeitsplatz. BMAS.

DIHK. (2010). Demografischer Wandel - Folgen für Unternehmen. Arbeitsmarkt und Demografie, S. 2.

Hamilton, T., D. Hamilton, and T. Zderic. “Exercise Physiology versus Inactivity Physiology: An Essential Concept for Understanding Lipoprotein

Lipase Regulation.” Exercise and sport sciences reviews 32.4 (2004): 161–166. Print.

IFOK. (2010). Demografischer Wandel - Auswirkungen auf Unternehmen. Zugriff unter: ifok.de.

IW Köln. (2009.) Aussagen über ältere Mitarbeiter, denen Unternehmen zustimmen. Zugriff unter: iwkoeln.de.

Kokkinos, P. (2012).. Physical activity, health benefits, and mortality risk. ISRN Cardiol 2012;2012:718789.

Rütten, A. & Pfeifer, K. (2016). Nationale Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung. FAU Erlangen-Nürnberg.

Truxillo et al. (2015). Supporting the Aging Workforce: A Review and Recommendations for Workplace Intervention Research. Annual Review

of Organizational Psychology and Organizational Behavior 2015 2:1, 351-381

UN DESA (Population Division). (2017). Durchschnittsalter der Bevölkerung in Industrie- und Schwellenländern 2015. Zugriff unter un.org.

Vallance et al. (2011). Prev Med. 2011 Oct;53(4-5):284-8. doi: 10.1016/j.ypmed.2011.07.013. Epub 2011 Jul 23.

Warburton et al. (2006). Health benefits of physical activity: the evidence. CMAJ. 2006 Mar 14; 174(6): 801–809.

Abbildung 1: ADAC: Zahlen, Fakten, Wissen. Aktuelles aus dem Verkehr. Ausgabe 2013

Abbildung 2: Schreier, D. (2016). Zugriff unter https://netzfrauen.org/2016/12/18/aeltere-menschen/

Abbildung 3: VDI-Verlag. (2015). Zugriff unter http://www.ingenieur.de/Themen/Industrie-40/Mercedes-Werk-in-Bremen-Fabrik-40

Abbildung 4: MTK-Physio: Sitzen vor dem Computer. Zugriff unter: http://www.mtk-physio.de/.

Abbildung 5: Werockyourweb. (2017). Inactivity. Zugriff unter: https://www.werockyourweb.com/physical-inactivity/

Abbildung 6: Workare. (2017). Stress at work. Zugriff unter: Workarehttp://www.workareltd.co.uk/wp-content/uploads/2014/10/stress.png.

Abbildung 7: Natur-Magazin. (2017). Ist Training am Arbeitsplatz sinnvoll?. Zugriff unter: http://www.natur.de/de/20/Ist-Training-am-Arbeitsplatz-

sinnvoll,5,5,1625.html.