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Arbeitsrecht - ciando.com · Prof.Dr. IrmgardKüfner-Schmitt 9. Auflage. 2 Inhalt ... Irmgard Küfner-Schmitt. 5 Grundlagen desArbeitsrechts Gliederung und Begriffdes Arbeitsrechts

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Arbeitsrecht

PrüfungswissenMultiple-Choice-TestsKlausurfälle

Prof. Dr. Irmgard Küfner-Schmitt

9. Auflage

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Inhalt

4 " Vorwort

5 " Grundlagen des Arbeitsrechts5 " Gliederung und Begriff des Arbeitsrechts6 " Rechtsquellen des Arbeitsrechts

23 " Grundbegriffe des Arbeitsrechts30 ! Multiple-Choice-Test mit Lösungen

33 " Begründung des Arbeitsverhältnisses33 " Das Anbahnungsverhältnis43 " Form des Arbeitsvertrages47 " Mängel des Vertragsschlusses52 " Rechtsfolgen der Mängel des Vertragsschlusses55 ! Multiple-Choice-Test mit Lösungen

60 " Inhalt des Arbeitsverhältnisses60 " Pflichten der Arbeitsvertragsparteien80 " Nichtleistung des Arbeitnehmers und Entgeltzahlung

104 " Schlechtleistung und Haftung des Arbeitnehmers116 ! Multiple-Choice-Test mit Lösungen

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Inhaltsverzeichnis3

Besondere Arbeitsverhältnisse " 127Befristetes Arbeitsverhältnis " 127

Teilzeitarbeitsverhältnis " 140Aushilfsarbeitsverhältnis " 152

Probearbeitsverhältnis " 153Multiple-Choice-Test mit Lösungen " 155

Beendigung des Arbeitsverhältnisses " 158Aufhebungsvertrag " 158

Kündigung " 161Weiterbeschäftigungsanspruch während des

Kündigungsschutzprozesses" 204

Rechtsfolgen der Beendigung desArbeitsverhältnisses

" 206

Multiple-Choice-Test mit Lösungen ! 209

Klausurfälle mit Musterlösungen " 222Fall 1: Der fußballbegeisterte Maler Manni Müller " 222

Fall 2: Sport ist gesund " 231Fall 3: Die Pharmaindustrie will auch leben " 242

Fall 4: Eine Mitarbeiterin, die man nicht los wird " 248

Stichwortverzeichnis " 253

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Vorwort

Der nunmehr bereits in 9. Auflage vorliegende Taschenguide bieteteinen Einstieg in das Arbeitsrecht für Studierende und alle, die überein arbeitsrechtliches Grundwissen verfügen müssen (z. B. Betriebs-räte/innen, Personalsachbearbeiter/innen, Unternehmer/innen). Ange-fangen von der arbeitsrechtlichen Rechtsquellenlehre, über arbeits-rechtliche Grundbegriffe, werden das Arbeitsverhältnis und diedamit verbundenen Rechtsfolgen von seiner Begründung bis zuseiner Beendigung behandelt. Beteiligungsrechte des Betriebsratsbei individuellen Maßnahmen werden integriert. Der klausurrele-vante Stoff wird in knapper, übersichtlicher Weise dargestellt. DasLayout des Buches ermöglicht die rasche Orientierung. ZahlreicheBeispiele veranschaulichen den Stoff. Tabellen, Übersichten undSchemata fassen zusammen und verschaffen Überblick. Die9. Auflage berücksichtigt die aktuelle Rechtsprechung und dieGesetzesänderungen seit der Vorauflage. Zu jedem Hauptkapitelgibt es einen Multiple-Choice-Test, mit dem der Leser sein Wissenüberprüfen kann. Klausurfälle mit Lösungsskizzen und ausformu-lierten Musterlösungen am Ende des Buches dienen der Vertiefungdes Wissens. Die Lösungen sind jeweils im Anschluss an die Auf-gaben abgedruckt.

Ich habe versucht, meine jahrelangen Erfahrungen als Hochschul-lehrerin für Wirtschaftsrecht in den Taschenguide einzubringen. Ichhoffe, Ihnen macht die Arbeit mit dem Taschenguide ebenso vielFreude wie mir. Kritik und Anregungen nehmen der Verlag und ichgerne entgegen: unter [email protected] an die Redaktion oder [email protected] direkt an mich.

Berlin, im November 2011

Irmgard Küfner-Schmitt

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Grundlagen des ArbeitsrechtsGliederung und Begriff des Arbeitsrechts

Historisch hat sich das Arbeitsrecht entwickelt zum Schutz derabhängigen Arbeitnehmer, deshalb wird es gemeinhin wie folgtdefiniert:

! Das Arbeitsrecht ist das Recht der unselbstständigen Arbeitnehmer.!

Das Arbeitsrecht regelt die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeit-nehmern und Arbeitgebern, das Recht der Koalitionen der Arbeit-geber und Arbeitnehmer (Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften)und deren Verhältnis zueinander, die Verpflichtungen des Arbeitge-bers zur sicheren Arbeitsplatzgestaltung und das arbeitsgerichtlicheVerfahren.Das Arbeitsrecht gliedert sich damit in vier Teilbereiche:

Individual-arbeitsrecht

Begründung, Inhalt undBeendigung desArbeitsverhältnisses,Arbeitnehmerhaftung

BGB und Spezialgesetze,z. B. AGG, NachwG,BUrlG, EFZG, KSchG,ArbZG, TzBfG

KollektivesArbeitsrecht

Mitbestimmung aufUnternehmensebene,Arbeitskampfrecht,Tarifvertragsrecht,Mitbestimmung imBetrieb

Art. 9 GG, MitbestG,Montan-MitbestG, MitBe-stErgG, DrittelbeteiligG,TVG, EBRG, BetrVG,SprAuG

Arbeits-schutzrecht

Technischer undsozialer Arbeitsschutz

Zahlr. Einzelgesetze, z. B.ASiG, ArbSchG, JArb-SchG, MuSchG,

Arbeits-gerichtlichesVerfahren

1. Instanz ArbG2. Instanz LAG3. Instanz BAG

ArbGG, ZPO

Gegenstand der Darstellung in diesem Taschenguide ist im Wesent-lichen das Individualarbeitsrecht. Die Beteiligungsrechte des Be-triebsrates werden bei den jeweiligen individuellen Maßnahmen miterörtert.

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Grundlagen des Arbeitsrechts6

Rechtsquellen des Arbeitsrechts

Das Arbeitsverhältnis wird bestimmt von einer Vielzahl vonRechtsquellen, die dem Rangprinzip unterliegen, d. h. die ranghö-here Rechtsquelle geht der rangniedrigeren vor.! Internationales und supranationales Recht! Grundgesetz! Bundes- und Landesgesetze! Verordnung! Tarifvertrag! Betriebsvereinbarung! Arbeitsvertrag! Gesamtzusage, betriebliche Übung! Weisungsrecht

1. Internationales Recht

Hat ein arbeitsrechtlicher Sachverhalt Bezug zu mehreren Staaten,so lässt sich das einschlägige nationale Recht mithilfe von Kollisi-onsnormen ermitteln. Grundsätzlich gilt Art. 3 Rom I VO, d. h.der Vertrag unterliegt dem gewählten Recht. Art. 8 Abs. 1 Rom IVO enthält jedoch eine Beschränkung für Arbeitsverträge. DieRechtswahl darf nicht dazu führen, dass dem ArbN der Schutzentzogen wird, der durch die zwingenden Bestimmungen desRechts gewährt wird, das anzuwenden wäre, wenn keine Rechts-wahl stattgefunden hätte. Ohne Rechtswahl ergibt sich das anwend-bare Recht aus Art. 8 Abs. 2–4 Rom I VO. Anwendbar ist dasRecht des Staates, in dem der Arbeitnehmer in Erfüllung des Ver-trages seine Arbeit gewöhnlich verrichtet oder in dem sich dieNiederlassung befindet, die den ArbN eingestellt hat, sofern derArbN seine Arbeit gewöhnlich nicht in ein und demselben Staatverrichtet. Ausnahmen aufgrund der Umstände des Einzelfallesergeben sich dann, wenn ein Arbeitsverhältnis eine engere Bindungzu einem anderen Staat aufweist (BAG AP Nr. 30, 31 zu IPR Ar-beitsrecht).

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Rechtsquellen des Arbeitsrechts7

2. Supranationales Recht

Zum Supranationalen Recht gehören neben dem Europarecht allge-meine völkerrechtliche Verträge, wie etwa die Europäische Sozial-charta, die Europäische Menschenrechtskonvention und die Über-einkommen der International Labour Organisation (ILO).

Den größten Einfluss auf das nationale Arbeitsrecht hat dabei dasEuroparecht. Zu unterscheiden ist hier zwischen dem primären(Gemeinschaftsverträge) und dem sekundären Gemeinschaftsrecht(Richtlinien und Verordnungen).

Primärrecht

Zum Primärrecht gehört der EU-Vertrag (EUV), der „Vertrag überdie Arbeitsweise der Europäischen Union“ (AEUV) und gem. Art 6AEUV auch die Charta der Grundrechte.Der AEUV geht auf den EG-Vertrag zurück, der durch den Vertragvon Lissabon umbenannt wurde in den AEUV. Arbeitsrechtlichwichtige Normen des AEUV sind z. B. Art 157, der die Entgelt-gleichheit von Männern und Frauen regelt, und Art 45, der dieArbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der Union gewährleistet.Durch den Vertrag von Lissabon dem Primärrecht gleichgestelltwurde die Charta der Grundrechte der europäischen Union (GRC),die z. B. neben einem Anhörungs- und Unterrichtungsrecht derArbeitnehmer (Art. 27 GRC) auch das Streikrecht gewährleistet(Art. 28 GRC).

Verordnungen

Gem. Art. 288 II AEUV gehören die Verordnungen zum europäi-schen Sekundärrecht. Sie haben unmittelbare und zwingende Wir-kung und bedürfen keiner Umsetzung in nationales Recht.

! Verordnungen berechtigen und verpflichten ArbG und ArbN unmit-telbar. !

Arbeitsrechtliche Verordnungen gibt es allerdings nur sehr wenige,da in das nationale Arbeitsrecht der Mitgliedstaaten nur mit einergewissen Zurückhaltung unmittelbar eingegriffen werden soll.

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Richtlinien

Großen Einfluss auf das deutsche Arbeitsrecht haben die gem. Art.288 III AEUV erlassenen Richtlinien. Es sind eine Vielzahl vonRichtlinien mit arbeitsrechtlicher Bedeutung erlassen worden.

Beispiele: RL 91/533/EWG Nachweis des Arbeitsvertrages umgesetzt u. a. imNachwG; RL 94/45 EG Europäische Betriebsräte umgesetzt im EBRG; RL96/71/EG Entsendung von Arbeitnehmern umgesetzt im AEntG; RL 97/81/EGTeilzeitarbeit und RL 1999/70/EG Befristung umgesetzt im TzBfG; RL77/187/EWG und RL 2001/23/EG Betriebsübergang umgesetzt in § 613a BGB;Auch eines der neueren arbeitsrechtlichen Gesetze, das Allgemeine Gleichbeqhandlungsgesetz (AGG) beruht auf vier europäischen Richtlinien, z. B. RL2000/43/EG Gleichbehandlung wegen Rasse, Herkunft u. a.

! Richtlinien sind kein unmittelbar geltendes Recht, sind jedochhinsichtlich ihrer Ziele verbindlich und verpflichten die Nationalstaatenzur Umsetzung. !

Die Richtlinien geben den Nationalstaaten jeweils ein Datum vor,bis zu dem die Ziele der Richtlinie in nationales Recht umgesetztwerden müssen. Innerhalb der Umsetzungsfrist muss der nationaleGesetzgeber prüfen, ob das jeweilige nationale Recht das Ziel derRichtlinie bereits verwirklicht oder ob eine Rechtsanpassung not-wendig ist. Innerhalb der Umsetzungsfrist entfaltet die Richtliniekeinerlei Wirkung in den einzelnen Nationalstaaten, allenfalls einerichtlinienkonforme Auslegung bestehenden Rechts kann in Be-tracht kommen. Es bleibt grundsätzlich den Nationalstaaten überlas-sen, wie die Ziele der Richtlinie umgesetzt werden.

Wurde die Richtlinie von einem Nationalstaat nicht innerhalb dervorgegebenen Frist umgesetzt, bleibt es grundsätzlich dabei, dassdie Richtlinie nicht unmittelbar gilt (Art. 288 III AEUV).

Eine Ausnahme soll nach der Rechtsprechung des EuGH nur danngelten, wenn eine nicht fristgemäß umgesetzte Richtlinie eine unbe-dingte und hinreichend bestimmte Klausel enthält, die dem Betrof-fenen eine entsprechende Rechtsposition gegenüber dem Mitglieds-land einräumt. Dann soll die Richtlinie ausnahmsweise unmittel-bare Wirkung entfalten und dem einzelnen Bürger gegenüber dem

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Rechtsquellen des Arbeitsrechts9

Staat (vertikales Verhältnis) einen eigenen Anspruch gewähren. ImVerhältnis der Bürger zueinander (horizontales Verhältnis) entste-hen aber keine Rechte und Pflichten (EuGH Rs. 148/78, Ratti, Slg.1979, S. 1629; RS. 152/84, Marshall I, Slg. 1986, S. 723). Für dasArbeitsrecht bleibt es daher – abgesehen vom öffentlichen Dienst –bei dem Grundsatz, dass Richtlinien keine unmittelbare Wirkungentfalten, sondern zunächst umgesetzt werden müssen. Die Gerichtesind jedoch gehalten, das bestehende nationale Recht so weit mög-lich richtlinienkonform auszulegen.

Rechtsprechung des EuGH

Richterrecht sollte man nicht zu den Rechtsquellen zählen. Es kannaber nicht verleugnet werden, dass der Rechtsprechung des EuGHim Arbeitsrecht ein eigener Bedeutungsgehalt zukommt. Grundsätz-lich sind die nationalen Gerichte an das Europäische Recht gebun-den, nicht jedoch an die Rechtsprechung des EuGH. Eine Bin-dungswirkung ergibt sich für die Parteien bzw. das vorlegendenationale Gericht nur im konkreten Einzelfall. Rein faktisch orien-tieren sich aber viele Untergerichte bei ihrer Rechtsfindung an derRechtsprechung des EuGH.

Von Interesse sind hier immer wieder die Vorabentscheidungsver-fahren aufgrund Art. 267 AEUV Danach sind die nationalen Ge-richte berechtigt, Verfahren auszusetzen und dem EuGH Fragen zurEntscheidung vorzulegen, wenn es um die Auslegung EuropäischenRechts geht. Die obersten Bundesgerichte sind sogar zur Vorlageverpflichtet. Manche Vorabentscheidungsverfahren haben arbeits-rechtliche Berühmtheit erfahren (z. B. Rs Schmidt und Süzen zumBetriebsübergang gem. § 613 a BGB oder RS Paletta zur Entgelt-fortzahlung oder RS Mangold zur Altersdiskriminierung).

3. Grundgesetz

Das Grundgesetz steht an oberster Stelle der nationalen Rechtsquel-len. Es hat somit auch entscheidenden Einfluss auf das Arbeitsrecht.Auf den ersten Blick erkennt man allerdings nur wenige Normenarbeitsrechtlichen Inhalts. Dazu gehören z. B. das Sozialstaatsprin-zip (Art. 20, 28 GG), die Kompetenznormen (Art. 74 Nr. 12, Art.

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73 Nr. 8 GG) und Art. 9 Abs. 3 GG, der die Koalitionsfreiheitgewährleistet und Basis der gesamten Rechtsprechung zum Ar-beitskampfrecht ist.Darüber hinaus sind die Grundrechte bedeutsam. Heute ist herr-schende Meinung, dass die Grundrechte – abgesehen von Art. 9Abs. 3 GG, der unmittelbare Wirkung hat – im Arbeitsrecht nichtdirekt anzuwenden sind, sondern nur mittelbar (BVerfGE 7, 198;BAG AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht).

! Die Grundrechte haben mittelbare Drittwirkung und wirken über dieGeneralklauseln des Zivilrechts (§§ 138, 242, 307, 315 BGB) auch imArbeitsverhältnis. Art. 9 Abs. 3 GG hat unmittelbare Wirkung. !

Im Prinzip können sich alle Grundrechte im Arbeitsverhältnis aus-wirken. Von besonderer Bedeutung sind aber das allgemeine Per-sönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG), derGleichheitssatz (Art. 3 GG) und die Berufsfreiheit (Art. 12 GG).

Beispiel: ArbG Findig schickt die ArbNin Schlau zu einer Fortbildung und überqnimmt die Fortbildungskosten. Gleichzeitig vereinbart er, dass die ArbNin für dienächsten 10 Jahre das Arbeitsverhältnis nicht kündigen darf, sonst muss sie ihmdie Fortbildungskosten zurückzahlen. Schlau wird hier in ihrer Berufswahlfreiheitgem. Art. 12 GG beeinträchtigt. Rückzahlungsklauseln müssen deshalb einem zubilligenden Interesse des ArbG entsprechen, und der ArbN muss durch die Ausqbildung eine angemessene Gegenleistung erhalten haben, außerdem müssenBindungsdauer und Rückzahlungshöhe angemessen sein (BAG AP Nr. 25, 29 zuArt. 12 GG).

Aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht leitet sich z. B. einAnspruch des ArbN auf tatsächliche Beschäftigung während desungekündigten Arbeitsverhältnisses ab (BAG AP Nr. 2 zu § 611BGB Beschäftigungspflicht) und das allgemeine Persönlichkeits-recht des Arbeitnehmers begrenzt das Fragerecht des Arbeitgebersim Einstellungsgespräch (siehe dazu unten: AnbahnungsverhältnisS. 36 ff.).

Art. 9 Abs. 3 GG hat im Gegensatz zu den anderen Grundrechtenunmittelbare Wirkung. Abreden und Maßnahmen, die die Koaliti-onsfreiheit behindern oder beschränken sind nichtig bzw. rechtswid-

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Rechtsquellen des Arbeitsrechts11

rig. Ein ArbG darf z. B. die Einstellung eines ArbN nicht von des-sen Gewerkschaftsaustritt abhängig machen (BAG AP Nr. 49 zuArt. 9 GG).

4. Gesetze des Bundes und der Länder

Arbeitsrechtliche Gesetze sind meist Bundesgesetze. Länderunter-schiedliche Regelungen, die sich auf das Arbeitsrecht auswirken,findet man im Wesentlichen im Bereich des Feiertagsrechts und desBildungsurlaubsrechts. Dies liegt an Art. 74 Nr. 12 GG, der dieGesetzgebungskompetenz regelt.

! Das Arbeitsrecht ist Gegenstand der konkurrierenden Gesetzge-bung gem. Art. 74 Nr. 12 GG. !

Das Arbeitsrecht gehört zu den Kernkompetenzen der konkurrie-renden Gesetzgebung gem. Art. 72 Abs. 1 GG, die dadurch gekenn-zeichnet sind, dass von Bundesgesetzen eine zeitliche und sachlicheSperrwirkung für die Landesgesetzgebung ausgeht. Seit der Födera-lismusreform ist daher nicht mehr zu prüfen, ob „die Herstellunggleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wah-rung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Inter-esse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht“ (Art. 72Abs. 2 GG a.F.). Der verfassungsändernde Gesetzgeber ist vielmehrdavon ausgegangen, dass bei diesen Kompetenztiteln die Erforder-lichkeit einer bundesgesetzlichen Regelung stets zu bejahen ist(Begründung BT-Drs. 16/813, S.11).

! Arbeitsgesetze legen Mindeststandards fest. !

Ein Abweichen von arbeitsgesetzlichen Regelungen ist grundsätz-lich zugunsten des Arbeitnehmers möglich (sog. Güns-tigkeitsprinzip). Zulasten des einzelnen ArbN kann von einemGesetz nur dann abgewichen werden, wenn das Gesetz dispositivist. Ob ein Gesetz zwingenden Charakter hat oder dispositiv ist,lässt sich meist dem Gesetz selbst entnehmen (z. B. § 619 BGB)oder muss im Wege der Auslegung ermittelt werden, wobei derSchutzgedanke der Norm bestimmend ist (z. B. sind die Normendes MuSchG zwingend, da hier der Schutz der betreffenden Perso-

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nen im Vordergrund steht). Hinsichtlich der dispositiven Normen istzu unterscheiden zwischen tarifdispositiven formen und partei-dispositiven formen. Von tarifdispositiven Normen kann in Tarif-verträgen auch zulasten der Arbeitnehmer abgewichen werden(z. B. können kürzere als die gesetzlichen Kündigungsfristen ver-einbart werden, § 622 Abs. 4 BGB). Parteidispositive Normen, vondenen auch in Individualarbeitsverträgen zulasten der Arbeitnehmerabgewichen werden kann, sind selten (z. B. § 613, § 616 BGB).Wird allerdings in einem Tarifvertrag von der TarifdispositivitätGebrauch gemacht, kann meist auch in Einzelarbeitsverträgen dieschlechtere tarifliche Regelung übernommen werden. Durch Einbe-ziehung des Tarifvertrages in den Individualvertrag wird demSchutzzweck des Gesetzes Genüge getan, denn die Regelung istdurch die Tarifvertragsparteien zustande gekommen (z. B. § 622Abs. 4 S. 2 BGB). Das Gleichgewicht der Verhandlungspartner istdamit sichergestellt.

Beispiel: Der Tarifvertrag für das Hotelq und Gaststättengewerbe im Land X siehtvor, dass während einer Probezeit von einem Monat eine Kündigungsfrist von dreiTagen gilt. Diese Regelung weicht von der gesetzlichen Probezeitkündigung des§ 622 Abs. 3 BGB zu Lasten des ArbN ab und kann gem. § 622 Abs. 4 Satz 1BGB nur von den Tarifvertragsparteien vereinbart werden. Im Geltungsbereich desTarifvertrages können dann aber auch die nicht tarifgebundenen Arbeitsvertragsqparteien diese Regelung in den Einzelarbeitsvertrag übernehmen (§ 622 Abs. 4Satz 2 BGB), sie müssen aber die gesamte Regelung übernehmen und nicht nurTeile davon.

ABWEICHEN

Gesetz

Günstigkeitsprinzip

Zwingende Wirkung

tarifdispositiv u.U. istvertraglicheEinbeziehung

parteidispositiv möglich

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Rechtsquellen des Arbeitsrechts13

5. Verordnungen

Die Verordnungsebene ist im Arbeitsrecht kaum besetzt. Von Be-deutung ist z. B. die Wahlordnung zur Durchführung des Betriebs-verfassungsgesetzes oder die Arbeitsstättenverordnung.

6. Tarifverträge

Tarifverträge haben als Rechtsquellen im Arbeitsrecht erheblicheBedeutung. Rechtstechnisch handelt es sich beim Tarifvertrag umeinen bürgerlich-rechtlichen Vertrag, der dem allgemeinen Ver-tragsrecht des BGB unterliegt. Tarifvertragsparteien sind Gewerk-schaften, einzelne Arbeitgeber und Vereinigungen von Arbeitge-bern (§ 3 Abs. 1 TVG). Die Koalitionen unterliegen dabei der Vor-aussetzung der Tariffähigkeit, welche insbesondere Fragen derOrganisation, des Aufbaus und der sozialen Mächtigkeit betreffen(siehe hierzu den Beschluss des BAG zur CGZP AP Nr. 6 zu § 2TVG Tariffähigkeit).

Ein Tarifvertrag gliedert sich in zwei Teile. Es ist zu unterscheidenzwischen dem normativen und dem schuldrechtlichen Teil desTarifvertrages.

Der schuldrechtliche Teil bindet im Wesentlichen die Tarifvertrags-parteien und kann daher bei der hier überwiegenden Betrachtungdes Individualarbeitsrechts weitgehend außer Betracht bleiben. Vongroßem Einfluss auf die Rechtstellung des einzelnen Arbeitnehmersist aber der normative Teil.Der normative Teil des Tarifvertrags enthält Rechtsnormen, dieden Inhalt, Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnis-sen regeln, sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtlicheNormen.

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Grundlagen des Arbeitsrechts14

Tarifvertrag

Qormativer Teil Schuldrechtlicher TeilRechtsnormen, dieInhalt, Abschluss undBeendigung vonArbeitsverhältnissenregeln

Betriebsverfas-sungsrechtlicheund betrieblicheNormen

Einwirkungs- undDurchführungspflicht,Friedenspflicht

Gelten unmittelbarund zwingend zwi-schen den beiderseitsTarifgebundenen, § 4Abs. 1 TVG

Gelten für alleBetriebe, derenArbeitgebertarifgebunden ist,§ 3 Abs. 2 TVG

Regelt die Verpflich-tungen der vertrags-schließenden Tarifver-tragsparteien

Wirkung der Tarifnormen

! Der normative Teil des Tarifvertrages gilt unmittelbar und zwingendzwischen dem tarifgebundenen Arbeitgeber und dem tarifgebundenenArbeitnehmer (§ 4 Abs. 1 TVG). !

Der normative Teil des Tarifvertrages gilt damit wie ein Gesetz imeinzelnen Arbeitsverhältnis. Dem ArbN wird sogar die Verfügungs-befugnis über seine tariflichen Rechte entzogen. Ein Verzicht auftarifliche Rechte ist nach § 4 Abs. 4 TVG nur in einem von denTarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig, die Verwir-kung ist ausgeschlossen. Voraussetzung für diese gesetzesgleicheWirkung ist aber die beiderseitige Tarifbindung.

Die Tarifbindung regelt § 3 Abs. 1 TVG. Tarifgebunden sinddanach die ArbN, die Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaftsind und die ArbG, die Mitglied des tarifschließenden Verbandes(Verbandstarif) oder selbst Partei des Tarifvertrages (Firmentarif)sind. Fehlt auf einer Seite die Tarifbindung, tritt die unmittelbareund zwingende Wirkung nicht ein. Möglich ist in solchen Fällen nureine einzelvertragliche Einbeziehung des Tarifvertrages, die dannallerdings auch nur individualvertragliche Wirkung entfaltet undkeine normative. Der einzelne ArbN kann insoweit auf seine Rechteauch verzichten oder einen Vergleich schließen, ohne hierfür die

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Rechtsquellen des Arbeitsrechts15

Billigung der Tarifvertragsparteien zu benötigen (§ 4 Abs. 4 TVG).Bei sog. Betriebsnormen reicht die Tarifbindung des ArbG, um dienormative Wirkung auszulösen (§ 3 Abs. 2 TVG).

Gewerkschaft Tarifvertrag Arbeitgeber/Verband

Mitgliedschaft normative Wirkung Mitgliedschaft

Arbeitnehmer Arbeitsvertrag Arbeitgeber

Bei beiderseitiger Tarifbindung kann die Tarifnorm einzelvertrag-lich nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers unterschritten werden.Gem. § 4 Abs. 3 TVG ist jedoch ein Abweichen zugunsten desArbN möglich (Günstigkeitsprinzip).

Beispiel: Der Tarifvertrag sieht einen Stundenlohn von 10 € vor. Bei beiderseitigerTarifbindung ist eine arbeitsvertragliche Vereinbarung, die weniger als 10 €Stundenlohn enthält unzulässig. Verträge, die dem ArbN einen höheren Stundenqlohn gewähren, sind jedoch zulässig. Fehlt die Tarifbindung des Arbeitnehmersoder des Arbeitgebers oder von beiden, sind die Arbeitsvertragsparteien nicht anden Tarifvertrag gebunden und können auch untertarifliche Entgeltvereinbarungentreffen.

Neben dem Günstigkeitsprinzip kommt ein Abweichen von derzwingenden Wirkung des Tarifvertrages auch dann in Betracht,wenn der Tarifvertrag eine Öffnungsklausel gegenüber einer rang-niedrigeren Rechtsquelle enthält. In der Regel bestehen Öffnungs-klauseln nur zugunsten von Betriebsvereinbarungen. Solche Öff-nungsklauseln finden sich häufig im Zusammenhang mit betriebli-chen Beschäftigungsbündnissen. Meist stehen hier abweichendebetriebliche Regelungen allerdings unter dem Genehmigungsvorbe-halt der Gewerkschaften. Öffnungsklauseln, die den Arbeitsver-tragsparteien ein Abweichen durch den Arbeitsvertrag erlauben sindselten.

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Grundlagen des Arbeitsrechts16

Allgemeinverbindlichkeit

Unter den Voraussetzungen des § 5 TVG besteht die Möglichkeit,dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales einen Tarifver-trag für allgemeinverbindlich erklärt. Die Allgemeinverbindlich-erklärung überwindet die fehlende Tarifbindung der einen oderbeider Arbeitsvertragsparteien. Die Tarifnormen gelten dann nor-mativ auch für die nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeit-nehmer. Sinn der Allgemeinverbindlicherklärung ist zum einen zuverhindern, dass ArbG hauptsächlich Nichtorganisierte einstellen,und zum anderen, dass organisierte ArbG Nachteile gegenübernichtorganisierten haben.

7. Betriebsvereinbarung/Betriebsabsprache

Im Betrieb ist der Betriebsrat Verhandlungspartner des Arbeitge-bers. Die Regelungsinstrumentarien auf betrieblicher Ebene sind dieBetriebsvereinbarung und die Betriebsabsprache (auch als Rege-lungsabrede bezeichnet).

Betriebsvereinbarung

Bei der Betriebsvereinbarung handelt es sich um einen Vertragzwischen ArbG und Betriebsrat, der nach den Regeln des BGBzustande kommt. Sie unterliegt gem. § 77 Abs. 2 BetrVG Formvor-schriften. Sie ist schriftlich niederzulegen, von beiden Seiten (ArbGund Betriebsratsvorsitzendem) zu unterzeichnen und vom ArbG angeeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

Inhalt der BetriebsvereinbarungInhaltlich können Betriebsvereinbarungen über Fragen abgeschlos-sen werden, die zum Aufgabenbereich des Betriebsrates gehören.Dazu zählen insbesondere soziale Angelegenheiten gem. § 87BetrVG (z. B. Arbeitszeitregelungen, Urlaubspläne, technischeÜberwachungseinrichtungen) und alle Fragen, die den Betrieb undseine Arbeitsverhältnisse betreffen (§ 88 BetrVG). Dabei mussbeachtet werden, dass die Betriebsvereinbarung im Verhältnis zumTarifvertrag die rangniedrigere Rechtsquelle darstellt. § 77 Abs. 3BetrVG enthält deshalb eine Regelungssperre zugunsten der Tarif-autonomie. Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die

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Rechtsquellen des Arbeitsrechts17

durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt wer-den, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein.Insoweit gilt grundsätzlich auch kein Günstigkeitsprinzip, dieBetriebsvereinbarung wäre nichtig.

Wirkung der Betriebsvereinbarung

! Die Betriebsvereinbarung enthält Rechtsnormen, die unmittelbarund zwingend für alle aktiven Arbeitnehmer des Betriebs gelten (§ 77Abs. 4 BetrVG). !

Auf eine Gewerkschaftszugehörigkeit kommt es bei der normativenGeltung der Betriebsvereinbarung nicht an. Erfasst werden alleArbN des Betriebes. Abweichende einzelvertragliche Regelungensind nur möglich, wenn sie für den ArbN günstiger sind. Das Gün-stigkeitsprinzip gilt auch im Verhältnis Betriebsvereinbarung –Arbeitsvertrag, obwohl § 77 BetrVG insoweit keine ausdrücklicheRegelung enthält (BAG AP Nr. 46 zu § 77 BetrVG).

Betriebsabsprache

Unterhalb der Betriebsvereinbarung ist die Betriebsabsprache oderRegelungsabrede angesiedelt. Eine Betriebsabsprache ist formloswirksam, gilt aber auch nur schuldrechtlich zwischen Arbeitgeber undBetriebsrat und muss vom Arbeitgeber noch durch arbeitsvertraglicheGestaltung umgesetzt und ausgeführt werden, um Auswirkungen aufdie einzelnen Arbeitsverhältnisse zu haben. Betriebsabsprachen unter-liegen aber auch nicht der Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG.Neben organisatorischen Fragen (Sprechstunden des Betriebsratesetc.) werden Betriebsabsprachen in der Praxis insbesondere für sogenannte „Betriebliche Beschäftigungsbündnisse“ getroffen (vgl.dazu aber die „Burda-Entscheidung“ BAG AP Nr. 89 zu Art. 9 GGund BAG AP Nr. 41 zu § 253 ZPO).

8. Vertragliche Regelungen

Auf der Ebene der vertraglichen Regelungen stehen als Rechtsquel-len der Arbeitsvertrag, die Gesamtzusage und die betrieblicheÜbung zur Verfügung.

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Grundlagen des Arbeitsrechts18

Arbeitsvertrag

Der Arbeitsvertrag unterliegt im Rahmen der ranghöheren Rechts-quellen der Vertragsfreiheit (§ 105 GeWO). Als Rechtsquelle be-deutungsvoll ist der Arbeitsvertrag aber meist nur für nicht tarifge-bundene Arbeitsverhältnisse, ansonsten ist der Regelungsspielraumdurch die ranghöheren Rechtsquellen weitgehend eingeschränkt.Nicht immer wird der Arbeitsvertrag allerdings individuell ausge-handelt. In vielen Arbeitsverträgen finden sich Einheitsregelungen,die vom Arbeitgeber in Formulararbeitsverträgen vorgegeben wer-den. Formulararbeitsverträge unterlagen früher nicht der Kontrolledurch das AGBG. Durch die Schuldrechtsreform hat sich dies je-doch geändert. Gem. § 310 Abs. 4 BGB finden die §§ 305ff BGB(diese regeln das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen)auch auf Arbeitsverträge Anwendung. Die im Arbeitsrecht gelten-den Besonderheiten sind jedoch angemessen zu berücksichtigen.Was dies bedeutet, ergibt sich aus der BAG-Rechtsprechung (siehedazu auch unten Formulararbeitsverträge S. 45 ff.).

Gesamtzusage

Bei einer Gesamtzusage handelt es sich um eine förmliche Be-kanntmachung des ArbG (z. B. durch Aushang am schwarzen Brett)an die ArbN des Betriebes bzw. nach bestimmten Gesichtspunktenabgrenzbare Teile der ArbN, zusätzliche Leistungen zu gewähren(etwa Sonderzuwendungen zu Weihnachten). Diese Gesamtzusagestellt dann ein Angebot des ArbG zur Vertragsergänzung dar,das von den ArbN gem. § 151 BGB angenommen wird, ohne dasses einer ausdrücklichen Annahmeerklärung bedarf (BAG AP Nr. 17zu § 77 BetrVG). Den ArbN erwachsen dann aus der Gesamtzusagevertragliche Ansprüche. Will der ArbG den Anspruch vermeiden,kann er die Gesamtzusage unter Freiwilligkeitsvorbehalt stellen.(Beachte aber die Rechtsprechung zu Freiwilligkeitsvorbehalten,die im Folgenden im Rahmen der betrieblichen Übung dargestelltwird.)

Betriebliche Übung

Zu den vertraglichen Ansprüchen eines ArbN gehören schließlichauch solche aufgrund einer betrieblichen Übung.

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Rechtsquellen des Arbeitsrechts19

! Eine betriebliche Übung stellt eine regelmäßige Wiederholung einerbestimmten Verhaltensweise durch den ArbG dar. !

Beispiel: ArbG Fritz Freundlich zahlt seinen ArbN seit Jahren ein Monatsgehalt alsWeihnachtsgeld. Verpflichtet ist er dazu weder aufgrund des Tarifvertrages nochaufgrund des Arbeitsvertrages.

Vertragliche Ansprüche entstehen dann, wenn in der wiederholtenÜbung ein konkludentes Vertragsergänzungsangebot des ArbGzu sehen ist, das von dem einzelnen ArbN gem. § 151 BGB ange-nommen wird (Vertragstheorie; BAG AP Nr. 192 zu § 611 BGBGratifikation).

! Voraussetzung für das Entstehen des Anspruchs ist, dass dasArbG-Verhalten Angebotsqualität hat und ohne Vorbehalt erfolgt. !

Abzustellen ist insoweit auf den Empfängerhorizont, der Bin-dungswille des ArbG ist nicht entscheidend. Hinsichtlich der not-wendigen Dauer der Wiederholung ist auf den Einzelfall abzustel-len. Bei einer Weihnachtsgratifikation ist das BAG von einemAnspruch ausgegangen, wenn die Gratifikation mindestens dreimalvorbehaltlos gewährt wurde (BAG AP Nr. 47 zu § 242 BGB Be-triebliche Übung). Nach der bisherigen Rechtsprechung des BAGentsteht ein Anspruch nicht, wenn die Leistung mit einem eindeuti-gen Vorbehalt versehen wurde.

Beispiel: ... es handelt sich um eine freiwillige Leistung, auf die kein Rechtsanqspruch in der Zukunft besteht.

Nach der neueren Rechtsprechung des BAG zu Freiwilligkeitsvor-behalten (BAG NZA 2007, 853) muss man hier Vorsicht waltenlassen. Vergütungsbestandteile, die als Gegenleistung für die Ar-beitsleistung gezahlt werden, können danach nicht mehr unter Frei-willigkeitsvorbehalt gestellt werden. Provisionen und Leistungszu-lagen kommen deshalb für einen Freiwilligkeitsvorbehalt nicht inBetracht. Bei sonstigen Sonderleistungen sind Freiwilligkeitsvorbe-halte aber möglich (BAG NZA 2009, 310) und verhindern dasEntstehen eines Anspruchs. Der Freiwilligkeitsvorbehalt mussallerdings eindeutig formuliert sein, sonst ist auf Grund der

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Grundlagen des Arbeitsrechts20

Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB zumindest bei nachder Schuldrechtsreform abgeschlossenen Verträgen mit der Unwirk-samkeit der Regelung zu rechnen (BAG NZA 2011, S. 628 ff.).

In der Praxis werden Freiwilligkeitsvorbehalte oft mit Widerrufs-vorbehalten vermengt. Dabei gibt es dann Auslegungsschwierigkei-ten, da der Freiwilligkeitsvorbehalt das Entstehen des Anspruchsverhindern soll, ein Widerrufsvorbehalt aber von einem Anspruchausgeht, der dann wieder beseitigt werden kann.

Beispiel: ArbG A zahlt jährlich ein Monatsgehalt als Weihnachtsgratifikation. DieZahlung wird jeweils mit dem Hinweis verbunden, dass es sich um eine freiwilliqge, jederzeit widerrufbare Leistung handelt.

Da Auslegungswidersprüche zu Lasten des Verwenders gehen, wirdman hier von einemWiderrufsvorbehalt ausgehen müssen. Wider-rufsvorbehalte sind möglich, aber unter der Geltung der §§ 305 ffBGB auch nicht unproblematisch. Steht eine Leistung unter Wider-rufsvorbehalt entsteht zwar der Anspruch auf Grund der betriebli-chen Übung, der ArbG hat aber wenigstens die Widerrufsmöglich-keit, die sonst einseitig bei vertraglichen Ansprüchen nicht möglichist. Seit der Schuldrechrechtsreform muss der Widerrufsvorbehalteindeutig formuliert sein und die sachlichen Gründe für den Wi-derruf müssen im Vertrag angegeben sein (BAGE 113,140; inderselben Entscheidung geht das BAG auch auf eine modifizierteAnwendung auf Altverträge ein).

Ohne Vorbehalt oder Widerrufsmöglichkeit kann die bindendeWirkung einer betrieblichen Übung nur durch einverständlicheVertragsänderung oder Änderungskündigung gem. § 2 KSchGbeseitigt werden. Die noch in der 6. Auflage zitierte Rechtspre-chung des BAG zur Umkehrübung (BAGE 113,29) wurde vomBAG ausdrücklich aufgegeben, da sie mit dem Klauselverbot fürfingierte Erklärungen gem. § 308 Nr. 5 BGB nicht vereinbar ist(BAG NZA 2009, 601).

Das Entstehen eines Anspruchs aufgrund einer betrieblichen Übungkann – abgesehen von einem Freiwilligkeitsvorbehalt – verhindertwerden, wenn der Vertrag mit einer sog. doppelten Schriftform-klausel versehen ist, wonach Ergänzungen des Arbeitsvertrages der

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Rechtsquellen des Arbeitsrechts21

Schriftform bedürfen und eine mündliche Änderung der Schrift-formklausel nichtig ist (BAG NZA 2003 S. 1145). In Formularar-beitsverträgen ist allerdings die neuere Rechtsprechung des BAG zubeachten, wonach eine zu allgemein gefasste Schriftformklausel beiArbeitnehmern den Eindruck erwecken könnte, dass der Vorrangder Individualabrede gem. § 305 b BGB nicht gilt. Eine solcheKlausel wäre insgesamt nichtig (BAG NJW 2009, 316). Die Schrift-formklausel muss deshalb auf diesen Umstand hinweisen.

Beispiel für eine doppelte Schriftformklausel: Änderungen des Vertrages durchindividuelle Vertragsabreden sind formlos wirksam. Im Übrigen bedürfen Verqtragsänderungen der Schriftform; die Aufhebung dieser Schriftformklausel istebenfalls nur schriftlich möglich.

Betriebliche Übung = Arbeitsvertraglicher Anspruch

Anspruch entsteht Anspruch kannbeseitigt werden

Anspruch kannverhindert werden

! durch konkludentesVertragsangebot

! im Regelfall nachdreimaliger Leistungohne Vorbehalt

! gegenüber den ArbNdes Betriebes, auchgegenüber neu ein-gestellten, es seidenn Anspruch wirdim ArbV ausge-schlossen

! bei ordnungsgemäßvereinbartem Wider-rufsvorbehalt einsei-tig, sofern die Sach-gründe gegeben sind

! einverständlich durchVertragsänderung

! durch Änderungs-kündigung

! eindeutig formulier-ten Freiwilligkeits-vorbehalt

! doppelte Schrift-formklausel

9. WeisungsrechtInnerhalb der Grenzen der ranghöheren Rechtsquellen, insbe-sondere der vom Arbeitsvertrag gezogenen Grenzen, steht demArbG ein Weisungsrecht bzw. Direktionsrecht zu. § 106 GeWOstellt dies für alle ArbN klar. Das Weisungsrecht betrifft! die Art der Tätigkeit und ihre Ausführung,! den Ort der Tätigkeit,! die zeitliche Lage der Tätigkeit.

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Grundlagen des Arbeitsrechts22

! Das Weisungsrecht als einseitiges Leistungsbestimmungsrechtmuss gem. § 106 GeWO billigem Ermessen entsprechen (BAG AP Nr. 5zu § 611 BGB Gewissensfreiheit). !

Rechtmäßigen Weisungen muss der Arbf nachkommen, sonstbegeht er eine Vertragsverletzung und muss mit Abmahnung bzw.Kündigung rechnen (BAG AP Nr. 99 zu § 626 BGB). Rechtswidri-ge Weisungen braucht der ArbN nicht zu befolgen (BAG AP Nr. 16zu § 611 BGB Direktionsrecht).Die Weisungen unterliegen den Festlegungen der ranghöherenRechtsquellen (§ 106 GeWO):

Art der Tätigkeit

Grundsätzlich gilt: Je konkreter die Tätigkeit im Arbeitsvertragfestgelegt ist, desto enger sind die Grenzen des Weisungsrechts.Dies gilt insbesondere für die Art der Tätigkeit. Eine andere als dievertraglich geschuldete Tätigkeit kann kraft des Weisungsrechtsgrundsätzlich nicht angeordnet werden.

Beispiel: Paule ist als Buchhalter eingestellt. Der ArbG kann ihn nicht kraft Weiqsungsrechts auf eine Stelle als Pförtner versetzen.

Ausnahmen gelten bei einer entsprechenden vertraglichen Regelungund wenn ein ArbN vorübergehend die vertraglich geschuldeteTätigkeit nicht ausüben kann (z. B. während einer Schwanger-schaft). Dann kann u. U. eine zumutbare Verweisungstätigkeitangewiesen werden.

Beispiel: Paula arbeitet als Kellnerin und soll während der Schwangerschaftaufgrund ärztlicher Feststellung nicht mit dem Tragen schwerer Tabletts in rauqchigen Räumen belastet werden. Der ArbG bietet ihr einen Arbeitsplatz im Büroan. Paula ist hier verpflichtet, im Büro zu arbeiten, da dies zumutbar ist.

Ort der Tätigkeit

Auch hinsichtlich des Tätigkeitsortes kommt es auf den Arbeits-vertrag an. Hier kann als Leistungsort der Betrieb, das Unterneh-men, ein Bundesland oder Deutschland vorgesehen sein, auch kon-zernweite Versetzungsklauseln sind denkbar. Fehlt es an einerVersetzungsklausel, kann der ArbN nur innerhalb des Betriebes anjeden zumutbaren Arbeitsplatz versetzt werden (vgl. auch die Rege-

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Grundbegriffe des Arbeitsrechts23

lung in § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 NachwG) bzw. in einem anderen Be-trieb desselben Unternehmens, wenn sich dieser Betrieb am selbenOrt befindet. Besteht ein Betriebsrat, ist allerdings dessen Mitbe-stimmungsrecht bei Versetzungen (Begriff § 95 Abs. 3 BetrVG)gem. § 99 BetrVG zu beachten.

Arbeitszeit

Der Umfang der Arbeitszeit richtet sich regelmäßig nach demTarifvertrag bzw. dem Arbeitsvertrag. Da der Umfang der Arbeits-zeit gleichzeitig das Arbeitsentgelt bestimmt, ist er nicht kraft Wei-sungsrecht änderbar. Anderes gilt für die zeitliche Lage der Arbeit,jedenfalls dann, wenn der Arbeitsvertrag auf die betriebsüblicheArbeitszeit abstellt (BAG AP Nr. 1 zu § 611 BGB Arbeitszeit). Hierkann der ArbG die Lage der Arbeitszeit bestimmen, z. B. den mor-gendlichen Arbeitszeitbeginn verlegen. In Betrieben mit Betriebsratwird dieses Weisungsrecht allerdings durch die zwingende Mitbe-stimmung des Betriebsrates gem. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG einge-schränkt.

Grundbegriffe des Arbeitsrechts

Zu den Grundbegriffen des Arbeitsrechts gehören der Arbeitneh-mer- und der Arbeitgeberbegriff sowie der Betriebs- und der Unter-nehmensbegriff. Darüber hinaus wird die Gruppe der Arbeitnehmerin verschiedene Untergruppen eingeteilt (z. B. Arbeiter und Ange-stellte, leitende Angestellte). Außerdem gibt es Rechtsverhältnisse,die arbeitnehmerähnlich sind und deshalb teilweise in den Schutz-bereich des Arbeitsrechts gezogen werden.

1. Arbeitnehmerbegriff

Die meisten Arbeitsgesetze wenden sich an den Arbeitnehmer alsformadressaten, enthalten jedoch keine Definition des Arbeit-nehmers.

! Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags zurArbeit im Dienste eines anderen verpflichtet ist. !

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Grundlagen des Arbeitsrechts24

Der Arbeitnehmerbegriff enthält drei Tatbestandsmerkmale:! den privatrechtlichen Vertrag,! die Verpflichtung zur Arbeit,! im Dienste eines anderen.Dabei ist zu beachten, dass es bei der Feststellung der Arbeitneh-mereigenschaft auf die konkrete Vertragshandhabung ankommt.

! Ob jemand ArbN ist oder nicht, ist objektiv zu beurteilen. Der Par-teiwille ist dabei nicht entscheidend, sonst könnte der Schutzzweckdes Arbeitsrechts unterlaufen werden (BAG AP Nr. 21 zu § 5 ArbGG).!

Privatrechtlicher VertragAnhand des Kriteriums „privatrechtlicher Vertrag“ können z. B.Beamte, Richter, Soldaten, Strafgefangene und mithelfende Famili-enangehörige aus der Gruppe der Arbeitnehmer ausgeschiedenwerden. Auch Personen, die Dienstleistungen aufgrund einer ver-einsrechtlichen Mitgliedschaft oder aus religiösen, karitativen Mo-tiven erbringen (z. B. Diakonissen), sind keine Arbeitnehmer.

Verpflichtung zur ArbeitDer Arbeitsvertrag ist ein Unterfall des Dienstvertrags i.S.d. § 611BGB. Der Arbeitnehmer ist zur Leistung von Arbeit gegen Entgeltverpflichtet. Arbeit i.S.d. Arbeitnehmerdefinition ist rein wirt-schaftlich zu verstehen. Arbeitsleistung kann alles sein, was einenwirtschaftlichen Wert darstellt. Es kann sich um körperliche odergeistige Arbeit handeln, um positives Tun oder auch passives Ver-halten (z. B. Arbeitsbereitschaft, Modellsitzen).

Im Dienste eines anderenDieses Merkmal, auch als persönliche Abhängigkeit des ArbNbezeichnet, ist das entscheidende des Arbeitnehmerbegriffs, dennhierdurch wird die Unselbstständigkeit des ArbN ausgedrückt.Durch dieses Merkmal werden ArbN von selbstständig Dienstlei-stenden unterschieden. Anhaltspunkte für die Abgrenzung liefert§ 84 HGB. Gem. § 84 HGB ist selbstständig, wer im Wesentlichenseine Tätigkeit frei gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.Die Rechtsprechung hat hieraus im Umkehrschluss die zwei we-sentlichen Kriterien für die persönliche Abhängigkeit des ArbNentwickelt (BAG AP Nr. 74 zu § 611 BGB Abhängigkeit).