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Aus Erdöl wird nicht nur Benzin, Diesel, Heizöl und Asphalt, hergestellt, sondern Erdöl ist auch der wichtigste Rohstoff der petrochemischen und chemischen Industrie. In unserem Alltag benutzen wir sehr viele verschiedene Produkte, die aus Erdöl hergestellt werden, oft ohne uns dessen überhaupt bewusst zu sein. Wodurch kann Erdöl als Energieträger ersetzt werden und wie können auf Erdöl basierende Produkte in der chemischen Industrie ersetzt werden?
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Wie sehr bestimmt der Einsatz von Produkten, die aus Erdöl hergestellt
werden, unser tägliches Leben?
Aus Erdöl wird nicht nur Benzin, Diesel, Heizöl und Asphalt, hergestellt, sondern Erdöl ist auch
der wichtigste Rohstoff der petrochemischen und chemischen Industrie. In unserem Alltag
benutzen wir sehr viele verschiedene Produkte, die aus Erdöl hergestellt werden, oft ohne uns
dessen überhaupt bewusst zu sein. Wodurch kann Erdöl als Energieträger ersetzt werden und
wie können auf Erdöl basierende Produkte in der chemischen Industrie ersetzt werden?
Weit mehr als zwei Drittel des Erdöls wird als Energie genutzt, für Heizungsanlagen oder als
Brennstoff für Autos, Flugzeuge oder Schiffe. Der restliche Teil wird als Rohstoff oder als
Zwischenprodukt in der petrochemischen Industrie weiterverarbeitet, wo chemische Grundstoffe
hergestellt werden. Die vielen Anwendungsmöglichkeiten haben Erdöl im 20. und auch im 21.
Jahrhundert einerseits zum bedeutendsten Energieträger und andererseits zum wichtigen
Handelsgut gemacht. Laut UNCTAD (Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und
Entwicklung) betrug der Export von Erdöl und Erdölprodukten im Jahr 2012 weltweit mehr als 15%
der gesamten Exporte.
Weltweit gibt es viele verschiedene Erdölsorten mit unterschiedlicher Zusammensetzung,
verschiedenen Eigenschaften und Verwendungsmöglichkeiten. Im weltweiten Erdölhandel gibt es
einige Referenzsorten, sogenannte „Benchmarks“, die je nach Qualität unterschiedliche Preise
erzielen. Die Referenzsorte Brent bezieht sich hauptsächlich auf den Europäischen Markt,
während WTI (West Texas Intermediate) im amerikanischen Markt und Dubai im
Persischen/Arabischen Golf als Benchmark fungieren. Die Preise der restlichen Rohölsorten
werden durch Auf- oder Abschläge von diesen „Benchmarks“ ermittelt. Leichte Erdölsorten, wie
zum Beispiel WTI und Brent sind teurer, weil sich aus ihnen hochwertigere und deshalb teurere
Produkte herstellen lassen, während schwere Erdölsorten einen geringeren Preis erzielen.
Je nach Förderstätte unterscheidet
sich die Zusammensetzung und
Qualität des Rohöls und damit variiert
auch seine Beschaffenheit und Farbe
Rohöl lässt sich nicht direkt nutzen. Erst durch Destillation und Raffination des Erdöls entsteht
eine breite Palette wertvoller Produkte. Damit aus Rohöl Endprodukte, wie LPG, Benzin, Diesel,
Heizöl entstehen, muss das Rohöl in Raffinerien chemische und physikalische Prozesse
durchlaufen, wobei die Umwandlung in drei wichtigen Prozessen erfolgt: Destillation, Konversion
und Reformierung. Im ersten Prozess, der Destillation, wird das Rohöl in verschiedene Fraktionen
mit unterschiedlicher Siedetemperatur aufgetrennt. So entstehen Flüssiggas (LPG), Benzin und
Dieselöl, Heizöle, Basis-Öle für Schmierstoffe, Bitumen und eine Reihe von Nebenprodukten.
Abbildung 1 zeigt das Schema eines Destillationsprozesses. Da die Produkte, welche beim
Destillationsprozess entstehen, nicht dem Marktbedarf entsprechen, bedarf es noch einer Reihe
weiterer komplexer Raffinationsprozesse, wie „Conversion“ und „Reforming“, Entschwefelung etc.
. Abbildung 1
Die Raffinerien müssen sich ständig den veränderten Marktgegebenheiten anpassen. Einerseits
verändert sich die Nachfrage nach Produkten und andererseits werden aus umweltpolitischen
Maßnahmen immer neue Auflagen und Gesetzesvorschriften bezüglich der Zusammensetzung der
Erdölprodukte erlassen. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich eine Verlagerung von
sogenannten „schweren“ Erdölprodukten hin zu „leichteren“ Produkten ergeben. So sank der
Anteil von Schweröl im Jahre 1995 von 16% auf 10% im Jahre 2012, während vor allem LPG und
Naphtha, Diesel und Heizöl ihren Anteil erhöhen konnten.
Graph 1
Die Petrochemie ist ein Zweig der Chemie, der sich mit der Umwandlung von Erdöl und Erdgas in
chemische Produkte und Ausgangsverbindungen für die Herstellung chemischer Produkte
beschäftigt. Rohstoff der Petrochemie ist in erster Linie Rohbenzin, aber auch teilverarbeitete
Produkte. Petrochemie-Anlagen und Raffinerien arbeiten deshalb sehr eng zusammen.
Abbildung 2
Ungefähr zehn Prozent der aus Erdöl gewonnenen Produkte gelangen als Ausgangsstoffe in die
petrochemische Industrie. Diese Produkte bilden den Grundstein der Petrochemie, die aus ihnen
eine große Palette verschiedenster Verbindungen fertigt. Paraffine und Wachse werden zur
Imprägnierung von Oberflächen, zur Herstellung von Kerzen und in der chemischen und
pharmazeutischen Industrie verwendet. Weißöle dienen als Grundstoffe in der pharmazeutischen
Industrie. Aus Olefinen entstehen Kunstfasern und Kunststoffe, während Aromaten als
Lösungsmittel und für vielfältige Prozesse in der chemischen Industrie eingesetzt werden. Erdöl
ist auch der Rohstoff für Synthesefasern in der Textilindustrie, Kunststoffe, Folien, Rohre,
Kunststoffplatten, Synthetikkautschuk, Schaumstoffe für Verpackung und Bauindustrie, Lacke,
Farben, Düngemittel, Pflanzenschutzmittel, Wasch- und Reinigungsmittel, Zwischenprodukte für
Pharmazeutika und Kosmetika (Haarspray, Shampoo etc.). Auch der bei der Entschwefelung von
Brenn- und Treibstoffen gewonnene Schwefel findet in der chemischen Industrie Verwendung.
Ein kleiner Querschnitt von Produkten aus Erdöl, die in der Petrochemischen und Plastik-
industrie hergestellt werden
Quelle: BP - Erdöl bewegt die Welt
Fast 90% der Chemieprodukte werden aus Erdöl und zu einem geringeren Teil aus Gas gewonnen,
allen voran Kunststoffe. Sie sind im Vergleich zu natürlichen Materialen, wie Holz oder Metall
leichter und strapazierfähiger und aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Die vielen
Anwendungsmöglichkeiten haben Erdöl nicht nur zum bedeutendsten Energieträger, sondern
auch zum wichtigsten Handelsgut in der modernen Industriegesellschaft des 20. und 21.
Jahrhunderts gemacht. Kein anderer Rohstoff lässt sich so einfach und vielfältig verarbeiten.
Obwohl durch die Förderung von nicht-konventionellem Rohöl die Erdöl-Reserven einen
bedeutsamen Anstieg erfahren haben, bleibt Erdöl trotzdem ein begrenzter Rohstoff. Auf Grund
des vielseitigen Einsatzes von Produkten aus Erdöl in der modernen Welt, kann eine Umstellung
auf eine Welt ohne Erdöl nur in einem langen Veränderungsprozess erfolgen. Viele Experten sind
der Ansicht, dass Erdöl viel zu kostbar ist, um als Heizmittel oder im Transportsektor „verbrannt“
zu werden und verweisen darauf, dass Erdöl vor allem ein wertvoller Rohstoff für die chemische
Industrie ist.
Welche Alternativen gibt es für Erdöl? Im Energiesektor kann Erdöl einerseits durch Gas und
Kohle, deren Reserven eine weit längere Reichweite1 aufweisen, und andererseits durch
erneuerbare Energieträger ersetzt werden. So hat zum Beispiel der multinationale
Energiekonzern Shell ein Motoröl entwickelt und Anfang 2014 auf den Markt gebracht, welches aus
Gas hergestellt wird. Die begrenzte Reichweite fossiler Energien, sowie die zunehmende
Klimaproblematik erfordern längerfristig auch einen Umstieg auf alternative, nachwachsende
Rohstoffe aus Biomasse2 in der chemischen Industrie. Biomasse wird schon jetzt in der
chemischen Industrie eingesetzt, wobei die aus pflanzlicher Biomasse gewonnenen
nachwachsenden Rohstoffe genutzt werden (siehe Graph 2). Immer mehr chemische Zwischen-
und Endprodukte werden aus Biomasse hergestellt. Bio-basierte Herstellungsverfahren mit Raps,
Mais oder Stroh ermöglichen neue Produkte bei Kunststoffen, Hydraulikölen, Farben und Lacken.
Graph 2
Wie schnell ein Umstieg von Erdöl auf Erdgas und Kohle einerseits und eine generelle Abkehr von
fossilen Energien als Ausgangsmaterial für chemische Produkte andererseits erfolgen kann, wird
letztlich von der weltweiten Energiepolitik entscheidend beeinflusst werden. Für die Grundlagen-
und angewandte Forschung zur chemischen Transformation von nachwachsenden Rohstoffen zur
Herstellung der gesamten Produktpalette in der chemischen Industrie, die jetzt aus Erdöl und zum
Teil aus Erdgas hergestellt werden, müssen noch viele technologische Herausforderungen
gemeistert werden. Aus heutiger Sicht kann eine weitreichende Veränderung weg von fossilen
Ausgangsmaterialen und hin zu nachwachsenden Rohstoffen in der chemischen Industrie wohl nur
über einen sehr langfristigen Zeitraum erwartet werden.
Monika Psenner - Energie-Expertin Lesen Sie weitere Artikel zur Zukunft der Energie!
1 Die Reichweite für Rohstoffe gibt an, wie viele Jahre ein Rohstoff noch verfügbar ist.
2 Fette, Öle, Zucker, Stärke, Zellulose, hergestellt z.B. aus Raps, Mais, Sonnenblumen, Zuckerrohr, Sojabohnen, Kartoffel, Holz etc.