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Auf den Punkt gebracht Mit freundlicher Unterstützung der informedia-Stiftung – Gemeinnützige Stiftung für Gesellschaftswissenschaft und Publizistik Köln Ältere Beschäftigte Wer zu den älteren Arbeitnehmern zählt: Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufs- forschung IAB sieht eine fließende Altersgrenze zwischen 45 und 55 Jahren, ab der ein Arbeitnehmer zu den älteren Kräften zu zählen ist. So wie Deutschlands Bevölkerung schrumpft und altert, ergeht es auch dem Erwerbs- personenpotenzial: Der Anteil der älteren Arbeitskräfte im Alter von 50 bis 64 Jahren wird von heute 24 Prozent auf 32 Prozent im Jahr 2050 steigen. Gleichzeitig nimmt die Zahl der jüngeren Erwerbstätigen unter 30 Jahren ab: Sind es heute knapp zehn Millionen, werden es im Jahr 2050 nur noch sieben Millionen sein. Das steigende Durchschnittsalter der Unternehmensbelegschaften ist kein Grund zur Panik. Ältere Beschäftigte bringen besondere Qualifikationen mit: z. B. Erfahrung, Urteils- fähigkeit, Sorgfalt, Verantwortung, Loyalität, Motivation, Qualitätsbewusstsein und die Fähigkeit, komplexe Probleme zu lösen. Dennoch bedarf es geeigneter Strategien, um die Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiter bis zum Rentenalter zu erhalten, den drohenden Fachkräfte- mangel aufzufangen und den Wissenstransfer zu fördern. Die fünf Handlungsfelder für eine alter(n)sgerechte Personalpolitik in den Unter- nehmen: 1. Orientierung am Lebenszyklus, 2. Aufbau einer Wertschätzungskultur zum Abbau von Vorurteilen, 3. Personalentwicklung und lebenslanges Lernen, 4. Wissens- management, 5. Gesundheitsförderung und ergonomische Arbeitsplatzgestaltung. Was die Unternehmen bereits tun: Im Jahr 2006 hatten 17 Prozent der Betriebe mit älteren Beschäftigten spezielle Maßnahmen ergriffen. Vor allem größere Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern verfügen über eine vielfältige Palette personalpolitischer Instrumente: etwa altersgemischte Arbeitsgruppen und besondere Weiterbildungsangebote. In Sachen körper- liche Fitness im Alter ist zwar jeder Einzelne gefragt, aber auch hier können Unternehmen unterstützend tätig werden.

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Die wichtigsten Zahlen und Fakten zu vielen Themen

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Ältere Beschäftigte

• Wer zu den älteren Arbeitnehmern zählt: Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufs­

forschung IAB sieht eine fließende Altersgrenze zwischen 45 und 55 Jahren, ab der ein

Arbeitnehmer zu den älteren Kräften zu zählen ist.

• So wie Deutschlands Bevölkerung schrumpft und altert, ergeht es auch dem Erwerbs­

personenpotenzial: Der Anteil der älteren Arbeitskräfte im Alter von 50 bis 64 Jahren wird

von heute 24 Prozent auf 32 Prozent im Jahr 2050 steigen. Gleichzeitig nimmt die Zahl der

jüngeren Erwerbstätigen unter 30 Jahren ab: Sind es heute knapp zehn Millionen, werden es

im Jahr 2050 nur noch sieben Millionen sein.

• Das steigende Durchschnittsalter der Unternehmensbelegschaften ist kein Grund zur

Panik. Ältere Beschäftigte bringen besondere Qualifikationen mit: z. B. Erfahrung, Urteils­

fähigkeit, Sorgfalt, Verantwortung, Loyalität, Motivation, Qualitätsbewusstsein und die

Fähigkeit, komplexe Probleme zu lösen. Dennoch bedarf es geeigneter Strategien, um die

Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiter bis zum Rentenalter zu erhalten, den drohenden Fachkräfte­

mangel aufzufangen und den Wissenstransfer zu fördern.

• Die fünf Handlungsfelder für eine alter(n)s gerechte Personalpolitik in den Unter­

nehmen: 1. Orientierung am Lebenszyklus, 2. Aufbau einer Wertschätzungskultur zum

Abbau von Vorurteilen, 3. Personalentwicklung und lebenslanges Lernen, 4. Wissens­

management, 5. Gesundheitsförderung und ergonomische Arbeitsplatzgestaltung.

• Was die Unternehmen bereits tun: Im Jahr 2006 hatten 17 Prozent der Betriebe mit älteren

Beschäftigten spezielle Maßnahmen ergriffen. Vor allem größere Unternehmen mit mehr als

500 Mitarbeitern verfügen über eine vielfältige Palette personalpolitischer Instrumente: etwa

altersgemischte Arbeitsgruppen und besondere Weiterbildungsangebote. In Sachen körper­

liche Fitness im Alter ist zwar jeder Einzelne gefragt, aber auch hier können Unternehmen

unterstützend tätig werden.

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Arbeitskosten

• Standortfaktor Arbeitskosten: Zwar ist ein Unternehmen preislich konkurrenzfähig, wenn

es hohe Arbeitskosten durch eine entsprechend hohe Produktivität ausgleichen kann. Gerade

bei Investitionen im Ausland spielen solche Überlegungen jedoch kaum eine Rolle. Die

niedrigen Arbeitskosten am ausländischen Standort lassen sich mit einer hohen Produktivität

verbinden, weil das Know­how der Mutterfirma und die technische Ausstattung international

mobil sind.

• Schlechte Position für Deutschland: Im internationalen Vergleich hat Deutschland trotz der

in den vergangenen Jahren moderaten Lohnabschlüsse hohe industrielle Arbeitskosten.

In Westdeutschland lagen sie im Jahr 2007 bei 34,29 Euro je Arbeitnehmerstunde. Das

bedeutet Platz vier und wird nur von kleineren Volkswirtschaften wie Norwegen, Belgien

und Schweden übertroffen. Die großen Industrieländer verzeichnen dagegen deutliche

Kostenvorteile – die japanische Industrie beispielsweise produziert fast um die Hälfte

günstiger als die deutsche. Verglichen mit dem Durchschnitt der Konkurrenzländer (ohne

die neuen EU­Mitgliedsländer) trägt Westdeutschland um gut 29 Prozent höhere Kosten.

• Faktor Arbeit belastet. Auch Wirtschaftszweige, die nicht im internationalen Wettbewerb

stehen, achten auf die Arbeitskosten: Sind sie zu hoch, steigt die Tendenz, Arbeit durch

Kapital zu ersetzen. Manche Dienste werden erst gar nicht angeboten. Berechnungen zeigen,

dass die Lohnzurückhaltung in Deutschland seit 1996 rund 880.000 Arbeitsplätze gesichert

bzw. geschaffen hat.

• Staat treibt Personalzusatzkosten: Die Arbeitskosten hängen nicht nur von der Höhe der

Entgelte ab, die Unternehmen und Gewerkschaften bzw. Beschäftigte vereinbaren. Durch

gesetzliche Vorschriften, die beispielsweise einen Mindesturlaub festlegen und die Höhe der

Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung bestimmen, fällt ein Viertel der Arbeitskosten in

die Verantwortung des Staates. Insgesamt legten die Arbeitgeber in Westdeutschland 2007

je 100 Euro Direktentgelt für geleistete Arbeit noch einmal knapp 75 Euro obendrauf, unter

anderem für: Weihnachtsgeld, arbeitsfreie Tage, Sozialversicherung, betriebliche Alters­

versorgung und Ausbildung.

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Arbeitszeiten

• Freizeitweltmeister Deutschland trägt seinen Titel als nach wie vor zu Recht.

• Tarifliche Wochenarbeitszeit: In der Industrie wird im Schnitt bei 35,9 (West) und

38,3 (Ost) Stunden pro Woche gearbeitet. Anderswo ist es teilweise deutlich mehr, in

Griechenland, Italien, Finnland, Polen und Ungarn etwa beträgt die tarifliche Wochenarbeits­

zeit 40 Stunden, in den Niederlanden 38,5 und in Schweden 37,5 Stunden.

• Tatsächliche Wochenarbeitszeit: Überstunden mitgerechnet kommt ein Vollzeitarbeit­

nehmer im Verarbeitenden Gewerbe durchschnittlich auf 39 Arbeitsstunden pro Woche. Der

Durchschnitt der EU­15­Länder liegt bei 40 Stunden, die Briten arbeiten wöchentlich sogar

43 Stunden.

• Jahresarbeitszeit: Die tarifliche Jahres­Sollarbeitszeit des Verarbeitenden Gewerbes beträgt

in Westdeutschland 1.601 Stunden und ist damit die kürzeste im internationalen Vergleich.

US­Amerikaner arbeiten pro Jahr 319 Stunden mehr, Schweizer 251, Japaner 210 und die

Ostdeutschen immerhin 124 Stunden (Stand: 2004).

• Weiterbildungshemmnis: Mehr als die Hälfte der vom IW Köln befragten Unternehmen

sagt, Weiterbildung sei wegen der kurzen Arbeitszeiten schwierig zu organisieren.

• Überstunden: Das Volumen bezahlter Überstunden ist dank der zunehmenden Verbreitung

von Arbeitszeitkonten in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken. Wurden 2001

noch 1,71 Millionen Überstunden extra entlohnt, waren es 2007 nur noch 1,45 Millionen.

• Die schlichte Parole „Kürzere Arbeitszeiten gleich mehr Jobs“ geht nicht auf – schon

gar nicht, wenn die Löhne nicht parallel sinken. Wie viel Produktion und damit Arbeitsplätze

sich rentieren, hängt von einem ganzen Bündel an Faktoren ab: der eingesetzten Techno­

logie, den Arbeitskosten, den Maschinenlaufzeiten und den Arbeitszeiten.

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Armut

• Was heißt arm? Laut Definition der Europäischen Union gilt als arm, wer über so wenig

Mittel verfügt, dass er sich einen in seinem Land als Minimum geltenden Lebensstandard

nicht leisten kann. Wird über Armut diskutiert, ist aber zumeist die relative Armut gemeint,

die vor allem etwas über Verteilung von Einkommen aussagt. Als von Armut bedroht

gelten dabei all jene, die über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens (Median)

verfügen.

• In Deutschland ist die relative Einkommensarmut verhältnismäßig gering ausgeprägt:

Rund 13 Prozent der Bundesbürger verfügen einschließlich der sozialen Transferleistungen

über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens – nur in sechs EU­Staaten liegen

noch weniger Bürger unterhalb der Armutsrisko­Schwelle. Im europäischen Durchschnitt

sind es dagegen 16 Prozent. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern weisen in Deutschland

laut internationaler Statistik weder Kinder noch Senioren ein erhöhtes Armutsrisiko auf

(Stand 2005).

• Ein besonders hohes Armutsrisiko ist Arbeitslosigkeit: In Deutschland gelten 43 Prozent

der Arbeitslosen als einkommensarm – von den Erwerbstätigen trifft dieses Schicksal nur

6 Prozent (Stand 2005). Zudem macht Erwerbstätigkeit einen wichtigen Teil der gesell­

schaftlichen Teilhabe aus: Einkommensarme Erwerbstätige haben Umfragen zufolge eine

höhere Lebenszufriedenheit als Erwerbslose mit einem Einkommen oberhalb der Armuts­

grenze.

• Der Staat verteilt massiv von oben nach unten um: Gemäß der Einkommens­ und

Verbrauchsstichprobe des Statistischen Bundesamts im Jahr 2003 leisteten die 30 Prozent

der Haushalte mit den höchsten am Markt erzielten Einkommen rund 62 Prozent aller

Steuern und Abgaben, während die untere Hälfte der Haushalte 79 Prozent der Transfers

empfing.

• Wer viel verdient, gibt auch viel ab: Im Jahr 2007 trug das bestverdienende Zehntel der

Steuerzahler allein 53 Prozent zum gesamten Lohn­ und Einkommenssteueraufkommen bei,

das oberste Viertel sogar 76 Prozent – das war noch einmal ein höherer Anteil als drei Jahre

zuvor.

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Bildung

• Ökonomen verstehen unter Bildung sämtliche im Rahmen eines Lehr­ und Lernprozesses

entstehenden Qualifikationen. Geht es um die Bildung von Arbeitskräften, so spricht man

von Humankapital.

• Humankapital: Nicht nur die Volkswirtschaft profitiert von hochqualifizierten Arbeitskräf­

ten, sondern ein höherer Bildungsabschluss zahlt sich auch für jeden Einzelnen aus. So haben

Akademiker in Deutschland ein durchschnittlich um 60 Prozent höheres Einkommen als

Erwerbstätige mit mittlerer Qualifikation, in den USA verdienen Hochschulabsolventen sogar

80 Prozent mehr.

• Mängel im deutschen Bildungssystem:

1. Zu wenige Absolventen in den Studienfächern Mathematik, Informatik, Naturwis­

senschaften und Technik: In Deutschland kommen jährlich auf 1.000 Beschäftigte nur

knapp zwei frischgebackene Hochschulabsolventen naturwissenschaftlicher und technischer

Stu diengänge. In Ländern wie Finnland und Südkorea, in denen laut PISA­Studie schon das

Schulsystem erfolgreicher arbeitet, sind es hingegen etwa fünf Absolventen. Dort strömen

somit relativ gesehen mehr als doppelt so viele Highpotentials aus technischen Fächern

auf den Arbeitsmarkt.

2. Hohe und über Generationen vererbte Bildungsarmut: Im Schnitt erreicht hierzulande

ein Viertel der Schüler keine ausreichenden Kompetenzen, um eine Berufsausbildung auf­

nehmen zu können. Unter den ausländischen Schülern sind es noch einmal deutlich mehr –

selbst bei den in Deutschland geborenen. So gelten 47 Prozent der jugendlichen Ausländer

in der zweiten Generation als bildungsarm, während dies nur auf 13 Prozent der deutsch­

stämmigen Jugendlichen zutrifft.

• Was anderswo besser läuft: In den Niederlanden etwa sind nur 21 bzw. 7 Prozent der

Jugendlichen vom Bildungszug abgehängt. Dieser Erfolg hat mehrere Gründe:

1. Mehr und bessere Krippen und Kindergärten: Dadurch werden bereits kleinste Kinder

besser gefördert.

2. Kaum Kindergartengebühren, dafür aber höhere Studiengebühren: Während die

Eltern in Deutschland 28 Prozent der Kindergartengebühren selbst zahlen, sind es in den

Niederlanden nur 4 Prozent – den Rest übernimmt der Staat. Von den Hochschulkosten, die

sie verursachen, tragen deutsche Studenten hingegen nur knapp 14 Prozent, die niederlän­

dischen dagegen gut 22 Prozent.

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Bürokratie

• Bürokratie ist ein Kostentreiber für die Wirtschaft: Nach Schätzungen der EU kostet es

die Unternehmen 3,5 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts, sämtliche Dokumen­

tations­ und Meldepflichten zu erfüllen. Im Jahr 2008 waren das rund 87 Milliarden Euro.

Das Bundesgesetzblatt – amtliches Verkündungsorgan für neue Gesetze oder Änderungen in

bestehenden – bringt es heute auf rund 3.700 Seiten im Jahr, in den fünfziger Jahren genüg­

ten 1.000.

• Bürokratiekostenmessung des Bundes: Seit 2007 wird die Bürokratiebelastung durch Bun­

desgesetze nach dem Standardkostenmodell erfasst, einem in den Niederlanden entwickelten

einheitlichen Messverfahren für administrative Belastungen. Die Ende 2008 abgeschlossene

Erstmessung für 10.400 identifizierte Auflagen kam auf rund 48 Milliarden Euro Bearbei­

tungskosten – noch ohne Gemeinkosten wie Mieten und Arbeitsplatzausstattung. Es zeigt

sich: Von Vereinfachungswillen ist wenig zu spüren. Bei den Reformen der Unternehmens­

und Erbschaftssteuer führten Ausnahmen und Sonderregelungen zu neuer Bürokratie, und

das Steuerrecht hat sich weiter verkompliziert. Etwas Entlastung bringen der zunehmende

EDV­Einsatz und Online­Meldungen an Behörden.

• Für den Mittelstand ist es besonders teuer: Das Institut für Mittelstandsforschung in Bonn

hat für das Jahr 2003 ermittelt, dass Betriebe mit weniger als zehn Mitarbeitern im Schnitt

Bürokratiekosten von 4.360 Euro je Beschäftigten zu schultern hatten, Großbetriebe mit

mehr als 500 Beschäftigten nur 354 Euro. Verglichen mit 1994 ist die Belastung des Mittel­

stands weiter angestiegen.

• Andere Länder sind weniger bürokratisch: Laut einer Weltbankstudie zu den administra­

tiven Hürden für Gründer braucht man in Deutschland 18 Tage, um eine GmbH mit bis zu

50 Beschäftigten zu gründen. Dabei sind neun Genehmigungen einzuholen. In Australien,

Kanada oder Dänemark dauert die Gründung nur zwei bis drei Tage.

• Ein erster Schritt zum Bürokratieabbau wäre die Befristung von Verordnungen. Vieles

vereinfachen und zum Kostensenken beitragen würden zudem eine zentrale Anlaufstelle

für Genehmigungen, mehr E­Government, ein Verwaltungsbenchmarking, Pauschalen im

Steuerrecht und ein höherer Mitarbeiter­Schwellenwert für Kündigungsschutz.

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China und Indien

• Zwei Bevölkerungsriesen: China und Indien sind die beiden bevölkerungsreichsten Länder

der Erde. China hat 1,3 Milliarden Einwohner, Indien nach aktueller Schätzung fast 1,2 Mil­

liarden.

• Hohes Wirtschaftswachstum: Chinas reales Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs zwischen

2000 und 2008 im Schnitt um 10,2 Prozent pro Jahr, das indische BIP um 7,3 Prozent.

• Zunehmende Bedeutung für die Weltwirtschaft:

China. Nach Berechnungen der Welthandelsorganisation war China im Jahr 2008 der zweit­

größte Warenexporteur der Welt – nur knapp (um 2,5 Prozent) hinter Deutschland. Zugleich

war die Volksrepublik die drittgrößte Importnation. Ihre Wareneinfuhren haben seit 2000

Jahr für Jahr im Schnitt um 22 Prozent zugelegt. Damit wird China für alle multinationalen

Unternehmen als Absatzmarkt immer wichtiger und zieht mehr und mehr Kapital an: Von

2000 bis 2007 flossen durchschnittlich 60,4 Milliarden Dollar an Direktinvestitionen pro

Jahr nach China – fast 4 Milliarden pro Jahr mehr als nach Deutschland.

Indien. Der Subkontinent bekam bis zuletzt wesentlich weniger vom internationalen Kapi­

talkuchen ab. Von 2000 bis 2007 verbuchte Indien jährlich nur rund 9,4 Milliarden Dollar

an Direktinvestitionen.

• Geringer Wohlstand: Sowohl in Indien als auch in China ist der Wohlstand noch nicht über

das Niveau eines Entwicklungslands hinausgekommen. So lag das kaufkraftbereinigte BIP

je Einwohner im Jahr 2008 in China bei rund 6.000 Dollar und in Indien lediglich bei knapp

2.800 Dollar. Damit erreichte China gerade einmal Platz 101 und Indien Platz 130 in der

181 Länder umfassenden Wohlstandsrangliste des Internationalen Währungsfonds.

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Corporate Social Responsibility (CSR)

• Alle freiwilligen Aktivitäten von Unternehmen, die auf eine Verbesserung des wirtschaft­

lichen, sozialen und ökologischen Umfelds zielen, gehören zur „Corporate Social Respon­

sibility“ (CSR) – also zur gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen. CSR beruht

auf drei Prinzipien:

1. Freiwilligkeit: Die Unternehmen leisten von sich aus mehr, als gesetzlich gefordert ist

– sie halten etwa bei der Produktion höhere Umwelt­ und Sozialstandards ein.

2. Nachhaltigkeit: Unternehmerisches Handeln zielt nicht nur auf kurzfristig erreichbare

Erfolge, sondern auch auf den Erhalt der Grundlagen jeglichen Wirtschaftens. Dazu zählen

die natürliche Umwelt und ein von Vertrauen geprägtes soziales Klima.

3. Verantwortung: Unternehmen sind auch für das Wohl der Gesellschaft verantwortlich.

Abgeleitet wird dies aus der Idee des „Corporate Citizenship“. Demnach sollte sich ein

Unternehmen ebenso für den Staat engagieren wie ein guter Bürger.

• Arten der CSR:

Geldspenden, z. B. an die örtliche Kindertagesstätte oder auch an eine internationale Hilfs­

organisation.

Sachspenden, z. B. können einer Schule Computer überlassen werden.

Volunteering, ehrenamtliche Mitarbeit des Unternehmers oder Freistellung von Mitarbeitern

für ehrenamtliche Tätigkeiten.

Mäzenatentum, z. B. Einrichtung eines wissenschaftlichen Lehrstuhls oder einer Stiftung.

Stakeholder­Dialoge, Kontakte zu allen Interessengruppen, die von der Geschäftstätigkeit

eines Unternehmens berührt werden. Das sind z. B. Mitarbeiter, Kunden und Zulieferer, aber

auch kritische Bürgerinitiativen. Ihre Haltung soll in die Unternehmenspolitik einbezogen

werden.

• Ziel: Der Corporate­Social­Responsibility­Gedanke soll innerhalb der gesamten Wertschöp­

fungskette verwirklicht werden, so dass eine Win­win­Situation für Unternehmen und

Gesellschaft entsteht. Ein besonderes Interesse daran haben Familienunternehmen, da sie

oftmals regional stark verankert sind und langfristige Ziele verfolgen.

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Demografischer Wandel

• Weshalb Deutschland immer älter wird:

1. Zu wenig Geburten: Um die Bevölkerungsgröße stabil zu halten, müsste jede Frau

durchschnittlich 2,1 Kinder gebären; seit fast 30 Jahren liegt die Geburtenrate aber konstant

bei nur 1,4.

2. Steigende Lebenserwartung: Seit 1960 erhöhte sich die Lebenserwartung von Neu­

geborenen um neun auf 76 Jahre für Männer und 82 Jahre für Frauen.

• Die Altersstruktur der Gesellschaft verändert sich: Heute sind 25 Prozent der Deutschen

über 60 und 4 Prozent über 80 Jahre alt. 2050 werden etwa 37 Prozent über 60 und 12 Pro­

zent über 80 Jahre alt sein. Auf 100 Menschen im Erwerbsalter kommen heute 44 Rentner,

in Jahr 2050 etwa 80.

• Weniger Einwohner: Trotz Zuwanderung wird die deutsche Bevölkerung nach einer

Prognose des Statistischen Bundesamts von derzeit 82 Millionen Menschen auf etwa

70 Millionen im Jahr 2050 schrumpfen.

• Deutschland ist kein Einzelfall: Außer in den USA (Geburtenrate von 2,1 Kinder je Frau)

überaltert die Gesellschaft in fast allen Industrieländern – in Frankreich und Irland mit

2,0 bzw. 1,9 Kindern je Frau nur leicht, in Italien und Spanien mit 1,3 Kindern je Frau

stärker. In Osteuropa und Russland sind die Geburtenraten extrem niedrig (1,1 Kinder je

Frau); Abwanderung verschärft dort das Problem.

• Warum in Deutschland so wenig Kinder geboren werden: Frauen entscheiden sich bei

mangelnder Vereinbarkeit von Beruf und Familie eher für die Erwerbsarbeit, die externe

Kinderbetreuung ist unzureichend ausgebaut, Beziehungen sind instabiler als früher, es hat

ein genereller Wertewandel stattgefunden.

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Direktinvestitionen

• Fleißige Auslandsinvestoren: Deutsche Unternehmen investierten in den vergangenen

Jahren deutlich mehr im Ausland als ausländische Unternehmen hierzulande. Von 2003 bis

2008 flossen 290 Milliarden Euro an Direktinvestitionskapital aus Deutschland ins Ausland,

162 Milliarden Euro kamen von ausländischen Firmen nach Deutschland.

• Deutsche Auslandsbeteiligungen: Ende des Jahres 2007 waren deutsche Unternehmen an

rund 28.900 Firmen im Ausland direkt oder indirekt (zum Beispiel über Beteiligungsgesell­

schaften oder Holdings) beteiligt. Diese ausländischen Unternehmen beschäftigten 2007 fast

5,5 Millionen Mitarbeiter und erwirtschafteten einen Umsatz von fast 1,8 Billionen Euro.

• Bevorzugte Investitionsstandorte: Das beliebteste Zielland für die Investitionsaktivitäten

der deutschen Unternehmen waren bisher die USA. Dort stecken 22 Prozent des bis Ende

2007 aus unternehmerischen Gründen im Ausland angelegten Kapitals. Weitere bevorzugte

Investitionsziele waren das Vereinigte Königreich (14 Prozent des direkt investierten Kapi­

tals), die Benelux­Länder (14 Prozent) und Frankreich (5 Prozent). Die mittel­ und osteuro­

päischen EU­Länder haben dagegen bis heute lediglich knapp 11 Prozent der deutschen

Direktinvestitionen abbekommen.

• Motive für das Auslandsengagement: Laut Unternehmensbefragungen dienen etwa zwei

Drittel der Auslandsinvestitionen der Erschließung neuer und der Sicherung bestehender

Märkte, das übrige Drittel wird getätigt, um die Kostenvorteile ausländischer Standorte

zu nutzen.

• Arbeitsplatzverlagerung überschätzt: Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirt­

schaft Köln wurden bis zum Jahr 2004 nur 120.000 Arbeitsplätze von deutschen Firmen aus

Kostengründen in die mittel­ und osteuropäischen EU­Länder verlagert. Hinzu kommt: Sind

die Auslandsdependancen erfolgreich, macht dies auch in Deutschland die Arbeitsplätze

sicherer.

• Investitionen ausländischer Unternehmen in Deutschland willkommen: Stecken aus­

ländische Firmen Geld in deutsche Unternehmen, sichert dies ebenfalls Arbeitsplätze – zum

Teil entstehen neue Jobs, und ganz generell belebt der zunehmende Wettbewerb das Geschäft.

Wie positiv Auslandsinvestoren wirken können, zeigt sich besonders deutlich in der Wirt­

schaftskrise 2009. Vermutlich können hierzulande einige Insolvenzen und Schließungen

abgewendet werden, weil sich jenseits der deutschen Grenzen ein Geldgeber findet.

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Energiekosten und Ölpreis

• Wie teuer Energie ist, also Strom und Wärme, wird von einer Reihe Faktoren bestimmt:

zum Beispiel von Angebot und Nachfrage, der Konkurrenz auf den Märkten sowie Steuern

und sonstigen Abgaben. Entscheidend für die Energiekosten ist aber vor allem ein Preis: der

für Rohöl.

• Der Ölpreis ist in den vergangenen Jahren stark angestiegen: Anfang 2008 kostete ein

Barrel (159 Liter) Rohöl erstmals mehr als 100 Dollar, wenige Monate später waren es für

kurze Zeit sogar mehr als 140 Dollar.

• Hauptgrund für den Ölpreisanstieg ist die weltweit wachsende Nachfrage. Vor allem in

den aufstrebenden Entwicklungsländern wie China oder Indien nimmt der Öldurst rasant zu.

Von 1997 bis 2007 ist der Ölverbrauch in China um fast 90 Prozent gestiegen.

• Weltgrößter Verbraucher sind aber immer noch die USA. Ein Viertel des weltweit geför­

derten Öls wird in den Vereinigten Staaten genutzt. Aber die Schwellenländer holen auf:

Verbrauchen sie heute noch weniger als 20 Prozent, wird ihr Anteil in den nächsten zehn

Jahren auf fast ein Viertel steigen.

• Sparsames Deutschland: In den vergangenen zehn Jahren ist der Ölverbrauch hierzulande

um fast 20 Prozent zurückgegangen. Dies hat erhebliche Kosten vermieden.

• Hoffnung für die Zukunft: Der effizientere Umgang mit Erdöl und aufwendige Fördertech­

niken, die sich erst bei hohen Ölpreisen rechnen, können helfen, weitere Preissteigerungen

abzufedern.

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Europäische Union (EU)

• Die Europäische Union besteht heute aus 27 Mitgliedsstaaten. Deutschland, Italien,

Frankreich, Belgien, Luxemburg und die Niederlande haben die Europäische Wirtschafts­

gemeinschaft 1957 gegründet – seither wurde die EU sechsmal erweitert. Aktuelle Kandi­

daten für eine Mitgliedschaft sind Mazedonien, Kroatien und die Türkei; mit den beiden

Letztgenannten werden bereits Beitrittsverhandlungen geführt.

• Wichtige Etappen der EU­Vertiefung: Beseitigung der Zollschranken zwischen den Mit­

gliedsstaaten 1968, Vollendung des Binnenmarkts Ende 1992 und die Einführung des Euro

als gemeinsame Währung für zunächst 11 Mitgliedsstaaten im Jahr 1999. Inzwischen ist die

Währungsunion auf 15 Länder angewachsen. Die EU wird demzufolge durch den freien

Verkehr von Bürgern, Waren, Dienstleistungen und Kapital sowie durch die Währungsunion

begründet. Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit sind verboten.

• Gesetzgeber der EU sind Ministerrat und Europäisches Parlament, die auf Vorschlag der

Europäischen Kommission tätig werden. Die Mitgliedsstaaten werden durch die Vorgaben

aus Brüssel stark gebunden, denn Gemeinschaftsrecht geht nationalem Recht vor. So sind

etwa 40 Prozent aller deutschen Gesetze auf Impulse der EU zurückzuführen.

• Der Haushalt der EU hat im Jahr 2008 ein Volumen von 129,1 Milliarden Euro, davon

entfallen 53,8 Milliarden auf die Landwirtschaft und die Förderung der ländlichen Räume.

Weitere 46,9 Milliarden will die Union in diesem Jahr für den wirtschaftlichen und sozialen

Zusammenhalt zwischen Regionen und Mitgliedsstaaten ausgeben.

• Verfassungsvertrag gescheitert. Versuche, die verschiedenen vertraglichen Regelungen zur

Europäischen Union in einem Verfassungsvertrag genannten Dokument zusammenzuführen,

sind gescheitert. Stattdessen wurde 2007 der Vertrag von Lissabon beschlossen, mit dem die

größer gewordene EU demokratischer, effizienter und transparenter werden soll. Auch dieses

neue Vertragswerk fiel durch: Im Juni 2008 lehnten die Iren es im Rahmen einer Volks­

abstimmung ab. Wie es weiter geht, ist noch offen.

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Familienfreundliche Arbeitswelt

• Wenn Unternehmen die Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben erleichtern, schaf­

fen sie eine familienfreundliche Arbeitswelt.

• Was die Arbeitswelt familienfreundlicher machen kann: flexible Arbeitszeiten, Telearbeit,

organisatorische und finanzielle Unterstützung der Eltern bei der Kinderbetreuung, Hilfe bei

der Betreuung von pflegebedürftigen Angehörigen, Entlastung von ehrenamtlich engagierten

Beschäftigten

• Wie die Unternehmen zum Thema Familienfreundlichkeit stehen, ermittelt das Institut

der deutschen Wirtschaft Köln in repräsentativen Unternehmensbefragungen: Die Bedeutung

des Themas wurde demnach 2006 deutlich höher eingeschätzt als 2003, zugleich sind die

Unternehmen aktiver geworden. Noch 2003 kümmerten sich knapp 20 Prozent der Unter­

nehmen nicht um Familienfreundlichkeit, im Jahr 2006 boten nur noch 5 Prozent keine

Familienunterstützung an.

• Zum Beispiel flexible Arbeitszeit: Drei Viertel der Unternehmen vereinbaren mit ihren Be­

schäftigten individuell, wann die Arbeitszeit beginnt und endet. Zwei Drittel bieten flexible

Tages­ und Wochenarbeitszeiten an, also Gleitzeitmodelle oder Arbeitszeitkonten. Der Anteil

der Unternehmen mit Telearbeitsplätzen hat sich 2006 gegenüber 2003 mehr als verdoppelt

– und zwar von 7,8 Prozent auf 18,5 Prozent.

• Was die Unternehmen noch tun: Jede fünfte Firma bietet den Eltern während der Eltern­

zeit Vertretungseinsätze an und jede siebte Weiterbildungen. Um haushaltsnahe Dienst­

leistungen, mit denen die Beschäftigten zusätzliche Zeit für den Beruf gewinnen würden,

kümmern sich 5 Prozent der Firmen. Allerdings hat sich hier – zum Bedauern mancher

Unternehmen – auch noch kein echter Markt entwickelt.

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Familienpolitik

• Das Ziel: Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern.

• Mütter sind hierzulande im internationalen Vergleich immer noch zu selten erwerbs­

tätig: In Deutschland arbeiten 55 Prozent der Frauen mit einem Kind im Kindergartenalter,

in Schweden sind es 81 Prozent. Außerdem sind die Kinderzahlen zu gering: In Deutschland

bekommen Frauen im Schnitt 1,3 Kinder, in Schweden 1,8 Kinder. (Stand 2008)

• Warum Deutschland profitiert, wenn mehr Frauen arbeiten (können):

Die Qualifikationen nutzen. Frauen sind höher gebildet als früher: Rund 53 Prozent der

Gym na siasten und 51 Prozent der Hochschulabsolventen sind weiblich. (Stand 2007)

Das Risiko von Kinderarmut verringern: In Doppelverdienerhaushalten sind gerade

0,7 Prozent der Kinder von Armut betroffen, das heißt, sie leben in Familien mit weniger

als 50 Prozent des Medianeinkommens. In Haushalten ohne Erwerbstätige sind hingegen

60 Prozent der Kinder arm. (Stand 2007)

Dem Fachkräftemangel begegnen: Die Zahl der Bundesbürger im erwerbsfähigen Alter

sinkt bis 2050 voraussichtlich um ein Drittel.

Dem Wertewandel Rechnung tragen: Frauen sind für ihren Lebensunterhalt verantwort­

lich. Vier von zehn neu geschlossenen Ehen werden geschieden. (Stand 2008)

• Wie die Politik die Vereinbarkeit fördern will:

Elterngeld: Seit 2007 erhalten Eltern bis zu 14 Monate lang 67 Prozent ihres letzten Netto­

einkommens, maximal 1800 Euro, mindestens 300 Euro.

Ausbau der Kinderbetreuung: Bis 2013 werden dafür 4 Milliarden Euro bereitgestellt.

Ein Drittel aller Kleinkinder soll einen Platz in der Kita oder bei einer Tagesmutter haben.

Umstrittener Kompromiss für Eltern, die keine Betreuung in Anspruch nehmen: Sie sollen

ab 2013 Betreuungsgeld („Herdprämie“) erhalten.

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Föderalismusreform

• Deutschland ist ein föderaler Staat: Die Bundesländer verfügen über eigene rechtliche und

finanzielle Kompetenzen. Zugleich schränkt der Bundesstaat den Handlungsspielraum der

Länder aber auch ein. Die Verflechtung zwischen Bund und Ländern hat in der Vergangen­

heit immer weiter zugenommen. Vor der Föderalismusreform musste der Bundesrat – die

Länderkammer – etwa 55 Prozent der Bundesgesetze zustimmen. Gleichzeitig konnten die

Länder intern immer weniger selbst regeln.

• Die Föderalismusreform I im Jahr 2007 hat die gegenseitige Abhängigkeit reduziert. Nur

noch 25 bis 30 Prozent der Bundesgesetze benötigen das Okay des Bundesrats. Nach dem

Subsidiaritätsprinzip (staatliche Aufgaben sollen möglichst von der kleinsten Gebietskörper­

schaft übernommen werden) können die Länder nun im Umwelt­ und Hochschulrecht von

Bundesgesetzen abweichen und sind für die Besoldung und Einstufung ihrer Beamten selbst

zuständig.

• Föderalismusreform II: Die ertragreichen Steuerarten – also vor allem die Einkommens­

und die Mehrwertsteuer – werden trotz Föderalismusreform I und Subsidiaritätsprinzip noch

immer im sogenannten Verbundsystem erhoben und über Quoten auf Bund und Länder ver­

teilt. Auch die Erbschaftssteuer wird im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung vom

Bund geregelt, obwohl sie allein den Ländern zusteht. Ein sogenanntes Trennsystem, das den

Ländern eigene Steuerkompetenzen zugesteht, existiert nach wie vor kaum. Die geplante

Föderalismusreform II soll die steuerliche Entflechtung in Richtung Trennsystem fortsetzen.

• Streitpunkt Länderfinanzausgleich: Dieser verhindert zwar, dass wirtschaftlich schwäche­

re Bundesländer in eine Abwärtsspirale geraten, er nimmt aber auch den Anreiz, die Einnah­

mesituation mittels guter Wirtschaftspolitik zu verbessern. Der Grund dafür: Die Geberlän­

der müssen Steuermehreinnahmen zu 75 bis 90 Prozent in den Ausgleichstopf einzahlen,

Empfängerländer verlieren bei zusätzlichen eigenen Steuereinnahmen etwa 90 Prozent der

Unterstützung aus dem Finanzausgleich. Einige Bundesländer wehren sich gegen eine größe­

re finanzielle Eigenverantwortung, misstrauen also ihrer eigenen Wirtschaftspolitik.

• Widerstand der Länder: Umstritten ist auch, inwieweit die Länder in puncto Euro­Stabili­

tätspakt (Staatsschulden von weniger als 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, Haushaltsde­

fizit unter 3 Prozent) zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Zwar haben sich Bund und

Länder darauf verständigt, eventuelle Strafzahlungen im Verhältnis 65 zu 35 aufzuteilen,

gleichzeitig lehnen manche Länder aber ein von 2020 an geltendes Neuverschuldungsverbot

ab. Durch die aktuelle Krise dürfte der Länderwiderstand noch zunehmen.

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Gesetzliche Krankenversicherung

• GKV­Ausgaben: Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) hat im Jahr 2008 fast

161 Milliarden Euro ausgegeben – 68 Milliarden Euro mehr als 1991. Je Anspruchsberech­

tigten stiegen die Ausgaben von jahresdurchschnittlich 1.313 auf zuletzt 2.288 Euro.

• Hauptursachen für den Ausgabenanstieg: Die Beiträge werden als fester Prozentsatz vom

Gehalt erhoben und stehen deshalb nicht im Zusammenhang mit dem Leistungsanspruch.

Daraus resultiert zum einen mangelnde Kostenverantwortung auf Seiten der Versicherten und

zum anderen ein fehlender Preiswettbewerb unter den Leistungsanbietern – beides zusam­

men führt letztlich zu ausufernden Ausgaben.

• Gesundheitsreform 2004: Die Einführung von Praxisgebühr oder Arzneimittelzuzahlung

ist verpufft – pro Kopf sanken die Ausgaben 2004 zwar kurzfristig um 65 auf 1.995 Euro,

lagen aber 2008 um 229 Euro über dem Wert von 2003.

• Sonderbeitrag für Arbeitnehmer: Seit Mitte 2005 zahlen die Beschäftigten einen Sonder­

beitrag von 0,9 Prozent, an dem der Arbeitgeber nicht beteiligt ist. Dadurch sank deren

Beitrag zunächst von 7,1 auf 6,65 Prozent, ist danach aber wieder auf 7,3 Prozent gestiegen.

Seit Juli 2009 reduzieren höhere Steuerzuschüsse den Arbeitgeberanteil auf 7 Prozent.

• Gesundheitsreform 2007 und Gesundheitsfonds: Trotz Vertragsfreiheiten wie Selbstbehal­

ten oder Beitragsrückerstattungen ist der Anreiz zu kostenbewusstem Verhalten für viele Ver­

sicherte gesunken. Konnten 2008 aufgrund der Beitragssatzunterschiede zwischen verschie­

denen Kassen bis zu 1.728 Euro gespart werden, lässt sich die Belastung seit Einführung des

Gesundheitsfonds selbst bei geschickter Tarifwahl nur um maximal 1.332 Euro reduzieren.

• Folge der unzureichenden Reformen sind kräftige Beitragssatzanstiege: Die durch­

schnittlichen Krankenkassenbeiträge lagen 1991 bei 12,3 Prozent, 2008 waren im Schnitt

14,9 Prozent fällig. Der Gesundheitsfonds brachte Anfang 2009 noch mal einen Sprung auf

15,5 Prozent mit sich. Das Konjunkturpaket II glich diesen letzten Anstieg aus: Seit Juli

2009 beträgt der einheitliche Satz 14,9 Prozent.

• Eine sinnvolle Reform der GKV­Finanzierung: Eine Gesundheitsprämie in Höhe von

monatlich etwa 215 Euro je erwachsenen Versicherten (Stand 2008) würde bei unveränderten

Leistungen zu höherem Kostenbewusstsein führen und einen echten Preiswettbewerb unter

den Leistungserbringern eröffnen. Der soziale Ausgleich für Einkommensschwächere sollte

über das Steuersystem erfolgen. Mittelfristig ist eine zumindest teilweise kapitalgedeckte

Finanzierung anzustreben, um zukünftige Generationen zu entlasten.

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Gesetzliche Rentenversicherung

• Warum die gesetzliche Rentenversicherung immer kostspieliger wird:

– Längerer Rentenbezug. Die Menschen gehen unverändert früh in Rente – 1970 im Schnitt

mit 61,5 Jahren, zuletzt 2007 mit 60,7 Jahren. Sie beziehen ihr Ruhegeld aber immer länger:

2007 lag die durchschnittliche Rentenbezugsdauer bei 17,4 Jahren, 1970 waren es nur

11,1 Jahre.

– Steigende Zahl von Einzelrenten. Im Jahr 1979 zahlten die Rentenversicherungsträger

9,9 Millionen Renten aus, 2007 waren es 24,7 Millionen, die sie auf 20,2 Millionen Ruhe­

ständler verteilten.

– Ungünstigeres Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentnern. Kommen derzeit auf

100 Beitragszahler nur 58 Rentner, wird das Verhältnis 2030 schon bei 1 zu 1 liegen und

2050 wird ein Beitragszahler sogar für gut 1,1 Rentner aufkommen müssen.

• Wie der Beitragssatzanstieg gedämpft werden soll:

– Abgesenktes Bruttorentenniveau. Mit der Rentenreform 2001 wurde festgelegt, dass

der Beitragssatz von heute 19,9 Prozent bis 2020 nicht über 20 Prozent und danach bis 2030

nicht über 22 Prozent steigen darf. Dazu muss das Verhältnis von Eckrente – die bekommt

ein Rentner mit 45 Beitragsjahren bei stets durchschnittlichem Verdienst – zum aktuellen

Durchschnittsverdienst von derzeit rund 47 auf 40 Prozent bis zum Jahr 2030 sinken.

– Gebremste jährliche Rentenanpassung. Um das Bruttorentenniveau zu verringern,

werden die Renten nicht mehr im gleichen Ausmaß erhöht, in dem die beitragspflichtigen

Entgelte steigen. Dies bewirkt seit 2002 der Riester­Faktor und seit 2005 zusätzlich der

Nachhaltigkeitsfaktor.

– Malus für Frühverrentung. Seit 2000 werden für jedes Jahr, das die Rente vor Erreichen

der Regelaltersgrenze bezogen wird, dauerhaft 3,6 Prozent von dem bis dahin erreichten

Anspruch abgezogen. Infolgedessen hat sich das Zugangsalter bei den Altersrenten leicht

nach hinten verschoben: von 62,3 Jahren (2000) auf 63,1 Jahre (2007).

– Erhöhung der Regelaltersgrenze. Von 2012 bis 2029 steigt der reguläre Rentenbeginn

schrittweise von 65 auf 67 Jahre. Voraussichtlich wird damit gerade einmal die Verlängerung

der Lebenserwartung ausglichen.

• Was den Reformerfolg gefährdet: Subventionierte Wege in die Frühverrentung wie die

geförderte Altersteilzeit, das Aussetzen der Rentenanpassungsformel oder wie zuletzt die

Rentengarantie verzögern oder verhindern Anpassungen, die nötig sind, um die gesetzlichen

Beitragssatz­ und Versorgungsniveauziele zu erreichen. Geschenke an die Rentner von heute

belasten die zukünftigen Generationen.

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Globalisierung

• Globalisierung bedeutet stärkere internationale Arbeitsteilung: Dadurch werden Res­

sourcen produktiver genutzt, und der Wettbewerb zwischen den Anbietern von Waren und

Dienstleistungen wird härter. Die Verbraucher profitieren: Die Auswahl vergrößert sich, die

Preise sinken und die Realeinkommen steigen.

• Woran die fortschreitende Globalisierung zu erkennen ist: Seit 1985 wuchsen die welt­

weiten Exporte mehr als doppelt so schnell wie die Weltproduktion, und die globalen Direkt­

investitionen sogar mehr als 1,5­mal so schnell wie die Exporte.

• Wie Deutschland profitiert: Die Einfuhrpreise sind in Deutschland von 1991 bis 2007 nur

um gut 3 Prozent gestiegen, die Verbraucherpreise dagegen um mehr als 37 Prozent. Für

viele Konsumgüter wie Textilien und Elektronikwaren müssen die Bundesbürger heute deut­

lich kürzer arbeiten als 1991.

• Globalisierung ist kein Jobkiller: Die Erwerbstätigenzahl stieg in den Industrieländern seit

1985 um rund 25 Prozent – es gibt heute etwa 85 Millionen Menschen mehr in Lohn und

Brot als damals. Auch das in Stunden gerechnete Arbeitsvolumen hat innenhalb von zwei

Jahrzehnten um 18 Prozent zugenommen. (Stand 2007)

• Nicht alle Einfachjobs sind durch Niedriglohnkonkurrenz bedroht: Es ist aus verschie­

denen Gründen nicht für alle Menschen möglich, eine höhere Bildung oder gar akademische

Weihen zu erwerben. In den vergangenen Jahren sind hierzulande für Geringqualifizierte

viele Jobs im Niedriglohnsektor entstanden – vor allem auf dem weiten Feld lokaler Dienst­

leistungen, die in der Regel vor Auslandskonkurrenz und Rationalisierung geschützt sind.

• Kein ruinöser Standortwettbewerb: Obwohl es gilt, Kapital mit möglichst günstigen Rah­

menbedingungen anzulocken, sind die Gewinnsteuereinnahmen und die Sozialausgaben in

der EU seit 1980 nicht gesunken.

• Entwicklungsländer profitieren von der Globalisierung: Diejenigen Länder, die sich in

den achtziger Jahren stark für den Weltmarkt geöffnet haben, steigerten ihr reales Bruttoin­

landsprodukt je Einwohner zwischen 1990 und 2006 insgesamt um knapp 50 Prozent, die

Nicht­Globalisierer schafften dagegen nur ein Wachstum von rund 22 Prozent.

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Immobilienwirtschaft

• Bauwirtschaft, Baufinanzierung, Grundstücks­ und Wohnungswesen sowie mit der Bera­

tung und Planung beauftragte Dienstleistungsunternehmen, etwa Makler und Architekten –

sie alle fasst man unter der Immobilienwirtschaft zusammen.

• Die Bruttowertschöpfung der Immobilienwirtschaft lag im Jahr 2004 bei 384 Milliarden

Euro – das sind 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Rund 10 Prozent aller Erwerbstätigen

sind in der Immobilienwirtschaft beschäftigt.

• Das Bruttovermögen der deutschen Haushalte ist zu 63 Prozent in Immobilien gebunden.

Damit spielen Immobilien in der Altersvorsorge eine wichtige Rolle. Allerdings leben nur

41 Prozent der deutschen Haushalte in den eigenen vier Wänden. In Zukunft könnten es

mehr werden, weil es seit 2008 für den Kauf einer Immobilie Zulagen und Steuervorteile im

Rahmen der Riester­Rente gibt.

• Marktentwicklung: Zwischen 2000 bis 2007 haben sich die Preise für Einfamilienhäuser

kaum verändert, während Büroimmobilien über 17 Prozent an Wert verloren haben. Trotz der

Finanzmarktkrise könnte sich das Blatt jedoch wenden: Voraussetzung dafür ist, dass das

Interesse ausländischer Investoren am hiesigen Markt weiter zunimmt.

• Herausforderungen:

1. Demografischer Wandel: Von wenigen Ausnahmeregionen abgesehen

wird die Zahl der Leerstände infolge der schrumpfenden und alternden Bevölkerung bundes­

weit zunehmen. Wohngebäude werden daher wohl verstärkt abgerissen oder zurückgebaut

werden. Auch auf die sinkende Durchschnittsgröße der Haushalte muss die Immobilien­

wirtschaft reagieren.

2. Klimaschutz: Rund 14 Prozent der CO2­Emmissionen entfallen auf die Bewirtschaftung

und Beheizung von Wohnimmobilien. Altbauten verbrauchen im Durchschnitt dreimal so

viel Energie wie Neubauten. An einer Sanierung von energiefressenden Gebäuden führt

somit kein Weg vorbei.

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Internationale Wettbewerbsfähigkeit

• Wie gut sich „Made in Germany“ jenseits der heimischen Grenzen verkauft, hängt

neben der Produktqualität vor allem vom Preis der offerierten Güter ab. Dieser wiederum hat

im Wesentlichen zwei Bestimmungsfaktoren:

1. Die Wirtschaftlichkeit der Produktion

2. Der Wechselkurs des Euro

• Lohnstückkosten: Das Verarbeitende Gewerbe in Deutschlands wichtigsten Konkurrenz­

ländern hatte 2006 im Schnitt um 13 Prozent niedrigere Lohnstückkosten als die hiesige

Industrie. Lediglich im Vereinigten Königreich war der Faktor Arbeit je Outputeinheit noch

teurer.

• Produktivität: Die internationale Konkurrenz erzielte 2006 je geleistete Arbeitsstunde

durchschnittlich eine um 14 Prozent niedrigere Wertschöpfung – Deutschlands Produktivität

ist aber keineswegs Spitzenklasse: Immerhin fünf Länder, darunter die USA, übertreffen die

deutsche Industrie. Der Produktivitätsvorsprung genügt daher nicht, um den Nachteil der

hohen Arbeitskosten auszugleichen.

• Entwicklung: Die Lohnstückkosten sind in der deutschen Industrie vor allem durch die

günstige Entwicklung der letzten Jahre deutlich gesunken. Damit konnte aber erst der

enorme Anstieg in der ersten Hälfte der neunziger Jahre – Zuwachs damals jahresdurch­

schnittlich 3,4 Prozent – kompensiert werden. Insgesamt sind die Lohnstückkosten in

Deutschland ohne Berücksichtigung von Wechselkursveränderungen seit 1991 so schnell

gestiegen wie im Ausland.

• Gut für die Exporte: Die Verbesserung der deutschen Lohnstückkostenposition hat

dazu geführt, dass Deutschland auch auf seinen Absatzmärkten seine Position trotz neuer

Konkurrenten wie etwa China halten oder sogar verbessern konnte.

• Gut für die Arbeitsplätze: Die günstige Lohnstückkostenentwicklung ist vor allem dem

im internationalen Vergleich niedrigen Anstieg der industriellen Arbeitskosten zu verdanken.

Da auch in anderen Wirtschaftsbereichen die Löhne vergleichsweise maßvoll stiegen, konnte

der Arbeitsmarkt entlastet werden: Insgesamt hat die Lohnzurückhaltung 880.000 Arbeits­

plätze gesichert oder neu geschaffen.

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Klimaschutz

• Das Klima auf der Erde ändert sich – diese Feststellung ist mittlerweile weitgehend

unumstritten. Durch den Ausstoß von Treibhausgasen ist der Mensch für den Klimawandel

zumindest mitverantwortlich.

• Kohlendioxid (CO2) ist mengenmäßig das wichtigste Treibhausgas. Es wird vor allem bei

der Verbrennung fossiler Energieträger wie Kohle, Erdöl und Gas freigesetzt.

• In Deutschland sanken die CO2­Emissionen seit 1990 um über 15 Prozent, die Treibhaus­

gas­Emissionen insgesamt sogar um 18,4 Prozent. Weltweit stieg der CO2­Ausstoß im

selben Zeitraum hingegen um fast 30 Prozent an.

• Klimaschutz: In den zurückliegenden Jahren gab es vielfältige Bemühungen, den Treib­

hausgas­Ausstoß zu reduzieren. Deutschland und die EU ergriffen eine Reihe von Maßnah­

men. So werden etwa erneuerbare Energien gefördert und der Handel mit CO2­Emissions­

zertifikaten wurde eingeführt.

• Mit dem Kyoto­Protokoll von 1997 versuchte man erstmals, auch auf internationaler Ebene

gegen den Klimawandel anzugehen. Dieses Ziel wurde jedoch nicht erreicht. Zum einen

haben die USA als weltweit größter Emittent von Treibhausgasen nicht teilgenommen, zum

anderen mussten sich auch große Länder wie China oder Indien nicht zu konkreten Maß­

nahmen verpflichten.

• Bis Ende 2009 will die internationale Staatengemeinschaft ein neues Klimaprotokoll

verhandeln. Erfolgreich kann dies aber nur sein, wenn es gelingt, alle großen Länder ins

Boot zu holen.

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Lehrstellen

• Die duale Berufsausbildung ist beliebt: Jahr für Jahr beginnen etwa zwei Drittel aller

Jugendlichen eine duale Berufsausbildung in Betrieb und Berufsschule.

• Betriebe bieten Lehrstellen an, um ihren künftigen Fachkräftenachwuchs zu qualifizieren.

Ein Ausbildungsplatz kostet pro Jahr durchschnittlich 15.300 Euro. Die Auszubildenden

erwirtschaften aber auch knapp 11.700 Euro, sodass unter dem Strich 3.600 Euro Netto­

kosten bleiben. Für die Betriebe lohnt sich diese Investition, wenn die Auszubildenden

später im Betrieb bleiben, doch jeder zehnte Absolvent geht trotz Übernahmeangebot.

(Stand 2007)

• Mangelnde Ausbildungsreife ist ein Problem: Die Bewerber müssen Basiskompetenzen

mitbringen, die für einen erfolgreichen Ausbildungsverlauf und die spätere Berufstätigkeit

unerlässlich sind. Dazu zählen etwa ausreichende Lese­ und Mathematikkenntnisse, aber

auch Leistungsbereitschaft, Selbstständigkeit, Teamfähigkeit und Zuverlässigkeit. Laut

PISA­Studie zählen jedoch rund 22 Prozent eines Jahrgangs zur Risikogruppe mit nur

rudimentären Deutsch­ oder Mathekenntnissen.

• Die Ausbildung folgt der Beschäftigungsentwicklung: Eine gute Konjunktur kommt

auch den Schulabgängern zugute: 2007 wurde mit rund 625.900 neu abgeschlossenen

Ausbildungsverträgen der zweithöchste Wert seit der Wiedervereinigung erreicht. Im Jahr

2008 waren es mit 616.600 nur etwas weniger.

• Der Ausbildungspakt aus dem Jahr 2004 wirkt: Es wurden jährlich mehr als 60.000 neue

Ausbildungsplätze und 40.000 neue Ausbildungsbetriebe gewonnen. Im Jahr 2008 boten

die Unternehmen knapp 59.000 Lehrstellen mehr an als 2003, dem Ausgangsjahr des Pakts

– das war ein Plus von 11 Prozent. Die neuen Einstiegsqualifizierungen helfen vielen

leistungsschwächeren Jugendlichen dabei, im Anschluss eine Ausbildungsstelle zu finden.

• Reformbedarf in der dualen Ausbildung: In den vergangenen Jahren beschäftigten weit

mehr als die Hälfte aller ausbildungsberechtigten Betriebe Auszubildende. Um diesen guten

Wert auch künftig zu erhalten, muss die Ausbildung noch flexibler, die Abstimmung mit

der Berufsschule besser und das Bildungssystem durchlässiger werden. Ein Fortschritt in

jüngster Zeit war hier der Hochschulzugang für beruflich qualifizierte Bewerber ohne

Abitur.

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Lohnpolitik

• Das Verhältnis von Kosten (Löhnen und Lohnzusatzkosten) und Produktivität

(Wertschöpfung) einer Arbeitsstunde ist maßgeblich dafür, ob und wo Unternehmen

investieren und damit Arbeitsplätze schaffen.

• Was die Gewerkschaften fordern: Die Arbeitnehmervertreter haben zwar über mehrere

Jahre Lohnzurückhaltung geübt, halten aber an ihrer traditionellen Faustformel fest: Das

Lohnplus soll mindestens so hoch sein wie die Summe aus Inflationsrate und Produktivitäts­

gewinn. Doch diese Regel bietet nur in Zeiten der Vollbeschäftigung eine geeignete Orien­

tierung – bei nach wie vor mehr als 3 Millionen Arbeitslosen ist sie verfehlt.

• Wie der Sachverständigenrat argumentiert:

1. Der Inflationsausgleich führt zu einer Lohn­Preis­Spirale, die Geldpolitik muss eventuell

zulasten der Beschäftigung gegensteuern.

2. Produktivitätsgewinne, die Ergebnis eines Beschäftigungsabbaus sind, lassen sich nicht

verteilen. Andernfalls drohen weitere Jobverluste.

3. Bei dauerhafter Unterbeschäftigung ist ein Abschlag für neue Jobs nötig. Der nominale

Lohnanstieg muss unter dem Produktivitätszuwachs bleiben.

• Lohnzurückhaltung schafft Arbeitsplätze: Arbeit wird im Verhältnis zum Kapital

günstiger; Unternehmen haben mehr finanziellen Spielraum; der Standort D wird attraktiver

für Investoren.

• Schätzung des IW Köln: Seit Mitte der neunziger Jahre sind hierzulande durch Lohn­

zurückhaltung 880.000 Arbeitsplätze gesichert oder geschaffen worden.

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Mindestlohn

• Der DGB fordert einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn von 7,50 Euro je Stunde

und branchenbezogene tarifliche Mindestlöhne, wie es sie seit 1997 im Bauhauptgewerbe

gibt. So soll „Arbeit in Armut“ vermieden werden.

• Mindestlöhne gefährden Arbeitsplätze: In Westdeutschland müssten die Löhne für

11 Prozent aller Beschäftigten angehoben werden, im Osten sogar für 21 Prozent. Das

ifo Institut befürchtet dabei den Abbau von bis zu 1,1 Millionen Stellen, davon allein

620.000 im Niedriglohnsektor.

• Mindestlöhne sind sozialpolitisch ineffizient: Auch ein Einkommen auf Mindestlohn­

niveau ermöglicht einem Alleinverdiener nicht, seine Familie zu ernähren. So erhält

eine Alleinerziehende mit einem Kind, die 10 Euro je Stunde brutto verdient, ergänzendes

ALG II; das Gleiche gilt für einen verheirateten Alleinverdiener mit zwei Kindern und

12 Euro Stundenlohn. Und das ist auch richtig so. Löhne können sich nur an der Produkti­

vität eines Arbeitnehmers orientieren. Genügt der Verdienst nicht zum Leben, muss der Staat

einspringen, etwa über den sogenannten Kombilohn.

• Tarifautonomie wird ausgehebelt: Mindestlöhne greifen in die Freiheit von Arbeitgebern

und Gewerkschaften ein, Löhne und andere Arbeitsbedingungen frei von staatlicher Ein­

flussnahme zu regeln. Die Tarifautonomie schützt nicht nur das Recht, Tarifverträge zu

schließen, sondern auch das Recht, Tarifverträgen fernzubleiben.

• Schwarzarbeit wird gefördert: Bei einem Mindestlohn von 7,50 Euro pro Stunde könnten

nach einer Schätzungen des Ökonomen Friedrich Schneider zwischen 0,8 und 1,6 Millionen

Jobs in die Schattenwirtschaft abwandern.

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Mitbestimmung

• Weitreichende Mitspracherechte der Arbeitnehmer: In keinem anderen Industrieland

haben die Beschäftigten auf unternehmerischer und betrieblicher Ebene so viel zu sagen

wie in Deutschland. Aus Sicht der Unternehmensleitungen steht dies dem wirtschaftlichen

Erfolg häufig entgegen, beispielsweise weil Entscheidungen verzögert werden und Kosten

entstehen.

• Unternehmensmitbestimmung:

Das Drittelbeteiligungsgesetz reserviert für die Arbeitnehmervertreter in Kapitalgesell­

schaften mit 500 bis 2.000 Beschäftigten ein Drittel der Aufsichtsratssitze. Dies traf 2006

auf schätzungsweise 1.700 bis 3.500 Unternehmen zu.

Nach Maßgabe des Mitbestimmungsgesetzes von 1976 erhalten die Arbeitnehmervertreter

in 721 Kapitalgesellschaften mit mehr als 2.000 Beschäftigten die gleiche Anzahl von Auf­

sichtsratssitzen wie die Anteilseigner. In Pattsituationen hat der Aufsichtsratsvorsitzende

doppeltes Stimmrecht.

Das Montanmitbestimmungsgesetz gilt nur noch für ungefähr 50 Unternehmen. Es sieht

ebenfalls eine paritätische Mitbestimmung vor. In Pattsituationen entscheidet jedoch die

Stimme eines zusätzlichen neutralen Mitglieds.

• Betriebliche Mitbestimmung:

Das Betriebsverfassungsgesetz gilt für Betriebe in der Privatwirtschaft ab fünf Mit­

arbeitern. Betriebsräte müssen aber nicht zwingend eingerichtet werden, sondern dies

erfordert die Initiative der Beschäftigten. Daher hat schätzungsweise nur jeder zehnte

Betrieb einen Betriebsrat (Stand 2007).

Alternative Formen der Mitbestimmung: In vielen Unternehmen helfen Einrichtungen

wie Runde Tische, Betriebs­ und Mitarbeiterausschüsse oder Belegschaftssprecher dabei, die

Interessen der Mitarbeiter zu Gehör zu bringen. In der Industrie und bei den industrienahen

Dienstleistern beispielsweise ist dies in jedem vierten Unternehmen der Fall (Stand 2007).

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Mittelstand

• Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) haben bis zu 500 Mitarbeiter und machen einen

Jahresumsatz von maximal 50 Millionen Euro. Fast immer lenken persönlich haftende Un­

ternehmer die wirtschaftlichen Geschicke dieser Betriebe, angestellte Manager sind die Aus­

nahme.

• Der Mittelstand dominiert die deutsche Wirtschaft: Ihrer Beschäftigtenzahl zufolge sind

99,7 Prozent der Unternehmen in Deutschland Mittelständler. Den 3,4 Millionen kleinen und

mittleren Betrieben stehen nur rund 4.700 Firmen mit mehr als 500 Beschäftigten gegenüber

(Stand 2005). Legt man die Umsatzgrenze zugrunde, gibt es immerhin 8.800 Großunterneh­

men (Stand 2006).

• Mittelständler als Arbeitgeber: 2 Millionen kleine und mittlere Unternehmen sind keine

Ein­Mann­Betriebe, sondern haben zusätzliche Mitarbeiter. Rund 79 Prozent der sozialversi­

cherungspflichtigen Arbeitnehmer (Stand 2008) und sogar über 80 Prozent der Auszubilden­

den (Stand 2006) sind bei einem mittelständischen Unternehmen beschäftigt.

• Investitionen und Umsatz: An den Unternehmensinvestitionen hat der Mittelstand einen

Anteil von 46 Prozent, am Umsatz ist er aufgrund seiner höheren Fertigungstiefe nur mit

knapp 40 Prozent beteiligt und an den Forschungsausgaben der Unternehmen sogar nur mit

13 Prozent. (Stand 2005)

• Arbeitsmarktentwicklung: In deutschen Großunternehmen gab es im Jahr 2008 trotz des

Aufschwungs kaum mehr Arbeitsplätze als 2003. Kleinbetriebe mit weniger als 50 Beschäf­

tigten mussten ihren Personalbestand sogar um 1 Prozent verkleinern. Die mittleren Unter­

nehmen hingegen (50 bis 500 Mitarbeiter) waren mit einem Beschäftigungsplus von 6 Pro­

zent und nunmehr 10,5 Millionen Arbeitsplätzen der Impulsgeber der deutschen Wirtschaft.

• Mittelstandsfreundliche Wirtschaftspolitik: Selbst in der aktuellen Krise stemmen sich die

mittelständischen Firmen laut KfW­Mittelstandsbarometer bislang erfolgreich gegen einen

Arbeitsplatzabbau im großen Stil. Gefährdet werden die wirtschaftlichen Erfolge des Mittel­

stands jedoch durch Überreglementierung und Finanzierungsengpässe. Notwendig ist daher

eine Politik, die beim Bürokratieabbau mutig voranschreitet und die Arbeitsmarktreformen

weiterführt, anstatt sie zurückzudrehen – wie es etwa durch die Einführung von Mindestlöh­

nen für bestimmte Branchen geschehen ist.

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Öffentliche Haushalte

• Zum deutschen Staatshaushalt gehören die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden

sowie den Sozialversicherungen. Zusammen kamen sie 2008 auf ein Haushaltsvolumen von

knapp 1,1 Billionen Euro.

• Die wichtigsten Einnahmequellen des Staates sind mit einem Anteil von knapp 90 Prozent

Steuern und Sozialbeiträge. Die übrigen 10 Prozent sind z.B. Gebühren, Erträge öffentlicher

Unternehmen wie der Bundesbank und die Kreditaufnahme.

• Den größten Ausgabenposten bilden die sozialen Leistungen des Staates. Sie hatten zuletzt

einen Anteil von rund 55 Prozent am Staatshaushalt. Die übrigen staatlichen Mittel werden

z.B. für die öffentliche Verwaltung, Investitionen und Zinszahlungen ausgegeben. Zukunfts­

sichernde Investitionen etwa in die staatliche Infrastruktur machen allerdings nur gut 3 Pro­

zent der Ausgaben aus.

• Verstöße gegen den europäischen Stabilitäts­ und Wachstumspakt: Von 2002 bis 2005

hat Deutschland die Verschuldungsgrenze von 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts regelmä­

ßig überschritten. Hauptschuldenmacher war dabei der Bund, der 2004 allein ein Defizit von

2,4 Prozent des BIP verursachte. In den Jahren 2006 bis 2008 entspannte sich die finanzielle

Lage des Staates durch die Konsolidierungsbemühungen und den wirtschaftlichen Auf­

schwung so weit, dass Deutschland 2008 einen nahezu ausgeglichenen Haushalt vorlegen

konnte. Eine kurze Freude: Die Defizitprognose für 2009 lautet 3,2 Prozent, 2010 dürften es

über 5 Prozent werden. Durch die Wirtschaftskrise und die Konjunkturpakete, mit denen die

Bundesregierung ihr zu begegnen versucht, brechen zum einen Einnahmen weg und zum

anderen tun sich enorme Ausgabenverpflichtungen auf.

• Staatsschulden: Insgesamt hat sich durch die unsolide Finanzpolitik der Vergangenheit ein

Schuldenberg von rund 1,5 Billionen Euro aufgetürmt (Stand 31. Dezember 2008).

• Nationaler Stabilitätspakt beschlossen: Die frühere Regelung in Artikel 115 Grundgesetz,

nach der die jährlich aufgenommenen Kredite die Investitionsausgaben nicht überschreiten

dürfen, war unzulänglich. Im Rahmen der Föderalismusreform II wurde Anfang 2009 die

sogenannte Schuldenbremse vereinbart. Demnach darf der Bund ab 2016 über den Konjunk­

turzyklus hinweg nur noch ein strukturelles Defizit – das ist jener Teil der Neuverschuldung,

der sich bei einer konjunkturellen Erholung nicht abbaut – von maximal 0,35 Prozent des

BIP aufweisen. Die Länder dürfen ab 2020 überhaupt keine strukturellen Schulden mehr

machen. In Rezessionen ist es beiden Ebenen erlaubt, Kredite aufzunehmen, sie müssen aber

in Aufschwungphasen zurückgeführt werden. Die Schuldenbremse ist ein wichtiger Schritt

zur Konsolidierung. Ein Problem bleibt die Prognose der wirtschaftlichen Entwicklung.

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Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit

• Umfang: Durch die reine Schwarzarbeit, also den Arbeitseinsatz unter der Hand, wurden

2007 in Deutschland rund 136 Milliarden Euro erwirtschaftet. Hinzu kamen unter anderem

rund 75 Milliarden Euro für den Materialeinsatz ohne Rechnung sowie die wirtschaftlichen

Ergebnisse krimineller Aktivitäten (Glücksspiel, Drogenhandel). Insgesamt brachte es die

Schattenwirtschaft 2007 auf eine Wertschöpfung von rund 340 Milliarden Euro.

• Nachbarschaftshilfe: Nicht zur Schwarzarbeit zählen Hilfeleistungen durch Angehörige,

Lebenspartner, Nachbarn oder Freunde, wenn die Tätigkeiten nicht der Gewinnerzielung

dienen, also nicht regelmäßig und nur gegen ein geringes Entgelt erbracht werden.

• Entwicklung: Nach einem rasanten Wachstum in den achtziger und neunziger Jahren er­

wirtschaftete der Schattensektor seit Anfang dieses Jahrzehnts stets deutlich mehr als 300

Milliarden Euro. Im Jahr 2003 wurde ein Spitzenwert von 370 Milliarden Euro erreicht;

danach ist es gelungen, die Schattenwirtschaft leicht einzudämmen.

• Branchen: Der Löwenanteil der Schwarzarbeit entfiel im Jahr 2007 laut einer Umfrage des

Instituts der deutschen Wirtschaft Köln mit 18,7 Prozent des Umsatzes auf den Hausbau,

Renovierungen und Reparaturen. Auf Platz zwei liegen mit 15,8 Prozent klassische Hausar­

beiten wie Putz­ und Bügelhilfe. Auf Anteile von jeweils mehr als einem Zehntel kommen

auch Kfz­Reparaturen, Gastronomie­ und Hoteldienstleistungen, Friseurarbeiten und Schön­

heitspflege sowie Schülernachhilfe und Kinderbetreuung.

• Schwarzarbeiter und ihre Auftraggeber: Laut der IW­Umfrage von 2007 hat jeder fünfte

Bundesbürger über 18 Jahre schon einmal am Fiskus vorbeigearbeitet. Überdurchschnittlich

verbreitet ist Schwarzarbeit unter Schülern, Studenten und Lehrlingen (bei 29,9 Prozent)

sowie unter nicht Berufstätigen (bei 26,5 Prozent). Als Auftraggeber aufgetreten ist bereits

knapp jeder dritte Haushalt. Wer Schwarzarbeit anbietet oder nachfragt, möchte meist nicht

nur Steuern und Sozialabgaben sparen, sondern hofft oftmals auch, die Vielzahl behördli­

cher Vorschriften und Regulierungen zu umgehen.

• Was dem Staat entgeht: Der geschätzte jährliche Steuerausfall liegt zwischen 2 und 5,3

Milliarden Euro, den Sozialversicherungen entgehen zwischen 4,7 und 12,3 Milliarden

Euro. Insgesamt entsteht dem Staatshaushalt also ein Schaden von bis zu 17,6 Milliarden

Euro. Ein Drittel der Güter würde ohne Schwarzarbeit allerdings gar nicht geschaffen. Ein

weiteres Drittel der Schwarzarbeit würden die Menschen selbst erledigen, anstatt es bei an­

deren in Auftrag zu geben – unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten suboptimal.

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Sozialstaat

• Deutschland wendet viel Geld für seinen Sozialstaat auf: Im Jahr 2007 waren es 707 Mil­

liarden Euro – je Einwohner im Schnitt fast 8.600 Euro. Der Anteil der Sozialleistungsaus­

gaben am Bruttoinlandsprodukt kletterte von 27,9 Prozent im Jahr 1991 bis 2003 auf

32,3 Prozent. Seitdem ist die Sozialleistungsquote wieder etwas gesunken – im Jahr 2007

lag sie bei 29,2 Prozent. Die schrumpfende Wirtschaft wird die Quote aber wieder in die

Höhe treiben.

• Das Problem: Hohe Sozialabgaben und eine hohe Steuerbelastung lähmen die Wirtschaft

und schmälern damit die Finanzierungsbasis des Sozialstaats – das Bruttoinlandsprodukt.

• Sozialversicherungsbeiträge: Knapp 61 Prozent der Sozialleistungen entfallen allein auf

die gesetzlichen Sozialversicherungen. Deren Beitragssätze summierten sich für Arbeitgeber

und Arbeitnehmer im ersten Halbjahr 2009 auf 40,15 Prozent, ab der Jahresmitte werden es

durch die Senkung des Krankenversicherungsbeitrags nur noch 39,55 Prozent sein.

• Steuerfinanzierung: Dass die Beitragssätze damit gut 2 Prozentpunkte unter dem Niveau

der Jahre 2003 bis 2006 liegen, ist vor allem den Steuerzuschüssen zu den Sozialversiche­

rungen geschuldet. An den Ausgaben der Rentenversicherung beteiligte sich der Bund 2008

mit 30,5 Prozent (74 Milliarden Euro) – 1990 waren es erst 18,5 Prozent. Die gesetzliche

Krankenversicherung erhielt 2008 rund 3,5 Milliarden Euro vom Fiskus. Dank Konjunktur­

paket II werden es 2009 7,2 Milliarden und bis 2014 sogar 14 Milliarden Euro pro Jahr sein.

Unterm Strich werden die Finanzierungslasten also lediglich umverteilt.

• Deutschlands Sozialstaat belegt im internationalen Vergleich einen Spitzenplatz: Um zu

sehen, was tatsächlich bei den Transferempfängern ankommt, muss von den Bruttoleistun­

gen abgezogen werden, was der Staat davon wieder einbehält – zum Beispiel in Form der

Krankenversicherungsbeiträge der Rentner, aber auch über die Mehrwertsteuer an der Super­

marktkasse. Umgekehrt unterstützt der Staat freiwillige Investitionen in die soziale Absiche­

rung, etwa bei der Riester­Förderung. Unterm Strich ergibt sich die Nettosozialleistungsquo­

te – und diese war 2003 im Industrieländervergleich nur in Frankreich (32,2 Prozent) und

Schweden (30,9 Prozent) höher als in Deutschland (30,8 Prozent).

• Die USA leisten sich mehr Sozialstaat als Dänemark: Dänemarks Nettosozialleistungs­

quote fällt mit 25,2 Prozent hinter die Bruttosozialleistungsquote zurück, weil Abgaben

grundsätzlich auch auf Transfers erhoben werden. Die USA hingegen liegen mit einer Netto­

quote von 27 Prozent noch vor den Niederlanden (26 Prozent) und Österreich (25 Prozent),

weil sie in großem Umfang freiwillige private Vorsorge steuerlich fördern.

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Steueroasen

• Steuerhinterziehung und Steuerflucht sind im Frühjahr 2008 schlagartig in den Blick der

Öffentlichkeit gerückt: Bundesweit fanden Razzien gegen Steuersünder statt, die verdächtigt

wurden, Kapital und Kapitalerträge am hiesigen Fiskus vorbei nach Liechtenstein geschleust

zu haben.

• Steueroasen sind Länder oder Gebiete mit besonders niedrigen Steuersätzen für Kapital­

einkünfte und einem strengen Bankgeheimnis. Bekannte Beispiele in Europa: Liechtenstein,

Luxemburg, Monaco, Schweiz, Isle of Man. International: Cayman Islands, Britische Jung­

ferninseln, Bahamas.

• Der Fall Liechtenstein: Deutschland wirft dem Fürstentum vor, der illegalen Steuerhinter­

ziehung wohlhabender Bundesbürger Vorschub zu leisten und sich international üblichen

Kontrollmechanismen zu widersetzen.

• Was Liechtenstein entgegnet: Das Fürstentum pocht auf seine nationale Steuerautonomie.

Das eigentliche Problem seien Hochsteuerländer wie Deutschland, die erst den Grund für die

Steuerflucht liefern würden. Auch in anderen Ländern wie der weniger stark kritisierten

Schweiz gebe es steuer optimierte Stiftungskonstruktionen. Die dortigen steuerlichen Vor­

zugsbedingungen würden etwa von Sportstars rege genutzt. Liechtenstein sei keine Steuer­

oase, sondern wegen seiner recht niedrigen Steuersätze allenfalls ein „Vorzugssteuerland“.

Sogenannte Nullsteuerländer wie Andorra, Monaco und die Cayman Islands erheben über­

haupt keine direkten Steuern und widersetzen sich der euro päischen Zinssteuer­Richtlinie.

• Ökonomische und steuerrechtliche Fakten: Je größer das Steuergefälle zwischen benach­

barten Ländern ausfällt, desto höher ist der Anreiz für Kapitalanleger, dies auszunutzen. Ihre

Messlatte bei Anlage entscheidungen ist die Rendite nach Steuern. Der Anlageort ist frei

wählbar, solange bestehende nationale Vorschriften nicht verletzt werden. In Deutschland

gilt das Welteinkommensprinzip, wonach im Ausland bezogene Einkünfte hierzulande zu

versteuern sind. Zugleich erlaubt aber das Außen steuergesetz die Verlegung des Wohnsitzes

ins steuergünstige Ausland. Auf diese Weise kann jeder Bundesbürger das internationale

Steuergefälle ganz legal nutzen.

• Höhere Strafen und mehr Kontrollen sind kein geeignetes Mittel, um potente Steuerzah­

ler im Land zu halten: Langfristig braucht Deutschland ein international wettbewerbsfähiges

Steuersystem, um die legale wie die illegale Steuerflucht einzudämmen und Steueroasen

quasi automatisch auszutrocknen.

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Subventionen

• Subventionswettlauf: Die Verlagerung der Handyproduktion des finnischen Herstellers

Nokia von Bochum nach Rumänien veranschaulicht das Problem: Subventionen verfälschen

den Wettbewerb und geben falsche Signale an den Markt. Branchen und Betriebe werden

am Leben erhalten, die ohne staatliche Beihilfen nicht mehr existieren würden, oder Unter­

nehmen fällen Standortentscheidungen aufgrund staatlicher Zuschüsse und nicht aufgrund

betriebswirtschaftlicher Überlegungen.

• Subventionsabbau kommt nicht voran – obwohl er erklärtes Ziel jeder Bundesregierung

ist. Der 21. Subventionsbericht dokumentiert: Die im Haushaltsjahr 2007 von Bund, Ländern

und Gemeinden gewährten Subventionen summierten sich auf 50,8 Milliarden Euro – das

waren nur 0,2 Milliarden Euro weniger als im Jahr 2005.

• Der künstliche Erhalt nicht mehr wettbewerbsfähiger Wirtschaftszweige ist Schwer­

punkt der meisten Subventionen. Der Anteil dieser sogenannten Erhaltungshilfen an den

gesamten Subventionen ist beim Bund sogar von 28 Prozent im Jahr 2005 auf 31 Prozent

2008 gestiegen. Der Anteil der Anpassungshilfen hingegen, die den Strukturwandel

erleichtern sollen, geht ebenso zurück wie der Anteil der zukunftsgerichteten Produktivitäts­

und Wachstumshilfen.

• Den Rasenmäher herausholen: Anstatt weiter die Mehrwertsteuer oder andere Steuern zu

erhöhen, sollte der Finanzminister mit dem Subventionsabbau endlich Ernst machen. Haus­

haltspolitisch am wirkungsvollsten ist der sogenannte Rasenmäher. Mithilfe solch einer

pauschalen Kürzung aller Subventionen um 10 Prozent ließen sich gut 5 Milliarden Euro

einsparen – was zumindest zum Teil an die Steuerzahler weitergegeben werden könnte.

Auf die einzelnen politischen Ressorts kämen folgende Abstriche zu:

– Umsatzsteuerermäßigung im kulturellen Bereich: ­1, 8 Milliarden Euro

– Sparförderung und Vermögensbildung: ­1,3 Milliarden Euro

– Landwirtschaft und Verbraucherschutz: ­1 Milliarde Euro

– Öffentlicher Nahverkehr: ­0,8 Milliarden Euro.

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Unternehmensgewinne

• Umsatzrenditen 2007: Die durchschnittliche Nettoumsatzrendite der deutschen Unterneh­

men – also der Gewinn nach Steuern bezogen auf den Umsatz – lag im Jahr 2007 laut Schät­

zungen der Bundesbank­Bilanzstatistik bei 4,5 Prozent (2006 = 3,7 Prozent). Die Bruttoum­

satzrendite – also die Rendite vor Steuern – betrug 2007 im Schnitt 5,5 Prozent (2006 = 4,6

Prozent).

• Eigenkapitalrenditen 2007: Wenn Banken ihre – oft als zu hoch kritisierten – Renditeziele

angeben, ist stets von der Eigenkapitalrendite die Rede. Weil die Geldinstitute keinen Um­

satz ausweisen können – sie vermitteln schließlich nur zwischen Geldgebern und Kreditneh­

mern – setzen sie ihre Gewinne in Relation zum Eigenkapital. Die privaten Banken erwirt­

schafteten 2007 nach Berechnungen der Bundesbank eine Eigenkapitalrendite vor Steuern

von 19,1 Prozent (2006 = 11,2; 2005 = 21,8 Prozent). Das ist längst nicht so viel, wie es

scheint: Auch das Verarbeitende Gewerbe kam 2006 auf eine durchschnittliche Eigenkapital­

rendite von 25,4 Prozent, der Handel erzielte 23,0 Prozent und die unternehmensnahen

Dienstleister sogar 29,5 Prozent.

• Im Ausland verdienen die Unternehmen zum Teil erheblich mehr als in Deutschland:

Laut Bilanzdatenbank der EU­Kommission – die Werte dort weichen von denen der Bundes­

bank­Statistik ab, weil die internationale Vergleichbarkeit ermöglicht werden musste – lag

die Nettoumsatzrendite des Verarbeitenden Gewerbes im Jahr 2007 in Deutschland nur bei

1,4 Prozent, in Österreich hingegen bei 8,8 Prozent, in Belgien bei 7,5 Prozent, in Polen bei

7,0 Prozent, in Spanien bei 3,7 Prozent, in Frankreich bei 3,5 und in Italien bei 2,5 Prozent.

• Auch bei den Eigenkapitalrenditen rangiert Deutschland unter ferner liefen: Die EU­

Bilanzdatenbank verzeichnet für das Verarbeitende Gewerbe in Deutschland 2007 eine Ei­

genkapitalrendite von 4,8 Prozent. Die österreichische Industrie kam im selben Jahr auf 30,1

Prozent, die polnische auf 19,8, die französische auf 13,0, die belgische auf 12,7, die spani­

sche auf 11,0 und die italienische auf 8,9 Prozent.

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Unternehmenssteuerreform 2008

• Die Unternehmenssteuerreform 2008 entlastet die Unternehmen in Deutschland jährlich

um gut 5 Milliarden Euro. Auf diese Weise wird der Steuerstandort Deutschland interna­

tional wettbewerbsfähiger. Leider ist die Gegenfinanzierung aus steuersystematischer Sicht

misslungen.

• Die Pluspunkte der Steuerreform:

1. Der Körperschaftssteuersatz wurde deutlich gesenkt: Er fiel zu Beginn des Jahres

2008 von 25 Prozent auf 15 Prozent. Einschließlich Gewerbesteuer und Solidaritätszuschlag

reduzierte sich dadurch für Kapitalgesellschaften die tarifliche Gesamtsteuerbelastung

der einbehaltenen Gewinne von früher 38,8 Prozent (bei einem Gewerbesteuerhebesatz

400 Prozent) auf nunmehr 29,8 Prozent. Nach Steuern verbleiben den Unternehmen jetzt

je Euro Gewinn 70,2 Cent für Investitionen.

2. Personenunternehmen profitieren ebenfalls: Für einbehaltene Gewinne müssen nicht

mehr wie zuvor im Extremfall 45,7 Prozent des Bruttogewinns an den Fiskus abgeliefert

werden, sondern genau wie bei Kapitalgesellschaften maximal 29,8 Prozent. Dies bewirkt

die neu eingeführte sogenannte Thesaurierungsrücklage. Im Fall der nachträglichen

Ent nahme müssen dann ab 2009 nochmals 25 Prozent Abgeltungssteuer auf den zuvor

unversteuerten Gewinnanteil entrichtet werden. Die Gesamtbelastung klettert dann auf

gut 48 Prozent.

• Die Minuspunkte der Steuerreform:

1. Höhere Steuerlast für Anteilseigner: Aufgrund der Abgeltungssteuer zahlen Unter­

nehmer wie Aktionäre auf ausgeschüttete Gewinne ab 2009 generell 48,3 Prozent Steuern –

gegenwärtig sind es nur 46,5 Prozent.

2. Geringerer Betriebsausgabenabzug: Große Unternehmen, die von der sogenannten

Zinsschranke betroffen sind, dürfen ihre Finanzierungskosten nicht mehr unbeschränkt als

Betriebsausgaben steuermindernd geltend machen. Kleinere Unternehmen haben bittere

Pillen bei der Gewerbesteuer zu schlucken, weil Finanzierungszinsen den Gewerbeertrag

nicht schmälern, sondern diesem zum Teil sogar zugerechnet werden. So macht der Fiskus

Aufwand quasi zum Ertrag. Diese neuen Vorschriften sollte der Gesetzgeber allein schon

zur Vereinfachung des Steuerrechts ersatzlos streichen.

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Unternehmer / Selbstständige / Gründer

• Innovative Unternehmer: Wagemutige Unternehmer und Gründer sind die Triebkräfte

der Marktwirtschaft. Wichtige Neuerungen kommen prinzipiell eher von Klein­ als von

Großunternehmen. In Deutschland gibt es ungefähr 4,4 Millionen Selbstständige und Unter­

nehmer (gezählt sind hier auch Teilhaber einer Firma).

• Existenzgründungen in Deutschland: In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Grün­

dungen gesunken. 2007 wurden 426.000 Betriebe gegründet, 9,6 Prozent weniger als 2006.

Ein Grund für das rückläufige Gründungsgeschehen dürfte auch die gute Konjunktur

gewesen sein, da in Deutschland viele Gründungen aus der Arbeitslosigkeit heraus erfolgen.

Trotzdem wurden Jahr für Jahr mehr Firmen gegründet als geschlossen, so dass es in

Deutschland aktuell rund 3,7 Millionen Unternehmen geben dürfte.

• Eigentümer und Unternehmer: Rund 70 Prozent der 3 Millionen umsatzsteuerpflichtigen

Unternehmen in Deutschland sind Einzelunternehmen, hier führt also der Eigentümer­

Unternehmer selbst die Geschäfte (Stand 2007). Auch bei der Mehrzahl der GmbHs liegen

Geschäftsführung und Eigentum in einer Hand. Insgesamt werden 95 Prozent aller Unter­

nehmen von einem „Unternehmer“ im klassischen Sinne geleitet. Lediglich die übrigen

5 Prozent der Unternehmen werden von angestellten Managern geführt (Stand 2006).

• Selbstständigkeit: In Deutschland waren im Jahr 2008 10,8 Prozent der Erwerbstätigen

selbstständig. Innerhalb Europas bedeutet das einen Platz im Mittelfeld. Die meisten

Menschen arbeiten in Griechenland (Selbstständigenquote: 32 Prozent) und den anderen

südeuropäischen Ländern auf eigene Rechnung. Auch die angelsächsischen Länder Groß­

britannien, Irland und Australien liegen mit 15 Prozent vor Deutschland.

• Die Gründungsförderung in Deutschland wird im Global Entrepreneurship­Monitor posi­

tiv bewertet. Die KfW Mittelstandsbank vergibt Beteiligungskapital aus dem ERP­Startfonds

und Gründerkredite. Viele Landesförderbanken geben Bürgschaften. Für vormals arbeitslose

Existenzgründer gibt es seit Einstellung der Ich­AG einen Gründungszuschuss, dieser wird

allerdings seltener in Anspruch genommen.

• Wo es hakt: Etablierte wie Jungunternehmer leiden unter Bürokratie, Überreglementierung

und Finanzierungsengpässen. Zudem lässt auch die Einstellung der Deutschen zur Selbst­

ständigkeit zu wünschen übrig: Nur 39 Prozent können sich laut Eurobarometer eine selbst­

ständige Tätigkeit vorstellen – EU­weit sind es 45 und in den USA sogar 61 Prozent.

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Verkehr

• Mobilität prägt die moderne Gesellschaft. Vor allem der internationale Luft­ und der

Seeverkehr wachsen dynamisch. Doch das hat Schattenseiten – der Verkehr produziert Treib­

hausgase, und die Infrastruktur ist besonders in Europa zunehmend überlastet.

• Verkehr in Deutschland: Im binnenländischen Personen­ und Güterverkehr ist die Straße

der dominante Verkehrsträger. Pkws hatten im Jahr 2006 einen Anteil an der Personen­

beförderung von 80 Prozent, weitere 7,5 Prozent entfielen auf den Busverkehr. Im Güter­

verkehr haben Lkws einen Marktanteil von 70 Prozent.

• Verkehrsentwicklung: Die Zunahme des Personenverkehrs auf der Straße von 1991 bis

2006 entspricht dem 2,25­Fachen der gesamten Personen­Beförderungsleistung der Bahn im

Jahr 2006. Auch im Güterverkehr kann die Schiene nicht mithalten: Hier liegt das Verhältnis

der Lkw­Transport­Zunahme zur Gesamt­Transport­Leistung bei 1,75.

• Treibhausgas­Emissionen: Der gesamte binnenländischen Verkehr in Deutschland

emittierte im Jahr 2005 knapp 159 Millionen Tonnen Kohlendioxid – knapp 1,5 Prozent

weniger als 1991 und gegenüber dem Höchststand von 1999 sogar 12,5 Prozent weniger.

Rund 94 Prozent der CO2­Emissionen gehen auf das Konto des Straßenverkehrs: Im Jahr

2005 waren es gut 150 Millionen Tonnen. Das entspricht in etwa dem Niveau von 1991;

im Jahr 1999 produzierte der Straßenverkehr in Deutschland allerdings noch 173 Millionen

Tonnen CO2.

• Die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland ist chronisch unterfinanziert – das gilt sowohl

für die Straßen als auch für die Schienenwege und lässt sich an deren Zustand ablesen:

Bereits 20 Prozent des Autobahnnetzes und 40 Prozent der Bundesstraßen gelten als ein­

geschränkt benutzbar – das entspricht der Note „mangelhaft“. Der Zugverkehr wird von

mehreren Hundert – genauere Angaben sind von der Deutschen Bahn nicht zu bekommen –

„Langsamfahrstellen“ ausgebremst.