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Auf der Suche nach der „dritten Säule“ Gibt es Wege von der Rhetorik zur Pragmatik? P216/BonnPhysHum/01 Peter Weichhar Institut für Geographie und Regionalforschun der Universität Wie DFG-Rundgesprä „Möglichkeiten und Grenzen integrativer Forschungsansätz in Physischer Geographie und Humangeographi Bonn, 12./13. 11. 20

Auf der Suche nach der „dritten Säule“ Gibt es Wege von der Rhetorik zur Pragmatik?

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Auf der Suche nach der „dritten Säule“ Gibt es Wege von der Rhetorik zur Pragmatik?. Peter Weichhart Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität Wien. DFG-Rundgespräch „Möglichkeiten und Grenzen integrativer Forschungsansätze in Physischer Geographie und Humangeographie“ - PowerPoint PPT Presentation

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Page 1: Auf der Suche nach der „dritten Säule“ Gibt es Wege von der Rhetorik zur Pragmatik?

Auf der Suche nach der „dritten Säule“Gibt es Wege von der Rhetorik zur Pragmatik?

P216/BonnPhysHum/01

Peter WeichhartInstitut für Geographie und Regionalforschung

der Universität Wien

DFG-Rundgespräch„Möglichkeiten und Grenzen integrativer Forschungsansätze

in Physischer Geographie und Humangeographie“Bonn, 12./13. 11. 2004

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ThemenThemen

• Geographie – eine „Zwei-Fächer-Disziplin“ und ein „Zwei-Fach-Studium“

• Die Metapher von der „dritten Säule“

• Zentrale Probleme einer „Gesellschaft-Umwelt- Forschung“

• Versuch einer empirischen Annäherung – ein Pretest für eine Delphi-Studie

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Ist die Geographie tatsächlich ein Fach?

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• Nach der historischen Entwicklung: ja

• Nach der organisatorischen Struktur: jein („Voll- institute“ vs. Teilinstitute vs. Departmentstruktur)

• Nach der „Mainstream-Fachpolitik“: „eher ja“ bis „entschieden ja“ („Mythos“)

• „Ehrliche individuelle Meinung“: „eher nein“ bis „entschieden nein“

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Ist die Geographie tatsächlich ein Fach?

• Nach dem Erkenntnisobjekt: in der „klassischen Geographie“: ja (Landschaften und Länder), heute: sicher nein (nur marginale Überlappung der Erkenntnisobjekte)

• Nach dem Methodenset: sicher nein

• Aber: erheblich Gemeinsamkeiten in der räum- lichen Perspektive (nicht „Raum“, sondern Wahrnehmung der „Räumlichkeit“ von Phäno- menen)

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Ist die Geographie tatsächlich ein Fach?

These: Die Geographie ist heute in Wahrheit eine„Zwei-Fächer-Disziplin“ und ein „Zwei-Fach-Stu-dium“. Die „fachliche Einheit“ wird ausschließlich über die Studienpläne, Tradition und Mythos sowiebestenfalls durch die gemeinsame „räumliche Perspektive“ produziert und durch fachpolitische Strategien reproduziert.

Eine plausible sachliche Begründung der Einheit ist weder über ein gemeinsames Erkenntnisobjektnoch mit erkenntnistheoretischen Argumenten möglich.

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Ist die Geographie tatsächlich ein Fach?

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Die Geographie: zwei Fächer,viele Forschungskulturen („Multi-

Paradigmen-Spiel“)

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Bewertung der Sachlage

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Ist das schlimm (bedauerlich, Untergang desAbendlandes, identitätsgefährdend …)?

Nein!Die organisatorische Verknüpfung über dieStudienpläne bewirkt Synergien (Kartogra-phie, GIS, Infrastruktur), die Vorteile eines„Zwei-Fach-Studiums“ für die Studierendensind evident („Zweisprachigkeit“).

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Die „dritte Säule“

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Der weit überwiegende Teil der aktuellen For-schungsfragen der Humangeographie und derPhysiogeographie (etwas weniger ausgeprägt)

orientiert sich an Erkenntnisobjekten, die mitdem klassischen Thema der Mensch-Umwelt-

Interaktion nicht das Geringste zu tun haben.

Dieser forschungspragmatisch fassbare Wan-del der Erkenntnisobjekte muss aus heutiger

Sicht als das entscheidende Hindernis für eine Reintegration angesehen werden.

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Modelle der Konstituierung einer „geographischen Gesellschaft-Umwelt-

Forschung“

Physio-geographie

Human-geographie+ =

Gesellschaft-Umwelt-

Forschung

Das „Reintegrations-Modell“

Ein „Drei-Säulen-Modell“

Gesellschaft-Umwelt-

Forschung

Human-geographie

Physio-geographie

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„Natur“ versus „Kultur“

• Dichotomes ontologisches Modell der Realität;

• die Elemente einer Dichotomie stehen zueinan- der im Verhältnis der Disjunktion.

• Das Problem: Wie geht man mit hybriden Ele- menten der Realität um?

Die Gegenstandsbereiche, deren Wechselwirkun-gen in einer „Gesellschaft-Umwelt-Forschung“

analysiert werden sollen, lassen sich nicht trenn-scharf voneinander unterscheiden.

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Das traditionelle Verständnis von Wissenschaft

Wissenschaftliche Disziplinen sind ein Abbild oder Spiegelbild der ontologischen Struktur

der Wirklichkeit.

Dementsprechend sind auch die Wissen-schaftshauptgruppen (Naturwissenschaften versus Sozial/Kulturwissenschaften) als Re-flexion der Realitätsstruktur anzusehen.

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Ein modifizierte Verständnis: das „Perspektivenkonzept“

Die Gegenstände einer Wissenschaftsind nicht durch die Struktur der Reali-tät vorgegeben, sondern werden durch

die Betrachtungsperspektive der be-treffenden Disziplin(en) konstituiert.

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Vorzüge des Perspektivenkonzepts

• Problemlos Behandlung hybrider Phänomene, keine Vorannahmen über die ontologische Struk- tur der Realität erforderlich;

• Widersprüche der traditionellen Wissenschafts- systematik werden aufgelöst;

• Konkurrenzsituationen zwischen Nachbardiszipli- nen werden entschärft.

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Naturwissenschaften

Zu den Naturwissenschaften zählen all jene Disziplinen, die beliebige Gegenstände der Realität unter der Fragestellung betrachten, welche physisch-materielle Strukturen sie aufweisen und durch welche physisch-mate-rielle Prozesse sie entstehen oder verändertwerden.

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Sozialwissenschaften

Zu den Sozialwissenschaften zählen all jene Disziplinen, die beliebige Gegenstände der Realität unter der Fragestellung betrachten, ob und auf welche Weise sie Elemente der sozialen Wirklichkeit darstellen.

„Soziale Wirklichkeit meint ... jenen Teil der erfahrbaren Wirklichkeit, der sich im Zusammenleben der Menschen ausdrückt oder durch dieses Zusammenleben und Zu-sammenhandeln hervorgebracht wird“ (H. L. GUKENBIEHL, 2002 a, S. 12).

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Zentrale Probleme einer „Gesellschaft-Umwelt-Forschung“

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In der gegenwärtigen Mainstream-Soziologie wirddie Frage nach dem Zusammenhang zwischen

Sach- und Sozialstrukturen nicht thematisiert.

Die disziplinäre Identität der Soziologie gründet aufdem DURKHEIM-WEBERschen Axiom:

„Soziales darf/kann nur durch Soziales erklärt werden.“

Damit wurde die materielle Welt systematisch ausdem Interessenspektrum der Soziologie eliminiert.

Page 17: Auf der Suche nach der „dritten Säule“ Gibt es Wege von der Rhetorik zur Pragmatik?

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Die Folgen

• „Sachblindheit“ (und „Raumblindheit“) der Sozio- logie;

• Schwierigkeiten, ökologische Probleme und „Na- tur“ zu thematisieren;

• Gesellschaft wird als System rekursiver symbo- lischer Kommunikation gedeutet; ihre materielle Umwelt wird bestenfalls als externer Störfaktor wahrgenommen;

• die Körperlichkeit des Menschen wird weitge- hend ignoriert.

Page 18: Auf der Suche nach der „dritten Säule“ Gibt es Wege von der Rhetorik zur Pragmatik?

Das „doppelte Grundproblem“ aller „integrati- ven“ Forschungsansätze in der Geographie

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• Die physiogeographischen Ansätze und Konzepte tendie- ren dazu, „Gesellschaft“ in extrem reduktionistischer Weise als einen bloßen Störfaktor darzustellen („Anthropozän“).

• Humangeographische Ansätze tendieren dazu, durch die Übernahme des Mainstream-Konzepts von „Gesellschaft“ aus den Sozialwissenschaften die „soziale Welt“ in eben- falls reduktionistischer Weise als System rekursiver symbo- lischer Kommunikation ohne Materialität zu sehen.

Gesucht ist aber ein Gesellschaftsmodell, das es er-laubt, den „Zusammenhang zwischen Sinn und Ma-

terie“ (W. ZIERHOFER, 1999) zu analysieren.

Page 19: Auf der Suche nach der „dritten Säule“ Gibt es Wege von der Rhetorik zur Pragmatik?

Gesellschaft als hybrides System

Kultur, Sinn-konstitution,rekursive symbolische Kommuni-kation

Natur,Öko-systeme

Nach M. FISCHER-KOWALSKI u. H. WEISZ, 1999, verändert

Population

GESELLSCHAFT

Kolonisierung:Artefakte, Settings

Aneignung,Arbeit

Physisch-materielle Welt

„Hybride Systeme“

„Gesellschaft“im Verständnisder Soziologie

Metabo-lismus

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Elaborierte Theorien der Gesellschaft-Umwelt-Interaktionim Hintergrund!

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Wissenschaft als soziales System

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• Fachpolitische Probleme und Grundsatzfragen der Wissenschaften sind nur zum Teil auf konzeptioneller und fachtheoretischer Ebene zu behandeln. Die dabei ablaufenden Diskurse sind durch eine hohe soziale Eigendynamik gekennzeichnet.

• Wertungen und fachpolitische Entscheidungen sind des- halb oft weniger durch Verweise auf ein „Lehrgebäude“, sondern durch individuelle Erfahrungshorizonte und sub- jektive Sozialisierungsprozesse begründet.

Wie sieht die subjektive Wahrnehmung der „Möglichkeiten und Grenzen integrativer Forschungsprojekte“ bei Physio-

geographInnen in Österreich aus?

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Eine Umfrage bei Physiogeographen in Österreich (Pretest für eine Delphi-Studie)

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• Versand per E-Mail am 4. 11. 2004, Vollerhebung, 17 Personen

• Rücklauf (bis 11. 11.): 9 Personen

• Zieldimensionen: • Identifikation von Themenbereichen, die für eine Ko- operation zwischen Physio- und Humangeographie in Frage kommen• Erwartungshaltungen und Animositäten gegenüber HumangeographInnen• Eigene konkrete Projekte• Problemfelder bei der Kooperation

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Work in progress

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Da die Erhebung noch nicht abgeschlossen ist,können die vorläufigen Ergebnisse noch nicht publiziert werden. Eine ausführliche Dokumen-tation ist aber für den geplanten Tagungsbandvorgesehen.