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Aus dem Institut für Pharmakologie und Toxikologie
der Universität Würzburg
Vorstand: Professor Dr. med. M.J. Lohse
Identifizierung und pharmakologische Charakterisierung von Adenosinrezeptoren
in humanen Melanomzelllinien
Inaugural - Dissertation
zur Erlangung der Doktorwürde der
Medizinischen Fakultät
der
Julius-Maximilians-Universität Würzburg
vorgelegt von
Karsten Rübeling
aus
Homberg / Efze
Würzburg, Dezember 2014
Referent: Prof. Dr. rer. nat. K.-N. Klotz
Koreferent: Prof. Dr. rer. nat. H. Schulze
Dekan: Prof. Dr. med. M. Frosch
Tag der mündlichen Prüfung: 11.06.2015
Der Promovend ist Zahnarzt.
Meinen Eltern
INHALTSVERZEICHNIS
I. EINLEITUNG 1
1. Adenosin 1
2. Adenosinrezeptoren 2
2.1. G-Protein gekoppelte Rezeptorsubtypen 2 2.2. Effektoren der Adenosinrezeptoren 4
2.3. Physiologische und pathophysiologische Aspekte der Adenosinrezeptoren 5
2.3.1. Funktionen des A1-Adenosinrezeptors 6 2.3.2. Funktionen des A2A-Adenosinrezeptors 7 2.3.3. Funktionen des A2B-Adenosinrezeptors 8
2.3.4. Funktionen des A3-Adenosinrezeptors 9
3. Adenosin und Krebs 12
3.1. Humanes Melanom 13 3.2. Adenosinrezeptoren in humanen Tumorzellen 15
4. Fragestellung und Zielsetzung 17
II. MATERIAL UND METHODEN 18
1. Materialien 18 1.1. Chemikalien 18
1.2. Verbrauchsmaterialien 19 1.3. Geräte 19 1.4. Puffer und Medien 20
1.5. Zelllinien 21
2. Methoden 22
2.1. Zellkultur 22 2.2. Membranpräparation 22 2.3. Bestimmung des Proteingehalts nach Bradford 23
2.4. Radioligandenbindung 24 2.5. Versuche zur Adenylylcyclase-Aktivität 27
III. ERGEBNISSE 32
1. Eigenschaften der verwendeten Zelllinien 32
2. Radioligandenbindung 33
2.1. Identifizierung von A1-AR mit [3H]CCPA 33 2.2. Identifizierung von A3-AR mit [3H]HEMADO 33
2.3. Identifizierung von A2A-AR mit [3H]NECA 34 2.4. Identifizierung von A2A- und A2B-AR mit [3H]ZM 241385 34
3. Messung der Rezeptor-vermittelten Stimulation der Adenylylcyclase 37
3.1. Rezeptor-vermittelte Stimulation der Adenylylcyclase 37 3.2. Stimulation der Adenylylcyclase mit den Agonisten NECA und
CGS 21680 38 3.3. Hemmung der Agonist-stimulierten Adenylylcyclase Aktivität mit
Antagonisten 40
IV. DISKUSSION 45
1. Adenosinrezeptoren und Hautkrebs 45
2. Nachweis von Adenosinrezeptoren in Melanomzellen 46 2.1. Versuche zum Nachweis von A1- und A3-Adenosinrezeptoren 46
2.2. Nachweis von A2A- und A2B-Adenosinrezeptoren 47 2.2.1. Radioligand [3H]ZM 241385 48 2.2.2. NECA und CGS 21680 an A2B-AR 48
2.2.3. Bindungsexperimente zum Nachweis von A2A- und A2B-Adenosinrezeptoren 49
2.2.4. Stimulation einer rezeptorgekoppelten Adenylylcyclase-Aktivität 50 2.2.5. Wirkung von selektiven Antagonisten auf die NECA-stimulierte
Adenylylcyclase-Aktivität 52
3. Adenosinrezeptoren und deren Einfluss in Tumoren 53
3.1. A1- und A3-Adenosinrezeptoren in Tumorgeweben 53 3.2. A2A-Adenosinrezeptoren in Tumorgeweben 54 3.3. A2B-Adenosinrezeptoren in Tumorgeweben 55
4. Adenosinrezeptoren als Ansatzpunkt in der Therapie von Hauttumoren 57
V. ZUSAMMENFASSUNG 59
VI. LITERATURVERZEICHNIS 61
VII. ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS 67
VIII. TABELLEN- UND ABBILDUNGSVERZEICHNIS 69
1. Tabellen 69
2. Abbildungen 69
Danksagung 70
Lebenslauf 71
Einleitung
1
I. EINLEITUNG
1. Adenosin
Das aus der Base Adenin und dem Zucker D-Ribose aufgebaute Purinnukleosid ist im
menschlichen Körper nicht nur als Baustein einer Vielzahl von biochemischen
Strukturen ubiquitär vorhanden, sondern erfüllt auch zahlreiche regulatorische
Aufgaben in den grundlegenden physiologischen Vorgängen einer Körperzelle.
Einerseits ist es am Aufbau und der Umsetzung des menschlichen Genoms als Baustein
der Nukleinsäuren (RNA) beteiligt, andererseits stellt es als Teil der energiereichen
Verbindung ATP den für biologische Prozesse nötigen „Kraftstoff“ bereit. Des
Weiteren ist Adenosin bei der Ausführung zahlreicher biochemischer Reaktionen in
Form von Co-Enzymen, wie dem NADH, mitbeteiligt.
Bereits in Untersuchungen der 1970er Jahre stellte sich heraus, dass Purinnukleoside
nicht nur in Form von „second-messenger“-Verbindungen wie dem cAMP an der
intrazellulären Übertragung von Signalen beteiligt sind, sondern dass Adenosin selbst
eine große Rolle als extrazelluläres Signalmolekül spielt.
Ersten Erkenntnissen über die bradykarde Wirkung am Herz im Jahr 1929 (Drury und
Szent-Gyorgyi, 1929) folgten zahlreiche weitere Untersuchungen zu der Physio- und
Pathophysiologie des Adenosins. So ist die Wirkung von Adenosin auf
zellregulatorische Prozesse in fast allen Geweben und Organen des Körpers
nachgewiesen worden. Es wirkt beispielsweise hemmend auf den allgemeinen
Entzündungsprozess (Linden, 2001), modulierend auf das Immunsystem (Spychala,
2000) und fördernd auf die Wundheilung (Merighi et al., 2003).
Unter physiologischen Bedingungen befindet sich das intra- sowie extrazellulär
vorkommende Adenosin über Nukleosid-Transporter in der Zellmembran durch
erleichterte Diffusion in einem ständigen Fließgleichgewicht (Fredholm et al., 2001a).
Die Konzentration im Extrazellulärraum liegt hierbei in einem Bereich von 30 - 300 nM
(Ballarin et al., 1991). Der Abbau von Adenosin zu Inosin erfolgt durch intra- sowie
extrazellulär vorkommende Adenosin-Desaminasen. Weiterhin kann es mit Hilfe von
Adenosinkinasen zu AMP phosphoryliert oder zu S-Adenosylhomocystein konvertiert
werden (Fredholm et al., 2001a).
Einleitung
2
Fällt bei einer erhöhten Stoffwechselaktivität vermehrt Adenosin an, kommt es zu
einem entsprechenden Anstieg der extrazellulären Adenosinkonzentration. Außerdem
ist extrazelluläres ATP, das durch bestimmte Hydrolasen („ekto-ATPase, ekto-ATP-
diphosphohydrolasen“) zu Adenosin abgebaut wird, als eine der Hauptquellen für einen
Anstieg des extrazellulären Adenosins (Fredholm et al., 2001a) bekannt.
Stark erhöhte extrazelluläre Adenosinkonzentrationen kommen in erster Linie unter
physiologischen oder pathophysiologischen Bedingungen vor, die mit einem erhöhten
Energieverbrauch, einer verminderten Sauerstoffversorgung oder einem vermehrten
Zelluntergang einhergehen (Spychala, 2000; Schulte und Fredholm, 2003).
2. Adenosinrezeptoren
2.1. G-Protein gekoppelte Rezeptorsubtypen
Als Purinnukleosid wirkt Adenosin als spezifischer Ligand an einer Untergruppe der
Familie der Purin-Rezeptoren (siehe Abbildung [1]). Von den Adenosinrezeptoren (AR)
sind bisher vier Subtypen bekannt, die in A1-, A2A-, A2B- und A3-AR (Fredholm et al.,
2001a) unterteilt werden.
Diese Rezeptoren bestehen aus sieben, die Zellmembran durchspannende
Proteindomänen, die durch drei extra- und drei intrazelluläre Schleifen miteinander
verbunden sind. Der N-Terminus dieser Proteinstruktur liegt extrazellulär, wohingegen
sich der C-Terminus an der Innenseite der Zellmembran befindet, an welcher die AR
mit einem heterotrimer aufgebauten G-Protein interagieren. Eine Ligandenbindung des
Rezeptors aktiviert das G-Protein, was die beiden funktionellen Untereinheiten Gα und
Gβγ freisetzt, mit denen Enzyme, wie beispielsweise die Adenylylcyclase (AC) aktiviert
oder inhibiert werden können.
Ursprünglich wurden die AR auf der Basis ihrer Wirkung auf das membranständige
Enzym Adenylylcyclase (AC) in einen stimulatorischen und einen inhibitorischen Typ
unterteilt (van Calker et al., 1979; Londos et al., 1980). Die stimulatorischen AR des
Subtyps A2A und A2B vermitteln über das stimulatorische G-Protein Gs die Aktivierung
der AC und einen Anstieg der intrazellulären cAMP-Konzentration. Die inhibitorischen
Subtypen A1 und A3 hemmen dagegen die AC über das inhibitorische G-Protein Gi und
Einleitung
3
erniedrigen somit den intrazellulären cAMP-Spiegel. Die Lebensdauer von cAMP ist
auf Grund des intrazellulären Abbaus durch Phosphodiesterasen (PDE) auf kurze
Zeiträume beschränkt.
Trotz neuerer Erkenntnisse, dass AR neben der AC auch in der Lage sind andere
Signalwege anschalten zu können (Fredholm et al., 2001a), gibt diese Unterteilung in
zwei Grundtypen (siehe Abbildung [1]) das noch heute anerkannte generelle
Wirkungsprinzip der G-Protein-gekoppelten AR wieder (Schulte und Fredholm, 2003).
Abbildung [1]: Die Familie der Purin-Rezeptoren
Die Adenosinrezeptoren (AR) bilden die Gruppe der Nukleosid-Rezeptoren, die neben den Nukleotid-Rezeptoren eine Untergruppe der Purin-Rezeptoren darstellen. Die G-Protein-gekoppelten Adenosinrezeptoren (GPC-AR) können weiter in einen stimulatorischen und einen inhibitorischen Typ eingeteilt werden.
Die vielseitigen Effekte von Adenosin hängen zum einen von der Expressionsdichte der
einzelnen AR Subtypen in verschiedenen Geweben ab, andererseits werden sie von der
extrazellulären Adenosinkonzentration bestimmt. So reagieren die A1-, A3- sowie A2A-
AR auf Adenosinkonzentrationen schon im nanomolaren Bereich, wohingegen der A2B-
AR weitaus höhere Konzentrationen für eine Stimulation benötigt (Feoktistov und
Biaggioni, 1997).
Einleitung
4
2.2. Effektoren der Adenosinrezeptoren
Die Aktivierung des A1-AR führt über die Wirkung des Pertussistoxin-sensitiven Gi zu
einer verminderten AC-Aktivität und somit zu einer abfallenden cAMP-Konzentration
in der Zelle. Die Folge ist eine Reduzierung der Proteinkinase A (PKA) Aktivität und
die Abnahme von nachgeschalteten phosphorylierten Substraten. Eine Stimulation des
A1-AR kann ebenfalls zu einer Aktivierung der Phospholipase C (PLC) führen. So sind
A1-AR im Weiteren mit der Aktivierung von K+-Kanälen und der Hemmung von Ca2+-
Kanälen verknüpft, die den Erregungszustand der Zelle beeinflussen.
Ähnliche Effektoren weist der A3-AR auf, der wie A1 zu den inhibitorischen AR zählt.
Beide Subtypen leiten durch die Stimulation der PLC die Spaltung von
Phospatidylinositolbisphosphat (PIP2) ein, dessen Spaltprodukte Inositoltrisphosphat
(IP3) und Diazylglyzerin (DAG) unter anderem einen Anstieg des intrazellulären Ca2+
bzw. eine Aktivierung der Proteinkinase C (PKC) zur Folge haben können (Fredholm et
al., 2001a; Jacobson und Gao, 2006).
Im Gegensatz dazu stehen die beiden stimulatorischen AR des Subtyps A2. Der A2A-AR
vermittelt über stimulatorisches Gs/olf eine Konzentrationserhöhung des intrazellulären
cAMP (Fredholm et al., 2001a), was im Folgenden zu einer Aktivierung der PKA führt.
Über die Wirkung auf Proteinkinasen können zahlreiche weitere Signalkaskaden
initialisiert werden. Die cAMP-abhängige PKA beeinflusst beispielsweise über den
Transkriptionsfaktor CREB (cAMP response element-binding protein) die
Genexpression im Zellkern (Jacobson und Gao, 2006).
Der A2B-AR stimuliert durch seine Kopplung an Gs wie A2A-AR die cAMP-abhängigen
Signalwege. Daneben besitzt der A2B-AR durch eine Gq-vermittelte Stimulation der
PLC auch Einfluss auf den IP3-Signalweg und die intrazelluläre Ca2+-Konzentration
(Fredholm et al., 2001a; Jacobson und Gao, 2006).
Abhängig von dem untersuchten Zelltyp können alle vier AR-Subtypen an die
Signalwege der Mitogen-aktivierten-Proteinkinasen (MAPK) gekoppelt sein, die eine
große Rolle in der Regulation der Proliferation, der Differenzierung und des Zelltods
spielen (Fredholm et al., 2001a; Raman et al., 2007).
Die MAP-Kinasen, bestehend aus der ERK-1/2, der JNK- und der p38-MAPK, bilden
ein komplexes Netzwerk der Signalübertragung, welches über viele
zwischengeschaltete Enzyme und Phosphorylierungsschritte zur Aktivierung von
Einleitung
5
Transkriptionsfaktoren wie CREB oder NF-κB (Nuklear Faktor kappa B) führt.
Letztlich wird so die Genexpression reguliert und es werden auf diesem Weg die
Apoptose und andere zelluläre Funktionen beeinflusst (Schulte und Fredholm, 2003).
Die AR erreichen die MAPK über die PKC oder über den Weg der Phosphoinositid-3-
Kinasen (PI3K) und der Aktivierung der PKB (Jacobson und Gao, 2006).
Abbildung [2]: Signalwege der vier Adenosinrezeptoren
Erläuterungen zur Abbildung: PKA, Proteinkinase A; CREB, cAMP response element-binding protein; PI3K, Phosphoinositid-3-Kinase; PKB, Proteinkinase B; MAPK, Mitogen-aktivierte-Proteinkinase; NF-κB, Nuklear Faktor kappa B; PLC, Phospholipase C; PIP2, Phospatidylinositolbisphosphat; IP3, Inositoltrisphosphat; DAG, Diacylglycerin, PKC, Proteinkinase C; [Abbildung modifiziert nach Jacobson und Gao (2006)]
2.3. Physiologische und pathophysiologische Aspekte der
Adenosinrezeptoren
Die physiologische Antwort auf ein „Adenosinsignal“ ist sehr komplex und hängt neben
der Expression verschiedener AR-Subtypen in unterschiedlichen Geweben bzw.
Organen auch von der jeweiligen Stoffwechselsituation ab. Im Vordergrund steht als
Einleitung
6
eine der wichtigsten physiologischen Aufgaben des Adenosins, der Schutz von Zellen
und Geweben vor Schäden durch Sauerstoffmangel, Traumen, Hypertension oder
Anfallsleiden (Poulsen und Quinn, 1998). Im Folgenden sind einige Beispiele zu der
Verteilung und der Funktion der vier AR beschrieben. Tabelle [1] gibt einen
zusammenfassenden Überblick.
2.3.1. Funktionen des A1-Adenosinrezeptors
Der A1-AR ist am stärksten im Bereich des Zentralnervensystem (ZNS) exprimiert, wo
er im Groß- und Kleinhirn über den Hippocampus bis in das Rückenmark verteilt ist
(Fredholm et al., 2001a). Der „Adenosin-vermittelte Zellschutz“ durch A1-AR reduziert
die Ausschüttung von exzitatorischen Neurotransmittern wie Glutamat und reguliert die
neuronale Aktivität auf prä- sowie postsynaptischer Ebene (Spychala, 2000; Gessi et al.,
2011b). Eine überschießende Ausschüttung an Neurotransmittern aufgrund von
übermäßigem Stress, Traumen oder Krampfanfällen führt zur Degeneration von
Neuronen und im weiteren zu Gehirnschäden bis hin zum Gehirntod (Poulsen und
Quinn, 1998). Die Aktivierung des A1-AR ist an sedativen, anxiolytischen und
antikonvulsiven Effekten auf den Körper beteiligt (Gessi et al., 2011b) und bewirkt
durch seinen Einfluss auf das nozizeptive System eine Minderung der
Schmerzwahrnehmung (Antinozizeption) (Giffin et al., 2003).
Mit Hilfe einer „ischämischen Präkonditionierung“, einem Effekt, der über eine
PKC-vermittelte Aktivitätssteigerung der ATP-abhängigen K+-Kanäle der
Mitochondrien umgesetzt wird, werden das Herz und andere Organe vor kurzzeitigen
Zuständen der Ischämie und Hypoxie geschützt (Sato et al., 2000; Fredholm et al.,
2001a). Darüber hinaus wirkt Adenosin über A1-AR negativ-inotrop, -dromotrop
und -chronotrop auf die Herzaktivität und inhibiert durch Hemmung der Ausschüttung
von Katecholaminen die beta-adrenerge Stimulation (Shryock und Belardinelli, 1997).
In der Niere ist der A1-Rezeptorsubtyp, im Gegensatz zu der sonstigen A2A-vermittelten
dilatorischen Wirkung des Adenosins auf die Blutgefäße, für eine Vasokonstriktion der
afferenten Arteriolen der Nierenglomeruli verantwortlich. Seine Aktivierung verringert
die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) und den renalen Blutfluss (RBF), was sich im
weiteren Verlauf auf den Salz- und Flüssigkeitshaushalt des Körpers auswirkt. Mit der
Entwicklung von A1-AR-Antagonisten werden neue Ansätze für die medikamentöse
Einleitung
7
Therapie von Hypertension und Ödemen erhofft (Vallon et al., 2006; Gessi et al.,
2011b).
A1-AR wurden auch in großer Dichte auf Fettzellen gefunden, deren Aktivierung die
Lipolyse und die freien Fettsäuren im Kreislauf reduzieren und somit als potentielles
Ziel für die Behandlung von Diabetes und Hyperlipidämie dienen könnten (Dhalla et
al., 2009).
2.3.2. Funktionen des A2A-Adenosinrezeptors
A2A-AR sind am dichtesten in Zellen des ZNS, vorallem in den Basalganglien unterhalb
der Großhirnrinde und des Immunsystems zu finden (Fredholm et al., 2001a). Im
Gehirn steigert Adenosin über den A2A-AR die Freisetzung von diversen
Neurotransmittern wie Acetylcholin, Noradrenalin, Aspartat und Glutamat (Sebastiao
und Ribeiro, 1996). Im Gegensatz dazu hemmt die Aktivierung des A2A-AR innerhalb
der Basalganglien die Freisetzung des Neurotransmitters Dopamin. Durch eine
antagonistische Wirkung zwischen A2A-AR und dopaminerge D2-Rezeptoren hemmt
Adenosin über die Ausschüttung des Neurotransmitters GABA die Freisetzung des
Dopamins (Khisti et al., 2000). Dies führte zu dem Versuch, A2A-Antagonisten für die
Behandlung des Morbus Parkinson zu entwickeln (Armentero et al., 2011).
Im Zusammenhang mit dem A2A-AR ist auch die anregende Wirkung der Genussmittel
Koffein und Theophyllin zu sehen, die auf die Inhibition der A2A-AR-vermittelten
Hemmung von dopaminergen Neuronen zurückzuführen ist (Fredholm, 1995). Bei der
Wirkung auf das nozizeptive System agieren A2A- und auch A3-AR bei ihrer
Aktivierung als Gegenspieler zum A1-Rezeptorsubtyp pro-nozizeptiv (Giffin et al.,
2003).
Als eines der wichtigsten Kennzeichen zum Schutz des ZNS, des Herzens und anderen
Gewebe vermittelt der A2A-Rezeptorsubtyp eine Adenosin-abhängige Vasodilatation
und vermindert die Aggregation der Thrombozyten (Gessi et al., 2000; Spychala, 2000).
Spezifische A2A-Agonisten finden bereits Anwendung bei der Untersuchung von
Herzkranzgefäßen oder sind noch in der klinischen Erprobung für die Therapie von
Erkrankungen im kardiovaskulären System (Gessi et al., 2011b). Im Fall eines
ischämischen Insult oder der Traumatisierung von Geweben verringert der ansteigende
Adenosinspiegel über die Aktivierung von A2A-AR die Entzündungsreaktion nach
Einleitung
8
erfolgter Wiederdurchblutung. Weiter wird die Wundheilung angeregt sowie die
Ausbildung von neuen Blutgefäßen gefördert (Fredholm et al., 2001a; Merighi et al.,
2003).
Die überwiegend immunsuppressive und anti-inflammatorische Wirkung entfaltet
Adenosin maßgeblich über den A2A-Rezeptorsubtyp. Es vermindert über A2A-AR die
Ausschüttung von entzündungsfördernden Zytokinen wie dem Tumornekrosefaktor-α
(TNF-α), dem Interleukin-2 (IL-2) und mehreren Makrophagen-Entzündungsproteinen
(MIP). Die Aktivierung und Reifung von T-Zellen werden unterdrückt und die
Freisetzung von anti-inflammatorischen Zytokinen (IL-10) gefördert. Weiterhin wird
die Funktion und Interaktion von Makrophagen, Lymphozyten und NK-Zellen
gemindert (Spychala, 2000; Gessi et al., 2011b). Im Bereich chronischer
Entzündungsleiden konnten Untersuchungen an Arthritis-Patienten eine Beeinflussung
des Krankheitsverlaufs durch A2A-AR-Aktivierung entdeckt werden, was therapeutische
Ansätze für die Behandlung degenerativer Gelenkerkrankungen verspricht (Varani et
al., 2010). Neben der Verteilung in ZNS und Immunsystem ist auch seit längerem die
Rolle des A2A-AR im Glukosehaushalt bekannt, dessen Aktivierung im Pankreas zu
einer erhöhten Ausschüttung von Glukagon führt (Chapal et al., 1985).
2.3.3. Funktionen des A2B-Adenosinrezeptors
Der A2B-AR besitzt eine sehr weitreichende Verteilung im menschlichen Körper und
wird in nahezu jedem Organ vermutet, was sich unter anderem mit der Expression des
A2B-Subtyps auf den ubiquitär im menschlichen Körper vorkommenden Fibroblasten
erklären ließe (Feoktistov und Biaggioni, 1997). In kardialen Fibroblasten kann eine
Aktivierung des A2B-AR zu einer Hemmung des Zellwachstums und insbesondere der
Kollagensynthese führen (Dubey et al., 1998). Ein pharmakologischer Ansatzpunkt
wird darin gesehen, das Herz vor beispielsweise einer Hypertension assoziierten
Herzmuskelhyperthrophie zu bewahren und so eine Herzinsuffizienz zu verhindern
(Merighi et al., 2003).
A2B-AR konnten weiter in Zellen des blutbildenden Systems, des Endothels von
Blutgefäßen, des Immunsystems, des Darmepithels und in Muskelzellen der glatten
Muskulatur nachgewiesen werden (Feoktistov und Biaggioni, 1997).
Einleitung
9
In Bezug auf die Ausbildung neuer Gefäße konnte neben dem A2A- auch dem A2B-AR
ein Einfluss auf die Angiogenese nachgewiesen werden. Durch die Aktivierung der auf
Endothelzellen des mikrovaskulären Gefäßnetzes zahlreich vorkommenden A2B-AR
kommt es zur Proliferation der Endothelzellen und zu einer gesteigerten Expression von
angiogenetischen Faktoren, wie dem „vascular endothelial growth factor“ (VEGF) und
IL-8 sowie fibroblastischen Wachstumsfaktoren (Feoktistov et al., 2002; Gessi et al.,
2011a).
Weiterhin spielt der A2B-AR in spezifischen Gefäßen, wie den Mesenterial-, Lungen-
oder Koronararterien, eine wichtige Rolle bei der durch Adenosin vermittelten
Vasodilatation, die sonst im allgemeinen Gefäßnetz überwiegend durch A2A-AR
gesteuert wird (Gessi et al., 2011b).
Auf Zellen der Immunabwehr, wie Endothelzellen, Mastzellen und dendritischen
Zellen, fördert die Stimulation von A2B-AR die Produktion und Degranulation von
inflammatorischen Zytokinen und die Ausbildung von entzündlichem
Granulationsgewebe (Hasko et al., 2009). Bei chronischen Entzündungen der
Atemwege, deren Ätiologie eng mit dem Zusammenspiel von glatter Muskulatur,
Fibroblasten und Mastzellen verbunden ist, wird in A2B-AR ein vielversprechendes
pharmakologisches Ziel in der Therapie von Asthma bronchiale und chronisch-
obstruktiver Lungenerkrankungen (COPD) gesehen (Hasko et al., 2009).
Weiter beeinflusst Adenosin die Aktivität des „cystic fibrosis conductance regulators“
(CFTR), einem Cl--Kanal und ist so an der Steuerung der Sekretion von Cl--Ionen im
Darm- und Bronchialepithel beteiligt (Clancy et al., 1999; Rosales et al., 2004).
2.3.4. Funktionen des A3-Adenosinrezeptors
Der A3-AR ist ebenfalls in einer Vielzahl von Geweben des Körpers vorhanden. Dazu
zählen u.a. Lunge, Niere, Herz, Gehirn, Leber, Milz, Blase und Abschnitte des Darms
(Jacobson und Gao, 2006).
Im Gehirn spielt der A3-AR eine große Rolle bei neuroprotektiven Prozessen. Durch
eine „ischämische Präkonditionierung“ werden neuronale Zellen und Zellverbände vor
Schäden durch kurze Phasen der Unterversorgung bewahrt. Bei kurzzeitigen
unterschwelligen ischämischen Phasen stabilisiert die A3-AR-Aktivierung das
Zytoskelett, die Einleitung der Apoptose wird verhindert und eine Regeneration der
Einleitung
10
Zelle wird ermöglicht. Bei länger dauernder Ischämie steigt hingegen die
Rezeptoraktivierung an, was zu einer geförderten Induzierung des Zelltods führt. Dieser
AR-vermittelte Zelltod ermöglicht die Isolierung irreversibel geschädigter
Gewebsareale von noch regenerationsfähigen Bereichen des Gehirns (Abbracchio und
Cattabeni, 1999).
Die präkonditionierende Wirkung gegenüber Phasen der Ischämie durch A3-AR ist
gemeinsam mit dem A1-AR auch für das Herz und andere Gewebe bekannt (Fredholm
et al., 2001a).
Ähnlich wie der A2A-AR spielt auch der A3-AR eine Rolle bei Entzündungs- und
Immunreaktionen. So kann die dämpfende Wirkung auf das Entzündungsgeschehen
nach ischämischen Ereignissen auch durch A3-AR vermittelt werden. Zum Beispiel sind
A3-AR an der verminderten Ausschüttung von TNF-α aus neutrophilen Granulozyten
beteiligt, ebenso an einer gehemmten Chemotaxis eosinophiler Granulozyten
(Feoktistov et al., 1999; Gessi et al., 2002).
Die Beispiele zur Verteilung und Wirkung der vier AR im menschlichen Organismus
sind in Tabelle [1] zusammengefasst.
Tabelle [1]: Übersicht zum Vorkommen der AR-Subtypen und deren Funktion
AR-Subtyp Gewebe / Organ Wirkung
A1AR ZNS Ischämische Präkonditionierung (Jacobson und Gao, 2006);
Hemmung der Schmerzwahrnehmung (Giffin et al., 2003);
Sedative und anxiolytische Wirkung (Gessi et al., 2011b);
Hemmung der Neurotransmitterfreisetzung (Lohse et al., 1987)
Herz Ischämische Präkonditionierung (Sato et al., 2000; Fredholm et al.,
2001a); Reduktion der Herzaktivität, -kontraktilität und
Erregungsleitung (Shryock und Belardinelli, 1997)
Niere Minderung der glomerulären Filtrationsrate und des renalen
Blutflusses (Vallon et al., 2006)
Fettgewebe Hemmung der Lipolyse (Dhalla et al., 2009)
Einleitung
11
A2AAR ZNS Freisetzung von diversen Neurotransmittern (Sebastiao und Ribeiro,
1996); Hemmung der Dopamin-Ausschüttung (Khisti et al., 2000);
Förderung der Schmerzwahrnehmung (Giffin et al., 2003)
Blut Hemmung der Thrombozytenaggregation (Gessi et al., 2000)
Blutgefäße Vasodilatation (Shryock und Belardinelli, 1997); Förderung der
Angiogenese und der Wundheilung (Merighi et al., 2003)
Immunsystem Immunsuppression; Hemmung von pro-inflammatorischer und
Ausschüttung anti-inflammatorischer Zytokine (Spychala, 2000)
Pankreas Sekretionsförderung von Glukagon (Chapal et al., 1985)
A2BAR Herz Hemmung des Fibroblastenwachstums und der Kollagensynthese
(Dubey et al., 1998)
Immunsystem Steigerung der Mastzelldegranulation und Freisetzung
pro-inflammatorischer Zytokine (Hasko et al., 2009)
Blutgefäße Vasodilatation spezifischer Blutgefäße (Gessi et al., 2011b),
Modulation der Expression von angiogenetischen
Wachstumsfaktoren (Feoktistov et al., 2002)
Darm- und
Bronchialepithel
Steuerung der Sekretion von Cl--Ionen (Clancy et al., 1999; Rosales
et al., 2004)
A3AR ZNS Neuroprotektive Prozesse, ischämische Präkonditionierung
(Abbracchio und Cattabeni, 1999); Förderung der
Schmerzwahrnehmung (Giffin et al., 2003)
Herz Ischämische Präkonditionierung (Fredholm et al., 2001a)
Immunsystem Verminderte TNF-α-Ausschüttung aus neutrophiler Granulozyten
(Gessi et al., 2002); Hemmung der Chemotaxis eosinophiler
Granulozyten (Feoktistov et al., 1999);
Einleitung
12
3. Adenosin und Krebs
Die Entartung einer Körperzelle bis hin zu einer manifesten tumorösen Läsion ist ein
komplexer Prozess, der sich auf unzähligen Ebenen der Zellphysiologie abspielt.
Dementsprechend sind die körpereigenen Sicherungsmechanismen gegen eine Mutation
oder Transformation im menschlichen Körper ebenfalls enorm vielschichtig, was die
Anfälligkeit des Menschen im Verhältnis zu seiner Lebenszeit relativ gering hält. Die
Entartung einer Zelle basiert auf der Ausbildung von „neuen“ Fähigkeiten, die sie im
Laufe der Pathogenese die körpereigene Abwehr und Reparaturmechanismen
überwinden lässt. Selbststeuerung der Wachstumssignale, Unempfindlichkeit gegenüber
wachstumshemmenden Signalen, Resistenz gegenüber der Apoptose, unbegrenztes
Replikationspotential, Neoangiogenese, Invasierung benachbarter Strukturen und
Metastasierung kennzeichnen die maligne-mutierten Körperzellen (Hanahan und
Weinberg, 2000).
Die Mutation führt dazu, dass ein Tumor und seine entarteten Zellen unter völlig
anderen Bedingungen als physiologische Zellen wachsen. Entartete Zellen entziehen
sich der Koordinierung ihrer Differenzierung, Proliferation und Ernährung mit anderen
Zellen und Strukturen. Das radikale und ignorante Wachstum entarteter Zellen macht
den Aufbau einer organisierten Gewebestruktur unmöglich. Es kommt zum Aufbau
eines ineffizienten Gefäßsystems, was zu einer Unterversorgung mit Blut und Sauerstoff
der Tumorzellen führt (Merighi et al., 2003).
Adenosin spielt eine zentrale Rolle im Energiehaushalt jeder Körperzelle. Nach
Spaltung von ATP entsteht Adenosin als Antwort auf energieverbrauchende Prozesse
und korreliert mit dem Energiebedarf der Zelle. Unter „angespannten“ Bedingungen,
wie beispielsweise bei einem Sauerstoffmangel aufgrund eines gesteigerten
Metabolismus, kann es zur Entstehung enormer Mengen an Adenosin kommen (Schulte
und Fredholm, 2003).
Als Zeichen einer inadäquaten Stoffwechselsituation im Inneren der Zelle versucht
Adenosin der Unterversorgung an Energie und Nährstoffen entgegenzuwirken
(Spychala, 2000). Es reguliert über seine Rezeptoren die Neubildung von Gefäßen unter
hypoxischen und ischämischen Bedingungen sowie die Steuerung von anti-
inflammatorischen Prozessen (Linden, 2001).
Einleitung
13
Adenosin interagiert über seine Rezeptoren an zahlreichen Stellen mit den Signalwegen
des Zellwachstums und des programmierten Zelltods, der Apoptose (Jacobson et al.,
1999). Ein unausgewogener oder entgleister Wachstumszyklus der Körperzellen, in dem
sich Proliferation und Apoptose nicht mehr im Gleichgewicht befinden, führt zu
hypertrophen Strukturen und letztlich zu Krebs (Merighi et al., 2003).
Unter unkontrolliertem Wachstum kommt es zur Ausbildung von tumorösen
Veränderungen, deren insuffizientes Gefäßnetz zu Hypoxie führt und es folglich zur
Ansammlung von Adenosin kommt. Diese pathologischen Bedingungen kennzeichnen
die Verhältnisse in soliden Tumoren, in deren Extrazellulärflüssigkeit 10- bis 20fach
höhere Adenosinkonzentrationen (0,2 - 2,4 µM) als in benachbarten physiologischen
Strukturen gefunden wurden (Blay et al., 1997). Derart hohe Adenosinkonzentrationen
sind in der Lage, innerhalb der Tumorstruktur eine selbst induzierte immunsuppressive
Wirkung zu entfalten, indem Adenosin die Funktion von Zellen und die Produktion von
Proteinen der Immunantwort beeinflusst (Merighi et al., 2003). Eine intakte
Funktionsfähigkeit des körpereigenen Immunsystems ist für eine erfolgreiche Abwehr
entarteter Zellen und tumoröser Strukturen unverzichtbar. Mit eine der ersten
Verknüpfungen zwischen Adenosin und der Entstehung von Tumoren wurden bei
Untersuchungen von Immunabwehrzellen gefunden (Gessi et al., 2011a).
Die zentralen Einflüsse auf die Stimulation des Wachstums, auf die Sicherstellung der
Ernährung und auf die Regulation der körpereigenen Immunantwort des Adenosins im
Rahmen einer zell- und organschützenden Funktion sind überall im Körper vorhanden
und beeinflussen das Verhalten von sowohl gesunden als auch von entarteten Zellen.
In vielen Typen von Tumorzellen wurden mittlerweile die Expression und die Funktion
von Adenosinrezeptoren nachgewiesen, was zu einer Verknüpfung von Adenosin und
der Entstehung von Krebserkrankungen geführt hat (Spychala, 2000; Merighi et al.,
2003).
3.1. Humanes Melanom
Das humane Melanom ist ein bösartiger Tumor, der von den pigmentproduzierenden
Zellen der Haut, den Melanozyten oder Nävuszellen, ausgeht. Aufgrund seiner
Einleitung
14
häufigen, dunklen „Melanin-farbenen“ Erscheinung, wird bei dieser Krebserkrankung
im Volksmund auch von dem „schwarzen Hautkrebs“ gesprochen.
Es stellt eine maligne Neoplasie dar, die alle Eigenschaften der Malignität einschließlich
destruierendem Wachstum und Absiedelung in andere Körperorgane zur Erscheinung
bringen kann. Es stellt eine der häufigsten dermalen Krebserkrankungen mit letalem
Ausgang dar. Neben der Krebserkrankung der Lunge bei Frauen besitzt keine tumoröse
Neubildung eine vergleichbar steigende Inzidenz wie das Melanom. Etwa die Hälfte der
Patienten sind zum Zeitpunkt der Diagnosestellung zwischen dem 35. und 65.
Lebensjahr (Markovic et al., 2007a). Melanome entstehen „de novo“ oder auf dem
Boden eines melanozytären Nävus (Pigmentnävus), von dem jeder Mensch im
Durchschnitt ca. 20 in seiner Haut trägt. Der Nävus, umgangssprachlich als
„Leberfleck“ oder „Muttermal“ bezeichnet, umfasst sämtliche, zunächst gutartigen,
Fehlbildungen der Haut. Bei etwa einem Viertel der Melanompatienten ist ein Nävus
mit der Entstehung des Hautkrebses in Verbindung zu bringen (Markovic et al., 2007a).
Ausgehend von einem Pigmentnävus (melanozytärer Nävus) oder einem
Nävuszellnävus (Zellnest aus Nävuszellen) verändern sich die Hautzellen zu einem
dysplastischen Nävus durch Vermehrung von atypischen Zellen. Im Weiteren kann sich
das dysplastische Mal zu einem primären Melanom und als Spätstadium zu einem
metastasierenden Melanom entwickeln.
Neben einer genetischen Prädisposition für eine Entartung der Melanozyten bzw.
Nävuszellen ist die Hauptursache eine verstärkte Exposition durch Sonnenlicht, speziell
durch UV-B-Strahlung (Lee, 1982). Schäden an der DNA und den DNA-Reparaturme-
chanismen sind die Folge. Weiter ist bekannt, dass Menschen eines helleren Hauttyps
deutlich empfindlicher gegenüber Sonneneinstrahlung und deren schädlichere Aus-
wirkungen in Form von Sonnenbränden reagieren als Menschen dunkleren Hauttyps.
Eine intensive Sonnenlichtexposition in der frühen Entwicklung erhöht die Anfälligkeit
für ein Melanom in späteren Lebensdekaden (Balch, 1997). Menschen mit einer erhöh-
ten Expression an fehlgebildeten Hautarealen oder starker Neigung zu Pigmentierung,
wie Sommersprossen (Epheliden) oder Leberflecken (Lentigo simplex) unterliegen
ebenfalls einem erhöhten Risiko für die Entstehung eines Melanoms (MacKie, 1998).
Einleitung
15
Es werden vier Haupttypen des Melanoms im klinischen und histologischen
Erscheinungsbild unterschieden:
1. Superfiziell-spreitendes Melanom (SSM)
2. Noduläres Melanom (NM)
3. Lentigo maligna Melanom (LMM)
4. Akro-lentiginöses Melanom (ALM)
Zu diesen Haupttypen treten weitere Varianten des Melanoms auf, wie beispielsweise
das amelanotische Melanom und Sonderformen an den Schleim-, Ader- oder
Hirnhäuten, die in weniger als 5% der Fälle in Erscheinung treten (Garbe et al., 2012).
Wie allen tumorösen Veränderungen im menschlichen Körper liegt auch dem Melanom
eine gewebstypische Kombination von zahlreichen Gendefekten zu Grunde, unter deren
irritativem Einfluss die Steuerung von zentralen Funktionen einer Zelle zum Erliegen
kommt. Die Signalwege für Proliferation, Differenzierung und Apoptose der Zelle
laufen hier unkoordiniert ab.
Unter anderem wurde bei Melanomen eine Mutation des Tumorsuppressorgens p16
identifiziert (Reginster et al., 2012), welche die physiologische Funktionsweise der
zelleigenen Tumorsuppression unterbindet. So können geschädigte Zellen nicht mehr
der Apoptose zugeführt werden und das fehlerhafte Genom wird repliziert und an
weitere Zellgenerationen weitergegeben. Diese Apoptoseresistenz gehört neben der
Ausbildung einer eigenen Angiogenese und der autonomen Steuerung der
Wachstumssignale zu den gemeinsamen Kriterien eines malignen Tumors (Hanahan
und Weinberg, 2000).
3.2. Adenosinrezeptoren in humanen Tumorzellen
Auf vielen bisher untersuchten humanen Tumorzellen konnte eine erhöhte Expression
der vier AR-Subtypen festgestellt werden, deren Aktivierung und Funktion das
Tumorwachstum vielfältig beeinflusst (Fishman et al., 2009). Dabei lässt sich keinem
AR-Typ eine eindeutige Rolle in seiner Wirkung auf Tumorzellen zuweisen. Vielmehr
wurden bisher grundsätzliche Wirkmechanismen für jeden der vier AR erforscht, die
einerseits zu einem tumorfördernden und andererseits zu einem tumorhemmenden
Effekt gezählt werden können (siehe (Gessi et al., 2011a). Die unzähligen Prozesse der
Einleitung
16
Zellphysiologie sowie der -pathophysiologie laufen oftmals zeitgleich und durchaus
gegensinnig ab, so dass bspw. eine gesteigerte Proliferation nicht zwangsläufig zu
entartetem Wachstum und in der Folge zu einem Tumor führen muss. Mögliche
Wirkmechanismen, die durch AR vermittelt werden können, sind in Abbildung [3]
schematisch zusammengefasst.
Abbildung [3]: Mögliche Wirkungsmechanismen der AR auf Tumorzellen
Abbildung modifiziert nach (Gessi et al., 2011a)
tumorfördernd ! Proliferation ! Angiogenese ! Zellschutz ! Immunsuppression
" Proliferation ! Apoptose
tumorhemmend
Einleitung
17
4. Fragestellung und Zielsetzung
In vorangegangenen Untersuchungen an einer humanen Estrogenrezeptor negativen
Brustkrebszelllinie des Typs MDA-MB-231 konnte eine hohe Expression von
ausschließlich A2B-AR nachgewiesen werden (Panjehpour et al., 2005). Diese
Beobachtung führte zu der Frage, ob dieses ungewöhnliche Expressionsmuster
charakteristisch auch für bestimmte Typen humaner Krebszellen anderer Organe sein
könnte.
Im Rahmen dieser Arbeit sollten fünf Melanom-Zelllinien aus humanem Hautgewebe
dahingehend untersucht werden, ob sie Subtypen von AR exprimieren.
Es sollte versucht werden, vorhandene AR pharmakologisch mit Hilfe von
Radioligandenbindung- und Adenylylcyclase-Experimenten zu charakterisieren und
gegebenenfalls deren Dichte in den Zellen zu bestimmen.
Weiter sollten im Zusammenhang mit den untersuchten Hautkrebszellen mögliche
Perspektiven für den Einsatz von AR als therapeutische Angriffspunkte für die
Behandlung von Melanomen dargestellt und erörtert werden.
Material und Methoden
18
II. MATERIAL UND METHODEN
1. Materialien
1.1. Chemikalien
[3H]CCPA GE Healthcare
[3H]HEMADO Tocris Bioscience
[3H]NECA GE Healthcare
[3H]ZM 241385 Tocris Bioscience
[α-32P]ATP Hartmann Analytic
Adenosin-Desaminase (ADA) Roche Diagnostics
ATP Sigma
cAMP Sigma
CGS21680 Sigma
Di-Natriumhydrogenphosphat Sigma
Dimethylsulfoxid (DMSO) Merck
DPCPX Sigma
GTP Sigma
Kaliumchlorid Sigma
Kaliumdihydrogenphosphat Roth
Kreatinkinase Roche Diagnostics
Magnesiumchlorid AppliChem
MRE 3008 F20 Prof. P. A. Baraldi,
Ferrara, Italien
Natriumcarbonat Merck
NECA Sigma
Phosphocreatin Roche Diagnostics
Protein-Assay Reagenz Bio-Rad Labs
R-PIA Sigma
Rinderserumalbumin (BSA) AppliChem
RO 20-1724 (PDEI) Tocris Bioscience
Material und Methoden
19
Salzsäure AppliChem
SCH 58261 Sigma
Theophyllin Sigma
Tris AppliChem
Zinkacetat Merck
1.2. Verbrauchsmaterialien
Nährmedium DMEM 4,5 g/l Glucose, ohne Glutamin PAN Biotech
Fetales Kälberserum (FCS) Sigma
L-Glutamin PAN Biotech
Penicillin / Streptomycin PAN Biotech
DPBS Puffer ohne Calcium und Magnesium PAN Biotech
Trypsin/EDTA PAN Biotech
Einwegspritzen und -kanülen B.Braun
Reaktionsgefäße (1,5 ml, 2 ml Safe-Lock) Eppendorf
Photometerküvetten (10x4x45 mm) Sarstedt
Mikrotiterplatte Multi-Screen (96-well)
mit Filterboden (GFC-Filter; 1.2µm)
Millipore
Glasfaserfilter (GF/B, Ø 25 mm) Millipore
Alumina-Säulen Sigma
Kunstharz-Ionenaustauscher DOWEX-1, Cl-form (1 x 2-200) Sigma
Szintillations-Röhrchen (6 ml) Hartenstein
Szintillator Lumasafe LumacLsc B.V.
1.3. Geräte
Brutschrank BBD 6220 Heraeus
Lichtmikroskop Leitz
Photometer UV-1601 Shimadzu
Sterilbank BDK Luft-
und Reinraumtechnik
Material und Methoden
20
Thermomixer 5436 Eppendorf
Trockenschrank TH 25 Edmund Bühler
UltraTurrax T25 Janke & Kunkel
Vakuumpumpe KNF Neuberger
Vortex - Genie 2 Scientific Industries
β-Counter Modell 1450-MicroBeta Trilux Wallac
Modell LS 1801 Beckmann Coulter Inc.
Zentrifugen Modell 5417 Eppendorf
Modell R 16 Universalzentrifuge Hettich
Modell Avanti J25 Beckmann Coulter Inc.
Modell LE-70 Ultrazentrifuge Beckmann Coulter Inc.
Rotoren Typ JA 17 Beckmann Coulter Inc.
Typ 70 Ti Beckmann Coulter Inc.
1.4. Puffer und Medien
CMF-PBS Puffer 8,0 g/l Natriumchlorid (NaCl)
0,2 g/l Kaliumchlorid (KCl)
1,44 g/l Di-Natriumhydrogenphosphat (Na2HPO4)
0,24 g/l Kaliumhydrogenphosphat (KH2PO4)
pH 7,4 mit HCl eingestellt
5/2 Puffer 5 mM Tris + 2mM EDTA
pH 7,4 mit HCl eingestellt
Tris 5 mM Puffer pH 7,4 mit HCl eingestellt
Tris 100 mM Puffer pH 7,4 mit HCl eingestellt
TM 10 Puffer 50 mM Tris + 10 mM MgCl
pH 7,4 mit HCl eingestellt
TM 10 + 0,1 % BSA Puffer
50 mM Tris + 10 mM MgCl + 0,1% BSA
pH 7,4 mit HCl eingestellt
TME Puffer 50 mM Tris + 10 mM MgCl2 + 1 mM EDTA
pH 7,4 mit HCl eingestellt
Material und Methoden
21
REA-Mix (5x) H2O 42,5 ml
250 mM Tris pH 7,4 25 ml
0,5 mM cAMP 5 ml
1% BSA 10 ml
50 µM GTP 5 ml
0,5 mM ATP 5 ml
5 mM MgCl2*6H2O 5 ml
2,5 mM RO 20-1724 2,5 ml
1.5. Zelllinien
M1 A375 Zur Verfügung gestellt wurden die fünf humanen
Melanomzelllinien von der ehemaligen Arbeitsgruppe des
Rudolf-Virchow-Zentrums Würzburg unter Prof. Dr. Schön
(Universitätsmedizin Göttingen der Georg-August-Universität,
Abteilung für Dermatologie, Venerologie und Allergologie)
M2 Brown
M3 MV3
M4 SK-MEL23
M5 MEL2A
Material und Methoden
22
2. Methoden
2.1. Zellkultur
Die zu untersuchenden Melanom Zelllinien wurden auf Gewebekulturschalen adhärent
gezüchtet. Als Nährmedium wurde DMEM (Dulbecco's Modified Eagle's Medium) mit
4,5 g/l Glucose verwendet. Zu diesem Standardnährmedium wurden 10% fetales
Kälberserum (FCS), 100 U/ml Penicillin, 100 µg/ml Streptomycin und 2 mM
L-Glutamin hinzugegeben. Die Zellen wurden bei 37°C in einer Atmosphäre von 95%
Luftfeuchtigkeit und 7% CO2 im Brutschrank kultiviert.
Das Anmischen der Nährlösung und das Passagieren der Zellkulturen wurden unter
einer Sterilbank vorgenommen. Die Nährlösungen und Puffer wurden bei 4°C gelagert
und vor ihrer Verwendung in einem Wasserbad vorgewärmt.
Vor dem Ernten der Zellen wurde zuerst die Zelldichte unter einem Lichtmikroskop
kontrolliert und dann das Nährmedium von den Kulturschalen abgesaugt. Nach
zweimaligem Waschen mit 5 ml DPBS-Puffer wurde zum Ablösen der Zellen vom
Schalenboden für ca. 2 Minuten 4 ml Trypsin/EDTA-Lösung (0,5 g/l Trypsin, 0,2 g/l
EDTA) aufgetragen. Mit frischem Medium wurden die Zellen von ihrem Träger
abgespült, zentrifugiert (24°C, 1.500 rpm, 3 min.) und entsprechend auf neue
Kulturschalen verteilt.
Mögliche Kontaminationsrisiken der Flüssigkeiten wurden mit adäquaten
Vorsichtsmaßnahmen wie Händedesinfektion, dem Tragen von Handschuhen und
Verwendung von sterilen Glaspipetten minimiert.
Abhängig von Versuchsplanung und Zelllinie konnten die Zellen wöchentlich zwei-
bzw. dreimal in Verhältnissen von 1:5, 1:8 oder 1:10 geteilt werden.
2.2. Membranpräparation
Nach Entnahme aus dem Brutschrank und Kontrolle der Zelldichte wurden die Zellen
zunächst mit eiskaltem CMF-PBS (pH 7,4) zweimal gewaschen und auf Eis aufbewahrt.
Die Zellen wurden mit eiskaltem 5/2-Puffer (5 mM Tris-HCl, 2 mM EDTA) versetzt,
Material und Methoden
23
mit einem Silikonschaber vom Plattenboden abgelöst und in Suspension überführt. Zur
Präparation der Zellmembranen wurden die Zellen mittels einer Ultra-Turrax-
Behandlung (2 x 10 sek. bei vmax) aufgebrochen. In einem ersten Zentrifugationsschritt
(3.200 rpm, 10 min., 4°C) wurden dann Zelltrümmer und Zellkerne von den
Membranen getrennt. Alle Arbeitsschritte erfolgten dabei unter Kühlung auf Eis. Eine
zweite Zentrifugation (37.000 rpm, 25 min., 4°C) des Überstandes ergab das
Membranpellet. Dieses wurde in 4 ml 50 mM Tris-Puffer resuspendiert und die
Membranen wurden in einem Glaspotter homogenisiert. Abhängig von dem im
Protein-Assay ermittelten Proteingehalt wurde die Membransuspension anschließend in
1,5 ml Reaktionsgefäßen in Volumina von 250 - 300 µl aliquotiert und in flüssigem
Stickstoff schockgefroren. Die Lagerung erfolgte bei -80°C.
Für den Assay zur Bestimmung der Aktivität der Adenylylcyclase (AC) mussten die
Membranen am Versuchstag frisch präpariert werden. Hierfür wurde eine vereinfachte
Präparationsmethode mit nur einem Zentrifugationsschritt (37.000 rpm, 25 min., 4°C)
angewendet.
Das Membranpellet wurde dann in 50 mM Tris-Puffer (pH 7,4) aufgenommen, auf Eis
gelagert und vor weiterer Verarbeitung mit einer Spritze durch eine Einwegkanüle
homogenisiert.
2.3. Bestimmung des Proteingehalts nach Bradford
Der Proteingehalt der verschiedenen Membranpräparationen wurde mit Hilfe eines
kommerziellen Protein-Assays nach der Bradford-Methode bestimmt. Dieser Assay
beruht auf der Verschiebung des Absorptionsmaximums des Triphenylmethan-
Farbstoffs Coomassie-Brilliant-Blau G-250 durch Komplexbildung mit in Lösung
befindlichen Proteinen von 470 nm nach 595 nm. Die Extinktion des Farbstoff-Protein-
Gemischs wurde gegen eine Standardproteinlösung aus BSA (1 µg/µl) photometrisch
gemessen. Hierfür wurden vier Standardwerte (2 µg, 4 µg, 8 µg und 10 µg) der BSA-
Lösung angesetzt und eine Eichkurve am Photometer erstellt. Jede Membransuspension
wurde in zwei Verdünnungen (1:4 und 1:6) in 50 mM Tris hergestellt, um daraus 5 µl,
10 µl und 20 µl als Doppelwert zu messen. Das Protein-Assay Reagenz wurde 5:1 mit
Material und Methoden
24
Wasser verdünnt und 1 ml zu jeder Photometerküvette hinzugegeben. Nach manuellem
Durchmischen erfolgte die Messung der Extinktion am Photometer und anhand des
Verdünnungsfaktors wurde für jede Membransuspension der Proteingehalt ermittelt.
Die präparierten Membranen wurden in 250 µl oder 300 µl Volumina aliquotiert.
Eine Übersicht zu den Proteinbestimmungen gibt folgende Tabelle:
Tabelle [2]: Proteinbestimmung für Bindungsversuche
Nr. Zelllinie Proteingehalt (µg/µl) Aliquot á (µl)
M1 A375 3,65 250
M2 Brown 2,68 300
M3 MV3 3,28 250
M4 SK-MEL23 2,83 300
M5 MEL2A 2,46 300
Bei den Versuchen zur Bestimmung der Aktivität der Adenylylcyclase unter
Verwendung von frisch präparierten Membranen wurde die Menge des eingesetzten
Membranproteins im Anschluss an den Versuch gemessen.
2.4. Radioligandenbindung
In einem Bindungs-Assay kann die Anzahl von spezifischen Rezeptoren einer Zelle
nachgewiesen werden, indem man die spezifische Bindung eines Radioliganden misst.
Da diese nur indirekt bestimmt werden kann, erfolgt im Versuch zunächst die Messung
der totalen Bindung und der unspezifischen Bindung.
Im Versuch wird in Triplets die Bindung des reinen Radioliganden gemessen, diese gibt
die gesamte Bindung an spezifische und unspezifische Bindungsstellen wieder
(totale Bindung = TB), an die der Radioligand in den Zellmembranen binden kann. In
einem weiteren Triplet konkurriert ein Überschuss an nicht-markiertem Ligand mit dem
Radioligand um die vorhandenen Bindungsstellen. Hierbei wird der nicht-markierte
Ligand in einer Konzentration weit über der des Radioliganden eingesetzt, was die
spezifischen Bindungsplätze für den Radioliganden blockiert. So belegt der Radioligand
nur die unspezifischen Bindungsstellen (unspezifische Bindung = UB). Die spezifische
Bindung (spezifische Bindung = SB) ist dann als Differenz der totalen Bindung und der
Material und Methoden
25
unspezifischen Bindung zu ermitteln und ermöglicht quantitative Aussagen über die
Dichte an Rezeptoren in der untersuchten Zelle.
Bindungs-Assay auf Mikrotiterplatten
Die Bindungsversuche zu den AR-Subtypen A1, A2A und A3 wurden auf
Mikrotiterplatten mit GFC-Filterboden durchgeführt.
Die Reaktionsvolumina von 200 µl setzten sich nach folgendem Schema zusammen:
50 µl Assaypuffer (siehe Tabelle [3])
50 µl Assaypuffer für TB (totale Bindung)
Assaypuffer mit nicht markiertem Liganden für UB (unspezifisch Bindung)
50 µl Radioligand in Assaypuffer
50 µl Membransuspension
Die eingesetzte Proteinmenge betrug zwischen 25 und 50 µg. Um die Bindung nicht
durch endogenes Adenosin zu verfälschen, wurde den Membranen 5 µl 10%iger ADA
(10 mg/ml; ≈ 200 U/mg) pro ml Membransuspension zugegeben.
Vor Auftragen der Proben auf die Filterplatten wurden die Filter mit 10 µl Assaypuffer
gesättigt. Nach Zugabe der Membransuspension wurden die Proben für 20 Sekunden
gerüttelt und bei Raumtemperatur für drei Stunden inkubiert.
Nach der Inkubation wurden die Proben mit einer Absaugvorrichtung von den Multi-
Screen Platten abgesaugt und die zurückgehaltenen Membranen dreimal mit 200 µl
kaltem Puffer aufgewaschen. Anschließend wurden die Platten bei 40°C für ca. 30
Minuten getrocknet. Für den folgenden Zählvorgang in einem β-Counter (Wallac, 1450
MicroBeta Trilex) wurde zu jeder Probe 20 µl Szintillator pipettiert. Der Zählvorgang
mit 5 Minuten pro Probe wurde nach einer Equilibrierung von 300 Minuten gestartet.
Bindungs-Assay in Einzelfiltermethode
Da bisher kein hochaffiner A2B-selektiver Ligand zur Verfügung steht, mussten die
Bindungsversuche für A2B-AR in einem für niedrigaffine Bindung abgewandelten
Versuchsaufbau durchgeführt werden.
Material und Methoden
26
Der Nachweis von A2B-AR erfolgt hierbei in einer Art Ausschlussverfahren. Neben der
Messung der totalen Bindung (=TB1), die die gesamte Bindung des A2A-/A2B-AR-
Antagonisten [3H]ZM 241385 an den Zellen darstellt, erfolgen zwei weitere
Messungen. In der Messung mit dem nicht-markierten NECA (=UB) werden alle
spezifischen Bindungsstellen für AR-Liganden blockiert, so dass nur die unspezifische
Bindung gemessen wird. In einer weiteren Messung wird CGS 21680 verwendet, das
kaum Affinität zum A2B-AR, jedoch eine mit NECA vergleichbar hohe Affinität an den
anderen AR-Subtypen besitzt. Es werden so alle Rezeptoren außer dem A2B-Subtyp für
den Radioligand blockiert. Die als totale Bindung 2 bezeichnete Messung (=TB2) zeigt
somit die unspezifische Bindung der zuvor beschriebenen Messung gemeinsam mit der
spezifischen Bindung für den A2B-AR.
Abbildung [4]: Schematische Darstellung eines Bindungs-Assay
Totale Bindung 1 (TB1): [3H]ZM241385 40 nM; Unspezifische Bindung (UB): [3H]ZM241385 40 nM + NECA 300 µM; Totale Bindung 2 (TB2): [3H]ZM241385 40 nM + CGS 21680 10 µM
Beim Vergleich der drei Messungen kann so die spezifische Bindung an den A2A- bzw.
A2B-AR errechnet werden. Die Abbildung [4] stellt mit Angabe der hier verwendeten
Ligandenkonzentrationen die Auswertung des Verfahrens schematisch dar.
Das verwendete Material unterschied sich zu der auf Mikrotiterplatten mit Filterboden
im Wesentlichen nur in der Größe der Reaktionsgefäße und -filter.
TB1 UB TB2
A2A-Bindung A2B-Bindung Unspez. Bdg.
Material und Methoden
27
Die Reaktionsvolumina von 200 µl wurden in 1,5 ml Reaktionsgefäßen pipettiert und
setzten sich analog dem obigen Schema zusammen. Die eingesetzte Proteinmenge
betrug hier 80 µg. Die Inkubationszeit bei Raumtemperatur betrug ebenfalls drei
Stunden. Währenddessen wurden die zur Trennung verwendeten Glasfaserfilter (GF/B,
Ø 25 mm) in kaltem Assaypuffer eingeweicht und nach Ablauf der Inkubationszeit auf
einer Absaugvorrichtung positioniert. Dann wurden 180 µl des Reaktionsvolumens auf
die Filter pipettiert und durch Vakuum abgesaugt. Anschließend wurden die Filter
zweimal mit 3 ml eiskaltem Assaypuffer gewaschen. Jeder Filter wurde in ein
Szintillations-Röhrchen überführt und mit 4 ml Szintillator versetzt. Alle Proben
wurden analog zu den Versuchen auf Mikrotiterplatten nach fünfstündiger
Equilibrierung in einem β-Counter (Beckmann, LS 1801) gezählt.
Folgende Puffer und Liganden wurden bei den Bindungsversuchen mit dem jeweiligen
Rezeptorsubtyp verwendet:
Tabelle [3]: Puffer und Liganden der Bindungsversuche
AR-Subtyp A1 A2A A2B A3
Assaypuffer Tris 50 mM TM 10 TM 10 + 0,1 % BSA TME
UB Theophyllin R-PIA NECA R-PIA
Ec.: 1 mM 100 µM 300 µM 100 µM
TB2 - - CGS 21680 -
Ec.: - - 10 µM -
Radioligand [3H]CCPA [3H]NECA [3H]ZM241385 [3H]HEMADO
Ec.: 1 nM 10 nM 40 nM 1 nM
2.5. Versuche zur Adenylylcyclase-Aktivität
In diesem Versuch wird durch Messung des zyklischem [32P]Adenosinmonophosphat
(c[32P]AMP), was unter Versuchsbedingungen aus [α-32P]ATP entsteht, die Aktivität
des Enzyms Adenylylcyclase (AC) bestimmt. Die stimulierte Funktion der AC zeigt
einerseits eine rezeptor-gekoppelte Enzymaktivierung mit vorangeschalteten AR und
andererseits gibt sie Aufschluss über Aktivierbarkeit und maximale Stimulierbarkeit des
Material und Methoden
28
Enzyms selbst. Das produzierte c[32P]AMP lässt sich durch Detektion der emittierten
β-Strahlung messen.
Die angewendete Methode zur Stimulation der AC entspricht dem von Klotz et al.
(1985) beschriebenen Vorgehen und wurde wie im Folgenden beschrieben
durchgeführt. Bei der Verwendung von Antagonisten wurde das Schema leicht variiert
(siehe unten).
Die Reaktionsvolumina von 100 µl wurden in 1,5 ml Reaktionsgefäßen inkubiert und
beinhalteten neben homogenisierter Membransuspension und einem Reaktionsgemisch
(REA-Mix) einen Agonisten und gegebenenfalls zusätzlich einen Antagonisten. Die
verwendeten Zellmembranen wurden am Versuchstag frisch präpariert (siehe unter
II.2.2) und pro ml Membransuspension mit 4 µl 10%iger ADA (10 mg/ml; ≈200 U/mg)
versetzt. Die Liganden wurden in Stammlösungen mit DMSO angesetzt und für die
Versuche in den entsprechenden Endkonzentrationen in H2O verdünnt.
Folgende Pipettierschemata wurden für die Versuche verwendet:
Bestimmung der Agonist stimulierten Adenylylcyclase-Aktivität
10 µl NECA Ec.: 10 nM, 30 nM, 100 nM, 300 nM,
1 µM, 3 µM, 10 µM, 30 µM, 100 µM
CGS 21680 Ec.: 100 µM
H2O für Basalaktivität 40 µl Membransuspension (ca.150 µg Protein in 50 mM Tris-Puffer suspendiert)
50 µl REA-Mix (2x)
400 µl/ml REA-Mix (5x)
5,9 mg/ml Phosphocreatin
0,8 mg/ml Kreatinkinase
[α-32P]ATP (ca. 4 Mio cpm/ml)
mit H2O ad 1 ml
Material und Methoden
29
Hemmung der NECA-stimulierten Adenylylcyclase-Aktivität durch Antagonisten
10 µl NECA Ec.: 5 µM
H2O für Basalaktivität 10 µl Antagonist: Ec.: 100 nM, 1 µM, 10 µM, 100 µM
H2O für Basalaktivität
30 µl Membransuspension (ca.100 µg Protein in 50 mM Tris-Puffer suspendiert)
50 µl REA-Mix (2x)
400 µl/ml REA-Mix (5x)
5,9 mg/ml Phosphocreatin
0,8 mg/ml Kreatinkinase
[α-32P]ATP (ca. 4 Mio cpm/ml)
mit H2O ad 1 ml
Als Antagonisten wurden in den Ansätzen in jeweils vier Konzentrationen (100 nM,
1 µM, 10 µM, 100 µM) eingesetzt:
SCH 58261 DPCPX MRE 3008 F20
Nach Starten der Reaktion durch Zugabe der Membransuspension wurden die Ansätze
gründlich gemischt und für 20 Minuten bei 37°C im Thermomixer inkubiert.
Zur Abtrennung von nicht umgesetztem [α-32P]ATP am Inkubationsende wurden 400 µl
125 mM ZnAc und 500 µl 144 mM Na2CO3 zum Reaktionsgemisch hinzugegeben und
die Reaktionsgefäße auf Eis gestellt. Nach Durchmischen auf dem Vortex erfolgte eine
weitere Inkubation von 10 Minuten. Die entstandene Zn2CO3-Ausfällung wurde in
einem folgenden Zentrifugationsschritt (14.000 rpm, 5 min.) von dem
Reaktionsgemisch getrennt. Von dem Überstand wurden dann 800 µl auf Alumina-
Säulen aufgetragen. Die Chromatographie-Säulen wurden vor der Verwendung
zweimalig mit 5 ml Tris 100 mM aus einem Dispenser gewaschen. Das nicht Alumina
bindende [32P]cAMP wurde in Szintillationsröhrchen aufgefangen. Zum vollständigen
Eluieren des [32P]cAMP wurde noch zweimal mit jeweils 2 ml 100 mM Tris gewaschen
und der Waschpuffer ebenfalls in den jeweiligen Szintillationsröhrchen aufgefangen.
Material und Methoden
30
Die Szintillationsröhrchen wurden verschlossen und für jeweils fünf Minuten ohne
Szintillator (Cerenkov-Strahlung) in einem β-Counter (Beckmann, LS 1801) gezählt.
Reinigung von [α-32P]ATP
Das im Adenylylcyclase-Assay eingesetzte radioaktive [α-32P]ATP wurde vor
Verwendung aufgereinigt und in handliche Volumina fraktioniert.
Die Aufreinigung erfolgte durch Ionenaustauschchromatographie über DOWEX-1 in
der Cl¯form (1 x 2-200 Säulenmaterial). Die mit 800 µl DOWEX-1 befüllten Säulen
wurden zunächst mit 5 ml Wasser gewaschen und folgend die [α-32P]ATP-Lösung
aufgetragen. Dann erfolgte zweimal eine Spülung mit 5 ml einer 0,0316 N HCl-Lösung
(pH 1,5) und die Elution mit 3 x 1 ml 0,25 N HCl in drei Aliquots. Jedem Volumen
wurde anschließend 1 µl kaltes 10 mM ATP hinzupipettiert. Abschließend erfolgte die
Einstellung des pH-Werts auf pH ≤ 7 mit Hilfe von Triethanolamin (TEA), um eine
saure Hydrolyse des ATP zu verhindern. Die Aktivität der verwendeten Fraktionen lag
nach Aufreinigung durchschnittlich bei etwa 180.000 cpm/25 µl (7,3 x 106 cpm/ml). Die
Lagerung der Aliquots erfolgte bei -20°C.
Auswertung der AC-Messdaten
Bei den gemessenen Daten werden grundsätzlich drei Werte voneinander unterschieden:
1. Der BLANK-Wert
Die blank-Probe enthält nur H2O und REA-Mix, aber keine Membranen. Sie dient der
Überprüfung des Versuchsaufbaus und gibt die versuchsbedingte Verunreinigung der
Messproben wieder, die u.a. durch nicht abgetrenntes radioaktives [α-32P]ATP des
REA-Mix entsteht. Zur Auswertung wird der blank-Wert von allen anderen Werten
subtrahiert.
2. Der BASAL-Wert
Dem basal-Wert wird H2O, REA-Mix und Membranen, aber kein stimulierender Ligand
zugegeben. Er gibt so die unstimulierte Aktivität des AC-Enzyms wieder und wird
daher als Basalaktivität bezeichnet. Um eine Rezeptor-vermittelte Stimulation der AC
Material und Methoden
31
unter den fünf Melanomzellen vergleichen zu können, dient die Basalaktivität als
Referenz.
3. Die zellspezifischen Messwerte
Die Daten der verschiedenen Membranen zeigen die im Versuch maximal
umgewandelte und messbare Menge an c[32P]AMP. Sie ermöglichen gemeinsam mit
den Basalaktivitäten nach Abzug des blank-Wertes, eine Rezeptor-vermittelte
Stimulation der AC vergleichen und bewerten zu können.
Ergebnisse
32
III. ERGEBNISSE
1. Eigenschaften der verwendeten Zelllinien
Im Laufe der Arbeit in der Zellkultur konnte beobachtet werden, dass die fünf
Melanomzelllinien ganz unterschiedlich auf die Verarbeitungsschritte reagierten. Die
dabei gemachten Beobachtungen sind in Tabelle [4] zusammen gefasst.
Tabelle [4]: Beobachtungen in der Zellkultur
A375 Brown MV3 SK-MEL23 MEL2A
Wachstum + + + + + + + + +
Adhärenz + + + + + + - - -
Ablösen - + + + + + + + + +
Aggregation + + + + + + o o
Resuspendieren - - - o + +
Zeichenerklärung: + + + = sehr schnell / überaus hoch , + + = schnell / hoch, + = beschleunigt / gut, o = durchschnittlich, - = langsam / wenig, - - = sehr langsam / sehr wenig
Die Zellen unterschieden sich deutlich in ihrer Wachstumsgeschwindigkeit, was sich
besonders auf die Versuchsplanung auswirkte. So wurden in der Regel die schnell
wachsenden Zellen (A375, Brown und MV3) gruppiert untersucht und in einer anderen
Gruppe die langsam wachsenden Zellen (SK-MEL23 und MEL2A).
Die Stärke, mit der die Zellen an den Kulturschalen hafteten (Adhärenz), variierte unter
den Zellen enorm. Beim Waschen der Zellen SK-MEL23 und MEL2A musste daher
besonders vorsichtig vorgegangen werden, um die Ausbeute der Passage nicht zu
verringern.
Das Ablösen der Zellen von den Kulturschalen mit Trypsin/EDTA konnte von Zelle zu
Zelle schneller oder langsamer umgesetzt werden. Trypsin/EDTA ist bei längerer
Einwirkdauer zelltoxisch, weshalb das Ablösen nicht länger als 2 Minuten dauern sollte.
Weiter bildeten die Zellen beim Ablösen mehr oder weniger prominente
Zellansammlungen (Aggregation) in der Trypsin/EDTA-Nährmedium-Suspension.
Ergebnisse
33
Das abzentrifugierte Zellpellet war unterschiedlich schnell wieder in frischem Medium
zu resuspendieren. Die Zellen mit hoher Adhärenz am Kulturschalenboden setzten
beispielsweise hier auch einen hohen Widerstand entgegen.
Die Zellen A375, Brown und MV3 waren demnach im Vergleich zu SK-MEL23 und
MEL2A einfacher für die Versuche vorzubereiten, da die Versuchsplanung und
Membranpräparation sehr stark von der Handhabbarkeit der Zellen in der Zellkultur
abhängig war.
2. Radioligandenbindung
In einer ersten Versuchsreihe sollte die Bindung von ausgewählten AR-Liganden an den
fünf Zelllinien überprüft werden. Diese Experimente dienten als Screening für die
Expression von AR-Subtypen.
Im Gegensatz zu den A2B-AR stehen für A1-, A2A- und A3AR geeignete Radioliganden
zur Verfügung, die einen direkten Nachweis der Rezeptoren ermöglichen.
2.1. Identifizierung von A1-AR mit [3H]CCPA
Für den Nachweis von Rezeptoren des A1 Subtyps wurde der hochaffine A1-selektive
Agonist [3H]CCPA verwendet. Dieser Radioligand bindet mit einem Ki-Wert von 1 nM
an den A1-AR der Ratte (Klotz et al., 1989) und Mensch (Klotz et al., 1998) und ist
somit in der Lage, schon sehr geringe Mengen an vorhandenen Rezeptoren zu
identifizieren.
In keiner der fünf Melanomzellen konnte eine spezifische Bindung mit [3H]CCPA
gemessen werden. Daher wurde angenommen, dass die untersuchten Zellen keine
relevanten Mengen an A1-AR exprimieren. Dieses Ergebnis schloss den A1AR als
Gegenstand für weitere Untersuchung an den fünf Zelllinien aus.
2.2. Identifizierung von A3-AR mit [3H]HEMADO
Bei der Identifizierung von Rezeptoren des A3 Subtyps wurde als Radioligand
[3H]HEMADO eingesetzt. Dieser A3-selektive Agonist bindet, ebenfalls hochaffin, mit
einem Ki-Wert von 1 nM am humanen A3-AR (Klotz et al., 2007).
Ergebnisse
34
Es konnte keine spezifische Bindung des [3H]HEMADO an den fünf Zelllinien
gemessen werden. Daher wurde, vergleichbar mit den Ergebnissen zum A1-AR, eine
relevante Anzahl an exprimierten A3-AR in den Zellen ausgeschlossen und weitere
Untersuchungen bezüglich dieses Rezeptorsubtyps zurückgestellt.
2.3. Identifizierung von A2A-AR mit [3H]NECA
Um Rezeptoren des A2A Subtyps zu ermitteln, wurde als Radioligand der unselektive
Agonist [3H]NECA eingesetzt. Es besitzt zwar entgegen der anfänglichen Annahme, ein
A2-selektiver Agonist zu sein, auch hohe Affinitäten zu anderen Subtypen, bietet aber
mit einem Ki-Wert von 20 nM für den humanen A2A-AR (Klotz et al., 1998) eine
brauchbare Möglichkeit diesen Rezeptor nachzuweisen.
Unter Verwendung von [3H]NECA konnte eine spezifische Bindung für den AR-Subtyp
A2A nicht eindeutig gemessen werden. Im Vergleich zu den Bindungsergebnissen des
A1- und A3-AR konnte eine Expression des A2A-AR in den Zellen jedoch nicht
ausgeschlossen werden.
Daher wurde versucht, mit Hilfe eines radioaktiv markierten Antagonisten
([3H]ZM 241385) einen genaueren Nachweis von A2A-AR zu erbringen und diese von
eventuell interferierenden A2B-AR zu differenzieren.
2.4. Identifizierung von A2A- und A2B-AR mit [3H]ZM 241385
Zum Nachweis beider Rezeptor Subtypen wurde der als A2A-selektiv bezeichnete
Antagonist [3H]ZM 241385 eingesetzt. Dieser besitzt neben einem Ki-Wert von 1,6 nM
für den A2A-AR (Jacobson und Gao, 2006) ebenfalls eine gute Affinität zu dem
A2B-Subtyp. Mit einem Ki-Wert von etwa 50 nM (Ji und Jacobson, 1999; Klotz, 2000;
Jacobson und Gao, 2006) für den A2B-AR liegt seine Affinität zwar um das 30-fache
unter der für den A2A-AR, doch mit dem Einsatz von 40 nM [3H]ZM 241385 kann bei
genügend hoher Rezeptordichte auch der A2B-Subtyp markiert werden.
Um zwischen A2A- und A2B-AR nach oben beschriebener Methode (siehe unter II.2.4)
differenzieren zu können, wurde 300 µM des unselektiven NECA (=UB, siehe
Abbildung [5]) bzw. 10 µM CGS 21680 (=TB2, siehe Abbildung [5]) verwendet.
Ergebnisse
35
NECA bindet mit einer vergleichsweise niedrigen Affinität am A2B-AR
(Ki-Wert ≈ 140 - 2400 nM), wohingegen aber CGS 21680 so gut wie keine Affinität
zum A2B-AR besitzt. In ihrer Affinität zum A2A-AR unterscheiden sich die beiden
Agonisten unwesentlich (Klotz, 2000; Fredholm et al., 2011)
In den Bindungsexperimenten mit dem Radioliganden [3H]ZM 241385 konnte an den
Zelllinien Brown, MV3, SK-MEL23 und MEL2A eine gerade noch detektierbare
Menge an A2B-Rezeptoren nachgewiesen werden. In diesen schwach positiven A2B-
Ergebnissen zeigten die Zellen Brown und MV3 die meisten Bindungsstellen, gefolgt
von den Zelllinien SK-MEL23 und MEL2A (siehe Tabelle [5]). An den MV3-Zellen
konnte darüberhinaus eine geringfügige A2A-Bindung nicht ausgeschlossen werden. Die
Zellen A375 zeigten hingegen in keiner der Messungen Hinweise auf eine AR-
Expression.
Abbildung [5]: Bindung des Antagonisten [3H]ZM 241385
Dargestellt ist die totale Bindung (TB1) des Radioliganden [3H]ZM241385 (Ec.: 40 nM), die unspezifische Bindung (UB) in Gegenwart von 300 µM NECA und die zur Elimination von A2A-Bindung in Gegenwart von 10 µM CGS 21680 gemessene Bindung (TB 2). Die Ergebnisse sind Mittelwerte aus jeweils drei Experimenten (n=3 ± SEM).
0%
20%
40%
60%
80%
100%
120%
A375 BROWN MV3 SK-MEL23 MEL2A
[3 H] Z
M 2
4138
5 B
indu
ng
TB1 UB TB2
Ergebnisse
36
Abbildung [5] soll die ermittelten Bindungen graphisch veranschaulichen. An den
Zellen Brown, MV3, SK-MEL23 und MEL2A wurde in Gegenwart eines Überschusses
an unmarkiertem NECA ein Teil der Bindung des Radioliganden [3H]ZM241385
(=TB1) verdrängt. Dieser kleine Bereich stellt die Menge an vorhandenen A2B- bzw.
A2A-Bindungsstellen dar.
Bei der Messung in Gegenwart von CGS 21680 (=TB2), die der unspezifischen
Bindung (=UB) inklusive einer eventuell vorhandenen A2B Bindung entspricht, konnte
nur an MV3-Zellen eine Verdrängung von [3H]ZM241385 beobachtet werden. Dieser
geringe Prozentsatz an verdrängtem [3H]ZM241385 weist auf eine A2A-Bindung in
MV3-Zellen hin. An den Zellen Brown, SK-MEL23 und MEL2A hingegen zeigte
CGS 21680 keine Wirkung. Somit waren A2A-Bindungsstellen in relevanter Menge an
diesen Zellen auszuschließen. Die Messungen an A375 legten den Schluss nahe, dass
diese Zellen keine AR exprimieren.
Aus den Messergebnissen der Radioligandenbindung ist anhand der spezifischen
Aktivität des eingesetzten Radioliganden und der eingesetzten Proteinmenge eine
Abschätzung der Rezeptorendichte in den jeweiligen Zelllinien möglich. Die
entsprechenden Schätzwerte sind in Tabelle [5] zusammengefasst.
Tabelle [5]: Spezifische A2B-Bindungsstellen
A375 Brown MV3 SK-MEL23 MEL2A
A2B 0 339 270 220 209
SEM 0 32 28 46 41
Die geschätzten Werte der Rezeptordichte für die Zellen bei denen eine Bindung detektiert wurde sind in fmol/mg angegeben. Es sind Mittelwerte aus je drei Experimenten (n=3 ± SEM).
Ergebnisse
37
3. Messung der Rezeptor-vermittelten Stimulation der
Adenylylcyclase
Nachdem in Bindungsexperimenten keine nachweisbaren Mengen von A1- und A3-AR
gefunden wurden (siehe unter III.2.1 und III.2.2), wurde durch Stimulation der AC
lediglich die Expression von A2A- und A2B-AR genauer untersucht.
Es wurde angenommen, dass ohne spezifische Bindungsstellen für A1- und A3-selektive
Liganden die Zellen auch kein funktionelles Signal auf entsprechende
Rezeptoragonisten zeigen würden.
3.1. Rezeptor-vermittelte Stimulation der Adenylylcyclase
Mit Hilfe von 100 µM NECA wurde nun überprüft, ob die vorhandenen AR in der Lage
sind, eine Rezeptor-vermittelte Stimulation der AC in den Zellen auszulösen.
Zunächst sollte die Enzymaktivität im Ruhezustand der Zellen, also ihre Basalaktivität,
bestimmt werden, um dann die Wirkung einer Rezeptor-vermittelten Stimulation der
verschiedenen Zellen messen zu können.
In drei der fünf Zelllinien konnte so eine deutliche Rezeptor-vermittelte Stimulation der
AC nachgewiesen werden. Die Zellen A375 zeigten in den Versuchen die höchste
stimulierte AC-Aktivität, Brown und MV3 reagierten mit etwas geringeren Werten
ebenfalls positiv auf das angebotene NECA. In Brown-Zellen, die über die niedrigste
Basalaktivität verfügen, konnte diese mit NECA um das 8-fache gesteigert werden. In
A375- und MV3-Zellen, deren Basalwerte annähernd gleich niedrig waren, konnte die
Basalaktivität mit NECA um das 2,5- bzw. 2-fache gesteigert werden.
In SK-MEL23-Zellen wurde in den aus drei Versuchen gemittelten Messdaten ähnlich
der MV3-Zellen das c[32P]AMP um ca. 200 cpm erhöht. Allerdings war die relative
Erhöhung im Vergleich zu ihrer Basalaktivität bei den SK-MEL23-Zellen sehr gering.
MEL2A zeigte keine relevante Steigerung der AC-Aktivität über die basalen Werte
hinaus.
Die folgende Abbildung [6] stellt die Messungen graphisch dar.
Ergebnisse
38
Abbildung [6]: Aktivität der Adenylylcyclase
Dargestellt ist die Basalaktivität im Vergleich mit der maximal erreichten Stimulation durch NECA (Ec.: 100 µM). Die Daten sind Mittelwerte aus jeweils drei Versuchen (n=3 ± SEM).
3.2. Stimulation der Adenylylcyclase mit den Agonisten NECA und
CGS 21680
Um die bewirkte Stimulation einem der beiden A2-AR zuordnen zu können, wurde
ähnlich wie bei den Bindungsversuchen vorgegangen. Zum Nachweis einer
A2A-gekoppelten Stimulation wurde der Agonist CGS 21680 eingesetzt, der mit einem
Ki-Wert von 27 nM am humanen A2A-AR bindet (Klotz et al., 1998). Neben CGS 21680
wurde wieder das unselektive NECA verwendet. Trotz einer vergleichsweise niedrigen
Affinität von 2,4 µM am A2B-AR (Klotz et al., 1998) gehört es noch zu einem der
potentesten Liganden für diesen AR-Subtyp.
Durch den Einsatz dieser Kombination an Liganden kann zwischen einer A2A- und einer
A2B-vermittelten Stimulation unterschieden werden.
0
500
1000
1500
2000
2500
A375 BROWN MV3 SK-MEL23 MEL2A
[32P
]cA
MP
[cpm
]
Basalaktivität NECA 100 µM
Ergebnisse
39
Abbildung [7]: Stimulation der Adenylylcyclase
Dargestellt sind die über der Basalaktivität der Zellen liegenden Messwerte, die durch die Stimulation mit 100 µM NECA bzw. 100 µM CGS 21680 erreicht werden konnten. Die Daten sind Mittelwerte aus je drei Experimenten (n=3 ± SEM).
Mit NECA konnte, wie bereits zuvor beschrieben, an den Zellen A375, Brown, MV3
sowie SK-MEL23 eine NECA-vermittelte AC-Stimulation nachgewiesen werden.
In Abbildung [7] sind die Messdaten abzüglich ihrer Basalaktivität graphisch
dargestellt, um lediglich den Agonist-induzierten Effekt zu illustrieren.
Die an den SK-MEL23-Zellen bewirkte Stimulation lässt sich hier deutlich besser
erkennen als auf der vorangegangenen Abbildung (siehe Abbildung [6]). Durch die
Darstellung abzüglich der Basalaktivität, kann so auch bei SK-MEL23-Zellen von einer
relevanten Stimulation der AC ausgegangen werden.
An MEL2A-Zellen konnte NECA keine zuverlässig nachweisbare Wirkung erzielen.
-50
50
150
250
350
450
550
650
750
A375 BROWN MV3 SK-MEL23 MEL2A
[32P
]cA
MP
[cpm
]
NECA 100 µm CGS 21680 100 µm
Ergebnisse
40
Im Gegensatz zu NECA konnte CGS 21680 an keiner der Zellen eine wesentliche
Steigerung der AC-Aktivität bewirken. Der beobachtete c[32P]AMP-Anstieg in den
Zellen A375, Brown, MV3 und SK-MEL23 erfolgte demnach durch eine
A2B-rezeptorvermittelte Stimulation. Lediglich in den A375- und Brown-Zellen konnte
ein geringfügiger Anteil an A2A-AR nicht gänzlich ausgeschlossen werden.
Den in der Bindung an MV3-Zellen gefundenen Spuren von A2A-AR konnten im
Rahmen dieser Versuche keine funktionelle Wirkung nachgewiesen werden. Dies
könnte daran liegen, dass zu wenige Rezeptoren zur Stimulation eines messbaren
Signals vorliegen oder keine funktionelle Kopplung an die AC zustande kommt.
Für das unselektive NECA konnten für die Zellen A375, Brown und MV3 folgende
EC50-Werte für die A2B-vermittelte Aktivierung der AC ermittelt werden:
Tabelle [6]: EC50-Werte der NECA-stimulierten AC-Aktivität
A375 Brown MV3
NECA 3.300 2.900 5.580
(1.770 – 6.120) (2.070 – 4.100) (1.780 – 17.580)
Angegeben sind die EC50-Werte (in nM mit 95% Konfidenzintervall) für die AC-Stimulation mit NECA in den genannten Zellen. Die Ergebnisse sind Mittelwerte aus je drei Versuchen. Die Auswertung erfolgte mit Hilfe der Hill-Gleichung.
Zum Vergleich mit den hier gewonnen Daten ist in der Literatur für NECA ein
ähnlicher EC50-Wert von 2.400 nM für den A2B-AR angegeben (siehe Klotz (2000)),
was das Vorliegen dieses Rezeptorsubtyps bestätigt.
3.3. Hemmung der Agonist-stimulierten Adenylylcyclase Aktivität mit
Antagonisten
Zum weiteren Nachweis, dass die AC-Aktivierung mit NECA durch A2B-AR vermittelt
wird, wurde die Wirkung von Antagonisten auf die NECA-stimulierte AC-Aktivität
untersucht. Hierfür wurden die Zellen A375, Brown und MV3 mit 5 µM NECA
stimuliert und der cAMP-Spiegel in Gegenwart von steigenden Konzentrationen von
drei verschiedenen AR-Antagonisten gemessen.
Ergebnisse
41
Dazu wurden ausgewählt: DPCPX als A1-selektiver Antagonist, der in höheren
Konzentrationen auch an den A2B-AR bindet. SCH58261 als A2A-selektiver Ligand und
MRE-3008-F20 als A3-selektiver Antagonist.
Diese Versuche beschränkten sich auf die Zellen A375, Brown und MV3, da nur in
diesen funktionell nachweisbare Mengen an A2B-AR gefunden wurden.
Die Ergebnisse der Messungen sind in den Abbildungen [8-10] graphisch dargestellt.
Abbildung [8]: Wirkung von Antagonisten auf die NECA-stimulierten AC-Aktivität in A375-Zellen
Dargestellt ist die Stimulation von A375-Zellen mit 5 µM NECA in Gegenwart von Antagonisten (Konzentration 0,1, 1, 10 und 100 µM). Die Daten sind Mittelwerte aus je drei Versuchen (n=3 ± SEM).
Es konnte gezeigt werden, dass trotz einer selektiven Blockade von A1-, A2A und A3-AR
mit jeweils 0,1 µM des Antagonisten, es durch NECA zu einer AC-Stimulation an den
drei Zellen kam. Mit höheren Konzentrationen ließ sich mit jedem der drei
Antagonisten eine Hemmung der AC-Aktivität erzielen.
Die Hemmung der AC-Aktivität unter Zugabe des Antagonisten in steigenden
Konzentrationen verlief mit geringfügigen Abweichungen an allen drei Zelllinien
0%
20%
40%
60%
80%
100%
120%
140%
[32P
]cA
MP
[cpm
]
A375
µM 0 0,1 1 10 100 0 0,1 1 10 100 0 0,1 1 10 100 SCH58261 DPCPX MRE3008F20
Ergebnisse
42
ähnlich: Das A2A-selektive SCH 58261 zeigte bei allen Zellen ab einer Konzentration
von 10 µM eine geringfügige Hemmung der AC-Aktivität. Ein selektiver
A2A-Antagonismus wäre aber schon bei einer Konzentration von 1 - 10 µM zu erwarten
gewesen.
Abbildung [9]: Wirkung von Antagonisten auf die NECA-stimulierten AC-Aktivität in Brown-Zellen
Dargestellt ist die Stimulation von Brown-Zellen mit 5 µM NECA in Gegenwart von Antagonisten (Konzentration 0,1, 1, 10 und 100 µM). Die Daten sind Mittelwerte aus je drei Versuchen (n=3 ± SEM).
Auch die Hemmung der AC-Aktivität mit den A1- und A3-selektiven Antagonisten
DPCPX bzw. MRE 3008-F20 trat erst bei sehr hohen Konzentrationen (≥ 10 µM) ein.
Besonders gut konnte dies an den MV3-Zellen beobachtet werden (siehe Abbildung
[10]).
0%
20%
40%
60%
80%
100%
120%
140%
[32 P
]cA
MP
[cpm
]
Brown
µM 0 0,1 1 10 100 0 0,1 1 10 100 0 0,1 1 10 100
SCH58261 DPCPX MRE3008F20
Ergebnisse
43
Abbildung [10]: Wirkung von Antagonisten auf die NECA-stimulierte AC-Aktivität in MV3-Zellen
Dargestellt ist die Stimulation von MV3-Zellen mit 5 µM NECA in Gegenwart von Antagonisten (Konzentration 0,1, 1, 10 und 100 µM). Die Daten sind Mittelwerte aus je drei Versuchen (n=3 ± SEM).
In der graphischen Auswertung ist zu erkennen, dass DPCPX und MRE 3008 F20 in
dem Konzentrationsbereich von 1 - 10 µM die deutlichste Wirkung auf die
AC-Aktivität zeigen. Dieser Effekt konnte nicht durch eine Blockade von A1- bzw.
A3-AR bewirkt werden, da hierfür ebenfalls deutlich niedrigere Konzentrationen des
Antagonisten ausgereicht hätten. Die Zugabe von mehr als 10 µM führte nur
unwesentlich zu einer weiteren Zunahme der Hemmung.
Der so bewirkte Antagonismus kann abschließend als weiterer Beleg dafür gesehen
werden, dass die NECA-stimulierte AC-Aktivität A2B-vermittelt sein muss.
Die aus den Versuchsdaten ermittelten IC50-Werte für die Wirkung der Antagonisten
auf die NECA-stimulierte AC-Aktivität sind in Tabelle [7] aufgeführt.
Für das A1-selektive DPCPX wurden IC50-Werte von 1 - 2 µM ermittelt, was gut mit
den bekannten Daten an dem humanen A2B-AR übereinstimmt (Klotz et al., 1998). Das
0%
20%
40%
60%
80%
100%
120% [32
P]c
AM
P [c
pm]
MV3
µM 0 0,1 1 10 100 0 0,1 1 10 100 0 0,1 1 10 100 SCH58261 DPCPX MRE3008F20
Ergebnisse
44
A3-selektive MRE 3008 F20 wurde bisher mit einem Ki-Wert von 2,1 µM angegeben
(Jacobson und Gao, 2006), was ebenfalls mit den hier gefundenen Werten in Brown-
und MV3-Zellen im Einklang steht. Die Messungen an A375-Zellen zeigten aus
unbekannten Gründen eine sehr große Streuung. Der geringe mit SCH 58261
beobachtete Hemmeffekt ließ die Bestimmung eines Ki-Wertes nicht zu.
Tabelle [7]: Wirkung von Antagonisten auf NECA-stimulierte AC-Aktivität
A375 Brown MV3
DPCPX 1.370 2.210 1.880
(1.000 - 1.850) (1.160 - 4.190) (1.730 - 2.040)
MRE 3008 F20 18.550 1.720 3.390
(4.400 - 78.200) (630 - 4.770) (2.320 – 4.980)
Angegeben sind die IC50-Werte (in nM mit 95% Konfidenzintervall) für die Hemmung der NECA-stimulierten AC-Aktivität. Die Ergebnisse sind Mittelwerte aus n = 3 Versuchen. Die Auswertung erfolgte mit Hilfe der Hill-Gleichung.
Diskussion
45
IV. DISKUSSION
1. Adenosinrezeptoren und Hautkrebs
Die weite Verbreitung von Adenosinrezeptoren im menschlichen Körper und deren
„tumorassoziierte Spuren“ lassen sich auch in humanen Hautgeweben sowie in
dysplastischen Manifestationen in Form von Tumoren der menschlichen Haut
nachweisen. Die Tatsache, dass Adenosin und dessen verwandte Nukleotide in
„kritischen Zuständen“, wie Entzündungs- und Wundheilungsprozessen, ubiquitär eine
wichtige Rolle spielen, machte auch die Haut zu einem Ziel von AR-Untersuchungen.
So konnte nachgewiesen werden, dass Adenosin und Adenosinderivate in der Lage sind,
Phasen der Zellteilung von Hautzellen zu unterbinden und so direkten Einfluss auf die
Reifung der Haut haben (Brown et al., 2000). Bereits frühe Studien zeigten, dass die
topische Anwendung eines A2A-AR-Agonisten die Wundheilung und die
Gefäßneubildung im Falle einer Verletzung positiv beeinflussen kann (Montesinos et
al., 2002). Viele Untersuchungen von AR in Verbindung mit der menschlichen Haut
und deren Tumore betreffen den A3-AR. Grund für dieses verstärkte Interesse war der
Nachweis einer ungewöhnlich hohen Expression von A3-AR in Melanom-Zelllinien.
Der in gesunden Geweben und Organen sonst eher schwach exprimierte A3-AR erwies
sich besonders in Tumorgeweben als sehr stark vertreten (Madi et al., 2003; Gessi et al.,
2011a). Die Beobachtung eines besonders hohen Vorkommens nur eines AR-Subtyps in
Tumorgewebe wurde für weitere AR-Subtypen, wie beispielsweise dem A2B-AR,
gemacht (Li et al., 2005; Panjehpour et al., 2005). Falls diese ungewöhnliche
Rezeptorausstattung eine charakteristische Eigenschaft von malignen Veränderungen
sein sollte, wäre dies für die Aufklärung der Beziehung und des Einflusses von solch
potenten Signalempfängern und -modulatoren wie den AR im Tumorgeschehen von
großer Bedeutung.
Dies war auch der Ansatz für die hier dargestellten Untersuchungen an fünf humanen
Melanom-Zelllinien. Die Hautkrebszellen sollten zunächst auf die Expression von AR
untersucht werden. Falls möglich, sollten anhand der Ergebnisse genauere Aussagen zu
Verteilung und Menge der vorhandenen AR-Subtypen getroffen werden. Zum
Nachweis der AR diente Radioliganden Bindung mit selektiven Substanzen für AR
Diskussion
46
sowie funktionelle Versuche zur Untersuchung einer möglichen AR-vermittelten
Signaltransduktion.
2. Nachweis von Adenosinrezeptoren in Melanomzellen
2.1. Versuche zum Nachweis von A1- und A3-Adenosinrezeptoren
Bei den hier durchgeführten Bindungsstudien konnte weder der A1- noch der A3-Subtyp
in nachweisbaren Mengen gefunden werden. Da mit den hochaffinen und selektiven
Agonisten [3H]CCPA für den A1- und [3H]HEMADO für den A3-AR (Klotz et al.,
1989; Klotz et al., 2007) keine AR nachgewiesen werden konnten, wurden die fünf
Melanomzelllinien keinen weiteren spezifischen Nachweismethoden für A1- und A3-AR
unterzogen.
In einer Studie von Merighi et al. (2001) an der Melanom-Zelllinie A375 wurde bereits
eine Expression von A1-, A3-, sowie A2A-AR nachgewiesen. Der Nachweis der AR-
Subtypen erfolgte dort unter anderem mit Hilfe von Radioliganden (Merighi et al.,
2001).
Trotz ähnlich aufgebauter Experimente wie von Merighi et al. (2001) verwendet,
konnten die hier beschriebenen Versuche keinerlei Bindung für den A1- oder A3-AR
bestätigen. Die hier vorliegenden Bindungsexperimente wurden nach der Beschreibung
von Klotz et al. (1998) durchgeführt, die sonst für die Überprüfung neuer Substanzen
und deren Eigenschaften an AR eingesetzt werden.
Als Radioliganden, die entscheidend für den Nachweis einer Bindung sind, wurden die
beiden Agonisten [3H]CCPA und [3H]HEMADO ausgewählt. Mit der Affinität von
[3H]CCPA zum A1- und [3H]HEMADO zum A3-AR im niedrigen nanomolaren Bereich
(Ki ≤ 1 nM, siehe III.2.1 und III.2.2) und ihrer enorm hohen Selektivität sollten auch
gering exprimierte A1- bzw. A3-AR gefunden werden.
Im Gegensatz hierzu kamen bei den Versuchen von Merighi et al. (2001)
rezeptorspezifische Antagonisten ([3H]DPCPX für A1; [3H]MRE3008F20 für A3) als
Radioliganden zum Einsatz. Einen Vorteil in der Verwendung von Antagonisten als
Radioliganden kann man darin sehen, dass alle potentiellen Rezeptoren nachgewiesen
Diskussion
47
werden, unabhängig von deren Kopplung an G-Proteine und den vielfältigen Prozessen
der nachgeschalteten Signaltransduktion.
Da sich den Bindungsversuchen funktionelle Experimente anschließen sollten und das
Hauptinteresse in dem direkten Vergleich von Bindung und nachgeschalteter Funktion
bestand, wurde hier der Einsatz von agonistischen Liganden bevorzugt.
Weiter muss nicht zwangsläufig trotz gleicher Zelllinie eine völlige Übereinstimmung
zwischen den von Merighi et al. (2001) und den hier untersuchten A375 Zellen
bestehen. So haben vergleichende Untersuchungen an A2A-AR in vier Zellklonen von
PC12 Zellen zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen geführt. Man fand heraus, dass die
vermeintlich gleichen Zellen große Unterschiede in ihrer Ausstattung an A2-AR, ihres
G-Proteins und deren Effektoren aufwiesen (Arslan et al., 1999).
So mögen die A375 der gleichen Zelllinien angehören, können jedoch mittlerweile je
nach Quelle eine unterschiedliche Ausstattung von Rezeptoren und anderen Proteinen
besitzen.
2.2. Nachweis von A2A- und A2B-Adenosinrezeptoren
Die nach dem gleichen Versuchsaufbau wie vorangehend für den A1- und A3-Subtyp
durchgeführten Bindungsstudien mit [³H]NECA für den A2A-AR führten nicht zu
eindeutigen Ergebnissen. Die Daten reichten weder für eine negative, noch für eine
positive Aussage über eine spezifische A2-Bindung in den fünf Zelllinien aus.
Das eingesetzte radioaktiv-markierte [3H]NECA besitzt ähnliche Affinitäten für den
A1-, A2A-, sowie für den A3-AR (Klotz, 2000). Nach vorangegangenem Ausschluss von
einer A1- oder A3-vermittelten Bindung konnte davon ausgegangen werden, dass
spezifische Bindung von [³H]NECA dem A2A-Subtyp zuzuordnen ist.
Zum Nachweis von A2B-AR wurde der Antagonist [3H]ZM 241685 gewählt (siehe
IV.2.2.1). Radioaktiv markierte Agonisten stehen für diesen Rezeptorsubtyp keine zur
Verfügung.
Diskussion
48
2.2.1. Radioligand [3H]ZM 241385
Die Verwendung des Antagonisten [3H]ZM 241385 als Radioligand sollte eine Aussage
über das Vorliegen von A2-Subtypen mit Hilfe von Bindungsexperimenten
ermöglichen.
[3H]ZM 241385 bindet mit einem Ki-Wert von ca. 750 nM an A1- sowie an A3-AR
(Jacobson und Gao, 2006). Verglichen mit der höheren Affinität für A2A (Ki-Wert ca.
1 nM) und A2B (Ki-Wert ca. 50 nM) war so eine ungewünschte Bindung an A1- und A3-
AR auszuschließen. Um mit [3H]ZM 241385 A2A ebenso wie A2B-AR identifizieren zu
können, wurde eine Konzentration des Radioliganden von 40 nM gewählt (Ji und
Jacobson, 1999; Jacobson und Gao, 2006). Um bei der Bindung von [3H]ZM 241385 an
A2A und A2B differenzieren zu können, wurde wie im Abschnitt III.2.4 beschrieben
vorgegangen.
2.2.2. NECA und CGS 21680 an A2B-AR
Obwohl die Entdeckung des zweiten A2-Subtyps bereits mehr als 30 Jahre zurück liegt
(Bruns, 1980), stellt der direkte pharmakologische Nachweis von A2B-AR nach wie vor
ein Problem dar. Im Gegensatz zu dem A2A-Subtypen, für den mehrere selektive
Liganden, wie beispielsweise das A2A-selektive SCH 58261, zur Verfügung stehen, sind
selektive Liganden für den A2B-AR noch immer sehr selten. Ein Grund hierfür wird
darin gesehen, dass Adenosin selbst eine nur sehr niedrige Affinität zu dem A2B-Subtyp
aufweist (Fredholm et al., 2001b).
NECA ist ebenso wie der endogene Ligand Adenosin ein unselektiver, aber metabolisch
stabiler Agonist. Obwohl es im Vergleich zu den anderen Subtypen mit der geringsten
Affinität an A2B-AR bindet, ist es immer noch einer der potentesten Agonisten an
A2B-AR. Für die Aktivierung des A1-, A2A- und A3-AR reichen deutlich geringere
Konzentrationen aus als für den A2B-AR (Klotz, 2000).
CGS 21680 ist ein 2-substituiertes NECA-Derivat mit vergleichbarer Affinität zu den
AR-Subtypen mit Ausnahme des A2B-AR, zu dem es nahezu keine Affinität besitzt
(Klotz et al., 1998). CGS 21680 wurde, basierend auf Versuchen an Ratten,
ursprünglich als A2A-selektiver Agonist eingeführt. An humanen AR-Subtypen hat sich
diese Selektivität jedoch nicht bestätigt, da CGS 21680 ebenfalls sehr affin
Diskussion
49
(Ki = 67 nM) an A3 bindet (Klotz, 2000). Der große Affinitätsunterschied zwischen
menschlichen A2A- und A2B-AR stellt in Kombination mit NECA eine gute Möglichkeit
dar, um zwischen diesen beiden Subtypen zu unterscheiden.
2.2.3. Bindungsexperimente zum Nachweis von A2A- und
A2B-Adenosinrezeptoren
Mit dem antagonistischen Radioliganden [3H]ZM 241385 gelang es, an vier der fünf
Melanomzellen A2B-AR nachzuweisen. Es konnten zwar nur geringe Mengen einer
A2B-vermittelten Bindung festgestellt werden, doch wurde zunächst qualitativ die
Expression von A2B-AR bestätigt, nachdem alle anderen Subtypen nicht nachgewiesen
werden konnten.
Als mögliche Ausnahme erschienen die Zellen MV3, bei denen geringe Mengen an
A2A-AR nicht ausgeschlossen werden konnten. Zu diesem Schluss führte die Tatsache,
dass nur an diesen Zellen CGS 21680 eine noch messbare Menge an [3H]ZM 241385
verdrängen konnte (siehe Abbildung [5]).
Um auch ohne hoch selektiven A2B-Liganden den Nachweis von A2B-AR zu
ermöglichen, wurde die Kombination der Liganden NECA und CGG 21680 nach dem
Prinzip des Ausschlussverfahrens eingesetzt. Diese Vorgehensweise wurde ursprünglich
für funktionelle Studien, wie der Stimulation der AC, angewendet. In den vorliegenden
Versuchen wurde in Bindungsexperimenten analog vorgegangen. Bei der Untersuchung
der MV3-Zellen ermöglichte es die Differenzierung zwischen einer A2A- und
A2B-Bindung.
Die auf den vier Zelllinien ermittelten Mengen an Rezeptorprotein sind sehr gering.
Dennoch können sie enorm wichtig für die Zellphysiologie sein. Eine niedrige
Expressionsdichte eines Rezeptors lässt keine Aussagen über dessen Bedeutung in der
Zelle zu. Die den AR nachgeschaltete Signaltransduktion wie beispielsweise der
„second messenger“ cAMP oder die Mitogen-aktivierten-Proteinkinasen (siehe
unter I.2.2) sind in der Lage ein extrazelluläres Signal um ein Vielfaches zu verstärken.
Am Beispiel der niedrig exprimierten β1-adrenergen Rezeptoren des Herzens (Brodde,
1993) lässt sich erkennen, wie wichtig auch nur wenige Rezeptoren für die Funktion
eines ganzen Organs und sogar Organismus sind. Die β1-Rezeptoren sind, wie die AR
Diskussion
50
an ein G-Protein gekoppelt. Dessen Aktivierung führt zu einer Zunahme der
Kontraktionskraft und der Schlagfrequenz des Herzens. Diese als positiv inotrope und
positiv chronotrope bezeichnete Wirkung wird mit Hilfe der sog. Betablocker
medikamentös gesteuert, die so helfen das Herz vor Überbelastung und
Sauerstoffunterversorgung zu schützen.
Die Vermutung, dass auf diesen humanen Melanomzellen explizit ein AR-Subtyp in
besonders starkem Ausmaß exprimiert sein könnte, ähnlich der Brustkrebszelllinie
MDA-MB-231 (Panjehpour et al., 2005), konnte durch Bindungsstudien nicht bekräftigt
werden.
2.2.4. Stimulation einer rezeptorgekoppelten Adenylylcyclase-Aktivität
Bei der Signaltransduktion ist für A2A- und A2B-AR bekannt, dass sie, unabhängig von
anderen Effekten, wie der Mobilisation von intrazellulärem Kalzium, über ihr
Gs-Protein in der Lage sind, einen rezeptorvermittelten cAMP-Anstieg zu bewirken
(Fredholm et al., 2001a). So konnte mit NECA in vier der fünf Zelllinien eine
Stimulation der AC in Form eines cAMP-Anstiegs beobachtet werden (siehe Abbildung
[6] und [7]).
Dies bestätigte die Expression von A2B-AR in den Zellen A375, Brown, MV3, sowie
SK-MEL23. Bekräftigt wurde diese Annahme von den für A375, Brown und MV3
ermittelten EC50-Werten, die im Bereich der von Klotz (2000) am A2B-AR
beschriebenen NECA-Werte von 2.400 nM liegen. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass
die zum Vergleich herangezogenen Werte Auswertungen von Versuchen an
„Modellzellen“ sind. Die dort verwendeten Zellen sind CHO- oder HEK-Zellen, die
über große Mengen von stabil transfizierten AR verfügen (Klotz et al., 1998; Ji und
Jacobson, 1999). Bei den hier untersuchten Zellen, die aus Tumoren gewonnenen
wurden, sind solche optimierten Bedingungen nicht vorhanden.
Dies ist besonders beim Vergleich der Basalaktivität und der maximal zu erreichenden
AC-Stimulation (siehe Abbildung [6]) zu erkennen. Die Basalaktivitäten der Zelllinien
sind sehr unterschiedlich, so dass deren Ausgangssituation für eine AC-Stimulation
entsprechend stark von einander abweichen. Weiter sind natürlich auch unterschiedlich
Diskussion
51
starke AC-Stimulationen zu messen. Je nach Basalaktivität ist ein günstigeres oder
ungünstigeres „Signal-Rausch-Verhältnis“ zu beobachten.
Bei den bereits erwähnten Untersuchungen von A2A-AR an PC12-Zellen zeigte sich,
dass der cAMP-Anstieg neben der Anzahl an AR auch sehr von der verfügbaren Menge
von G-Protein und der Aktivität der AC abhängig ist (Arslan et al., 1999). Ein niedriger
cAMP-Anstieg könnte daher auch mit einer konstitutiv hohen Aktivität der AC einer
Zelle zusammenhängen, die bei einsetzender Stimulation nicht oder nur unwesentlich
weiter zu steigern ist. Außerdem wäre es möglich, dass Rezeptor und Effektor
unterschiedlich effizient miteinander verknüpft sind.
Wie bereits erwähnt, spielt die Signaltransduktion mit den angekoppelten
Signalkaskaden eine enorm wichtige Rolle für die zu entstehende Wirkung. Viele
Schritte der Signaltransduktion haben die Aufgabe einer Signalverstärkung. Messungen
eines Effekts können daher nicht zwangsläufig Hinweise auf die Rezeptordichte liefern.
Nachdem die vorangegangenen Bindungsstudien an den A375-Zellen keine
nachweisbaren Mengen an A2B-AR ergaben, konnten die durchgeführten funktionellen
Untersuchungen in Übereinstimmung mit bereits erfolgten Studien gebracht werden. So
kamen Merighi et al. (2001) bei der funktionellen Überprüfung von A375-Zellen
ebenfalls zu dem Schluss, dass diese Zellen AC-gekoppelte A2B-AR exprimieren.
Im Gegensatz dazu stehen die Ergebnisse über eine Expression von A2A-AR. Der
Versuch, die AC mit CGS 21680 zu beeinflussen, um in erster Linie eine
A2A-vermittelte AC-Stimulation zu überprüfen, fiel an allen fünf Zellen negativ aus.
Die insgesamt negativen Ergebnisse mit CGS 21680 bestätigen das Fehlen von
funktionell gekoppelter A1- bzw. A3-AR auf den fünf Zelllinien (Daten nicht gezeigt).
Bei vorhandenen A1- oder A3-AR, die inhibierend mit der AC gekoppelt sind, wäre eine
Abnahme des cAMP-Signals zu erwarten gewesen.
Zu ähnlichen Erkenntnissen kamen Merighi et al. (2001) bei der Überprüfung der
A375-Zellen mit Hilfe von A1- und A3-Agonisten zum Nachweis von A1- bzw. A3-AR.
Merighi et al. (2001) überprüften A375 unter Verwendung von SCH 58261 zum
Blockieren eines störenden A2A-Signals, anstelle des hier verwendeten CGS 21680.
Auch dort konnte kein A1- oder A3-vermittelter Effekt auf die AC-Stimulation gefunden
werden, was zu der Vermutung führte, dass A375-Zellen über nicht ausreichend
Diskussion
52
effizient an die AC-gekoppelte A1- bzw. A3-AR verfügen oder eine Überlagerung der
Signaltransduktion durch andere stimulatorische AR stattfindet. So wäre es möglich,
dass bei einer Co-Expression von Gs- und Gi-Protein-gekoppelter Rezeptoren innerhalb
einer Zelle es zu einer Maskierung der Gi-vermittelten Inhibierung der AC kommt
(Merighi et al., 2001). Anlass hierfür gaben Untersuchungen in HEK-293-Zellen an
chimären A1- und A2-AR, die Gs- sowie Gi-Protein-gekoppelt waren (Tucker et al.,
2000).
2.2.5. Wirkung von selektiven Antagonisten auf die NECA-stimulierte
Adenylylcyclase-Aktivität
Diese abschließenden Versuche dienten vorrangig dazu, den Nachweis von A2B-AR zu
bekräftigen, und zu verdeutlichen, dass die AC-Stimulation durch A2B-AR vermittelt
wird. Gleichermaßen bestand die Möglichkeit die Zellen A375, Brown und MV3
nochmals auf Hinweise für eine Expression eines anderen AR-Subtyps zu kontrollieren.
Eine durch 5 µM NECA erzeugte AC-Stimulation bestätigte zunächst die zuvor
ausgeführten Ergebnisse (siehe unter IV.2.2.4) an diesen drei Zellen durch einen
deutlichen cAMP-Anstieg. Durch Zugabe der selektiven Antagonisten DPCPX,
SCH 58261 und MRE 3008-F20 in vier ansteigenden Konzentrationen (100 nM, 1 µM,
10 µM, 100 µM) kam es wie beabsichtigt zu einem Abfall des cAMP-Spiegels. Die
Hemmung, trat hierbei in dem Konzentrationsbereich der Antagonisten ein, in dem es
für A2B-AR zu erwarten ist. Diese Beobachtung bestätigte den Nachweis und die
funktionelle Kopplung an die AC der A2B-AR.
Ebenso schloss sie weiter die Expression bzw. die Beteiligung eines anderen
AR-Subtypen an der AC-Stimulation in diesen Zellen aus. Im Fall von anderen
AR-Subtypen, wäre dies durch eine deutlich Hemmung des NECA-Signals bei einer
niedrigeren Konzentration des Antagonisten zu erkennen gewesen. So hätten die
ausgewählten Antagonisten DPCPX mit einem Ki-Wert von 3 nM am A1- , SCH 58261
mit 5 nM am A2A- und MRE 3008-F20 mit 0,8 nM am A3-AR bei viel niedrigeren
Konzentrationen zu einer Hemmung führen müssen (Fredholm et al., 2011).
Wie bereits erwähnt, ist es dennoch möglich, dass andere AR-Subtypen vorhanden sind,
sie aber unterhalb einer nachweisbaren Menge liegen oder nicht ausreichend effizient
mit der AC in Kontakt stehen und es zu keinem messbaren Signal kommt.
Diskussion
53
Bei der Verwendung von SCH 58261 kam es im Vergleich zu den beiden anderen
eingesetzten Antagonisten zu wesentlich größeren Streuungen der Messwerte. Dies
könnte an der schlechten Löslichkeit dieser sehr lipophilen Substanzen liegen.
Bei den Versuchen mit SCH 58261 könnte es mit steigender Konzentration der
Substanz zur Ausfällung gekommen sein und so eine verminderte und nicht klar
definierte Konzentration vorgelegen haben. Dies würde erklären, warum ab einer
Konzentration von 1 µM SCH 58261 keine weitere Hemmung erreicht werden konnte
und die Werte stark streuten.
3. Adenosinrezeptoren und deren Einfluss in Tumoren
3.1. A1- und A3-Adenosinrezeptoren in Tumorgeweben
Die Beobachtung, dass der A3-AR bei der Regulierung des Zellzyklus beteiligt ist,
führte zu großem Interesse an der Erforschung seiner Rolle im Tumorgeschehen.
Verantwortlich hierfür war der Umstand, dass Muskelgewebe, obwohl es einen großen
Anteil an der gesamten Körpermasse des Menschen ausmacht, relativ selten von
Metastasen befallen wird. Man fand heraus, dass Muskelzellen Adenosin ausschütten
und über den A3-Rezeptor Tumorzellen am Wachstum und der Metastasierung in das
Muskelgewebe gehindert werden (Fishman et al., 2002).
Untersuchungen an Melanomzellen von Mäusen zeigten ebenfalls, dass durch eine
Aktivierung des A3-AR das Wachstum der Tumorzellen direkt gehemmt werden kann
(Madi et al., 2003).
Diese und viele weitere Studien haben den A3-AR zu einem vielversprechenden Ziel in
der Anti-Tumorforschung gemacht. Vielleicht auch aufgrund der Tatsache, dass der
A3-AR abhängig von der Stärke der jeweiligen Rezeptoraktivierung tumorhemmende
sowie tumorfördernde Effekte vermitteln kann, befinden sich eine Vielzahl an
Ansatzpunkten des A3-AR in der Erforschung (siehe Gessi et al. (2011a)).
Trotz intensiver Forschung ist die Position des A1-AR in Bezug auf einen pro- oder
antitumoralen Effekt nicht geklärt. Der A1-AR wurde beispielsweise in großer Anzahl
in Brustkrebsgewebe (Typ MDA-MB-468) gefunden, dessen Hemmung ein
Diskussion
54
vermindertes Wachstum und eine reduzierte Vermehrung der Krebszellen ergab (Mirza
et al., 2005). Im Gegensatz dazu konnten für A1-AR auf Gliazellen des Gehirns eine
tumorhemmende und präventive Wirkung auf die Entstehung von Glioblastomen
nachgewiesen werden (Fishman et al., 2009). Ähnlich antitumorale Wirkung konnte in
weiteren Brustkrebsgeweben (Typ T47D, HS578T und MCF-7) und leukämisch
veränderten Zellen (Typ MOLT-4) für den A1-AR beobachtet werden (Gessi et al.,
2011a). Um Klarheit in diese widersprüchlichen Ergebnisse zu bringen, sind besonders
für den A1-AR weitere Studien notwendig.
3.2. A2A-Adenosinrezeptoren in Tumorgeweben
Aufgrund der weitreichende Funktionen, wie die Beeinflussung der Immunantwort oder
Unterstützung der Angiogenese, ist dem A2A- ähnlich wie dem A3-AR ein Einfluss auf
die Entstehung und Verbreitung tumoröser Strukturen nicht mehr abzusprechen.
Ein außer Kontrolle geratenes Zellwachstum führt zu einer Unterversorgung mit
Sauerstoff und anderen Nährstoffen. Ischämische sowie hypoxische Zustände haben den
Untergang von Zellen und die Freisetzung erhöhter Adenosinkonzentrationen zur Folge
und werden als Hauptquelle für extrazelluläres Adenosin in Tumorgeweben angesehen
(Spychala, 2000). Das in Tumoren vorherrschende hypoxische Milieu ist bekannt dafür,
über einen hohen Gehalt an extrazellulärem Adenosin zu verfügen, was eine
immunsupprimierende Wirkung verursachen kann (Blay et al., 1997). Zellen vor
ischämischen Schäden zu schützen und supprimierend auf die Immunantwort einwirken
zu können, ermöglichen einer A2A-Aktivierung, physiologisch gesunde Zellen ebenso
wie pathologische Tumorzellen vor einer Unterversorgung oder „Entsorgung“ durch die
Immunabwehr zu bewahren.
Tatsächlich wurden in Tumorgeweben nachgewiesen, dass es durch Adenosin zu einer
A2A-vermittelten Inhibition der vorhandenen T-Lymphozyten kommt und so die
malignen Zellen vor der körpereigenen Immunabwehr schützt (Ohta et al., 2006).
Weiter wurde entdeckt, dass der A2A-AR eine inhibierende Wirkung auf die
zytotoxische Aktivität von NK-Zellen und deren Produktion an essentiellen
immunologischen Zytokinen verursachen kann (Hoskin et al., 2008). Durch die
Behandlung von T-Lymphozyten mit antagonistischen Liganden, wie u.a. Coffein,
Diskussion
55
konnte das Tumorwachstum gemindert, eine Metastasierung verhindert und die
Ausbildung neuer Blutgefäße aufgehalten werden (Ohta et al., 2006).
Mittlerweile ist nachgewiesen, dass unspezifische wie auch spezifische Lymphozyten
Ziele der sog. „tumor-immune-escape“-Mechanismen sind. Diese Mechanismen
umfassen sämtliche Strategien und neu erworbenen Fähigkeiten der Tumorzelle, um
sich gegen die körpereigene Immunabwehr behaupten zu können (siehe Igney und
Krammer (2002)).
Auch spezifische, gegen Melanome gerichtete CD8+ und CD4+ T-Helferzellen wurden
durch Adenosin und seinem Analogon 2-Chloradenosin über den A2A-AR in ihrer
Aktivität und der Produktion wichtiger Zytokine, wie etwa dem IFN-γ, IL-2 und TNF-α,
gehemmt. Mit Hilfe von CGS 21680 und ZM 241385 stellte sich heraus, dass die
Suppression über einen cAMP-Anstieg und eine Aktivierung der PKA gesteuert wurde
(Raskovalova et al., 2007).
Neben diesen indirekten Mechanismen in Form der Immunmodulation sind auch direkte
Einflüsse des A2A-AR auf Tumorzellen und deren Überleben bekannt. So setzten die für
Wachstum notwendige Ernährung sowie die für die Malignität erforderliche
Metastasierung einen ausreichenden Zugang der Tumorzellen zu Blutgefäßen voraus.
Neben der beschriebenen Förderung der Wundheilung ist der A2A-AR ebenso an der
Proliferation von Endothelzellen und der Synthese des wichtigen Signalmoleküls VEGF
für die Gefäßneubildung beteiligt (Leibovich et al., 2002; Montesinos et al., 2002).
Im Gegensatz dazu scheinen A2A-AR auf Melanomzellen auch zu
wachstumshemmenden Signalen in der Lage zu sein. So wird vermutet, dass eine
potentielle Signaltransduktion des A2A über eine PKA-unabhängige Signalkaskade, wie
über ERK-1/2, zum Zelltod führen könnte (Merighi et al., 2002).
3.3. A2B-Adenosinrezeptoren in Tumorgeweben
Durch die weitreichende Expression von A2B-AR, insbesondere auf Zellen des Binde-
und Stützgewebes sowie der Gefäße (siehe unter I.2.3.3), verwunderte es nicht, dass
ihm nach seiner Entdeckung durch Bruns (1980) auch die Verbreitung in tumorösen
Strukturen nachgewiesen wurde. Die Tatsache, dass der A2B-AR erst bei hohen,
pathologischen Adenosinkonzentrationen aktiviert wird, bekräftigt den Verdacht, dass
Diskussion
56
er Tumorzellen in ihrer stoffwechselreichen Umgebung und angespannten
Versorgungslage mit Nährstoffen in Form einer „Strukturhilfe“ unterstützen könnte.
Weiter liegt nahe, dass der A2B-AR überwiegend eine pathophysiologische Rolle spielt,
da er aufgrund seiner niedrigen Adenosinaffinität unter physiologischen Bedingungen
kaum in Funktion tritt. Ausschließlich im Zustand der Hypoxie oder Ischämie werden
die für eine A2B-AR-Aktivierung notwendigen hohen Adenosinkonzentrationen erreicht
(Fredholm et al., 2001b).
In humanen Kolonkarzinomzellen HT29 sowie in den Glioblastomzellen U87MG
wurde bei einer A2B-Aktivierung eine vermehrte Ausschüttung des Chemokins IL-8
nachgewiesen (Merighi et al., 2007; Gessi et al., 2011a). Dieses chemotaktische Zytokin
ist neben dem VEGF einer der wichtigsten Angiogenesefaktoren und trägt zur
Rekrutierung von Leuko- und Granulozyten in entzündliches Gewebe bei. Eine
Blockade dieser A2B-vermittelten Effekte könnten zu einer Unterversorgung der
Krebszellen führen und dadurch ihr Wachstum limitieren (Gessi et al., 2011a).
Im Zusammenhang mit Tumorzellen erweist sich das bereits erwähnte ERK-1/2-Signal
der MAP-Kinase-Signalwege als äußerst interessant. Neben dem A2A- scheint auch der
A2B-AR antiproliferativ bzw. proapoptotisch auf Tumorzellen einzuwirken. So konnte,
wie einleitend beschrieben, nicht nur eine große Anzahl an A2B-AR auf den
Brustkrebszellen MDA-MB-231 gefunden werden, sondern auch eine A2B-abhängige
Inhibierung des ERK-1/2-Signalwegs nachgewiesen werden. NECA konnte über den
A2B-AR eine vorübergehende Inhibition der ERK-1/2-Phosphorylierung verursachen
(Panjehpour et al., 2005; Bieber et al., 2008).
Der für die Proliferation von Zellen wichtige ERK-Signalweg findet in ungefähr einem
Drittel aller Tumorzellen in irregulärer Art und Weise statt. Als Ursache für eine
tumorassoziierte ERK-Aktivierung werden Mutationen der Ras- und Raf-Proteine im
ERK-Signalweg angesehen. Die Mutationen bewirken eine permanente Aktivierung des
Signalwegs und führen zu einem ununterbrochenem Wachstumssignal in der Zelle
(Dhillon et al., 2007).
Dem A2B-AR konnte bisher keine eindeutige Rolle in der Tumorgenese oder
Tumormetastasierung zugeordnet werden. Ähnlich der anderen AR-Subtypen sind ihm
Diskussion
57
sowohl tumorfördernde als auch tumorhemmende Einflüsse in der Zellphysiologie
bzw. -pathophysiologie nachzuweisen (siehe Gessi et al. (2011a).
Weitere Untersuchungen des A2B-AR in Tumorzellen sind notwendig, um der Klärung
der durch ihn vermittelten Effekte näher zu kommen. Insbesondere sollten verstärkt die
cAMP-unabhängigen Signalwege, wie bspw. MAPK, untersucht werden.
4. Adenosinrezeptoren als Ansatzpunkt in der Therapie von
Hauttumoren
Bisher fällt bei der Frage nach einer definitiven und erfolgversprechenden Maßnahme in
der Therapie von Melanomen und Hauttumoren die Wahl auf die chirurgische Exzision
(Markovic et al., 2007b). In Fällen, in denen mittels reiner chirurgischer Entfernung
keine kurative Therapie möglich oder das Risiko erneuter Tumore sehr hoch ist, werden
adjuvante Therapien hinzugezogen. Patienten mit einem onkologischem Stadium von
>II haben dann mit den oftmals sehr starken Nebenwirkungen und der damit
verbundenen Abnahme von Lebensqualität zu kämpfen. Die Signalmechanismen der
AR, die bei der Therapie von Hauttumoren dienen könnten, wirken einerseits direkt auf
die zelluläre Signalübertragung oder regulieren andererseits indirekt mit Hilfe von
Immunzellen das Wachstum von Krebszellen. Im Fall von inoperablen Tumoren wäre
der direkteste Therapieansatz, die Krebszelle an einer Reproduktion und einer
Verschleppung in andere Körperareale zu hindern, und im besten Fall keine gesunden
Zellen in Mitleidenschaft zu ziehen.
Bei der Forschung um Adenosin und der Krebsbekämpfung scheint sich der A3-AR als
hoffnungsvollster Ansatzpunkt zu etablieren. In Melanomzellen von Mäusen konnte mit
einer A3-Aktivierung ein direkter antiproliferativer Effekt nachgewiesen werden, indem
eine Änderung des Wnt-Signalwegs erzielt und die Vermehrung durch Arretierung des
Zellzyklus in der G0/G1-Phase gestoppt werden konnte (Fishman et al., 2002). Weiter
konnte Adenosin über den A3-AR eine verstärkte Expression der Proteine HIF-1α und
dem bereits in Verbindung mit dem A2A- und A2B-AR genannten VEGF nachgewiesen
werden (Merighi et al., 2006). Das Protein HIF-1α ist ein Wachstumsfaktor, der unter
hypoxischen Bedingungen ausgeschüttet wird, um eine dem Bedarf angepasste
Sauerstoffsättigung zu gewährleisten. In Verbindung mit der Induzierung von VEGF
Diskussion
58
scheint es einen entscheidenden Beitrag zur Angiogenese und folglich zur
Tumorausdehnung und Metastasierung beizutragen. Studien, in denen A3- sowie
A2B-AR in Melanomzellen pharmakologisch blockiert wurden, um eine Ausschüttung
von VEGF und IL-8 zu minimieren, zeigten, dass eine Modulation von AR sehr
hilfreich bei der Verbesserung von Chemotherapeutika in der Krebstherapie sein könnte
(Merighi et al., 2009).
Auch der A2A-AR ist ein vielversprechendes Ziel in der Entwicklung neuer
Therapieansätze. Angesichts der beschriebenen Adenosin-vermittelten Resistenz in anti-
Melanom spezifischen T-Helferzellen (Raskovalova et al., 2007), wäre eine
pharmakologische Blockade des A2A-AR denkbar, die eine regelrechte Immunantwort
von T- und NK-Zellen gewährleistet, ausreichend Zytokine bereitstellt und die
Verbreitung der Tumorzellen durch eine eingeschränkte Neoangiogenese verhindert.
Für den A3- sowie den A2A-AR sind derzeit Adenosinderivate für die Behandlung von
hautassoziierten Erkrankungen, wie Ulzera oder der Psoriasis, in klinischen
Erprobungsphasen (siehe (Gessi et al., 2011b). Antagonisten des A2A- und A2B-AR
sowie Agonisten für den A3-AR müssen weiter als potentielle Werkzeuge für die
Behandlung von Hauttumoren erforscht werden, um sie möglicherweise in Zukunft in
Kombination mit der Standardbehandlung von Hauttumoren anwenden zu können.
Zusammenfassung
59
V. ZUSAMMENFASSUNG
Adenosin steuert seine physiologische Funktionen über die vier G-Protein gekoppelten
Adenosinrezeptoren A1, A2A, A2B und A3 und kann enormen Einfluss auf die
Zellphysiologie und das Immunsystem haben. Hohe Adenosinkonzentrationen in
Tumorgeweben haben das Interesse vieler Forschungsgruppen geweckt und den
Nachweis von AR und dessen tumorfördernde sowie -hemmende Wirkung auf diverse
Krebszellen nach sich gezogen. Melanome sind für 90% der letal ausgehenden
Hautkrebsformen verantwortlich, da bereits kleinste Formen metastasieren können und
vielmals eine rein chirurgische Therapie keine Heilung verspricht. Bei ungünstiger
Prognose schränken adjuvante und systemische Therapieergänzungen die
Lebensqualität erheblich ein. Auf der Suche nach gezielteren und schonenderen
Therapieansätzen gilt es, die Rolle des Adenosins im Tumorgeschehen weiter
aufzuklären, was den Nachweis und die Charakterisierung von AR und deren
rezeptorspezifisch-gekoppelte Effekte voraussetzt. Daher sollten in der hier
vorliegenden Arbeit die fünf humanen Melanomzelllinien A375, Brown, MV3,
SK-MEL23 und MEL2A auf die Expression von AR untersucht werden.
Zu Beginn wurden die Zellen mit Hilfe von Bindungsexperimenten unter Einsatz
radioaktiv markierter Liganden ([3H]HEMADO, [3H]CCPA, [3H]NECA und
[3H]ZM 241385) auf das Vorliegen der vier AR-Subtypen untersucht. A1- und A3-AR
wurden nach Bindungsstudien mit [3H]CCPA bzw. [3H]HEMADO ausgeschlossen und
nicht weiter untersucht. Durch Bindungsstudien mit [3H]ZM 241385 konnten in den
Zellen Brown, MV3, SK-MEL23 und MEL2A geringe Mengen von A2B-Rezeptoren
detektiert werden.
Es folgten funktionelle Untersuchungen zur Stimulation der AC mit den Liganden
NECA und CGS 21680 unter besonderem Blick auf die Differenzierung zwischen einer
A2A- oder A2B-vermittelten Stimulation. Ein NECA-vermittelter Anstieg des c[32P]AMP
im AC-Versuch bestätigte die Anwesenheit von A2B-Rezeptoren in den Zellen A375,
Brown, MV3 und SK-MEL23. Durch CGS 21680 kam es hingegen zu keiner AC-
Stimulation, was eine A2A-AR-Beteiligung ausschloss. Zur Bestätigung einer
A2B-gekoppelten AC-Aktivität wurde zum Abschluss der Versuche die Wirkung von
drei selektiven Antagonisten (DPCPX, SCH 58261 und MRE 3008-F20) auf ein
Zusammenfassung
60
NECA-induziertes cAMP-Signal überprüft. Mit den drei Antagonisten konnte an den
Zelllinien A375, Brown und MV3 die für A2B-AR zu erwartende Wirkung
nachgewiesen und damit die Expression von A2B-AR in diesen Zellen bestätigt werden.
Die gewonnenen Daten können als Ausgangspunkt weiterführender Untersuchungen
genutzt werden, um die Rolle von AR in Krebszellen besser zu verstehen. Sie könnten
als Grundlage für die Suche nach potenziellen Angriffspunkten für neue
Therapieansätze dienen und so einen Beitrag für Fortschritte in der Behandlung von
Tumoren leisten.
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VI. LITERATURVERZEICHNIS
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Abkürzungsverzeichnis
67
VII. ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
AC Adenylylcyclase ADA Adenosin-Desaminase AMP Adenosinmonophosphat AR / AxAR Adenosinrezeptor(en) ATP Adenosintriphosphat BSA Bovines Serum Albumin cAMP cyclisches Adenosinmonophosphat CCPA 2-Chloro-N6-cyclopentyladenosin CGS 21680 2-[p-(2-Caboxyethyl)phenylethylamino]-5’-N-ethylcarboxamido-
adenosinhydrochlorid CHO Chinesische Hamster Ovarzellen CMF-PBS Kalzium- und magnesiumfreie phosphatgepufferte Salzlösung /
Calcium + magnesium free phosphate buffered saline cpm Zähler pro Minute / Counts per minute CREB cAMP bindendes Protein / cAMP response element-binding protein DAG Diacylglycerin DMEM Dulbecco's Modified Eagle's Medium DMSO Dimethylsulfoxid DPBS Dulbecco's Phosphate Buffered Saline DPCPX 1,3-Dipropyl-8-cyclopentylxanthin EC50 mittlere effektive Konzentration EDTA Ethylendiamintetraacetat ERK-1/2 Extrazelluläre Signal-regulierende Kinase-1/2 / Extracellular signal-
regulated kinase-1/2 FCS Fetales Kälberserum Gi-Protein Inhibitorisches G-Protein GPCR G-Protein-gekoppelter Rezeptor Gs-Protein Stimulatorisches G-Protein HEK Humane Nierenzellen HEMADO 2-(1-hexynyl)-N-methyladenosin IC50 mittlere inhibitorische Konzentration IL-(x) Interleukin-(x), bspw. Interleukin-2 IFN-γ Interferon gamma IP3 Inositoltrisphosphat
Abkürzungsverzeichnis
68
KD/i Dissoziationskonstante für die Bindung einer Substanz / Inhibitors an einem Rezeptor oder Enzym
MAPK Mitogen-aktivierte Proteinkinasen / MAP-Kinasen MDA Humane Brustkrebszellen / MD Anderson-Zellen MRE 3008-F20 N5-4-methoxyphenyl-carbamoyl)amino-8-propyl-2(2furyl)-
pyrazolo[4,3e]1,2,4-triazolo[1,5-c]pyrimidin NADH Nikotinamidadenindinukleotid
NECA 5’-N-ethylcarboxamidoadenosin NF-κB Nuklear Faktor kappa B NK-Zellen Natürliche Killerzellen PBS Phosphatgepufferte Salzlösung / Phosphate buffered saline PDEI Phosphodiesterase-Inhibitor PIA N6-(2-phenyl-isopropyl)adenosin PIP2 Phospatidylinositolbisphosphat PKA Proteinkinase A PKC Proteinkinase C PLC Phospholipase C rpm Umdrehung pro Minute / Rounds per minute SCH 58261 7-(2-phenylethyl)-5-amino-2-(2-furyl)-pyrazolo-[4,3-e]-1,2,4-
triazolo[1,5-c]pyrimidin SEM Standardfehler des Mittelwerts / Standard error of the mean TB Totale Bindung TEA Triethanolamin TNF-α Tumornekrosefaktor-α TRIS 2-Amino-2-(hydroxymethyl)-propan-1,3-diol UB Unspezifische Bindung VEGF Endothelialer Wachstumsfaktor / Vascular endothelial growth
factor vmax Maximale Geschwindigkeit ZM 241385 4-(2-[7-amino-2-(2-furyl)[1,2,4]triazolo[2,3-a][1,3,5]triazin-5-
ylamino]ethyl)phenol ZNS Zentrales Nervensystem
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis
69
VIII. TABELLEN- UND ABBILDUNGSVERZEICHNIS
1. Tabellen
Tabelle [1]: Übersicht zum Vorkommen der AR-Subtypen und deren
Funktion 10
Tabelle [2]: Proteinbestimmung für Bindungsversuche 24
Tabelle [3]: Puffer und Liganden der Bindungsversuche 27
Tabelle [4]: Beobachtungen in der Zellkultur 32
Tabelle [5]: Spezifische A2A- und A2B-Bindungsstellen 36
Tabelle [6]: EC50-Werte der NECA-stimulierten AC-Aktivität 40
2. Abbildungen
Abbildung [1]: Die Familie der Purin-Rezeptoren 3
Abbildung [2]: Signalwege der vier Adenosinrezeptoren 5
Abbildung [3]: Mögliche Wirkungsmechanismen der AR auf Tumorzellen 16
Abbildung [4]: Schematische Darstellung eines Bindungs-Assay 26
Abbildung [5]: Bindung des Antagonisten [3H]ZM 241385 35
Abbildung [6]: Aktivität der Adenylylcyclase 38
Abbildung [7]: Stimulation der Adenylylcyclase 39
Abbildung [8]: Wirkung von Antagonisten auf die NECA-stimulierten
AC-Aktivität in A375-Zellen 41
Abbildung [9]: Wirkung von Antagonisten auf die NECA-stimulierten
AC-Aktivität in Brown-Zellen 42
Abbildung [10]: Wirkung von Antagonisten auf die NECA-stimulierte
AC-Aktivität in MV3-Zellen 43
DANKSAGUNG
Bedanken möchte ich mich bei meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Klotz für die
Überlassung des interessanten Themas und die Betreuung der Arbeit.
Für die Einführung in verschiedene Methoden sowie für die Unterstützung bei den
experimentellen Versuchen während meiner Zeit im Labor möchte ich mich bei
Sonja Kachler recht herzlich bedanken.
Herrn Prof. Dr. Schulze danke ich für das Interesse an meiner Arbeit und die freundliche
Übernahme des Koreferates.
Mein Dank gilt ebenso ganz herzlich meinen Eltern. Besonders dafür, dass sie mich
fortwährend in meiner Motivation bestärkt haben und ich mich stets auf ihre Hilfe
verlassen kann. Außerdem möchte ich mich bei meinen guten Freunden für ihr immer
offenes Ohr bedanken.