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13erichte fiber die Sitzungen polnischer gxz~clicher Vereine. 5] Aus den Sitzungen polnischer iirztlicher Vereine der Jahre 1914--1915. Warschauer iirztlicher Verein. Bericht erstattet von Dr. R. Spira, Krakau. Erbrich stelltR6ntgenogramme des Brustkastens nach Fremdk6rper n vor, die er 4Kranken aus den Luftwegen entfernt hat. I. Einen mit I-tilfe der oberon Bronchcskopie aus dem unteren Toil des rechten I-tauptbronchus entfernten kteinen K~ochen bei einem z3j~ihrigen Niidchen, 4 Nonate nach dem Unfall. z. Einen mit Hilfe der Tracheotomie und der unteren Broncho- skopie aus dem rechten Hauptbronchus entfernten kleinen Knochen bei einem 5j~ihrigen Kinde, am 6. Tage nach dem Unfall. 3. Einen 6 cm im Umfange haltenden, mit Hilfe der oberon Broncho- skopie, I4 Monate nach dem Unfall entfernten Knochen. 4. Eine mit Hilfe der Tracheotomie und unteren Bronchoskopie aus dem Bronchus eines 5j~ihrigen Kranken, 5 Monate nach dem Unfall extrahierte Revolverkugel. Srebriy h~ilt einen Vortrag unter dem Titel: Ubef peri6so- phageale Phlegmonen infolge von 0sophagusverletzungen. Vortragender fiibrt 4 F~ille yon schweren Komplikationen infolge yon Fremdk6rpern im 0sophagus an, yon denen 3 letal endeten. In allen F~illen waren die Ursache der Komplikationen Manipulationen, welche blindlings mit Instrumenten im Osophagus vorgenommen wokden waren; in 3 F~illen fand man peri6sophageale PMegrnor~e. Diese Kom- plikation entsteht infolge Durchbohrung des 0sophagu's, infolge des Ul~ergre!fens eines entziindlichen Prozesses yon dem 0sophagus auf das periSsophageale Gewebe, infolge Eindringens eines Fremdk6rpers in das peri6sophageale Gewebe, edcr auch i~folge der Infektion einer 0sophaguswunde durch die Einfiihrul~g einer nicht sterilisierten Sonde. Von dem peri6sophagealen Gewebe ka~m die Entzih~dung auf den Kehlkopf, die Luftr6hre, die Lungen, die Pleura,, das Endokardium, ~ediastinum iiergehen und sogar eine letale Blutung infolge Arosion der Aortenw~tnde verursachen. Die Entstehung einer Phlegmone kann nur verhiitet werden durch Verwerfur_g aller sog. blinden Methoden (Sonde, Korb, Haken). Als einzig rationelle Nethode erachtet S. win- zipiell die 0sophagoskopie und 0sophagotornie. (Nach seiner Statistik 5.4% Mortalit/it.) Die Behandlung einer Phlegmone beruht auI ihrer weiten Er6ffnu~g, tier Drainieru~g des Mediasti~ums und in der Tren- de lenburgschen Lagerung des Patienten. Bei Affektion der tieferen Teile des Mediastinurns ist die Er6ffnnng des hinteren NedJastinum angezeigt, was jedoch his jetzt ~r~rcer zum letalen Ende fiihrte. Der l/Ybergang der Entztindung auf die benachbarten Organe erfordert entsprechende Behandlung derselben. Blutung aus den arrodierten IV *

Aus den Sitzungen polnischer ärztlicher Vereine der Jahre 1914–1915. Warschauer ärztlicher Verein. Bericht erstattet von Dr. R. Spira, Krakau

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Page 1: Aus den Sitzungen polnischer ärztlicher Vereine der Jahre 1914–1915. Warschauer ärztlicher Verein. Bericht erstattet von Dr. R. Spira, Krakau

13erichte fiber die Sitzungen polnischer gxz~clicher Vereine. 5 ]

Aus den Sitzungen polnischer iirztlicher Vereine der Jahre 1914--1915.

Warschauer iirztlicher Verein.

Bericht erstattet von Dr. R. Spira, Krakau. E r b r i c h stellt R6ntgenogramme des Brustkastens nach

Fremdk6rper n vor, die er 4Kranken aus den Luftwegen entfernt hat. I. Einen mit I-tilfe der oberon Bronchcskopie aus dem unteren

Toil des rechten I-tauptbronchus entfernten kteinen K~ochen bei einem z3j~ihrigen Niidchen, 4 Nonate nach dem Unfall.

z. Einen mit Hilfe der Tracheotomie und der unteren Broncho- skopie aus dem rechten Hauptbronchus entfernten kleinen Knochen bei einem 5j~ihrigen Kinde, am 6. Tage nach dem Unfall.

3. Einen 6 cm im Umfange haltenden, mit Hilfe der oberon Broncho- skopie, I4 Monate nach dem Unfall entfernten Knochen.

4. Eine mit Hilfe der Tracheotomie und unteren Bronchoskopie aus dem Bronchus eines 5j~ihrigen Kranken, 5 Monate nach dem Unfall extrahierte Revolverkugel.

S r e b r i y h~ilt einen Vortrag unter dem Titel: Ubef p e r i 6 s o - phagea le P h l e g m o n e n infolge von 0 s o p h a g u s v e r l e t z u n g e n .

Vortragender fiibrt 4 F~ille yon schweren Komplikationen infolge yon Fremdk6rpern im 0sophagus an, yon denen 3 letal endeten. In allen F~illen waren die Ursache der Komplikationen Manipulationen, welche blindlings mit Instrumenten im Osophagus vorgenommen wokden waren; in 3 F~illen fand man peri6sophageale PMegrnor~e. Diese Kom- plikation entsteht infolge Durchbohrung des 0sophagu's, infolge des Ul~ergre!fens eines entziindlichen Prozesses yon dem 0sophagus auf das periSsophageale Gewebe, infolge Eindringens eines Fremdk6rpers in das peri6sophageale Gewebe, edcr auch i~folge der Infektion einer 0sophaguswunde durch die Einfiihrul~g einer nicht sterilisierten Sonde. Von dem peri6sophagealen Gewebe ka~m die Entzih~dung auf den Kehlkopf, die Luftr6hre, die Lungen, die Pleura,, das Endokardium, ~ediastinum iiergehen und sogar eine letale Blutung infolge Arosion der Aortenw~tnde verursachen. Die Entstehung einer Phlegmone kann nur verhiitet werden durch Verwerfur_g aller sog. blinden Methoden (Sonde, Korb, Haken). Als einzig rationelle Nethode erachtet S. win- zipiell die 0sophagoskopie und 0sophagotornie. (Nach seiner Statistik 5.4% Mortalit/it.) Die Behandlung einer Phlegmone beruht auI ihrer weiten Er6ffnu~g, tier Drainieru~g des Mediasti~ums und in der Tren- de l enburgschen Lagerung des Patienten. Bei Affektion der tieferen Teile des Mediastinurns ist die Er6ffnnng des hinteren NedJastinum angezeigt, was jedoch his jetzt ~r~rcer zum letalen Ende fiihrte. Der l/Ybergang der Entztindung auf die benachbarten Organe erfordert entsprechende Behandlung derselben. Blutung aus den arrodierten

IV *

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5 2 Berichte fiber die Sitzungen polnischer 5.rz~clicher Vereine.

Halsarterien sol1 dur.ch Tamponierung der Wnnde, dutch Kompression oder dutch Unterbindung des blutenden Gef~iges gestillt werden.

G a n t z triigt vor" Uber die E n t f e r n u n g von F r e m d k 6 r p e r n aus dem 0 s o p h a g u s .

Fremdk6rper im Osophagus lagern sich fast ausschlieBlich an der sog. Speisenr6hrenmiindung. Bei der Untersuchung solcher Kranken soil man eine genaue Anamnese aufnehmen, welche die Orientferung erleichtert und eventuell Schliisse auf eine falsclae Angabe (wie bei Ilysterischen) gestattet. Weiterhin wird die Bedeutung der Inspektion nnd der Palpation des Ilalses (auf Symptome der Gewebsentziindung, Phlegmone, Emphysen), der Untersuchung des Pulses, der Temperatur und der R6ntgendurchleuchtung hervorgehoben. G. verdammt die sog. ,,blinden" "Extraktionsmethoden und erachtet als einzig richtige Methode die 0sophagoskopie ohne Mandrin, resp. den 0sophagus- schnitt, welcher rechtzeitig ausgefiihrt bessere Resnltate geben wird als gegenw~irtig. Solche Fremdk6rper sollen m6glichst schriell entfernt werden, da ihre Anwesenheit im 0sophagus mit unberechenbaren Folgen droht.

' R u b i n o t demonstriert das R6ntgenogram eines Patienten mit A o r t e n a n e n r y s m a , welcher ausschlieglich nut fiber Beschwerden beim Schlingen klagte und macht auf die Gefahr aufmerksam,~"die solchen Patienten droht, wenn sie ohne voransgegangene Durchleueh- tung sondiert werden.

Diskuss ion :

J a n o w s k i meint, dab die Schlingbeschwerden auch yon ent- ziindlichen Prozessen in der Wirbels~iule abh~ingen k6nnen und be- hauptet, dab in F~illen yon Aneurysma die Patienten oft feste Speisen frei schlingen k6nnen und nur bei iliissigen wiirgen.

Skabowsk i erkl~irt diese .Etscheinung damit, dab die peristal- tischen Wellen des Osophagus oft Fliissigkeiten nach oben schleudern, feste Speisen hingegen nach unten stot3en.

G r u n d z a c h hat dieses Symptom bei Neurose des Osophagus beobachtet.

R e i c h m a n hat dieses Symptom gleichfalls und nicht nur bei Aneurysmen beobachtet. Was die Sondierung betrifit, ist dieselbe bei Aneurysmen allzusehr zu ffirchten.

J a n o w s k i spricht yon eineln Fall mit Aneurysmen, bei dem w~hrend der Sondiernng eine letale Blutung eingetreten ist.

G r u d z i n s k i t r X g t vor" 13ber die genaue L o k a l i s a t i o n yon F r e m d k 6 r p e r n mi t Hilfe der R 6 n t g e n s t r a h l e n .

Die gew6hnlichen R6ntgenaufnahmen, welche FremdkSrper nach- weisen, geben keine genaue Vorstellung fiber die Lage des Fremd-

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Berichte fiber die Sitzungen polnischer 5.rztlicher Vereine. ~ 3

k6rpers infolge der sog. zentralen Projektion der R6ntgenschatten und keinen Begriff fiber die Tide, in welcher der Fremdk6rper sich befindet. Die Radiographie ist, wenn auch eine umst/indliche und kostbare, doch die einzige Methode, welche in allen Fallen genaue und unfehlbare Resultate ergibt. Die Untersuchung findet in folgender Weise start: I. vorerst wird eine Orientierungsaufnahme vorgenornmen zur ann~iherungsweisen Bestimmung der Lage des Fremdk6rpers; 2. es wird die fiir die Untersuchung und fiir eine eventuelle kiinftige Operation geeignetste Lage des "~Patienten gew~ihlt; 3. in dieser I.age wird die sog. Lokalisierungsaufnahme vorgenommen, welche darauf beruht, dab yon 2 Stellungen der r6ntgenischen Lichtquelle aus zwei Aufnahmen auf einer Klische verfertigt werden, wobei sowohl am K6rper des Pa~ienten als auch an der Klische der Punkt bestirnrnt wird, au~ welchen der zentrale Strahl f~llt; 4. es werden die zur genauen Lokali- sation notwendigen Berechnungen. an der Klische ausgefiihrt; 5. die Daten yon der Klische auf den K6rper des Xranken iibertragen. Zur Erleichterung der Berechnungen verwendet F i i r s t e n a u den von ibm erfundenen Zirkel, Gr. bed ien t sich zu diesem Zwecke einer eigenen graphischen Methode. Von den einzelnen Stellen des K6rpers, in denen Fremdk6rper lokalisiert werden, verdienen die Orbita und der Aug- apfel eine besondere Aufmerksamkeit. Bis jetzt waren zwei genaue Methoden zur Lokalisierung yon Frerndk6rpern in der Orbita bekannt. Die yon Swee t und yon G r o s s m a n n . Gr. bearbeitete, vo111 Stand- punkte der G r o s s m a n n s c h e n Methode ausgehend, eine graphische Methode zur Lokalisiernng yon Fremdk6rpern im Augapfel so genau, wie dies bis jetzt noch nie der Fall war. Die Methode beruht anf einer genauen Unters~chung der Richtungslinie, in welcher die Fremdk6rper w~ihrend der Bewegung des Angapfels in verschiedenen Richtungen und unter einem bestimmten Winkel verschob~n werden.

D i s k u s s i o n :

S k a r b o w s k i betont, dab die Methode yon F i i r s t e n a u sich nur fiir flache und runde K6rper eJgnet, hingegen ist am besten die Radioskopie, insofern als man bei genauer Zentralisierung der Lampe 4 Projektionen erh/ilt. Offenbar hetrifft dies F~ille, in weichen der Fremdk6rper yon alien Seiten betrachtet werden kann.

H e w e l k e fragt, wie die Tatsache zu erkl/iren ist, dab die Radio- skopie die Anwesenheit eines Fremdk6rper~ nachweist, der bei der Sektion nicht geiunden wird.

G r u d z i n s k i erwiedert, es ging ihm nicht um den Vorzug der Radiographie fiber die Radioskopie oder umgekehrt. Sein Zweck war, den Unterschied zwischen einer gew6hnliehen Orientierungsklisebe und der eigentlichen radiographischen I2okalisation nachzuweisen.

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Wenn sich manchmal bet der Sektion ein Fremdk6rper nicht an der vonder Radioskopie nachgewiesenen Steile findet, so ist damit dureh- aus nicht die MSglichkeit ausgeschlossen, dab er in irgend ether anderen K6rpergegend vorhanden ist.

F l a t a u : Uber die D u r c h s p i i l u n g s m e t h o d e der sub- m e n i n g e a l e n R i i m e des Z e n t r a l n e r v e n s y s t e m s .

F. hat seine Experimente fast. ausschlieBlich an Hunden ausge- fiihrt. In der ersten Untersuclmngsserie hat er nach vorausgeschicktdr Laminektomie und Sch/deltrepanation eine gefgrbte Fliissigkeit in den Meningealsack eingespritzt. Nach 2-- 3 Sekunden w61bte sick das Gehirn in die TrepanationsSffnung vor und erst naeh 15--25 Minuten erhielt man eine Fgrbung der aus der TrepanationsSffnung sick ent- leerenden Fliissigkeit. Die Obduktion ergab eine Firbung des ganzen Riickenraarkes, tier Gehirnbasis, de* Fossa Sylvii, yon Teilen des Stirn- lappens und der unteren zerebellaren Oberfl~che; hingegen blieben simtliche Kamraern ungefirbt, wihrend die zerebralen Hemisphiren eine schWache F~irbung aufwiesen. In einer zweiten Serie wurde neben der Laminektomie die Basis des Gehirns in der Gegend der Briicke blol3gelegt. Rack 2--3 Sd~unden war eine F{irbung der Oberfliche der Briieke sichtbar, also in derselben Zeit, in welcher die Vorw61bung des Gehirns aufzutreten pilegte. In einer 3. Serie wurde neben der Schideltrepanation der Wirbelsiulenkanal in verschiedener HShe er- 5ffnet und die gefirbte Fliissigkeit durch die Trepanations6ffnung in eine Seitenkammer dngespritzt. Die Gehirnoberfliche firbte sich fast soiort, w~ihrend das Riickenmark sich in dcr HalsSffnu~g erst nach Io Minuten f/rbte. Die Obduktion ergab Firbung s~imtlieher Hirnkammern, der gnBeren Oberfl~chen urtd.der Basis des Geh.irns, der Kleinhirnoberflgehe und des Zentralkanais des Riickenmarks im Hals- und im oberen Riickenteil; hingegen War das Riickenmark nur in den oberen Halsabschnitten gefgrbt. Diese Experimente beweisen dab man auf dem Wege des Lendenstiches Durchspiilungen der snb- meningealen Riume des Zentralnervensystems vornehmen kann, ohne zu komp']izierten und eingreifennen chirurgischen Eingriffen seine Zu- lucht zu nehmen. Diese Methode kann die Meth.ede der ,,lumbalen Durchspfitung" genannt werden.

Nach Ausfiihrung seiner Experimente sehritt F. zur Anwendnng dieser Methode bet epidemischer Meningitis. Nach ausfiihrlicher Be- sprechung des verschiedenen 'Verlaufes dieser Krankheit fordert er zur stindigen Kontrollierung der Zerebrospinalfliissigkeit in zyto- logischer und bakteriologischer Beziehu>g auf, da Besserungen oft tiuschend sein kSnnen. Die Behandlung, wie sie F. gegenw/rtig an- wendet, beruht auf iolgenden Eingriffen: I, tigliche oder fast t~igliche Lumbalpunktion, wobei eine Besserung erst dann als danerhaft be-

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Berichte fiber die Sitzuagen polnischer /irztlicher Vereine. 5 5

trachtet wird, wenn die Fliissigkeit wenigstens dutch eine Woche durch- sichtig geblieben ist und die zytologische Formel deutlich lyfiaphozyt6s wird (die Zahl der Lymphozyten unter IOO); 2. die Fliissigkeit soil oft zyto- und bakteriologisch untersucht und wenn Meningokokken oder Pneumokokken sich finden, Serum angewendet werden; 3. wenn eine deutliche eitrige Fliissigkeit gefunden wird, soll die ,,Lendendurch- spiilung" angewendet werden. (Genaue Besehreibung dieses Eingriffes bei einem Kinde.) Aul3erdem werden oft subkutane Infusionen (bei Kollaps) ausgefiihrt.

F. hat oft bemerkt, dab nach der Anwendung yon Serum keine Zerebrospinalfliissigkeit abflieBt. Sobald die Temperatur nicht sinkt, soll die Injektion des zur H~ilfte mit physiologischer Salzl6sung ge- mischten Serums erneuert und sehr langsam ausgefiihrt werden. Dureh Beobachtung dieser therapeutischen Indikationen kann die 1Kortalit~it der Nackenstarre ad m i n i m u m herabgesetzt werden, wie dies die Statistik des Redners beweist. Die Behandlung sehwerer Kompli- kationen (Hydroxephalus, Tanbl{eit usw.) kann nur eine chirurgische sein. Es ist nicht ausgeschlossen, dal3 eine tXgliche Punktion der Bil- dung yon Hydrozephalus in einem gewissen Grade entgegenwirkt.

Diskuss ion"

K r y n s k i betont, dab die erw~thnten Resultate mit den Ansichten der Chirurgen iibereinstimmen. Er ffihrt die vier yon M u r p h y an- gegebenen Eingriffe an: den oft wiederholten Lendenstich, die kon- tinuierliche Drainage der submeningealen tZiLume nach ausgefiihrter Laminektomie, die Trepanation des Hinterhauptes behufs Drainage der submen~ngealen Riiume des Gehirns und der Ventrikel, die Tre- panation der Scheitelbeine behufs Drainage der Seitenkammern. Diese Eingriffe miissen oft kombiniert angewendet werden, Der bloBe Lenden- stich selbst in Verbindung mit der Durchspiilung mit einer entsprechenden Fliissigkeit geniigt nicht immer, um s~mtliche Infektionsherde tier therapeutischen t?;inwirkung zugiinglich zu machen. Des NichtabflieBen yon Zerebrospinalfliissigkeit nach dem Lendenstich h~ingt gr/SBtenteils yon der Operationstechnik ab. K. erachtet submeningeale Einswitzung ohne vorausgegangene Entziehung einer entsprechenden Menge der Zerebrospinalfliissigkeit als unzul~,issig. Die yore Vorredner in klinischen F~illen erreichten giinstigen Erfolge bilden einen interessanten Beitrag und muntern zur h~iufigeren Anwe.ndung dieser Methode auch bei uns auf, welche besonders in Amerika immer mehr des Biirgerrecht in der Therapie gewinnt.

M u t t e r m i l c h betont, dab die Mortalit~it der Genickstarre seit der Einfiihrung yon Serum in den Wirbelkanal abgenommen list;

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~ Berichte fiber die Sitz, ungen polnischer /trztiicher Vereine.

die vom Vorredner angewandte vorausgehende Durchspiilung betrachtet er als einen groBen Fortschritt.

K r a m s r t y k erinnert, dab im Jahre I885 die Mortalit~it an Ge- nickstan'e 4o--5O~o nicht iiberschritten hat, obgleich weder Serum noch Durchspiilung angewendet wurde; nicht alle F~ille der eitrigen Entziindung sind letal. D i e Methode yon F1. is t in der Praxis wegen der Kosten und der Schwierigkeiten fast unm6glich durchzufiihren. K. vermutet, dab man dutch Seruminjektion auch ohne Durchspiilung gute Resultate erhalten kann.

G a j ki e wic z hebt hervor, daft in die Lendengegend eingespritzte Fliissigkeit nicht in die Kammern gelangt, wohl aber solche yon den Kammern in die Lendengegend und er6rtert die Frage der Abh~ingig- keit des Hydrozephalus yon Meningitis.

Hig ie r behauptet, dab behufs Erlallgung iiberzeugender Resultate der besprochenen Behandlungsmethode vergleichende Untersuchungen an iihnlichen Kranken w~ihrend einer und derselben Epidemie aus- gefiihrt werden sollten. Die B6sartigkeit der Genickstarregeht nieht immer Hand in Hand mit dem eitrigen Charakter der Fltissigkeit. Die Gegenwart gef~irbter Fliissigkeit in den Meningen der Varolsbriicke schon einige Sekunden nach Einfiibrung derselben in den Lendensack beweJst, dab diese Fliissigkeit auf mechanisehem Wege dahin gelangt. Der Llmstand, dab die Fliissigkeit aus dem submenJngealen Sack nicht in die Kammern gelangt, spricht dafiir, dab die sub- und intermeningeale Fliissigkeit lymphatisch ist und eine andere Herkunlt hat, als die intra- ventrikulare Fliissigkeit, welche auI dem Wege der inneren Driisen- sekretion des die tiammern auskleidenden Plexus entsteht. Eine Rei- zung dieses Plexus verursacht einen sekundiiren tIydrozephalus in der Geniekstarre.

K o p c z y n s k i fiihrt zwei eigene, gliicklich verlaufene Fiille dieser Krankheit an. Man muB mit dem sog. Genius epidemicus, mit der B6sartigkeit des Keimes rechnen. Der Grad der Triibung der gere- brospinalfliissigkeit steht nieht im geraden Verhiiltnisse zur Intensit~it des Krankheitsprozesses. Die Ausfiilarung einer t~iglichen Lenden- punl~tion, besonders bei Iiinderfl, erachtet er nicht als einen gleich- giiltigen Eingriff. Was das NichtabflieBen der Fliissigkeit betrifft, sp~elt dabei das injizierte Serum keine Rolle.

R z c t k o w s k i best~itigt die giinstigen Resultate des auI exakten, experimentellen Grundlagen sich stiitzenden Vortragenden.

F l a t a u erwidert, die Tatsache des NichtabflieBens der Fliissigkeit in manchen Fiillen yon Genickstarre nach Einspritzung yon Serum unterliegt keinem Zweifel. Die IZranken vertragen eine neuerliche Seruminjektion auch ohne vorherige Entzietlung yon Zerebrospinal- fliissigkeit. Die Methode der lumbalen Durctlspiilung wendet er selb-

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Berichte tiber die Sitzur~gen polnischer ~irztlicher Vereine. ~ 7

st~iaadig an und vermeidet meistens die gleichzeitige Anwendung zweier Eingriff e. In entziindlichen Zustiinden der Meningen vertragen die Kranken Lendenpunktionen gut.

J a n o w s k i spricht fiber : E r s c h w e r t e s Sch l ingen yon Fl i iss ig- k e i t e n als F r i i h s y m p t o m e iner E r w e i t e r u n g der Aor ta .

J. hat durch l~ingere Zeit eine Patientin beobachtet, wetche fiber Unln6glichkeit, F!iissigkeiten zu schlingen, klagte, w~ihrend sie feste und dichte Speisen ungest6rt schlinge~l konnte; bei dieser Kranken traten im Laufe der Zeit Symptolne eines Aortenaneurysma auf, an dem sie zugrunde ging. I)ieselbe mehr oder weniger ausgesprochene Erscheinung hat der Vortragende in der Folge in einer Reihe yon F/illen mit erweiterter Aorta beobachtet. Die Pathogenese dieses Symptoms erM~irt J. mit der Abhiingigkeit der Unm6glichkeit des Schlingens yon peristaltischen Bewegungen des 0sophagus oberhalb de~ Hinder- nisses.

D i skuss ion :

P u t a w s k i beschreibt einen Fall, in welchem das erschwerte Schlingen seiner Ansicht nach yon dem Drucke abhing, der von dem stark vergr6Berten" I-terzen auI den 0sophagus ausgeiibt wurcle.

S i e b r n y unterscheidet irn Material des Vortragenden 3 Kate- gorien yon Kranken: I. solche, die gar nicht schlingen konnten oder sich verschluckten infolge Insuffizienz des Kehtkopfes (Infiltration seiner Gewebe oder doppelseitige Rekurrensl~ihmung); 2. solche rnit gewissen Schlingbeschwerden beim Schlingen yon Flfissigkeiten (Symp- tom yon Neurasthenie). Gin Kranker mit Larynxinsuffizienz kann in liegender Position rnit tiber den Bettrarfd hervorstehendem Kopf aus einer Ftasche trinken, indem er den Flasehenhals in einem Mund- winkel hiilt.

Sokolowski meint, dab dieses Symptom selbst wiihrend einer beginnenden einseitigen Rekurrensliihmung auftreten kann. Eine bedeutende Erweiterung des rechten Vorhofes kann eine Rekurrens- l~ihlnung verursachen.

P a w i n s k i betont, dab nur sehr groBe Aneurysmen durch I)ruck Erschwerung des Schlingens hervorrufen k6nnen; diese St6rung hat er in einem Falle yon Angina pectoris beobachtet, den er niiher be- schreibt; er zweifelt, ob die Ursac}le yon Sehlingst6rungen durch den Drnck bedingt sein kann, welcher seitens einer erw.eiterten linken Vorkammer auf den 0sophagus oder den Rekurrens ausgetibt wird.

Krynsk i t r i i g tvo r :13be r die o p e r a t i v e B e h a n d l u n g e i t r i g e r Z e r e b r o s p i n a l m e n i n g i t i s .

Jede de r vier yon M u r p h y angegebenen Operationsmethoclen: Punctio lumbalis, Laminektomia, Trepanatio transoccipitalis und

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5 8 Berichte fiber die Sitzungen polnischer itrztlicher Vereine.

Trepanatio transparietalis wird mit nachfolgender Durchspiilung der submeningealen R~iume resp. der Kammern mit entsprechenden Flfissig- keiten verbunden. K r y n s k i hat ' zweimal Laminektomie, B o r s u k hat mit giinstigem Erfolge wiederholte Lendenpunktionen angewendet. F l a t a u hat Fiille besprochen, in denen er mit giinstigem Erfolge die Lumbalpunktion und Durchspiilung der submeningealen R~iume mit physiologischer Salzl6sung angewendet hat:

S r e b r n y tr[igt vor: ,,Aus do t K a s u i s t i k der T r a c h e a l - s t e n o s e n " .

Nach eingehendcr Besprechung yon 5 kasuistischen F/illen kommt Vortragender zu folgenden SchluBfolgerungen: I. h~iufige Anffi.lle von Heiserkeit, gew6hnlich ohne subjektive Reizerscheinungen m[ssen die Aufmerksamkeit in die Richtung einer Kompression der Trachea dutch eine erweiterte Karotis oder einen Mediastinaltumor le~_ken; 2. ein eigentiimlicher, schreiender, krupf~hnlicher Husten ist ein Zeichen einer Stenose der Luftr6hre, zumeist infolge einer Kompression; 3- die Diagnose einer dutch die Kompression seitens einer vergr6fierten Thy- laus bedingten Trachealstenose ist schwer und erfordert eine eingehende und allseitige Untersuchung; 4. Granulome der Trachea, die nach einer Tracheotomie oder auf dem Boden eJnes ulzer6sen Prozesses entstanden sind, sollen auf natfirlichem Wege (Tracheotomia superior) entfernt werden; 5. dasselbe betrifft Neubildungen, zumal gutartlge der Trachea; 6. zu den St6rungen im Dekanfilement kommt eine Verengerung der Trachea, welche durch eine w~hrend der Traeheotomie zuatande ge- kommene Verletzung der hinteren Tracheal- und der vorderen 0so- pbaguswand mit konsekutiver Einklemmung der 0sophaguswand in der Wunde der hinteren Trachealwand verursacht worden ist. Die Behandlung beruht auf der Vern[ihung der aufgefrischt~en Wundriinder beider Organe. Dieselbe Behandlung ist in F~illen yon nicht heilenden, dutch heilbare Prozesse verursachten 0sopha.go-Trach.ealfisteln in A~wendung zu bringen.

D i s k u s s i o n : P u t o w s k i bespricht die Sehwierigkeiten der Diagnose einer

Thymusvergr6Berung, betont, dal3 die R6ntgenographie bier gew6hnlich t~iuschende Resultate ergibt und dab man sich nur auf dig Blutunter- suchung (Leukopenia und hochgradige Lymphocytose) verlassen kann.

H e i m a n T . t r~igtvor :Der g e g e n w f r t i g e S t a n d der Wis sen - s c h a f t fiber die F u n k t i o n des 8. N e r v e n p a a r e s .

Der H6rnerv wird deshalb das 8. Nervenpaar genannt, weil er sich aus zwei gesonderten St~immen zusammensetzt, yon denen jeder eine andere Bestimmun[ hat. Einer dieser Stfmme, der Schnecken- nerv, ist der eigentliche H6rnerv, der andere ist der Nerv ffir das K6rper-

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Berichte fiber die Sitzungen polnischer ~rztlicher Vereine. 5 9

gleichgewicht. Der Mechallismus des tt6rens ist bis jetzt nicht erfd- gfiltig aufgekl~irt. H. fiihrt verschiedene Theorien des H6rens an, znd kommt zu dem SchluB, dab in den Elementen der tt6rpapille die H~irchen in einer gewissen Form, St~rke und Periodizit~it verzogen werden, je nach der Form, der St~rke und der Periodizit~it des Schalles. Die Erregung wird auf die Ncrvenzelle des Cor t i schen Organs iiber- tragen und bier beginnt der akustische Eindruck. Von bier iibergeht die Erregung yon Neuron zu Neuron, in jedem derselben etwas anderes zurficklassend als sie yon dem vorhergehenden Nerven erhalten hat, bis sie die zahlreiche~ Elemente der Gehirnrinde in Form des Geh6r- eindruckes" erreicht hat. Da die Kerne des Schneckellnervell in engem Zusammenhang mi~c den sensibeln und motorisehen Kernen des Trige- minus sind, reagiert bei diesen Pers0nen jeder dieser Nerven reflek- torisch auf dell anderen. Hyper~isthesie der Sinne ffihrt zu dem sog. Farbenh6ren. Nach Exstirpation der I-I6rspih~ire bei Tieren oder nach pathologischer Zerst6rung derselben bei Menschen entsteht Seelen- taubheit. Verlust der Sinllessph~ren bei Hnllden bewirkt definitive Taubheit und psriphere Blindheit. Die H6rsph~ire einer Seite ist im engen Zusammenhang mit jener der anderen SeRe. Fiir musikalische T6ne besteht ein besonderes Zentrum im Gehirn.

Die Funktion des Labyrinths ist trotz sehr zahlreicher Arbeiten bis jetzt nicht endgfiltig, anfgekl~irt. H. ffihrt die Ansicht verschiedener Autoren fiber diesen Gegenstand an. Der Vestibularapparat ist mit allderen zentralen Nerven zur Erhaltung des Tonus bestimmt, was eine unelltbehrliche Bedingung zur Erhaltung des K6rpergleichgewichts bildet, Erkrankungen dieser Gegend bewirken oft Gleichgewichts- st6rtingen, Nystagm_us und Sehwindel, doeh kommen Gleichgewichts- st6rungen und Schwindel auch ohne Nystagmus vor. Sch~vindel pfIegt auBer labyrinth~irer und intrakranieller auch optischer, neurasthenischei, bysterischer Herkunft zu sein. Schwindelanf~ille stellen bei St6rungen in den Zirkulationsorganen dutch 13berarbeitung verursachte AnEille yon Schw~iche dar ulld sind yon funktionellen St6rungen des Gehirns abh~ngig. H. ffihrt die Allsichten versehiedener Autoren fiber den Vestibularapparat an. Die Funktion des Kleinhirns wird haupts~ictflich dureh Impulse des Labyrinths angeregt und gehemmt, sie ist es auch, die die Muskelspannung haupts~ichlich unterh~ilt. Schliel31ich bespricht H. auch den Baranyschen Symptomenkomplex.

D i s k u s s i o n :

Hig ie r weist auf die zahlreichen M~ngel, Yehler und UnMarheiten desVortrages bin, er6rtert die physiologischenVerhSltnisse des Schnecken- und des Vorhofsnerven zum Kleinhirn und zum Rfickenmark yore embryologischen und vergleichend anatomischen Standpunkt aus,

Page 10: Aus den Sitzungen polnischer ärztlicher Vereine der Jahre 1914–1915. Warschauer ärztlicher Verein. Bericht erstattet von Dr. R. Spira, Krakau

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analysiert n~her den Standpunkt der prinzipiellen Symptome (Nystag- mus, Schwindel) z~ dem gegenw/irtigen Stand der Wissenschaft fiber Gleichgewicht, Xoordination und Muskelspannung und bespricht die grunds~itzlichen Unterschiede zwischen dem, was allgemein mit ,,psycho- motorfschen Zentren der IIirnw~nde" bezeichnet zu werden pflegt und den frisch entdeckten leitenden Zentren des Kleinhirns und seines Wurms.

K o p c z y n s k i ergreift das Wort zu den zentralen Endigungen des H6rnerven und beruft sich anf einen eigenen Fall reiner sensorischer Aphasie.

t I i g i e r s t e l l t e inen Fa l l vol ls t~indiger m o t o r i s c h e r A p h a s i e und A lex i e motorischen Ursprungs vor, die gegen einen Monat gedauert hat und auf dem Wege konservativer Behandlung geheilt worden ist. Spira.