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Das kostenlose historische Infomagazin für Franken und Bayern Altes Stadttor in Betzenstein, Fränkische Schweiz Ausgabe 5/08 Juli 2008 kostenlos

Ausgabe 5/08 Juli 2008 kostenlos - gratis-webserver.de · Archimedes auch Versuche mit Zahnrädern unternommen hat. Sein Interesse lag vor allem in Sein Interesse lag vor allem in

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Das kostenlose historische Infomagazin für Franken und Bayern

Altes Stadttor in Betzenstein, Fränkische Schweiz

Ausgabe 5/08 Juli 2008 kostenlos

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Historica News Ausgabe 5 Juli 2008

2

Inhalt

Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

Leseprobe: Die Geschichte des Zahnrades (Teil 2) . . . . . . . . . . 7

Einblicke: Gute Museen – schlechte Museen. . . . . . . . . . . . . . . 20

Museum des Monats: Römer und Bajuwarenmuseum . . . . . . . 24

Neues aus dem Schulmuseum Lohr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

Der Limes in Bayern (Teil 2): Miltenberg. . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

Auf den Spuren der Industrialisierung (Teil 1): Pegnitz . . . . . . 35

Sonderveranstaltung der Kunstsammlung der Veste Coburg. . 37

Werden Sie Mitglied im Historica Newsletter: Schreiben

Sie uns unter [email protected]

Impressum

Redaktion:

Jens Riesner – Historica

Paumannstraße 205

90469 Nürnberg

Tel. 0911/ 120 211 2

[email protected]

Die Verantwortung für den

Inhalt trägt Jens Riesner - Historica

Alle Rechte über den Inhalt

liegen bei Jens Riesner – Historica

Die Historica News dürfen gerne

Im Ganzen vervielfältigt werden.

Die Weiterverwendung einzelner

Artikel ist nur mit Genehmigung der Redaktion gestatten.

Redaktionsschluss für die August-Ausgabe ist der 31. Juli 2008

Historica 2008

Die Teilnahme am Newsletter ist absolut

kosten- und risikofrei. Ihre Zuschriften

und E-Mail Adressen behandeln wir

absolut vertraulich. Eine Weitergabe an

Dritte wird ausgeschlossen. Anmeldungen

und Kündigungen werden umgehend

bearbeitet.

Historica News Ausgabe 5 Juli 2008

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Allgemeines

Wir bitten um Mithilfe

Liebe Leser,

wie Sie bereits erfahren haben, führen wir Zurzeit zwei Serien in unseren Ausgaben. Die erste

befasst sich mit dem Limes in Bayern, während die zweite Serie ab dieser Ausgabe Ihnen

Museen und Denkmäler der Industriegeschichte (Bergwerke, alte Fabriken, Museen etc.)

vorstellt.

Wir können in beiden Fällen bereits auf eine große Auswahl zurückgreifen, legen aber Wert

auf eine vollständige Datenbank. Wenn Sie ein Industriedenkmal oder einen versteckten

Limesturm kennen, dann teilen Sie uns Ihre Entdeckung mit. Schreiben Sie an

[email protected] und unterstützen Sie unser Vorhaben. Wir werden dann in

den nächsten Ausgaben darüber berichten und natürlich die Leser erwähnen, die uns dabei

geholfen haben.

Museumspädagogik – aber richtig!

Historica bietet Ihrem Museum und Ihren Rundgangsleitern die Gelegenheit, die neuesten

Erkenntnisse über Kinder- und Schülergerechte Rundgänge zu erlernen. In einem eintägigen

Seminar besuchen wir Sie in Ihrem Museum und bringen Ihnen moderne Vortragsmethoden,

die richtige Konzeption spannender Rundgänge bei.

Lernen Sie die kleinen Tricks im Umgang mit schwierigen Klassen, erfahren Sie, wie Sie die

Kinder für Ihren Rundgang begeistern oder konzipieren Sie mit uns den maßgeschneiderten

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schreiben Sie uns unter [email protected] oder rufen Sie uns unter unserer

vorübergehenden Nummer 0179 66 28 456 an. Sie können unter 0911/ 120 211 2 auch gerne

eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen.

Historica News Ausgabe 5 Juli 2008

4

Neue Kooperation mit Fantashion

Es hatte sich bereits auf der Spielwarenmesse Nürnberg abgezeichnet, doch es sollte noch

einige Monate dauern, ehe wir eine Kooperation mit einem Unternehmen vorstellen können,

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Informationen haben, wenden Sie sich an uns besuchen Sie die Internetseite unseres Partners

unter www.fantashion.de.

Historica News Ausgabe 5 Juli 2008

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Wichtig! Wir ziehen um!

Liebe Leser,

in den folgenden Wochen zieht die Firma Jens Riesner-Historica in neue Büroräume. Aus

diesem Grund können Sie unter unserer alten Festnetznummer zurzeit nur Nachrichten

hinterlassen. Wir möchten Sie bitten, uns daher vorläufig unter der Mobilfunknummer 0179/

66 28 456 anzurufen. Wenn Sie eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen,

werden wir Sie spätestens am Folgetag zurückrufen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Jens Riesner M.A.

Ihr Artikel kostenlos bei uns – Wie kann ich was in den Historica News veröffentlichen?

Da wir in den letzten Wochen vermehrt Zuschriften erhalten haben, die uns fragen, wie man

Artikel bei uns veröffentlichen kann, möchten wir Ihnen die vorhandenen Möglichkeiten hier

noch einmal vorstellen. Für Artikel über Ihre Firmengeschichte, ihr Museum oder Ihre

Gemeinde sind wir immer dankbar. Diese werden natürlich kostenlos veröffentlicht, sollten

aber 10 Seiten nicht überschreiten (wenn möglich mit Bildern). Sollten Sie Interesse daran

haben, spezielle Veranstaltungen zu präsentieren, können Sie dies im Zuge einer

Pressemitteilung ebenfalls kostenfrei bei uns veröffentlichen (maximal eine Seite).

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Wenn Sie allerdings Werbeanzeigen, Jahresprogramme oder allgemeine Darstellungen Ihres

Museums bei uns inserieren möchten, beachten Sie bitte die folgende Preisliste.

Alle Preise zuzüglich Mehrwertsteuer (19%)

Art der Werbung Monatspreis Quartalsabonnement Halbjahresabonnement

Ganze Seite (A4)

100 € 275 € 550 €

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Für weitere Fragen treten Sie mit uns in Kontakt! [email protected] oder Tel.:0911/120 211 2

Wir freuen uns auf Ihre Werbung!

Historica News Ausgabe 5 Juli 2008

6

Historica News Ausgabe 5 Juli 2008

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Geschichte des Zahnrades

II Entwicklungsschub in der Antike

1. Der große Entwicklungssprung in Griechenland

Die technische Entwicklung des antiken Griechenlands stellt auch einen Meilenstein in der

Zahnradgeschichte dar. Berühmte Wissenschaftler wie Aristoteles und Archimedes befassten

sich ebenso mit Zahnrädern und deren Nutzung wie die unbekannten Erschaffer des

mechanischen Kalenders oder Astrolabiums, das vor der Insel Antikythera in einem

Schiffswrack entdeckt wurde. Die technischen Errungenschaften blieben natürlich nicht nur

auf Griechenland begrenzt. Insbesondere nach den Eroberungen von Alexander dem Großen

kann man davon ausgehen, dass zwischen den östlichen Mittelmeerstaaten und Griechenland

ein reger Kulturaustausch stattgefunden hat. So ist es wenig verwunderlich, dass auch in

Byzanz erste Zahnräder auftauchten.

a) Aristoteles und Archimedes

Erste wissenschaftliche Betrachtungen von Zahnrädern finden sich bereits in dem Werk

„mechanische Probleme“ wieder, dass entweder von Aristoteles selbst oder einem seiner

Schüler verfasst wurde. Er erwähnt dabei neben dem Keil, der Kurbel, der Walze, dem Rad

und dem Seilzug auch verzahnte Räder aus Erz und Eisen. Seine besondere Aufmerksamkeit

liegt dabei bei der möglichen Umkehr und Änderung der Bewegungsrichtung. Sicherlich

kannte man Zahnräder in Form von Hubanlagen, ähnlich den ägyptischen Sakies auch in

Griechenland, Aristoteles aber war der Erste, der sie wissenschaftlich beschrieb.

1

Von Archimedes, dem großen Mathematiker aus dem 3. Jahrhundert vor Christi hingegen

liegen diesbezüglich keine eigenen Schriften vor. Jedoch wurden ihm mehrere Werke von

arabischen Schreibern zugeschrieben. Eines davon behandelt einander berührende Kreise. Die

Existenz dieser Werke konnte durch die Entdeckung eines Traktates des Arabischen

Mathematikers Thâbit nachgewiesen werden.

2

Wir müssen uns ansonsten auf Erwähnungen in anderen Schriften verlassen. Archimedes ist

aber der einzige Mathematiker um den sich die nichtwissenschaftliche Kultur intensiv

gekümmert hat. Dies liegt wohl vor allem an der praktischen Umsetzung seiner Ideen.

3

1

Feldhaus, Franz M.; S. 3f

2

Dijkterhuis, E. J.: Archimedes; Kopenhagen, 1956; S. 49

3

Diels, Hermann: Antike Technik – Sechs Vorträge von Hermann Diels; Berlin, 1914; S. 28f

Historica News Ausgabe 5 Juli 2008

8

Besonders die Hebemaschinen des Archimedes waren überaus effektiv und bekannt.

Athenaios berichtet von einer Maschine, die Archimedes gebaut hatte und mit der das stolze

Kriegsschiff Syrakosia, das Flaggschiff von König

Hieron, zu Wasser gelassen werden konnte, eine

Aufgabe, an der zuvor alle anderen Maschinenbauer

und Gelehrten gescheitert waren. Wie die einzelnen

von Archimedes erfundenen Maschinen zum Heben

von Lasten aussahen ist nicht bekannt, auch nicht,

welcher Materialen er sich dabei bediente. Sicher ist

jedoch die Verwendung von Schrauben und

Flaschenzügen. Bei der Entwicklung von Schrauben

widmete sich Archimedes zwei verschiedenen

Feldern. Zum einen untersuchte er die

Endlosschraube zum Antrieb von Zahnrädern, über deren praktischen Erfolg wir nichts

wissen. Wesentlich wichtiger war die Erfindung der Archimedesschraube, die einem Bericht

von Diodorus zufolge sogar in Ägypten zur Bewässerung genutzt wurde.

4

Als er sich um 250 v. Chr. in Ägypten aufhielt soll ihm die Idee zu seiner Schraubpumpe

gekommen sein. Ob er damit die ägyptischen Sakies verbessern wollte? Zumindest beweist

die Arbeit von Archimedes dass in Ägypten ein großer Bedarf an solchen Wasserpumpen

bestand. Die

Archimedische

Schraube

funktionierte nach

einem einfachen

Prinzip. Die

Drehbewegung der

Schnecke

transportierte das

Wasser nach oben,

wo es in Kanäle fließen konnte oder direkt zur Bewässerung genutzt wurde.

5

Tatsächlich scheint nur eine der Zahnradmaschinen eine praktische Nutzung gefunden haben.

Heron beschreibt in der Spätantike ein Zahnradgetriebe, das Barulkos, das wohl auf Versuche

von Archimedes zurückgeht. Diese Hebevorrichtung war aber wegen ihrer hohen

4

Schneider, Ivo: Archimedes – Ingenieur, Wissenschaftler und Mathematiker; Darmstadt, 1979; S. 79

5

Denkhaus, Markus: Die Archimedische Schraube – Eine historische Maschine im Wasserbau; 2002

Abb. 7: Schneckengetriebe von

Archimedes

Abb. 8: Modell des Barulkos von Archimedes

Historica News Ausgabe 5 Juli 2008

9

Reibungskraft für das Anheben von schweren Lasten nicht geeignet und stellte zu Archimedes

Lebzeiten wohl nur eine Versuchsanordnung dar. Möglich ist aber auch, dass es sich dabei um

ein Seilgetriebe gehandelt haben könnte. Dennoch ist es sehr Wahrscheinlich, dass

Archimedes auch Versuche mit Zahnrädern unternommen hat. Sein Interesse lag vor allem in

der mechanischen Übersetzung und der möglichen Zug- oder Hebekraft solcher

Anordnungen.

6

b) Der erste Beleg eines Zahnrades

In diesem Zeitraum ist es nun endlich möglich, den unsicheren Weg der Vermutungen zu

verlassen und einen klaren Nachweis für die Verwendung von Zahnrädern zu erbringen. Zwei

Apparate aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. sind uns überliefert worden.

Der ältere stammt aus der Zeit des Herrschers Ptolemaios Philadelphos (285-247 v. Chr.) und

stand in Alexandrien. Vitruv überlieferte die Beschreibung dieser Maschine. Aus den Augen

einer Figur tropfte fortwährend

Wasser. Das abfließende Wasser

drückte einen Schwimmer nach oben,

der wiederum mit einer zweiten Figur

verbunden war, die somit die Stunden

anzeigen konnte. Nach einen Tag

öffnete sich ein Ventil, so dass das

Wasser abfließen konnte und dabei

ein Wasserrad antrieb. Das damit

verbundene Räderwerk drehte

daraufhin eine Säule, die sich nach 30

Tagen einmal um die eigene Achse

gedreht hatte.

7

In einer Schrift des Mechanikers Philon aus Byzanz wird um 230 vor Christus ein anderes

Wasserhebewerk beschrieben, das durch ein Zahnrad und einer dazugehörigen Zahnstange

betrieben wird.

Die Funktionsweise ist, wie später auch bei Heron verwendet, eine Kombination aus

Zahnradtechnik und Hydraulik. Das Wasser sammelt sich in einem Kasten (A), in dem eine J-

förmige Röhre angebracht ist. Wird der Kasten angehoben, sammelt sich das Wasser in dem

unteren Bogen der Röhre. Wird der Kasten nun erneut ins Wasser gelassen strömt durch eine

6

Schneider, Ivo; S. 84

7

Gaitzsch, Rainer ; Graßl, Hans ; Mäutner, Siegfried : Zeit und Zeitmessung ; Stuttgart 1982 ; S. 21f

Abb. 9: Zeichnung der Wasseruhr aus Alexandria

Historica News Ausgabe 5 Juli 2008

10

Öffnung im Boden (C) erneut Wasser ein, während eine seitliche Öffnung (D) Luft hinzu lässt,

deren Druck das Wasser nach oben pumpt. Für die Auf- und Abwärtsbewegung ist nun das

Zahnrad zuständig. Seine Planken, es

waren noch keine Zähne, greifen dabei in

Bretter, die am J-Rohr befestigt sind (B).

Das Gegengewicht wird durch

Bleigebilde erzeugt.

8

Franz Feldhaus beschreibt das Zahnrad

in diesem Fall aber weniger als eine uns

heute bekannte Verzahnung, sondern als

eine „Anzahl von Hebeln, die einen

gemeinsamen Drehpunkt haben.“

9

Die

Zähne waren noch sehr einfach gehalten

und resultierten wohl weniger aus einer

vorherigen theoretischen Planung,

sondern vielmehr aus praktischen

Versuchen.

Vermutlich handelt es sich hierbei um die Anlage aus

dem byzantinischen Königspalast, die bereits eingangs

erwähnt wurde und von Rolf Sonnemann angeführt wurde, da auch für Philons Ausführungen

lediglich Aufzeichnungen aus dem Mittelalter bekannt sind.

10

8

de Vaux, Carra: Le livre des Appareils Pneumatiques et des Machines Hydrauliques par Philon de Byzance,

Paris, 1902 ; S. 183

9

Feldhaus, Franz M.; S. 3f

10

Sonnemann, Rolf; S. 82f

Abb. 10: Hubmaschine aus dem byzantinischen

Königspalast um 230 v. Chr.

Historica News Ausgabe 5 Juli 2008

11

c) Der Kalendercomputer von Antikytera

Wesentlich eindrucksvoller als die Apparate von Archimedes ist eine kleine Kiste, die

Schwammfischer um 1900 in einem

Wrack vor der Küste der kleinen

griechischen Insel Antikytera,

nordwestlich von Kreta entdeckten.

Trotz der starken Verwitterung der

Maschine, die auf 80 v. Chr. datiert

wurde, waren deutlich die feinen

Zahnräder zu erkennen. Eine

Röntgenuntersuchung in den 70er Jahren

zeigte, dass sich sechzehn Räder mit

verschiedenen Größen in dem

Apparat befanden. Wer der

Konstrukteur dieses Gerätes ist

konnte nicht herausgefunden werden,

Derek de Solla Price vermutet in

seinem Erfinder allerdings einen

Abkömmling der archimedischen

Schule. Die Zähne wurden aus

Bronze gefertigt und waren

angespitzt, so dass sie seine

dreieckige Form erhielten. Der

Mechanismus war in eine Holztruhe

eingefasst, von der nur Fragmente

erhalten sind. Das folgende Schema

zeigt die feine Anordnung der

verschiedenen Zahnräder.

11

Das Gerät konnte als Kalenderrechner mit Sonne- und Mondphasen identifiziert werden, das

wohl über mehrere Jahre im Einsatz war und bereits einige Male repariert werden musste. Es

11

de Solla Price, Derek: Gears from the greeks – The antikythera Mechanism – A calendar computer from ca. 80.

B.C.; New York, 1975; S. 10ff

Abb. 11: Darstellung des Kalendercomputers

Abb. 12: Darstellung der Verzahnung

Historica News Ausgabe 5 Juli 2008

12

ist das älteste erhaltene Gerät seiner Art und gibt Aufschluss über den hohen

Entwicklungsstand der griechischen Kultur. Die Bearbeitung der Zahnräder und die

detailgenauen Verzahnungen der Maschine zeigen deutlich das bereits in hohem Maße

vorhandene Wissen der griechischen Kultur, so dass man zweifellos davon ausgehen darf,

dass Aristoteles und später Archimedes tatsächlich von Zahnrädern gesprochen haben. Denn

auch wenn der Apparat auf die Zeit um 80 v. Chr. datiert wurde, muss eine

Zahnradentwicklung vorausgegangen sein, die in ihren primitiveren Formen mit Sicherheit

bereits über zweihundert Jahre vorher ihren Anfang genommen hat.

Historica News Ausgabe 5 Juli 2008

13

2. Das Zahnrad im Römischen Reich

Die technische Entwicklung des Römischen Reiches profitierte nicht zuletzt von der

Übernahme und Verbesserung von bereits bekanntem Wissen. Besonders aus den

griechischen Provinzen eigneten sich die Römer viel Wissen an und beschäftigten griechische

Sklaven als Lehrer. Wir können also sicher sein, dass den römischen Gelehrten das Wissen

von Aristoteles und Archimedes geläufig war. Da Rom aber ein sehr kriegerisches Imperium

war und die Wissenschaft nur eine Randbedeutung hatte, es sei denn man konnte sie für den

Krieg nutzen, beschränkt sich die Anzahl der Wissenschaftler, die sich intensiv mit

Zahnrädern und Getrieben beschäftigten auf Vitruv und Heron. Beide haben uns

aufschlussreiche Werke hinterlassen, die das gesamte wissen über Verzahnungen der

damaligen Zeit widerspiegeln.

a) Die „architectura“ des Vitruv

Der bekannte römische Baumeister und Ingenieur Vitruv lebte zu Zeiten Julius Cäsars und

Kaiser Augustus. In seinem zwischen 30 und 16 v. Chr. verfassten Buch über Architektur

widmet er sich auch der Entwicklung von Uhren und Maschinen. In seinen Ausführungen

zeigt sich deutlich die Herkunft seines Wissens, denn Vitruv ausführlich darauf ein, vieles aus

alten griechischen Quellen übernommen zu haben. Sein Interesse an Zahnrädern hängt mit

Sicherheit auch mit seiner eigentlichen Arbeit, der

Architektur zusammen. Vitruv erachtete die Symmetrie

stets als eines der höchsten Ziele, ein Anspruch den er

in den Zahnrädern ebenfalls wieder fand.

12

Eines der interessantesten Geräte, die uns bekannt sind,

ist der von ihm entwickelte Wegmesser. Der Odometer

besteht aus einer Vielzahl von Zahnrädern und

Schneckenrädern. Jede zurückgelegte Meile wurde

durch eine herabfallende Kugel signalisiert. Eine

Meisterleistung ist hierbei die große Untersetzung, die

12

Fritz, Hans-Joachim: Vitruv – Architekturtheorie und Machtpolitik in der römischen Antike; aus der Reihe:

Oktogon – Studien zu Architektur und Städtebau; Band 15; Münster, 1995; S. 29

Abb. 13: Odometer von Vitruv

Historica News Ausgabe 5 Juli 2008

14

es ermöglicht, dass die

Drehung des Wagenrades so

weit verlangsam wird, dass am

Ende der Bewegung erst nach

einer Meile die Kugel

herunterfällt. Sicherlich wäre

es schon damals möglich

gewesen, die Apparatur noch

mit Meterangaben zu

verfeinern.

13

Vitruv gibt in seiner

architectura zudem die erste

ausführliche technische

Beschreibung einer

Wassermühle. Dazu hatte er

eine alte griechische

Wassermühle übernommen und

das Antriebsrad aus der waagerechten Position in die Senkrechte verlagert. Er erklärt, dass am

Ende des Wasserrades ein senkrecht gestellte Zahnrad (lat.: tympanum dentatum) oder

Kammrad angebracht ist. Dieses dreht sich mit dem Schaufelrad im die gleiche Richtung. In

das Kammrad eingreifend ist ein zweites (kleineres) Zahnrad waagerecht auf einer stehenden

Welle angebracht, die in den Läuferstein eingelassen ist. So bewirken die Zähne des

Kammrades dadurch, dass sie in die Stöcke des Stockgetriebes eingreifen, die Umdrehung des

Mühlsteines. Vitruvs Mühlentechnik ist das

Vorbild aller später folgenden

Wassermühlen des Mittelalters

14

b) Die Maschinen des Heron

Die genauen Lebensdaten von Heron dem

Älteren sind unbekannt, aber er lebte wohl

im 2. Jahrhundert nach Christus in

Alexandrien. Seine Apparate und

13

Matschoß; S. 8f

14

Gleissenberg, Hermann: Technikgeschichte der Getreidemühle; aus der Reihe: Deutsches Museum –

Abhandlungen und Berichte, 24. Jahrgang, Heft 3; München, 1956; S. 29f

Abb. 14: Wassermühle nach Vitruv

Abb. 15: Hebewinde nach Heron

Historica News Ausgabe 5 Juli 2008

15

Maschinen sind noch heute bekannt und

zeugen vom enormen Wissen der damaligen

Zeit. Auch seine beiden Schriften über

Druckwerke und Automatentheater sind uns

bekannt. Besonders Herons Wissen über

Hydraulik und Luftdruck sind für das 2.

Jahrhundert n. Chr. äußerst beeindruckend,

aber auch Zahnräder werden in seinen

Abhandlungen besprochen.

Heron schreibt in seinem zweiten Buch über

einen Automaten, der im Tempel zu sehen

war. Dieser Kasten war vollständig

geschlossen und nur mit einem Bronzerad auf

der Seite und einem künstlichen Vogel versehen. Wurde die Kurbel gedreht, dann drehte sich

auch der Vogel. Wurde sie losgelassen, dann begann der Vogel zu pfeifen. Dieses für die

damalige Zeit unglaublich beeindruckende Schauspiel hatte Heron mit Hilfe von Zahnrädern

und Luftdruck erschaffen. Das Bronzene Rad war innerhalb des Kastens mit einem vertikalen

Sternrad, also einem Zahnrad, verbunden. Dieses griff wiederum in ein horizontal gelagertes

Zahnrad, das mit dem Vogel verbunden war und drehte diesen. An der Verlängerung der

Kurbel, an der das Bronzerad saß war schließlich eine Seilwinde angebracht, die bei der

Drehbewegung eine Metallglocke aus einem

Wassergefäß emporhub. Wurde das Rad

schließlich wieder losgelassen, sank die

Glocke wieder in das Wasser zurück. Durch

ein Kleines Ventil konnte die Luft darunter

wieder entweichen und es ertönte ein, der

Vogelstimme ähnliches, Pfeifen aus dem

Kasten. Der Vogel sang.

15

Auch bereits existierende Geräte wurden von

Heron überarbeitet und verbessert. So

übernahm er den Odometer von Vitruv und

ersetzte das Kugelsystem durch ein

Zeigerwerk. Neben der Hydraulik befasste sich Heron aber auch mit Schneckengetrieben und

15

Schmidt, Wilhelm: Herons Druckwerke; Leipzig, 1899

Abb. 14: Singender Vogel von Heron

Abb. 16: „Singender Vogel“ von Heron

Abb. 17: Nachbau des Odometers von Heron

Historica News Ausgabe 5 Juli 2008

16

Zahnrädern. Besonders effektiv zum Heben von Lasten war die von ihm entwickelte

Schneckenwinde. Über ein horizontal angetriebenes Schneckengewinde wurde ein vertikal

gelegenes Zahnrad bewegt. An dessen Verlängerungen links und rechts waren Seile befestigt,

die sich zu einem Hebeseil verbanden, an dem die Last befestigt war. Heron kannte also nicht

nur die Richtungsübersetzung, sondern war auch mit der Gewichtsumwandlung in Strecke

vertraut.

16

Trotz seiner intensiven Arbeit an den Zahnrädern und dem bekannten Vorwissen der Griechen

waren Herons Zahnräder eher primitiv und wohl mehr mit Stiften versehene Räder als

Zahnkreise mit angespitzten und gekrümmten Zähnen.

Bereits hier deutet sich an, was in den folgenden Jahrhunderten Realität werden sollte, der

Verlust des alten Wissens und das Ende des Römischen Reiches.

3. Die Herstellung von Zahnrädern in der Antike

Eine interessante Beschreibung der Herstellung und Bearbeitung von Zahnrädern finden wir

in den Schriften von Pappus von Alexandrien.

Pappus erwähnt zunächst eine Maschine, die in der Lage ist, mit einem Kraftaufwand von 5

Talenten eine Last von 1000 Talenten zu heben. Dabei geht er auch mathematisch auf dieses

Phänomen ein. Der Durchmesser der Zahnscheibe muss im Verhältnis 5:1 zum Durchmesser

der Achse stehen. Sein Apparat beinhaltet dabei fünf Wellen mit je einem kleinen und einem

großen Zahnrad. Durch die Übersetzung wandelte Pappus die Aufzuwendende Kraft zu

Heben des Gewichtes in die Länge des Weges um, was er mit der Übersetzung von kleinen

auf große Zahnräder erreichte.

17

Die Herstellung dieser Räder und der Wellen aber war wesentlich primitiver als es die

Mechanik des Apparates vermuten ließ. Pappos erklärt etwas später wie eine Schraube mit

Schraubengang, der in die schrägen Zähne einer Scheibe hineinpasst, konstruiert wird.“

18

Als Rohling dient ein Zylinder. An diesem werden parallel zur Achse die Abstände der

Schraubengänge eingeritzt. Ein vorher angefertigtes Bronzeblech, das den Zylinder

vollkommen einfasst wird um den Rohling gelegt und ebenfalls mit den Schraubengängen

versehen. Dieses Vorgehen wird nun wiederholt, bis ein durchgehender Schraubengang

entstanden ist. Anschließend wird dieser vertieft und linsenförmig poliert. Wenn der

16

Matschoß; S.10 und Feldhaus; S. 8f

17

Gerhardt, C. I.: Die Sammlung des Pappus von Alexandrien – siebentes und sechstes Buch; Halle, 1871; S.

331f

18

ebenda; S. 369

Historica News Ausgabe 5 Juli 2008

17

Schraubengang des Zylinders Schneckenförmig ist, so können wir daraus schließen, dass auch

die Zähne des Zahnrades diese Form besaßen.

19

Werkzeuge standen damals nur wenige zur Verfügung. Einzig Meißel und Feile konnten zur

Herstellung dieser Räder verwendet werden. Bis ins Mittelalter blieben dies die einzigen

Hilfsmittel zur Herstellung von Zahnrädern und Schraubengängen.

Die technische Hochzeit und der tiefe Fall

Wie weit die Zahnräder und ihre Verwendung bereits ausgereift waren zeigt der

Kalendercomputer aus Griechenland, der ein antikes Meisterwerk der Zahnradkunst darstellt.

Auch die Odometer von Vitruv und Heron, sowie dessen weitere Apparate, zeigen das hohe

mechanische Niveau auf dem sich die antike Welt bereits befand.

Doch wie bereits angedeutet zählte ein Wissenschaftler in Rom wenig, insbesondere wenn er

sich mit der Praxis beschäftigte. War es Archimedes noch gelungen durch seine tatsächlich

erschaffenen Apparate Beachtung zu finden, war es in Rom den Theoretikern, den Schreibern

vorbehalten berühmt zu werden. Zudem wurden die politischen Führer nicht an den

technischen Errungenschaften ihrer Zeit gemessen, sondern ausschließlich an militärischen

Eroberungen. So ist es wenig verwunderlich, dass Technik nur im Hinblick auf

Kriegsmaschinen interessant wurde und sich kein Römer findet, der ausschließlich Techniker

war. Vitruv war hauptsächlich Architekt und Heron lebte und lehrte als Mathematiker in

Alexandria.

Der rapide technische Wissenszuwachs in Griechenland wurde von den Römern übernommen.

Ob sie diesen noch erweitert haben, oder ob sie tatsächlich nur abgeschrieben haben kann

nicht sicher beantwortet werden. Tatsachlich bleibt, dass viele Wissenschaftler in Rom aus

Griechenland kamen und als Sklaven die Schüler unterrichteten. Vergleicht man nun den

Kalendercomputer aus der Zeit um 80 v. Chr. mit der Beschreibung zur Herstellung von

Zahnrädern, die uns Pappos von Alexandrien aus der Zeit nach Heron hinterließ, so scheint

wirklich ein erster Verlust des Wissens eingetreten zu sein, denn so primitiv wie es Pappos

beschreibt können die feinen Zahnräder im Kalendercomputer nicht hergestellt worden sein.

19

Feldhaus; S. 11

Historica News Ausgabe 5 Juli 2008

18

Deutete sich der Zerfall des dekadenten Römischen Reiches hier bereits an, so wurde dieser

im 4. Jahrhundert n. Chr. bittere Realität. Die Einfälle der Goten konnte Rom nicht abwehren.

Das Weltreich zerfiel und mit ihm der Großteil des noch verbliebenen technischen Wissens.

Literatur

- Denkhaus, Markus: Die Archimedische Schraube – Eine historische Maschine im

Wasserbau; 2002

- de Solla Price, Derek: Gears from the greeks – The antikythera Mechanism – A

calendar computer from ca. 80 B.C.; New York, 1975

- de Vaux, Carra: Le livre des Appareils Pneumatiques et des Machines Hydrauliques

par Philon de Byzance; Paris, 1902

- Diels, Hermann: Antike Technik – Sechs Vorträge von Hermann Diels; Berlin, 1914

- Dijkterhuis, E. J.: Archimedes; Kopenhagen, 1956

- Eyth, Max: Feierstunden, Max Eyths gesammelte Schriften, Band 4; Heidelberg, 1904

- Eyth, Max: Lebendige Kräfte; Berlin, 1905

- Feldhaus, Franz M.: Die geschichtliche Entwicklung des Zahnrades in Theorie und

Praxis; Reinickendorf, 1911

- Fritz, Hans-Joachim: Vitruv – Architekturtheorie und Machtpolitik in der römischen

Antike; aus der Reihe: Oktogon – Studien zu Architektur und Städtebau; Band 15;

Münster, 1995

- Gaitzsch, Rainer; Graßl, Hans; Mäutner, Siegfried: Zeit und Zeitmessung ; Stuttgart

1982

- Gerhardt, C. I.: Die Sammlung des Pappus von Alexandrien – siebentes und sechstes

Buch; Halle, 1871

- Gleissenberg, Hermann: Technikgeschichte der Getreidemühle; aus der Reihe:

Deutsches Museum – Abhandlungen und Berichte, 24. Jahrgang, Heft 3; München,

1956

- Haussig, Hans Wilhelm: Die Geschichte Zentralasiens und der Seidenstraße in

islamischer Zeit; Darmstadt, 1994

- Matschoß, Conrad: Geschichte des Zahnrades; Berlin, 1940

- Schenkel, Wolfgang: Die Bewässerungsrevolution im Alten Ägypten; Mainz, 1978

- Schmidt, Wilhelm: Herons Druckwerke; Leipzig, 1899

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- Schneider, Ivo: Archimedes – Ingenieur, Wissenschaftler und Mathematiker;

Darmstadt, 1979

- Singer, Charles; Holmyard, E.J.; Hall, A. R.: A history of technology – Volume I,

From early times to fall of ancient Empires; Oxford 1955

- Sonnemann, Rolf (Hrsg.): Geschichte der Technik; Leipzig, 1978

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Einblicke

Gute Museen – schlechte Museen

Sie repräsentieren und dokumentieren die Geschichte einer Gemeinde, einer Stadt oder eines

Ereignisses, doch ihnen hängt oftmals der Ruf an, langweilig und verstaubt zu sein. Ein

großer Teil dieses Vorurteils kommt von den alten Konzeptionen, die mit viel Text, wenig

Bildern und lieblos aufgestellten Exponaten den Schwerpunkt zu sehr auf den

wissenschaftlichen Gehalt ausgelegt sind und den Unterhaltungswert weitgehend ausschließen.

Natürlich ist ein Museum kein Spielplatz, aber die Tendenz geht zu mehr „Infotainment“. Wir

möchten Ihnen auf den folgenden Seiten die größten Fehler und die neuesten Konzepte

vorstellen, die Museen und Ausstellungen betreffen.

1. Die Aufgabe eines Museums

Welche Anforderungen muss ein Museum erfüllen? Welche Aufgaben stellen sich bei einer

Ausstellungskonzeption? Die Antwort ist weitaus schwieriger, als man zunächst annehmen

möchte.

Der zentrale Punkt ist natürlich das Thema, der Ort,

oder die Person, der das Museum gewidmet ist. Um

dieses zentrale Motiv wird die gesamte Ausstellung

konzipiert. Dabei stellt die möglichst lückenlose

Information die größte Herausforderung dar.

Inhaltliche Richtigkeit und klare Verständlichkeit sind

die wichtigsten Ansprüche, an denen sich das

Museum messen lassen muss. Neben dem

wissenschaftlichen Gehalt soll eine Ausstellung aber

auch begeistern, faszinieren und interessieren. Den richtigen Mittelweg zwischen den

genannten Ansprüchen zu finden geling nur Wenigen. Die Gefahr, zu sehr in die Unterhaltung

abzugleiten und die Seriosität zu verlieren schreckt viele Museumsdirektoren ab, sich von der

veralteten, reinen Wissenschaftlichkeit wegzubewegen.

Geht völlig neue Wege: Das

Neandertalmuseum bei Düsseldorf.

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2. Die großen Fehler

Das „stehende Buch“ ist der größte Fehler, den man bei einer Ausstellung begehen kann.

Museen, die fast ausschließlich aus Stellwänden bestehen, auf denen größtenteils Text zu

lesen ist, der mit einigen Bildern versehen

wurde, sind nicht nur langweilig, sondern

überfordern selbst den interessiertesten

Besucher. Selbstverständlich ist Text

wichtig, doch eine Ausstellung lebt von

seinen Exponaten, die Vergangenheit

lebendig werden lassen und greifbar machen.

Die ausführlichen Texte gehören in das

Begleitheft, und sollen nicht die eigentliche

Ausstellung bestreiten.

Ein weiterer Fehler, der besonders dann gemacht wird, wenn viele verschiedene Exponate

vorhanden sind, ist die fehlende klare Linie, der rote Faden, der durch das Museum führt.

Meist handelt es sich um eine einfache chronologische Abfolge, oder eine Aufteilung nach

Themengebieten. Für Besucher ist ein solcher Leitfaden, an dem sie sich orientieren können.

Fehlt er, können wichtige Exponate übersehen werden, oder es fehlt das Verständnis für das

Konzept der Ausstellung.

Fatal ist auch die Anwendung so genannter „Professorentexte“. Dabei handelt es sich um

hochtragende, mit Fremdwörtern überladene Texte. In solchen Fällen kommt es durchaus vor,

dass der Autor so weit vom eigentlichen Thema abschweift, dass der Besucher schlicht

überfordert ist. Verwenden Sie daher stets die „englische“ Schreibweise mit kurzen, klaren

Texten.

Schließlich muss auch auf die reine Exponateschau eingegangen werden. Ähnlich wie bei

ungeordneten Ausstellungen können fehlende Erklärungen und Beschriftungen zu

Verständnisschwierigkeiten führen. Tatsächlich gibt es noch einige Museen, die Exponate

völlig ohne Erklärung aufstellen. So geschieht es, dass interessante Stücke schlicht unbeachtet

bleiben.

Kleine Modelle werden immer beliebter.

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3. Lösungsvorschläge

Für die Gestaltung gibt es kein Patentrezept,

denn jedes Thema erfordert seine gas spezielle

Umsetzung. Dennoch lassen sich einige

Grundsätze zusammentragen, die jede

Ausstellung und jedes Museum befolgen sollten:

- Überfordern Sie Ihre Besucher nicht mit

zu viel Text. Das viele Lesen ermüdet

schnell und nimmt den Gästen bald das

Interesse.

- Verwenden Sie klare, kurze Sätze um das Interesse des Lesers aufrecht zu erhalten.

- Nutzen Sie Ihre Exponate effektiv und beschriften Sie alle Ihrer Ausstellungsstücke

- Machen Sie sich Gedanken über das Ziel Ihrer Ausstellung, und wie sie dieses am

leichtesten erreichen.

- Nehmen Sie Ihre Besuche im übertragenen Sinne „an die Hand“. Leiten Sie Ihn durch

die Ausstellung, so dass er einer klaren Führungslinie folgen kann.

- Zeigen Sie ein eindeutiges Konzept. Unterscheiden Sie die verschiedenen

Themengebiete durch abwechselnde

Farbgebung.

- Nutzen Sie verschiedene Medien, von

Audio, Video bis PCs.

- Lassen Sie einzelne Exponate

anfassen. Der Besucher muss mit

allen Sinnen angesprochen werden.

Anfassen erlaubt! Nachgebaute Helme

und Schilder im Limesmuseum Aalen.

Leben wie damals. Nachgestellte Wohn-

stube im Bajuwarenmuseum Kipfenberg

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Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Anregungen weiterhelfen und neue Denkansätze

vermitteln konnte. Sollten Sie nun sagen: „Solche Fehler macht heute doch kein

Museumsdirektor mehr!“, dann irren Sie sich. Versuchen Sie sich durchaus selbst zu

hinterfragen und überprüfen Sie doch einmal das Konzept Ihrer eigenen Ausstellung.

Haben Sie eine Meinung zu diesem Artikel? Schreiben Sie uns unter redaktion@riesner-

historica.com. Wir lernen gerne dazu!

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Museum des Monats

Römer und Bajuwarenmuseum Kipfenberg

Bereits mehrere Kilometer vor Kipfenberg weist ein Schild auf den vorhandenen Limes-

Infopoint im Bajuwarenmuseum hin. Über der Stadt erhebt sich schließlich die mächtige

Burganlage, in der sich das Museum befindet.

Ob sich entlang des Limes in Bayern seit der

Ernennung zum UNESCO-Weltkulturerbe viel

verändert hat sei dahingestellt, in Kipfenberg

hat sich seitdem viel verändert. Der römische

Bereich des Museums wurde grundlegend

renoviert und erstrahlt in neuem Gewand.

Das Museum betritt man über das Erdgeschoss

und beginnt den Rundgang durch die Ausstellung im Keller. Unabhängig davon, ob Sie als

interessierter Erwachsener das Museum besuchen, oder mit Ihren Kindern, sie werden

vorbildlich an die römische Geschichte herangeführt. Berühren Sie die nachgestalteten

Exponate, laufen Sie an Limespalisaden entlang

und betreten Sie ein römisches Wohnhaus. Hier

werden Sie nicht nur mit Informationen versorgt.

Vielmehr begeben Sie sich auf eine Reise durch

die Zeit. Nach der Römerzeit haben Sie die

Möglichkeit an der Wiederentdeckung des

Limes teilzunehmen. Auf einer großen

Wandkarte können sie sich mittels Konsole und

Leuchtdioden auf Entdeckungsreise zu den verschiedenen Fundorten entlang des Limes in der

Umgebung von Kipfenberg begeben.

Im Obergeschoss befindet sich schließlich das Bajuwarenmuseum. Das Highlight ist hier das

nachgestellte Keltengrab, das neben dem begrabenen Krieger auch die verschiedenen

Beigaben. Unter dem Dach gelangt man schließlich in die historische Sammlung. Sie bietet

die Möglichkeit, im Anschluss an die klare Führungslinie der Ausstellung, sich frei zu

bewegen und nach Herzenslust in den historischen Exponaten zu stöbern.

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Das Römer- und Bajuwarenmuseum in Kipfenberg ist der

Prototyp des modernen Museum. Es erfüllt alle

Anforderungen mit Bravour und findet den idealen

Mittelweg zwischen Information und Unterhaltung. Auch

der Spagat zwischen Erwachsenenausstellung und

Museumspädagogik wird hier problemlos umgesetzt. Der

Besuch des Kipfenberger Museums ist daher unbedingt

empfehlenswert.

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Ausflugsangebot:

10.00h-11.30h: Besuch des Lohrer Schulmuseums in Lohr-Sendelbach mit Führung.

12.00h-13.30h: Mittagessen im Gasthaus "Am Dorfbrunnen" in Lohr-Halsbach mit drei

Gerichten zur Auswahl.

14.00h-15.30h: Besichtigen des Obsthofes Stenger in Lohr-Halsbach mit Verkostung von

hauseigenen Likören und Schnäpsen. In dieser Zeit evt. kleiner Spaziergang durch Halsbach.

16.00h-17.00h: Kaffeetrinken ("Kaffee endlos") mit hausgemachten Saison-Obstkuchen

oder auch anderen Kuchen.

Kontakt unter: Touristinformation Lohr a. Main

Tel. 09352/5152 oder 09352/848460;

e-mail: [email protected]

Internet: www.lohr.de