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Thema: Auswirkungen von Großereignissen auf die Stadtentwicklung am Beispiel der EXPO 2000 in Hannover Ausarbeitung (PVL) im Rahmen des Faches Stadt- und Regionalentwicklung (große Ausarbeitung) Dozentin: Univ.-Prof’in. Dr. Hilde Schroeteler –von Brandt vorgelegt von: Volker Meier 590 390

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Thema:

Auswirkungen von Großereignissen auf die Stadtentwicklung am Beispiel der

EXPO 2000 in Hannover

Ausarbeitung (PVL) im Rahmen des Faches Stadt- und Regionalentwicklung

(große Ausarbeitung)

Dozentin: Univ.-Prof’in. Dr. Hilde Schroeteler –von Brandt vorgelegt von: Volker Meier

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Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 2 2 Großereignis EXPO 2000 3

2.1 Der Untersuchungsgegenstand 3

2.2 Bestandsaufnahme von Infrastruktur und Projekten 3

2.2.1 Das Weltausstellungsgelände 3

2.2.2 Weltausstellungsbedingt geschaffene Infrastruktur 6

2.2.3 EXPO-Projekte 8

2.2.4 Beteiligung niedersächsischer Unternehmen 9

2.3 Regionalökonomische Bewertung 10

2.3.1 Verbesserung der Infrastrukturausstattung 10

2.3.2 Lerneffekte 10

2.3.3 Netwerkeffekte und Kooperation 13

2.3.4 Ansiedlungs- und Gründungseffekte 15

2.3.5 Demonstrations- und Imageeffekte 16

2.4 Fazit 16

3 Stadtteil Kronsberg – Realisierung einer nachhaltigen Planung 18

3.1 Städtebauliches Konzept 19

3.2 Ökologische Optimierung Kronsberg 21

3.2.1 Energiekonzept 22

3.2.1 Wasserkonzept 23

3.2.3 Abfallkonzept 25

3.2.4 Ökologisches Baumanagement 28

3.2.5 Kronsberg-Umwelt-Kommunikations-Agentur GmbH 30

3.2 Stadt als Garten 30

3.2 Stadt als sozialer Lebensraum 32

4 Auszüge aus dem Lagebericht zur Stadtentwicklung 2002 33

5 Presseartikel 35

6 Schlusswort 37

7 Abbildungsverzeichnis 39

8 Literaturangaben 40

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1 Einleitung Für meine große Ausarbeitung wollte ich untersuchen, in wieweit sich Großereignisse auf die Stadtentwicklung auswirken. Genauer gesagt, ob sie einen nachhaltigen Einfluß auf die Entwicklung der betreffenden Regionen haben. In meinen Vorstellungen dachte ich an große sportliche Ereignisse wie Olympia oder die jetzt vor der Tür stehende Fußball-WM 2006. Ferner sollten Weltausstellungen in betracht gezogen werden. Während meiner Recherchen stieß ich leider auf wenig entgegenkommen, so dass das mir vorliegende Material sehr einseitig auf ein großes Event bezogen ist. Lediglich von der Weltausstellung in Hannover, der EXPO 2000, welche unter dem Motto "Mensch-Natur-Technik" stattfand, liegt mir umfangreiches Material vor. Aus diesem Grunde werde ich die EXPO 2000 genauer auf ihre nachhaltigen Effekte hin untersuchen. Darüber hinaus soll am Beispiel Kronsberg, einem dezentralen Projekt der EXPO, diese Untersuchung gestützt werden. Abschließend werde ich versuchen, die mir gewonnenen Ergebnisse auf beispielsweise die WM 2006 zu beziehen. Inwiefern für dieses Ereignis ähnliche Effekte zu erwarten sind, oder in welchen Bereichen diese Effekte stattfinden können.

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2 Großereignis EXPO 2000 Die Zahlen und Fakten in diesem Kapitel entstammen im Wesentlichen einer Schlussbilanz der EXPO 2000 aus dem Jahre 2001 (siehe Literaturangabe). 2.1 Der Untersuchungsgegenstand In diesem Kapitel sollen längerfristige Wirkungen der Weltausstellung aufgezeigt und bewertet werden. Viele der Investitionen und Projekte waren sowohl in ökologischer wie auch in ökonomischer Hinsicht von vorneherein auf langfristige Wirkungen und eine Nachnutzung angelegt. Die EXPO hatte den Anspruch, Lösungsansätze für zentrale Probleme aufzuzeigen, die dem Konzept der Nachhaltigkeit entsprechen. Ein Großteil der im Rahmen der EXPO geschaffenen Infrastruktur sollte nach deren Beendigung erhalten werden. Im Folgenden werden die durch die EXPO geschaffenen Potenziale überblicksartig dargestellt (siehe 2.2). Zum einen gehört dazu das Gelände der Weltausstellung in Hannover sowie die aufgebaute bzw. verbesserte Verkehrs- und Telekommunikationsinfrastruktur. Im Rahmen der weltweiten Projekte wurde in Niedersachen im erheblichen Maße eine wirtschaftlich relevante Infrastruktur erschaffen. Auch die touristische Infrastruktur muss erwähnt werden. Beispielsweise wurde Hannovers Zoo in einen „Erlebniszoo“ umgebaut. Viele niedersächsische Unternehmen nutzten den Rahmen der EXPO, um sich weltweit zu präsentieren. Nach diesem Überblick werden die davon ausgehenden Effekte in regionalökonomischer Sicht bewertet (siehe 2.3). Es sollen nicht nur die „harten“ Infrastrukturen beurteilt werden, sondern auch Lerneffekte und Kooperation der beteiligten Akteure sind als potenzialerweiternd zu sehen. Die geschaffenen Netzwerke und Kompetenzen können beim Aufbau neuer Geschäftsfelder helfen und positive Impulse für die Stadt- und Regionalentwicklung geben. Abschließend werden Ansatzpunkte untersucht, wie die innovativen Impulse der EXPO für die weitere Entwicklung des Landes und der Region Hannover aufgegriffen werden können (siehe 2.4). 2.2 Bestandsaufnahme von Infrastruktur und Projekten 2.2.1 Das Weltausstellungsgelände Um keine Nachnutzungsprobleme wie bei anderen Weltausstellungen zu bekommen, wurde das Gelände der EXPO 2000 von Anfang an unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit geplant. Das Ausstellungsareal wurde in einen großzügigen Landschaftspark integriert und das Prinzip eines sparsamen Geländeverbrauchs sowie die Errichtung nachnutzbarer Bauten kamen zum Einsatz. Damit wurde eine reelle Basis geschaffen. Das 88 ha große Messegelände der Deutschen Messe AG war von Beginn an in das 163 ha große Weltausstellungsgelände eingebunden. Im Vorfeld der EXPO 2000 wurden vor allem Hallenneubauten und -modernisierungen, Verbesserungen der technischen Infrastruktur sowie Maßnahmen der Freiflächengestaltung realisiert. Dies alles diente der Vorbereitung auf die EXPO, aber gleichzeitig auch der Modernisierung des Messegeländes. Zum Nachnutzungsbereich der Deutschen Messe AG zählt auch das 18 ha große EXPO-Westgelände. Während der Ausstellung fanden dort ausschließlich temporäre Bauten Platz (vgl. Abb. 2.1).

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Abb. 2.1: EXPO-Gelände Zum Weltausstellungsgelände gehörten ferner der unmittelbar östlich des Messeschnellweges gelegene EXPO-Plaza (ca. 12 ha) und das sich südlich anschließende EXPO-Gelände Ost mit einer Gesamtfläche von ca. 45 ha. Den Mittelpunkt bildete der EXPO-Plaza, der mittels einer 30 m Breiten Fußgängerbrücke, der „Exponale“, mit dem Messegelände verbunden wurde. Dieser Platz diente als Scharnier zwischen dem Messegelände und dem EXPO-Gelände und wurde von der Arena und dem Deutsche Pavillon sowie zwei westlich und östlich angeordneten Gebäudezeilen eingerahmt. Mit Ausnahme des Christus-Pavillon und des EXPO-Theaters wurden alle anderen Bauten auf der Plaza als dauerhafte Gebäude errichtet (vgl. Abb. 2.2). Mittlerweile sind alle Grundstücke der Plaza erfolgreich vermarktet.

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Abb. 2.2: Der EXPO-Park Hannover (EXPO-Plaza) Das EXPO-Ostgelände bot während der Weltausstellung Raum sowohl für temporäre als auch dauerhafte Bauten (vgl. Abb. 2.3). Im März 2001 war die konkrete Nachnutzung von insgesamt 10 von 35 Aufbauten positiv entschieden. Bei weiteren 7 Bauten bestanden begründete Aussichten, dass ihr Erhalt gesichert werden kann. Definitiv sollten 15 Pavillons abgebaut werden, die somit Platz für neue bauliche Nutzungen machen. Vergleicht man die Abb. 2.3 mit dem Internetauftritt vom EXPOSEEUM e.V. (http://www.expo2000.de/) kann man zu den damaligen Bauten, die als „bleibt vermutlich erhalten“ eingestuft wurden sagen, dass die Postbox, der Türkei-, Spanien- und Jemenpavillon, und der Pavillon der Hoffnung bis heute auf dem Gelände stehen.

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Abb. 2.3: Der EXPO-Park Hannover (Ostgelände) 1.2.2 Weltausstellungsbedingt geschaffene Infrastruktur Die Frage der sich ergebenden längerfristigen ökonomischen Vorteile, insbesondere für die Region Hannover betrifft vor allem die verbesserte Verkehrsinfrastruktur, aber auch Verbesserungen im Bereich der Telekommunikationsinfrastruktur und die touristische Infrastruktur im Land. Nachhaltige Verbesserungen der Verkehrsinfrastruktur hat es primär beim öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) durch folgende Maßahmen gegeben (vgl. Abb. 2.4):

• Die Errichtung des neuen leistungsfähigen S-Bahn-Systems (direkte Verbindung des Flughafens Hannover-Langenhagen mit der City und dem messegelände),

• Den Bau der Stadtlinie D, die das neue Wohngebiet Kronsberg, die dort bestehenden Gewerbegebiete und insbesondere die EXPO-Plaza und den EXPO-Park Hannover erschließt,

• Die generelle Modernisierung des Stadtbahnsystems (neue Fahrzeuge, weltweit erstmaliger Einsatz eines online betriebenen TV-Fahrgastinformationssystems).

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Abb. 2.4: EXPO-bedingte Infrastruktur im Überblick Auch im Bereich der Straßenverkehrsanbindung ist es zu nachhaltigen Verbesserungen gekommen,

• die zum einen das hannoversche Schnellwege- und Straßennetz und damit die straßenverkehrliche Anbindung des Messegeländes weiter verbessern,

• zum anderen den schnelleren Ausbau der Bundesautobahnen rund um Hannover betreffen.

Heute steht ein leistungsfähiges kooperatives Verkehrsmanagement in der Region Hannover zur Verfügung. Die Betreibergesellschaft Move hat sich zum Ziel gesetzt, eine Verknüpfung der bisher getrennten Bereiche Öffentlicher Verkehr und Individualverkehr zu erreichen. Auch die weltweiten EXPO-Projekte (siehe 2.2.3) haben einen Beitrag zur Verbesserung der regionalen Infrastruktur geleistet. Dies trifft besonders auf die Projekte zu, welche eine Aufwertung vorhandener und die Schaffung zusätzlicher touristischer Infrastruktur beinhalten. In diesem Zusammenhang sind exemplarisch drei Projekte angeführt: I Projekt „Stadt als Garten“

Hannover, die Großstadt im Grünen, verfügt über eine Vielzahl von Gärten und Parks, aber auch von Landschaftsräumen, die sich bis an die Stadtgrenze ziehen. Es war daher nur ein kleiner Schritt, für die EXPO 2000 einen Beitrag zum Thema Garten in seiner umfassenden Bedeutung zu konzipieren. Für die Besucher der EXPO 2000 war „Stadt als Garten" ein sichtbarer Beitrag zum Motto „Mensch-Natur-Technik“. Die nachhaltigen Verbesserungen, die durch dieses Projekt in Hannover erzielt wurden, sollen andere Städte ermutigen, an der Verbesserung der eigenen Gartenqualität zu arbeiten und zukünftig Städte gar als Gärten zu planen.

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II Projekt „EXPOnat Zoo Hannover“

Der Hannoversche Zoo wurde im Rahmen dieses Projektes in einen Erlebnispark umgewandelt. Nur Gräben oder Glasscheiben trennen die Tiere von den Menschen. Und die danken’s mit steigenden Besucherzahlen. Mittlerweile zählt der Zoo bei einem Besucheraufkommen von rund 1,05 Mio. Besuchern zu den erfolgreichsten Tierparks in Deutschland zählt. III Projekt „EXPO am Meer“

In Wilhelmshaven wurde mit der virtuellen Unterwasserwelt „Oceanis“ ein Edutainment Center geschaffen, welche im Jahre 2000 300.000 Besucher zählte. Künftig soll es eine wesentliche Ergänzung der touristischen Infrastruktur an der niedersächsischen Nordseeküste darstellen. In Zusammenhang mit vielen weltweiten Projekten ist an vielen Orten in Niedersachsen touristische Infrastruktur geschaffen oder verbessert worden. 2.2.3 EXPO-Projekte Bei der EXPO 2000 wurden erstmals dezentrale „Weltweite Projekte“ außerhalb des Weltausstellungsgeländes durchgeführt. In Niedersachsen wurden 68 Projekte registriert. Im Sinne der Nachhaltigkeit, was es von vorneherein geplant eine Vielzahl dieser Projekte weiterzuführen. Bei den offiziell abgeschlossenen Projekten ist touristische oder wirtschaftsnahe Infrastruktur geschaffen worden, die einen Beitrag zur Attraktivitätssteigerung des jeweiligen Standortes leistet. Bei der Untersuchung auf längerfristige regionalökonomische Auswirkungen werden auch die von den dezentralen Projekten ausgehenden Effekte berücksichtigt. Mit den Trägern von 17 ausgewählten Projekten wurden Experteninterviews geführt. Folgende Bedingungen mussten die Projekte erfüllen:

• das Projekt wird weitergeführt (auch im Sinne, dass im rahmen des Projektes geschaffene Infrastruktur weitergenutzt wird),

• das Projektvolumen betrug mehr als 10 Mio. DM,

• die Durchführung des Projektes wurde durch die EXPO positiv beeinflusst, d.h. die EXPO wirkte als „Initiator“, mindestens aber als Katalysator“ für das Projekt1)

• primär an sozialen Zielen ausgerichtete Projekte wurden aufgrund ihrer relativen Ferne zu regionalwirtschaftlichen Fragestellungen nicht berücksichtigt.

Inhaltlich wurden die Projekte in drei Gruppen klassifiziert: Stadt- und Regionalentwicklung, Ökologie und Forschung, Tourismus und Kultur (vgl. Abb 2.5) Bei der Bewertung der von diesen Projekten ausgehenden Effekte kann es nicht um Vollständigkeit gehen. Vielmehr sollen die nachhaltigen regionalökonomischen Wirkungen identifiziert und exemplarisch skizziert werden.

1) Damit wurden diejenigen Projekte ausgeschlossen, die in einer Befragung angaben, dass das Projekt auch unabhängig von der EXPO in gleicher Weise realisiert worden wäre.

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Abb. 2.5: Ausgewählte Weltweite Projekte 2.2.4 Beteiligung niedersächsischer Unternehmen Die niedersächsische Wirtschaft war intensiv und an verschiedener Stelle an der EXPO beteiligt. Die betraf vor allem:

• Die Beteiligung an der EXPO GmbH und am Deutschen Pavillon (EXPO-Beteiligungsgesellschaft der Deutschen Wirtschaft),

• Die Welt- und Produktpartner der EXPO,

• Unternehmen als Träger von weltweiten Projekten in Niedersachsen,

• Auftragnehmer in Zusammenhang mit dem bau und Betrieb der EXPO und der Weltweiten Projekte in Niedersachsen und

• Die Deutsche Messe AG als Vermieter eines großen Teils des Weltausstellungsgeländes.

Jeder mit der EXPO verbundene wirtschaftliche Erfolg oder Mißerfolg einzelner Unternehmen hat Einfluß auf das regionale Umfeld. Jedoch kann sich an dieser Stelle nicht mit einzelnen Unternehmen befasst werden (die Mehrzahl der Unternehmen wäre kaum bereit diesbezüglich ihre Daten zu veröffentlichen). Aktivitäten einzelner Unternehmen wurden dann näher betrachtet, wenn sie Teil besonderer Initiativen waren, die beispielgebend für zukünftige Projekte und Unternehmenskooperationen sind. Von besonderem Interesse sind regionale Netzwerke und Kooperationen, die eine große Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung von Regionen haben. Beispielhaft sei das Projekt BIEGE erwähnt, welches ein zeitweiser Zusammenschluss von 14 Handwerksbetrieben aus ganz Deutschland war. Die BIEGE hatte den gesamten Bau, Betrieb und Abbau des Themenparks mit einem Auftragvolumen von ca. 250 Mio. DM übernommen.

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Abb. 2.6: Skywalk

2.3 Regionalökonomische Bewertung 2.3.1 Verbesserung der Infrastrukturausstattung Der regionalen Infrastrukturausstattung kommt trotz zunehmender Bedeutung von „weichen“ Standortfaktoren nach wie vor eine Bedeutung zu. Daher ist in Bezug auf die längerfristigen EXPO-Effekte zunächst von Interesse, was an „harter“ Infrastruktur im Bereich des Straßenverkehrs, des öffentlichen Personennahverkehrs, der Telekommunikation etc. geschaffen wurde. Der größte Teil der Investitionen erfolgte im Sinne der Nachhaltigkeit. Maßgabe war eine Nutzung auch nach der Weltausstellung. Einige der getätigten Investitionen hätten auch ohne die EXPO stattfinden können, jedoch wären sie dann mit zeitlichen Verzögerungen erfolgt. Der Messeplatz Hannover

Hannover ist einer der weltweit führenden Messestandorten. Deswegen zählt der Messeplatz zu den wichtigsten profilbildenden Wirtschaftsfaktoren des Bundeslandes Niedersachsen. Neben Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekten ist der Messeplatz auch ein Imagefaktor. Die EXPO 2000 konnte die quantitative und auch die qualitative Dimension des Messegeländes nachhaltig verbessern. Auf dem Areal der Deutschen Messe AG stehen 469.655 m2 Hallenflächen und 57.825 m2 Freiflächen zur Verfügung. Zur Verbesserung der Infrastruktur auf dem Messegelände trugen insbesondere Baumaßnahmen wie Hallenbauten, Hallenerweiterungen und -modernisierungen, die Neugestaltung von Messeeingängen, die Modernisierung der kommunikations- und mobilitätstechnischen Infrastruktur (z.B. Skywalk), die Aufwertung von Freiflächen (Ambiente) sowie die Schaffung neuer Parkplätze bei. Mit den Infrastrukturmaßnahmen wurden nach Aussagen der Deutschen Messe AG Investitionen vorweg genommen, die ohne EXPO nur bis zum Jahr 2015 realisierbar gewesen wären. Der Ausbau der Hallen wird fortgesetzt. Messerelevante Infrastruktur

Zur messerelevanten Infrastruktur außerhalb des Geländes zählt insbesondere die Verkehrsinfrastruktur. Diese stellt die Erreichbarkeit des Messegeländes sicher. Insbesondere sind hier die S-Bahn-Verbindung zwischen Messegelände und Flughafen, die zur EXPO-PLaza führende Stadtbahnlinie D sowie der neu errichtete Fernverkehrsbahnhof Laatzen mit dem ICE-Halt an der Nord-Süd-Strecke zu nennen (vgl. Abb. 2.4). Um den Individualverkehr effizienter abwickeln zu können, wurde der EXPO-Ring erbaut. Weiter Maßnahmen, wie der sechsspurige Ausbau von Abschnitten der A2 und der A7 und der Bau der Pferdeturmkreuzung wurden getätigt. Mit dem Verkehrsunternehmen Move wurde ein Instrumentarium geschaffen, um das bei den großen Leitmessen übliche Verkehrsaufkommen effizient abzuwicklen. Die Hotelkapazitäten wurden durch die EXPO deutlich verbessert hinterlassen; sowohl quantitativ als auch qualitativ. Diese Tatsache trägt erheblich zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität von Messegästen bei und beeinflusst damit positiv die Wettbewerbsfähigkeit des Messeplatzes Hannover. Verkehrsinfrastruktur

Wie bereits unter der „messerelevanten Infrastruktur“ angesprochen, wurden viele Investitionen in die Straßeninfrastruktur getätigt. Dies ist die Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung einer Region. Die Beseitigung von Engpässen in der

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Straßenanbindung kommt der gesamten Wirtschaft in der Region zu Gute. Ein wichtiger Standortfaktor für Unternehmen ist ein leistungsstarker ÖPNV. Die Mobilität der Menschen ist ein wichtiger Aspekt der Stadt- und Regionalentwicklung und trägt zur Umweltentlastung bei. Die Maßnahmen betreffen in erster Linie die Deutsche Messe AG, die EXPO-Plaza, den EXPO-Park Hannover und die anderen Gewerbegebiete am Kronsberg. Aber auch für den Bereich um die Region Hannover ergeben sich neue Perspektiven durch die S-Bahn-Anbindung an das Zentrum Hannover und an den Flughafen Hannover-Langenhagen. Dies trifft auf Städte wie Nienburg, Celle, Hameln und Minden zu. Die Hannoverschen Verkehrsbetriebe haben aus den Investitionen und Maßnahmen aus der EXPO nachhaltigen Nutzen gezogen. Die Attraktivität des Straßenbahnnetzes wurde deutlich verbessert, was sich in zunehmenden Fahrgastzahlen niederschlägt. Umfragen haben ergeben, dass zahlreiche Bewohner der Region den ÖPNV erstmals oder auch verstärkt genutzt haben. Die da gewonnen positiven Erfahrungen schlagen sich nach der EXPO in einer stärkeren Nutzung des ÖPNV nieder. Telekommunikationsinfrastruktur

Anlässlich der Weltausstellung wurde der Standort Hannover zu einem der leistungsfähigsten Netzknoten der Bundesrepublik ausgebaut (Knotenpunkt für 10 GBit/s-Verbindungen). Darüber hinaus wurde das EXPO-Gelände zu einem im internationalen Vergleich modernsten Campus-Universalnetze (Festnetz und Mobilfunk) entwickelt. Dieses Netz steht auch nach der EXPO für andere Messen wie die CeBIT und für Unternehmensansiedlungen zur Verfügung. Touristische Infrastruktur

Die im Rahmen der EXPO 2000 entstandene bzw. durch sie geförderte touristische Infrastruktur trägt maßgeblich zur Attraktivitätssteigerung der einzelnen Standorte im Bereich Fremdenverkehr und Naherholung bei. Lediglich der bereits erwähnte Erlebniszoo ist in der Lage Besucher von weit außerhalb anzuziehen. Aus diesem Grund liegt der wesentliche touristische Effekt in der verbesserten Ausschöpfung des gegebenen regionalen Gästepotenzial. Das Touristische Potenzial könnte sich auch weiter erhöhen, wenn Vernetzungen zu anderen Attraktionsfaktoren (z.B. Museen, Freizeiteinrichtungen, Festivals) hergestellt werden. Nach Angabe aller befragten Einrichtungen werden derartige Vernetzungsansätze angestrebt. Weitere Infrastrukturmaßnahmen im Rahmen von Weltweiten Projekten

Auch im Zuge der Durchführung Weltweiter Projekte in Niedersachen wurde ökonomisch relevante Infrastruktur verbessert. Bei vielen Projekten wurden ökologisch orientierte und am Ziel der Nachhaltigkeit ausgerichtete wohnungs- und städtebauliche Maßnahmen realisiert. Beispielhaft sei hier die hannoversche Kronsberg-Siedlung (siehe 3) genannt. Sie trägt neben anderen Projekten nachhaltig zu einer qualitativen Verbesserung der Wohninfrastruktur der betreffenden Region bei. Daraus resultiert eine verbesserte Einschätzung des „weichen“ Standortfaktors „Wohn- und Umweltqualität“. Auch andere Standortfaktoren haben durch dezentrale Projekte eine Aufwertung erfahren. So wurde beispielsweise die Bildungsinfrastruktur durch den Umbau der Lüneburger Scharnhorst-Kaserne zur Universität stark aufgewertet.

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2.3.2 Lerneffekte Die entscheidende Determinante für die erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung einer Region ist das in ihr befindliche Wissen. Im Gegensatz zur Industriegesellschaft des letzten Jahrhunderts, wo das Sachkapital der strategische Wachstumsfaktor war, ist im regionalen Standortwettbewerb des 21. Jahrhunderts der entscheidende Erfolgsfaktor die Bildung. Das Humankapital, d.h. die in den Unternehmen vorhandenen Kenntnisse und Kompetenzen, übernehmen in der Wissensgesellschaft die Schlüsselrolle2). Neben individuellen Bildungsprozessen kann im Sinne von „learning by doing“ auch bei der Durchführung von Projekten der Bildungshorizont erweitert werden. Derartige Lerneffekte ließen sich auch im Zuge der EXPO beobachten. Besonderes Interesse haben diese Effekte, wenn sie sich als kollektive Lernprozesse vollziehen. In den Letzten Jahren hat sich unter dem Begriff der „Lernenden Region“ ein neues regionalpolitisches Entwicklungskonzept herausgebildet. Dieses stellt kollektive Lernprozesse in Unternehmen und Organisationen in den Mittelpunkt. Diese Lerneffekte sind eng mit den Kooperations- und Netzwerkeffekten verbunden, welche im nächsten Abschnitt (siehe 2.3.3) genauer betrachtet werden. Lerneffekte im Bereich des ÖPNV

Insbesondere aus dem Dienstleistungsbereich konnten Unternehmen durch ihre Tätigkeit während der EXPO 2000 Erfahrungen gewinnen und Kompetenzen entwickeln, die ihnen zukünftig eine bessere Wettbewerbsposition verschaffen. Dies lässt sich exemplarisch an den Anbietern von Verkehrsleistungen dokumentieren. Die Betreiber des ÖPNV haben zusätzliches Know-how hinsichtlich der Bewältigung und Abwicklung großer Fahrgastströme von und nach Großveranstaltungen bekommen. Die Erfahrungen wirken sich auch auf die technische Abwicklung bei Volllastbetrieb des ÖPNV-Systems im Hochsommer aus. Dieses Wissen bringt aber nur etwas, wenn es auch in anderen Zusammenhängen eingesetzt werden kann. Das Unternehmen Üstra (Betreiber des ÖPNV in Hannover) konnte seine Position auf dem deutschen und europäischen Markt für Verkehrsdienstleistungen deutlich verbessern. Die Planung, der Bau und die Abwicklung eines großen Teils des ÖPNV im Zuge der EXPO stellt ein Referenzprojekt dar, welches die Üstra und ihre Tochterunternehmen für die Durchführung neuer Großprojekte im Ausland qualifiziert. Lerneffekte im Rahmen von Weltweiten Projekten

Die Erweiterung des in der Region vorhandenen Wissens über Lerneffekte hat es vielfach auch bei der Umsetzung von dezentralen Projekten gegeben. Die Intensität und die Verwertbarkeit ist jedoch stark unterschiedlich. Projekte aus dem Bereich der Stadt- und Regionalentwicklung und Projekte des Klimaschutzes und der Energieeinsparung haben dazu beigetragen, Know-how und neue Qualifikationen auf Seiten der Betreiber, der beteiligten Unternehmen und der Besucher zu entwickeln. Das ganze umfasst technisches Wissen und organisatorische Aspekte. Besonders betrifft dies Lerneffekte in Zusammenhang mit der praktischen Anwendung energiesparender und klimaschonender Bautechnologien und alternativer Energieversorgungsaspekte. Die ökonomischen Effekte ergeben sich an verschiedenen Stellen:

• Wohnungsbaugesellschaften haben nach ersten Erfahrungen mit der Errichtung von Gebäuden nach dem Niedrigenergiestandard diesen auch bei anderen Projekten übernommen. Dieses zusätzliche Know-how steigert die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit.

2) Eine Wissenschaftliche Fundierung hiefür liefern die Modelle der neueren Wachstumstheorie (Romer 1990, Grossman

und Helpman 1992), in denen Wachstum als maßgeblich durch Humankapitalakkumulation entsteht.

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• Die Praktische Anwendung und die anschließende Demonstration von neuen Technologien (z.B energiesparendes Bauen und klimaschonender Energieerzeugung mittels Solarenergie) hilft diese auch auf der Nachfrageseite zum Durchbruch zu verhelfen. Das Zeigen der Machbarkeit hilft neue Marktnachfrage zu generieren.

• Auch in Verwaltungseinheiten, die mit der Umsetzung städtebaulicher Projekte befasst waren, sind Lerneffekte hinsichtlich ökologischer Standards sichtbar. So kommen unter anderem die sog. „Kronberg-Standards“ (siehe 3.2) auch bei anderen Bebauungsprojekten zum Einsatz.

Die Projekte stoßen aber auch an Grenzen. Z.B. wurde das Projekt „Kostengünstige klimaneutrale Passivhäuser“ im Rahmen der Kronberg-Siedlung (siehe 3) bisher nur zur Hälfte realisiert. Ökologische Ansprüche allein garantieren noch keinen Markterfolg. Zudem führte eine nicht unumstrittene Architektur zu einer geringeren nachfrage als erwartet. Ebenso wurden baurechtliche Grenzen aufgezeigt. So konnten beispielsweise bei der Errichtung der Kronberg-Siedlung die geltenden baurechtlichen Vorschriften über umweltverträgliche Baumaterialen der technologischen Entwicklung nicht mehr folgen. Dies führte zu Behinderungen des Baufortgangs. Bei den Projekten mit hohem touristischem Potenzial sind Lerneffekte vor allem Auf Grund gewachsener Kompetenzen in der Planungs-, Bau- und Einführungsphase festzustellen. So haben die Betreiber des Regenwaldhauses Hannover mit der Umsetzung des Projektes insbesondere konzeptionelles Know-how bei der Darstellung und Inszenierung ihrer Ausstellungsinhalte entwickelt. Dieses Know-how lassen sie nun in das in Potsdam geplante Projekt „Biosphäre“ einfließen. Das bereits angesprochene dezentrale Projekt in Wilhelmshaven „Oceanis“ hat zusätzliches Know-how in der Kundenorientierung und Beratungskompetenz gewonnen. Das Resultat ist, dass das Management von „Oceanis“ heute vergleichbare Projekte an anderen Standorten berät. 1.3.3 Netzwerkeffekte und Kooperation Regionale Netzwerke und Kooperationen haben eine maßgebliche Rolle für die erfolgreiche Entwicklung einer Region. Entwicklungsprobleme können durch externe Impulse (z.B. Neuansiedlungen) allein nicht gelöst werden. Ein erfolgsversprechenderer Weg ist die Kräfte der Region zu mobilisieren. Erfolgsvoraussetzung ist dabei die Fähigkeit der regionalen Akteure zur Kooperation. Die EXPO 2000 hat Impulse für den Aufbau oder die Intensivierung solcher Netzwerke gegeben. Viele haben den innovativen Wert dieser Kooperation erkannt und führen diese auch nach Beendigung der Weltausstellung fort. Kooperation von Unternehmen

Unternehmenskooperationen können unter bestimmten Voraussetzungen zu effizienteren und flexibleren Ergebnissen führen als konventionelle Eigenanfertigung oder Fremdbezug. Im Zuge des Aufbaus der Infrastruktur für die Weltausstellung sind solche Unternehmenskooperationen entstanden. Hiervon haben besonders kleine und mittlere Unternehmen profitiert. Sie kamen so in eine Lage, die es ihnen ermöglichte an den Aufträgen der Deutschen Messe AG mitzuwirken. Alleine hätten sie diese nicht bewältigen können. Ein Musterbeispiel für ökonomisch erfolgreiche Unternehmenskooperation stellt die BIEGE, die den gesamten Bau, Betrieb und Aufbau des Themenparks übernommen hatte, dar. 14 Handwerkbetriebe, davon 7 aus Niedersachsen, schlossen sich für eine befristete Zeit zusammen, um dieses

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Großprojekt zu bewältigen. Alleine hätte vermutlich keiner der Partner an diesem Projekt partizipieren können. Neben der BIEGE waren auch andere Arbeitsgemeinschaften kleiner und mittelständischer Firmen erfolgreich an EXPO-bedingten Projekten beteiligt. Kooperation im Rahmen von dezentralen Projekten

Kooperationen zwischen unterschiedlichen regionalen Akteuren spielten auch bei der Durchführung der dezentralen Projekte in Niedersachsen eine entscheidende Rolle. In den Experteninterviews (siehe 2.2.3) wurde die enorme Bedeutung dieser Kooperation immer wieder betont. Nach Einschätzung der Befragten wurden die gegründeten Kooperationen als erfolgreich und für die Regionalentwicklung bedeutsam beurteilt und sollen nach Beendigung des Projekts fortgeführt werden. Die im Zusammenhang der EXPO durchgeführten wohnungs- und städtebaulichen Projekte haben zu nachhaltigen und neuen Kooperationen zwischen Partner in und außerhalb der Region geführt. Im Rahmen der EXPO schloss man sich mit Partnern zusammen, die die selben Ziele verfolgten (z.B. Klimaschutz). Daraus ergaben sich weitere Initiativen und Bündnisse und so wurde nach und nach eine Klimaschutzinfrastruktur erschaffen. Die Nachhaltigkeit dieser Strukturen zeigt sich beispielsweise an der Gründung einer Klimaschutzagentur, die im Rahmen des entstandenen Netzwerkes bündelnd und koordinierend tätig werden soll. Überregionale Netzwerkeffekte entstanden z.B. beim Konzept der Ökologischen Optimierung der Kronsberg-Siedlung. Hier wurde die Aufmerksamkeit eines europaweiten Fachpublikums gewonnen und damit auch eine neue (externe) Kooperation angeregt. Das Know-how wird exportiert und damit die städtebaulichen Konzepte verbreitet. Davon profitieren wieder die Unternehmen, die nun einen größeren Markt vorfinden. Ebenfalls können die niedersächsischen Partner auf das Know-how aus anderen Regionen zurückgreifen und bringen es in die Region. Dies wiederum dient der Weiterentwicklung städtebaulicher Projekte in Niedersachsen. Um diese Wirkungen nach der EXPO nicht zu verlieren, haben die im Städtenetz EXPO-Region zusammengeschlossen Städte (Celle, Hannover, Hameln, Hildesheim, Nienburg, Peine und Stadthagen) eine „Route der guten Beispiele“ entwickelt. Positive Beispiel der EXPO 2000 sollen so weiterhin dem Fachpublikum aktiv präsentiert werden. Das Projekt „Flusslandschaft Elbe“, in dessen Zuge der Umbau der Scharnhorst-Kaserne zu einer Universität vorgenommen wurde, hat als Konversationsmaßnahme heute internationalen Vorbildcharakter. Das Netzwerk besteht aus dem Bonn Center for Conversion, Regional- und Kommunalplanern und Unternehmen aus dem konversionsorientierten Baugewerbe. Viele der vor allem ökologisch orientierten Projekte haben von Anfang das Ziel verfolgt, die jeweilige Region an dem Projekt teilhaben zulassen und inhaltliche Aspekte, insbesondere das der Nachhaltigkeit, in die Region zu tragen. Im Zusammenhang mit dem Projekt „Biotechnologie in der Kreislaufwirtschaft“ in Ganderkesee wurde ein Verein zur regionalen EXPO-Koordinierung gegründet. Der Verein wird sich auch zukünftig mit Fragen der Nachhaltigkeit in den Bereichen Umwelt, Bildung, Wirtschaft, Arbeit und Kultur auseinandersetzen und damit Impulse für die nachhaltige Regionalentwicklung beisteuern. Im Bereich der touristischen Projekte haben Kooperationen in der jüngeren Vergangenheit noch keine größere Rolle Gespielt. Bei fast allen Projekten wurden aber Kooperationen im Bereich der gemeinsamen Vermarktung geschaffen. Diese sollen Anwendung bei der kooperativen Vermarktung für die Herrenhäuser Gärten und auch

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dem Erlebniszoo Hannover finden. Es bestehen enge Beziehungen zu Forschungsinstitutionen, welche sich an der Weiterentwicklung von Ausstellungskonzepten beteiligen. Ein wesentlicher Effekt dieser Kooperationen ist die Vorbildfunktion, unabhängig vom Fortbestehen eines Projektes. Erfolgreiche Erfahrungen können die Akteure auch zum Zusammenschluß bei zukünftigen Projekten ermutigen. Die Beteiligten an Projekten haben erkannt, dass ein gemeinsames Vorgehen in der Region auch Projekte umsetzen kann, welche zunächst als utopisch erschienen. 2.3.4 Ansiedlungs- und Gründungseffekte Wichtig für einen erfolgreichen regionalen Strukturwandel sind Ansiedlungen und Unternehmensgründungen. Sie stellen einen wichtigen Ansatz im Wandel hin zu innovativen, technologie- und wissensorientierten Unternehmen dar. Die Ansiedlungspolitik stelle ein großes Problemfeld da. Viele konkurrierende Gemeinden und Regionen treffen auf eine vergleichsweise geringe Zahl an standortsuchender Unternehmen. Deshalb ist es hoch zu bewerten, wenn es gelingt, Unternehmen aus anderen Regionen anzusiedeln. Ansiedlungen auf dem Weltsausstellungsgelände

Für neue Unternehmensansiedlungen steht die als „EXPO-Park Hannover“ bezeichnete Teilfläche des ehemaligen Weltausstellungsgeländes zur Verfügung (vgl. Abb. 2.2 und 2.3). Die Grundstücke des EXPO-Plaza (vgl. Abb. 2.2) konnten alle verkauft werden. Folgerichtig konzentrieren sich die Vermarktungsaktivitäten auf das Ostgelände (vgl. Abb. 2.3). Das Ansiedlungskonzept liegt schwerpunktmäßig in den Bereichen der Informations- und Kommunikationstechnologie sowie Multimedia. Dieses resultiert aus der Unterbringung des „Kurt-Schwitters-Forum, der Fachhochschule für Medien und Design sowie der Hochschule für Musik und Theater auf dem EXPO-Plaza. Die beauftragte EXPO Grund GmbH, welche mit der Vermarktung des EXPO-Parks Hannover beauftrag ist, verfolgt das Ziel, eine intensive Vernetzung zwischen Forschung, Lehre und Praxis herzustellen. So soll ein Kompetenzzentrum in räumlicher Nähe entstehen. Dies begünstigt vor allem das Entstehen eines innovativen Milieus, das durch kollektives Lernen, Wissenstransfer und Kooperation zu einer besseren Ausnutzung des regionalen Innovationspotenzials führen soll. Dadurch entstehen positive Standortbedingungen, welche weitere Unternehmen und Forschungseinrichtungen dazu veranlassen können, sich auch dort anzusiedeln. Einige namhafte Firmen aus dem IT- bzw. Multimediabereich konnten im EXPO-Park angesiedelt werden. Dazu gehören u.a. Mobilcom, TV-Travelshop (TUI), Schlütersche Verlagsanstalt (Online-Service), Cisco Systems und Peppermint Park (Mousse T). Nach Schätzungen der EXPO Grund wurden auf dem Gelände bisher durch private und öffentliche Investitionen 1.640 Arbeitsplätze dauerhaft gebunden. Davon entfallen 930 Arbeitsplätze auf private Firmenansiedlungen. Ansiedlungen und Gründungen im Raum dezentraler Projekte

In einigen Fällen ist die Durchführung von Projekten unmittelbar als Unternehmensansiedlung zu sehen. Beispielhaft können hier die Herrmannsdorfer Landwerkstätten am Kronberg genannt werden. Die Entscheidung für den Standort

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Hannover ist im wesentlichen auf die EXPO zurückzuführen. Gut 60 Arbeitsplätze sind so entstanden. Im Rahmen der „Ökologischen Optimierung Kronsberg“ wurde erfolgreich ein neues ökologisches Bodenmanagement angewandt, welches sich auch als kommerziell tragbar erwies. Die Stadt Hannover hat in Verbindung mit einem Partner aus der Wirtschaft ein Unternehmen gegründet um diese Managementleistung auch bei anderen Siedlungsprojekten anbieten zu können. In einigen der genauer untersuchten dezentralen Projekte sind positive Impulse für Unternehmensansiedlungen entstanden. Beispielsweise wurde im Projekt Nordwolle Delmenhorst eine Industriebrache reaktiviert und ein neuer Stadtteil geschaffen, der konzeptionell auf die Telearbeit und „Neue Medien“ ausgerichtet ist. In diesem Rahmen wurde attraktive Büro- und Gewerbeflächen geschaffen, in denen sich insbesondere Unternehmen aus dem Informations- und Kommunikationssektor ansiedelten. Es ist anzunehmen, dass ohne die Projektdurchführung ein anderer Standort gewählt worden wäre. 2.3.5 Demonstrations- und Imageeffekte Während der Weltausstellung konnte die deutsche Wirtschaft ihre Produkte der Weltöffentlichkeit präsentieren und ihre Kompetenzen demonstrieren. Ebenfalls diente sie vielen regionalen Unternehmen als Versuchsfeld. Die Träger der dezentralen Projekte nutzten die EXPO als „Schaufenster“ für ihre Aktivitäten. Auch in der Zukunft soll die Region in Verbindung mit Klimaschutz gebracht werden und als „Region vorbildlichen Bauens“ gelten. Dieses soll die Attraktivität der Region für Unternehmen aus der Umweltwirtschaft steigern. Die Vermarktungspotenziale von vielen Beteiligten haben sich deutlich verbessert. Einige zogen sogar internationales Interesse auf sich. So konnte sich beispielsweise das EXPONEL-Projekt (regenerative Energien) auf der japanischen Umweltmesse „WASTEC“ in Tokio präsentieren. 2.4 Fazit Die Weltausstellung hat eine Vielzahl unterschiedlicher, längerfristig anhaltender Effekte ausgelöst. Die Verkehrs- und Telekommunikationsinfrastruktur hat sich deutlich verbessert. Vielerorts haben sich Initiativen gebildet, in denen unterschiedliche Akteure der Region zusammen gekommen sind. Die Weltausstellung hat für einen Anstoßeffekt gesorgt. Der Modernisierungsprozeß im Land wurde angeregt oder deutlich beschleunigt. So wurden Investitionen getätigt, die ohne die EXPO über einen westlich längeren Zeitraum getätigt worden wären. Inwieweit diese Initialzündung und die erhöhte Kooperationsbereitschaft nachhaltig sein wird, werden die kommenden Jahre zeigen. Die Landes- und Regionalpolitik sollte die durch die EXPO verbreiteten Handlungsmuster nutzen und an den begonnenen Modernisierungsprozeß anknüpfen. Grundsätzlich muss man zwischen zwei Modernisierungsstrategien der EXPO 2000 unterscheiden. Zum einen wurde die Infrastruktur modernisiert und zum anderen die Regionalpolitik. Letzteres wird durch das verstärkte Einsetzen von neuen Verfahren zur Mobilisierung und Beteiligung von Akteuren in den jeweiligen Regionen sichtbar. Anfangs waren die Planungen auf den zentralen Ort des Weltausstellungsereignisses ausgerichtet. Dies hatte jedoch den Nachteil, dass die in das Zentrum fließenden

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Ressourcen für andere Regionen nicht mehr zur Verfügung standen. Diese Problematik wurde durch die Einführung der dezentralen Projekte abgefedert. Andere niedersächsische Regionen wurden so mit in das Weltausstellungsgeschehen einbezogen. Die Modernisierung der Infrastruktur hat der Region Hannover erhebliche Standortvorteile gebracht. Die hierbei eingesetzten Ressourcen standen dabei einem Teil der anderen niedersächsischen Region nicht mehr zur Verfügung. Allerdings hat sich die Positionierung Hannovers im überregionalen Standortwettbewerb stark verbessert. Langfristig müssten davon auch die anderen niedersächsischen Wirtschaftsräume profitieren und in ihrer Entwicklung aufholen können. Regionalisierungsstrategien sind ein viel versprechender Weg zur Stärkung regionaler Wirtschaftspotenziale. Akteure aus unterschiedlichen Bereichen sollen motiviert werden, regionale Kooperationen einzugehen. Dadurch sollen ungenutzte Potenziale mobilisiert werden. Erfolgreiche innovative Projekte werden im allgemeinen nicht von einzelnen Personen oder Institutionen bewerkstelligt, sondern entfalten erst durch das gemeinsame Vorgehen möglichst vieler Akteure ihre nachhaltige Wirkung. Die Weltausstellung hat zur Bildung vielfältiger Kooperationen beigetragen und dafür gesorgt, dass die Regionen sich auf prioritäre Projekte verständigt haben. Es ist anzustreben viele dieser Aktivitäten weiterzuentwickeln und gemeinsam neue Projekte in Teilregionen auf den Weg zu bringen. Konkrete Umsetzungsschritte hierzu sind:

• Die regelmäßige Durchführung von Regionalkonferenzen

• Die flächendeckende Erstellung von Regionalen Entwicklungskonzepten,

• Die Erarbeitung von Konzepten zur Stärkung innerregionaler Kooperation. Künftige Regionalpolitik sollte den Schwerpunkt auf die Steigerung der regionalen Innovationsfähigkeit legen. Ungenutzte Potenziale müssen mobilisiert werden. Dies geschieht am besten an konkreten Vorhaben, bei denen die Akteure die Möglichkeit haben, ihre Ziele und Vorgehensweisen unter bestimmten Rahmenbedingungen selbst zu gestalten.

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3 Stadtteil Kronsberg – Realisierung einer nachhaltigen Planung

Abb. 3.1: Übersichtskarte Erstmals im Rahmen einer Weltausstellung wurden weltweit dezentrale Projekte gefördert. In Hannover gehörten dazu drei Projekte, die der nachhaltigen Stadtentwicklung dienen sollten:

• Ökologische Optimierung Kronsberg (siehe 3.2)

• Stadt als Garten (siehe 3.3)

• Stadt als sozialer Lebensraum (siehe 3.4) Der Bau eines neuen Stadtteils war notwendig geworden, nachdem die Wohnungsknappheit Anfang der neunziger Jahre und der Mangel an Bauflächen der Stadt keine andere Wahl ließ. Ein zusätzlicher Wohnungsbedarf ergab sich aus der Zeit während der Weltausstellung. Der Stadtteil wurde in städtebaulicher, ökologischer und sozialer Hinsicht beispielhaft gestaltet und stellt ein Exponat mit hoher Lebensqualität im Rahmen der Ausstellung dar.

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3.1 Städtebauliches Konzept Im Vorfeld der EXPO wurden am Westhang des Kronsbergs rund 2600 Wohnungen und 240 Reihenhäuser für etwa 7000 Bewohnerinnen und Bewohner erbaut. In Abhängigkeit vom Bedarf können langfristig bis zu 6000 Wohnungen für 15000 Bewohner entstehen. Mehr als 1000 Wohnungen wurden in der Vornutzung EXPO-Beschäftigten zur Verfügung gestellt. Für die hochgesteckten Ziele wurden spezielle Kronsberg-Standards in den Bereichen Städtebau, Sozialkultur und Umwelt entwickelt. Weniger spektakuläre Highlights, sondern praktikable Lösungen standen im Vordergrund. In einer kooperativen Planung sollten die Bürger mit einbezogen werden. Zuvor war der Kronsberg eine weitgehend landwirtschaftlich genutzte Fläche. Es gab schon seit langem die Bestrebungen Teile des Kronsbergs städtebaulich zu entwickeln. Erst durch die bevorstehende EXPO 2000 wurden diese Pläne Realität. Es wurde ein Konzept für den Gesamtraum Kronsberg auf der Grundlage zweier Wettbewerbe entwickelt. Dieser Gesamtraum umfasste das EXPO-Gelände und auch den neuen Stadtteil und den Landschaftsraum. Der neue Stadtteil erstreckt sich bandförmig von Norden nach Süden und verbindet den vorhandenen Stadtteil Bemerode mit dem Bereich Messe/Weltausstellungsgelände. Das städtebauliche Konzept wurde im Zusammenhang mit der Landschaftsplanung entwickelt. Bebauung Der Stadtteil bestand in der ersten Baustufe (vgl. Abb. 3.2 und 3.3) aus zwei Quartieren mit jeweils einem zentralen Park. Durch die Beteiligung zahlreicher Bauträger, Architekten und Landschaftsplaner ist ein Vielfältiges Angebot an Bebauungsformen und Freiflächen entstanden. Die zwei- bis viergeschossige Bebauung mit Blöcken, Zeilen und Stadtvillen ist entsprechend der Lage am Westhang gestaffelt. Die Höchste Verdichtung liegt im Bereich der Stadtbahnlinie.

Abb. 3.2: 1. Baustufe bis zum Jahr 2000

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Abb. 3.3: Luftbild erster Bauabschnitt April 1999 Verkehr Die Ausrichtung entlang der Stadtbahnlinie D (vgl. Abb. 3.1) ergibt kurze Wege. Die Fahrzeit zur Innenstadt beträgt maximal 20 Minuten. Im Stadtteil sind drei Haltestellen angeordnet, so dass die längsten Fußwegeverbindungen von den Wohnungen 600 Meter nicht überschreiten (vgl. Abb. 3.4). Die Straßen im Gebiet selber sind verkehrsberuhigt und begünstigen dadurch Fußgänger und Radfahrer. Im Süden wird der neue Stadtteil über eine neue Straße an den Messeschnellweg angeschlossen. Die alleenförmigen Straßen haben einen stark ausgeprägten öffentlichen Charakter. Freiflächen Wesentliches Ziel der Planung war die Verknüpfung von Stadtteil und Landschaft. Direkt an das Baugebiet schließt der Landschaftsraum an, der zu einem naturnahen Erholungsraum entwickelt werden sollte. Der neue Stadtteil ist mit öffentlichen Freiräumen großzügig ausgestattet. Es gibt Grünzüge, zentrale Quartierparks, mehrere Spielplätze, einen Stadtteilpark und einen Stadtteilplatz. Für Kinder bestehen interessante Spiel- und Streifräume. Wohnungsangebot Die Lage am Westhang bestimmt die Ausrichtung der Wohnungen. Alle Wohnungen sind hell und platzsparend gestaltet und haben einen Bezug sowohl zur Straße als auch zum Innenhof (siehe Abb. 3.5).Mieterterrassen, Balkone oder Dachterrassen stellen Private Freiräume dar. Die Reihenhäuser liegen am östlichen Siedlungsrand.

Abb. 3.4: Verkehrskonzept

Abb. 3.5: Innenhof

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Die Bildung von Nachbarschaften und eine ausgewogene Bewohnerstruktur standen bei der Planung im Vordergrund. Städtische Vorgaben legten die gewünschte Wohnungsmischung fest. Die Finanzierungsprogramme von Land, Bund und Stadt garantierten günstige Mieten. Sie umfassten ein breit angelegtes Förderungsprogramm. Mehr als 90 % der Bevölkerung waren zum Bezug der Wohnungen berechtigt. Es gibt einen großen Anteil an alten- und behindertengerechten Wohnungen. Das Projekt „Habitat“ stellt eine Besonderheit dar. In diesem Projekt wurden spezielle Wohnformen für Bewohner unterschiedlicher Nationalitäten verwirklicht.

Abb. 3.6: Wohnmischung 3.2 Ökologische Optimierung Kronsberg Bei der Gestaltung des Stadtteils Kronsberg wurden alle bis dato bekannten Kenntnisse zur Ökologischen Optimierung für das Bauen und Wohnen einbezogen. Die „Ökologische Optimierung Kronsberg“ ist ein dezentrales weltweites Exponat zur Weltausstellung. Um den Informationsfluss zwischen den zahlreichen Akteuren herzustellen wurde eigens die Kronsberg-Umwelt-Kommunikations-Agentur GmbH (kurz KUKA) gegründet (siehe 3.2.5).

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Abb. 3.7: Energiekonzept

3.2.1 Energiekonzept Kronsberg Für den Stadtteil Kronsberg hatte sich die Stadt Hannover zum Ziel gesetzt, mindestens 60% der CO2-Emmissionen bei Raumheizung, Warmwasser und Strom gegenüber den damaligen Normalstandards einzusparen. Auf Wohnkomfort und Behaglichkeit sollte dennoch nicht verzichtet werden. Im Gegenteil: durch gesunde und umweltverträgliche Baumaterialien und eine gute Luftqualität im Haus sollte das Wohlgefühl erhöht werden. Das Energiekonzept gliederte sich in die „Energetische Optimierung“, die sich aus Niedrigenergiehäuser, Stromsparen und Nahwärmeversorgung durch Blockheizkraftwerke stützte und in die Nutzung erneuerbarer Energien und innovativer Technik. Die „Energetische Optimierung Kronsberg“ gilt als zukunftweisendes Stadtentwicklungsprojekt. Es ist beispielgebend für Neubaugebiete in Deutschland. Dieses Konzept ist ein Untervorhaben des dezentralen EXPO-Projekts und wird von der EU gefördert. Zur energetischen Optimierung wurde am Kronsberg das Niedrigenergiehaus (NEH) als Standard errichtet. Per Kaufvertrag wurden die Bauträger verpflichtet, den Wert von 55 kWh/m2 nicht zu erreichen. Üblicherweise lag dieser bei 70 kWh/m2. Die rechnerische Energieeinsparung allein reicht nicht aus. Die energiesparende Bauweise beginnt im Detail mit beispielsweise der Konstruktion von wind- und luftdichten Räumen oder der Vermeidung von Wärmebrücken. Aufgrund dessen wurden Niedrigenergie-Standards festgeschrieben. Ein umfangreiches Stromsparprogramm wurde eingeführt: so sollen beispielsweise möglichst alle Spül- und Waschmaschinen mit Warmwasser versorgt werden. Die Landesregierung hat ein Energie-Einspar-Programm zur Förderung für Stromsparmaßnahmen aufgelegt. Alle Haushalte bekamen kostenlos bis zu fünf Energieeinsparlampen und zwei Wasserparperlatoren. Ein weiterer Baustein der „Energetischen Optimierung“ ist die wirtschaftliche Nahwärmeversorgung. Grundsätzlich werden alle Gebäude auf dem Kronsberg mit Nahwärme aus gasbetriebenen Blockkraftheizwerken (BHKW) oder aus regenerativen Energien versorgt. Eines der innovativsten Bauvorhaben bei der Nutzung regenerativer Energien ist das „Solarcity-Projekt“ der Gesellschaft für Bauen und Wohnen Hannover mbH (GBH). Der Bau eines 2.750 m3 großen solaren Wärmespeichers (siehe Abb. 3.8) ermöglicht die Nutzung der Sonnenenergie vom Frühjahr bis in den Dezember hinein. Etwa 100 Wohnungen beziehen daraus 40% ihrer Wärme. Die fehlenden 60% kommen aus dem Nahwärmenetz. Weiter werden im Stadtteil Kronsberg Photovoltaikanlagen und Solarsegel eingesetzt. Der so gewonnene Strom wird in das vorhandene Stromnetz eingespeist. Ferner

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entstanden zwei große Windenergieanlagen der neuesten Generation. Diese decken den Strom von 3000 Wohneinheiten.

Abb. 3.8: Erdspeicher des Projekts Solar-City 3.2.2 Wasserkonzept Kronsberg

Abb. 3.9: Wasserkonzept Abb. 3.10: Mulden-Rigolen-System Wasser ist lebenswichtig. Ohne Wasser gäbe es kein Leben. Nachhaltiger Städtebau hat daher auch immer zur Aufgabe, unseren sorglosen Umgang mit dem Wasser transparent zu machen und Alternativen anzubieten. Das Wasserkonzept für den Kronsberg besteht aus drei Teilbereichen:

1. Naturnahes Regenwassersystem als Teilvorhaben des registrierten EXPO-Projekts „Ökologische Optimierung Kronsberg“, das auch einen Part „Visualisierung“ enthält,

2. Flächendeckende Trinkwassersparmaßnahmen 3. Qualifizierung und Sensibilisierung.

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1. Naturnahes Regenwassersystem

Das am Kronsberg eingesetzte naturnahe Regenwassersystem erhält die Eigenschaften eines natürlichen Wassersystems. Das anfallende Regenwasser aller Bau- und Verkehrsflächen wird zurückgehalten und verzögert in die Gewässer eingeleitet. Ein konventionelles Entwässerungssystem würde bei einer so großflächigen Bebauung zu einer erheblichen Beeinträchtigung des natürlichen Wasserhaushaltes führen. Die Folge wäre eine Absinkung des Grundwasserspiegels in den umliegenden Waldgebieten. Da die Wasserführung der Oberflächengewässer am Kronsberg starken Schwankungen unterliegt, war eine flächendeckende naturnahe Regenwasserbewirtschaftung unumgänglich. Der Wasserkreislauf sollte so erhalten bleiben, dass er einem natürlichen, unbeeinflussten Zustand entsprach. Als geeignetes Verfahren erwies sich das Mulden-Rigolen-System (vgl. Abb. 3.10). Es wurde flächendeckend auf einer Länge von 11 Kilometern installiert. So war die Versickerung, Rückhaltung und gedrosselte Ableitung gewährleistet. Zusätzlich wurden 18-35 Meter breite Rückhalteflächen parkartig angelegt. Das Zusammenwirken aller Teilbereiche in diesem System stellt den Erhalt des natürlichen Regenwasserabflusses am Kronsberg sicher. 2. Trinkwassersparmaßnahmen

Die Umsetzung der flächendeckenden Trinkwassermaßnahmen begann bereits bei der Berechnung der Rohrsysteme für das Trinkwasserleitungsnetz. Leitungen mit kleinen Querschnitten wurden verwendet. In der Ausbauphase der Wohneinheiten nutzte man zahlreiche Möglichkeiten, die Wasserverschwendung im Haus zu reduzieren:

• Sparstrahlregler (Durch Luftzumischung wird die Wassermenge halbiert)

• Durchflussbegrenzer

• Durchflusskonstanthalter Um Trinkwasser zu sparen wird gewonnenes Regenwasser als Betriebswasser für Toilettenspülungen oder als Brauchwasser für die Bewässerung von Grünflächen eingesetzt. Da die Trinkwasserknappheit heute ein großes und stetig wachsendes Problem darstellt, sollte die Weltausstellung Alternativen zum hohen Trinkwasserverbrauch zeigen. Aus diesem Grund wird auf dem EXPO-Gelände in gleicher weise verfahren und das anfallende Regenwasser in einem zentralen Rückhaltebecken im EXPO-Park Süd gesammelt. Durch den Bau eines eigenen Betriebswassernetzes wird das gesammelte Regenwasser als Brauchwasser für Toilettenspülungen, gewerbliche Nutzung und für die Freiflächenbewässerung genutzt.

Unser Wasserverbrauch: Durchschnittlich verbrauchen wir in Deutschland 128 Liter Trinkwasser pro Person und Tag, davon: • 35% zum Baden und Duschen • 25% für die Toilettenspülung • 25% als Waschwasser • 10% zum Geschirrspülen • und nur 5% zum Trinken und Kochen. Die Stadtwerke Hannover als Wasserversorger am Kronsberg nehmen für den neuen Stadtteil hingegen nur noch einen täglichen Trinkwasserbedarf von 100 Litern pro Person und Tag an.

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3. Qualifizierung und Sensibilisierung

Um die lebenswichtige Bedeutung des Wassers eindrücklich zu vermitteln sind Bildungs- und Beratungsmaßnahmen im wasserbaulichen als auch im Nutzerbereich geplant. Die KUKA (siehe 3.2.5) hat dazu ein Umweltkommunikationskonzept erarbeitet. Dessen wesentlicher Bestandteil ist eine zielgruppenorientierte Aufarbeitung und Vermittlung des Themas. Um Trinkwasser einsparen zu können bedarf es veränderter Verhaltensweisen der Bewohner. Diese sollen durch Veranstaltungen, Ausstellungen, Faltblätter und Broschüren erreicht werden. Im Stadtteil Kronsberg wird Wasser als städtebauliches Gestaltungs- und Erlebniselement (vgl. Abb. 3.11) eingesetzt und führt somit den Menschen seine Bedeutung täglich vor Augen. Durch den Einsatz von Wasser wird ein gesundes Klima geschaffen und zusätzlich die Staubbildung erheblich reduziert. Dies alles trägt zum Wohlbefinden bei.

Abb. 3.11: Regenwasserteich 3.2.3 Abfallkonzeptkonzept Kronsberg

Abb. 3.12: Abfallkonzept Oberstes Ziel der Abfallwirtschaft in Hannover ist eine konsequente Abfallvermeidung und Abfallverwertung. Bereits in der Planungs- und Bauphase wurde die zu deponierende Abfallmenge durch getrennte Lagerung der verwertbaren Stoffe drastisch reduziert.

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Das Abfallkonzept gliedert sich in zwei Teilbereiche:

1. das Bauabfallkonzept und 2. das Haus- und Gewerbeabfallkonzept.

Beide Teilbereiche zusammen sind Untervorhaben des EXPO-Projekts „Ökologische Optimierung Kronsberg“. 1. Das Bauabfallkonzept

40 Gewichtsprozent beträgt der Anteil der Bauabfälle am Gesamtabfallaufkommen. Die Stadt Hannover hat für die Investoren am Kronsberg eine Reihe von Regelungen vertraglich festgeschrieben. Wer am Kronsberg baut, baut ökologisch. Er verpflichtet sich Baustoffe zu verwenden, die hinsichtlich ihrer Gewinnung, Bearbeitung, Funktion und Beseitigung eine hohe Gesundheits- und Umweltverträglichkeit aufweisen. Hohe Kosten für Sonderabfälle einer späteren Entsorgung werden somit gänzlich vermieden. Investoren hatten die Aufgabe ein abfallarmes Bauen zu ermöglichen. Sollte der Abfall nicht vermieden werden können, so war sinnvolles Recycling angesagt. Mit dem Modellprojekt „Abfallarme Baustelle“ (siehe Abb. 3.13) des Abfallwirtschaftsbetriebes Hannover wurden die Investoren unterstützt, Bauabfälle getrennt zu erfassen. Werkstoffe wie Holz, Papier, Pappe, Glas, Kunststoffe und Bauschutt konnten so wieder verwendet werden.

Abb. 3.13: Projekt „Abfallarme Baustelle“ 2. das Haus- und Gewerbeabfallkonzept

Das Abfallkonzept am Kronsberg enthält einen umfassenden Maßnahmenkatalog zur Abfallvermeidung und Abfallverwertung. Flohmärkte und Tauschringe und die Förderung Der Eigenkompostierung u.a. durch Einführung von Kompostplätzen führen zu einer Reduzierung der Abfallmenge. Sammelsysteme wurden innerhalb und außerhalb der Gebäude eingerichtet und tragen dazu bei, den Hausabfall in die Fraktionen Organik, Papier und Pappe, Glas und Leichtverpackungen zu trennen. Dadurch wird eine Reduzierung des Hausabfalls um rund 75 % erreicht. Positiver Nebeneffekt sind die deutlich geringeren Abfallgebühren. Das Konzept für den Haus- und Gewerbemüll am Kronsberg umfasst fünf Bausteine:

a. Sammelsysteme für die getrennte Erfassung b. Förderung der Eigenkompostierung c. Abfallarme Warenangebote d. Abfallkommunikationskonzept

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a. Sammelsysteme für die getrennte Erfassung

Die anfallenden Abfälle werden in den Küchen getrennt gesammelt, teilweise auch in Einbausammelsystemen. Außerhalb werden der Gebäude nutzen die Bewohnerinnen und Bewohner die eingerichteten Stellplätze mit Abfall- und Wertstoffbehältern (vgl. Abb. 3.12). Diese Sammelanlagen wurden hell und einsehbar gebaut. Zudem wurden sie optisch ansprechend gestaltet. b. Förderung der Eigenkompostierung

Sowohl das Abfallkonzept am Kronsberg und auch das Abfallwirtschaftsprogramm der Landeshauptstadt Hannover legen einen Schwerpunkt auf die Eigenkompostierung. Daher erfahren alle Bewohnerinnen und Bewohner bei der Kompostierung ihrer Bioabfälle Beratung und Unterstützung. Die Gemeinschaftskompostierung wird vom Abfallbetrieb Hannover finanziell gefördert. Die Kompostermodelle wurden speziell an die verschiedenen Bau- und Wohnformen (Reihen-, Einfamilien und Mehrfamilienhäuser sowie Zeilen- und Blockbebauung) angepasst. c. Abfallarme Warenangebote

Verpackungen und Umverpackungen landen mit 30 Volumenprozent im Hausabfall. In der ökologisch vorbildlichen Siedlung am Kronsberg werden die durch Bildungs- und Beratungsarbeit sensibilisierten Konsumenten vermehrt lose, frische und verpackungsarme Produkte nachfragen. Bei dem nahe gelegenen Herrmanndorfer Landwerkstätten, einem ökologischen wirtschaften Hof, und auf einem Bauernmarkt können frische Lebensmittel unverpackt und damit abfallarm gekauft werden. Inwieweit dieses geschieht wird aber auch eine Frage des Geldes sein. d. Dienstleistungsangebote

Am Kronsberg werden Dienstleistungen angeboten, die über die Einbahnstraße Konsumieren → Wegwerfen hinausgehen. „Reparieren statt deponieren“ ist die Devise. e. Abfallkommunikationssystem

Das Vorhandensein einer Infrastruktur heißt nicht automatisch, dass diese auch intensiv genutzt wird. Hierzu bedarf es einer Verhaltensänderung der Bewohnerinnen und Bewohner hin zum abfallarmen Einkaufen und Konsumieren. Hierzu wurde ein Beratungsangebot geschaffen, welches ihnen bei Fragen und Problemen zur Seite stehen soll. Extra für den Kronsberg künstlerisch gestaltete Altglassammelbehälter sollen dazu beitragen das Thema Abfall mit mehr Spaß anzugehen.

Zusammensetzung des Hausmülls • 40% kompostierbare organische Abfälle • 25% Restmüll • 16%Papier und Pappe • 9% Kunststoffe, Metalle, Verbundpackungen • 8% Glas • 2 % Textilien

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3.2.4 Ökologisches Bodenmanagement

Abb. 3.14: Bodenmanagement Kronsberg Bodenabfälle sind hochwertige Stoffpotenziale. Am Kronsberg wird der Bodenaushub gleich vor Ort sinnvoll verwertet. Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz der Bundesrepublik sieht seit 1966 die stoffliche Verwertung von Bodenabfällen vor, wobei die Vermeidung oberste Priorität hat. Die Stadt Hannover ist bundesweit Vorreiterin bei der konkreten Umsetzung eines solchen ökologischen Bodenmanagements. Auf dem Kronsberggelände fielen im Zuge der Baumaßnahmen von fast 3.000 Wohnungen einschließlich Infrastruktur ca. 600.000 m3 Bodenaushub an. Bei bisherigen Projekten hatten die Deponiefahrten eine starke Staub-, Lärm- und Verkehrsbelastung zur Folge. In einem Rechenmodell wären theoretisch bis zur EXPO etwa 100.000 bis zu 20 Kilometer lange LKW-Fahrten nötig, um den Bodenaushub auf Deponien abzutransportieren. Das ökologische Bodenmanagement hat zum obersten Ziel, alle Aushubmassen für Landschaftsgestaltung und Umweltentwicklung direkt vor Ort zu verwerten. Zum Bodenmanagement am Kronsberg gehörten folgende Kernbereiche:

• An und Abfahrten: Während der Bauphase wurden die LKW-Abtransporte aus dem Kornsberggebiet heraus weitgehend vermieden. Ebenso unnötig waren Anfahrten in das Kronsberggebiet, da der Bodenaushub vor Ort für die Landschaftsgestaltung verwendet wurde.

• Biotope: Der Bodenaushub wurden gezielt zur Gestaltung und Entwicklung typischer Biotope des Kronsbergs eingesetzt.

• Kosten: Normalerweise wären durch die Deponiefahrten sehr hohe Entsorgungs- und Fahrtkosten für die Bauträger angefallen. Die Wiederverwertung des Bodenaushubs reduzierte diese Kosten erheblich.

Mit Hilfe des ökologischen Baumanagements wurden zahlreiche landschaftsgestalterische Baumaßnahmen und die Anlage von Biotopen in unmittelbarer Nähe des Wohngebietes ermöglicht. Die vier wesentlichen gestalterischen Maßnahmen sind:

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• Zwei künstliche Aussichtshügel sind als Landschaftsbauwerke modelliert worden (vgl. Abb. 3.14). Dabei ist der Kronsberg mit dem Aussichtshügel Nord (siehe Abb. 3.15 bis 3.18)von 106 auf 118,5 Meter ü.NN gewachsen.

• Der Bodenaushub wurde zum Bau von Lärmschutzwällen entlang der Autobahn verbaut

• Ein Teil des Aushubs wurde zur Abdeckung der alten Deponie in Bemerode verwandt

• Auch die Landschaftsgestaltung rund um die Weltausstellung geschah mit Bodenaushub vom Kronsberg.

Abb. 3.15: Nördlicher Ausichtshügel

Abb. 3.16: Nördlicher Ausichtshügel

Abb. 3.17: Ausblick vom Aussichtshügel

Abb. 3.18: Ausblick vom Aussichtshügel

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3.2.5 Kronsberg-Umwelt-Kommunikations-Agentur GmbH (KUKA) Die umfassenden und innovativen Bauvorhaben auf dem Kronsberg stellten an alle Beteiligten große Anforderungen. Es wurden Kommunikationsstrukturen erschaffen, damit der neue Stadtteil im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung realisiert wurde. Die Vielzahl der beteiligten Akteure erforderte eine wirkungsvolle Koordination. 1997 wurde die Kronsberg-Umwelt-Kommunikations-Agentur GmbH (kurz KUKA) gegründet um alle Akteure des Bauprozesses und die Bewohnerinnen und Bewohner über die ökologischen Besonderheiten im Stadtteil Kronsberg zu informieren. Sie war Teil des registrierten EXPO-Projekts „Ökologische Optimierung Kronsberg“. Der Förderverein besteht aus einem Zusammenschluß besonders engagierter Institutionen. Die KUKA wird außerdem von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt gefördert. Ihre Hauptaufgabe lag und liegt im Bereich der Information. Im Vordergrund stehen dabei Veränderungen von Bewusstsein, Einstellungen und Verhaltensweisen. Inhaltlich befasst sich die KUKA mit folgenden Bereichen (vgl. Abb. 3.19):

• Energie,

• Abfall,

• Wasser,

• Boden,

• Landschaft und

• Landwirtschaft

Abb. 3.19: Aufgaben, Zielgruppen und Themen der KUKA Zu der Zielgruppe gehören Planer und Architekten, Bauträger und Bauherren, Handwerker sowie die Nutzer und Bewohner des Stadtteils. Aber auch die Menschen anliegender Stadtteile und die allgemeine Öffentlichkeit sowie Multiplikatoren im Bildungs- und Beratungsbereich stehen im Mittelpunkt der Arbeit. Die KUKA versucht Wissen und Kenntnisse zu vermitteln und bearbeitet aktuelle Problemstellungen. Dies geschieht u.a. in Fachseminaren, auf Blitz-Schulungen oder bei „Info-Frühstücken“ direkt auf der Baustelle. 3.3 Stadt als Garten Der Kronsberg eignet sich hervorragend für die Idee „Stadt als Garten“. Unter diesem Motto versucht die Stadt Hannover die Freiraumqualität der Stadt zu verbessern. Das gesamte Projekt besteht aus 20 Teilprojekten. Am Kronsberg sind folgende Unterpunkte verwirklich worden:

• Freiraumkonzept im neuen Stadtteil

• Landschaftsraum (als Untervorhaben des registrierten EXPO-Projekts Stadt als Garten)

• Herrmanndorfer Landwerksstätten am Kronsberg (als Teil des Agri-Expo-Prpjekts „Umweltfreundliche Landwirtschaft und regionale Vermarktung am Kronsberg)

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Abb. 3.20: Quartierpark Nord

Freiraumkonzept im neuen Stadtteil

Die Planungen im neuen Stadtteil sind mit dem Anspruch flächendeckender und so konsequent wie möglichen nachhaltigen Stadtentwicklung verbunden. Freiraum- und das Städtebauliche Konzept bilden eine Einheit. Das Freiraumkonzept beginnt auf den privaten und gemeinschaftlich genutzten Flächen zwischen den Häusern und reichen bis zu den großen Allmende-Flächen (Gemeinschaftswiese). An das Rastersystem der Straßenerschließung angepasst sind zwei Quartiersparks entstanden (vgl. Abb. 3.20 und Abb. 3.21). diese dienen als öffentliche Treffpunkte für Jung und Alt. Das vom Züricher Landschaftsarchitekt Kienast auf der Grundlage eines Workshops ausgearbeitete Rahmenkonzept wird durch fünf querliegende Streifenparks und ein längsliegendes Parkband strukturiert (vgl. Abb.3.22)

Abb. 3.21: Quartierpark Mitte

Abb. 3.22: Konzept Kienast Landschaftsraum

Der Entwicklungsvorstellungen für die Landschaft als Untervorhaben des registrierten EXPO-Projekts „Stadt als Garten“ am Kronsberg werden durch folgende Ziele bestimmt:

• Aus einer kahlen „Rübensteppe“ soll eine unverwechselbare Landschaft gestaltet werden

• Naturräumliche Qualitäten und die Geschichte sollen gezeigt werden • Weite Ausblicke auf Stadt und Land sollen erhalten bleiben

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• Die Erholungsmöglichkeiten sollen verbessert werden • Die Lebensbedingungen für Flora und Fauna sollen bereichert werden • Bestehende Störungen und Belastungen sollen vermindert werden • Die landwirtschaftliche Nutzung soll auf Dauer gesichert werden

Durch eine Vielzahl von Maßnahmen hat der Landschaftsraum Kronsberg in den letzten Jahren schon an Attraktivität gewonnen. Herrmannsdorfer Landwerkstätten am Kronsberg

Die Weltausstellung bot die Möglichkeit, zukunftsorientierte, umweltschonende Varianten der Landwirtschaft am Rande der Großstadt einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. In diesem Zusammenhang entstand das ökologische Vorzeigeprojekt Landwerkstätten am Kronsberg. Die erzeugten Produkte werden in einer hofeigenen Schlachterei, Käserei und Bäckerei weiterverarbeitet und über den Hofladen sowie Märkte der Stadt direkt an die Verbraucher abgesetzt. Für solche Produkte soll im Rahmen des Abfallkonzeptes (siehe 3.2.3) das Bewußtsein geweckt werden. 3.4 Stadt als sozialer Lebensraum Auch in sozialer Sicht ist der Stadtteil Kronsberg vorbildlich konzipiert. Um eine grüne Mitte gruppieren sich übersichtliche Wohneinheiten. Identifikation und das Bilden von Nachbarschaften wird groß geschrieben. Deshalb entstanden zeitgleich mit den Wohnungen soziale und kulturelle Einrichtungen. Als zentraler Treffpunkt steht das soziale und kulturelle Stadtteilzentrum zur Verfügung: Der KroKus (vgl. Abb. 3.23). In dieser Begegnungsstätte kann man feiern, reden, lernen oder Informationen und Beratung bekommen.

Abb. 3.23: Stadtteilzentrum Abb. 3.24: Der KroKus Das FOKUS-Projekt

Das Leben und Wohnen von Menschen mit Behinderung ist heute noch weitgehend von traditionellen Angeboten bestimmt, die auf Vollversorgung bei Aufgabe der Unabhängigkeit ausgerichtet sind. Das Wohnprojekt FOKUS hat das Ziel selbstbestimmt wohnen und leben zu können und trotzdem Hilfeleistungen bekommen können. Im Wohngebiet Kronsberg wurden 16 behindertengerechte Wohnungen bereitgestellt. Diese

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Gruppieren sich dezentral um den „FOKUS-Stützpunkt“. Dieser ist rund um die Uhr besetzt. Auf Wunsch kann man jederzeit auf die Assistenzdienstleistungen der dortigen Helfer zurückzugreifen. Habitat – Internationales Wohnen

Als Minikosmos, als Spiegelbild einer immer näher zusammenrückenden Welt wurde das das Projekt HABITAT geplant. Hier wird das Zusammenleben von deutschen und internationalen Familien praktiziert. Anhand dieses Projektes soll aufgezeigt werden, wie ausländische Lebensgewohnheiten die städtebauliche und soziale Entwicklung gerade von neuen Stadtteilen bereichern können. 93 Wohnungen sind um eine grüne Mitte – den Bouleplatz – gruppiert und bieten so den Heim und Lebensmittelpunkt für die Bewohnerinnen und Bewohner.

Abb. 3.25: HABITAT-Wohnquatier 4 Auszüge aus dem Lagebericht zur Stadtentwicklung 2002 In diesem Kapitel sollen Auszüge aus dem Lagebericht der Stadtentwicklung 2002 aufgezeigt werden, in denen Bezug auf die EPXO 2000 genommen wird oder in denen der Grund für Trends bei der EXPO 2000 liegt. Räumliche Entwicklung - Flächennutzung In der Flächennutzung hat es in Hannover im letzten Jahrzehnt so große Veränderungen geben wie in keiner anderen Großstadt, für die Zahlen vorliegen. Insbesondere die Flächen für Gebäude und die dazugehörigen Freiflächen sowie die Flächen für die Verkehrseinrichtungen sind um jeweils 8% ausgeweitet worden. „Die Zusammenhänge mit der Weltausstellung EXPO 2000, dem Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und der Entwicklung des neuen Wohngebietes auf dem Kronsberg sind offensichtlich.“

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Räumliche Entwicklung – Wohnungsversorgung Wohnungsbau nach der EXPO2000 erst einmal rückläufig Der Wohnungsbau hatte im Vorfeld der EXPO 2000 mit der Errichtung der Kronsberg-Siedlung deutlich angezogen. In den Jahren 2000 und 2001 waren aber deutlich niedrigere Fertigstellungszahlen zu verzeichnen. Dabei spielte aber auch eine Rolle, dass ein Teil der Wohnungen auf dem Kronsberg zunächst von EXPO-Beschäftigten belegt waren und erst Ende 2000/ Anfang 2001 dem städtischen Wohnungsmarkt zur Verfügung stand. Daraus resultierte auch die vorhandene Zurückhaltung der Investoren im Jahr 2001. Arbeitsmarkt und Wirtschaft Beschäftigungseffekt durch die EXPO vorüber, Hannover nähert sich wieder allgemeinem Trend an

Die Zahl der Arbeitslosen ist im Jahr nach der EXPO in Hannover wieder leicht angestiegen. Zum Ende des Jahres 2001 lag die Arbeitslosenquote (bezogen auf alle Erwerbspersonen) bei 12,2 %. Auf den ersten Blick scheint dies eine negative Entwicklung zu sein. Der Grund für diesen Trend liegt in der Beschäftigungsauswirkung der EXPO: Durch die EXPO wurde die Arbeitslosenquote von 1999 auf 2000 um 2,5 %-Punkte gesenkt. Dieser EXPO-Effekt in Bezug auf die Beschäftigung ist im Jahr 2001 nicht mehr wirksam. Die Arbeitslosenquote nähert sich wieder dem allgemeinen Trend an. EXPO-Effekt auch bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten erkennbar

Dieser Trend ist auch bei den Beschäftigungszahlen feststellbar. Von 1999 bis 2000 wurde die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um knapp 15.000 erhöht. Im Jahr nach der EXPO verringerte sie sich wieder um gut 10.000. Vergleicht man aber die Jahre 1999 und 2001, so verbleibt immer noch ein positiver Trend von deutlich über 4.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Positive Beschäftigungseffekte vor allem im Gastgewerbe, negative im Baugewerbe

Deutliche positive Beschäftigungseffekte der EXPO lassen sich auch noch im Jahr 2001 insbesondere im Gastgewerbe feststellen. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist von 1999 um 12 % gestiegen. Im verarbeitenden Gewerbe lag der Beschäftigungsanstieg bei 6,5%. Im Baugewerbe, welches 1999 noch von der Vorbereitung der EXPO profitierte, mussten Beschäftigungseinbußen hingenommen werden. Positive Beschäftigungseffekte im Umland halten länger an

Die durch die EXPO angestoßenen Beschäftigungseffekte im Umland halten offensichtlich länger an. Einem Beschäftigungsanstieg um 8.000 im Jahr 2000 folgte im Jahr 2001 nur ein Rückgang um 1.000 Beschäftigte. Damit liegt also absolut und relativ ein erheblich höherer Beschäftigungseffekt als in der Stadt vor. Positive Entwicklungen gab es vor allem im Gastgewerbe (aber geringer als in der Stadt), im Verarbeitenden Gewerbe, im Handel und bei den unternehmensbezogenen Dienstleistungen.

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Zusammenfassend für den Sektor Arbeitsmarkt und Wirtschaft lässt sich sagen, dass in den letzten Jahren insbesondere durch die EXPO positive Effekte zu verzeichnen waren. Diese konnten jedoch vor allem in der Stadt Hannover nicht erhalten und entwickelt werden. Die EXPO-Effekte schwächen deutlich ab. Einzelhandel und Innenstadt

Der Einzelhandel hat im Hinblick auf die Weltausstellung EXPO 2000 erheblich in die Modernisierung seiner Häuser investiert. Dies belegt auch eine Repräsentativerhebung 2002 zur Akzeptanz der Innenstadt in der Bevölkerung. Mitte der 90er Jahre bewerteten nur 22% die Innenstadt mit „sehr gut“ oder „gut“. Im Jahr 2002 hingegen antworteten 58% der Befragten mit „sehr gut“ oder „gut“. Fremdenverkehr

Die Entwicklung im Sektor des Fremdenverkehrs wurde in den letzten Jahren am deutlichsten durch die EXPO 2000 geprägt. Unter anderem gehörte dazu auch eine deutliche Erhöhung der Übernachtungsaktivitäten. Dies spiegelt sich auch in der Zahl der Übernachtungen wieder. Während von 1996 bis 1999 jährlich zwischen 1.112.000 und 1.114.000 Verzeichnet werden konnten, stieg die Zahl nach der EXPO auf 1.248.400 an. Im EXPO-Jahr lag die Zahl der Übernachtungen bei 2.031.000. Die Bettenauslastung nahm nach der EXPO wieder rapide ab. Dies erklärt sich aber aus dem massiven Ausbau der Bettenkapazitäten im Vorfeld der EXPO. Fazit

Die Situation auf dem Arbeitsmarkt und die Entwicklung der Wirtschaft waren in Hannover in den letzten Jahren besonders geprägt durch den positiven EXPO-Effekt. Im zweiten EXPO-Folgejahr zeigt sich aber mittlerweile deutlich, dass dieser Effekt weder für die Beschäftigungszahlen noch für die wirtschaftliche Entwicklung des Standtortes Hannover nachhaltig genutzt und weiter entwickelt werden konnte. In der Stadt Hannover ist eine Wirkung der EXPO mit den vorhandenen Daten faktisch nicht mehr nachweisbar. 5 Presseartikel Presseartikel vom 04.07.03 aus der Hannoverschen Allgemeine:

Was wird aus dem Expo-Gelände? HAZ: Während die einen es zum Freizeitpark machen wollen, setzt die Stadt auf Firmen der IT-Branche. Walter Richter, neuer Herr über die 65 Hektar, sagt, warum. Herr Richter, welches Image hat das Expo-Gelände zurzeit? Ein gutes. 80 Prozent der Flächen, vor allem die Pavillons, sind verkauft. Und wir setzen alles daran, den Grundstücksverkauf weiter voranzutreiben. Der stagniert-wie wollen Sie das ändern? Wir müssen jetzt die freien Flächen auf den Markt bringen und bereiten ein neues

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Marketingprogramm vor. Firmen aus Niedersachsen, in ganz Deutschland und im Ausland sollen gezielt angesprochen werden, besonders aus der Informations- und Kommunikationstechnologie. Ich bin seit drei Tagen im Amt und habe selbst eine Schublade voller Fragen. Für die Zeit davor bin ich der falsche Ansprechpartner. Haben Sie Interessenten? So etwas braucht seine Zeit. Wahrscheinlich erreichen wir nicht gleich die ganz großen Unternehmen. Dann fangen wir mit denen aus der zweiten Reihe an. Warum wollen Sie die Vermarktung nur auf die lT-Branche konzentrieren? Die Branche ist zukunftsweisend. Die Stadt und wir wollen das Gelände zum Hightech-Standort machen, auch mit dem Projekt "Hannoverimpuls". Das heißt nicht, dass andere Ansiedlungen ausgeschlossen sind. Wir prüfen jede Anfrage. Von dem "Autohaus neuen Typs", für das es schon einen Investor gab, hat sich die Expo-Grund GmbH verabschiedet. Tolle Ideen würden wir noch mal unter die Lupe nehmen - sie aber dürfen nicht die grundlegende Entwicklung des Geländes blockieren. Geschäfte und Dienstleister würden Leben aufs Gelände bringen. Den "Bestandsschutz" für die City haben Sie schon in Frage gestellt. Da bin ich missverstanden worden. Richtig ist, dass es mehr kleine Läden und Gastronomie für Beschäftigte und Studenten auf dem Gelände geben muss. Große Märkte wie in Altwarmbüchen schließe ich aus. Was halten Sie von dem Freizeitpark Helix, der jetzt im Gespräch ist? Ich habe Zweifel, ob sich das realisieren lässt. Es werden sich kaum Firmen als Geldgeber finden. Ein Freizeitpark wäre nicht die richtige Lösung. Wollten Sie darum nicht, dass das Projekt auf dem CDU-Parteitag vorgestellt wird? Das war nicht der Grund. Aber als Auftraggeber müssen wir die Chance haben, vor einer öffentlichen Diskussion mit den Projektplanern zu reden. Wie viel haben die Pläne denn gekostet? Keine Summe, die uns in den Abgrund stürzt. Wir müssen noch prüfen, ob der Auftrag ordnungsgemäß erfüllt wurde. Der Helix-Erfinder, Prof. Löffler, hat einen "Ausverkauf" des Geländes ausgemacht. Das ist sachlich falsch und eine wirklich unglückliche Äußerung. Darüber wird mit Herrn Löffler zu reden sein. Was wird in fünf Jahren sein? Da gibt es keine zuverlässige Prognose. Aber wir dürften kaum alle Flächen verkauft haben. Mit Walter Richter sprachen Juliane Kaune und Gunnar Menkens.

Presseartikel vom 21.03.04 aus der Hannoverschen Allgemeine:

Pavillons droht Abriss Polen, Litauen und Norwegen haben nicht gezahlt Die Expo Grund macht Ernst: Dem polnischen, dem litauischen und dem norwegischen

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Pavillon droht der Abriss. Die für die Grundstücke erforderlichen Zahlungen seien auch drei Jahre nach Ende der Expo noch immer nicht geflossen, erklärt Wolfgang Schatz von der Expo Grund. Eine letzte Frist an die potenziellen Käufer sei zum Jahreswechsel verstrichen. Die Verhandlungspartner würden nun schriftlich aufgefordert, die betreffenden Grundstücke zu räumen und die Pavillons abzubauen. "Wir hatten lange genug Geduld", sagt Schatz. "Die ist nun zu Ende." Die Expo Grund hatte mit drei verschiedenen Firmen in Litauen, Norwegen, und Berlin verhandelt, die die Grundstücke erwerben wollten. Ohne Wissen der Verhandlungspartner hatte die vietnamesische Unternehmerin Thi Nhu Ahn Pham, die im polnischen Pavillon ein Asia-Zentrum betreibt, auch die beiden anderen Pavillons mit Beschlag belegt. Den norwegischen Pavillon vermietete sie kurzerhand an eine Modeschule weiter. Für die Modeschule werde ein neuer Standort gesucht, sagt Schatz. Zwei Alternativen seien bereits im Gespräch. Der litauische Pavillon steht leer. Unternehmerin Pham hofft nun, dass sich noch ein Investor findet, der das Grundstück des polnischen Pavillons kauft und damit ihr Asia-Zentrum rettet. Sonst muss auch dieser Pavillon weichen. jk

6 Schlusswort Die vorangegangen Kapitel haben deutlich gezeigt, dass die EXPO 2000 in Hannover einen Anstoßeffekt ausgelöst hat. Kurzfristig konnten viele Bereiche, z.B. die Bauwirtschaft, von ihr profitieren. In anderen Bereich hält der EXPO-Effekt länger an. Zu nennen ist hier das Gastgewerbe. Viele Maßnahmen und Investitionen im Vorfeld oder im Zuge der EXPO 2000 lagen im Bereich der Modernisierung. Nachhaltig ist somit die Attraktivität des Standortes Hannover verbessert worden. Die Bewertung der Attraktivität durch die Bevölkerung bei einer Befragung hat dies deutlich gezeigt. Ein wichtiger positiver Effekt ist auch die Bereitschaft zur Kooperation im Zuge der EXPO 2000. Gerade hierdurch gelang es kleinen und mittleren Unternehmen an der Weltausstellung teilzuhaben in dem sie an Projekten partizipierten, und verbesserten so ihre Position auf dem Markt. Beispielhaft sei hier auf die BIEGE verwiesen. Viele der Kooperation und gebildeten Netzwerke sollen in der Zukunft intensiviert werden. Dies wurde auch in den Experteninterviews zu den dezentralen weltweiten Projekten immer wieder betont. Die Presseartikel führen aber auch vor Augen, wie es in der Realität um die Nachnutzung bestimmt ist. Für ca. 20% der Fläche ist bis heute kein Investor oder Eigentümer gefunden und eine Prognose für die Zukunft ist schwer vorherzusagen. Auch stehen ein Paar Pavillons vor dem Abriss, da die Zahlungen ausgeblieben sind. Das Wohngebiet am Kronsberg ist ein positives Beispiel der nachhaltigen Stadtentwicklung. Hier wurden sämtliche Konzepte (Energie, Wasser, Abfall…) auf einander abgestimmt. Allerdings konnte ein solches Projekt in meinen Augen nur im Rahmen eines solchen Ereignisses verwirklicht werden. Hier war die EXPO 2000 eindeutig der Katalysator. Inwieweit sich das entwickelte Konzept, welches auch die Verhaltensweisen der Bewohner mit einschließt, durchsetzt, werden die nächsten Jahre zeigen müssen. In Bezug auf andere Großereignisse, wie beispielsweise die Fußball-WM 2006 in Deutschland, dürften ähnliche Effekte bei der Erbauung neuer oder der Modernisierung vorhandener Infrastrukturen zu erwarten sein. Viele Fußballstadien werden unter hohem Aufwand umgebaut und werden zu Veranstaltungsarenen. Beispielhaft sei hier die „Arena auf Schalke“ erwähnt. In ihr finden nicht nur Fußballspiele statt. Festivals,

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Wintersportereignisse und vieles mehr ist Teil des neuen Nutzungsprogramms. Die Attraktivität einzelner Standorte kann so deutlich verbessert werden. Auch im Bereich des Gastgewerbes wird einiges an Bewegung zu erwarten sein. Hotels und Gastronomiebetriebe dürften kurzfristig sehr stark profitieren, was aber nach Beendigung der Weltmeisterschaft wieder auf Normalmaß zurückgeführt werden dürfte. Großereignisse wie die EXPO 2000 boten für viele die Chance innovative Konzepte, Ideen und Produkte einer großen Öffentlichkeit zu präsentieren und anhand praktischer Beispiele deren Machbarkeit zu demonstrieren. Dieses stellt eine ganz andere Qualität und ein größeres Potenzial für die Nachhaltigkeit dar. Die EXPO 2000 in Hannover hat der Stadt und dem Umland, in dem manche Effekte länger wirken, gut getan. Ohne die EXPO hätte die Region einen weitaus schwierigeren Stand in Konkurrenz um Unternehmensansiedlungen mit anderen Regionen.

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7 Abbildungsverzeichnis Kapitel 2

Abb. 2.1: EXPO-Gelände Abb. 2.2: Der EXPO-Park Hannover (EXPO-Plaza) Abb. 2.3: Der EXPO-Park Hannover (Ostgelände) Abb. 2.4: EXPO-bedingte Infrastruktur im Überblick Abb. 2.5: Ausgewählte Weltweite Projekte Abb. 2.6: Skywalk

Kapitel 3

Abb. 3.1: Übersichtskarte Abb. 3.2: 1. Baustufe bis zum Jahr 2000 Abb. 3.3: Luftbild erster Bauabschnitt April 1999 Abb. 3.4: Verkehrskonzept Abb. 3.5: Innenhof Abb. 3.6: Wohnmischung Abb. 3.7: Energiekonzept Abb. 3.8: Erdspeicher des Projekts Solar-City Abb. 3.9: Wasserkonzept Abb. 3.10: Mulden-Rigolen-System Abb. 3.11: Regenwasserteich Abb. 3.12: Abfallkonzept Abb. 3.13: Projekt „Abfallarme Baustelle“ Abb. 3.14: Bodenmanagement Kronsberg Abb. 3.15: Nördlicher Ausichtshügel Abb. 3.16: Nördlicher Ausichtshügel Abb. 3.17: Ausblick vom Aussichtshügel Abb. 3.18: Ausblick vom Aussichtshügel Abb. 3.19: Aufgaben, Zielgruppen und Themen der KUKA Abb. 3.20: Quartierpark Nord Abb. 3.21: Quartierpark Mitte Abb. 3.22: Konzept Kienast Abb. 3.23: Stadtteilzentrum Abb. 3.23: Stadtteilzentrum Abb. 3.24: Der KroKus Abb. 3.25: HABITAT-Wohnquatier

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8 Literaturangaben Zukunft Hannover – Handlungsprogramm zur Stadtentwicklung 2001 bis 2005, hrsg. vom Amt für Koordinierung, Controlling und Stadtentwicklung, Stand Februar 2001 Regionalwirtschaftliche Effekte der EXPO 2000 – Eine Schlussbilanz, Gutachten im Auftrag des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Verkehr und des Kommunalverbandes Großraum Hannover – Stand April 2001 Lagebericht zur Stadtentwicklung 2002 – hrsg. von der Landeshauptstadt Hannover, Stand Dezember 2002 Stadtteil Kronsberg – Wohnen im 21. Jahrhundert, hrsg. von der Landeshauptstadt Hannover (Baudezernat, Planungsgruppe Weltausstellung), Stand Februar 1999 Hannover Kronsberg – Realisierung einer nachhaltigen Planung, hrsg. von der Kronsberg-Umwelt-Kommunkation-Agentur GmbH (KUKA) und der Landeshauptstadt Hannover, Stand Mai 2000 Weltausstellung und Stadtteil Kronsberg – Der städtebauliche Rahmen für die EXPO 2000 Hannover, hrsg. von der Landeshauptstadt Hannover (Baudezernat in Zusammenarbeit mit dem Presse- und Informationsamt), Stand Juli 1999 »Vorwärts nach weit« Das Hannoverprogramm 2001, hrsg. von der Landeshauptstadt Hannover, Stand 1996 Internetauftritt vom EXPOSEEUM e.V.: http://www.expo2000.de/