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Fachbereich: Soziale Arbeit, Bildung und Erziehung Bachelorarbeit Zur Erlangung des akademischen Grades Bachelor of Arts (B.A.) Studiengang Soziale Arbeit Konfliktmanagement im interkulturellen Kontext – Entwicklung eines nonverbalen Konfliktlösungsmodells Vorgelegt von Mathias Kowalew Im Sommersemester 2016 Erstprüferin: Frau Dr. Gabriele Streda Zweitprüferin: Frau Britta Tammen urn:nbn:de:gbv:519-thesis 2016-0345-2

BA-Thesis Kronfliktmanagement im interkulturellen Kontext€¦ · Interkulturalität“ und in die neue „Interkulturalität 2.0“13 Die klassische Interkulturalität erklärt er

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Fachbereich: Soziale Arbeit, Bildung und Erziehung

Bachelorarbeit

Zur Erlangung des akademischen Grades Bachelor of Arts (B.A.)

Studiengang Soziale Arbeit

Konfliktmanagement im interkulturellen Kontext – Entwicklung eines nonverbalen

Konfliktlösungsmodells

Vorgelegt von Mathias Kowalew

Im Sommersemester 2016

Erstprüferin: Frau Dr. Gabriele Streda Zweitprüferin: Frau Britta Tammen

urn:nbn:de:gbv:519-thesis 2016-0345-2

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Inhaltsangabe

Einleitung S. 2

1. Interkulturelle Konflikte S. 5

1.1 Ethnien und Interkulturalität S. 5

1.2 Bedeutung von Konflikte S. 7

1.3 Äußere Konflikte/ Innere Konflikte S. 9

1.4 Interkulturelle Konfliktbegegnungen S. 11

2.Systematisierung/Typisierung von Konflikten S. 17

2.1 Systematisierungen nach Austragung, Reichweite, soziale Arena, Disposition S. 17

2.2 Systematisierung nach dem Modell der dynamisch schaltenden Ampel S. 20

3. Konfliktlösungsmodelle S. 25

3.1 Grundmuster der Konfliktbewältigung S. 25

3.2 Methode des sachbezogenen Verhandelns S. 26

3.3 Konflikte lösen mit Gewaltfreier Kommunikation (GFK) S. 27

4. Ableitung eines eigenen nonverbalen Handlungsmodelles S. 30

4.1 Nonverbale Kommunikationsformen S. 30

4.2 „Direct nonverbal Intervention“ (DNI) S. 32

4.3 „Step by Step -Guide Resolution“ (SbSR) S. 37

5. Zusammenfassung S. 41

6. Quellenangaben S. 43

7. Anhang S. 46

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Einleitung

Interkulturalität – ein Begriff, der lange Zeit als Insiderbegriff innerhalb der Soziologie galt - hat sich rasant verbreitet, weit über die Wissenschaften hinaus. Diese Disziplin impliziert das Aufeinanderbeziehen der Kulturen in der Begegnung, sowie die Wirkung und Wahrnehmung während dieser Interaktion. Die Annahme liegt nahe, dass der Terminus aktuell an Relevanz gewonnen hat in Hinblick auf die nach Europa reisenden Flüchtlingsbewegungen. Und obwohl der Begriff „Interkulturalität“ erst im späten 20. Jahrhundert in der Zeitepoche der zweiten Moderne entsprang, ist die Bedeutung kulturellen Austausches in der gesamten menschlichen Historie unumstritten. Kulturelle Aspekte vermischten sich stetig in der Menschheitsgeschichte ausgeprägt durch Völkerwanderungen, Eroberungsfeldzüge oder durch die Kolonisierung im Imperialismus. Allerdings häufen sich interkulturelle Begegnungen durch die gegenwärtige digitale Vernetzung und der brisant zunehmenden Globalisierung (Im Kontext der universellen Verknüpfung von Politik, Kultur, Sprache, Religion und Wirtschaft) wesentlich. Nun mehr ist es möglich in wenigen Minuten Informationen weit entfernter Kulturen zu erfahren. Dies führte unter anderem zur Entstehung verschiedener Ansätze: Interkulturelle Bildung, Interkulturelles Kompetenztraining, interkulturelle Pädagogik, interkulturelle Kommunikation, sowie auch erste Konzepte für interkulturelles Konfliktmanagement.1 Aber worin liegt die Bedeutung interkulturellen Konfliktmanagements? Konflikte sind allgegenwärtig im zwischenmenschlichen Zusammenspiel. Die menschliche Sozialisation wird geprägt von Konfliktaustragungen. Im Idealfall lernt der Mensch im Rahmen seiner frühkindlichen Erziehung mit Konfliktsituationen umzugehen. Der Umgang kann allerdings von Kultur zu Kultur variieren. Beispielsweise werden Konflikte zwischen den Geschlechtern bei westlich geprägten Kulturen typischerweise gleichberechtigt ausgetragen, hingegen ist im arabischen Raum die Machtposition des Mannes stärker als die der Frau. Daraus konzipiert sich die elementare Grundannahme: Kulturelle Aspekte beeinflussen Konflikte.

Ob die kulturelle Prägung einen positiven oder negativen Effekt auf den Konflikt hat, ist empirisch nicht belegt. Die Vielzahl an Kulturen in einer vollständigen Vergleichsstudie zu erfassen, erscheint zudem utopisch. Es kann aber wohl durchaus angenommen werden: Konflikte sind menschlich konstruiert und werden in jedem Kulturkreis ausgetragen.

Der Rahmen in welchem sich diese Arbeit bewegt, umschließt Konflikte bei interkulturellen Begegnungen. Die Vermutung liegt nahe, dass Interkulturalität eine Besonderheit im Konflikt darstellt, treten doch nicht nur gegenseitige Interessen und Positionen aufeinander, sondern auch unterschiedliche Kulturen. Ein Kampf der Kulturen in seiner schärfsten Ausprägung findet sich im Nationalismus. Dieser proklamiert die Überlegenheit der eigenen Kultur und Rasse gegenüber dem Fremden. Ängste und Hass können aber auch außerhalb nationalistischer Ideale entstehen und Konflikte schüren, die nicht ohne weiteres von den Parteien selbst gelöst werden. 1 Vgl. Faller/Attari 2009, URL

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Die Lösung dieser Problematik in interkulturelle Begegnungen wird in dieser Arbeit angestrebt. Erschwert wird das Konstrukt mit dem Attribut unterschiedlicher Sprache in der Kommunikation. Ein universeller Sprachgebrauch existiert nicht. Es gibt schätzungsweise 6500-7000 Sprachen weltweit. Mandarin-chinesisch gilt mit 726 Millionen als die am meisten gesprochene Sprache, gefolgt von Englisch mit 427 Millionen Sprechern.2 Englisch ist die am weitesten verbreitete Sprache und ist in 59 Ländern Amtssprache/Landessprache.3 Kurioser Weise gibt es keine Begrifflichkeit, welche die Problematik unterschiedlicher Sprache während der Kommunikation aufgrund unterschiedlicher sprachlicher Prägung ideal wiedergibt. Nachfolgend wird daher der Terminus „Sprachbarriere“ in diesem Kontext genutzt, auch wenn dieser in der Behindertenpädagogik in einem anderen Zusammenhang verwendet wird. In den Mittelpunkt werden somit interkulturelle Konflikte mit Sprachbarrieren gerückt. In erster Linie ergibt sich fortwährend die zentrale Frage:

Können interkulturelle Konflikte ohne Sprache, sprich auf nonverbaler Ebene, mit Hilfe einer Helferpartei gelöst werden, um Sprachbarrieren zu umgehen?

Folgende Kriterien werden zudem für die wissenschaftliche Betrachtung hinzugezogen:

- Die Helferpartei hat keine Dolmetscherkompetenzen, besitzt aber soziale Kompetenzen und wirkt vertrauenserweckend; - Alle Rahmenbedingungen innerhalb des Konfliktes werden beachtet, aber nicht als gleichwertig bewertet, da das Augenmerk vorwiegend auf kulturelle Differenzen gelegt wird; - Der Fokus liegt auf der Lösung eines Konfliktes. Primär wird aber zunächst die Deeskalation in einem Konflikt angestrebt, um nachfolgend Überlegungen für eine nachhaltige Lösung anzustellen; - Sowohl der Prozess des Konfliktes, als auch der Interventionsprozess wird in Phasen aufgesplittet und detailliert dargestellt; - innerpsychische Prozesse (Psychologie: innere Kräfte), explizit Emotionen werden als relevant erachtet; - Ausschreitungen mit Gefahrenpotenzial für die Konflikt-/Helferpartei werden in den Überlegungen ebenfalls implementiert und berücksichtigt.

Der Aufbau dieser Arbeit ist in 5 Kapiteln aufgeteilt. Das erste Kapitel wird mit signifikanten Begriffsbestimmungen eingeleitet. Alle themenbezogenen Termini (Kultur, Interkulturalität, Konflikt) werden hierbei definiert. Ferner werden im ersten Kapitel fiktive Beispiele konstruiert, um Erklärungs- bzw. Systematisierungsversuche zu erleichtern und um mögliche Konfliktfaktoren abzuleiten. Das zweite Kapitel konzentriert sich auf die Typisierung von Konflikten nach unterschiedlichen Charakteristika.

2 Vgl. Haselmath, URL abgerufen am 08..05.2016 3 Vgl. bpb (Hrsg.) URL, abgerufen am 09.05.2016

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Ein eigenes Klassifizierungsmodell wird innerhalb dieses Kapitels entworfen und als Grundlage für konfliktlösende Handlungsmodelle verwertet.

Im weiteren Verlauf (-3.Kapitel-) werden ausgewählte professionelle Konfliktlösungsmodelle vorgestellt, die im interkulturellen Konflikt erfolgsversprechend wirken. Im vierten Kapitel steht die nonverbale Konfliktlösung im Vordergrund. Hierbei werden bezogen auf die Beantwortung der Forschungsfrage zwei eigene Handlungsmodelle generiert. Die Notwendigkeit besteht, da bisher keine Konfliktlösungsansätze existieren welche Sprachbarrieren implizieren. So scheint es, dass bei allen Konfliktforschern, die Sprache das elementarste Verhandlungswerkzeug zu sein scheint. Diesbezüglich scheint die abschließende Annahme treffend, dass Konflikte ohne Sprache nicht lösbar seien. Dies versuche ich im Rahmen dieser Arbeit vorerst zu verneinen und stelle daher eine Gegenannahme: Konfliktlösung ist auf nonverbaler Ebene möglich.

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1. Interkulturelle Konflikte

1.1 Ethnien und Interkulturalität

Bevor auf die titulierten Termini in Form von Definitionen und Interpretationen eingegangen wird, sei auf eine mögliche Abgrenzung mit anderen kulturimmanenten Begriffen hingewiesen. Multikulturalität, Interkulturalität, Transkulturalität und Plurikulturalität finden sich beispielsweise in einem Glossar des IKUD und beinhalten folgende Prämisse: Nebeneinanderbestehen der Kulturen bezeichnet Multikulturalität, Aufeinandertreffen der Kulturen meint die Interkulturalität und als Vernetzung und Vermischung der Kulturen anhand der Globalisierung versteht sich die Transkulturalität. Die Plurikulturalität beschreibt schließlich das Vorhandensein der Kulturen ohne Vermischung oder Nebeneinanderbestehen.4 Die Interkulturalität hat sich im Vergleich zu den anderen Begriffen am meisten in der Fachliteratur verbreitet. Friesenhahn erkennt die Bedeutsamkeit sowohl für Erziehungswissenschaften, für Lernwissenschaften, für Psychologie, für Soziologie, als auch für Ethnologie, weist aber auch darauf hin, dass es Unterschiede in der Definition und Klärung des Begriffes gibt5. Kultur an sich sieht er als ein von Menschen erschaffendes Ordnungssystem. Kultur wird erlernt, gemeinsam geprägt und durch Sozialisation weitergegeben. Sie schafft Identität, Bedeutung und Ordnung.6 Olbers nutzt hingegen die Definition vom US-amerikanischen Ethnologen Hall, um Kultur als ein System zur Produktion, Übermittlung, Speicherung und Verarbeitung von Informationen zu erklären.7

Die Abgrenzung vom Kulturbegriff zur Ethnizität sieht Friesenhahn sehr schwierig, wird doch dieser im angelsächsischen Raum dem Wort „Kultur“ vorgezogen.8 Ethnizität bedeutet das Vorhandensein kultureller Gemeinsamkeiten, wie Herkunft, Glauben, Werte, Sprache, Rituale und Lebensstile. Baumer geht in seinen Ausführungen noch einen Schritt weiter: Ethnische Gruppen werden durch Kulturmuster geschaffen ohne zu berücksichtigen, wie sich die Menschen selbst zu ihr zugehörig „fühlten“.9 Als Beispiel führt er einen Teil der afghanischen Bevölkerung auf, in denen Mitglieder der ethnischen Gruppen Paschtunen, Paschai und Kaschmiri sich gar nicht in dessen Zugehörigkeit wahrnehmen. Baumer sieht die Sprache als kein sinnvolles ethnisches Kriterium, da seines Erachtens „manche Angehörige einer Ethnie die ihnen zugeordnete Sprache gar nicht verstehen“.10

4 Vgl. Ikud (Hrsg.), abgerufen am 11.05.2016, URL 5 Vgl. Friesenhahn 2000, URL 6 Vgl. ebd. 7 Vgl. Hall zitiert nach Olbers 2009, S.5 8 Vgl. ebd. 9 Vgl. Baumer 2004, S.110 10 Baumer 2004, S.111

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Was macht nun Interkulturalität aus? Geht es um Bewältigungsstrategien und Herausforderungen von internationalen Teams, wie Friesenhahn die Haltung der Psychologen umschreibt? Oder geht es um das Neben- und Miteinanderbestehen verschiedener Ethnien und Kulturen, wie es von Ethnologen proklamiert wird?11 Friesenhahn erkennt trotz verschiedener Herangehensweisen eine Gemeinsamkeit: „…Es geht immer um die Frage, wie man dazu beitragen kann, dass Menschen aus unterschiedlichen Kulturen konstruktiv (und gleichberechtigt) zusammenleben und ihren Alltag gemeinsam gestalten können.“12 Diese Assimilation lässt zumindest eine gemeinsame Zielrichtung erkennen: Es geht um gleichwertiges, gleichberechtigtes zusammenwirken und interagieren aller Kulturen und Ethnien innerhalb einer Gesellschaft. Kolle hingegen sieht nicht nur die eine „Interkulturalität“, sondern differenziert diese in „klassische Interkulturalität“ und in die neue „Interkulturalität 2.0“13 Die klassische Interkulturalität erklärt er als Zuordnung und Unterscheidung von Fremd- und Eigenkultur, stellt Interkulturalität weitestgehend mit Internationalität gleich und erkennt die interkulturelle Begegnung als ein Aufeinandertreffen von Fremd- und Eigenkultur. In Abgrenzung dazu steht die Interkulturalität 2.0, die Kolle in Anlehnung an Rathje als eine „Zwischenkultur“ deutet, eine Übergangsphase von Fremdheit in Bekanntheit – eine Vermischung, die Rathje als Verwirrung bezeichnet.14 Yousefi sieht Interkulturalität wiederum als „Name einer Theorie und Praxis, die sich mit gegenwärtigen und historischen Verhältnis aller Kulturen [Kultur versteht Yousefi als ein dynamisch-veränderbares Sinn- und Orientierungssystem mit offenen Grenzen] und Menschen als deren Träger auf der Grundlage ihrer völligen Gleichwertigkeit beschäftigt“.15

Trotz der unterschiedlichen wissenschaftlichen Auffassungen, gibt es doch eine grundlegende Gemeinsamkeit die Interkulturalität charakterisiert: Es geht um Interaktion von zwei oder mehr heterogenen Kulturen. Allerdings ist Interkulturalität nicht mit Heterogenität gleichzusetzen, wird Heterogenität doch auch durch kulturuntypische Merkmale wie z.B. Alter oder Geschlecht in Verbindung gebracht. Auch die in der Fachliteratur vorkommende Ausländerpädagogik wird der Interkulturalität nicht gerecht. Der Fokus liegt zu stark in der fremden Kultur, von Gleichwertigkeit zwischen den Kulturen ist daher nicht mehr viel zu erkennen. Eine vollkommen neutrale Betrachtung bietet hingegen der Ansatz des „Diversity“, der auch mit „Vielfalt“ oder „Diversität“ in Verbindung gebracht wird. Allerdings differenziert sich „Diversity“ von der Interkulturalität, indem sie jegliche Unterscheidung von kulturellen Unterscheidungsmerkmalen ausschließt und multikulturelle Aspekte in die Dimension „Herkunft“ oberflächlich komprimiert (Siehe dazu Anhang Abbildung 1). Daher wird im Rahmen dieser Arbeit weiterhin der Begriff Interkulturalität verwendet. Kulturspezifische Unterscheidungsmerkmale sind notwendig, um konfliktspezifische Ursachen und Strategien zu erkennen und zu entwickeln.

11 Vgl. Friesenhahn 2000, URL 12 ebd. 13 Vgl. Kolle, URL, abgerufen am 12.05.2016 14 Vgl ebd. 15 Yousefi 2011, S.29

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Daher wird verstärkt auf die „interkulturelle Begegnung“ eingegangen – ein Vorgang der Interkulturalität in der es zur tatsächlichen Interaktion zwischen zwei verschiedenen Orientierungssystemen kommt. Die Kulturen werden hierbei entsprechend der Interkulturalität als relativ und gleichwertig betrachtet.

Kulturspezifische Besonderheiten werden nicht negiert, allerdings wird in nachfolgenden Kapiteln der Sprache ein besonderer Stellenwert zugeschrieben. Die Vermutung liegt nahe, dass Sprachbarrieren – linguistische Probleme aufgrund mangelnder gemeinsamer Sprache – sich nachteilig auf Konfliktbewältigungsstrategien auswirken. Um eine Klärung dieser Annahme zu ermöglichen, bedarf es einer näheren Durchleuchtung des Begriffes „Konflikt“.

1.2 Bedeutung von Konflikten

Der Begriff “Konflikt“ wird im sozialwissenschaftlichen Kontext sehr häufig verwendet, allerdings auf höchst unterschiedliche Weise. Ähnlich wie schon bei der Interkulturalität gibt es viele Unstimmigkeiten zwischen den Definitionen. Demnach geht Imbusch davon aus, dass Konflikte soziale Tatbestände zwischen zwei Parteien seien und lehnt sich dabei Simmels Deutung an: „Konflikte sind eine Form sozialer Beziehungen in unterschiedlichen Intensitäten und Varianten“16. Hillmann deklariert Konflikte wiederum als „Gegensätzlichkeiten, Spannungen, Gegnerschaften, Auseinandersetzungen, Streitereien und Kämpfe unterschiedlicher Intensität zwischen verschiedenen sozialen Einheiten“.17 Ein weiterer Vertreter ist Höher: er sieht Konflikte als Interessengegensätze, in der mindestens zwei Personen involviert sind.18 Die Definitionen sind weit und allgemeingültig formuliert, zeigen aber auf, dass Konflikte unvermeidbar erscheinen und in der zwischenmenschlichen Interaktion ihren festen Platz innehaben. Dies täuscht aber nicht von der Brisanz hinweg die Konflikte mit sich ziehen. Vorerst wird aber auf die Frage eingegangen: Wann Konflikte ihren Anfang nehmen? Eine leichte Antwort auf diese Frage gibt es mitnichten. Die Entstehung von Konflikten kann aus vielerlei Gründen resultieren. Alle Ursachen zusammen zu tragen würde die Kapazität dieser Arbeit übersteigen, daher wird stattdessen der Blick auf die Entstehung interkultureller Konflikte gerichtet. Die Frage ist demnach: Wie geraten zwei oder mehr Parteien unterschiedlicher kultureller Prägung in Konflikt und welche Faktoren spielen dabei eine Rolle? Der erste Faktor ist offensichtlich und nahelegend: Es ist die Interkulturalität als Gerüst, dass die Beteiligten vor große Herausforderungen stellt. Durch die Sozialisation in unterschiedlichen Wertesystemen entstehen eigene Ansichten und Vorstellungen. Es gibt keine einheitliche Ethik. Baumer sieht auch im sozialen Bereich keine Gleichheit. Jede Person ist innerhalb ihrer Gesellschaft anders sozialisiert und wird dem

16 Imbusch und Simmel zitiert nach Bark 2012, S.17 ff 17 Hillmann zitiert nach Bark 2012, S.19 18 Vgl. Höher, 2002, S.50

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entsprechend mit anderen Wertmustern konfrontiert.19 Die oppositionellen Ansichten und Vorstellungen sind dagegen fremd, nahezu unbekannt.

Zusammenstöße verschiedener Ethiken, Werte, Moralvorstellungen, Überzeugungen, Haltungen, Normen, Gesetze, Regeln und/oder Glauben bergen ein gewisses Maß an Konfliktpotenzial. So muss in einer interkulturellen Begegnung abgewogen werden, ob eine Handlung die mit der eigenen Sozialisation nicht konform ist angenommen, abgelehnt oder als gegeben bzw. relativ betrachtet wird. Letzteres scheint der beste Weg zu sein, um einen Konflikt zu vermeiden.

Andere kulturelle Aspekte sind weitestgehend zu tolerieren und zu akzeptieren, ohne dabei die eigenen Werte und Überzeugungen zu verraten. Dies ist aber nicht immer einfach, gerade wenn die Gegensätze mit der fremden Kultur enorm sind. So spricht Baumer im Kontext dessen von einem Kulturschock, dem er folgende Merkmale zuschreibt: 1. Angst vor der fremden Kultur, 2. Angestrengtes Bemühen, neue Eindrücke zu verarbeiten, 3. Gefühl, isoliert und verlassen dem Unbekannten hilflos ausgeliefert zu sein, 4. die Meinung von den Einheimischen nicht akzeptiert zu werden.20 Interkulturalität ist aber wie oben erwähnt nur eine Facette. Jegliche Art von Ungleichheit kann zu einem Konflikt führen: Alter, Geschlecht, Meinung, Bildung, Prestige um nur einige zu nennen. Demnach kommt Imbusch ebenfalls zu dem Schluss, dass Konflikte allgegenwärtig und unvermeidlich seien.21 Konflikte entstehen, auch wenn eine Partei versucht auf die andere zuzugehen – sie gehören zur sozialen Interaktion dazu. Und selbst wenn eine Konfliktpartei sich beugt und sich der anderen Partei „unterwirft“, kann dadurch ein inner-psychischer Konflikt entstehen, da die fremde Meinung mit eigenen Werten kollidiert. Tatsächlich sollte immer hinterfragt werden, ob eine weitestgehende Akzeptanz für das „Andere“ immer der beste Weg ist. Anders ausgedrückt: Lohnt es sich für eigene Überzeugungen zu kämpfen und somit in einen Konflikt zu gehen, oder sogar einen Konflikt zu iniitieren? Welche Gründe sprechen dafür?

Für die Beantwortung dieser Fragen betrachte ich zunächst die demokratische Staatsform. Eine Demokratie lebt von Disputen und Debatten. Die dabei ausgetragenen Konflikte sind Teil des demokratischen Willensbildungsprozesses und führen im Optimalfall gesellschaftliche Veränderungen und Weiterentwicklungen herbei. Im Mehrparteiensystem hat jede Partei beispielsweise verschiedene Ansichten und Überzeugungen, obwohl die Annahme zutreffen sollte, dass die gesellschaftliche Sozialisation einheitlich sei. Dahrendorf betrachtet in Anlehnung an Marx Konflikte als Mechanismus des Wandels und als Hauptbedingung gesellschaftlichen Wandels.22 Konflikte sind somit nicht immer negativ zu betrachten. Einige Konflikte bedürfen Interventionen, andere nicht. Die Unterscheidung, welche Konflikte Bewältigungsstrategien benötigen wird im Kapitel zwei näher geklärt. Im nächsten Punkt werden äußere und innere Konflikte differenziert.

19 Baumer 2004, S.42 20 Vgl. Baumer 2004, S.133 f 21 Vgl. Bark 2012 S.20 22 Vgl. ebd. S.17

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1.3 Äußere/Innere Konflikte

Die Klassische Konfliktsituation, wie es in den oben genannten Definitionen von den Konfliktforschern beschrieben wird, beschreibt einen Disput, zumindest aber eine Spannung zwischen zwei oder mehr Parteien. Allerdings haben sich auch tiefenpsychologische Vertreter mit der Thematik „innere Konflikte“ beschäftigt. Höher unterscheidet als ein Vertreter zwischen sozialen Konflikten (2+ Parteien) und psychischen, inneren Konflikten.23

Bei den sozialen Konflikten steht vordergründig die Unvereinbarkeit von Zielen und Interessen zwischen den Parteien – die sich gegensätzlich verhalten. Der äußere Konflikt ist das Musterbeispiel des Konfliktes. Er ist von außenstehenden Parteien erkennbar, da er offen ausgetragen wird. Das kontingenztheoretische Modell nach Glasl eignet sich hervorragend, um Merkmale des äußeren Konfliktes zusammenzufassen. Glasl teilt in seinem Modell Konflikte in neun Eskalationsstufen, die sichtbare Merkmale gut erkennen lassen – Hier eine vereinfachte Kurzdarstellung:24

Stufe 1.) Verhärtung: Gegenseitige Spannung mit zeitweiligen Ausrutschern durch eigene Überzeugung. Stufe 2.) Debatte/Polemik: Kampf um Überlegenheit durch vorgespielte rationale Argumentation und polarisiertes Denken. v Stufe 3.) Taten statt Worte: Konfliktbeschleunigung wird begünstigt durch pessimistische Erwartungen und Fehldeutungen der Taten – Konkurrenzverhalten statt Einfühlungsvermögen und Kooperation. Stufe 4.) Images und Koalitionen: Stereotypsierungen führen zu negativen Rollenzuschreibungen und Gerüchten – Stichwort: „sich selbst erfüllende Prophezeiungen“. Stufe 5.) Gesichtsverlust: Öffentliche und direkte Angriffe und Demaskierungsaktionen, sowie verlorene Außenwahrnehmung und Verharren in eigene Ideologien prägen diese Stufe der Eskalation. Stufe 6.) Drohstrategien: Rapide Beschleunigung und Handlungszwänge durch gegenseitige Drohgebärden und Ultimaten. Stufe 7.) Begrenzte Vernichtungsschläge: Begrenzte Zerstörung des Anderen mit Inkaufnahme geringer eigener Schäden. Stufe 8.) Zersplitterung: Auf die Zerstörung des feindlichen Systems ausgerichtet durch abschneiden der „Frontkämpfer“ vom „Hinterland“. Stufe 9.) Gemeinsam in den Abgrund: Totale Konfrontation und Vernichtung des Feindes mit der vollständigen Bereitschaft zur Selbstvernichtung.

Glasl nutzt, explizit bei späteren Konflikten, eine teils drastische polemische Rhetorik, die eher einen Kampf als einen Konflikt beschreibt. Ferner muss man sein Modell im Kontext als zweckgebundenes Konfliktlösungsmodell betrachten.

23 Höher 2002, S.50 24 Vgl. Glasl 2003, S.104 f

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Er nutzt diese Abstufung konsequent, um auf die Herausforderungen an Helfenden und Mediatoren hinzuweisen und um infolgedessen seine Interventionsansätze als Lösung anzubieten. Glasls Kontingenztheoretisches Modell erzielt dadurch eine enorme Wirkung im Konfliktmanagement und wird daher dem in dieser Arbeit integrierten nonverbalen Konfliktlösungsmodell als Erklärung dienlich sein. Die Typisierung nach dem Ampelmodell stützt sich ebenfalls auf das Modell und wird im zweiten Kapitel vorgestellt.

Viele Interventionsmethoden beziehen sich auf äußere bzw. soziale Konflikte, u.a. die Streitpunktbearbeitung nach Bono, die Perzeptionserklärungen nach Blake und die GRIT-Methode von Osgood. Doch in welchem Zusammenhang spielen innere Konflikte – Konflikte, die sich im Geiste einer einzelnen Person abspielen - bei interkulturellen Begegnungen eine Rolle?

Innere Konflikte – in der Tiefenpsychologie der geläufigste Terminus – kann in der interkulturellen Begegnung durchaus eine Rolle spielen. Die Bedeutung wächst, wenn an eine Partei besondere Anforderungen gestellt werden, beispielsweise sich in die andere kulturelle Gesellschaft zu integrieren. Tatsächlich können Ambivalenzen entstehen, wenn neugewonnene kulturelle Aspekte kontrovers zur eigenen Sozialisation stehen. Die Wirkung kann bis zu einem Kulturschock ausarten (Siehe Punkt 1.2). Die „Kultur“ kann generell ein Faktor für einen inneren Konflikt sein und die Austragung eines Konfliktes begünstigen.25 Allerdings sind innere Konflikte nicht für die Helfenden sichtbar. Sie sind nach innen wirkende Prozesse des Erlebens, die das Verhalten allerdings maßgeblich beeinflussen. Beck beschreibt innere Konflikte als Tendenzen bzw. Kräfte die gegeneinander wirken.26 Ferner nimmt Beck in Anlehnung an Lewin die Definition auf: „der Konflikt ist eine Situation, in der entgegengesetzte, aber annährend gleich starke Kräfte auf eine Person einwirken“.27 Diese psychischen Kräfte verkörpern die folgende Entscheidungsformen und Möglichkeiten:28

a) Annährungs- Annährungskonflikt (Appetenzkonflikt): Positiv/Positiv-Möglichkeit b) Vermeidungs- Vermeidungskonflikt (Aversionskonflikt): negativ/negativ-Möglichkeit c) Annährungs- Vermeidungskonflikt (Appetenz-Aversionskonflikt): positiv-negativ/positiv-negativ-Variante [Beide Varianten haben jeweils einen positiven und negativen Aspekt]

Auch bei Höhers Zielkonflikten und anderen Konfliktforschern steht die Wahl zwischen zwei Alternativen bzw. entgegenwirkende innere Kräfte im Mittelpunkt. Festinger, ein Schüler von Lewin, geht im Hinblick auf innere Konflikte davon aus, dass der Mensch nach Konsistenz strebt und einen aversiven konflikthaften Zustand gerne beseitigen, zumindest reduzieren möchte.29 Einen wertvollen Beitrag zur Reduzierung innerer Konflikte bietet der Ansatz des „Neurolinguistischen Programmierens“ (=NLP) von Grinder und Bandler.30

25 Vgl. Glasl 2003, S.287 26 Vgl. Beck 2006, S.22 27 Vgl. Lewin zitiert nach Beck 2006, S.23 28 Aufzählung nach Lewin, ebd. S. 23 29 Dissonanztheorie nach Festinger, Beck 2006, S.26 30 Beck, 2006, S.35 ff

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Anhand von den Repräsentationssystemen - welche unsere Sinne wiederspiegeln und in visuell, auditiv, kinästhetisch, geschmacklich und olfaktorisch unterschieden werden – sammeln wir Erfahrungen und verarbeiten diese. Durch bewusstes Wahrnehmen dieses Vorganges entstehen Lernprozesse über „sich selbst“ und dem eigenen Verhalten. Dadurch entwickelt sich das eigene Modell, eine Art „Landkarte“. Umso mehr Erfahrungen gesammelt werden, desto größer wächst das Verständnis gegenüber Konfliktbetroffenen. Zudem öffnen sich mehr Handlungsalternativen. Dies ist aber durchaus ein längerfristiger Prozess, sodass in einer akuten Konfliktsituation keine Konfliktlösungsstrategie zur Verfügung steht.

1.4 Interkulturelle Konfliktbegegnungen

Für die Analyse interkultureller Konfliktbegegnungen werden in nachfolgenden Ausführungen fiktive Beispiele verwendet, um Faktoren und Charakteristika dieser Situation zu beschreiben. Diese Beispiele beinhalten konfliktreiche zwischenmenschliche Szenarien unter dem Aspekt der Interkulturalität.

Beispiel Syrer „A“ und Mädchen „M“:

Ein Jugendlicher Syrer „A“, derzeit wohnhaft in einer Flüchtlingsunterkunft in Dortmund, ist mit 3 anderen Syrern in einem Einkaufszentrum unterwegs. In einem Café wollen sie etwas bestellen, dabei sieht „A“ das deutsche Mädchen „M“, ebenfalls begleitet von 2 Freundinnen, dass er optisch sehr ansprechend findet. „A“ ist erst seit wenigen Monaten in Deutschland. Er spricht nur wenige Sätze Deutsch, kann aber schon ganz gut die deutsche Sprache verstehen. Er beschließt sie anzusprechen. Der einzige Satz, dem ihm in diesem Zusammenhang einfällt ist: „ich liebe dich!“ Er wiederholt den Satz mehrmals. Das Mädchen „M“ fühlt sich sichtlich belästigt und möchte die Situation verlassen. „A“ will aber noch nicht aufgeben, da er überzeugt ist, dass er nichts Falsches gesagt habe, zudem ist er besorgt, was seine Landsleute von ihm denken würden, wenn er jetzt aufgebe. Daher folgen sie den Mädchen. Ein Passant, der die Situation beobachtet, ruft daraufhin die Sicherheitsleute. Die Sicherheitskräfte wollen „A“ und seine Begleiter aus dem Haus abführen. „A“ wehrt sich dagegen, weshalb einer der Sicherheitskräfte die Polizei alarmiert. Die Polizei führt „A“ gewaltsam ab.

Dieses fiktive Beispiel zeichnet bewusst Parallelen mit dem Kieler Belästigungsfall im „Sophienhof“ ab: Eine Gruppe afghanischer Flüchtlinge bezirzte 3 Mädchen (Alter: 15, 16 und 17). Aus der unglücklichen Anmache, wird aus Sicht der Mädchen und später auch aus der Darstellung der Medien eine massive Belästigung. Zitat der Kieler Polizei: „POL-KI: 160226.1 Kiel: Drei junge Frauen im Sophienhof massiv belästigt - vorläufige Festnahme von vier jungen Männern“.31 Diese Meldung wird später durch die Polizei und anderen Quellen relativiert.

31 Presseportal, URL, abgerufen am 13.05.2016

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Allerdings ist bis dato eine Welle der Empörung (“Shitstorm“) im Netz und in anderen Medien ausgebrochen. Dieser Konflikt ist deshalb so verheerend, weil die allgemeine Stimmung weiter Teile der Bevölkerung durch die Kölner Massenbelästigung in der Silvesternacht bereits nachhaltig getrübt war. Dies kann als ein soziales Problem deklariert werden.

Die Frage stellt sich nun, wie dieser Konflikt hätte vermieden werden können. Zuerst besteht aber die Notwendigkeit die Konfliktsituation genauer zu betrachten. Im Folgenden werden die Umstände der Situation analysiert.

Zunächst scheinen vordergründig Sprachbarrieren und kulturelle Kontexte eine zentrale Rolle zu spielen. In fast allen Kulturen (abgesehen von Kulturen mit Zwangshochzeiten und fremdbestimmten Partnerwahlritualen) gehört der Flirt als wichtige Methode zur Partnerschaftswahl. Flirts können also durchaus als multikulturell bzw. universell betrachtet werden. Hierbei sind noch keine kulturellen Differenzen ersichtlich. Ob eine Kultur prüder als ein andere eingestuft werden kann ist eher kritisch zu hinterfragen, da dies sehr stark an die familiären Sozialisation geknüpft ist. Im Bespiel können sich beide Konfliktparteien sprachlich nicht verständigen. „A“ versucht es dennoch mit dem Satz „Ich liebe dich“, einen im unseren Kulturkreis sehr intimen Satz, der auf eine intensive Beziehung hindeutet. In Zusammenhang mit der ersten Begegnung innerhalb des Einkaufcenters wirkte es auf das Mädchen „M“ daher irritierend. Die Wiederholung des Satzes empfand „M“ sogar als penetrant belästigend. Die Kommunikation, explizit die Dekodierung der Botschaft, schlägt fehl, es kommt zu einem Missverständnis. Folge: Die Atmosphäre der Kommunikation ist erheblich gestört. Es gibt keine Beziehung zwischen beiden Personen und doch entwickelte sich aus der Situation ein Konflikt.

Folgende Faktoren lassen sich hierbei schon aufschlüsseln und als mögliche Ursache schlussfolgern:

1. Verhalten und Handlung nicht an die Situation angepasst: Der Satz „Ich liebe dich“ passt nicht in die Situation „Erstbegegnung“. Nach der Interaktionstheorie von Erving Goffmann wurde somit der Interaktionsrahmen nicht beachtet bzw. verkehrt gedeutet. Goffman bezeichnet dies als Rahmenirrtum (Falschrahmung ohne böse Absicht).32

2. Nähe und Distanz – Verhältnis nicht gewahrt: „A“ überschritt eine persönliche Grenze bei „M“. Allerdings ist die persönliche Grenze von Mensch zu Mensch unterschiedlich. So kostet es für manche Person Überwindung, um einen Händedruck zu erwidern. Ein anderer Personenkreis tendiert dagegen im ersten Augenblick zur Umarmung als Begrüßung. Hierbei gibt es durchaus auch kulturelle Unterschiede. Zum Beispiel ist die Distanzzone bei Südamerikanern geringer ausgeprägt als bei Mitteleuropäern.33 In wieweit die Grenze im Beispiel überschritten worden ist, ist aber reine Spekulation.

32 Vgl. Friedrich Alexander Universität Erlangen Nürnberg (Hrsg.), URL, abgerufen am 13.05.2016 33 vgl. Stangl, URL, abgerufen am 14.05.2016

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3. Botschaft verkehrt gedeutet: Schulz von Tun unterschied in seinem 4-Ohren-Modell zwischen vier Arten von Nachrichten (Selbstoffenbarung, Appell, Sachverhalt und Beziehung) die gesendet und empfangen werden können.34 Auch hier kann es zu einer Störung kommen aus dem ein Konflikt resultieren kann, wenn die Art der Botschaft sich vom Sender zum Empfänger unterscheidet.

Es ist äußert fraglich, ob das Mädchen den Satz „ich liebe dich“ tatsächlich als „Flirt“ verstand, oder es vielleicht auch nur für einen Scherz hielt. Vermutlich ist sie aber sehr verwirrt, weil dieser Satz die kulturspezifische Distanzzone überschreitet, nicht zum äußeren Rahmen passt und somit letztendlich nur fehlgedeutet werden kann.

Die oben genannten Faktoren führen nicht unweigerlich zu einem schwierigen Konflikt. Eine mögliche Fehleinschätzung einer Botschaft oder einer Situation kann immer noch geklärt werden. „M“ wusste nicht, dass die Deutschkenntnisse von „A“ nur gering sind und ihm so keine anderen Sätze für ein Gespräch einfielen. Allerdings ist die Klärung im Beispiel nicht möglich, da es unüberwindbare Sprachbarrieren gibt. Das Mädchen verhält sich abweisend und irritiert, „A“ kann dies aber nicht richtig deuten und annehmen, bzw. versucht er nicht aufzugeben. Der Konflikt verhärtet sich (Eskalationsstufe 1. von Glasl Siehe Punkt 1.3) durch diesen Ausrutscher. Das Fatale ist, dass der Konflikt nicht selbstständig beigelegt werden kann, weil die Missverständnisse nicht verbal kommuniziert werden können.

Ein weiteres fiktives Fallbeispiel – Afghane „D“ und Iraker „I“:

Der 14-Jährige Afghane „D“ und der 16-Jährige Kurde „I“ sind beide seit zwei Monaten zusammen mit anderen irakischen Kurden und Afghanen in einer Notfallunterkunft im Landkreis Verden untergebracht. Die afghanischen Bewohner sprechen Paschtunisch und Persisch, die irakischen Kurden sprechen hingegen die Sprache Kurmandschi. Eine verbale Verständigung in der interkulturellen Begegnung ist daher nicht möglich, sehr zum Leidwesen von „D“. Denn „D“ würde „I“ gerne fragen, ob dieser ihm seine neue Lautsprecherbox leihe. „D“ hat ein Handy, das seit der Flucht eine defekte Tonwiedergabe hat, weshalb es ihm nun nicht mehr möglich ist seine Handymusik abzuspielen. Als „I“ die Unterkunft verlässt, sieht „D“ seine Chance zumindest kurzweilig die Lautsprecherbox ungefragt an sich zu nehmen und Musik zu hören. Er geht in das Zimmer von „I“, nimmt sich die Lautsprecherbox, geht in sein Zimmer und hört dort seine Musik. Allerdings hat er nicht damit gerechnet, dass „I“ so zeitnah wiederkommen würde. „I“ erwischt „D“ beim Musikhören und fordert ihn auf den Lautsprecher sofort wieder zurückzugeben. „D“ versteht die Sprache von „I“ nicht, kann sich aber schon denken, weshalb dieser sich aufregt. Er versucht daher „I“ auf Persisch zu beruhigen. „I“ kann diese Sprache nicht verstehen und hat auch nur wenig Geduld. Er wird lauter und zorniger, weshalb nun die anderen Flüchtlinge herbeieilen. Der Streit breitet sich relativ schnell zu einem kulturellen Konflikt zwischen Afghanen und Kurden aus und eskaliert.

34 vgl. Beck 2006, S.49

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Als beide Gruppen mit Eisenstangen und Feuerlöschern aufeinander losgehen, gibt es mehrere Verletzte, wobei „D“ aufgrund starker Kopfverletzungen sogar in Lebensgefahr schwebt.

Auch dieses tragische Fallbeispiele ruht auf einer wahren Begebenheit: Der Diebstahl einer Lautsprecherbox artete in eine Massenprügelei mit bis zu 50 Personen aus.

Daraufhin ermittelte eine 15-köpfige Mordkommission wegen versuchten Totschlags, gefährlicher Körperverletzung und schweren Landfriedensbruchs.35

Die Konfliktpersonen unterscheiden sich vom oberen Beispiel. „I“ und „D“ kennen sich durch den gemeinsamen WG-Aufenthalt, es ist somit keine „fremde“ interkulturelle Begegnung. Die Dynamik des Konfliktes änderte sich rapide und es wird kaum versucht den Konflikt mit Kommunikationsmitteln zu lösen. Aber wie kam es zu dieser brisanten Beschleunigung der Gewalt? Die Faktoren im oberen Beispiel spielen hierbei eher eine untergeordnete Rolle, daher müssen andere Gesichtspunkte betrachtet werden.

1. Sprachbarrieren: Eine Sprachbarriere ist, allgemein definiert, die Schwierigkeit in der Verständigung zwischen Angehörigen verschiedener Sprachen.36 Im Beispiel spricht „D“ die Sprache Persisch und „I“ die Sprache Kurmandschi. Beide Sprachen sind miteinander verwandt und gehören zu den indogermanischen Sprachen und doch unterscheiden sie sich im Bereich der Semantik und Linguistik voneinander.37 Eine Kommunikation über die Sprache scheint im Beispiel nicht möglich, wird aber im ersten Anlauf von beiden Konfliktparteien versucht und schnell wieder aufgegeben. Die Sprachbarriere ist nicht die Ursache des Konfliktes, sie sorgt aber dafür, dass andere Konfliktlösungsstrategien genutzt werden als Debatten und Diskussionen. In diesem Fall gilt das „Gesetz des Stärkeren“, der Gewaltausbruch.

2. Interkulturelle Diskrepanzen: Interkulturelle Diskrepanzen entstehen durch irrationale Zuschreibungen, ferner durch Vorurteile gegenüber anderen Kulturen auf makrosozialer Ebene. Vorurteile und Zuschreibungen. Kategorisierung und Stereotypisierung sind notwendige Vorgänge zur Wahrnehmung und Filterung von Informationen. Notwendig heißt, dass sie bestimmte Funktionen erfüllen unter anderem: Orientierung geben, Anpassungen optimieren, Identitäten entstehen lassen. Letztes ist für interkulturelle Diskrepanzen und somit auch für interkulturelle Konflikte entscheidend zu berücksichtigen. Identitätsbildung ist auf mehreren sozialen Ebenen zu betrachten: Selbstwahrnehmung = Identifikation mit dem eigenen Ich (Keine soziale Ebene, aber nicht unerheblich für Einflüsse), Mikroebene = Identifikation mit der Familie, Mesoebene = Identifikation mit Gruppen die in der unmittelbaren Lebenswelt eine Rolle spielen, Makroebene: Identifikation mit eigener Kultur und Nationalität.

35 Vgl. NDR, URL, abgerufen am 15.05.2015 36 Vgl. Duden (Hrsg.), URL, abgerufen am 15.05.2016 37 Anmerkung: Vermutlich kommt es der Unterscheidung zwischen deutsch und schwedisch als Vergleich sehr nahe (Deutsch und Schwedisch entstammen der gotischen Sprache)

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Letzteres bezeichnet Baumer als kulturelle Identität, welche er zudem als Grundbedürfnis des Menschen bewertet (Zugehörigkeitsgefühl).38 Tajfel nimmt diesbezüglich an, dass Individuen eine positive soziale Identität anstreben, die vollständig durch die Mitgliedschaft innerhalb einer Gruppe definiert wird.39

Demnach können interkulturelle Konflikte auch dadurch begründet werden, dass man sich mit der eigenen Gruppe, oder weiter betrachtet, zu der eigenen Kultur hingezogen und mit ihr verbunden fühlt und Werte, Normen und Rituale anderer Kulturen als „befremdlich“ abweist (Siehe hier Punkt 1.3 - innere Konflikte in Verbindung mit Punkt 1.1 Ethnien und Interkulturalität). Baumer betrachtet Vorurteile als Bündel von Identitätsmerkmalen mit denen sich Einzelne und Gruppen voneinander abgrenzen und die aus der Angst vor dem Verlust der eigenen Identität resultieren.40 Nietke nimmt ebenfalls an, dass es um einen Kampf der Kulturen gehe, in welchem anhand von Spannungen Befremdung, Angst und Ablehnung impliziert würden.41 Der/Die „Fremde“, näher von Nietke beschrieben als Personen, die eine andere unverständliche Sprache sprechen und/oder nicht dem äußeren Abbild der eigenen Kultur gleichen und/oder sich nicht in ihrer Lebenswelt orientieren, wie es der Kodex der eigenen Kultur vorschreibt, können als Ängste, sogar als Bedrohung wahrgenommen werden. In Folge dessen entwickeln Gesellschaften vier Umgangsformen um mit der fremden Kultur umzugehen: a) Assimilationszumutung b) Vertreibung/Vernichtung c) Segregation d) Änderung eigener Deutungsmuster: Dauerhaftes interkulturelles Leben in der multikulturellen Gesellschaft.42 Der abschließende Aufzählungspunkt bedeutet allerdings, dass sich die Gesellschaft neu definieren und somit auch verändern muss, um fremde Gesellschaften zu inkludieren (Stichwort: Inklusion Siehe auch Abbildung 1 im Anhang)). Im Jahr 2015 erlebte Europa allerdings einen starken Rechtsruck, der auch auf der Angst vor dem Verlust der eigenen kulturellen Identität beruht. Angstforscher sprechen in diesem Kontext von einer Xenophobie, einer Angst vor dem Fremden.43 Laut eines Berichtes des NDR herrscht zwischen den verschiedenen Flüchtlingskulturen immense Anspannung, insbesondere zwischen Afghanen und Irakern, sowie Syrern. Ein Grund ist u.a. die unterschiedliche Behandlung im Asylverfahren, bei dem Afghanen in der Regel drei Mal länger auf eine Entscheidung warten müssen.44 Diesen Zusammenhang sieht auch Pro Asyl und deklariert diese Problematik ganz stigmatisierend als „Opferkonkurrenz“.45 Diese Art der interkulturellen Diskrepanz wäre, projiziert auf das Fallbeispiel, gegeben falls ein zutreffender Faktor.

38 Vgl. Baumer 2004, S.72 39 Vgl Uni Bielefeld (Hrsg.), Handout zu Tajfels SIT (1979), URL, abgerufen am 15.05.2016 40 Vgl. Baumer 2004, S.71 41 Vgl. Nieke 2008, S.121 42 Vgl. ebd., s.128 43 Vgl. Bandelow 2015, URL 44 Vgl NDR (Hrsg.) 2015, URL 45 ebd.

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3. Emotionalität: Emotionen sind psychische Kräfte und können durchaus im Konflikt auftreten, diesen verstärken oder hemmen, unter Umständen sogar auch lösen und entstehen lassen. Nach Siegmund Freud und anderen Tiefenpsychologen sind Gefühle unbewusst und können nicht gesteuert werden. Psychologisch betrachtet beeinflussen sie das Handeln und Verhalten eines Menschen. Innerhalb eines Konfliktes entstehen diverse Gefühle. Konfliktbegünstigende Emotionen sind Wut, Neid, Angst (Handlungszwang), Arroganz, Aggressivität, Ärger, Scham, Unruhe, Betroffenheit aber auch Enthusiasmus, Mut und Selbstsicherheit ; Konflikthemmende Emotionen sind dagegen Mitgefühl, Verständnis, Angst (Angst vor dem Konflikt), Warmherzigkeit, Zufriedenheit, Offenheit, Respekt, Güte aber auch Lustlosigkeit, Unsicherheit und Befangenheit.

Im Bespiel von „I“ und „D“ sind keine Gefühle ersichtlich. Emotionen sind innerhalb des Konfliktes von Bedeutung, denn sie können die Dynamik des Konfliktes stark beeinflussen. Die Gewaltbereitschaft im Beispiel steht kontrovers zur eigentlichen Gewaltursache und zeugt davon, dass zwischen beiden Konfliktparteien über einen längeren Zeitraum konfliktbegünstigende Emotionen angestaut worden sind.

Zwischenfazit: Interkulturelle Begegnungen können von vornherein konfliktbehaftet sein aufgrund von Sprachbarrieren, negativer Kategorisierung einer anderen Kultur oder durch angestaute Emotionen (Faktoren im Beispiel 2). Aber auch wenn zwei Parteien wertfrei in eine interkulturelle Begegnung starten können Konflikte auftreten, und zwar dann, wenn es innerhalb der Interaktion zu Fehlrahmungen, zur Nähe-Distanz-Überschreitung oder zur Fehldeutung der Kommunikation kommt (Faktoren im Beispiel 1).

Die Verschiedenheit der Faktoren erschwert eine vollständige Typisierung des interkulturellen Konfliktes, zumindest wenn auf die bisherigen soziologischen Systematisierungsversuche zurückgegriffen wird. Auch Glasls Typisierung nach Eskalationsstufen versagt diesbezüglich am entscheidenden Punkt, und zwar an der Dynamik, die während des Konfliktes z.B. durch Emotionen und Interventionen entstehen kann. Aus diesem Grund wird im nächsten Kapitel, in Anlehnung an andere Modelle, ein eigener Systematisierungsversuch unternommen, um die wechselhafte Dynamik des Konfliktes zu integrieren.

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2.Systematiersung und Typisierung von Konflikten

2.1 Systematisierung nach Austragung, Reichweite, soziale Arena, Disposition

Konflikte sind vielfältig, dynamisch, unterliegen verschiedensten Bedingungen, Faktoren und Ursachen zugrunde und werden auf vielfältige Weise ausgetragen. Daher nutzen Konfliktforscher je nach theoretischem Ansatz teils gegensätzliche Differenzierungsmethoden um Konflikte zu typisieren. Im Folgenden werden einige dieser Kategorisierungsversuche vorgestellt.

Kreyenberg differenziert Konflikte nach Art der Austragung. Konflikte können auf der einen Seiten verbal oder nonverbal offen und aktiv ausgetragen werden. Auf der anderen Seite können Konflikte aber auch verbal/nonverbal verdeckt und passiv initiiert werden.46 Resultierend ergeben sich daraus 4 Konstellationen: a) verbal offen: verbaler Angriff (z.B. Beleidigungen) b) nonverbal offen: Aufregung, Unruhe (z.B. Gewalt) c) verbal verdeckt: Ablenken (z.B. Sarkasmus, Leugnen) d) nonverbal verdeckt (z.B. Schweigen, Desinteresse)

Eine ähnliche Unterscheidung der Ausprägung findet sich bei Glasls Kontigenzansatz: In diesem trennte er zwischen direkte, offene, emotionale Auseinandersetzungen, terminiert als heiße Konfliktform (auf Ideale, Überzeugungen, Eroberungen, Expansionen und Eifer basierende Konflikte) und äußerlich beherrschten, emotionslosen, indirekten und verdeckten Konfliktformen, deklariert als kalte Konfliktform (Bedingt durch Verhinderungsziele, Blockaden, Paralyse und sozialer Erosion).47

Glasl erweitert seine Systematisierung mit weiteren Indikatoren: Die soziale Arena, den aktuellen Eskalationsgrad und der Reichweite. Die soziale Arena spiegelt die Ebenen mikrosozial (Konflikte zwischen Individuen), mesosozial (Konflikte zwischen formellen/informellen Vertretern der Konfliktparteien) und makrosozial wieder (Konflikte zwischen Institutionen).48

Der Konflikttypus der Reichweite umfasst Friktionen (Konflikt um die Sache), Positionskämpfe (Konflikt um die Rolle und den Einfluss), sowie Systemveränderungen (Änderungen bestehender Organisationen/Institutionen). Die Eskalationsgruppen sind im Punkt 1.3 umfassend beschrieben, daher wird auf diese nicht weiter eingegangen. Schließlich sieht Glasl noch Differenzen im kulturellen Kontext, den er als Indikator implementiert, aber nicht weiter ausführend beschreibt.

46 Vgl. Kreyenberg nach Heigl (2014), S. 4 47 Vgl. Glasl 2003, S. 284 f 48 Vgl. ebd. S.282 f

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Die eigene innere Haltung ist Forschungsgegenstand unter anderem bei Beck und Heigl, sowie von renommierten Psychologen wie Lewin, Festinger, Adler, Harris und Jung (siehe Punkt 1.3 innere Konflikte).

Einen Versuch zur Systematisierung unternahm Harris, indem er die innere Haltung in Dispositionen aufschlüsselte:49 (+/+) ich bin okay/ du bist okay (+/-) ich bin okay/ du bist nicht okay (-/+) ich bin nicht okay/ du bist okay (-/-)ich bin nicht okay/ du bist nicht okay Die erste Disposition würde viele Konflikte vermeiden, lässt sich aber nicht kontinuierlich und konsequent in der eigenen Haltung integrieren. Die 2. Disposition – Konzentration auf das eigene Ego – ist nach Heigl am meisten im deutschen Kulturkreis (andere europäische Kulturkreise eingeschlossen) verbreitet. Eine Unterlegenheits- und Defensivhaltung umschreibt die 3. Disposition und wird in einer leistungsorientierten Gesellschaft häufig versucht zu kompensieren, da es als Schwäche angesehen wird. Schließlich ist die letzte Disposition am meisten konfliktfördernd: Grundsätzlich wird alles kritisch und negativ betrachtet. Jede Person verfügt über eine gewisse Grundtendenz zu einer dieser Dispositionen. Daher wird in der Interaktion immer eine Haltung gegenüber einer anderen bevorzugt. Gewisse Steuerungsmöglichkeiten sind aber durchaus möglich (Stichwort: Konfliktcoaching).

Eine zuletzt betrachtete Einordnungsmethode der Konfliktformen basiert auf die Typisierung nach Themen: Hier eine Aufzählung von Kreyenberg, die auch Höher und Heigl in ihren Publikationen aufnahmen: a) Vergeltungskonflikte, b) persönliche Konflikte, c) Zielkonflikte, d) Methodenkonflikte und e) Wertekonflikte. Höher kommt aber zu der Einsicht: „Im Grunde genommen kann jedes Thema zum Konfliktthema werden“.50 Interessant ist der Perspektivwechsel zwischen Vordergrund und Hintergrund, welchen Höher in Anlehnung an Besemer in seine Konflikttheorie aufnahm und stark an Goffmans Vorderbühne und Hinterbühne erinnert.51 So stellt der Sachkonflikt, der eigentliche Konflikt, nur den sichtbaren Teil eines Eisberges da – den Vordergrund. Hintergründig spielen aber noch andere Faktoren eine wichtige Rolle im Konflikt, wie Gefühle, Werte, Bedürfnisse, Sichtweisen, Missverständnisse, Beziehungsprobleme, interpersonelle Probleme, Informationen oder strukturelle Bedingungen. Demnach können Konflikte durchaus versteckte Gründe haben, die während des Konfliktes nicht sichtbar erscheinen und auch der betroffene Konfliktbeteiligte sich nicht immer im Klaren sind. Beispielsweise können Beziehungsprobleme Konflikte im Arbeitsalltag fördern obwohl zwischen beiden Lebenswelten keine unmittelbare Verbindung besteht.

49 Vgl. Heigl 2014, S.5 50 vgl. Kreyenberg 2005, S.26 51 vgl. Höher 2002, S.55

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Höher unterscheidet weiterhin 3 Ebenen mit denen Konflikte betrachtet werden können: Rationale Ebene (Sache), emotionale Ebene (Person selbst) und soziale Ebene (Beziehung).52 Kritisch an dieser Betrachtung erscheint die Gleichberechtigung aller Dimensionen, spielt doch die Beziehung in einem Partnerschaftlichen Konflikt wahrscheinlich eher eine Rolle, als bei interkulturellen Konfliktbegegnungen (Begegnung mit den „Fremden“ Siehe dazu Punkt 1.4). Ob wirklich alle Konflikte mit Blick auf diesen 3 Dimensionen betrachtet werden können, ist ebenfalls fraglich. Die Emotionalität erscheint hingegen signifikant eine tragende Rolle zu spielen. Selbst, wenn eine Partei ohne emotionale Anspannung die Konfliktsituation betritt, können Konflikte in Folge dessen emotionale Reaktionen auslösen. Beck beschreibt es, als innere seelische-geistige Prozesse, die emotional berühren, aufrütteln, betroffen machen und veranlassen nachzudenken und somit bei der betroffenen Konfliktpartei „eine starke gefühlsmäßige Beteiligung hervorruft“. 53 Ein Konflikt kann emotional unterschiedlich wahrgenommen werden. Beck listet störend, belastend, bedrohlich, gefährlich oder als herausfordernd als mögliche Wahrnehmungen auf.54 Die emotionale Wahrnehmung muss bei der Konfliktlösung berücksichtigt werden. Eine Möglichkeit wäre, Befindlichkeiten während des Konfliktes auszutauschen, um somit ein Gespräch über das Gespräch in Form einer Metaebene zu initiieren. Allerdings kann diese Methode nicht bei einer interkulturellen Konfliktbegegnung implementiert werden, in denen Sprachbarrieren die Kommunikation erheblich erschweren.

Zwischenfazit: Die oben genannten Typisierungen und Systematisierungen können die zusammengetragenen Faktoren in Punkt 1.4 weiter spezifizieren. Folglich müsse für interkulturelle Konflikte - bestimmt durch Verständigungsprobleme anhand Sprachbarrieren, interkultureller Diskrepanzen, Umgang mit Emotionen, sowie Kommunikation und Interaktion immanenter Bedingungen – ein Konfliktlösungsmodell entwickelt werden, dass sich auf die Austragung nonverbaler offener oder verdeckter Konflikte (Kreyenberg) innerhalb der mikrosozialen Arena durch Friktionen orientiert (Glasl) und sowohl die Eskalationstufen (Glasl), als auch die innere Haltung (Harris) inkludiert. Die Aufsplittung in Themen relativiert sich allerdings, da es eine grundlegende elementare Nutzung, des im Kapitel 4 vorgestellten, Konfliktlösungsmodells reduzieren würde. Folgende Konstruktion lässt sich aber anhand der Faktoren und Formate für interkulturelle Konflikte ableiten: Interkulturelle Konflikte werden durch Interaktion multikultureller Aspekte definiert. Das bedeutet, dass Sprache, Lebensweltorientierung und somit Verhalten und Handeln, aber auch das Erleben sich bei den einzelnen Parteien innerhalb der Konfliktsituation unterscheiden können. Wie prägnant die Verschiedenheit sich auswirkt ist nicht wichtig, abgesehen von den Sprachbarrieren. Die Problematik einer verschiedenen Linguistik und Semantik ist zentraler Mittelpunkt der nonverbalen Konfliktbewältigung des im Kapitel 4 erwähnten Modelles.

52 Vgl. ebd. S.56 53 Vgl. Beck, 2006, S.15 54 Vgl. ebd. S.19

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Weiterhin leitet sich daraus für den interkulturellen Konflikt ab, dass er nonverbal offen bzw. verdeckt zwischen einzelnen Personen und/oder Gruppen ausgetragen wird. Die Haltung der Parteien ist die Überlegenheit der eigenen Kultur (+/- meine Kultur ist okay/ deine Kultur ist nicht okay = Wertkonflikt) bzw. die Angst vor der anderen Kultur. Interkulturelle Konflikte können „heiß“ ausgetragen werden, mit wenig Aussicht auf Erfolg, da Ansichten nicht verbalisiert werden können oder sie spielen sich „kalt“ ab. Kalte Konflikte bergen die Gefahr, dass sich negative Emotionen sammeln und irgendwann konzentriert „heiß“ entladen. Beachtet und nicht unerheblich ist die Dynamik des Konfliktes, die Glasl in seinem Eskalationsstufenmodell aufführt, welches aber konsequent nur eine Richtung verfolgt (down to up). Dies steht konträr zu folgender Annahme, dass Konflikte nicht mit gewalttätigen Auseinandersetzungen enden. Sie pendeln zwischen Eskalationen und Deeskalationen in verschiedenen Abstufungen und sind daher erst gelöst, wenn keine Interventionen mehr von Nöten sind und beide Parteien die jeweils andere Partei mit dessen kulturellen Prägungen akzeptiert und als zugehörig bewertet. Um diese Dynamik zu ergreifen und im Konfliktlösungsmodell zu implementieren wird im nächsten Punkt ein dynamisches Ampelmodell konstruiert. Mit diesem wird in den weiterführenden Ausführungen gearbeitet.

2.2 Systematisierung nach dem Modell der dynamisch schaltenden Ampel

Die Ampel stellt eine besonders deutliche Symbolik für die Dynamik dar, da sie konsequent und deutlich zwischen verschiedenen starken Signalfarben hin und her schaltet (grün->gelb->rot->gelb->grün->gelb) und zudem über sehr viel Aussagekraft verfügt. Bevor der dynamische Prozess im Zusammenhang mit interkulturellen Konflikten weiter durchleuchtet werden kann, werden die verschiedenen Abstufungen bzw. Phasen zunächst einzeln beleuchtet und dann in Zusammenhang gebracht.

Phasen/Stufen:

Phase „grün“ (= Konflikt der Vernunft):

Umfasst die erste Phase des Konfliktes. Diese Konflikte weisen eine geringe Dynamik auf, der Verlauf ist somit überschaubar. In der „grünen“ Phase sind die Konfliktparteien zueinander respektvoll und tolerant, weshalb das Gesprächsklima gänzlich harmonisch bleibt. Die Grenzen des Gegenübers sind bekannt und werden geachtet, das Gesicht wird gewahrt.

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Prägnant innerhalb dieser Konfliktphase wirken Meinungsverschiedenheiten und Zielkonflikte. Diese werden konstruktiv, zumindest aber mit Bedacht auf die Opposition ausgetragen. Ein Übergang in eine andere Phase ist nicht möglich, da beide Konfliktparteien sich an personenbezogenen Grenzen halten. Sollten die Grenzen nicht bekannt sein, werden diese auch nicht ausgetestet und ausgereizt, da beide Seiten keine „schlimmere“ Eskalation riskieren wollen und um Diskreditierungen zu vermeiden. Es ist somit ein gegenseitiges Abwägen von eigenen Ambitionen, oppositionellen Reaktionen und der Beilegung des Konfliktes. Der Willen zur Lösung des Konfliktes ist dementsprechend stark ausgeprägt, wodurch Zugeständnisse auf beiden Seiten grundlegend möglich sind. Beispiele sind: Debatten, Diskussionen, kontroverse Darstellungen, Gedankenaustausche, Wechselreden und Verhandlungen. Eine Intervention von Seitens eines neutralen Helfers ist nicht notwendig, da beide Positionen durch Kompromisse, Vereinbarungen und Pakte den Konflikt selbstständig lösen können. Die innere Haltung entspricht dem +/+ von Harris (meine Ansicht ist okay, aber ich verstehe auch deinen Standpunkt).

Phase „gelb“ (= Konflikt der Modulation):

Wie bei der Phase „grün“, werden Kommunikationsregeln weitestgehend eingehalten. Das Klima ist dementsprechend anfänglich entspannt, da die Konfliktparteien bemüht sind den Konflikt zu lösen. Im Gegensatz zur „grünen“ Phase entsteht allerdings eine Dynamik, die daraus resultiert, dass mindestens eine Partei die Balance des Gegenseitigen Abwägens missachtet und somit ein Ungleichgewicht auslöst. Dies kann entstehen, wenn eigene Intentionen einen Mehrwert im Gegenzug zu den Vorstellungen der gegnerischen Partei darstellen. Der Willen zur Konfliktlösung würde in Folge dessen untergraben. Die Dominanz einer Partei fördert das Ungleichgewicht während der Austragung (+/- meine Ansicht ist richtig, deine ist falsch!). Die Folge ist eine Asymmetrie, die der anderen Konfliktseite nur die Optionen „ausharren“ (Die eigenen Interessen sind es wert den Konflikt weiter auszutragen) oder „unterwerfen“ (Aufgabe eigener Vorstellungen zur Beilegung des Konfliktes (-/+ ich hab keine Chance, die andere Partei ist stärker) eröffnet. „Ausharren“ bedeutet gleichzeitig auch einen Übergang in die nächste Phase (Phase orange) und wird daher erst im nächsten Punkt näher durchleuchtet. „Unterwerfen“ ist ein Arrangement, das einen heißen Konflikt beilegen, aber so zu einem kalten Konflikt führen kann. Ein ständiges einseitiges „Unterwerfen“ zwischen zwei Parteien, schafft ein weiteres Ungleichgewicht in Form eines Abhängigkeitsverhältnisses bzw. eines Machtgefälles. Die Nachhaltigkeit solch einer Problemlösung in Gegensatz zu den in Phase „grün“ proklamierten Kompromissen, Vereinbarungen und Pakte ist daher in Frage zu stellen. Helfende sollten eine weitere Ausweitung verhindern, Streitigkeiten aufs wesentliche begrenzen oder vielleicht auch einen Wechsel der Thematik anregen, wenn das aktuelle Thema negative emotionale Reaktionen auslöst. Ebenfalls kann eine Aussprache über die bisherige Gesprächsform geführt werden (Gespräch auf Metaebene). Dies ist gerade dann förderlich, wenn eine Partei die Kommunikation auf Augenhöhe verlassen hat und gezielt Macht und Druck ausübt.

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Der/die Helfende unterstützt weiterhin bei der Kompromisssuche und weist Möglichkeiten für Lösungen auf. Nonverbale Interventionen in einer interkulturellen Begegnung: Der/die Helfende stellst sich zwischen die Parteien. Beide Hände des Helfenden werden sichtbar für alle Parteien flach mit den Handrücken nach oben ausgestreckt und langsam in einer Bewegung nach unten geführt (Symbolik für „Ruhe, Beruhigung“) ohne mit den Handspitzen auf die anwesenden Personen zu zeigen. Gibt es Sprachbarrieren zwischen den Konfliktparteien, die einer Klärung des Konfliktes verhindert, sollte ein/eine Dolmetscher/Dolmetscherin im weiteren Schritt hinzugezogen werden.

Phase „orange“ (=Konflikt der Regression)

In dieser Phase ändert sich die Austragung des Konfliktes. Sachliche Argumentationen erscheinen für die Konkurrenten wirkungslos, daher werden andere Austragungsformen genutzt die je nach „kaltem“ Konflikt und „heißen“ Konflikt variieren und daher voneinander unterschieden werden. Beim kalten Konflikt wird die ungeklärte Situation verlassen oder die weitere Kommunikation durch wegdrehen und ignorieren abgebrochen. Der Konflikt wird dadurch keineswegs gelöst, da angespannte, aufgeladene Emotionen verbleiben um sich zu einem anderen Zeitpunkt wieder zu entladen, wodurch ein heißer Konflikt entstehen kann. In einem „heißen“ Konflikt können folgende Merkmale beobachtet werden: Die Lautstärke erhöht sich; Der Tonfall wird hart und aggressiv; Die verbalen Äußerungen sind abwertend, beleidigend und verletzend. Weiterhin entsteht ein Machtkampf, der zu einer Asymmetrie im Rollen- und Beziehungsgefilde zwischen den Konfliktparteien führen kann. Es gibt keine Rücksicht auf das Gesicht und das Image der Opposition. Aussagen und Meinungen werden gegenseitig bagatellisiert und denunziert, Personen der anderen Partei diskreditiert und Standpunkte werden polarisiert. Der Konflikt wird in dieser Phase als belastend und störend wahrgenommen. Bei Verhärtung des Konfliktes wird nach Unterstützern gesucht um Vorteile zu gewinnen. Es geht derweil um Sieg oder Niederlage, nicht mehr allein um die Klärung der Sache. Selbst die Flucht der Situation befriedigt nicht und fördert stattdessen innere Konflikte. Im interkulturellen Konflikt gepaart mit Verständnisproblemen aufgrund keiner gemeinsamen Sprache ist es die geläufigste Form der Austragung: Positionen können nicht gegenseitig nachvollzogen werden, weshalb für die Übersetzung auf nonverbale Kommunikationsmittel rückgegriffen wird. Gestische Bewegungen können aber im Eifer häufig als „provokant“ wahrgenommen und fehlinterpretiert werden. Der/Die professionelle Helfende hat die Aufgabe Missverständnisse in der Kommunikation zu klären, die „Sache“ des Konfliktes wieder in den Vordergrund zu rücken und bis jetzt verursachte Imageschäden und Ehrverletzungen zu mildern und/oder abzufedern. Hierfür ist eine meditative Kommunikation für die Konfliktbewältigung notwendig und wodurch eine Qualifikation in Richtung Mediation, Konfliktbewältigung und Konfliktmanagement, zumindest aber ein gewisses Maß an Verhandlungsgeschick, Empathie und Sozialkompetenz vorausgesetzt wird.

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Abgesehen von der Schlichtung können Helfende immer deeskalierend wirken, ferner sind auch Professionelle auf eine Begrenzung der Eskalation beschränkt und zwar im Fall von interkulturellen Verständigungsproblemen durch Sprachbarrieren. Die nonverbale Intervention „Stopp/Halt“ wird in diesem Fall separat im Kapitel 4 vorgestellt und erläutert.

Phase „rot“ (=Konflikt der Destruktion)

Die Handlungsweise der Parteien nimmt innerhalb dieser Phase destruktive Ausmaße an. Eskalierendes Verhalten und Handeln ohne Rücksicht auf eigene Verluste skizziert den weiteren Verlauf der Austragung. Die Lösung der Sache ist nicht mehr die vordergründige Motivation, vielmehr wird der Konfliktsachverhalt missbraucht um die Anwendung destruktiver Mittel zu legitimieren. Die angestauten Emotionen der Konfliktparteien entladen sich nun unkontrolliert, so dass Konfliktlösungsstrategien ignoriert werden und daher nicht mehr als Handlungsoptionen wahrgenommen werden. Verständnis, Mitgefühl für die Opposition werden ausgeschaltet, die Perspektive des Gegenübers wird ins Negative verzerrt. Gewalt und Aggressionen in verbaler, aber auch in körperlicher Form kommen zum Tragen. Es besteht die Gefahr, dass Beziehungen nachhaltig gestört werden und es beim fortlaufenden Konflikt zu immer wiederkehrenden Eskalationen zwischen den Parteien kommt. Dies wäre besonders beim „heißen“ Konflikt mit interkulturellen Diskrepanzen der Fall. Ist dieser Phase ein „kalter“ Konflikt vorausgegangen besteht dagegen die Möglichkeit, dass nach den Entladungen angestauter Emotionen eine Rückkehr zu Verhandlungen möglich ist. Helfende sollten vorsichtig in dieser Konfliktphase agieren um nicht selbst Schaden zu nehmen. Vordergründig sollte die Separation der Konfliktparteien in Refugien angestrebt werden um Eskalation und Gewalt zu entschärfen. Ist die Konfliktsituation als gefährlich einzustufen, sollte Hilfe angefordert werden. Gerade handgreifliche Gewalt, gilt als Straftatbestand und bedarf daher eher polizeiliche Aufklärung als emphatisches Zureden. Gefahr im Konflikt geht im Grunde immer dann aus, wenn körperliche Gewalt ausgeübt wird. Die Krux der Hilfe besteht hierbei tatsächlich, Schäden zu verhindern bzw. zu begrenzen ohne sich selbst in Gefahr zu geraten.

Erwartungshaltung in der Interkulturalität

Die oben genannten Phasen treten in unterschiedlicher Anordnung und Ausprägung auf. Die Dynamik wird dabei beeinflusst von der Beziehung zur Konfliktpartei, emotionalen Gemütszustand der Parteien, vom äußeren Rahmen (Dimension Raum und Zeit), weiteren anwesenden Personen, der eigenen Erwartungshaltung und den damit verbundenen Vorerfahrungen, sowie der Konfliktsache selbst. Darüber hinaus spielen die zugeschriebenen Rollen der Personen, das Verhältnis zueinander und der kulturelle Kontext eine gewichtete Rolle. Speziell die interkulturelle Begegnung wird maßgeblich von der Erwartungshaltung und den Vorerfahrungen mit der anderen Kultur suggeriert. Positive und negative Erfahrungen fließen in der Interaktion mit ein, bestimmen die Erwartungen und Handeln der Parteien.

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Am Ende werden die neu gewonnenen Erfahrungen mit der Kultur gespeichert und in der nächsten interkulturellen Begegnung mit der gleichen oder einer ähnlichen Kultur wieder abgerufen und miteinbezogen. Umso mehr Erfahrungen mit Interkulturalität gesammelt werden, umso sicherer agieren die Interaktionspartner miteinander. Sind keine Vorerfahrungen vorhanden können hingegen Ängste auftreten, wie Xenophobie und die Angst vor Überfremdung. Charakteristiken interagierender Personen bestimmen ebenfalls den Umgang mit anderen Kulturen. Introvertierte Menschen neigen zu mehr Distanz, extrovertierte Menschen gehen hingegen eher offener in die Interaktion. Das Dilemma in interkulturellen Konflikten, besteht allerdings in negativen Erwartungen durch schlechte Vorerfahrungen, historisch bedingten Diskrepanzen oder durch in Medien proklamierten Negativzuschreibungen. Eine besondere Problematik weist der Ethnozentrismus auf. Schubert sieht in ihm einen Bewertungsmaßstab eigener kultureller Aspekte gegenüber Fremden, die eine unvoreingenommene, objektive Sicht verhindert.55 Die eigene Kultur wird als Mittelpunkt und als Maßstab betrachtet.56 Als Gegenpol zum Ethnozentrismus kann der Kulturrelativismus betrachtet werden: Alle Kulturen sind in ihrer Verschiedenartigkeit nach dieser Einstellung als relativ und nicht als gut oder schlecht zu bewerten. Schließlich seien interkulturelle Spannungen und Konflikte erwähnt, die in der Begegnung bestimmter ethnischer und kultureller Gruppen auftreten und allein auf historische Ursachen zurückzuführen sind. Die Begegnungen zwischen Palästinenser und Juden, zwischen Sunniten und Schiiten, zwischen Armenier und Türken, zwischen irischen Protestanten und Katholiken sind alles Beispiele für historisch begründete Spannungen, die ein gewisses Konfliktpotenzial inne haben.

Wie ist diese Art von Konflikten zu verhindern, zu entschärfen, zu vermeiden und zu lösen? Im nachfolgenden Kapitel werden Konfliktlösungsmodelle vorgestellt und Überlegungen miteinbezogen, wie ein allgemeingültiges Modell in der interkulturellen Begegnung entwickelt werden kann.

55 Schubert nach Rippl 2008, S. 15 56 Ebd. S.33

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3. Konfliktlösungsmodelle

3.1 Grundmuster der Konfliktbewältigung

Konfliktlösungsmodelle und meditative Ansätze gibt es reichlich und in unterschiedlicher Ausprägung. Die Grundmuster nach Schwarz beschreiben eine grundlegende Kategorisierung von Konfliktlösungsformen, übertragbar auf alle Konfliktarten.57 Zentrales Anliegen sieht Schwarz hierbei in der Wiedererlangung der Handlungsfähigkeit zwischen den Konfliktparteien. Diese Grundmuster stehen dabei nicht gleichberechtigt nebeneinander, sondern werden in Höherentwicklung (down to up) und Rückfall (up to down) voneinander differenziert. Die Formen nach der Höherentwicklung arrangieren sich wie folgt: Flucht, Vernichtung, Unterordnung, Delegation, Kompromiss, Konsens. Dementsprechend wird beim Rückfall dieselbe Reihenfolge in umgedrehter Form wieder aufgezählt. Alle 6 Grundmuster sind Möglichkeiten der Konfliktlösung mit eigenen Vor- und Nachteilen. So bietet die Flucht eine schnelle, einfache, schmerzlose und energiesparende Konfliktvermeidung, kann aber wiederum das Selbstwertgefühl verletzten und bietet auch keine Lösung des Konfliktkernes.58 Der Gegenpol, das Grundmuster des Konsenses, ist hingegen zwar sehr zeitaufwendig, aber ein tragfähiges Lösungskonzept hinter dem alle Konfliktparteien stehen.59 Heigl ordnet in Anlehnung an Schwarz jedem Grundmuster Indikatoren zu, welche Rückschlüsse darauf ziehen, wieso eine Partei auf das jeweilige Grundmuster zurückgreift: 60

Flucht: - Aussichtslosigkeit, unbedeutender Konfliktgegenstand für flüchtende Partei Die schwächere Partei entzieht sich dementsprechend (Verlierer-Verlierer-Strategie).

Vernichtung: - Machtposition vorhanden, Beziehung zum Konfliktpartner unwichtig, schnelles Resultat gefordert Dem zu Folge setzt sich die stärkere Partei durch.

Unterordnung: - Konfliktgegenstand ist für die unterordnende Partei nicht bedeutsam Die schwächere Seite gibt nach (Gewinner-Verlierer-Strategie).

Delegation: - Konfliktlösung angestrebt trotz verfahrender Situation, in welcher keine Partei nachgeben möchte Die Lösung wird einer 3. Partei übergeben beispielsweise einem Schiedsrichter (freiwillig) oder einem Gericht (erzwungen).

Kompromiss: - Bei Überwindung von Flucht, Kampf und Unterordnung; Zwischenschritt auf den Weg zum Konsens Eine Lösung wird gefunden, indem beide Parteien Opfer bringen.

57 Vgl. Schwarz 2014, S. 281 58 Vgl. Heigl, 2008, S. 23 59 Vgl. ebd. S.25 60 Vgl. Schwarz nach Heigl, 2014, S. 23ff

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Konsens: - Stabile und tragfähige Konfliktlösung soll angestrebt werden Lösung mit der alle Interessen gleichberechtigt Einklang finden (Gewinner-Gewinner-Strategie).61

Schwarz nimmt an, dass die Höherentwicklung der Stufen einem Lernprozess zur Grunde liegt. Nach seiner Theorie durchlaufen die Parteien die Grundmuster der Reihe nach bis sie den Konsens erreichen. Ein Rückfall in die Flucht ist ebenfalls durchaus möglich. Aus dem Konsens geht die Flucht, der Machtkampf und die Unterordnung hervor. Nur durch das Lernen dieser Prozesse kann die Einsicht gewonnen werden, Interessen zu synthetisieren und so zum Konsens zu finden. Für interkulturelle Konfliktbegegnungen kann eine Bewertung nach diesem Ansatz hilfreich sein. Allerdings ist dieses Modell bei Konflikten mit Sprachbarrieren nicht ohne weiteres überschreibbar. Die gegenseitige Erkenntnis und Einsicht von Standpunkten wird weder gewonnen noch erkannt. Eine lösungsorientierte Verbalisierung wird im Grundmusteransatz nach Schwarz nicht explizit erwähnt. Es bleibt offen, wie Konsens und Kompromiss gestaltet werden können, wenn nur auf nonverbaler Ebene Kommunikation möglich erscheint.

3.2 Die Methode des sachbezogenen Verhandelns

Ein beliebtes Konzept in der Mediation ist das Havard-Konzept von Fisher, Ury und Patton. Auch in diesem Handlungsmodell werden 4 zentrale Grundelemente impliziert, die darauf zielen, Konflikte sachbezogen auszutragen. Diese Grundelemente ähneln charakteristisch eher an „Slogans“. Die Aufzählung ist wie folgt: „Menschen: Menschen und Probleme getrennt voneinander betrachten!“, „Interessen: Nicht Positionen. Sondern Interessen im Mittelpunkt stellen!“, „Möglichkeiten: Vor der Entscheidung verschiedene Wahlmöglichkeiten entwickeln!“ und „Kriterien: Das Ergebnis auf objektiven Entscheidungsprinzipien aufbauen!“. 62 Heigl sieht in diesen Grundaspekten die Basis für eine offene und ehrliche Verhandlung. Im ersten Grundelement, wird an den Konfliktparteien appelliert die Sachlage und das Problem „Mensch“ differenziert zu betrachten und getrennt zu lösen. Das Problem Mensch lässt sich dabei nur lösen, wenn Emotionen gegenseitig erkannt und verstanden, sowie als berechtigt anerkannt werden.63 Emotionale Ausbrüche und Entladungen sind gegeben falls zuzulassen, damit wieder auf das Problem eingegangen werden kann ohne den Menschen anzugehen. Sind emotionale und menschliche Aspekte vom Sachverhalt getrennt geklärt und ad acta gelegt, werden im nächsten Schritt Interessen und Positionen voneinander abgegrenzt. Positionen werden nicht als Konfliktproblem erachtet, stattdessen geben verborgene gegenseitige Interessen den Antrieb für den Konflikt und müssen gelöst werden.

61 Vgl. Schwarz 2014, S.281 ff 62 Vgl. Heigl 2008, S.25 63 Vgl. Marx 1999, S.32 f

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Interessen müssen allerdings erstmal erkannt und von beiden Seiten gewürdigt werden ohne dabei auf Positionen zu versteifen.64 Sind Interessen bekannt, beginnt die Lösungsfindung (Grundelement 3). Häufig konzentrieren sich die Parteien auf lediglich eine Lösung, die als naheliegend erscheint ohne dabei andere Alternativen in Erwägung zu ziehen. Hierbei wird eine Lösungsfindung angestrebt, die für die Interessen beider Parteien vertretbar und schmerzfrei erscheint. Somit werden gegenseitige Interessen als gemeinsame Interessen definiert, die eventuell beiderseits Vorteile verspricht. Die Definition und Bewertung dieser Lösung müssen die Parteien selbst übernehmen.65 Die Beurteilung wird im 4. Grundelement geschildert. Die objektiven Kriterien umfassen die Suche nach den Kriterien selbst, das Herbeiführen einer vernünftigen Argumentation und dem Beugen sinnvoller Prinzipien ohne Druck.66 Weiterhin müssen Fairness, Effektivität und Sachbezogenheit in den Beurteilungskriterien einfließen um ein vernünftiges Ergebnis zu erzielen. Die Resultate können gegeben falls von einer dritten Partei hinsichtlich der Objektivität geprüft werden. Das Havard-Konzept ist ein nachvollziehbares und unkompliziertes Handlungsmodell für Helfende. Die Strategie kann ebenfalls auf alle Projekte projiziert werden. Problematisch können sich aber die Schritte im 2. und 3. Grundelement erweisen. Die Differenzierung von Interessen und Positionen ist nicht immer eindeutig, bzw. sind die Interessen situationsbedingt sehr verwoben mit den jeweiligen Positionen, weshalb eine Trennung dadurch sehr erschwert wird. Der 3. Schritt setzt hingegen ein intensives, disziplinäres Zeitmanagement voraus. Die Suche nach Lösungen und Alternativen bedarf Zeit und Energie. In dem Eifer eines brisanten Konfliktes können zeitliche Ressourcen aber häufig nicht aufgebracht werden. Letztlich spielt die verbale Kommunikation eine sehr starke zentrale Rolle, auch wenn diese nicht explizit betont wird. Die Grundmuster sind trotz ihres einfachen Gerüstes, kompliziert in ihrer Umsetzung. Eine Implementierung dieses Ansatzes in interkulturellen Konfliktbegegnungen, mit dem Zusatz Verständnisschwierigkeiten durch Sprachbarrieren, erscheint daher abwegig.

3.3 Konflikte lösen mit gewaltfreier Kommunikation

Die gewaltfreie Kommunikation (GFK) wurde von Marshall Rosenberg in den 1960er entwickelt. Rosenberg geht in seiner Arbeit davon aus, dass Menschen im Grunde ihres Herzens zur Erfüllung von Bedürfnissen beitragen möchten und sie bereit sind, aufeinander einzugehen, wenn sie darauf vertrauen können, in ihren Gefühlen und Bedürfnissen gehört und ernst genommen zu werden67. Gewalt sieht Rosenberg auch im Gebrauch mit Worten. Sprachlicher Ausdruck, Empathie und das Erkennen und Verstehen gegenseitiger Bedürfnisse stehen daher im Fokus seines Modells. Die gewaltfreie Kommunikation bietet demnach eine alternative Ansprache von Kommunikation, die auf die gegenseitige Bereitschaft zur Kooperation und auf die freiwillige Berücksichtigung von Wünschen beruht. 64 Ebd. S.33 65 Vgl. Heigl 2008, S.26 66 Vgl. Marx 1999, S.34 67 Vgl. Holler und Heim, 2004, S.29 f

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In der Praxis wird die mit dem 4-Schritte-Modell realisiert. Mit 4 Schritten wird das Persönliche Anliegen kommuniziert, aber auch die Bedürfnisse und Anliegen es Gegenübers zugestanden und berücksichtigt, mit dem Ziel, Beziehungen zu stärken und Handlungsspielräume zu erweitern. Die Schritte sind: 68

1.) 1.Schritt: Beobachtung (Welche Handlung stört Sie) – Beinhaltet Störfaktoren, explizit nachprüfbare Tatsachen, sogenannte „hard facts“, die als störend wahrgenommen werden.

2.) 2.Schritt: Gefühl (Wie fühlen Sie sich dabei) – Beschreibt das Gefühl, dass während der Beobachtung bei sich selbst wahrgenommen wird z.B. Frust, Irritationen, Enttäuschung

3.) 3.Schritt: Bedürfnis (Um welches Bedürfnis geht es Ihnen) –Gefühle entfalten sich laut Rosenberg aufgrund von Bedürfnissen, die er als Quelle der Lebensenergie sieht, die in jedem Lebewesen sprudelt In der GFK werden Bedürfnisse vordergründig betrachtet.

4.) 4.Schritt: Bitte/Handlung (Worum bitten Sie, um Ihr Bedürfnis zu erfüllen) – In diesem Schritt wird, anhand der im Schritt 3 formulierten Bedürfnisse, eine Bitte formuliert, mit dem Ziel diese Bedürfnisse zu befriedigen.

Projiziere ich das 4.-Schritte-Handlungsmodell auf die Beispiele in Punkt 1.4 würde die Gewaltfreie Kommunikation folgendermaßen aussehen:

Beispiel 1: Das Mädchen „M“ könnte demnach zu Syrer „A“ sagen: „Ich habe gemerkt, dass du mich anschaust (Schritt 1), dadurch fühlte ich mich gestört (Schritt 2), denn ich möchte in Ruhe mit meiner Freundin einen Kaffee trinken (Schritt 3). Kannst du uns bitte in Ruhe lassen (Schritt 4)?“

Beispiel 2: Iraker „I“ könnte zu seinen afghanischen Mitbewohner „D“ sagen: „Du hast ohne mich zu fragen meine Lautsprecherbox genommen (Schritt 1), dies hat mich sehr erschrocken und enttäuscht. Es macht mich zudem auch wütend (Schritt 2). Dabei hättest du mich auch einfach fragen können (Schritt 3). Bitte gib mir die Lautsprecherbox wieder und mach das in Zukunft nicht nochmal! (Schritt 4).

Allerdings ist die Anwendung von GFK auch von der inneren Haltung einer Person bestimmt. Gefühle und Bedürfnisse sind nicht steuerbar und gerade in einer dynamischen Konfliktsituation ist die Haltung entscheidend für eine bestimmte Handlung. Die Haltung beeinflusst aber auch die Aufmerksamkeit und die Effektivität der Wahrnehmung von konfliktbezogenen Reizen. So gibt es nach Rosenbergs Handlungsmodell 4 Wahlmöglichkeiten, wie anhand von der inneren Haltung mit Kritik umgegangen werden kann:

I: Kritik als persönlichen Angriff = „Mit dir stimmt was nicht.“

II: Kritik als Schuldzuweisung = „Mit mir stimmt was nicht.“

68 Vgl. Holler/Heim, 2004, S.32

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III: Gefühle und Bedürfnisse hinter der Kritik = „Wie fühlst du dich und was brauchst du?“

IV: Eigene Gefühle und Kritik während des Konfliktes = „Wie fühle ich mich und was brauche ich?“

Die Wahlmöglichkeiten I und II sieht Rosenberg als „nicht-emphatische“ Haltung, III und IV dagegen als „emphatische“ Haltung.

Kritik an der Gewaltfreien Kommunikation:

GFK bietet eine Möglichkeit Konflikte nachhaltig zu lösen. Allerdings erfordert es ein gewisses Maß an Disziplin um seine innere Haltung auch in schwierigen Konflikten und Krisen (Phasen orange und rot) emphatisch zu bewahren. Das 4-Schrittmodell und die Wahlmöglichkeiten III und IV der inneren Haltung müssen professionell geschult und über Seminare geübt werden. Somit ist es mehr als Handlungsleitfaden für geschulte Helfende geeignet. Und auch professionelle Helfende müssten sich die GFK-Methode intensiv verinnerlichen um authentisch in Konflikten zu wirken. Die Umformulierungen wirken ansonsten in Konfliktsituationen steif, befremdlich und für manche Personen vielleicht auch lächerlich. Sicherlich wäre es optimal, wenn jeder Mensch während des Konfliktes seine Gefühle artikulieren kann, die Bedürfnisse des Anderen während eines intensiven Konfliktes schätzen und berücksichtigen würde und Handlungsstrategien in Form von Bitten zur Konfliktbewältigung nutzen kann. Dies wirkt aber durch die Einzigartigkeit jedes Individuums und durch die unterschiedliche Ausprägung einer Situation mit all ihren Faktoren, sowie die Dynamik des Konfliktes sehr utopisch.

Die Gewaltfreie Kommunikation kann zudem ebenfalls nicht auf die Sprache verzichten. Die Sprache ist ein wesentlicher fester Baustein des 4-Schritte-Handlungsmodelles. Für interkulturelle Konflikte mit Sprachbarrieren bietet es keine Option, da Bedürfnisse und Bitten zu komplex sind, um sie nur über Körpersprache zu kommunizieren. Daher bietet es nicht die erhoffte nonverbale Konfliktlösungsmethode, die in Rahmen dieser Arbeit erforscht wird.

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4. Ableitung eines eigenen nonverbalen Handlungsmodelles

4.1 Nonverbale Kommunikationsformen

Als Professionelle/r ist die innere Haltung im Konflikt sehr entscheidend für den Ausgang der Auseinandersetzung. Die Austragung auf nonverbaler Ebene verlangt ein besonderes Feingefühl um Fehlinterpretationen zu vermeiden, die im schlimmsten Fall zu körperlichen Auseinandersetzungen führen können. Bei unterschiedlicher Linguistik und Semantik durch Sprachbarrieren muss auf die nonverbale Kommunikation umgeschaltet werden, sollte keine Dolmetscherperson anwesend sein. Alternativen wären ansonsten Abbruch des Gespräches und Flucht. Der personenzentriete Ansatz von Carl Rogers kann ergänzend zu der Gewaltfreien Kommunikation und dem Havard-Konzept (Siehe dazu Punkte 3.1 und 3.2) eine wertschätzende innere Haltung des Helfenden auch nonverbal nach außen vermitteln. Rogers bedingungslose Zuwendung offeriert Zuwendung, Wertschätzung und Akzeptanz gegenüber den Emotionen der Konfliktparteien.69 Auch die Grundhaltungen der Empathie und Kongruenz können in nonverbale Kommunikationsmittel signalisiert werden. Es handelt sich um die Sichtweise des Helfenden auf die Beteiligten, in dem Wertschätzung trotz der brisanten Lage gezeigt werden sollte. Dies geschieht über 2 Ebenen: Die innere Haltung und das äußere Handeln. Bevor der/die Helfende mit den oben beschriebenen Ansätzen arbeitet, ist eine Identifikation mit einer eigenen positiven Grundhaltung von Nöten um Kongruenz zu vermitteln. Der weitaus schwierige Schritt offenbart sich dann in der Außenwirkung. Wie schon zuvor beschrieben, können nonverbale Kommunikationsmittel fehlinterpretiert werden, da sie mehr Interpretationsspielraum lassen, als sprachlich verbalisierte Inhalte. Objektive Sachverhalte können am besten mit verbalen Mitteln vermittelt werden, dies ist aber bei verschiedensprachiger Interkulturalität nicht möglich. Es stellt sich nun die Frage, wie über nonverbaler Kommunikation deeskalierend interveniert werden kann. Bevor sich dieser Frage gewidmet werden kann, wird aber zunächst die Terminologie „nonverbale Kommunikation“ näher definiert.

Nonverbale Kommunikation umfasst grundsätzlich alles außer dem gesprochenen Wort. Gottschalk beschreibt nonverbale Kommunikation als Körpersprache die über Mimik, Gestik und Körperhaltung erfolgt und differenziert diese mit der verbalen Kommunikation, die über den Dialog der Worte erfolgt70. Nach Gottschalk kann der Mensch die Sprachfähigkeit sehr früh steuern, die Körpersprache aber nur zum Teil bewusst einsetzen. Zum Sprechen gehört aber nicht nur die Sprache sondern auch Komponente wie der Tonfall, der Akzent, die Lautstärke, die Betonung, die Klangfarbe sowie das Sprachtempo – alles Komponente, die nur teilweise reguliert werden können. Nonverbale Kommunikation ist eine wichtige und entscheidende Kommunikationsform. Sie liefert viele Informationen und ist grundsätzlich authentisch.

69 Vgl. Rogers 1981, S. 68 70 Vgl. Gottschalk, 2005, URL, abgerufen am 22.05.2016

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Auf diese Weise sieht Gottschalk die Körpersprache im Vergleich zum gesprochenen Wort als die weitaus ehrlichere Sprache an. Im Zusammenhang mit dem Informationsgehalt geht er so weit, dass er die Entnahme von Informationen bei der Körpersprache mit 55 % und den Tonfall mit 38 %, den Inhalten der Worte selbst aber nur mit 7 % prozentuiert71. Diese Form der Aufschlüsselung ist kritisch zu betrachten, sind die Bedingungen von Kommunikationen und Interaktionen und somit die Ansprüche des Wahrgenommenen von Situation zu Situation doch sehr variabel und unterschiedlich. In Mancher Situation legt eine Person mehr Wert auf das auditive, somit der gesprochene Inhalt, in anderen Situationen wird die Aufmerksamkeit mehr auf visuelle Informationen gelegt. In ganz intimen Situationen spielt zudem die taktile Komponente eine wichtige Rolle, was natürlich ebenfalls der Körpersprache zugeordnet werden kann. Zweifelsfrei ist aber die Aussage treffend, dass nonverbale Kommunikationsformen eine zentrale Rolle in der Kommunikation spielt.

Sieht man nonverbale Kommunikation im interkulturellen Kontext und explizit bei interkulturellen Begegnungen, so ist sie das wesentliche Verständigungsmittel, wenn auf Sprache aufgrund von Sprachbarrieren nicht zurückgegriffen werden kann. Körpersprache fungiert aber nicht als Ersatz für die Sprache, sie ist während der Kommunikation allgegenwertig, sondern vielmehr vergrößert sich ihre ohnehin schon tragende Rolle als universelle Kommunikationsmethode. So nutze schon der Entdecker Kolumbus die Zeichensprache um den ersten Kontakt mit den Tainos vom Stamm der Arawaks herzustellen72. Allerdings war diese Art der Kommunikation auf Dauer nicht erfolgreich, weshalb Kolumbus und seine Mannschaft Ureinwohner entführte, denen die spanische Sprache beibrachte um sie dann zu Übersetzungstätigkeiten zu zwingen. Die Allgegenwärtigkeit von Sprache, insbesondere von nonverbaler Sprache, ist dem ersten Axiom von Watzlawick geschuldet, welches besagt: „Man kann nicht nicht kommunizieren“.73 Körpersprache spielt in der Kommunikation demnach immer eine Rolle, auch wenn sie nicht bewusst eingesetzt wird. Dies erschwert die Steuerung von Körpersprache: Gestische Bewegungen können noch bewusst kontrolliert werden. Um jedoch Mimik und Körperhaltung willkürlich und bewusst in der Kommunikation zu nutzen, bedarf es dagegen Lernprozesse, wie z.B. Kommunikationscoaching. Mimik, Gestik und Körperhaltung sind untrennbar substanziell für die Codierung einer Botschaft innerhalb der Begegnung.

Nonverbale Kommunikationsformen verfügen über Grundmuster, bei denen kulturelle und gesellschaftliche Unterschiede keine Rolle spielen74. Demnach werden Freude, Trauer, Angst, Zorn, Ekel interkulturell auf die gleiche Weise ausgedrückt.

71 Vgl. ebd., S. 7 72 Vgl. Kolmer 2005, S.36 73 Vgl. Watzlawick zitiert nach Schulz von Thun 1981, S. 34 74 Vgl. Gottschalk 2005, S.7

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Allerdings gibt es auf der nonverbalen Kommunikationsebene auch kulturelle Unterschiede: So ist das nicken mit dem Kopf in dem meisten Ländern ein Zeichen des Bejahens, in manchen Ländern aber wie z.B. Indien, Bulgarien und Pakistan bedeutet dieselbe Geste als ein „nein“75. Eine „Scheibenwischer-Bewegung“ mit der Hand über das Gesicht gilt im westlich geprägten Kulturkreis als eine abfällige, beleidigende Bewegung, im fernöstlichen Japan wiederum bedeutet es ein schlichtes „nein“.

Abgesehen von Kulturunterschieden im interkulturellen Vergleich finden sich auch innerhalb der Kulturen nonverbale Kommunikationsunterschiede in Bezug auf Bildung, Prestige, Klassen, Herkunft und Sozialisation. Das Bestimmen von Zahlenmengen mit Hilfe von Fingern hat demnach auch nur Bedeutung in der Kommunikation, wenn der Kommunikationspartner ein Verständnis für Mengen und Zahlen besitzt. So gibt es, in manch einer Kultur, Menschen, die nicht die Zahlen bis 10 mit den Fingern deklarieren können. Auch innerhalb bestimmter Gruppen, gibt es bestimmte Symboliken in der Zeichensprache, die außerhalb dieser Gruppe an Bedeutung verlieren (z.B. Das V-Zeichen mit dem Zeige- und Mittelfinger symbolisiert das „Peace-Zeichen“ in anderen Kulturgruppen aber auch das „Victory-Zeichen“).

Schließlich ist auch, die in der Linguistik anerkannte Gebärdensprache, die primär für taub-stumme Menschen konstruierte und genutzte Sprache, nicht einheitlich. Es existieren unzählige Abwandlungen und „Akzente“ und ungefähr 200 anerkannte Gebärdensprachen. So bizarr es auch klingt, aber laut dem Magazin „Der Zeit“, können sich selbst ein amerikanischer und ein englischer Gebärdensprachler kaum verständigen76

Die Argumentation zeigt auf, dass die Grundannahme, nonverbale Kommunikation bzw. Körpersprache sei ein universell einsetzbares Kommunikationswerkzeug, negiert zumindest aber abgeschwächt formuliert werden muss. Anders sieht es mit den nicht-steuerbaren Emotionen aus. Lachen, Weinen, Zorn, Freude usw. sind bei allen Menschen ähnliche Gefühlsausdrücke, die wertvolle Informationen über die Gefühlslage geben. Allerdings reicht diese Form von Gefühlsausdrücken bei weitem nicht zur Schlichtung von Konflikten aus.

4.2 „Direct nonverbal Intervention“ (DNI)

In der interkulturellen Begegnung muss auf nonverbale Kommunikationsbotschaften zurückgegriffen werden, die für einen großen Teil der Menschheit verstanden werden kann.

Folgende modellrelevante Kommunikationsmittel werden beschrieben und werden im weiteren Verlauf in ihrer Gesamtheit als „Direct Nonveral Intervention“ (abgekürzt: DNI) bezeichnet:

75 Vgl. GEOlino, URL, abgerufen am 25.05.2016 76 Vgl. Die Zeit (Hrsg.) URL, abgerufen am 26.05.2016

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Stopp/Halt/nicht weiter machen:

Bedeutung: Helfende setzen mit dem Stoppsignal eine klare Grenze. Die Notwendigkeit ergibt sich bei Eskalationen, die nicht mehr zu reduzieren und zu verhindern sind und ansonsten in Gewalt ausarten.

Anzeichen sind hohe aufgeladene Emotionalität, verbale/nonverbale Provokationen, Gefühle der Hilflosigkeit, Frustrationen und Aggressionen. Lösungen und Verhandlungen sind zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich, daher muss der/die Helfende eine deutliche Grenze setzen, die Konfliktparteien mit dieser Symbolik ein klares Signal der Unterbrechung senden und ihnen anschließend Regulierungszeit einräumen. Regulierung ist über räumliche Trennung in separate Refugien möglich.

Signal: Der Helfende stellt sich parallel zu der Partei gegenüber, zu der das Signal gesendet werden soll. Dann hebt er, je nach Lateralität, den bevorzugten Arm, so weit hoch, dass dieser mit dem restlichen Körper einen 90°-Winkel bildet. Der Arm wird nach vorne so weit wie möglich mit offener Hand ausgestreckt. Die Innenhandfläche sollte für den Signalempfänger gut sichtbar sein. Die Finger der Hand sind vorzugsweise leicht zu spreizen (Siehe Abd. 2 im Anhang).

Wirkung: „Stop, means stop!“ Die Wirkung dieser symbolischen Geste ist sehr hoch. Bei festgefahrenen Konflikten mit hohem Aggressionspotenzial ist es die ultimo Ratio um einer Eskalation zu entgehen. Der ausgestreckte Arm signalisiert Distanz, die offenliegende gespreizte Hand wird als Barriere wahrgenommen. Dadurch entsteht Raum zur der Konfliktpartei, die durch den Arm bewusst abgegrenzt werden kann und zu unüberwindbaren Distanz führt. Die Konfliktparteien empfinden dies als irritierend, verblüffend, schockierend. Dadurch erhält der/die Helfende die vollkommende Aufmerksamkeit, wodurch weitere Interventionen ermöglicht werden. Die Wirkung wird noch verstärkt, indem neben dieser Symbolik, laut und deutlich „Stopp!!!“ gerufen wird. Der Tonfall sollte deutlich und hart artikuliert werden um die Grenze prägnant zu markieren. Bewegen sich beide Parteien nahe der gewaltsamen Eskalation, ist eine parallele Gegenüberstellung nicht möglich, da man sonst der anderen Partei den Rücken zukehrt. In diesem Fall sollte der/die Helfende diagonal versetzt mit gleichen Abständen zwischen beiden Parteien stehen (Gleichseitiges Dreieck Siehe dazu Abd. 11 im Anhang) und die symbolische Stopp-Geste beiden Parteien zum Ausdruck zu bringen. Nachfolgend an der Stopp-Botschaft eignet sich die „Hier lang!/ Folge mir!“- Symbolik.

Anwendung: „Stopp“ findet Anwendung in der orangen Phase des Ampelmodelles (Siehe Punkt 2.2).

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Ruhe/Beruhigung:

Bedeutung: Dieses nonverbale Kommunikationssymbol wird genutzt um auf Verletzungen und Missachtungen in der Gesprächsführung aufmerksam zu machen und diese zu unterbinden. Beispiele für kommunikative Regelverletzungen sind unter anderem Unterbrechungen von Botschaften des Gesprächspartners, Überschreitungen im Tonfall und in der Lautstärke, sowie beleidigende/denunzierende/provokative Äußerungen. Diese symbolische Geste macht dann Sinn, wenn sich die Konfliktparteien untereinander verbal verständigen können, der/die Helfende die Sprache der Konfliktparteien wiederum weder versteht noch spricht. Die Aufgabe des/der Helfenden konzentriert sich auf die Einhaltung einer angenehmen Gesprächsatmosphäre und der Vermeidung einer Eskalation während der Austragung. Die Konfrontation mit dieser symbolischen Geste kann eine Rückkehr zur Sachlichkeit unterstützen.

Signal: Der/die Helfende stellst sich mit gleichen Abstand im Sichtbereich beider Parteien um Neutralität zu symbolisieren (Siehe Abd.10 im Anhang). Beide Hände des Helfenden werden sichtbar für die Parteien flach mit Handinnenfläche nach unten ausgestreckt und langsam in einer Bewegung gesenkt ohne mit den Handspitzen auf die Parteien zu zeigen. Dies kann ansonsten als Herausforderung/Provokation verstanden werden. Die Körperhaltung sollte fest, aber nicht verkrampft sein. Besonders wichtig für die Helferpartei ist es, während der Konfrontation Ruhe auszustrahlen; das heißt: besonnene Mimik und Körpersprache zu verkörpern (Siehe Abd. 3 im Anhang).

Wirkung: Diese Bewegungsform signalisiert „Ruhe und Entspannung des Körpers“. Ist der Körper oder die Haltung einer oder beider Parteien angespannt und/oder erregt, wirkt die Geste beruhigend in der Konfrontation. Konzentriert sich die eskalierende Austragung auf verbale Entgleisungen, so kann zusätzlich oder alternativ ein Zeigefinger vor den Lippen gehalten werden (Symbolik für „Stille“). Hier muss aber beachtet werden, dass dieses Symbol auch als Bevormundung verstanden werden kann und so ein asymmetrisches Verhältnis entsteht, was einen weiteren Konflikt schüren kann. Daher sollte die oben beschriebene Bewegungsform favorisiert werden.

Anwendung: Diese Geste wird vorzugsweise in der gelben Phase des Ampelmodells angewandt (Siehe hierzu Punkt 2.2)

Ich schütze dich/ ich unterstütze dich:

Bedeutung: Im Konflikt können die Machtverhältnisse asymmetrisch ausgeprägt sein. Eine Partei kann dominanter agieren, als die Andere. Das Machtgefälle wird häufig genutzt um der anderen Partei eigene Interessen aufzudrängen. Dabei kann es vorkommen, dass die unterlegene Partei massiv bedrängt, unterdrückt und terrorisiert wird. Der/die Helfende hat in solcher Situation die Interventionsoption der Parteiergreifung zur Wiederherstellung des Gleichgewichtes.

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Dabei beschränkt sich die Parteiergreifung lediglich in einer schützenden Haltung vor der unterlegenden Partei. Wird auf Machteinnahme verzichtet, kehrt der/die Helfende in die unparteiliche Haltung zurück.

Signal: Der/die Helfende stellt sich direkt vor der unterlegenden Partei. Der Blick ist auf die Machtausübende Partei gerichtet. Ein vom Helfenden seitlich ausgestreckter Arm wird schützend vor den unterdrückten Konfliktbeteiligten gehoben. Die Handinnenfläche zeigt in Richtung des Zu-Schützenden (Siehe dazu Abd.. 4 im Anhang).

Wirkung: Die Parteiergreifung wirkt offensichtlich für die Parteien, da die direkte Stellung bewusst auf eine Partei genommen wird. Das Machtgefälle wird ausgeglichen, denn der/die Unterlegende wird mit der zusätzlichen Unterstützung gestärkt. Die überlegende Partei hat nun die Möglichkeit seine Machtnutzung zu unterlassen um dadurch eine Rückkehr zum Sachkonflikt auf Augenhöhe zu bewirken oder er sieht der/die Helfende als weiteren „Feind“ im Konflikt und versucht mit Macht der gestärkten Opposition zu unterlaufen. Ist dies der Fall muss der/die Helfende diesen Versuch mit der oben beschriebenen Symbolgeste „Stopp“ unterbinden.

Anwendung: Die optimale Anwendung ist bei immenser asymmetrischer Machtergreifung im Konflikt während der gelben oder orangen Phase im Ampelmodell gegeben(Siehe hierzu Punkt 2.2).

Hier lang/begebt euch dort hin:

Bedeutung: Die nonverbalen Botschaften „Stopp“, „Beruhigung“ und „Ich unterstütze dich“ reichen allein nicht aus, um eine eskalierende Konfliktsituation zu entschärfen. Tatsächlich können in Anlehnung an Schwarz, die höherentwickelten Grundmuster Delegation, Kompromiss und Konsens nur über Sprache erfolgen. Unterwerfung und Vernichtung sind nonverbal möglich. Beides wirkt sich aber negativ auf die Eskalationsstufe und Konfliktphase aus. Daher bleibt einzig das Grundmuster der „Flucht“. Abweichend von Schwarz, erfolgt mit Hilfe des Vermittelten die Flucht auf beiden Seiten. Dies wird in Punkt 4.2 nachfolgend unter den Begriff „Separation“ näher durchleuchtet. Der/die Helfende führt mit Hilfe der symbolischen Geste „Hier lang/begebt euch hier hin“ beide angespannte Konfliktparteien in unterschiedliche Richtungen und hat demnach die Wirkung einer räumlichen Trennung inne.

Signal: Die nonverbale Bewegungsform wird wie folgt durchgeführt: Der Oberkörper ist leicht auf die Seite gedreht, in welcher der Botschaftsempfänger/in hingeführt werden soll. Dadurch sind beide Arme des Senders unterschiedlich vom Empfänger entfernt. Der entfernte Arm wird seitlich leicht gebeugt mit offener Hand ausgestreckt. Der nahe Arm wird am Bauch angelegt und nimmt automatisch die seitliche Position des Oberkörpers ein. Die Hand ist offen. Die Handinnenfläche zeigt nach oben. Die nahe Hand zeigt mit den Fingerspitzen unter den fernen Arm hindurch (Siehe Abbildung 5 im Anhang).

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Wirkung: Das Signal wird bei vielen Kulturen als „hineinbitten“ assoziiert. Verwendung findet diese nonverbale Kommunikationsform im Kontext der Gastbewirtung. Die Geste wird als „freundlich“ wahrgenommen und wirkt nicht bevormundend. Es besteht allerdings die Gefahr, dass diese symbolische Geste von den Parteien zwar verstanden, aber nicht anerkannt wird (Höflichkeit korreliert nicht mit einer hohen Eskalationsstufe). Die penetrantere Form der Trennung, wäre das „hin winken“ mit der Handfläche in die jeweilige gewünschte Richtung. Dies kann aber auch bevormundend und provozierend wirken, daher wird auch hier die obere Kommunikationsform tendenziell bevorzugt.

Anwendung: Diese Geste wird vorwiegend in der orangen Phase in Zusammenhang mit notwendiger räumlicher Trennung ihren optimalen Nutzen offenbaren.

Relation von Direct nonveral Intervention und den Dimensionen Beziehung, Raum und Rolle:

Konflikte werden neben den eigentlichen Konfliktgegenstand (der Sache) durch Emotionen, interkulturelle Aspekte (insbesondere Diskrepanzen), Sprachbarrieren, sowie dem Interaktionssetting (Rahmung, Botschaftskodierung, Nähe- und Distanzverhältnis) beeinflusst.77 Die Dimensionen Beziehung, Raum und Rolle kommen bei den Direct Nonverbal Intervention-Kommunikationsformen zusätzlich hinzu und beeinflussen die Effektivität des Ansatzes maßgeblich:

Beziehung: Der Erfolg nonverbaler Interventionen hängt maßgeblich von der Beziehung zwischen Helferpartei und Konfliktpartei ab. Eine positive Beziehung erhöht die Chance, dass nonverbale Kommunikationsbotschaften von den Konfliktparteien angenommen werden. Eine negative Beziehung senkt die Erfolgswahrscheinlichkeit. Ist keine Beziehung vorhanden – Konfliktpartei und Helferpartei sind sich demnach fremd – beeinflusst das sichere authentische Auftreten des Helfenden den Erfolg. Beziehungsgestaltung kann auch trotz Sprachbarrieren stattfinden und sich intensivieren, wenn sich interkulturelle Begegnungen häufen.

Raum: Nonverbale Interventionen setzen ein nahes eingreifen in der Konfliktsituation voraus. Da Sprache nicht als Interventionswerkzeug genutzt werden kann (Interkultureller Konflikt impliziert mit Sprachbarrieren), muss die deeskalierende Interaktion über Mimik, Gestik und Körperhaltung stattfinden. Dafür ist es von Nöten, dass sich Helfende möglichst zentral im Sichtfeld der Parteien befinden. (Siehe diesbezüglich Abd. 10 im Anhang)

Rolle: Rollen und Positionen sind Zuschreibungen einer Partei durch sich selbst oder durch andere Parteien. Macht, Einfluss, Kompetenzen und Parteilichkeit werden einer Partei oder einer Person zugeschrieben und wirken sich ebenfalls auf angestrebte Interventionen aus.

77 Anmerkung: Die Konfliktfaktoren sind im Punkt 1.4 näher erläutert

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Besonders die Betrachtung der Konfliktparteien auf die Rolle des/der Helfenden wirkt sich ausschlaggebend aus: Wird der/die Helfende die Rolle eines/einer „Helfenden“ oder eher als eines/einer „Kontrahenten/Kontrahentin“ zugeschrieben?

Der Direct Nonverbal Intervention-Ansatz erlangt erst mit der nachfolgend beschriebenen Step by Step Guide for Resolution Methode praxisergiebige Bedeutung in der Konfliktlösung und sollte daher nicht in partikulärer Form Anwendung finden.

4.3 „Step by Step Guide for Resolution“ (SbSR)

Das „Step by Step Guide for Resolution“-Modell (Deutsch: Schritt für Schritt Anleitung für Verhandlungen; Abkürzung: SbSR) steht für ein kleinschrittiges Handlungsmodell zur optimalen Nutzung nonverbaler Konfliktinterventionen. Im Gegensatz zum Direct Nonverbal Intervention-Ansatz ist dieses Handlungsmodell uneingeschränkt in interkulturellen Konfliktbegegnungen jeglicher Art einsetzbar und wird weder im Vorhandensein von Sprachbarrieren legitimiert noch ist es von anderen Konfliktlösungsmodellen abhängig. Die vier Steps werden, ähnlich einer Gebrauchsanleitung, nacheinander ausgeführt und ergeben erst in der ausgeführten Reihenfolge zu einer nachhaltigen interkulturellen Konfliktlösung.

1. Step: Beobachtung:

Der/die Helfende wird im ersten Schritt auf den Konflikt zwischen den Beteiligten aufmerksam und sammelt und analysiert die ersten Informationen. Die Auswertung von Informationen führt zu der Einschätzung, ob überhaupt ein Eingriff im Konflikt notwendig ist (Gefahreneinschätzung nach der Abstufung des Ampelmodells oder nach Glasls Eskalationsgradskala). Die Analyse des Konfliktes ermögliche Orientierung und weiteren Handlungsspielraum (Stufe grün = keine Intervention; Stufe gelb = unterstützende, begleitende Interventionen; Stufe orange: bestimmende, steuernde Interventionen; Stufe Rot: Hilfe herbeiordern/ Gefahren und Verletzungen vermeiden).78 Ferner gelten für die Konfliktanalyse Emotionen, Art der Austragung (kalt/heiß, verbal/nonverbal), Sprachbarrieren zwischen den Parteien und Machtgefälle (symmetrisches/asymmetrisches Verhältnis) als wichtige, wahrnehmbare Informationen. Handlungsziele und Motivationen der Parteien sind hingegen nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich, kristallisieren sich erst im weiteren Konfliktverlauf heraus.

78 Anmerkung: Erläuterungen zu den einzelnen Stufen finden sich im Punkt 2.2

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Der erste Step beginnt mit der Beobachtung der Ausgangslage, geht über in die Verarbeitung und Einschätzung von konfliktbezogenen Informationen und endet mit dem Beginn der Intervention (Siehe Abbildung 6 im Anhang). Bei Konflikten der Phase „grün“ endet das Handlungsmodell folglich.

2.Step: Intervention:

Kommt der Helfende/der Helfende zu der Einschätzung, dass eingreifendes Handeln für die Deeskalation erforderlich wird, eröffnen sich 2 Optionen. Ist eine sprachliche Verständigung im Konflikt möglich, weil ein interkulturellen Konflikt ohne Sprachbarrieren vorliegt, greift der/die Helfende auf die Methoden Mediation oder Schlichtung zurück. Mediation definiert Marx als eine „Alternative zu gesellschaftlich etablierten Konfliktlösungsmechanismen…“, welche „die Selbstbestimmung der Konfliktparteien“ hervorhebt und durch Vermittlung eines neutralen Dritten, Verhandlungen der Parteien erleichtert.79 Wendt umschreibt es aus systemischer Sicht: „Mediation vermittelt Verhandlungen bei Konflikten und Problemen im Interesse der Selbstorganisation sozialer Systeme“.80 Mediation ist eine professionelle Methode, welche die Souveränität der Konfliktparteien wahrt und im Sinne von Empowerments Hilfe zur eigenständigen Konfliktlösung leisten kann.81 Konfliktlösende Ansätze zur Mediation/Schlichtung bieten die Grundmuster zur Konfliktbewältigung (Siehe Punkt 3.1), die Methode des sachbezogenen Handelns (Siehe Punkt 3.2) und/oder die gewaltfreie Kommunikation (Siehe Punkt 3.3). Ist eine verbale Sprachverständigung nicht möglich, da keine Einheitssprache im interkulturellen Konflikt vorhanden ist, wird auf die nonverbalen Kommunikationsformen des Direct Nonverbal Intervention-Ansatzes zurückgegriffen. Folgende Ziele werden dabei verfolgt: Deeskalation und Vorbereitung des Runden Tisches. Eine Konfliktlösung kann durch Sprachbarrieren nicht stattfinden, daher werden die Konfliktparteien mit nonverbaler Kommunikation in separate Refugien geführt (für die Durchführung siehe Punkt 4.1). Refugien sind Zufluchtsorte der Parteien, wie beispielsweise das eigene Zimmer, die eigene Wohnung oder der gewöhnliche Aufenthaltsort. Innerhalb des jeweiligen Refugiums, können die Parteien sich emotional regulieren, den Konflikt bearbeiten und Überlegungen für weitere Verhandlungen anstellen. Die Refugien werden von einer neutralen Zone abgeschnitten, die optional mit einer Roten Linie versehen werden kann um aggressive Überschreitungen zu vermeiden (Siehe Abbildung 7 im Anhang). Dies ist abhängig von der Gefahreneinschätzung des/der Helfenden. Der Helfende plant die weitere Konfliktlösung am Runden Tisch, der im nächsten Step zur Geltung kommt.

79 Vgl. Marx 1999, S.16 80 Vgl. Werdt 2003, S. 10 81 Anmerkung: Empowerment bezeichnet die Hilfe zur Selbsthilfe. Übersetzt: „Ermächtigung“

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3.Step: Verhandlung

Der Runde Tisch ist ein neutraler Ort bei dem sich die Verhandlungen des Konfliktes abspielen. Der/die Helfende organisiert für die Verhandlungen am Rundentisch eine Person mit dolmetschenden Kompetenzen, die eine sprachliche Verständigung ermöglicht. Anwesend am Runden Tisch sind somit die Konfliktpartei, die Helferpartei und eine Person mit Dolmetscherfunktion (Siehe Abbildung 8 im Anhang). Die Verhandlungen werden dann auf Augenhöhe zwischen den Anwesenden geführt. Der Ablauf einer Verhandlung kann sich im Aufbau unterscheiden und im Ablauf variabel durchgeführt werden. Nach Saposnek sollten zumindest die folgenden Kernbereiche integriert werden: 1.) Die Sammlung von Informationen, 2.) Die Schaffung und Untersuchung von Lösungsoptionen und 3.) Die Erarbeitung eines Vorschlages für die Einigung.82 Haynes konzipierte ein 9-Phasen-Modell, wobei die ersten 3 Phasen die Vorbereitungsphase einläuten. Die anderen 6 Phasen (Phase 4- Phase 9) beschreiben detailliert Die Verhandlungsphase und werden innerhalb dieses Schrittes mit aufgenommen. Die Phase werden deklariert als: I: Datensammlung (Fakten finden) II: Das Problem definieren III: Optionen entwickeln IV: Positionen neu definieren V: verhandeln VI: Vereinbarung entwerfen83 Die Interessen werden infolgedessen ausgetauscht, Positionen erkannt und respektiert. Um einen Konsens zu erreichen, müssen weiterhin verschiedene Lösungsansätze erarbeitet, nach Vorteilen und Nachteilen für beide Parteien selektiert und abschließend der Ansatz mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner von allen Parteien erkannt und akzeptiert werden. Dieser Vorgang geht nur über Sprache. Eine Konfliktlösung allein mit nonverbaler Kommunikation ist nicht möglich.

4. Step: Interkulturelle Begegnungen fördern:

Dieser Schritt wird dann notwendig, wenn interkulturelle Diskrepanzen im Konflikt erkannt wurden und diese die Konfrontation auch maßgeblich geprägt haben. Vorurteile, Fehden, Ängste, negative Zuschreibungen und Hass zwischen den Kulturen sind nur schwer abzubauen. Gespräche und Mediationen nach den vorherigen Schritten reichen dafür nicht aus. Um nachhaltig Konflikte, Eskalationen und Ausschreitungen zwischen den oppositionellen Kulturen zu vermeiden und Diskrepanzen abzubauen, müssen positive Begegnungen organisiert und gefördert werden.

82 Vgl. Saposnek zitiert nach Marx 1999, S.20 83 Vgl. Aufzählung von Haynes nach Marx 1999, S.20 f

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In diesem Schritt wird ein Austausch zwischen den Kulturen initiiert, es wird Raum geschaffen für Begegnungen und diese sollten optimal pädagogisch von Sozialarbeitern/Sozialarbeiterinnen unterstützt werden (Siehe Abbildung 9 im Anhang). Die Lösung für interkulturelle Konflikte, ist die kontinuierlich vollzogene interkulturelle Begegnung selbst. Je mehr Erfahrungen durch Austausch gewonnen werden, desto nachhaltiger kann positives interkulturelles Zusammenleben gesellschaftlich stattfinden.

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5. Zusammenfassung

Die Problematik hat sich in den letzten Ausführungen deutlich herauskristallisiert. Interkulturalität birgt die Gefahr von zwischenmenschlichen Konflikten und inneren Identitätskrisen. Interkulturalität versteht sich aber auch als Chance. Das soziale Problem definiert sich nicht über das Postulat Konflikte. Konflikte sind ubiquitär in zwischenmenschlichen Systemen und können in den meisten Fällen von den Konfliktparteien mit Bravour gelöst werden. Die fiktiv konstruierten Beispiele zeigen aber auch auf, dass es konfliktreiche Situationen gibt, in denen es ohne delegierte Interventionen zu gefährlichen Eskalationen kommen kann. Eine gemeinsame Sprache scheint dabei ein unmittelbares und unverzichtbares Werkzeug zur Konfliktlösung zu sein. Abgesehen von dem im Kapitel vier vorgestellten Handlungsmodell gibt es in der Fachliteratur kein Konfliktlösungsansatz ohne Sprachinstrument als Bewältigungsstrategie. Ernüchternd ist zudem festzustellen, dass das nonverbale Handlungsmodell, Direct Nonverbal Intervention, keine Konflikte löst, sondern lediglich deeskalierend wirken kann. Das darauffolgende Handlungsmodell, Step by Step Guide – Resolution, integriert nonverbale Kommunikationsformen als Deeskalationsmethode, kann aber auf meditative Verhandlung als Lösungsansatz nicht verzichten.

Die zentrale Forschungsfrage, ob interkulturelle Konflikte auf nonverbaler Ebene mit Hilfe einer Helferpartei gelöst werden können, um Sprachbarrieren zu umgehen, muss daher verneint werden. Die Frage bleibt aber bestehen: Wie können Sprachbarrieren im Konflikt überwunden werden? Naheliegend erscheint die Expansion einer globalen Einheitssprache. Demnach wäre die Sprache Englisch am ehesten prädestiniert für diese Funktion. Es bedarf dafür eines globalen Ausbaus des Bildungssektors, um Englisch weltweit als Zweitsprache anzubieten. Wie bei einer Medaille gibt es auch bei dieser Betrachtungsweise eine Schattenseite. Kulturen und Sprachen sterben zugunsten dominanter Kulturen und Sprachen aus. Haspelmath schätzt, dass von gegenwärtig 6500 Sprachen bis 2100 nur noch 3000 Sprachen existieren, bis 2200 sogar nur noch 100 Sprachen. Viel Kulturgut geht somit verloren zu Gunsten leichterer Verständigung in der interkulturellen Begegnung. Aber bedarf interkulturelle Begegnung immer einer einheitlichen Sprachverständigung? Keinesfalls ist das der Fall. Zahlreiche Beispiele belegen, dass interkultureller Austausch konfliktfrei ohne sprachliche Verständigung von statten gehen kann. Deutschlandweit werden Begegnungsorte und Projekte im Einklang mit Flüchtlingen und Deutschen organisiert, obwohl keine einheitliche Sprachbasis besteht. Dies scheint die passende Antwort zu sein, um zumindest einen wesentlichen Konfliktfaktor einzudämmen: Xenophobie und interkulturelle Diskrepanzen.

Interkulturelle Begegnungen sind für eine multikulturelle Gesellschaft positiv zu bewerten. Je mehr gegenseitige Erfahrungen mit der jeweils anderen Kultur gesammelt werden, desto größer ist die Chance, dass Konflikte von den Konfliktparteien selbst gelöst werden können.

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Die Annahme, dass sich Eskalationen im Konflikt vollständig verhindern lassen, erweist sich allerdings als falsch.

Konflikte bergen eine Dynamik, die über das sachliche Streiten hinausgehen kann. Konfliktlösungsmodelle, die in dieser Arbeit entwickelten Handlungsmodelle mit eingeschlossen, können Sicherheit für die Helfende Person vermitteln. Sie können auch deeskalierend wirken. Allerdings geben sie keine Garantie für eine Lösung. Eine Lösung gilt beispielsweise dann als unwahrscheinlich, wenn sie von einer Konfliktpartei nicht gewollt wird.

Ferner bieten die Handlungsmodelle eine neue Betrachtungsweise auf das Konfliktmanagement. Die Systematisierung der Ampel stellt Emotionen und dynamische Prozesse in den Vordergrund. Diverse Kriterien und Faktoren wurden in die Überlegungen mit einbezogen und in die Handlungsmodelle integriert. Da es sich aber um theoretische Ansätze handelt, muss die praxisbezogene Tauglichkeit empirisch anhand von Studien belegt werden.

Weiterhin wäre eine Weiterentwicklung der entwickelten Handlungsmodelle naheliegend. Möglich wäre eine Integration in der Behindertenhilfe. Nonverbale Konfliktlösung kann auf Menschen mit Hör-/Sprachbehinderung abgewandelt werden. Weitere nonverbale Kommunikationsformen (z.B. aus der Gebärdensprache) können diesbezüglich involviert werden. Nonverbale Kommunikation wird nur selten bewusst eingesetzt. Dies führt unter anderem zu Fehlinterpretationen in der Kommunikation und zur Hilflosigkeit, wenn sprachliche Verständigung aufgrund von Barrieren ausweglos erscheint. Der Apell lautet demnach nonverbale Kommunikation bewusster, zielgerichteter und sicherer in Interaktionen, explizit in interkulturellen Begegnungen, einzubeziehen.

Der abschließende Grundtenor attribuiert folgenden Ausblick: Interkulturelle Begegnungen fördern einen offenen Umgang mit anderen Kulturen. Dies reduziert Berührungsängste und erzeugt ein positives Handling in Bezug auf Vielfalt. Verbale Sprache gilt als unmittelbare Brücke zur Verständigung. Aber es ist auch möglich den Fluss der Verständigung sinnbildlich schwimmend zu überqueren, sei es mit Hilfe der bewussten Nutzung nonverbaler Kommunikationsformen oder durch Teilhabe an gemeinsamen Aktivitäten (Fußballspiele, Grillabende, Projekte u.a.). Schlussendlich ist zu sagen, dass Konflikte im interkulturellen Kontext nicht unausweichlich sind. Im Gegenteil: Sie sind eine wichtige Komponente in der zwischenmenschlichen Kommunikation und erfüllen eine zweckdienliche Funktion. Konfliktparteien und auch helfende Personen sollten daher, statt Konflikte zu meiden, furchtlos in den Konflikt treten, emphatisch und respektvoll auf die anderen Parteien einwirken und Interessen und Sachverhalte vordergründig verfolgen, anstelle sich auf Positionen zu versteifen. Die in dieser Arbeit vorgestellten Handlungsmodelle können hierbei gewiss unterstützend wirken.

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6. Quellenverzeichnis

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7. Anhang

Annährungsmöglichkeiten zwischen zugewanderter (fremder) Kultur und gesellschaftlich dominanter Kultur (Eigene Darstellung):

Kulturminderheit Gesellschaft

Integration:

Zugewanderte Kulturminderheit passt sich der gesellschaftlich dominanten Kultur an. Einige eigene kulturelle Aspekte werden vernachlässigt, untergraben. Dies kann zu einer Identitätskrise führen.

Kulturminderheit Gesellschaft

Segregation:

Ausgrenzung der zugewanderten Kulturminderheit. Dies kann zu Bildung von Subgesellschaften führen. Die Gefahr der Entstehung von Konflikten und geschürten Ängsten zwischen den Kulturen ist dadurch immens hoch.

Kulturminderheit Gesellschaft

Inklusion:

Die gesellschaftliche Kultur verändert sich zu den Gunsten der vielfältigen Kulturen um Teilhabe und Selbstbestimmung für alle Betroffenen gleichermaßen zu ermöglichen. Anpassung wird nicht verlangt, daher können kulturspezifische Verankerungen der vorherrschenden Kultur von den Minderheiten ignoriert werden.

Kulturminderheit Gesellschaft

Interkulturalität/Diverstiy:

Interkulturalität: Beide Kulturen interagieren längerfristig miteinander, dies wird zu einer Vermischung kultureller Elemente. Die Gesellschaft wirkt somit heterogen und offen.

Diversity: Gegenseitiges Lernen wird angestrebt und in gesellschaftliche Prozesse miteinbezogen. Wird bislang nur im institutionellen Rahmen fabriziert.

Abbildung 1 (Siehe Punkt 1.1 in Verbindung mit Punkt 1.4)

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Direct nonverbal Intervention – Kommunikationsformen:

Abd. 2 (Siehe Punkt 4.1) Abd. 3 (Siehe Punkt 4.1)

Abd. 4 (Siehe Punkt 4.1) Abd. 5 (Siehe Punkt 4.1)

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Step by Step- Guide Resolution (SbSR)

Step by Step – Prinzip:

Ausgangslage: 1.Step: Beobachtung

Gruppe 1 Gruppe 2

Abd. 6 (Siehe Punkt 4.2)

Konflikt

Die oben dargestellte Ausgangslage zeigt einen Konflikt zwischen 2 Gruppen. Die Gruppen sind sich gegenüber feindselig gestimmt, beziehungsweise nehmen sie oppositionelle Positionen ein und verfolgen unterschiedliche Interessen.

2. Step: Intervention durch Separation

Rote Linie

Abd. 7 (Siehe Punkt 4.2)

Gruppe 1 neutrale Zone Gruppe 2

Beide Konfliktparten werden vom Helfenden mit Hilfe des „Direct Nonverbal Intervention“-Ansatzes (DNI) oder durch verbale, reglementierende Aufforderung voneinander getrennt. Die Gruppen ziehen sich in ihre Refugien zurück, getrennt durch eine neutrale Zone.

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3. Step: Verhandlung

Dolmetscher „Runder Tisch“

Gesandter v. Gruppe I Gesandter v. Gruppe II Gruppe 2

Abd.8 (Siehe Punkt 4.2)

Grp.I Moderator/Mediator Grp.II

Konflikte werden durch Friedensgespräche, Verhandlungen und Mediationen gelöst. Um sprachliche Barrieren zu überwinden, bedarf es einen/eine Dolmetscher/Dolmetscherin. Ist dies vorausgesetzt, können anschließend die im Kapital 3 beschriebenen Konfliktlösungsmodelle zur Anwendung kommen.

4.Step: Interkulturelle Begegnungen:

Grp I Interaktion/Austausch Grp. II

Abd. 9 (Siehe Punkt 4.2 in Verbindung mit Kapital 5)

Interkulturelle Diskrepanzen können nur längerfristig durch gegenseitige Interaktionen und Austausch beseitigt werden. Die Lösung besteht in interkulturelle Begegnungen, die gegenseitiges Verstehen und Lernen implementieren.

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Sichtbereiche:

Helfende Person im Mittelpunkt:

Konfliktpartei 1

Gemeinsamer Sichtbereich

Rahmen der Konfliktsituation

Helfer/Helferin Konfliktpartei 2

Abd. 10 (Siehe Punkt 4.1)

Konfliktpartei I Konfliktpartei II

Helfende Person im Konflikthandeln

Gleichseitiges Dreieck:

Interventionen Interventionen

Helfende Person

Abd. 11 (Siehe Punkt 4.1)

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Selbstständigkeitserklärung

Hiermit erkläre ich, Mathias Kowalew, geb. am 09.07.1988, dass ich die vorliegende Bachelorarbeit selbstständig und nur unter Verwendung der angegebenen Literatur und Hilfsmittel angefertigt habe. Die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Stellen sind als solche kenntlich gemacht. Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch nicht veröffentlicht.

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Ort, Datum Unterschrift der Verfasserin/ des Verfassers