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Hausarbeit Titel: Bausteine für eine ideologiekritische Betrachtung von Die Welt des Tänzers Seminar: Die Moderne im Tanz bei: Prof. Dr. Gerald Siegmund vorgelegt von: Ferdinand Klüsener (2. Semester MA ATW) 1

Bausteine zu einer

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HausarbeitTitel: Bausteine für eine ideologiekritische Betrachtung von Die Welt des TänzersSeminar: Die Moderne im Tanz bei: Prof. Dr. Gerald Siegmundvorgelegt von: Ferdinand Klüsener (2. Semester MA ATW)

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Einleitung! 3

I Notizen zur Moderne! 5I.I Das neue Barbarentum und dessen Kehrseite! 5

I.II Ornamentale Masse und völkischer Kern! 8

I.II.I Die entindividualisierten Girls! 8

I.II.II Der überdauernde Mythos! 12

II Entkernte Gemeinschaft ! 16II.I Gemeinschaft der Zeitgenossen! 16

II.II Zum Verhältnis von Gemeinschaft und Gesellschaft! 19

II.II.I Das doppelte „Einst“! 19

II.II.II Die Antinomie der Gesellschaft! 20

II.II.III Die Hypostase der Gemeinschaft! 22

II.II.IV Der dritte Weg! 23

III Die Welt des Tänzers! 25III.I ZUSAMMENSETZUNG DER GEBÄRDE! 25

III.II KOMMUNIKATIONSPOTENTIAL DER GEBÄRDE! 29

III.II.I Der tänzerische Sinn! 29

III.II.II Primitivierung! 31

IV FAZIT! 35

Quellenverzeichnis! 36Literatur! 36

Onlinepublikationen! 37

Filme ! 38

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EinleitungDas Auskommen dieser Arbeit ist anders als geplant. Diese Arbeit arbeitet auf eine Auseinandersetzung mit Textabschnitten aus Rudolf von Labanʻs Buch Die Welt des Tänzers hin. Es handelt sich hierbei um Textabschnitte, deren Verständnis bereits im Rahmen eines Protokolls für das Seminar Die Moderne im Tanz erarbeitet worden ist. Diese Arbeit reduziert sich auf benannte Textabschnitte, zum einen in der Hoffnung des pars pro toto, d.h. dass von den Bestandteilen auf das Ganze geschlossen werden kann, und zum anderen in der Überzeugung, dass es besser ist einige Seiten zu klären, als in der Masse die Orientierung zu verlieren.Die Methode dieser Arbeit lässt sich wie folgt beschreiben: In konzentrischen Kreisen nähert sich dem begriffliche Bewegung dem Komplex Rudolf von Laban. Damit ist zweierlei gemeint, zunächst mehr oder weniger beliebige Einschnitte in den Begriffskomplex, die ihr Netz immer fester zurren und vor allem historische Kontextualisierung.Der Fortgang des Textkörpers lässt sich unter der Prämisse der Methode entsprechend kartographieren: Walter Benjaminʻs kurzer Text >>Erfahrung und Armut<< liefert ein Fresko der Moderne in dem sich grundsätzliche Strömungen der Moderne finden lassen. Anschließend können diese mit Hilfe von Siegfried Kracauerʻs Aufsatz >>Ornament der Masse<< im Bezug auf den modernen Tanz gedacht werden. Im Weiteren ist die Beschäftigung mit dem Begriffspaar Gemeinschaft und Gesellschaft in Kracauerʻs Aufsatz bereits angelegt. Dem wird vor allem mit Hilfe von Joseph Vogl und Jean-Luc Nancy nachgegangen, ehe es zur Untersuchung von Labanʻs Texten kommt.1

Das Auskommen dieser Arbeit ist anders als geplant insofern, als das Vorhaben die Untersuchung von Labanʻs Texten auf der Grundlage der Konzepte war, die Lyotard in seinem Buch Der Widerstreit entwickelt. Dies ist nicht geschehen. Die Hoffnung war mein eigenes Schweigen, mit dem ich mich in der Auseinandersetzung mit Laban konfrontiert sah, zu thematisieren. Mein Schweigen sollte in dem Sinn bedacht werden, den Lyotard dem Schweigen gibt. Dieses Schweigen ist die Abwesenheit der Sätze, es sind diese Sätze, die unterbleiben, weil eine Ungerechtigkeit offensichtlich ist. Es handelt sich um Worte die ausbleiben, weil etwas nicht in Worte gefasst werden kann. Dieses Schweigen zeigt den Widerstreit an. Es ist ein Schweigen, dass es nötig macht eine neue Sprache zu

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1 Hiermit dürfte auch die Methode der Arbeit beschrieben sein. Es liegen durchaus verschiedene Arbeiten zu Laban vor, kritische Auseinandersetzungen mit dessen Begriffsappart sind mit allerdings nicht bekannt.

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erfinden, um wieder zur Sprache zu kommen und eine Streitigkeit auszufechten, die nicht unterschlägt, was nicht in Worte gefasst werden kann.2 Im Verlauf der Recherche war ich allerdings gezwungen zur Kenntnis zu nehmen, dass mein Schweigen Worte fand und dass die Sprache schon gefunden war. Es ist die Sprache Jean-Luc Nancyʻs, die mir zur Hilfe kam und die das Auskommen dieser Arbeit umgedeutet hat. In einer anschließenden Diskussion erfolgt der Versuch einige Aspekte an Labanʻs Texten, die die Untersuchung zu Tage fördert, einer ideologiekritischen Lektüre zu unterziehen. Abschließend fasst ein Fazit die Ergebnisse grob zusammen.Anzumerken ist noch, dass diese Arbeit ein vermutlich tanzwissenschaftliches Unterfangen ist, sich allerdings nur am Rande mit Körpern und Körperpraktiken auseinandersetzt. Die Praxis die untersucht wird, ist vornehmlich eine sprachliche. Diese Arbeit untersucht eine Lehrschrift aus dem Bereich des modernen Tanzes und nicht den modernen Tanz an sich, (als wäre der Körper die Essenz des Tanzes), und fragt insofern nach der Konzeptualisierung von Tanz und damit nach einem Verständnis spezifischer Aspekte der Tanzkultur der Weimarer Republik, der natürlich ein Körperkonzept inhärent ist.3

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2 vgl. Jean-Francois Lyotard: Der Widerstreit. Übersetzt von Joseph Vogl. München: Wilhelm Fink Verlag, 1987, S. 29 - 35.

3 vgl. Karl Toepfer: Empire of Ecstasy. Nudity and Movement in German Body Culture, 1910 - 1935. Berkeley, Los Angeles, London: University of California Press, 1997, S. 3. Toepfer schreibt dort: „The concept of dance is key to understanding dance culture [...]“ Toepfer beschreibt hier zunächst die Relevanz der Photographie für die Tanzkultur. Ich möchte seinen Gedanken aufgreifen, um das Vorhaben der Arbeit zu spezifizieren.

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I Notizen zur ModerneI.I Das neue Barbarentum und dessen Kehrseite

„Eine ganz neue Armseligkeit ist mit dieser ungeheuren Entfaltung der Technik über die Menschen gekommen. Und von dieser Armseligkeit ist der beklemmende Ideenreichtum, der mit der Wiederbelebung von Astrologie und Yogaweisheit, Christian Science und Chiromantie, Vegetarianismus und Gnosis, Scholastik und Spiritismus unter - oder vielmehr über - die Leute kam, die Kehrseite“ 4

In obigem Zitat, das dem 1933 von Walter Benjamin verfassten Essays >>Erfahrung und Armut<< entnommen wurde, verweist Benjamin auf zwei Aspekte, die als Armseligkeit und deren Kehrseite implizieren, dass es sich um zwei Ausprägungen eines Phänomens handelt. Zu deren Spezifizierung kann erneut auf das Zitat verwiesen werden: Es handelt sich um durch Technisierung verursachte Armut, während auf der Kehrseite heterogene Gruppierungen, Prinzipien und Interessen aufscheinen, die sich unter dem weiten Feld der Esoterik subsumieren lassen. Die hauchdünne Platte des Thaumatrops5: die Moderne. Benjamin beginnt sein in Gesammelte Schriften. Band II.1. vorliegendes „Prosastück“6 mit der Darstellung der Fabel vom alten Mann, seinen Söhnen und dem Weinberg und bestimmt daran einen Erfahrungsbegriff, der innerhalb einer Tradition, Wertübermittlung und Anwendbarkeit beinhaltende Beziehungen zwischen den Generationen bestimmt. Im Gegensatz hierzu scheint die Erfahrung von 1933 an Wert verloren zu haben. Anwendbar ist sie nicht mehr und sie geht keine Verbindung mit dem Bildungsgut ihrer Zeit ein. Den zentralen Topos der Erfahrungsarmut, die von einem neuen Barbarentum willkommen geheißen wird, fängt Benjamin im Bild des Bettlers ein, „der ein Gesicht - von [...] Schärfe und Genauigkeit [...] bekommen hat.“7

Benjaminʻs Text, der im Kontext von Wirtschaftskrise und der Aussicht auf einen zweiten Weltkrieg 8 geschrieben wurde, zeichnet den ersten Weltkrieg als „eine der ungeheuersten

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4 Walter Benjamin: „Erfahrung und Armut“, in: Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser (Hg.): Walter Benjamin. Gesammelt Schriften. Band II.1, Frankfurt a.M.: suhrkamp taschenbuch wissenschaft, 1991, S. 213 - 218, S. 214f.

5 Ich denke an ein spezifische Modell. Dieses Thaumatrop, dass auf der einen Seite einen Vogel zeigt, der im Stillstand verharrt. Lässt der Benutzer den Vogel surren, wird offensichtlich, dass dieser Vogel in einem Käfig gefangen ist. Gewissermaßen oszilliert dieser Vogel in der Bewegungslosigkeit.

6 Axel Schmitt: „Das vorweggenommene Ende der Erzählbarkeit. Nicolas Pethes' Studie zu ,Poetiken der Erinnerungen und Destruktion nach Walter Benjaminʻ “, in: Prof. Dr. Thomas Anz (Hg.): literaturkritik.de (Nr. 12. Dezember 2000. 2. Jahrgang), Marburg: Literaturwissenschaft.de, 2000. Internetadresse: http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=3197 aufgerufen: 25. Februar 2011.

7 Walter Benjamin: „Erfahrung und Armut", S. 215.

8 vgl. Ebenda S. 218.

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Erfahrungen der Weltgeschichte“9, die eine Umkehr des Verhältnisses der Kriegsgeneration zur Erfahrung bedingt. Da, wo zuvor Erfahrung angesammelt worden ist, sorgt nun jede Erfahrung für einen Verlust an Erfahrung. Die Erfahrung macht ärmer und hinterlässt eine Generation, die sich an einem bestimmten Ort befindet, nämlich „unter freiem Himmel in einer Landschaft, in der nichts unverändert geblieben war als die Wolken“10. Benjaminʻs Überlegungen zeichnen das Bild einer radikal inkonsistenten und krisengeschüttelten Moderne. Diese erfährt ihre Definition nicht nur durch die Technisierung des Krieges, sondern auch durch Verstädterung, Beschleunigung, die Sprachkrise und eine allgemeine Fragmentierung der Wahrnehmung,11 obendrein kann noch angefügt werden, dass Wolken sich auch ständig in Bewegung befinden.

„Hie und da haben längst die besten Köpfe begonnen, sich ihren Vers auf diese Dinge zu machen. Gänzliche Illusionslosigkeit über das Zeitalter und dennoch ein rückhaltloses Bekenntnis zu ihm ist ihr Kennzeichen. [...] Ein so verschachtelter Künstler wie der Maler Paul Klee und ein so programmatischer wie Loos - beide stoßen vom hergebrachten, feierlichen, edlen, mit allen Opfergaben der Vergangenheit geschmückten Menschenbilde ab, um sich dem nackten Zeitgenossen zuzuwenden, der schreiend wie ein Neugeborenes in den schmutzigen Windeln dieser Epoche liegt.“ 12

Benjaminʻs kontrastreiche Gegenüberstellung des Aufgeladenen und Kultischen mit dem Bild eines Neugeborenen führt tief in die Probleme der Zeit und lässt sich im Rahmen des Projektes bedenken, dass Benjamin der ersten Fassung des Aufsatzes >>Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit<< voranstellt:

„Die im folgenden neu in die Kunsttheorie eingeführten Begriffe unterscheiden sich von anderen dadurch, daß sie für die Zwecke des Faschismus vollkommen unbrauchbar sind.“ 13

In >>Erfahrung und Armut<< unternimmt Benjamin eine positive Begriffsumprägung des Barbarentums, die eine Vorstellung der grundlegend veränderten Beschaffenheit des In-der-Welt-Sein der Moderne vermittelt: Die Barbaren haben sich vom nutzlos gewordenen Ballast der Vergangenheit befreit, während sie aus Einsicht und Verzicht, „das von Grund

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9 Ebenda S. 214.

10 Ebenda S. 214.

11 Benjamin listet all diese Aspekte nicht explizit auf. Sie werden im Sinne der Seminardiskussion des Seminars „Die Moderne im Tanz“ angefügt. Einzelne Aspekte ließen sich sicherlich aus Benjaminʻs Sprachbildern herleiten. Dies ist nicht Ziel dieser Arbeit und wird auch nicht geleistet.

12 Ebenda S. 216.

13 Walter Benjamin: „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“, in: Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser (Hg.): Walter Benjamin. Gesammelte Schriften. Band I.2, Frankfurt a.M.: suhrkamp taschenbuch wissenschaft, 1991, S. 431 - 508, S. 435.

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auf Neue zu ihrer Sache gemacht“14 haben und die „Kultur [...] überleben“15.16 Zur Verdeutlichung bemüht Benjamin vielfältige und heterogene Beispiele aus den Bereichen Architektur, bildende Kunst, Literatur, Philosophie und Physik: Einstein und Descartes, Paul Scheerbart und Bertolt Brecht, Adolf Loos, Le Corbusier und auch Paul Klee. Mit Hilfe dieser Beispiele weist er dem Aspekt der Konstruktion einen hohen Stellenwert zu und distanziert die Barbaren vehement vom humanistischen Menschenbild17, zugleich von einem spezifischen Begriff von Kunst. Auch Benjaminʻs Beschreibung dieser Erscheinungen, die sich unter dem Oberbegriff der Esoterik subsumieren lassen, nimmt seinen Ausgang von der Armseligkeit der ausgelöschten Erfahrung. Hierbei handelt es sich jedoch laut Benjamin um eine Galvanisierung, die keine adäquate Wiederbelebung dessen ist, was nicht wiederhergestellt werden kann. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine Spuk. Benjamin charakterisiert jene Strömungen als der Innerlichkeit, dem Edlen und Feierlichen verpflichtet.18

Gerard Visser verdeutlicht in der 2005 erschienen Übersetzung seines Buches De druk van de beleving. Benjaminʻs kryptisch wie präzisen Satz: „Dem Innern mehr als der Innerlichkeit: das macht sie barbarisch.“19 Visser schreibt: „Die Verhaltungsweise ist die eines Barbaren, die Begegnisart verlagert sich von der innerlich erlebten Idee, Vorstellung oder Impression auf das bloße Innere der Materie“20 Es ist also nicht der romantisch geniale Künstler den Benjamin propagiert. Der Künstler, der aus sich selbst schöpft, um ein auratisches Werk der Erhebung und Erleuchtung zu schaffen, erscheint in Benjaminʻs Text desolat. Benjaminʻs Beispiele für das Barbarentum lassen sich vornehmlich als Ingenieure beschreiben,21 die ein radikal immanentes Material bearbeiten. Es dürfte auch deutlich werden, inwiefern sie sich von den stark ästhetisierten und völkischen Entwürfen, die die Nationalsozialisten zu Kunst und Staat vorgaben, abweichen und wie vehement

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14 Walter Benjamin: „Erfahrung und Armut", S. 215.

15 Ebenda S. 218.

16 Wobei er sich trotzdem in der klassischen Bedeutung des Begriffs bewegt. Barbaren sind zunächst diese, welche kein Griechisch sprechen. Es sind also gewissermaßen auch diese, welche im alten Griechenland nicht heimisch waren. In dieser Fremdheit behält der Begriff seine Linie, wobei Benjamin sich der negativen Konnotationen erwehrt und ein positives Bild des Barbaren zeichnet.

17 vgl. Ebenda S. 216.

18 Walter Benjamin: „Erfahrung und Armut", S. 216ff.

19 Ebenda S. 216.

20 Gerard Visser: ERLEBNISDRUCK. Philosophie und Kunst im Bereich eines Übergangs und Untergangs. S. 267.

21 vgl. Walter Benjamin: „Erfahrung und Armut", S. 216.

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auch der Text >>Erfahrung und Armut<< zu dem Projekt beiträgt, dessen Zielsetzung Benjamin dem Kunstwerk-Aufsatz vorangestellt. 22

I.II Ornamentale Masse und völkischer KernI.II.I Die entindividualisierten GirlsIn Siegfried Kracauerʻs 1927 in der FZ veröffentlichtem Aufsatz >>Das Ornament der Masse<< wird eine gespaltene Tanzmoderne innerhalb eines binären Modells skizziert: Ornament und Masse, Selbstzweck, Geometrie, Taylorismus und Kapitalismus werden von Volksgemeinschaft, Innerlichkeit und Natürlichkeit sondiert. Darüberhinaus und dazwischen zeichnet Kracauer die Fluchtlinie einer radikalisierten Aufklärung.Obwohl sich vielfältige Unterschiede zwischen Benjaminʻs und Kracauerʻs Überlegungen aufzeigen ließen, dürfte nicht nur an Hand des von Kracauer im Exil verfassten Buches From Caligari To Hitler deutlich werden, inwiefern es nicht nur Benjaminʻs Projekt gewesen ist, sich in den Dienst einer kulturtheoretischen Praxis zu stellen, die dem Faschismus

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22 Benjamin widmet der Architektur viele Zeilen seiner Ausführungen. Er präferiert hierbei die Materialen bzw. Baustoffe Glas und Stahl. Es lässt sich vermuten, dass in Benjaminʻs Überlegungen betreffs einer Architektur, in der keine Spuren hinterlassen werden können, das Bauhaus eine exponierte Stellung einnimmt. (Ebenda S. 217. / Adolf Loos, der dem Bauhaus im Grund kritisch gegenüber stand (vgl. Maria Welzig: Josef Frank (1885 - 1967): das architektonische Werk. Wien: Böhlau Verlag, 1996, S. 144.) kann mit seiner Streitschrift „Ornament und Verbrechen“ und seiner Ablehnung des Ornamentalen mit der Funktionalität des Bauhaus zusammen gedacht werden. Auch Le Corbusier, der zwar sein Frühwerk zum Vorläufer des Bauhaus stilisierte (vgl. Ewig, Isabelle; Gaehtgens, Thomas W.; Noell, Matthias: Das Bauhaus und Frankreich 1919 - 1940 / Le Bauhaus et la France. München: Akademie Verlag, 2002, S. 89.), stand dem Bauhaus an sich kritisch gegenüber (vgl. Maria Welzig: Josef Frank (1885 - 1967): das architektonische Werk, S. 144.). Paul Klee hingegen hielt einige Zeit selber einen Lehrauftrag am Bauhaus. Um Benjaminʻs Barbaren-Begriff zu folgen scheint vor allem die Betrachtung des Dessauer Bauhaus von Bedeutung.) Bestimmte Aspekte des Bauhaus können gut hervorgehoben werden, um Benjaminʻs Begriff des Barbaren zu veranschaulichen. In der Tat gestattet die Betrachtung von Benjaminʻs Text im Spannungsfeld des Bauhaus auch den politischen Kontext klarer zu sehen: Handelt es sich doch beim Bauhaus um eine für das Architekturverständnis des 20. Jahrhunderts prägende Schule, die sich zugleich anfangs im Weimar der jungen Weimarer Republik findet, und damit auf die ersten demokratischen Gehversuche Deutschlands verweist (Eberhard Kolb: Die Weimarer Republik. Grundriss der Geschichte. München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2002, S. 103.), sich im folgenden allerdings, nach der Vertreibung durch die Nazis zunächst in Dessau niederlässt. Glas, Stahl und Beton sind die Standartmaterialien des für die industrielle Produktion fertigenden Dessauer Bauhaus. (Frank Whitford: Bauhaus: The Face of the 20th Century (1994) / Films for the Humanities & Science. http://www.ubu.com/film/bauhaus.html (aufgerufen am 12. April 2011), Min. 32.) Ein auf ubu.com einsehbarer Film liefert eine Darstellung, entsprechend dieser sich das Bauhaus rasch in eine konstruktivistische Richtung entwickelt habe. Das Dessauer Bauhaus repräsentiert sich hierbei mit einem Lehrkörper, der eher den Eindruck macht, es handele sich um Chemiker, als um Künstler, (vgl. ebenda: Die erklärende Off-Stimme des Films weißt darauf hin. Min. 34.) auch wird beim Dessauer Bauhaus explizit darauf hingewiesen, dass die Schule eher wie ein großes Laboratorium aussehe, dass sich um eine Kunstschule handele (Ebenda Min. 34.), die die Studenten zu den Tugenden der Ingenieure erzöge (Ebenda Min. 26.). Es wird zu sehen gegeben, dass künstlerische Entwürfe für und in den Produktionsprozess gefertigt werden. (Ebenda Min. 34f.) Das künstlerische Interesse ist das des Ingenieurs, der aus dem Material heraus Einsichten in das Material gewinnt (Ebenda Min. 25.) und es dieser Art zu einem Entwurf formt. Genau zeigt sich der Einfluss des Bauhaus auf die Wohnkultur in Benjaminʻs Sinn: Der Entwurf einer Küche wird gezeigt, die zweckorientiert in den Wohnraum eingebunden wird und sich mit dem Nippes des bürgerlichen Wohnens, den Benjamin beschreibt kontrastiert (28 Min. ff.).

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nicht dienstbar ist.23 Ad Hoc kann zunächst angenommen werden, dass Kracauerʻs kontrastreiche Analyse zweier Strömungen der Tanzmoderne eine Tendenz aufweist, die Benjaminʻs Interessen an der Beschreibung der Moderne ähnelt.24

Kracauerʻs Annahme eines unbewussten Grundgehalts der Epoche, der sich an deren Oberflächenäußerungen ablesen lässt25 , führt ihn zu einer Analyse der Oberflächenäußerungen des Tanzes. Diese Methodik ermöglicht es ihm rhythmische Gymnastik und Körperkultur im Kontrast zur amerikanischen Girlkultur und den Tiller Girls, dem emblematischsten Phänomen dieser um sich greifenden abstrakten Unterhaltungskultur, zu beschreiben. Kracauer schreibt:

„Auf dem Gebiet der Körperkultur, die auch die illustrierten Zeitungen bedeckt, ist in der Stille ein Geschmackswandel vor sich gegangen. Mit den Tillergirls hat es begonnen. Diese Produkte der amerikanischen Zerstreuungsfabriken sind keine einzelnen Mädchen mehr[...]“ 26 27

Andrew Hewitt, der sich im abschließenden Kapitel seines Buches Social Choreography mit Kracauerʻs Aufsatz beschäftigt, liefert mit seiner Darstellung der Amerikanisierung der Kultur der Weimarer Republik die historische Kontextualisierung für den Geschmackswandel den Kracauer konstatiert. Hewitt teilt die Entwicklung der amerikanischen Einflüsse auf die deutsche Tanzkultur in zwei Perioden.28 Er stellt heraus, dass die Amerikanisierung durch den Sonderstatus Deutschlands, zum einen in Bezug auf

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23 Im „Preface“ des Buches schreibt Kracauer: „It is my contention that through an analysis of the German films deep psychological dispositions predominant in Germany from 1918 to 1933 can be exposed-dispositions which influenced the course of events during that time [...] I have reason to believe that the use made here of films as a medium of research can profitably be extended to studies of current mass behavior in the United States and elsewhere. I also believe that studies of this kind may help in the planning of films-not to mention other media of communication-which will effectively implement the cultural aims of the United Nations.“ Siegfried Kracauer: FROM CALIGARI TO HITLER. A PSYCHOLOGICAL HIRSTORY OF THE GERMAN FILM. Princeton: Princeton University Press, 1947, S.v.

24 Ramsay Burt macht darauf aufmerksam, dass auch von Walter Benjamin Bemerkungen zu den „chorus line“ (Ramsay Burt: Alien Bodies. representations of modernity, ,raceʻ and nation in early modern dance, London: Routledge, 1998, S. 75) Tänzerinnen vorliegen. Burt betont starke Ähnlichkeiten zwischen Kracauers und Benjaminʻs Überlegungen, die Burt in den Fragmenten von Benjaminʻs Passagen Projekt auffindet (vgl. ebenda S. 75).

25 vgl. Siegfried Kracauer: „Das Ornament der Masse“, in: Siegfried Kracauer: Das Ornament der Masse, Frankfurt a.M.: suhrkamp taschenbuch, 1977, S. 50.

26 Ebenda S. 50.

27 Bei den Tiller Girls, die nicht nur Kracauer geradezu in emblematischer Form für die Amerikanisierung der deutschen Kultur exemplifiziert, handelt es sich in Wahrheit um eine Girlkompagnie aus England. Der Baumwoll Fabrikant John Tiller rekrutierte Arbeitsmädchen aus seinen Fabriken in England. Die Tiller Girls sind ein Produkt des industriell militärischen Englands und zugleich die Fläche für Kracauerʻs Projektionen. Ramsay Burt benennt aus diesem Grund Kracauerʻs Ideen als faktisch falsch. Burt hebt weiter hervor, dass es an sich keine Verbindung zwischen F.W. Taylorʻs Ideen und den Tiller Girls gebe. Es handele sich bei den Tiller Girls weniger um kapitalistisch effiziente Logik, als um eine militärische Präzision an der John Tiller gelegen war (vgl. Ramsay Burt: Alien Bodies. representations of modernity, ,raceʻ and nation in early modern dance, S. 84.).

28 Hewitt, Andrew: Social Choreography. IDEOLOGY AS PERFORMANCE IN DANCE AND EVERYDAY MOVEMENT. Durham and London: Duke University Press, 2005, S. 177.

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eine verspätete und dafür übereilte Industrialisierung und zum anderen auf den Mangel einer gefestigten Ballettkultur, begünstigt worden ist.29 Die erste Periode, die von Hewitt gennant wird, ist der Ausdruckstanz und dessen Suche nach expressiver Freiheit der Geste als Ausdruck des Individuums.30 Als zweite Periode beschreibt er die standardisierte und taylorisierte Effizienz einer Girl Kultur, wie sie auch von Fritz Giese in dessen Buch Girl Kultur beschrieben wird. Giese betont an der amerikanischen Massenproduktion eine Gleichheit, die Individualität erst ermöglicht. Obwohl die Amerikaner, bedingt durch ihre Historie, ein äußerst heterogenes Konglomerat sein müssten, definieren sie sich über Gleichheit im Verhältnis zur Leistung. Die absolute Instanz sind die kapitalistischen Produktionsbedingungen. Während Deutschland noch vornehmlich in der Romantik verweilt, erholt sich der Amerikaner nach Feierabend bei den Tiller Girls.31

Hewitt konstatiert einen epistemologischen Bruch der sich am Frauen Bild dieser beiden Perioden festmachen lässt, zum einen die sexualisierte verruchte Frau des Fin de Siécle, zum anderen das abstrakt desexualisierte Girl,32 dass seine Individualisierung grade darin erfährt, dass es ein Teilchen im Gefüge der Tanzfabrik wird.33 34 Hewitt bewertet diese Perioden auch als Ausformung zwischen Hoch- und Massenkultur.35 Insofern kann unter dem Geschmackswechsel den Kracauer beschreibt ein Wechsel von Hochkultur zu massentauglicher Kultur genauso wie der Unterschied zwischen individuell expressivem Ausdruck und geometrischer Anordnung der Körper im Raum subsumiert werden. Mithin handelt es sich um zwei Strömungen, bei denen sich erstere dem Individuum, seiner Innerlichkeit und der Veräußerung eben selbiger einen hohen Stellenwert beimisst, wohingegen zweitere, dass Individuum einem vermeintlich rationalen Organisationsprinzip unterwirf.

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29 Ebenda S. 179.

30 Ebenda S. 177.

31 Fritz Giese: Girlkultur. Vergleiche zwischen amerikanischen und europäischem Rhythmus und Lebensgefühl. München: Delphin-Verlag, 1925, S. 95ff.

32 Auch Ramsay Burt betont die zur Schaustellung, gesunder und physisch aktiver Frauen als Antithese zur Gesundheitsverfassung der Frau des neunzehnten Jahrhunderts (vgl. Ramsay Burt: Alien Bodies. representations of modernity, ,raceʻ and nation in early modern dance, S. 88)

33 Andrew Hewitt: Social Choreography. IDEOLOGY AS PERFORMANCE IN DANCE AND EVERYDAY MOVEMENT. Durham and London: Duke University Press, 2005, S. 179.

34 Auch Kracauer betont die Geschlechtslosigkeit der Girls. „Ein Blick auf die Leinwand belehrt, daß die Ornamente aus Tausenden von Körpern bestehen, Körpern in Badehosen ohne Geschlecht.“ (Siegfried Kracauer: „Das Ornament der Masse“, S. 50.)

35 Andrew Hewitt: Social Choreography. IDEOLOGY AS PERFORMANCE IN DANCE AND EVERYDAY MOVEMENT. S. 178.

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Träger der Ornamente ist die Masse. Nicht das Volk, denn wann immer es Figuren bildet, hängen diese nicht in der Luft, sondern wachsen aus der Gemeinschaft hervor. Ein Strom des organischen Lebens wälzt sich von den schicksalhaft verbundenen Gruppen zu ihren Ornamenten, die als magischer Zwang erscheinen und so mit Bedeutung belastet sind, daß sie sich zu reinen Liniengefügen nicht verdünnen lassen. Auch die aus der Gemeinschaft ausgeschiedenen Menschen, die sich als Einzelpersönlichkeiten mit einer eigenen Seele wissen, versagen bei der Bildung der neuen Muster.“ 36

Die Neuheit der Erfahrung, die von den Girls gewährt wird, situiert Kracauer im Kontext der Masse, die er vom Volk abgrenzt. Das Volk wird mit Adjektiven wie organisch, schicksalhaft und gemeinschaftliche attribuiert. Es setzt auf die Eigenpersönlichkeit und deren Ausdruck. Im Völkischen hat die Kunst eine ritualhafte Funktion, die dazu dient höhere Gefühle im Rezipienten auszulösen. Kracauer schildert in seinem Aufsatz „Die Reise und der Tanz“, wie diese Praxis der Kunstrezeption auch im Bezug auf Populärkultur ausgeführt wird. In Gesellschaftstanz und Reise erfährt das Subjekt der Moderne eine Zweiteilung, indem es anwesend und abwesend zugleich ist. Es verbindet sich mit einem inexistenten transzendenten Jenseits. 37 Ramsay Burt betont, dass Kracauer zwar keine Beispiele für die völkisch, mythologisch ritualhafte Kunst gibt, dass allerdings vermutet werden kann: Er führt neben Stefan George und seinem Zirkel, auch die Eurhytmie Unternehmungen der Anthroposophen, und die Bewegungschöre von Emile Jaquces Dalcroze und Rudolf von Laban an. Anschließend erläutert Burt, dass seit 1900 großangelegte Gemeinschaftsaufführungen zunehmend in Mode gekommen seien. 38

Das Ornament hingegen dient der Zerstreuung des Publikums. Es ist Selbstzweck und übersteigt sich nicht. Die Tiller Girls sind für Kracauer keine Menschen im althergebrachten Sinne. Er beschreibt die Körper der Tillergirls als fragmentierte Körperpartien. Er beschreibt als „die kleinsten Bestandstücke der Komposition“39 des Ornaments der Masse. Die kapitalistische ratio,40 die dem Ornament der Masse innewohnt, vertreibt die völkische Innerlichkeit. Die Tillergirls zeigen sich als eine amerikanische Ausformung der Körperkultur, deren Funktion im kapitalistischen Getriebe der Zerstreuung dient und sich durch eine mathematisch, geometral formale

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36 Siegfried Kracauer: „Das Ornament der Masse“ S. 51.

37 Reise und Tanz werden von Kracauer als immanentes Jenseits entworfen. (Siegfried Kracauer: „Die Reise und der Tanz“, in: Siegfried Kracauer: Das Ornament der Masse, Frankfurt a.M.: suhrkamp taschenbuch, 1977, S. 44f.)

38 Ramsay Burt: Alien Bodies. representations of modernity, ,raceʻ and nation in early modern dance, S. 77.

39 Siegfried Kracauer: „Das Ornament der Masse“ S. 53.

40 Ramsay Burt erläutert in seinem Buch Alien Bodies. representations of modernity, ,raceʻ and nation in early modern dance. Kracauerʻs Verständnis der Ratio als spezifische Form abstrakter Rationalisierung, die von der kapitalistischen Moderne konstituiert wird. Aus der Ratio heraus entsteht das Ornament der Masse. (vgl. Ramsay Burt: Alien Bodies. representations of modernity, ,raceʻ and nation in early modern dance, S. 75.)

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Choreographie und Aufführung auszeichnet. Das Masse hingegen besteht aus einzelnen Massengliedern, deren Bauteile sich nicht organisch anordnen lassen. Diese Anordnung ist funktional, nicht organisch. Es handelt sich hierbei um eine Form der Körperkultur, die das menschliche Vermögen zur Vernunft vorantreibt.41

Doch Ingenieure sind die Tiller Girls offensichtlich nicht. Obgleich beiden Aufsätzen die vehemente Argumentation gegen Formen der Natürlichkeit, der Innerlichkeit und auch des Humanistischen gleich ist, bleibt es dennoch fraglich, ob sich die Tiller Girls zum Beispiel mit einem Barbaren-Begriff, wie er von Benjamin geprägt worden ist, fassen lassen. Aber auch Kracauer hegt Zweifel an seiner Bevorzugung dieser Massen-Kunst.

I.II.II Der überdauernde Mythos

„Nach der Götterdämmerung haben die Götter nicht abgedankt, die alte Natur in und außer dem Menschen behauptet sich fort. Aus ihr sind die großen Kulturen der Völker gestiegen, die wie irgendein Naturgebilde sterben müssen, ihrem Grunde entwachsen die Überbauten des mythologischen Denkens, das die Natur in ihrer Allmacht bestätigt. Bei aller Verschiedenheit seiner Struktur, die mit den Epochen sich wandelt, hält es die von der Natur gezogenen Schranken stets inne.“ 42

Das mythologische Denken, dass die Positionen der Natürlichkeit besetzt, d.h. als umumstößlich naturgegeben erscheinen lässt, was tatsächlich formbar ist und auch geformt wird, wird von Kracauer im Kontext mit einem spezifischen Geschichtsbegriff erläutert. Innerhalb der Geschichtsvorstellung, die diesem Begriff immanent ist, manifestiert sich die teleologische Konstruktion eines Kampfes der „Vernunft gegen die Naturmächte“. Das Natürliche wird hierbei von Kracauer mit dem mythologischen und göttlichen verknüpft. In der Sphäre des Natürlichen dient der Organismus als Urmodell. Die Vernunft hingegen tritt mit der Zielsetzung einer entnaturalisierten Wahrheit auf den Spielplan. Für Kracauer ist es aber nicht nur die Vernunft, die das mythologische Denken außer Kraft setzt. Auch das Märchen hat dieses Potential: Vernunft und Märchen43 arbeiten am „Abbau der immer wieder neu besetzten Positionen des Natürlichen“.44 Im Kontext von Kracauerʻs Haltung gegenüber der Vernunft hat auch seine Kritik an Abstraktion und Kapitalismus statt. Das kapitalistische Denken mache sich durch seine Abstraktheit bemerkbar. Diese liege offen zu Tage. Sie unterscheide sich zwar von der

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41 vgl. ebenda S. 75.

42 Ebenda S. 55.

43 Kracauer begründet seine Präferenz für das Märchen: „In der Frühzeit der Geschichte schon ist im Märchen die bloße Natur um des Sieges der Wahrheit willen aufgehoben“ (Ebenda S. 56.) Was Kracauer am Märchen schätzt ist also die Denaturalisierung.

44 Ebenda S. 56.

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mythologischen Konkretheit, die ein natürliches Leben suggeriere, allerdings könnten ihr gegenüber dennoch Einwände vorgetragen werden. Die Abstraktheit trete insofern als unfinalisiertes Fortschreiten der Vernunft zu Tage, sie sei nur ein Schritt auf dem Weg, dessen weiteres Beschreiten unabdingbar sei. Sie offenbare sich als doppeldeutiges Zeichen der Zeit. Zum einen stelle sie „Gewinn an Rationalität“45 dar, zum anderen sei sie verloren „in einem leeren Formalismus“.46 Insofern befinde sie sich in einer Position die Analog zum Kapitalismus gesehen werden könne, denn auch dieser müsse durchschritten werden. Die kapitalistische ratio begünstige und verhindere das klare Aufscheinen der Vernunft.Entsprechend wird auch das Ornament von Kracauer bedacht. Zwar unterbinde es die gestenhafte Veräußerung der Innerlichkeit des Individuums und die Auflösung der natürlichen Gestalt, dennoch erweise es sich nur als eine rationalisierte Form des Kults. Zwar verwehre es die organische Mitte und das organische Zentrum, dennoch erschillere es unter den Augen der Vernunft dem mythologischen Denken nicht nur konträr. Der Vernunft erscheint auch das Ornament als „mythologischer Kult“47 , eine Flucht vor der Vernunft ins Abstrakte und insofern auch als ein Rückschlag in die Mythologie. Hierin zeige sich, so Kracauer, wie sich die kapitalistische Ratio der Durchdringung durch die Vernunft erwehrt. Die Flucht vor dem Ornament schlägt Kracauer aber ab. Seine teleologischen Hoffnungen zentrieren sich im Weg hindurch.Das Ornament zersetzt den Menschen zwar als individuell authentisches Zentrum des Natürlichen, aber es ist in der Formung des Menschen durch die Vernunft nicht radikal genug. Der Weg der Aufklärung führt also für Kracauer durch die Abstraktion und nicht hinter sie zurück.

„For Kracauer, the mass ornament is Taylorist. The choreographed movements of disconnected body parts are so tightly defined in terms of the performer‘s subjective experience of time and space that there is no spatial or temporal dimension for the ornament to signify anything. For Riefenstahl and other propagandists of National Socialism the menaninglessness of the mass ornament allows the propagandist to superimpose on it political meanings appropriate to National Socialism.“ 48

Aus dem Blick des historisch Späteren verschwimmen die Grenzen in der Betrachtung ornamentaler und völkischer Phänomene. Das angeführte Zitat von Ramsay Burt verdeutlicht einen zentralen Aspekt der Argumentation, die Burt im Kapitel „Totalitarianism

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45 Ebenda S. 58.

46 Ebenda S. 58.

47 Ebenda S. 60.

48 Ramsay Burt: Alien Bodies. representations of modernity, ,raceʻ and nation in early modern dance, S. 97.

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and the mass ornament“ seines Buches Alien Bodies entwickelt. Zwar lassen sich im Bezug auf den Subjektentwurf dessen, was sich für Kracauer in Form zweier Strömungen darbietet Unterschiede nicht verleugnen, dennoch bieten Disziplin und inhaltliche Leere auch eine Einbruchstelle für ideologisch propagandistische Operatoren. Burt siedelt die Schnittstelle zwischen dem was er „subjective experience of embodiement“49 nennt und dem was er als „politics as ethics“50 bezeichnet. An dieser Schnittstelle betont er Gemeinsamkeiten zwischen nationalsozialistischer Körperkultur und den Girls.Burt hebt hervor, dass auch Kracauer im Angesicht der fortschreitenden Machtergreifung der Nationalsozialisten einen Schwenk unternahm im Hinblick auf das, was seine Bewertung der Tiller Girls ist. Bei Kracauer fänden sich demnach eine kritische Einschätzung der Girls, ganz so wie er sie bereits im Aufsatz „Das Ornament der Masse“ der Volksertüchtigung und dem Ausdruckstanz entgegen gebracht hatte.51 Burt bemerkt, dass einen die zur Schaustellung gesunder weißer weiblicher Körper erschauern lasse, wenn man sie im historischen Kontext der Massenmorde der Nationalsozialisten bedenke,52 stellt al lerdings auch heraus, dass er diese Phänomen der Massenaufführungen weiblicher Körper keinem generalisierenden Begriff von Totalitarismus unterwerfen will.53 Ritualhafte Massentanzaufführungen, so Burt, waren ein international weit verbreitetes Phänomen, dass sich nicht auf den mythologisch völkischen Aspekt der deutschen Tanzkultur beschränken lasse.54 So ließen sich zwar Verschränkungen der Protagonisten des Ausdruckstanzes mit der nationalsozialistischen Bewegung beobachten, diese seien aber nicht abschließend erforscht und es sei auch zu Aufführungen Mary Wigmans und zumindest von Schülern Labans in radikal faschismuskritischem Milieu, wie den DaDa Soirées gekommen.55 Burt zeigt auf inwiefern die Grenzen bereits im inneren Deutschlands fließende waren, wenn er berichtet wie Labanʻs Bewegungschor “Vom Tauwind und der neuen Freude“ als Eröffnungspektakel der Olympischen Spiele 1936 kurz vor der Aufführung abgesagt wurde. Die Gründe hierfür lassen sich Burts Argumentation nicht entnehmen. Er verweist

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49 Ebenda S. 90.

50 Ebenda S. 90.

51 vgl. ebenda S. 85.

52 vgl. ebenda S. 89.

53 vgl. ebenda S. 89.

54 vgl. ebenda S. 90.

55 vgl. ebenda S. 92.

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allerdings auf „Das Frankenberger Würfelspiel“, dass beinahe abgesagt wurde. Als Gründe führt er Assoziation mit linker Massenästhetik und eine damit verbundene Angst vor einem ausbrechenden Kontrollverlust an.56 Nun stellt Burt seine Thesen im Hinblick auf die zu beobachtende Körperpoltik auf. Er sieht eine Kongruenz grade im Hinblick auf die ornamentalen Darbietungen, als dass die Dienstfertigkeit und die Bereitschaft zur Unterwerfung und Disziplinierung erschaudern lässt in Relation zur Unterwerfung des deutschen Volkes unter Hitlers antisemitischer Politik.57 Im Lächeln des perfektionierten und instrumentalisierten, gesunden Körpers strahlt die ideologische Verbrämung. Vor allem die inhaltliche Leere, die Kracauer als Fortschritt der Vernunft begrüßt hatte, wird für Burt zur Schneise für den Einfall der nationalsozialistischen Propaganda Maschinerie. Sie erleichtert es politische Bedeutungen aufzupfropfen. 58 Im Kontext der Körperkultur verweist Burt darauf, dass die Nationalsozialisten dort bereits eugenische Ideen vorfanden, denen sie ihre Vorstellungen von der Volksgemeinschaft eines Dritten Reiches passgenau überstülpen konnten.59 60

Die Tiller Girls sind keine Barbaren. Die Mythologie ist ihren ornamentalen Massenaufführungen eingeschrieben. In Kracauerʻs Aufsatz lassen sich keine Beispiele für die finden, die das von Grund auf Neue zu ihrer Sache gemacht haben, keine Beispiele für die, die sich durch ihre Fremdheit, respektive ihr Barbarentum auszeichnen. Die Konstruktionen von John Tiller sind Konstruktionen bis zu dem Punkt, an dem die Widerbelebung der Mythologischen ihren Spuk betreibt.

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56 vgl. ebenda S. 91.

57 vgl. ebenda S. 93.

58 vgl. ebenda S. 97.

59 vgl. ebenda s. 93.

60 Das Abwägen im Bezug auf die Beziehungen von Nationalsozialismus und verschiedenen Ausprägungen der Lebensreformbewegungen im spezifischen der Körperkultur findet in vielen Texten statt. So argumentiert Karl Toepfer gegen einen direkten Zusammenhang von Körperkultur und Nationalsozialismus. Er hält das, was er als tiefe inhärente Verbindung bezeichnet für abwegig. Er verhalte sich so, als wäre daraus, dass Hitler Vegetarier gewesen sei zu schließen, dass alle Vegetarier Faschisten seien. (Karl Toepfer: Empire of Ecstasy. Nudity and Movement in German Body Culture, 1910 - 1935, S. 9) Hier ist Toepfer zu widersprechen. Es kann nicht darum gehen eine tiefe geheimnisvolle Verbindung zwischen Körperkultur und Nationalsozialismus offen zu lesen. Es erscheint viel eher relevant aufzuzeigen, inwiefern spezifische ideologische Konstellationen der Körperkultur sich als anschlussfähig für ideologische Konfigurationen erweisen. Burts Argumentation erscheint hier schlüssiger. Er erläutert, dass spezifische Konfigurationen der Körperkultur diese im besonderen anschlussfähig für Nationalsozialistisches Gedankengut gemacht haben. Der Sachverhalt ist sicherlich höchst diffizil. Doch Affinitäten zum Nationalsozialismus ausschließlich auf die Neigungen von Einzelpersonen zu beschränken erscheint nicht ausreichend.

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II Entkernte GemeinschaftII.I Gemeinschaft der ZeitgenossenEin Modell der Moderne, wie es mit Hilfe der unterschiedlichen Ansätze von Benjamin und Kracauer skizziert worden ist, kann schwerlich unabhängig von der Diskussion des Begriffspaars Gemeinschaft und Gesellschaft gedacht werden. Es wurde bereits angedeutet, dass die Attribute, die Benjamin und Kracauer ausspielen um die Stränge ihrer Argumentationen zu charakterisieren, in den Kontext dieses Begriffspaares führen. Ferdinand Tönnies Konzeption dieser Begriffe, die er in seinem Buch Gemeinschaft und Gesellschaft vorgenommen hat, dürfte als paradigmatische Konzeption erscheinen. Tönnies betont die Gemeinschaft hierbei als eine organische und natürliche Form des Zusammenlebens, wohingegen die Gesellschaft sich durch Abstraktion und Kapitalisierung auszeichnet.61

Eleanor Baur zeichnet in ihrem Aufsatz >>Becoming Room. Becoming Mac<< das Bild einer lokal/international zeitgenössischen „dance-community“.62 63 Baur beschreibt die Brüsseler Tanzgemeinschaft als eine, die sich im wettbewerbsorientierten Kampf um Geld und Anerkennung als höchst mobilisiert und internationalisiert zeigt.64 Sie beschreibt die divergierende Innen- und Außenwahrnehmung dieser Szene, die von außen wie eine Gemeinschaft erscheine, sich aus der Innenperspektive allerdings in unterschiedliche Interessen, Aufgaben, Zeit und Geld und auch Anerkennung durch andere Gemeinschaftsmitglieder zerfasere.65 Bauer differenziert zwischen "field" und Gemeinschaft, wobei sie den Tanz als "field" versteht, auf dem sich die Gemeinschaft als soziale Wirklichkeit einrichtet. Die Frage nach der Tanzgemeinschaft ist für Bauer also die

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61 vgl. Ferdinand Tönnies: Gemeinschaft und Gesellschaft. Abhandlung des Communismus und des Socialismus als empirischer Culturformen. Leipzig: FUESʻS VERLAG (R. REISLAND), 1887, vor allem §1 und §19 / grundsätzlich S. 1 - 97.

62 Ich übersetze „community“ mit Gemeinschaft und lehne mich damit an die Übersetzungspraxis an, mit der den gemeinschaftsphilosphischen Schriften von Jean-Luc Nancy begegnet wird.

63 Die Tänzerin Eleanor Bauer beschreibt in ihrem online abrufbaren Aufsatz >>Becoming Room, Becoming Mac<< ihr Verständnis des Gemeinschafts-Begriff im zeitgenössischen Tanz an Hand einer empirischen Untersuchung auf Umfragenbasis, die sie in der Brüsseler Tanzszene vorgenommen hat.

64 vgl. Eleanor Bauer: „BECOMING ROOM, BECOMING MAC. NEW ARTISTIC IDENTITIES IN THE TRANSNATIONAL DANCE COMMUNITY“, in: Charlotte Vandevyver: B-CHRONICLES, Brüssel, 2010. Internetadresse: http://www.b-kronieken.be/index.php?type=research_eleanor&lng=eng aufgerufen: 15. April 2011.

65 Der Zeitsprung der Argumentation, nachdem bis hierhin vorwiegend historisch Quelle zu Rate gezogen worden sind, erscheint die Debatte um die Gemeinschaft höchst zeitgenössisch. Sie sollte es allerdings gestatten im Rückblick bestimmte Potentiale der Moderne kritisch zu beäugen.

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Frage nach der sozialen Struktur, die sich innerhalb der beruflichen Umgebung etabliert.66 Einen entsprechenden Begriff der Gemeinschaft bestimmt sie im Hinblick auf die Produktion und deren Ziele. Gemeinschaft ist für Bauer etwas, dass sich nicht außerhalb der Kunst befindet, sondern sie auf allen ihren Strata betreffs Produktion, Präsentation und Rezeption durchwirkt.67 Dieses Modell der Gemeinschaft differenziert sie von einer „old-fashioned definition of community“.68 Gerd Bergfleth konstatiert in seinem Kommentar zu Maurice Blanchots Text Die uneingestehbare Gemeinschaft etwas, dass er als Vergesellschaftung der zeitgenössischen Gemeinschaft diagnostiziert, die er im alltäglichen Leben an Hand von Wohn- und Arbeitsgemeinschaften, den Zweckgemeinschaften des Alltags, denen die wahrhaftige Gemeinschaftlichkeit versagt bleibt,69 belegt sieht. Auch Bauers Beschreibung der Tanzgemeinschaft dürfte in diese Diagnose mit eingefügt werden können. Nichts desto trotz ist ihm vehement zu widersprechen, wenn er behauptet, dass Jean-Luc Nancy sich jeder Möglichkeit beraubt sähe ein Gemeinsamsein außerhalb „bloßer“ Dekonstruktion zu konstituieren. Nancy entwickelt recht offensichtlich ein Gemeinsamsein, wenn man so will, transzendentaler Immanenz. Die Diskussion in der zeitgenössischen Tanzszene zielt auf die Konjunktur eines Gemeinschaftsbegriff's in der Form, als das die Diskussion auf die Begriffsprägung zurückgreift, die Jean-Luc Nancy in seinem Buch BEING SINGULAR PLURAL in seiner Abgrenzung und Neudefinition des Konzepts "Mit-Seins" von Martin Heidegger geleistet hat.70 Nancy bespricht in BEING SINGULAR PLURAL die Frage, inwiefern wir heute noch von einem „Wir“ sprechen können. Dieses „Wir“ sollte im Bezug auf seine Implikationen auf das Zusammenleben gedacht werden, inwiefern dieses „Wir“ also wen auf welche Art

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66 vgl. ebenda.

67 Die zeitgenössische Realität der Gemeinschaft im Tanzsektor wird von Baur als eine gezeichnet die zwar von der physischen Anwesenheit nicht lassen kann, sich aber dennoch durch deren häufig Abwesenheit auszeichnet, Gemeinschaft wird über Telefon, Intenret, Skype E-Mail, Blogs und ähnliches gelebt. Digitaler Austausch findet zu Hauf, zuletzt aber handelt es sich vor Allem um individuelle Künstler und Interessengemeisnchaften.

68 vgl. Eleanor Bauer: „BECOMING ROOM, BECOMING MAC. NEW ARTISTIC IDENTITIES IN THE TRANSNATIONAL DANCE COMMUNITY“.

69 Gerd Bergfleth: „Blanchots Dekonstruktion der Gemeinschaft“ in: Maurice Blanchot: Die uneingestehbare Gemeinschaft. Aus dem Französischen und mit einem Kommentar von Gerd Bergfleth. Berlin: Matthes & Seitz Verlagsgesellschaft, 2007, S. 111ff.

70 Zu Nancyʻs Überlegungen Betreffs Heidegger: Jean-Luc Nancy: BEING SINGULAR PLURAL. Translated by Robert D. Richardson and Anne E. OʻByrne. Stanford University Press, 2000, u.a. S. 27f / S. 44f / S. 93f. vgl. für Heideggers Begriff „Mitsein“ : Martin Heidegger: SEIN UND ZEIT. Tübingen: Max Niemeyer Verlag, elfte unveränderte Auflage 1967, „§ 26. Das Mitdasein der Anderen und das alltägliche Mitsein“ / S. 117ff.

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mit einschließt und voneinander trennt.71 Grob und holzschnittartig könnte man vermuten, dass es sich um eine Entgemeinschaftung des Konzepts Gemeinschaft handelt, insofern als das auch die Rede von der entwerkten Gemeinschaft in vieler Munde ist, worunter zu verstehen wäre, dass es sich um eine Gemeinschaft handelt, die nicht ins Werk gesetzt wird. In diesem Sinne könnte rein spekulativ vermutet werden, dass es sich hierbei um den Entwurf eines dritten Weges handelt, der an der binären Opposition, Gemeinschaft und Gesellschaft, einfach vorbeigeht. Aber es muss es eine Differenz konstatiert werden. Es scheint fraglich, inwiefern sich die vergesellschaftete Gemeinschaft, die Bauer beschreibt, und auch Bergfleths misanthropische Diagnose auf Nancy ʻs Gemeinschaftsbegriff beziehen lassen.72

Folgt man Nancy, könnte man das 20. Jahrhundert vielleicht als Jahrhundert der Utopien bezeichnen. Diese Utopien haben sich meist zu realisiertem Massenmord kristallisiert.73 Jean-Luc Nancy schreibt, dass die Postmoderne schon vorbei ist.74 Es habe sich um einen kurzen Moment der völligen Abwesenheit der Repräsentierbarkeit von Grund, Sinn und Wahrheit, auch, wie Nancy betont, jeder Form "gemeinschaftlicher Substanz"75 gehandelt. 76 Dies mag sich mit dem Ende der Projekte erklären lassen, die nach der Verbesserung des Menschen strebten und hierin recht kläglich gescheitert sind, eben auch der großen Projekte der Moderne: Kommunismus und Faschismus.77 Für den Kommunismus müsse Trauerarbeit geleistet werden. Nun, im Jetzt, sei es an der Zeit, die Frage des Kommunismus, als eine Frage der conditio communis, neu zu

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71 vgl. Jean-Luc Nancy: „Eulogy for the Mêlée“ in: Jean-Luc Nancy: BEING SINGULAR PLURAL. Translated by Robert D. Richardson and Anne E. OʻByrne. Stanford University Press, 2000, S. 154. Nancy schreibt dort: „What we have in common is also what always distinguishes and differentiates us. What I have in common with another Frenchman is the fact of not being the same Frenchmans as him, and the fact that our „Frenchness“ is never, nowhere, in no essence, in no figure, brought to completion.“

72 Bauers Beschreibung der Tanzgemeinschaft von Brüssel erscheint hauptsächlich als radikale Vergesellschaftung auch einer Kerngruppe von Auserwählten, die dazu gehören. Entsprechend beschreibt sie den Ausschuss der Tanzgemeinschaft, die die keinen Anschluss finden und von keiner Gemeinschaft aufgefangen werden.

73 Jean-Luc Nancy: „Das gemeinsame Erscheinen. Von der Existenz des >>Kommunismus<< zur Gemeinschaftlichkeit der >>Existenz<<“, aus dem Französischen von Gisela Febel und Jutta Legueil, in: Joseph Vogl (Hg.): Gemeinschaften. Positionen zu einer Philosophie des Politischen. Frankfurt a.M.: 1994, S. 173.

74 Ebenda S. 167.

75 Ebenda S. 167.

76 Auch Blanchot schreibt, dass es sich um eine Zeit handele, die es sogar verloren habe, die Forderung nach Gemeinschaft zu verstehen. Er schreibt: „Kommunismus, Gemeinschaft [...] sind wirklich Termini, insofern [...] die grandiosen Enttäuschungen der Geschichte sie uns auf dem Hintergrund eines Desaster erkennen lassen, das weit über den Ruin hinausgeht.“ (Maurice Blanchot: Die uneingestehbare Gemeinschaft. Aus dem Französischen und mit einem Kommentar von Gerd Bergfleth. Berlin: Matthes & Seitz Verlagsgesellschaft, 2007, S. 10.)

77 vgl. Jean-Luc Nancy: „Das gemeinsame Erscheinen. Von der Existenz des >>Kommunismus<< zur Gemeinschaftlichkeit der >>Existenz<<“ , S. 173.

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diskutieren. Für Nancy erhält ein bestimmtes Konzept der marxschen Denkens Relevanz. Es handelt sich darum, die Zukunft als eine zu verstehen, von der nichts gewusst werden kann. Es sei nun dies zu Tage getreten, was Nancy als Conditio communis bezeichnet: Alle Ziele des Weltgeistes sind außer Kraft gesetzt. Die Teleologie, auch der Kommunismus sind in die Leere und den Massenmord gelaufen. Wir erscheinen vor einem Gericht ohne Gericht "in all unserer Nacktheit".78 Der geschichtliche Augenblick, so Nancy, ist der einer Realität, eines Ortes unseres gemeinsam getrennten Erscheinens. Das Abendland habe die Gemeinschaft so sehr zum einzigen Ziel gemacht, "daß es dabei sein ganzes Arsenal von Bedeutungen erschöpft hat"79 In Folge dessen votiert Nancy für eine Ontologie des Gemeinen und des Mitteilens, "in einer Welt, deren Sinnlosigkeit selbst es einfordert, diese Abwesenheit von Sinn miteinander zu teilen."80

II.II Zum Verhältnis von Gemeinschaft und GesellschaftJoseph Vogl beschäftigt sich in der >>Einleitung<< des von ihm herausgegebenen Buches Gemeinschaften. Positionen zu einer Philosophie des Politischen. zunächst mit dem Potential des Gemeinschaftsbegriff, den er unabdingbar für eine relevante Theorie des Politischen hält. 81 Voglʻs Exegese des Gemeinschaftsbegriffs ist hilfreich um einige Konzepte Nancys zu verstehen, die anschließend aufgeführt werden.

II.II.I Das doppelte „Einst“Vogl betont zunächst die auf die Gesellschaft bezogene Grenzfunktion der Gemeinschaft. Die leidenschaftliche Politik, die „Durchdringung von Leidenschaft und Politik“82. Sie ziele auf zwei Pole, zum einen die Katastrophe, zum anderen die reine und unverbrüchliche

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78 vgl. Jean-Luc Nancy: „Das gemeinsame Erscheinen. Von der Existenz des >>Kommunismus<< zur Gemeinschaftlichkeit der >>Existenz<<“ , S. 168.

79 Ebenda S. 170.

80 Ebenda S. 171.

81 Vogl beleuchtet hierbei konstitutive Momente einer Politik der Moderne, um daraus Nutzen für einen zeitgenössischen Begriff des Politischen zu ziehen. Im spezifischen der Gemeinschaftsbegriff tendiert dazu, sich in seinen zeitgenössischen Auslegungen derart zu pluralisieren, dass eine erschöpfende Darstellung im Rahmen einer Hausarbeit kaum möglich sein kann. Vogl, der in seinem Band viele relevante Theoretiker (u.a. Girgio Agamben, Slavoij Zizek) einer zeitgenössischen Gemeinschaftskonzeption versammelt, gibt an dieser Stelle einen konzisen Überblick über das Problemfeld. (Joseph Vogl: „Einleitung“, in: Joseph Vogl (Hg.) : Gemeinschaften. Positionen zu einer Philosophie des Politischen. Frankfurt a.M.: 1994, S. 7 - 31.)

82 Ebenda S. 7.

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Gemeinschaft83. Die Gemeinschaft ist hierbei der unerreichbare Ursprung der Gesellschaft, sie befindet sich in Position eines doppelten „Einst“84 bzw. des „beinahe“ oder des „noch nicht“.85 Diese Position hält Vogl für den „unüberschreitbaren Horizont politisch-sozialen Denkens“86. Sie ist, so Vogl, Anzeichen für Rousseaunismus, der die Gemeinschaft als Hypothese in seine Staatstheorie integriert. Die Gesellschaft hingegen treibt auseinander, wohingegen die Gemeinschaf als Vergegenwärtigung eines ursprünglichen oder zukünftigen Idealzustands in sie eingeschrieben verbleibt. Die Gesellschaft löst den Naturzustand auf, muss sich allerdings um ihren Zusammenhalt zu rechtfertigen in Erinnerung der Gemeinschaft konstituieren und ausüben. Insofern weist Vogl darauf hin, dass die Gemeinschaft in ihrem unverbrüchlichen Zusammenhalt extreme Züge beherbergt. Aber auch der Gesellschaft seien extremistische Züge inhärent, da diese sich auf das doppelte Einst stützt.87 Die Gesellschaft erhält sich in Erinnerung und im Ausblick an und auf den Zustand ihrer eigenen Auflösung in der Gemeinschaft.Das Konzept der Gesellschaft als Hort der Immanenz wird von Vogl in Zweifel gezogen, da sie sich in einer transzendentalen Rückkopplung an die Gemeinschaft konstituiert.

II.II.II Die Antinomie der GesellschaftRelevante politische Theorien, so Vogl, verhandeln immer das Verhältnis von Gesellschaft und Gemeinschaft. Entsprechend zeigt in einem historischen Überblick die Rolle dieser beiden Begriffe u.a. in den Theorien von Hobbes und Rawls auf.An Hand von Hobbes stellt Vogl dar, wie in der Bewegung der Vergesellschaftung eine zunehmende Bewegung zu Transparenz im Rahmen einer Teleologie der Institutionalisierung statt findet. In diesem Fortschreiten konstituiere sich ein Dritter. Der Dritte ist der Staat, der sich zu Zweien in Beziehung setzt. Die Handlungen, so Vogl, des durch den Gesellschaftsvertrag legitimierten Dritten müssen vom Einzelnen so betrachtet werden, als habe er es selbst getan. Dies wird von Vogl als Spiegelphase bezeichnet und kann entsprechend als Eindämmung einer Allmachtsphantasie des Einzelnen verstanden werden. 88

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83 vgl. ebenda S. 7.

84 Ebenda S. 8.

85 vgl. ebenda S. 9.

86 Ebenda S. 9.

87 vgl ebenda S. 9.

88 Vgl. ebenda S. 12.

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Allerdings hat dieser Entwurf einen Haken, der sich für Vogl am besten an Hand der Theorien von Jonathan Rawls verdeutlichen lässt. Rawls, so Vogl, konstituiere einen Urzustand, der für den Prozess der Vergesellschaftung nötig sei und gleichwohl das Inkrafttreten des Dritten als Staat erst ermögliche. Diese Vergesellschaftung geschehe auf der Grundlage eines völlig losgelösten tabula rasa gleichwertiger Subjekte, die in eine gleiche Beziehung gleich Vernünftiger treten. Rawls negiere insofern die Möglichkeit einer vollständig anderen Position, die nicht eingenommen und nicht nachvollzogen werden kann, da alle gleich sind. Für Rawls sind die Standpunkte alle gleich einsichtig und gleich einnehmbar.89 Genau dieses Konstrukt legt laut Vogl die Antinomie der Staatstheorien frei. Die Grundlage der Vergesellschaftung sei die Abwesenheit von Kommunikation. Diese solipsistische Einordnung brächte, so Vogl, einen Gefrierpunkt als Urzustand zu Tage. Hierin sieht Vogl eine erneute Einschreibung der Gemeinschaftlichkeit in die Gesellschaft, da dieser Solipsismus in seiner Undurchdringlichkeit dem kollektiven Urherde ähnele.90 Und so erhielte sich in der augenscheinlich normativen Transparenz die Fortschreibung der Mythologie.

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89 Vgl. ebenda S. 12f.

90 Vgl. ebenda S. 14.

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II.II.III Die Hypostase der GemeinschaftDas soziale Imaginäre91 wird von Vogl als hypostatische Konstruktion dargestellt. Vogl erläutert das soziale Imaginäre als ein Konzept, dass innerhalb der Gesellschaft durch die nicht realisierte Gemeinschaft besetzt wird. Er erläutert den Begriff in einem Kontext massenpsychologischer Annahmen. Es handele sich um eine bildhafte Institution, die zwischen „Faktischem“ und „Irrealem“ oszilliert. Sie diene als Speicher für Inhalte und Vorstellungen, die in der Konstitution der Gesellschaft keinen Platz haben.92 Als Beispiele führt Vogl das Nationale und das Patriotische an, um aufzuzeigen inwiefern sich die Gemeinschaft ins Innere verlagert und Geheimbünde formiert, die das soziale Imaginäre besetzten und als Apparat identitärer Umwölkung fungieren.93 Diese Beispiele verweisen insofern auf eine Form der politischen Vernunft, die die Grenzen der Erfahrbarkeit übersteigt.Da innerhalb dieser Mechanismen patriotische Opferbereitschaft entstehe, vereinnahmen sie, so Vogl, das „Leben der Individuen“94. Vogl verortet innerhalb dieses Komplexes eine paradoxa le Semant i k . E r ve rs teh t d iese Form der Gemeinscha f t a l s Modernisierungseffekt. Vogl konstatiert in seinen Betrachtungen die Verknüpfung der Rhetorik der Eingeweihten mit dem Nationalen und Beobachtet die Abwanderung aus den

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91 Es handelt sich hierbei um einen Begriff der politischen Philosophie. Cornelius Castoriadis psychoanalytisch fundierte Herleitung dieses Begriffs lässt sich sehr gut in dessen Buch Gesellschaft als imaginäre Institution. Entwurf einer politischen Philosophie nachvollziehen. Castoriadis geht hierbei von einem Sozialisationsverständnis als Sublimierung aus, d.h. die Institutionierung des Subjekts geschieht auf dem Wege der Sublimierung und Umleitung der Triebe. (vgl. Cornelius Castoriadis: Gesellschaft als imaginäre Institution. Entwurf einer politischen Philosophie. Übersetzt von Horst Brühmann. Frankfurt a.M.: Suhrkamp Verlag, 1984, S. 515) Zur komplementären Verdeutlichung zieht Castoriadis die Neurose als Beispiel hinzu und erläutert, dass es der Neurotiker ist, der sich in seine idiotischen Illusionen zurückzieht und somit in seiner eigenen Welt verharrt. Der Eintritt in die Institution hingegen stellt eine vermittelte Realität her. Schon hier wird deutlich, dass Castoriadis Forderungen weitreichend sind. Zum einen ist seiner Argumentation eine Kritik am „Ding an sich“ inhärent und zum anderen betont er nachdrückliche die soziale Verfassheit des Imaginären im Hinblick auf die politische Philosophie. Castoriadis betont, „daß es Realität immer nur als gesellschaftlich instituierte gibt und daß dies bei den Versuchen, den Inhalt des >Realitätsprinzips< zu bestimmen, zu berücksichtigen wäre“ (Ebenda S. 516.). Die Psyche wird genötigt private, d.h. idiomatische Besetzungsobjekte und das idiomatische Selbstbild aufzugeben, um es durch eines von der Institution gebilligtes zu ersetzen. Entsprechend wird also in einer spezifischen Relation zwischen Subjekt und Institution ein Imaginäres entworfen, dass ein im Idiomatischen verharrendes Subjekt niemals entwerfen könnte. (Vgl. ebenda S. 516.) Dergestalt formt sich ein soziales Imaginäres aus der Schnittmenge zwischen privat und öffentlich und verschiebt das Triebobjekt von privat zu gebilligt. Einher geht hiermit die Betrachtung der Anderen nicht mehr ausschließlich als Sexualobjekte, sondern als gesellschaftlich gebilligtes Individuen. In diesem Wechsel erfährt aber auch das zur Triebbefriedigung gewählte Objekt eine Verformung. Als Beispiel führt er die Mutter an: Sie dient als Beispiel für die Verortung des Objekts in der Psyche des Subjekts und für die Veränderbarkeit des Subjekts im Sublimationsprozesses. Castoriadis beschreibt, dass die „Verwandlung des Sexualobejkts Mutter in die zärtliche Mutter“ ( Ebenda S. 518.) die „gesellschaftlich instituierte Mutter“ (Ebenda S. 518.)von statten geht. Über diesen Prozess der Institutionalisierung gewinnt das Subjekt seine Lust nun also vermittelt durch Gesellschaft und verfügt nicht mehr nach Belieben über seine Objekte. Es gewinnt die Lust nun orientiert am gesellschaftlichen Stand der Dinge. In diesem Rahmen entsteht auch ein gesellschaftlich vermitteltes Bild des Individuums, „vermittelt durch das >Bild<, das es an den anderen von sich zu liefern meint.“ (Ebenda S. 521.) In diesem Kontext sind Voglʻs Überlegungen zu betrachten.

92 Joseph Vogl: „Einleitung“, S. 15ff.

93 Vgl. ebenda S. 18.

94 Ebenda S. 18.

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Kabinetten in die Geheimbünde des Nationalen. Die Politik des Nationalen ist für ihn insofern doppelzüngig, da sich dort weiterhin ein Unbenennbares, vorgeblich Natürliches, verbirgt.

II.II.IV Der dritte Weg

„>>Politik<< muß das bezeichnen, was am >>Gemeinschaftlichen<< im Interesse jedes einzelnen punktuellen Daseins ist. Gemeint ist das Interesse (die Wichtigkeit) des inter-esse (zugleich als >>dazwischen sein<<, >>getrennt sein<<, >>sich unterscheiden<<, >>unter anderen sein<<, >>teilhaben<<).95“

Jean-Luc Nancy unternimmt im V Paragraphen seines Aufsatzes >>Das gemeinsame Erscheinen<<. Von der Existenz des >>Kommunismus<< zur Gemeinschaftlichkeit der >>Existenz<<“ einige Überlegungen zum Politischen als Verwalten96 und dem Aufscheinen des uns im nachzeichnen der Ränder97. Nancy argumentiert im Rückbezug auf Gedanken von Karl Marx betreffs der Beschaffenheit der Individuen, als in „der Vielfalt wirklicher Beziehungen“98 sich gegenseitig hervorbringender. Nancyʻs argumentativer Schwerpunkt liegt hierbei auf der Wechselseitigkeit der Erzeugung und hiermit auf der Relationalität und deren Zwischenräumen, wobei keines diese Individuen als in sich abgeschlossenes Subjekt angelegt ist. Auch nutzt Nancy Marx um von einer Ontologie des Zukünftigen zu sprechen. Er spricht hierbei vom „neu-programmieren“99 des Politischen bei Marx und stellt die Frage nach einer substanzlosen Ontologie. Nancy rekurriert hierbei auf Marx Thesen über das Ende des Politischen: Die Sphäre des Politischen solle bei Marx nicht länger bei der herrschenden Klasse verharren und sich nicht länger von der „wirklichen Tätigkeit“ der Menschen abtrennen. Die Neuprogrammierung dieses Vorhabens erscheint für Nancy in dem er ein Verständnis des Politischen darlegt, dass sich durch „das >>gemeinschaftliche Miteinander<< aller anderen“100 auszeichnet. Er legt den Akzent hier erneut auf das Trennen im Gemeinsamen. Wenn man so will, könnte man Nancyʻs Konzept insofern verdeutlichen, als das man es als relationales Gefüge aufspannt, dass für jeden Einzelnen im Rahmen des gemeinsamen Erscheinens das gemeinschaftliche Miteinander aller

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95 Jean-Luc Nancy: „Das gemeinsame Erscheinen. Von der Existenz des >>Kommunismus<< zur Gemeinschaftlichkeit der >>Existenz<<“ , S. 192.

96 Vgl. ebenda S. 196.

97 Vgl. ebenda S. 196.

98 Ebenda S. 189.

99 Ebenda S. 189.

100 Ebenda S. 190.

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anderen bedeutet.101 Daher kann Nancy auch vom „(leer geworden) Ort eines Seins in der Gemeinschaft“102 schreiben. Das Sein der Gemeinschaft verliert sich im Gefüge, insofern legt sich auch der Schwerpunkt eines entsprechenden Gemeinschaftsverständnisses auf den Partikel in. Das in als Bestandteil von inter, wie Nancy betont. 103

Nancy bemüht sich zu verdeutlichen, inwiefern sich ein Verständnis vom Rückzug des Politischen denken lässt, dass nicht in hypostatisch, organische Verwachsungen mündet.104 Es müsse sich am Wesentlichen des Daseins operieren, auch müsse dem Dasein müsse sein Wesentliches abgesprochen werden. Stattdessen wären Endlichkeit und Gemeinschaftlichkeit in ihrer Substanzlosigkeit einem organischen Miteinander fremd. Als relevanten Aspekt für das Gemeinschaftliche hebt Nancy das Aufeinanderprallen hervor. Er fordert Disparität und Dissenz um ein in zu Tage zu fördern, dass sich im Aufeinanderprallen in Szene setze.Nancy schreibt:

„Die Gemeinschaft schließt ihre eigene Grundlage aus - weil sie nämlich ausschließen will, daß der Grund verschwindet, der ihr Wesen ausmacht: das Sein-in-der-Gemeinschaft, unser inter-esse im gemeinsamen Erscheinen.“ 105

Die vertiefenden Fragen zum inter-esse liegen bei Nancy in einer Diskussion darüber, wie Gemeinschaft und Ausschluss miteinander zusammenhängen und inwiefern der Andere dazu in Verbindung steht. Die Gemeinschaft, so Nancy, schließe immer aus. Sie müsse alles ausschließen, was nicht identifizierbar ist. Nancy verweist auf den Anderen, der die Grundlage des Soziierens, nach Nancy, des Assozieren und des Dissozieren, sei. Den Anderen macht Nancy als Träger des in aus. Das inter-esse, das gemeinsam getrennte Erscheinen schließe die Gemeinschaft im Moment ihres Zusammenhalts aus. Es ist der Moment in dem sie einen hypostasierten Grund etabliere und damit das inter-esse, gewissermaßen aber auch ihre eigene existenziale Grundlage verlöre.Nancy verweist auf die Bedeutung des Politischen als Verwalten des Anderen, und beschreibt das Politische als eine Praxis des Nachzeichnens dieser Grenzen an denen das in angesiedelt sei.

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101 Vgl. Ebenda S. 190.

102 Ebenda S. 191.

103 Vgl. ebenda S. 195.

104 Vgl. ebenda S. 191.

105 Ebenda S. 195.

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III Die Welt des Tänzers„Mit leuchtendem Auge, den ganzen Körper gebannt, steht der Mensch. Eine Armbewegung löst sich langsam, die gehobene Hand deutet an, daß er sprechen will. Den Raum zwischen ihm und uns durcheilen die Lichtwellen, die von seiner Erscheinung in unser Auge strömen. Bald folgt der Klang seiner Stimme und nach den Gesetzen seiner heimatlichen Sprache deutet er uns die Erregungen an, die sein Inneres durchfluten.“ 106

Laban beginnt seine Ausführungen auf Seite 19 mit diesen, ein imaginäres Bild des Tänzers malenden, Sätzen. Labanʻs Darstellung des Tänzers fokussiert sich auf den Körper, sowohl dessen Klarheit und Stärke, als auch auf dessen Rezeptivität für Wellen. Er zeichnet den Körper des Tänzers angespannt und in der Einheit mit der Welt. Zugleich bietet dieser Körper die Lektüre seiner Erregungen an, wie ein offenes Buch.Die folgende Diskussion behandelt die Seiten 19 - 33 des ersten Gedankenreigens >>Über den menschlichen Ausdrucksapparat<< aus Rudolf von Labanʻs Buch Die Welt des Tänzers. Fünf Gedankenreigen. Im Folgenden sollen Labanʻs Konzepte nachvollzogen und mit dem gewonnen Begriffsappart abgeglichen werden. Die Gebärde und der tänzerische Sinn sind die zentralen Konspekte der Textabschnitte, die besprochen werden.

III.I ZUSAMMENSETZUNG DER GEBÄRDEDie tänzerische Gebärde könnte als eine spezifische Art des In-der-Welt-Seinʻs verstanden werden. Hierbei kann Labanʻs Text ein Modell des menschlichen Ausdrucksapparats entnommen werden, der sich in Ganzheitlichkeit universellen Formgesetzen zuwendet.107 Laban gibt einen Überblick über die verschiedenen Arten der menschlichen Veräußerung, die sich als Einklang der drei Konstituenten der tänzerischen Gebärde, „Verstandesarbeit, Gemütserregung und Körperbewegung“108, in Form mehrerer Gebärden zu einem Reigen zusammenfügen lassen. Die Gebärde ist hierbei das, was zwischen zwei Körperspannungen liegt.

„Der Weg zwischen zwei ausdrucksvollen Körperspannungen, die mit entsprechenden Gemütsbewegungen und Verstandesregungen gleichzeitig ablaufen und mit derselben eine

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106 Rudolf von Laban: Die Welt des Tänzers. Fünf Gedankenreigen. Verlag von Walter Seifert, Stuttgart/Heilbronn, 1920, S. 19.

107 vgl. ebenda S. 32f.

108 Ebenda S. 20.

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untrennbare Einheit bilden, ist tänzerische Gebärde.“ 109

Entsprechend fasst diese Konzeption von Gebärde auch die Sprache. Zunächst zeigt Laban den Ton als Gebärde: Die menschliche Lautgebung verursacht Schwingungen und, in ganzheitlicher Veräußerung ist sie Gebärde. Laban versteht das Sprechen als „Zusammenklang einer Muskelbewegung mit einer Gefühlsregung und einer Verstandesleistung“110, entsprechend „Formspannung“111. Die Schrift zeigt sich entsprechend als Niederschlag einer Gebärde, als „Tanz der Hand“112. Auch die Gedanken können als Gebärde geschehen. Der Gedanke nämlich ist ein Bewegungsvorgang im Kopf.113 114

Laban spaltet die Körperspannung in Teilspannungen und setzt sie in Beziehung zur Raumrichtung, Kraftanwendung und Zeitdauer. Erst aus Teilspannungen lässt sich die Körperspannung präzise zusammensetzen. Im Hinblick auf diese Teilspannungen gestattet es die Körperspannung auf Gemütsregungen und Verstandesvorstellungen zurückgeführt zu werden.

„Die Einzelteile jeder Gebärde sind mit Verstandes- und Gemütserregungen vereinte Körperspannungen. [...] Das Verhältnis der Teilspannungen zueinander läßt [...] auf die der Gebärde innewohnenden Gemütsregungen und Verstandesvorstellungen schließen.“ 115

Das qualitative Merkmal der Harmonie bezieht sich auf die Zusammensetzung der Gebärde, wohingegen Laban die Qualität angenehm nutzt, um den wohlgestalten Ablauf zwischen An- und Abspannung zu bezeichnen. Für Laban gibt es angenehme und unangenehme Gemütsregungen. Das Angenehme zeigt sich im Gleichgewicht des Ablaufs zwischen An- und Abspannung. Das Unangenehme im Ausschlag in das eine oder andere Extrem. Die Zusammensetzung der Gebärde wiederum kann, aber muß nicht harmonisch sein,116 d.h. der Einklang von Verstandes- und Gemütsregungen, sowie Körperspannungen. So zeigt sich die Gebärde als eine ganzheitliche Art des körperlichen,

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109 Ebenda S. 19.

110 Ebenda S. 21.

111 Ebenda S. 21

112 Ebenda S. 21.

113 Das Denken ist für Laban sprachbasiert. Denken erscheint somit als stummes Sprechen. vgl. ebenda S. 22.

114 Laban schreibt: „Vereinfacht dargestellt gebiert eine Spannung im Zentralorgan, dem Gehirn oder viel wahrscheinlicher noch im ganzen Körper, den Gedanken.“ Ebenda S. 33.

115 Ebenda S. 23.

116 Entpuppt sie sich allerdings als disharmonisch dürfte es sich nicht um die tänzerische Gebärde handeln auf die Laban abzielt.

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sprachlichen und gedanklichen Seins. Das körperliche Sein wird von Laban weiter spezifiziert:

„Bei jeder Bewegung treten im Körper unzählige Einzelspannungen auf, die durch die anatomische Gliederung bedingt sind. Unserem Auge und unserem Spannungsempfinden stellen sie sich als mindestens vier Resultanten dar, die wir uns als vom Schwerpunkt des Körpers ausgehend denken.[...] Die Verbindung der Endpunkte dieser vier Richtungen, also die Berührungsstelle des Stützfußes mit dem Boden, die Fingerspitzen der vorgestreckten Hand und die Fingerspitzen bezüglich Zehenspitzen des linken Armes und linken Fußes, geben die Kanten eines tetraëderartigen Gebildes, das auf einer Spitze steht.“ 117

Die Senkrechte und der Schwerpunkt sind die Setzungen, zu denen Laban den Körper ins Verhältnis setzt, um ein Verständnis von Gestalt und Bewegung zu entwickeln und den Körper im Teraëder zu konzeptualisieren. Der Tetraëder ist ein Instrument zum Fassen der Gestalt, in dem sich der Körper posenhaft aufspannt. Hierbei weicht der Körper von der Senkrechten ab und zeitigt Wirkung. Die Gestalt ist die Stellung des Körpers entsprechend der vier Resultanten vom Schwerpunkt, sowie die Bewegung der Wechsel zwischen den Gestalten ist. Da Laban zwischen Gestalt und entstehenden Gemütsregungen eine Kongruenz postuliert, und nicht zwischen Zuschauer und Tänzer differenziert, liegt es nahe im Bezug auf diese Beziehung von einer Wahrhaftigkeit zu sprechen. Im Gefüge der Teilspannungen dürfte die Wahrhaftigkeit bezüglich Gemüts- und Verstandeserfahrung erfahrbar und offensichtlich werden. Diese wird entschlüsselbar mit Hilfe von Raumrichtung, Kraftanwendung und Zeitdauer118 und im Bezug zu deren Haupt und Nebenrichtungen. Die Hauptrichtung dürfte sich hierbei auf die Körperspannung und die Nebenrichtungen auf die Teilrichtungen beziehen.119

Die Gebärde lässt sich zunächst nicht voreilig verorten. Jeder einfache Versuch Labanʻs Konzept abzuurteilen, versickert derart, dass er sich der Formulierung versagt. Die Gebärde erscheint als irgendwie biologistisches Modell eines steuerbaren Kommunikationsapparatas. Sie ist analysierbarer und gemachter Kommunikationsapparat. Der Tänzer scheint auf seinen Ausgangspunkt verwiesen, von dem aus die Konstruktion beginnt. Man könnte gar vermuten, die Gebärde von Labanʻs Tänzer fühle sich dem Innern verpflichtet, (entgegen der Innerlichkeit). Labanʻs Entwurf des Körpers im Tetraëder, aus dem sich spezifische Kommunikationspotentiale ableiten lassen, mutet durchaus

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117 Ebenda S. 24f.

118 Vgl. ebenda S. 23.

119 Vgl. ebenda S. 25.

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konstruktivistisch an. Es geht hierbei augenscheinlich weniger um obskure und ungesicherte Wahrheiten, als um ein detailliertes Verständnis des menschlichen Kommunikationsapparats, dessen Kommunikationspotentiale von Laban unter dem Gebärdenbegriff gefasst werden. Bedenkt man den Tetraëder und bemüht sich ein wenig, gelingt es rasch sich Laban als den bekittelten Ingenieur des Tanzes vorzustellen. Der Tanzbegriff erscheint expansiv oder erweitert, in dem über in die Sphäre von Schrift und Gedanken überragt, zunächst auf ein Subjekt zu verweisen, dessen Grenzen in dessen In-der-Welt-Sein verwischen oder verwabern. Im großen und ganzen bleibt der Anschein der wissenschaftlichen Fundamente von Labanʻs Tänzer gewahrt. Doch aufmerken lässt ein spezifischer Begriff, an den die Gebärde unabdingbar gekoppelt scheint: Der Gestaltbegriff, der in Labanʻs Überlegungen aufscheint, lässt aufhorchen oder aufmerken.Annette Simonis hebt zu Beginn ihres Buches Gestalttheorie von Goethe bis Benjamin. im Verlaufe ihrer Begriffsklärung hervor, dass es sich bei dem Gestaltbegriff um ein typisch deutsches Wort handle, da sich in keiner anderen Sprachen eine angemessene Übersetzung dafür finden lasse.120 Es handle sich bei dem Gestaltbegriff um eine „ganzheitliche Grundkategorie“ einer „typisch deutschen Diskurstraditon“121, um eine „hollistische Figur“122, der ein „utopisches Potential, das von einem spezifischen Einheits- und Identitäsversprechen“123 eingeschrieben ist. Der Gestaltbegriff zeichnet sich „durch eine geheimnisvolle und suggestive Aura [...], durch die Idee einer rätselhaften Totalität“124 aus.Im weiteren stellt Simonis dar, dass der Gestaltbegriff, da wo er angewendet wird, dem modernen Denken hauptsächlich dazu dient, die blinden Flecken der Konzeptionen zu überdecken.125

„Die Autoren der Moderne versuchen um 1900, sich durch die Übernahme einer ,klassischen‘ Leitfigur nochmals das Goethsche Charisma zu eigen zu machen, um mit seiner Hilfe das zu beobachten, was eigentlich im blinden Fleck ihrer Erkenntnismöglichkeiten liegen müßte, und es für ihre Epoche zu retten“ 126

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120 Simonis, Annette: Gestalttheorie von Goethe bis Benjamin. Diskursgeschichte einer deutschen Denkfigur. Köln; Weimar; Wien: Böhlau, 2001, S. VII.

121 Ebenda S. VII.

122 Ebenda S. 1.

123 Ebenda S. 1.

124 Ebenda S. 2f.

125 vgl. ebenda S. 367.

126 Ebenda S. 369.

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Simonis schildert eine Hochkonjunktur des Gestaltbegriffs um 1900, als deutschen Sonderweg. Der Gestalt Begriff wird hierbei in den Kontext der Wiedergewinnung dessen was verloren ist, und auch in den Kontext der Reduktion und Vereinfachung gestellt. Er hilft dort, wo es blinde Flecken zu überdecken gilt. Vielleicht bietet es sich an dort das Naturhafte, das natürliche und das mythologische Neu zu verankern. Es ist also der Gestaltbegriff, der erste Hinweise darauf gibt, wie und wo Labanʻs Theoreme verortet werden können.Auch scheinen die Überlegungen zum Gestaltbegriff sich gut in die Beobachtungen der Diskussion einzufügen, denn im großen und ganzen ließen sich viele Aspekte aus Labanʻs Texten barbarisch oder ingenieurhaft denken. Doch grade im Gestaltbegriff scheint dass zu Tage zu treten, was mit Kracauer als Rückzugsort des Natürlichen oder Mythologischen benannt werden kann, als ein Moment im Gedankengebilde Labans, in den die Aufklärung noch nicht vorgedrungen ist. Im Gestaltbegriff erfährt die Welt des Tänzers ihre Galvanisierung.

III.II KOMMUNIKATIONSPOTENTIAL DER GEBÄRDE

III.II.I Der tänzerische SinnDer tänzerische Sinn ist eine ganzheitliche Weise des In-der-Welt-Seins. Die drei Komponenten des tänzerischen Sinns müssen zusammenspielen, um Erkenntnis zu gewährleisten. Auch spielen im tänzerischen Sinn Rezeption und Ausdruck zusammen: Erlebnisfähigkeit und Sensibilität für die Eindrücke der Außenwelt, die wellenhaft auf den Körper eindringen, müssen vorhanden sein, um dann wiederum harmonisch und angenehm Veräußerung zu ermöglichen. Wenn der tänzerische Sinn, der gerade zu Beginn der Moderne aus dem Menschen verschwunden ist, wieder ausgebildet worden sein wird, wird wieder Empfänglichkeit für Spannungen gegeben sein. Die Reanimation und Ausbildung des tänzerischen Sinns ist Labanʻs Anliegen.

„Es ist unsere unvollkommene Einstellung, durch die uns nicht Klarheit werden kann. Mit nur einer Teilkraft unseres Wesens können wir auch nur einen Bruchteil des Betrachteten erfassen. Den tänzerischen Sinn, das Zentrum der Erkenntnis in sich zu erwecken und zu beleben, ist die erste Aufgabe des Tänzers.“ 127

Laban formuliert ein reziprokes Verhältnis zwischen Tänzer und Außenwelt. Der Tänzer nimmt Eindrücke auf und wandelt diese in Spannung um. In dieser Fähigkeit drückt sich

29127 Ebenda S. 27.

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auch aus, inwiefern die tänzerische Geste ein In-der-Welt-sein ist. Sie bringt dem Sein der Dinge ein vollständiges Gefühl entgegen und durchdringt den trügerischen Schein. Der tänzerische Sinn setzt sich aus drei Faktoren zusammen: Aus Körper, Seele und Geist tritt eine Gewißheit hinzu, die aus der Gerichtetheit aller drei Faktoren entsteht. Die klassische Leib-Seele Dichotomie wird negiert. Eine Vollkommenheit der Einstellung führt zu einem Eindruck, in dem laut Laban, nun Klarheit herrschen kann. Vielleicht sollte gesagt werden: Klarer als Klar. Diese Klarheit, oder diese die Wahrheit übersteigende Wahrheit bezeichnet Laban als tänzerischen Sinn, der Vollerleben gewährt. Laban beschreibt es emphatisch als Bejahung der Welt, als Gleichgewicht und Befriedigung. Bei Laban differenziert sich die zu dieser Zeit verbreitete Annahme von metakommunikativ objektiven Schwingungen. Dies geschieht im Bezug auf den Körper und den Tänzer. Die Fähigkeit entsprechend der Schwingungen zu kommunizieren erwirbt nur der Tänzer, der diese Ausbildung von einem Meister erfahren muss, um Teil der totalen Ausdruckskraft zu werden.

Um die Diskussion fortzusetzen bietet es sich an, auf Joseph Voglʻs Konzepte der hypostasierten Gemeinschaft und des doppelten Einst zu rekurrieren. Die Figur des doppelten Einst tritt so offen zu Tage, dass sich schwerlich Gegenargumente für diese Beobachtung finden lassen. Laban verortet die Tänzer im noch nicht und im Einst, er verlagert den Tänzerischen Sinn dort, wo das Jetzt nicht ist. Das Ganzheitliche In-der-Welt-sein befindet sich zunächst auf einer temporalen Achse in der Vergangenheit, die einmal gewesen ist und auch in einer Zukunft, die sein wird. Im doppelten Einst liegt zunächst nicht die Hypostase der Gemeinschaft, sondern das Vollerleben des Tänzers, denn das Vollerleben wird nur dem Tänzer in Aussicht gestellt. Dieses konsitiuiert dann allerdings die Aufführungsgemeinschaft als kollektiv verstrahlte. Denn es ist die Fähigkeit des Tänzers das Publikum auf seine Wellenlänge zu kolonialisieren. Wäre man nicht bereit dieser Argumentation zu folgen, betonte man also, dass die einheitliche Richtigkeit vor Allem dadurch hergestellt werde, dass der Tänzer seine Gebärden richtig ausführe und Wahrheit und Schwingungen für Laban ein vorgängiges Konzept seien, in dem keine Kolonialisierung stattfände, müsste Folgendes entgegnet werden: Es handelt sich um die Hypostase der gemeinschaftlichen Bedeutung, die einzige Wahrheit, die immer wahr ist und die per se gegeben ist und per se schon konzeptuell keine Widerspruch zugesteht ist die Wahrheit der Götter.128

30128 vgl. Jean-Francois Lyotard: Der Widerstreit. Übersetzt von Joseph Vogl. München: Wilhelm Fink Verlag, 1987, S.36f.

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Die Hypostase des Nationalen tritt im Bezug auf Laban zunächst in den Hintergrund. Die hypostasierte Gemeinschaft proklamiert Laban als eine Gemeinschaft der Tänzer, die sich in ihrem esoterischen Erwähltsein sehr gut als Geheimbund beschreiben lassen. Die Geheimbünde sind Bestandteil von Voglʻs Überlegungen betreffs der hypostasierten Gemeinschaft. Es handelt sich um einen überlegenden Geheimbund, der sich selbst hypostasiert und dem sich der Zuschauer als Objekt der Kolonialisierung durch Wellen darbietet. Es handelt sich hierbei um das was Vogl als paradoxale Semantik der Gesellschaft bezeichnet. Innerhalb der Gesellschaft konstituiert sich eine gemeinschaftliche Rhetorik, die sich auf eine Position des Natürlichen zurückzieht, von der aus sie argumentiert. Vogl konstatiert hier die Doppelzüngigkeit der der Gesellschaft inhärenten Gemeinschaft. Mit der Figur des Tänzers entsteht die Gefahr ein soziales Imaginäres zu errichten, in dem der Tänzer, als unmittelbare Kommunikationsmaschine dessen was an Wahrheit sowieso schon gegeben ist, die Bruchlinien der Erfahrung zu unterschlagen droht. Dem inhärent ist ein Begriff des Politischen, dem das Verhandeln von inkommensurablen völlig fremd ist.Ganz klassische Attribute der vormodern organizistischen Gemeinschaft lassen sich an Laban vor Allem in Bezug auf sein Konzept des Tänzerischen Sinns aufzeigen. Der tänzerische Sinn entwirft einen Kreis der Erwählten der sich in die Gesellschaft der Moderne implementiert. Dieser Kreis wendet sich dem doppelten Einst zu. Dort wird oder war eine bessere, schönere, tänzerischere Welt.

III.II.II Primitivierung

Unter Primitivierung sollte vielleicht zunächst nicht das Offensichtliche verstanden werden. Laban wendet sich gegen die Einseitigkeit, gegen die Einseitigkeit des Verstandes und gegen die Einseitigkeit des Gefühls. Er wendet sich gegen den trügerischen Schein, hinter dem sich eine spezifische Form der Wahrheit verbirgt, die mit dem in der Welt sein gefasst werden kann. Die Primitivierung ist zugleich ein Streben nach Einsichtigkeit in der Synthese des Heterogenen.

„Erst wenn Verstandes-, Gemüts- und Willenserkenntnis vom Tänzer als plastische Spannung zusammengefaßt wird, entsteht in seinem Inneren diejenige Bejahung der Welt, die ohne Rätsel und ohne Zweifel das innere Gleichgewicht der Befriedigung gewährt, die man Vollerleben nennen kann.“ 129

31129 Ebenda S. 28.

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Es ist eine seltsam subjektivistische / a-subjektivistischte Sichtweise die Laban entwickelt. Zum einen impliziert diese Aussage, eine gefühlte subjektivistische Wahrheit, zum anderen aber ist diese Wahrheit umfassend und die Subjektivität löst sich in einer allgemeinen Metakommunikation auf. Doch dieses Bestreben reiht sich in den Reigen der Bestrebungen, die die komplexer werdende Welt esoterisch einsichtig gestalten wollen. Die Topoi Vernunftkritik und Rhythmik, sowie das Konzept des tänzerischen Sinns, lassen sich mit Hilfe Von Baxmanns Darstellung der Primitivierungsbestrebungen der Moderne nachvollziehen.Im Kapitel „Primitivierung der Wahrnehmung“ ihres Buches Mythos: Moderne. Körper- und Tanzkulturen der Moderne beschreibt Inge Baxmann den Tänzer und den tänzerischen Sinn als paradigmatisches Modell für das Streben der Moderne. In Resonanzen und Vibrationen unterhalb tritt die fundamentalanthropologische Konstante der zwischen Elekrizität und Esoterik oszillierenden, esoterischen Moderne zu Tage.130 Baxmann macht deutlich, dass die esoterischen Strömungen sich auf ein Gemisch aus Elektrizität und Telepathie oder Technik und Mystik errichten. Das postulierte Bedürfnis nach intensiver Sinneserfahrung und damit einer körperlichen Wahrnehmung, die sich radikal vom Vernunftbedürfnis distanziert, mündet in synthetischen Wahrnehmungs- und Kunstkonzepten, die in Resonanzen und Vibrationen wabern. In Vibration und Resonanz gelingt Abstraktion und Synthese der Körper und Empfindungen. In der Verfasstheit des Tänzers zeigt sich die Sehnsucht der Rückkehr zu einem verschütt gegangen Ursprung und einer verschütt gegangen paradiesischen Kommunikation. Diesen Ursprung hat es nie gegebene. Die perspektivische, spatiale und akustische Reizüberflutung und Zersplitterung der Moderne tritt im Tröten und Rasen der Dampfeisenbahn, im Brummen des Flugzeugs und ihm Leuchten der Straßenbeleuchtung zu Tage und erfährt ihre Abwehr auf einem Berg in Ascona.

„Jaquces-Dalcroze wie auch Rudolf von Laban verstanden die Schulung des Muskel- bzw. tänzerischen Sinns nicht als Flucht vor der technisierten modernen Lebenswelt, sondern als Notwendigkeit, die sich aus dieser ergab. Rhythmus- und Tanztheoretiker erhoben den Tanz zum Modell einer ganzheitlichen, alle Sinne einbeziehenden und damit gewissermaßen synästhetischen Wahrnehmung.“ 131 132

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130 In Kandinskys synthetischen Kunstkonzeptionen erleuchten unmittelbare Kommunikation und Rezeption.

131 Inge Baxmann: Mythos: Gemeinschaft. Körper- und Tanzkulturen in der Moderne. Wilhelm Fink Verlag, München, 2000, S. 141.

132 Baxmann betont, dass u.a. Kandinsky den Traum eines gesamtgesellschaftlichen Resonanzkörpers entwirft, dem ist die unmittelbaren Kommunikation einer auf Schwingungen und Resonanzen begründeten Unifizierung im Rhytmus inhärent. Auch das synästhetische Kunstwerk betrieb eine Unifizierung in diesem Sinne. Auf diese Art sollte Kunst jedem Menschen auf einer Ebene, die vor der bewussten Wahrnehmung liegt, zugänglich werden. Baxmann überschreibt Kandinskys Überlegungen mit dem Begriff der Rezeptionsästethik.

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Im Hinblick auf Laban sollte vielleicht von einer reinen Rezeption gesprochen werden. Denn im Bezug auf die ganzheitliche Erfahrung sind Künstler und Rezipient eins. Ihre Körper werden durchzuckt, vom blitzenden Rhythmen und geschüttelt in den Schwingungen der ganzheitlich unverfälscht ekstatischen Welterfahrung.133

Baxmann schildert im Kapitel „Gemeinschaftsgefühle und unbewußte Resonanzen“ Tanz zwischen Anthropologie und Rhythmus, zwischen Surplus und Ekstase. Sie verweist auf die Formulierung anthropologischer Konstanten am Grunde eines Verständnisses von Wahrnehmung und Kunst im Zentrum der Konstitution von einer Gemeinschaft, in deren Zentrum sich Synästhesie, Rhythmus und Resonanzen als vereinende ganzheitliche Gegenentwürfe zur Entfremdung der Moderne offenbaren. Der Tanz wird hierbei als ein Surplus des Menschen entworfen und ermöglicht den ekstatisch ganzheitlichen Aufenthalt in der Welt.

33

133 Am Grunde von Labanʻs Überlegungen zur Kommunikation liegen die Spannungsformen, die sich gebärdenhaft veräußern. Laban postuliert eine innere Verwandtschaft vom Referenten und dessen Bezeichnung. Deren bunte Vielfältigkeit, die im Vergleich der unterschiedlichen Sprachen aufgefunden werden kann, wird damit begründet, dass die jeweilige Sprache einen anderen Teilaspekt betont. Der gestischen Gebärde wird eine größere Einheitlichkeit und Decodierbarkeit zugeschrieben. Eine nahezu Universalität der Verständlichkeit der Geste wird postuliert. Laban setzt die Körperspannung und Gebärde in Bezug zu Wesensinhalten. Etwas, dass als Wesensinhalt vermutet werden kann, kann nicht erhascht oder dingfest gemacht werden, und zeigt sich in unterschiedlichen Sprachen in abgewandelten Teilaspekten. So schreibt Laban: „Man lasse sich nicht dadurch beirren, daß es so vielerlei Sprachen gibt, deren jede andere Zeichen und Symbole für die gleichen Worte und Begriffe setzt, denn jede einen Gedanken darstellende Gebärde kann vielfach gestaltet werden und jedes Gebärdensymbol kann vielfach gedeutet werden.[...]Ein anderes Temperament, eine andere Rasse oder Nation sieht andere Teileigenschaften der gleichen Erscheinung und nennt dieselbe natürlich mit einer anderen Lautverbindung, einem anderen Wort, einem anderen Schriftzeichen oder Tanz.“ (Rudolf von Laban: Die Welt des Tänzers. Fünf Gedankenreigen. S. 22.) Entgegen der Sprache kommuniziert die Gebärde nicht nur einen Teilaspekt der Wahrheit. Die stumme Sprache der Gesten ist einen Schritt näher dran. Jede Spannung transportiert eine innere Regung. Keine Spannung ist bedeutungslos. Bedeutung muss nicht vermittelt werden. Es gibt sie einfach, qua Bewegung kommuniziert der Tänzer und der stumpfere Rezipient empfindet, obwohl sitzend, kynästhetisch nach. Der Ausdruck des sensibleren Tänzers löst eine homologe Empfindung aus. (John Martin formuliert in seinem Buch The Modern Dance das Konzept der Metakinesis. Qua Bewegung kommuniziert der Tänzer und dann wird vom Zuschauer, obwohl er im Sessel sitzt, nachempfunden. Was der Tänzer ausdrückt, löst homologes Empfinden beim Zuschauer aus. (vgl. John Martin: The Modern Dance. Dance Horizons, New York, 1969.) Diese kinesthetische Vorstellung ist den zeitgenössischen Konzeptionen der Spiegelneuronen vergleichbar. Die Nerven feuern bei der Betrachtung des Tänzers ähnlich, wie sie beim Tänzer während der Bewegung feuern.) (Z.B. in Kandinskys Text Über Bühnenkommunikation wird deutlich: Erst im Zuschauer vollendet sich das Kunstwerk, wenn es diesen in Schwingungen versetzt. So tritt der Rezipient mit den Schwingungen des Künstlers in Kontakt. Hierbei handelt es sich um ein Grundtheorem der Moderne. Es wird entdeckt, dass Kunstwerke auf die Sinne des Rezipienten dringen und Wirkungen zeitigen. Nur wenn der Zuschauer in Schwingungen gerät stellt sich das Kunstwerk. Der Zuschauer soll sich einschwingen.)Anthropologische Untersuchungen und Materialfülle bedingen und begünstigen Fragen nach „biologischen und affektiven Grundlagen [...]menschlicher Gemeinschaften“ (Inge Baxmann: Mythos: Gemeinschaft. Körper- und Tanzkulturen in der Moderne. S. 66.) . Die Antworten werden in einem Konstrukt der Resonanzen gefunden, in dem Tanz und Tänzer eine besondere Rolle zufallen. Die Behauptung anthropologischer Konstanten gewährleistet Eingebundenheit und leicht assimilierbare Bedeutungszusammenhänge. Diese Fragen, die das Unbewusste betreffen, werden hierbei mit einer radikalen Substanzialisierung beantwortet. Es entwickelt sich eine zusammenfügende, zusammenhaltende und aktivierende Vorstellung vom Rhythmus, in dem eine ekstatische Auflösung des Ich-Bewußtseins, aber auch der unterirdische Zusammenhalt der Gesellschaft in somatischen Zuständen und Interaktionsrhythmen zu Tage treten. Tanz zeigt sich hierbei als Ausdruck einer die Menschen vereinenden Energie, die den Menschen übersteigt.

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Der Aspekt der reinen Rezeption tritt in Verbindung mit denen im vorherigen Kapitel vorgenommenen Diskussionsschritten betreffs der Tänzer-Zuschauer Beziehung in Verb indung und beinhal te t e in ige f rag l iche Punkte im Bezug auf das Gemeinschaftskonzept bezüglich der Aufführung. Die Aufführungssituation, die Laban nicht explizit bespricht wird hierbei vorausgesetzt. Die Rezeption kann nur schwerlich ohne Rezipienten von Statten gehen. Es handelt sich im Folgenden um die Frage nach dem Anderen.Ein spezifisches Konzept des Mitseins dürfte Labans Überlegungen, die als reine Rezeption benannt wurden, inhärent sein. Die Beziehung zum Anderen schlägt sich hier im Verständnis der Beziehung zwischen Rezipient und Tänzer nieder. Wenn die Primitiverung ein Streben nach Einsichtigkeit in die Disparität des Heterogenen ist, und entsprechend des tänzerischen Sinns Wellen die reine Rezeption ermöglichen, erscheint zugleich der Andere, zumindest für den Zeitraum der Aufführung als nicht mehr heterogen bzw. als nicht mehr unleugbar anders. Es ist nicht weiter verwunderlich, dass Nancyʻs Diagnose der Jetztzeit sich schwerlich auf Laban anwenden lässt. Die Aufführungsgemeinschaft bei Laban zeichnet sich entsprechend nicht durch Brüche aus. Nancy lässt sich aber insofern zur Diskussion hinzuziehen, als das gerade die Relevanz der Integration bzw. Extegration des Anderen als Anderen für eine Gemeinschaft unabdingbar ist, die nicht auf einen organischen Kern verweisen will. Für Laban zeichnet sich der Andere eben nicht dadurch aus, dass er sich im gegenseitigen Verhältnis des anders Seins, zu den ihn Umgebenden befindet. In diesem Konzept der Aufführungssituation werden alle kongruent.Die Einseitigkeit gegen die Laban sich wendet produziert eine viel radikalere Einseitigkeit: Sie unterschlägt den Anderen. Die Gemeinschaft zeichnet sich durch Verklumpung im Einheitsbrei der unmittelbaren Kommunikation aus, der unter dem Schein der Wissenschaftlichkeit der Anstrich des Natürlichen attribuiert wird.Auf eine eigenwillige Weise füllt Laban das in und das inter Nancys mit Wellen auf. Dort wo in Nancyʻs Konzeption eines Gemeinschaftsbegriffs Lücken klaffen und dort wo Nancy den Fokus seiner Überlegungen zur Gemeinschaft ansiedelt bordet es bei Laban über. Der Andere, der sich in Nancyʻs Überlegungen dadurch auszeichnet, grade nicht der Selbe zu sein, erfährt die Gleichschaltung überflutet von Wellen und Schwingungen. Weniger problematisch erschiene Labans Konzept sicherlich, wenn er nicht von einer Vorgängigkeit der Schwingungen und einer prädestinierten Leiterfähigkeit des Tänzers ausginge, sondern ein Konglumerat der differenziert Schwingenden vermuten würde.

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IV FAZITIm Rahmen dieser Arbeit wurden verschiedene Begriffe gewonnen, um sich einem kulturellen Gegenstand der Moderne zu näheren und ihn kontextualisieren zu können. Dabei handelte es sich um Begriffe, wie Barbarentum, Natürlichkeit, Mythologie und Ornament. Auch wurden Begriffe gewonnen um das Konzept der Gemeinschaft differenzierend zu betrachten, wie das doppelte Einst, die hypostasierte Gemeinschaft, oder auch das inter-esse Jean-Luc Nancys. Das Verständnis dieser Begriffe wurde für eine vorzunehmende Analyse im Hinblick auf einige Textabschnitte und die ihnen inhärenten Konzepte aus dem Buch Die Welt des Tänzers von Rudolf von Laban erarbeitet. Die Zielsetzung der Arbeit war hieraus einige Anregungen oder Bausteine für eine ideologiekritische Betrachtung der Schriften Labans zu gewinnen. Ob dies gelungen ist, wäre vermutlich Gegenstand einer größeren Studie. Nichtsdesto trotz haben die Konzepte Labans sich im Vexierspiegel des Begriffsapparats dieser Arbeit als kritisierbar erwiesen. Labanʻs Texte sind bezüglich vieler Aspekte dessen was zu Beginn der Arbeit als esoterische Seite des Thaumatrops der Moderne bezeichnet worden ist zuzuordnen. Aber sie haben auch konstruktivistische Züge, die im Angesicht der Masse der esoterischen Attribute ins Hintertreffen geraten. Gerade im Hinblick auf das Verständnis von Gemeinschaft tritt bei Laban vieles zu Tage, was weder mit den Zielen einer Aufklärung, wie sie von Siegfried Kracauer formuliert wird, noch mit dem Verhältnis zum Anderen, wie es Nancy formuliert, vereinbart werden kann. Vor Allem die Konzeption des Anderen enthüllt die Entwürfe Labans in meinen Augen als höchst gefährlich. Wohl oder übel müsste angefügt werden, dass Labanʻs Begriffe für faschistoide Anliegen sehr wohl zu gebrauchen sind. Im spezifischen im Hinblick auf das, was die Arbeit als reine Rezeption bezeichnet hat, lassen sich bedenkliche Überlegungen anstellen.

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