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BDI/BDA Brüssel Aktuell 07|2015

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Thema u.a.: »Zur Zukunft des transatlantischen Verhältnisses« | Arbeitsprogramm 2016 der EU Kommission | »Safe Harbor« Entscheidung für ungültig erklärt | Neue EU-Handelsstrategie | Ein reformierter Investitionsschutz in TTIP

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November 2015

»Zur Zukunft des transat­lantischen Verhältnisses«

Klaus Engel, Vorsitzender des Vorstan-des der Evonik Industries AG, stellte dasThema »Zur Zukunft des transatlanti-schen Verhältnisses« in den Mittelpunktseiner Rede beim 36. BrüsselerWirtschaftsgespräch des BDI am13. Oktober 2015.

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Europäische Kommission

Arbeitsprogramm 2016 derEU Kommission

Am 27. Oktober 2015 stellte der Erste Vi-zepräsident Frans Timmermans das Ar-beitsprogramm der Kommission für dasJahr 2016 im EP in Straßburg vor.

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Datenschutz

»Safe Harbor« Entschei­dung für ungültig erklärt

Der EuGH hat am 6. Oktober 2015 das»Safe Harbor« Abkommen zwischen derEU und den USA für nichtig erklärt.

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Handelspolitik

Neue EU-Handelsstrategie

Mit der neuen Handelsstrategie reagiertdie EU-Kommission konstruktiv auf dieteilweise überzogen kritisch geführteTTIP-Debatte.

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Investitionsschutz

Ein reformierterInvestitionsschutz in TTIP

Am 16. September stellte die EU-Kom-mission einen Vorschlag zur Ausgestal-tung eines reformierten Investitionskapi-tels für TTIP vor.

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Weitere Themen

EU-Kommission präsentiert ihre Binnenmarktstrategie>> Seite 5EU-Kommission präsentiert ihre Binnenmarktstrategie>> Seite 5

Tax Rulings>> Seite 6Tax Rulings>> Seite 6

Zukunft der Wirtschafts- und Währungsunion>> Seite 7Zukunft der Wirtschafts- und Währungsunion>> Seite 7

BDI/BDA Brüssel Aktuell November 2015 02

»Zur Zukunft des transatlantischen Verhältnisses« »Zur Zukunft des transatlantischen Verhältnisses«

Klaus Engel, Vorsitzender des Vorstandes der Evonik IndustriesAG, stellte das Thema »Zur Zukunft des transatlantischen Ver-hältnisses« in den Mittelpunkt seiner Rede beim 36. BrüsselerWirtschaftsgespräch des BDI am 13. Oktober 2015.

Eingangs betonte Engel die Bedeutung des transatlantischenVerhältnisses für die deutsche Wirtschaft. Allein auf deutscheUnternehmen entfielen in der US-Industrie mehr als 600.000überdurchschnittlich gut bezahlte Jobs. Auch für die Chemiein-dustrie seien die USA mit Abstand das attraktivste Land derWelt. 130 deutsche Unternehmen produzierten in Amerika underwirtschafteten dabei zuletzt einen Jahresumsatz von fast50 Milliarden Euro. Nachfolgend erinnerte Engel an die gemeinsame Geschichteund den amerikanischen Einfluss in Europa, insbesondere auchin Deutschland: »Ohne Amerika wäre der Wiederaufbau unse-rer Gesellschaft und unserer Wirtschaft nicht so zügig und er-folgreich verlaufen.« Gleichzeitig verwies er auf das wachsendeInteresse der USA für Asien und den pazifischen Raum nachEnde des Kalten Krieges. Das Transpazifische Handelsabkom-men TPP zwischen Amerika und Asien stehe stellvertretend fürdiese Annäherung. Er forderte die Europäer deshalb auf, sichmittelfristig darauf vorzubereiten, eigene außen- und sicher-heitspolitische Interessen durchzusetzen und Zuständigkeits-konflikte zu überwinden. »Entscheidend ist, dass Europa nachaußen hin mit einer Stimme spricht«, so Engel. Er appellierte anEuropa und dabei besonders an Deutschland, trotz der gegen-wärtigen Spannungen Russland nicht weiter in die Isolation zutreiben. Russland müsse im Haus Europa ein großes Zimmerbekommen, so der Gastredner. Mit Blick auf die Zukunft der transatlantischen Wirtschaftsbezie-hungen stellte Engel die verbindenden Gemeinsamkeiten in denVordergrund: »In Nordamerika ebenso wie in Europa leben und

arbeiten wir in verlässlichen und demokratisch legitimiertenRechtsstaaten.« Er forderte mehr Verständnis und Toleranz fürpolitische, kulturelle und religiöse Unterschiede und eine ver-stärkte Berücksichtigung der gemeinsamen Herausforderungenund Interessen. Auch sprach er sich für eine sachliche öffentli-che Diskussion zu TTIP aus und stellte klar: »Für einen plum-pen Anti-Amerikanismus, der in dieser Debatte gerade auch inDeutschland immer wieder durchklingt, haben wir überhauptkeinen Raum!« Das große Ganze dürfe nicht aus dem Blick ver-loren werden, dazu zählten »unsere gemeinsamen Interessen,unser Aufeinander-Angewiesen-Sein und unser gemeinsamerWunsch, dass unsere fundamentalen Werte auch in der Weltder Zukunft Bestand haben werden.«

Ansprechpartner:Julia Callies (BDI), [email protected] Ritz (BDI), [email protected]

Arbeitsprogramm 2016 der EU Kommission: Keine Zeit für »Business as usual« Arbeitsprogramm 2016 der EU Kommission: Keine Zeit für »Business as usual«

Am 27. Oktober 2015 stellte der Erste Vizepräsident Frans Tim-mermans das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommissionfür das Jahr 2016 im Europäischen Parlament in Straßburg vor.In den nächsten zwölf Monaten wird sich die EU Kommissionauf die bereits vorgestellten zehn politischen Prioritäten undderen Umsetzung durch 23 Schlüsselinitiativen konzentrieren.

Der Maßnahmenkatalog baut auf den Ankündigungen auf, dieEU-Kommisionspräsident Juncker in einem Brief an EP-Präsi-dent Martin Schulz und den Luxemburgischen Ministerpräsiden-ten Xavier Bettel im Zuge seiner Rede zur Lage der Europäi-schen Union am 9. September 2015 gemacht hatte. Aufgrundder andauernden Krisen in Europa bleibe keine Zeit für »Busi-ness as usual«, so Timmermans.

BDI/BDA Brüssel Aktuell November 2015 03

Alle Initiativen werden unter dem Vorsatz einer besseren Recht-setzung verfolgt. Die EU-Kommission wird noch dieses Jahrihre Pläne für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft, für Arbeits-kräftemobilität und für einen besseren Schutz der Außengren-zen vorstellen. Für 2016 plant sie u.a. folgende industrierele-vante Initiativen:- Umsetzung der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt, Fol- gemaßnahmen zur Binnenmarktstrategie;- Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaftsabkommen;- Rechtsvorschriften zur Kreislaufwirtschaft, nächste Schritte für eine nachhaltige Zukunft Europas und Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Energieunion;- Ein Paket zur Körperschaftssteuer und einen Aktionsplan im Bereich der Mehrwertsteuer.

Aus dem Arbeitsprogramm und der Vielzahl der sozialpoliti-schen Initiativen geht klar hervor, dass Juncker 2016 dem »so-zialen Europa« sich prioritär widmet. Timmermans kündigtesogar ein Jahr 2016 des »wirklichen sozialen Fortschritts« an.Dazu gehören u.a. die Entwicklung einer umfassenden Kompe-tenzstrategie, ein Maßnahmenpaket zur Vereinbarkeit von Fa-milie und Beruf, die Vorlage eines Pakets zur Förderung der Ar-

beitskräftemobilität sowie die Errichtung einer europäischenSäule sozialer Rechte. Bedenklich beim »Labour MobilityPackage« ist die von der EU-Kommission beabsichtigte gezielteÜberarbeitung der Arbeitnehmerentsende-Richtlinie mit Auf-nahme des Prinzips »gleiche Bezahlung für die gleiche Arbeitam selben Ort«.

Das Arbeitsprogramm der EU-Kommission spiegelt JunckersZiel wider, die EU-Gesetzgebung kohärenter und zielgerichteterzu gestalten. Sie hält an ihrem Versprechen fest, große Fragenzu priorisieren, die einen konkreten Mehrwert schaffen.

Ansprechpartnerinnen:Julia Callies (BDI), [email protected]éverine Féraud (BDA), [email protected]

EuGH erklärt »Safe Harbor« Entscheidung der Kommission für ungültig –Deutsche Wirtschaft im rechtlichen DilemmaEuGH erklärt »Safe Harbor« Entscheidung der Kommission für ungültig –Deutsche Wirtschaft im rechtlichen Dilemma

Der EuGH hat am 6. Oktober 2015 im Rahmen eines Vorabent-scheidungsverfahrens das »Safe Harbor« Abkommen zwischender EU und den USA für nichtig erklärt und damit ein Rechtsva-kuum für Unternehmen geschaffen, die Daten auf Basis diesesInstruments in die USA übermitteln.

Der EuGH gab damit letztlich der Beschwerde des österreichi-schen Juristen und Datenschutzaktivisten Max Schrems recht,nach der das in den USA geltende Recht Daten von EU-Bür-gern keinen ausreichenden Schutz gegen staatliche Überwa-chung biete.

Der EuGH stellte fest, dass eine Regelung, die es den U.S.-Behörden gestatte, in genereller und umfassender Weise aufden Inhalt elektronischer Kommunikation zuzugreifen, den We-

sensgehalt des durch Art. 7 der Grundrechtecharta garantiertenGrundrechts auf Achtung des Privatlebens verletze. Zudemkomme erschwerend hinzu, dass es für den EU-Bürger keinenwirksamen gerichtlichen Rechtsschutz gäbe. Eine Möglichkeitetwa Zugang zu den ihn betreffenden personenbezogenenDaten zu erlangen oder ihre Berichtigung oder Löschung zu er-wirken, sei EU-Bürgern verwehrt. Dadurch werde der Wesens-gehalt des in Art. 47 der Grundrechtecharta verankerten Rechtsauf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz verletzt.

Mit dem Urteil wurden gleichzeitig die Kompetenzen der natio-nalen Datenschutzbehörden gestärkt. Diese sollen in »völligerUnabhängigkeit« prüfen können, ob bei der Übermittlung vonDaten in einen Drittstaat, die in der Datenschutzrichtlinie von1995 aufgestellten Anforderungen gewahrt werden.

Unternehmen, die Safe Harbour für den Datentransfer von derEU in die USA nutzen, stehen nunmehr vor erheblicher Rechts-unsicherheit. Mangels einer Übergangsfrist im Urteil fällt diesesInstrument daher unmittelbar weg. Unklar ist zudem auch dieAuswirkung des Urteils auf andere Instrumente des Datentrans-fers wie Binding Corporate Rules (BCR), EU-Standardvertrags-klauseln und Einwilligung.

Die sog. »Artikel 29 Working Party« (WP29), ein unabhängigesberatendes Gremium auf EU-Ebene, bestehend aus Vertreternnationaler Datenschutzbehörden, dem europäischen Daten-schutzbeauftragten und der Kommission, hatte daraufhin am16. Oktober 2015 als Hilfestellung zur Auslegung des Urteilseine Position verabschiedet, die den Unternehmen erlaubt, ihreDaten im Rahmen von Binding Corporate Rules (BCR) undStandardvertragsklauseln weiterhin in die USA zu senden.

BDI/BDA Brüssel Aktuell November 2015 04

Die Mitglieder des Gremiums hatten sich auch auf eine ArtÜbergangsfrist bis Ende Januar 2016 verständigt, nach derenAblauf erstmals Verstöße geahndet werden sollen.

Für deutsche Unternehmen, die bisher Safe Harbor zum Daten-transfer in die USA nutzten, ist die Situation zusätzlich ver-schärft. Die Datenschutzkonferenz, ein Gremium der unabhän-gigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder, hatteam 26. Oktober 2015 ebenfalls eine Stellungnahme verabschie-det, die das entstandene Rechtsvakuum erheblich restriktiverhandhabt, als die WP29.

So gilt für Unternehmen auf dem Bundesgebiet zwar grundsätz-lich auch die Frist bis Ende Januar 2016, allerdings stellen diedeutschen Datenschutzbehörden sowohl BCRs als auch Stan-dardvertragsklauseln in Frage und kündigen ferner an, keineneuen Genehmigungen für Datenübermittlungen auf diesenGrundlagen mehr zu autorisieren. Auch die vierte Möglichkeiteines Datentransfers auf Basis des Instruments der »Einwilli-gung« wird erheblich eingeschränkt.

BDI und BDA hatten sich bereits in der Vergangenheit wieder-holt für eine Reform des Safe Harbor Mechanismus eingesetzt

und fordern angesichts der entstandenen Rechtsunsicherheitfür Bürger und Unternehmen die Politik auf beiden Seiten desAtlantiks zum unverzüglichen Handeln auf. Die USA sind Euro-pas wichtigster Handelspartner. Gerade vor dem Hintergrundder restriktiven Handhabung des Urteils durch die deutschenDatenschutzbehörden, wäre ein Abbruch des transatlantischenDatentransfers eine voreilige und überzogene Konsequenz ausdem Urteil, der schwerwiegende Folgen für die europäischeWirtschaft haben könnte. Ziel muss es nun sein, zügig einenverlässlichen Rechtsrahmen für die Übermittlung personenbe-zogener Daten, darunter vor allem auch Arbeitnehmerdaten mitden USA zu schaffen. Die Europäische Kommission steht be-reits seit 2013 in Verhandlungen mit den USA für ein verbesser-tes Safe Harbor Abkommen. Washington und Brüssel müssennun das Vertrauen in die digitale Welt stärken, dabei die Beden-ken des Europäischen Gerichtshofs ernst nehmen und die Ver-handlungen nun rasch abschließen.

Ansprechpartnerinnen:Brigitte De Vita (BDA), [email protected] Carolina Müller (BDI), [email protected] Stefanie Stündel (BDI), [email protected]

Neue HandelsstrategieNeue Handelsstrategie

»Handel für Alle – Hin zu einer verantwortungsvolleren Han-dels- und Investitionspolitik« heißt die Mitteilung, welche die Eu-ropäische Kommission Mitte Oktober 2015 vorgelegt hat. Dasrechtlich unverbindliche Strategiepapier gilt als Orientierungs-rahmen für die Handelspolitik der jetzigen Kommission.

Die Strategie der Kommission beruht auf den drei Grundprinzi-pien Wirksamkeit, Transparenz und Werte. Durch den interna-tionalen Handel sollen neue wirtschaftliche Möglichkeiten ent-stehen. Deshalb will die Handelspolitik aktuelle Entwicklungenwie globale Wertschöpfungsketten, digitale Wirtschaft und dieBedeutung von Dienstleistungen stärker berücksichtigen. Inzukünftigen Handelsabkommen sollen besondere Bestimmun-gen für kleine und mittlere Unternehmen aufgenommen werden.Die Transparenzinitiative zur Transatlantischen Handels- undInvestitionspartnerschaft (TTIP) wird auf alle anderen Handels-

verhandlungen der EU übertragen. Damit werden künftig sehrviel mehr Dokumente über und aus Handelsgesprächen veröf-fentlicht.

Die Kommissionsmitteilung macht klar, dass auch künftige EU-Handelsabkommen auf dem europäischen sozialen und ord-nungspolitischen Modell begründet sein werden. Darüber hin-aus will die Kommission Handelsabkommen und Präferenzsys-teme als Hebel einsetzen, um weltweit europäische Werte wienachhaltige Entwicklung, Menschenrechte, fairer Handel sowiedie Korruptionsbekämpfung zu fördern. Hierzu sollen in alleHandelsabkommen ambitionierte Nachhaltigkeitskapitel aufge-nommen werden. Eine Vereinbarung in TTIP, die eine formaleRatifizierung aller acht ILO-Kernarbeitsnormen durch die USAvorsieht, wird zu Recht nicht gefordert.

Mit der neuen Handelsstrategie reagiert die EU-Kommissionkonstruktiv auf die teilweise überzogen kritisch geführte TTIP-Debatte. Der neue Ansatz der EU-Kommission sollte allerdingsnicht dazu führen, dass die Handelspolitik durch eine Vielzahlpolitischer Ansprüche gelähmt wird. Zusammen mit BUSINESS-EUROPE setzen sich BDI und BDA dafür ein, dass auch künftigdie Interessen kleiner, mittlerer und großer Unternehmen imFokus der europäischen Handelspolitik bleiben.

Weitere Informationen zur Mitteilung zur Handelsstrategie fin-den Sie hier.

Ansprechpartner:Dr. Marion Eberlein (BDA), [email protected] von Unger (BDI), [email protected]

BDI/BDA Brüssel Aktuell November 2015 05

Ein reformierter Investitionsschutz in TTIP – Vorschlag der EU-Kommission Ein reformierter Investitionsschutz in TTIP – Vorschlag der EU-Kommission

Am 16. September stellte die EU-Kommission einen Vorschlagzur Ausgestaltung eines reformierten Investitionskapitels fürTTIP vor. Viele Gestaltungsvorschläge sind zu begrüßen. Esgibt allerdings auch deutlichen Verbesserungsbedarf.

Die Grundlagen des Reformvorschlags waren die Ergebnisseder öffentlichen Konsultationen aus dem Jahr 2014 und die Re-solution des Europäischen Parlaments zu TTIP vom Sommer2015.

Viele der unterbreiteten Gestaltungsvorschläge der EU-Kom-mission sind zu begrüßen. Die Definition von Investitionen ent-spricht beispielsweise weitgehend den Erfordernissen von In-vestoren. Die Formulierungsvorschläge der EU-Kommission zurDefinition direkter und indirekter Enteignung können die Bere-chenbarkeit der Rechtsprechung und die Akzeptanz des Sys-tems verbessern. Positiv am Kommissionsvorschlag ist über-dies, dass er einen umbrella clause für das TTIP-Investitionska-pitel enthält. Zudem ist die Einführung einer Berufungsinstanzzu begrüßen.

Die Vorschläge weisen aber auch deutlichen Verbesserungsbe-darf auf. Beispielsweise könnte die vorgeschlagene Bestellungder Richter zu einer Politisierung des Verfahrens führen. Dasmuss unter allen Umständen vermieden werden. Zudem solltebei den materiellen Schutzstandards nachgebessert werden. Esmuss ein Gleichgewicht zwischen dem Recht des Staates aufRegulierung und den Rechten der Investoren gefunden werden.Konkret bedeutet dies, dass die EU-Kommission den Charakterdes right to regulate genauer definieren muss. Darüber hinausschlägt die Kommission vor, einen permanenten Investitionsge-richtshof (Investment Court System) einzuführen. Ein solcherVorschlag darf in keinem Fall dazu führen, dass sich die TTIP-Verhandlungen weiter verzögern oder der Investitionsschutz garganz aus TTIP gestrichen wird, sollten sich die Verhandlungs-partner nicht auf eine solche Institution einigen können.

Laut der EU-Kommission soll der vorgelegte Textvorschlagnicht nur in TTIP zur Anwendung kommen. Der Vorschlag giltals Modell für kommende bilaterale Investitionsförder- und-schutzverträge (IFV). Daher ist es umso wichtiger, dass dieSchwächen beseitigt werden, damit auch in Zukunft europäi-sche Investitionen im Ausland angemessen geschützt werden.

Der Vorschlag wird in den kommenden Wochen mit den Mit-gliedstaaten und dem Europäischen Parlament abgestimmt.Aller Voraussicht nach wird er dann bis Ende des Jahres offizi-ell dem Verhandlungspartner übermittelt.

Ansprechpartner:Henry von Klencke (BDI), [email protected] Eric Veillerobe (BDA), [email protected]

Die EU-Kommission präsentiert ihre BinnenmarktstrategieDie EU-Kommission präsentiert ihre Binnenmarktstrategie

Die EU-Kommission hat am 28. Oktober 2015 ihre Strategiezum Binnenmarkt für Waren und Dienstleistungen mit dem Titel:»Den Binnenmarkt weiter ausbauen: mehr Chancen für dieMenschen und die Unternehmen« vorgestellt.

Dabei handelt es sich um einen Aktionsplan, der geplante legis-lative und nichtlegislative Maßnahmen zur weiteren Vertiefungdes EU-Binnenmarkts für die kommenden drei Jahre ankündigt.Die Binnenmarktstrategie ist eine der Leitlinien der Juncker-Kommission und ergänzt die Aktivitäten der Kommission im Bin-nenmarktbereich neben der Digitalen Binnenmarktstrategie, diebereits im Frühjahr 2015 vorgelegt worden war.

Die Strategie konzentriert sich vor allem darauf, eine Vertiefungdes Binnenmarktes durch eine bessere Durchsetzung der vor-handenen Vorschriften zu erreichen. Dieser Ansatz ist aus Sicht

des BDI angesichts der hohen Anzahl an Vertragsverletzungs-verfahren im Binnenmarktbereich (von denen auch Deutschlandbetroffen ist) insgesamt zu begrüßen.

Hauptschwerpunkte der Strategie sind vor allem die Vereinfa-chung des Unternehmensumfeldes für Start-Ups, die Ein-führung eines Service-Passports für bestimmte Sektoren, mitdem die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungenvereinfacht werden soll (keine doppelten Mitteilungs- oder Re-gistrierungspflichten). Hier sollen vor allem die Sektoren Bau,Handel oder Unternehmensdienstleistungen in den Blick ge-nommen werden. Weiterhin sollen Verbote, sich an Unterneh-men in gewissen Berufsfeldern zu beteiligen, überprüft werden,darunter Architekturbüros, Bauingenieure und Rechnungsprü-fer. Das Fremdbesitzverbot für Anwaltskanzleien soll aber nichtangetastet werden.

BDI/BDA Brüssel Aktuell November 2015 06

Im Bereich des geistigen Eigentums soll die Durchsetzungs-Richtlinie für Geistiges Eigentum revidiert werden. Im Rahmender Lieferkette wird vor allem an die Schaltung von Werbean-zeigen auf illegalen Websites gedacht. Angekündigt wird aucheine Harmonisierung des materiellen Insolvenzrechts. Zudemsoll das Thema »sharing economy« vorangetrieben und dasNormungssystem modernisiert werden.

Der BDI bewertet die Pläne zur Vertiefung des EuropäischenBinnenmarktes als einen Schritt in die richtige Richtung. Fürden Erfolg wird aber maßgeblich sein, dass die Mitgliedstaatendie Regeln des Binnenmarkts einheitlicher und konsequenterumsetzen, als dies bisher der Fall war. Eine dreistellige Anzahlvon laufenden Vertragsverletzungsverfahren für die mangel-hafte Umsetzung oder falsche Anwendung von EU-Recht imBinnenmarktbereich können sich weder die Mitgliedstaatennoch die Unternehmen leisten.

Die EU-Kommission sollte auch die Chancen der Digitalisierungbesser nutzbar machen, hochinnovative Unternehmen allerGrößen unterstützen, die Besonderheiten von Familienunter-nehmen stärker in den Blick nehmen und die Dienstleistungs-freiheit als wichtigen Bestandteil der industriellen Wertschöp-fung umfassender ausschöpfen.

Ein sicherer Rechtsrahmen für die Sitzverlegung von Unterneh-men ist ebenso überfällig, wie eine bessere Verwaltung und we-niger Bürokratie, wenn Unternehmen grenzüberschreitend aktivwerden. Es ist bedauerlich, dass die Strategie kein klareres Be-kenntnis zu einer Sitzverlegungsrichtlinie enthält. Der BDI wirddie Einzelmaßnahmen der Binnenmarktstrategie aktiv mitbeglei-ten.

Ansprechpartnerin:Carolina Müller (BDI), [email protected]

Tax Rulings: Fairen Steuerwettbewerb im Binnenmarkt stärken, Rechtssicherheit fürUnternehmen nicht gefährdenTax Rulings: Fairen Steuerwettbewerb im Binnenmarkt stärken, Rechtssicherheit fürUnternehmen nicht gefährden

Die Europäische Kommission hat am 21. Oktober 2015 ineinem steuerlichen Beihilfeverfahren entschieden, dass Luxem-burg und die Niederlande den Unternehmen Fiat und Starbucksim Rahmen von Steuervorbescheiden (Tax Rulings) unzuläs-sige selektive Steuervorteile gewährt haben. Die zu wenig ge-zahlte Steuer muss nachgefordert werden. Um die unzulässigeAnwendung von Tax Rulings zukünftig einzuschränken, hat sichder ECOFIN Rat am 6. Oktober 2015 auf einen automatischenAustausch von Tax Rulings mit grenzüberschreitenden Auswir-kungen ab 2017 geeinigt.

Die steuerpolitische Diskussion über Tax Rulings bedarf drin-gend einer Differenzierung. Die deutsche Wirtschaft unterstütztdas Ziel der Kommission, einen fairen Steuerwettbewerb imBinnenmarkt zu fördern. Bisher wurde in der steuerpolitischenDiskussion die Definition von Tax Rulings aber viel zu breit ge-fasst. So fällt darunter jede rechtsverbindliche Mitteilung, die dieFinanzbehörden für den Steuerpflichtigen vorab ausstellen.

Damit werden auch Auskünfte erfasst, die – wie in Deutsch-land – gar nicht zu reduzierten Steuerlasten führen. Solche TaxRulings sind aber ein notwendiges Instrument, um Rechtssi-cherheit für die Unternehmen bei komplexen Sachverhalten zuerhalten. In diesen Fällen handelt es sich ausschließlich umeine zeitlich vorgezogene Beurteilung von Sachverhalten, umdurch eine verbindliche Auskunft der Finanzverwaltung Rechts-sicherheit für das nachfolgende Besteuerungsverfahren zu ge-währen.

Insbesondere diese sachverhaltsbezogenen Auskünfte enthal-ten umfangreiche Unternehmensinformationen, die eines siche-ren Vertrauensschutzes bedürfen. Insofern ist die Ausgestal-tung des automatischen Austauschs über alle Tax Rulings zwi-schen den Mitgliedstaaten problematisch. Eine unmittelbareAustauschmöglichkeit dieser sensiblen Unternehmensdaten mitallen Finanzverwaltungen in der EU und mit der EU-Kommis-sion ist zu weitgehend. Diese extrem weite Fassung der Aus-kunftspflichten führt bei dem wichtigen Instrument der steuerli-chen Vorabauskunft für die Unternehmen und die Finanzverwal-tung zu einem hohen Risiko für den Daten- und Informations-schutz. Es bedarf daher klarer Eingrenzungen, um das be-währte Instrument der steuerlichen Vorabbescheide nicht un-nötig zu opfern.

Ansprechpartner:Ralph Brügelmann (BDI), [email protected] Koller (BDA), [email protected]

BDI/BDA Brüssel Aktuell November 2015 07

Herausgeber: Bundesverband der Deutschen Industrie e. V.Breite Straße 29; 10178 Berlin; www.bdi.eu

Zukunft der Wirtschafts- und Währungsunion: EU-Kommission stelltMaßnahmenpaket vor Zukunft der Wirtschafts- und Währungsunion: EU-Kommission stelltMaßnahmenpaket vor

Am 21. Oktober 2015 hat die EU-Kommission konkrete Schrittezur Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) vor-gelegt. Die Maßnahmen beruhen auf dem Mitte 2015 veröffent-lichten Fünf-Präsidenten-Bericht. Ohne bestehende EU-Ver-träge zu ändern sollen in einer ersten Phase die wirtschafts-und fiskalpolitische Koordinierung verbessert und die Bankenu-nion vollendet werden.

Ein Kernstück des Pakets ist die Stärkung des EuropäischenSemesters, etwa durch Benchmarking und eine Straffung derLänderspezifischen Empfehlungen. Diese müssen die Mitglied-staaten konsequenter umsetzen. Anstatt das Frühwarnsystemzur Erkennung makroökonomischer Ungleichgewichte an So-zialindikatoren auszurichten, sollte die EU-Kommission auf eineschnellere Umsetzung von Maßnahmen durch die Mitgliedstaa-ten hinwirken – gerade um die Wettbewerbsfähigkeit und damitdie wirtschaftliche Konvergenz innerhalb der Eurozone nachhal-tig zu verbessern. Zwingend erforderlich sind die Einhaltungeiner soliden Haushaltspolitik und die Konsolidierung derStaatsfinanzen in allen Mitgliedstaaten, um Freiräume für Zu-kunftsinvestitionen und Wachstum zu schaffen. Hier kann derneu eingerichtete Europäische Fiskalausschuss eine wichtigeRolle spielen.

Das Ziel, wirtschaftliche Konvergenz herzustellen, verfolgt dieEU-Kommission zudem mit der Einrichtung nationaler Räte fürWettbewerbsfähigkeit, wobei richtigerweise auf bestehende na-tionale Gremien zurückgegriffen werden kann. Diese Räte sol-len künftig die Regierungen bei der Einschätzung wettbewerbs-relevanter Entwicklungen beraten. Dabei muss allerdings si-chergestellt sein, dass die Ausschüsse nicht in die Tarifautono-mie der Sozialpartner eingreifen.

Zur Vervollständigung der Bankenunion strebt die EU-Kommis-sion neben den bereits bestehenden Säulen der Bankenauf-sicht und der Bankenabwicklung eine gemeinsame Einlagensi-cherung an. Ein konkreter Vorschlag zur Ausgestaltung ist fürdas Jahresende angekündigt. Voraussetzung muss aber sein,dass alle Mitgliedsstaaten zügig nationale Einlagerungssiche-rungssysteme einführen und ein europäisches Regelwerk er-stellt wird, das Moral Hazard verhindert. Ansprechpartner:Dr. Wolfgang Eichert (BDI), [email protected] Alexander Humbert (BDA), [email protected]

Bildnachweise:BDI/ Veldeman (1, 2), Fotolia/ xavdlp (1, 2), Fotolia/ kubais (1, 3),Fotolia/ torsakarin (1, 4), Fotolia/ Fontanis (1, 5), Fotolia/ DOC RABE Media (6)

Redaktion: Leonie Dack, Joscha Ritz (V.i.S.d.P.)Die Verantwortung für die Inhalte der Fremdbeiträge tragen die jeweiligen Autoren.