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1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 27.07.2009 IV A 2 / IV A 2-1 9012 – 4855 / 2859 Bericht „Wohnen in Zeiten des längeren Lebens – Bestandsaufnahme und Perspektiven“ Inhaltsübersicht 1. Leitbild ........................................................................................................ 4 1.1 Anlass und Gegenstände des Berichtes.......................................................... 4 1.2 Veränderungen der Leitbilder zum Wohnen in Zeiten des längeren Lebens...5 1.3 Handlungsbedarf sowie Stellenwert und Dimensionen des Wohnens in Zeiten des längeren Lebens ............................................................................ 6 1.4 Aufgaben und Handlungsprinzipien der Stadtentwicklungs- und ..................... Wohnungspolitik für das Wohnen in Zeiten des längeren Lebens ................... 7 1.5 Beschreibung von Zielgruppen des Wohnens in Zeiten langen Lebens ........ 8 2. Wohnraumversorgung ..................................................................................... 8 2.1 Aufgaben des Landes und allgemeine Situation des Berliner Wohnungsmarktes........................................................................................... 9 2.2 Basisdaten zum Wohnen in Zeiten des längeren Lebens in Berlin................ 11 2.3 Trends und zukünftige Herausforderungen durch den demografischen Wandel ................................................................................ 13 2.3.1 Bevölkerungsprognose Berlin 2030 ............................................................... 13 2.3.2 Wohnungsbedarf und Wohnungsnachfrage .................................................. 13 2.3.3 Bedarf an Pflegeleistungen ........................................................................... 14 2.3.4 Bezahlbarkeit des Wohnens .......................................................................... 15 2.3.5 Wohnen von Migrantinnen und Migranten ..................................................... 16 2.3.6 Gemeinschaftliche Wohnformen.................................................................... 16 2.4 Förderaktivitäten im Handlungsfeld Wohnraumversorgung ........................... 17 2.4.1 Wohnraumförderung...................................................................................... 17

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Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 27.07.2009 IV A 2 / IV A 2-1 9012 – 4855 / 2859

Bericht „Wohnen in Zeiten des längeren Lebens –

Bestandsaufnahme und Perspektiven“

Inhaltsübersicht

1. Leitbild ........................................................................................................4

1.1 Anlass und Gegenstände des Berichtes..........................................................4

1.2 Veränderungen der Leitbilder zum Wohnen in Zeiten des längeren Lebens...5

1.3 Handlungsbedarf sowie Stellenwert und Dimensionen des Wohnens in

Zeiten des längeren Lebens ............................................................................6

1.4 Aufgaben und Handlungsprinzipien der Stadtentwicklungs- und .....................

Wohnungspolitik für das Wohnen in Zeiten des längeren Lebens...................7

1.5 Beschreibung von Zielgruppen des Wohnens in Zeiten langen Lebens ........8

2. Wohnraumversorgung.....................................................................................8

2.1 Aufgaben des Landes und allgemeine Situation des Berliner

Wohnungsmarktes...........................................................................................9

2.2 Basisdaten zum Wohnen in Zeiten des längeren Lebens in Berlin................11

2.3 Trends und zukünftige Herausforderungen durch den

demografischen Wandel................................................................................13

2.3.1 Bevölkerungsprognose Berlin 2030...............................................................13

2.3.2 Wohnungsbedarf und Wohnungsnachfrage ..................................................13

2.3.3 Bedarf an Pflegeleistungen ...........................................................................14

2.3.4 Bezahlbarkeit des Wohnens..........................................................................15

2.3.5 Wohnen von Migrantinnen und Migranten.....................................................16

2.3.6 Gemeinschaftliche Wohnformen....................................................................16

2.4 Förderaktivitäten im Handlungsfeld Wohnraumversorgung...........................17

2.4.1 Wohnraumförderung......................................................................................17

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2.4.2 Zinsverbilligte Darlehen der KfW-Bank und Pilotprogramm

„Seniorengerechtes Wohnen“ der Investitionsbank Berlin.............................18

2.4.3 Zuschüsse der Pflegekassen für Maßnahmen zur Verbesserung des

individuellen Umfeldes von Pflegebedürftigen gemäß § 40 Abs. 4 SGB XI...18

2.4.4 Vergabe landeseigener Grundstücke an Baugruppen im Festpreisverfahren18

2.5 Informations- und Beratungsaktivitäten im Feld der Wohnraumversorgung ..19

2.5.1 Baulückenkataster, Baulückenmanagement Berlin (BLM).............................19

2.5.2 Netzwerkagentur GenerationenWohnen .......................................................19

2.5.3 Koordinierungsstellen „Rund ums Alter“ ........................................................19

2.5.4 Internetplattform „Wohnen im Alter“...............................................................20

2.5.5 Angebotsinformationen der städtischen Wohnungsbaugesellschaften..........20

3. Generationengerechtes Bauen .....................................................................22

3.1 Barrierefreies Bauen......................................................................................22

3.2 Gütekriterien für altersgerechtes Wohnen im Bestand ... .............................22

3.3 Kriterien für anpassungsfähiges Wohnen - Gütesiegel..................................24

3.4 DIN-Normen ..................................................................................................24

3.5 Informations- und Beratungsangebote für eine altersgerechte

Gebäudegestaltung .......................................................................................25

3.5.1 Handbuch „Barrierefreies Planen und Bauen in Berlin“ .................................25

3.5.2 Beratung und Information der Handwerkskammer Berlin ..............................26

3.5.3 Altersgerechte Musterwohnungen.................................................................26

3.6 Barrierefreiheit des Wohnumfeldes ...............................................................26

3.7 Mobilität ......................................................................................................27

4. Soziale Nachbarschaften der Generationen ................................................27

4.1 Soziale Treffpunkte........................................................................................28

4.1.1 Stadtteilzentren..............................................................................................28

4.1.2 Angebote freier Träger ..................................................................................28

4.2 Haushaltsnahe niedrigschwellige Dienstleistungen.......................................29

4.3 Selbstorganisation und freiwilliges Engagement ...........................................29

4.4 Seniorenmitbestimmung und Seniorenmitwirkung – Partizipation von

älteren Menschen an der Quartiersentwicklung ............................................30

4.5 Kooperation und integriertes Handeln der Akteurinnen und Akteure im Kiez 30

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5. Zusammenfassung und künftige Handlungsfelder für ein gesamt-

städtisches Konzept „Wohnen in Zeiten des längeren Lebens“ ...............32

6. Anlagen ......................................................................................................39

Anlage 1: Daten – Tabellen und Grafiken......................................................39

Anlage 2: Modellrechnung der Zunahme der Haushalte von Älteren und

des erforderlichen Neubaus ..........................................................43

Anlage 3: Gütekriterien für altersgerechtes Wohnen im Bestand ..................45

Anlage 4: Regionalisierte Datenzusammenstellung zum Wohnen

in Zeiten des längeren Lebens ......................................................58

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1. Leitbild

1.1 Anlass und Gegenstände des Berichtes

Der hier vorgelegte Bericht „Wohnen in Zeiten des längeren Lebens – Bestandsauf-nahme und Perspektiven“ folgt der in der Sitzung vom 14. Februar 2008 gestellten Auf-forderung des Abgeordnetenhauses von Berlin an die Senatsverwaltung für Stadtent-wicklung, ein gesamtstädtisches Konzept „Wohnen im Alter“ zu entwickeln (Druck- sachen Nr. 16/0981 und 16/1129).1 Dabei sollten „Gütekriterien für ein altersgerechtes Wohnen“ im Wohnungsbestand erarbeitet sowie Hinweise für ein „Barrierefreies Bauen“ berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang galt es auch, generationsübergrei-fende Wohnformen darzustellen. Das Konzept wird auf der hier vorgelegten Bestandsaufnahme basieren und die in die-sem Bericht benannten Perspektiven aufgreifen. Es soll nach einem breiten Diskussionsprozess mit allen Beteiligten dem Abgeordnetenhaus von Berlin vor-gelegt werden. Die Zusammenfassung in diesem Bericht benennt jene Handlungsfelder, die Schwerpunkte für das gesamtstädtische Konzept „Wohnen in Zeiten des längeren Lebens“ bilden. Der nachfolgende Bericht gibt einen detaillierten Überblick über Daten, Entwicklungs-tendenzen sowie Handlungsbedarfe und Ziele, bisherige und künftige Aktivitäten für den Bereich des Wohnens in Zeiten des längeren Lebens. Er befasst sich mit selbstbe-stimmtem und eigenständigem sowie gemeinschaftlichem Wohnen in Wohngebäuden einschließlich ihres Umfeldes und der sozialen Nachbarschaft in Wohnquartieren. Nicht behandelt werden Wohnformen in Alten- und Pflegeheimen, die unter das Heimgesetz fallen. Thematische Schwerpunkte des vorliegenden Berichtes sind demzufolge die Handlungsfelder:

• Wohnraumversorgung (Kapitel 2), • Generationengerechtes Bauen (Kapitel 3) und • Soziale Nachbarschaften der Generationen (Kapitel 4). Die zu verschiedenen Teilthemen vorgenommenen vertiefenden Betrachtungsweisen sind in den Anhängen des Berichtes dokumentiert. Der Bericht wurde von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales unter beratender Beteili-gung der in der Berliner Initiative Wohnen im Alter (BIWIA) vertretenen wohnungswirt-schaftlichen Verbände2 und des Landesseniorenbeirats erstellt. Die in diesem Bericht dargelegten Einschätzungen, Bewertungen und Zielstellungen geben die Position des Senats wieder. Sie müssen nicht mit den Positionen der beteilig-ten Organisationen deckungsgleich sein.

1 Das zu entwickelnde gesamtstädtische Konzept „Wohnen im Alter“ wurde umbenannt in

„Wohnen in Zeiten des längeren Lebens – Bestandsaufnahme und Perspektiven“. 2 Mitglieder von BIWIA sind die Architektenkammer Berlin, der Berliner Mieterverein, die Handwerks-

kammer Berlin, Haus und Grund Berlin, die Investitionsbank Berlin, der Landesverband Freier Immo-bilien- und Wohnungsunternehmen Berlin-Brandenburg – LFW, der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen – BBU –, die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung

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1.2 Veränderungen der Leitbilder zum Wohnen in Zeiten des längeren Lebens

Der Senat von Berlin hat in den vergangenen Jahrzehnten mehrmals Konzepte zum „Wohnen im Alter“ beziehungsweise zum „Wohnen in Zeiten des längeren Lebens“ vor-gelegt. Diese verdeutlichen den seither eingetretenen Leitbildwandel bei der Auseinan-dersetzung mit der Thematik: Der Seniorenplan 19743 war sehr stark von dem Leitgedanken geprägt, zielgruppen-spezifische Hilfen und Dienste in den Bereichen „Wohnungen“, „häusliche Dienste“ und „Freizeit“ für die aus dem Arbeitsleben ausgeschiedenen Menschen zu schaffen. Beim Wohnen setzte er die Akzente bei der Erweiterung spezieller Wohnangebote für ältere Menschen in Form von Seniorenwohnungen, -wohnhäusern und -heimen. Ein Ziel dabei war auch die Versorgung mit seniorengerechtem und barrierefreiem Wohnraum ange-sichts des Zustandes der Altbausubstanz. Der Bericht an das Abgeordnetenhaus Berlin zum „Wohnen im Alter“4 sowie der zuge-hörige Materialienband5 dokumentierten den zwischenzeitlich auch in Bezug auf das Wohnen im Alter eingetretenen Leitbildwandel:

• Die erstmals für die Gesamtstadt vorgenommene Einschätzung der Wohnangebote für Ältere wurde nicht allein aus Sicht der Fachplanung, sondern ebenso durch Nut-zende und Zielgruppen vorgenommen.

• Die Typisierung der Wohnformen konzentrierte sich nicht auf die speziellen Wohn-angebote in Seniorenwohnungen, -wohnhäusern und -heimen, sondern bezog den gesamten Wohnungsbestand einschließlich seiner Anpassungsfähigkeit an spezifi-sche Anforderungen des Wohnens im Alter ein.

• Wohnen im Alter wurde nicht auf die Merkmale des Wohnraums begrenzt. Vielmehr wurden darüber hinaus auch die Merkmale des Wohngebäudes, des Wohnumfeldes und der wohnungsnahen Infrastruktur als integrale Bestandteile des Wohnens be-trachtet.

• Die Vielfalt in den Lebensentwürfen der Zielgruppen sowie ihre aktiven Selbstgestal-tungs- und Mitwirkungsansprüche und -möglichkeiten wurden hervorgehoben.

• Ging es dem Seniorenplan 1974 vorrangig um die individuelle Wohnraumversor-gung, so wird heute wesentlich stärker die größere Bedeutung verschiedener Formen gemeinschaftlichen und integrativen Wohnens hervorgehoben. Dies umfasst das gesamte Spektrum des Zusammenlebens mehrerer Generationen innerhalb altersgemischter Wohnquartiere mit gegenseitiger Unterstützung zwischen den Generationen sowie gemeinschaftliche Wohnprojekte sowohl von Jung und Alt als auch Wohngemeinschaften älterer Menschen.

Der nun vorgelegte Bericht setzt die Arbeiten aus den Jahren 2001 und 2002 fort. Seine konzeptionelle Grundlage sind die 22 Leitsätze der 2005 vom Senat von Berlin beschlossenen „Berliner Leitlinien der Politik für Seniorinnen und Senioren“.6 Im Mittel-punkt steht hier die Aufgabe, ein Altern in Würde zu ermöglichen. Dazu sind Selbst-

3 Senator für Arbeit und Soziales (1974), Angebote für Senioren - Seniorenplan 4 Senat von Berlin (2002), Berlin zum Wohnen im Alter, Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucksache

15/1993 (Für die Planung und Umsetzung im Ostteil der Stadt siehe Senatsverwaltung für Soziales (1992): Geriatrie–Rahmenkonzept Berlin, Berlin; S.19)

5 Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Frauen (2001), Bericht Wohnen im Alter 6 Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz (2005), Politik für Seniorinnen

und Senioren – Berliner Leitlinien 2005

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ständigkeit, Selbstbestimmung und Teilhabe der älteren Generation zu erhalten und zu stärken. Dies gilt sowohl für die große Gruppe der aktiven 50- bis 80-Jährigen als auch für die zahlenmäßig stark zunehmende Gruppe der über 80-jährigen „Hochbetagten“. Aufgrund des zu erwartenden demografischen Wandels und der veränderten Bedürfnis-se und Lebensvorstellungen der Bevölkerung ist das Leitziel des zu erarbeitenden ge-samtstädtischen Konzeptes „Wohnen in Zeiten des längeren Lebens“ möglichst lange ein eigenständiges und selbstbestimmtes Wohnen zu ermöglichen. Hierfür sind die Rahmenbedingungen bis in das hohe Alter hinein zu erhalten und zu befördern. Be-stimmend soll dabei die integrierte, sozial und kulturell vielfältige sowie generationen-gemischte städtische Nachbarschaft sein – nicht die Entwicklung von Spezialimmobilien für ausgewählte Zielgruppen. Die starken Veränderungen im Altersaufbau der Wohnbevölkerung beeinflussen die Rahmenbedingungen zukünftiger Stadtentwicklung. Die Chancen und Herausforderun-gen, die der demografische Wandel für die Stadt und die Region mit sich bringt, unter-sucht der Senat in seinem in Bearbeitung befindlichen Demografie-Konzept. Dort wer-den die Veränderungen, die aus der zunehmenden Alterung der Berliner Bevölkerung resultieren, vor allem im Handlungsfeld „Langes Leben in der Stadt“ thematisiert. The-matische Querbezüge bestehen zu den Handlungsfeldern „Weltoffene und soziale Stadt“ sowie „Jugend, Kinder und Familien in der Stadt“. 1.3 Handlungsbedarf sowie Stellenwert und Dimensionen des Wohnens

in Zeiten des längeren Lebens

Handlungsbedarf für das Land Berlin besteht aufgrund des demografischen Wandels (siehe dazu 2.3.1 Bevölkerungsprognose Berlin 2030). In den kommenden Jahrzehnten wird die Zahl der älteren Bürgerinnen und Bürger Berlins und deren Anteil an der Wohn-bevölkerung deutlich zunehmen (Anhang: Tabelle 1.3). Deshalb ist frühzeitig zu erör-tern,

• welche Chancen und Risiken diese Veränderungen für die Menschen und die Stadt mit sich bringen,

• wie Chancen genutzt und Risiken vermieden werden können, • welche Beiträge dazu die einzelnen Menschen, das bürgerschaftliche Engagement,

die Politik und die Verwaltung leisten könnten und sollten. Das Wohnen hat in den Berliner Leitlinien und in dem in Bearbeitung befindlichen Demografie-Konzept des Senates7 einen hohen Stellenwert. Die Gewährleistung von Wohn- und Wohnumfeldbedingungen, die den Erwartungen der in der Stadt lebenden älteren Menschen entsprechen und die das Leben in der Stadt für ältere wie auch junge Menschen gemeinsam attraktiv machen, gehört deshalb zu den Grundaufgaben sowohl der Stadtentwicklungs- und Wohnungspolitik als auch der Politik für Seniorinnen und Senioren. Die Dimensionen, an welchen sich die Qualität des Wohnens und die Wohnzufrieden-heit der Bewohnerinnen und Bewohner bemessen, umfassen

7 http://www.berlin.de/demografiekonzept/

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● die städtebaulichen, baulichen und ökologischen Qualitäten � der Wohnung, � des Wohngebäudes, � des Wohnumfeldes und � des Wohnquartiers, einschließlich ihrer stadträumlichen Lage und Erreichbarkeit,

● die ökonomischen Bedingungen des Wohnens � zur Miete oder � im Wohnungseigentum,

● die Vielfalt, Qualität und Bezahlbarkeit der im Nahbereich verfügbaren Angebote

� an Dienstleistungen und Waren des allgemeinen täglichen Bedarfs, � an auf die spezifische Bedürfnisse älterer Menschen angepassten Leistungen � an kulturellen und sportlichen Möglichkeiten,

● die soziale Zusammensetzung, den Integrationsgrad und das soziale Engagement

der Nachbarschaft einschließlich der Angebote an Treffpunkten, Nachbarschafts- und Selbsthilfegruppen, Vereinen, Verbänden und freien Trägern.

1.4 Aufgaben und Handlungsprinzipien der Stadtentwicklungs- und

Wohnungspolitik für das Wohnen in Zeiten des längeren Lebens

Im Bereich des Wohnens in Zeiten des längeren Lebens liegen die Kernaufgaben der Stadtentwicklungs- und Wohnungspolitik darin,

• ein vielfältiges, qualitativ hochwertiges und quantitativ ausreichendes Angebot an Wohnungen zur Miete und im Wohneigentum zu erhalten und weiter zu entwickeln, das im Preis der Nachfrage entspricht (siehe hierzu Kapitel 2 Wohnraumversor-gung),

• die Erreichbarkeit und Zugänglichkeit von Quartieren, Gebäuden und Wohnungen für alle Bevölkerungsgruppen durch Weiterentwicklung und Umsetzung der Barriere-freiheit8 zu befördern (siehe hierzu Kapitel 3 Generationengerechtes Bauen) sowie

• durch Aktivitäten zur Aufwertung von öffentlichen Räumen und zur Stärkung sozialer Nachbarschaften die Attraktivität und Qualitäten der Wohnquartiere zu erhalten und zu erhöhen (siehe hierzu Kapitel 4 Soziale Nachbarschaften der Generationen).

Wie in allen anderen Feldern der Stadtentwicklungs- und Wohnungspolitik basiert das Handeln von Politik und Verwaltung in Bezug auf das Thema auf folgenden Grundprin-zipien:

• Auf der Grundlage der ihnen verfassungsrechtlich, bundes- und landesgesetzlich vorgegebenen Kompetenzen setzen Städtebau- und Wohnungspolitik verbindliche und verlässliche planungs-, bau- und ordnungsrechtliche Rahmenbedingungen für die Handlungsträger in Städtebau, Grundstücks- und Wohnungswesen.

8 Barrierefreiheit soll wo technisch möglich, im Sinne eines ‚Design for all’ als Handlungsprinzip umgesetzt werden.

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• Innerhalb dieses Rahmens entscheiden Anbieterinnen und Anbieter sowie Nachfra-gende am Wohnungsmarkt nach Maßgabe ihrer Wünsche und Möglichkeiten selbst-ständig und frei darüber, wo und wie sie bauen und wohnen wollen.

• Das Land Berlin beobachtet die laufende Entwicklung auf dem Grundstücks- und Wohnungsmarkt. Wo Engpässe bestehen oder sich in Zukunft ergeben könnten, un-terstützt das Land Berlin deren Beseitigung oder Vermeidung durch Information an die Marktteilnehmenden.

• Personen, die sich aus eigenen Mitteln nicht selbst hinreichend mit Wohnraum ver-sorgen können, erhalten die Unterstützung Berlins durch Information, Beratung und ggf. finanzielle Hilfen.

• Als Eigentümer der städtischen Wohnungsunternehmen sowie Träger und Förderer eines Teils der technischen und sozialen Infrastrukturen leistet Berlin selbst in erheb-lichem Umfang direkte eigene Beiträge zur Wohnraumversorgung und zu den städ-tebaulichen und sozialen Qualitäten der Quartiere und Nachbarschaften.

• Durch Beteiligungs- und Beiratsverfahren, Bereitstellung von Informationen sowie finanzielle Förderung von Verbänden, Vereinen, freien Trägern, Selbsthilfe- und Nachbarschaftsorganisationen unterstützt Berlin die Selbsthilfepotenziale und das bürgerschaftliche Engagement der Bewohnerinnen und Bewohner zur Entwicklung, Erhaltung und Stärkung sozialer Nachbarschaften in den Quartieren.

1.5 Beschreibung von Zielgruppen des Wohnens in Zeiten langen Lebens

Anhand dieser Beschreibungen der unterschiedlichen Zielgruppen lassen sich gezielt Angebote von Politik und Verwaltung entwickeln. Dazu gehören neben der Förderung von ehrenamtlichem und nachbarschaftlichem Engagement beispielsweise auch ge-meinschaftliche Wohnformen, die der Vereinsamung im Alter vorbeugen können.

Der Beginn des Alters ist definiert durch das Ende der Erwerbsarbeit. Mit den ökonomi-schen und sozialen Veränderungen der Arbeitswelt weichen die Grenzen für den Beginn der Altersphase auf. Heute ist auf der einen Seite durch Vorruhestands- und Altersteil-zeitregelungen sowie eine hohe Quote älterer Arbeitsloser das Durchschnittsalter für den Eintritt in die „Ruhephase“ deutlich gesunken. Angesichts der demografischen Ver-änderungen gilt es daher, das vorhandene Erwerbspersonenpotenzial stärker auszu-schöpfen (u.a. durch veränderte Unternehmenskultur, lebenslanges Lernen und Integra-tion von Älteren in den Arbeitsmarkt). Auf der anderen Seite nehmen immer mehr Men-schen auch jenseits der traditionellen „Ruhestands“-Grenze regelmäßige Zuver-dienstmöglichkeiten und ehrenamtliche Tätigkeiten in erheblichem zeitlichem Umfang wahr.

Die Herausforderung liegt darin, für ältere Menschen den Verbleib in der vertrauten Umgebung durch bezahlbare Wohnungen, Angebote und Dienstleistungen sowie die gesellschaftliche Teilhabe zu gewährleisten. Zu berücksichtigen sind dabei auch die steigenden Risiken von Altersarmut.

In Konzepten und Studien ist meist eine Betrachtung nach Altersphasen üblich. Dies könnte bei dem zu erstellenden Konzept in der folgenden Form erfolgen:9.

Altersphase „50+“: Als Beginn der Altersphase wird zunehmend das Alter „50+“ ange-setzt. Zum einen nimmt ab dem Alter von 50 Jahren der Anteil der Personen zu, die aus

9 Die nachfolgend genannten Altersjahre sind dabei nicht als feste Zäsuren, sondern als Markierungs-

punkte von Zeiträumen zu verstehen, innerhalb derer die genannten Merkmale mit zunehmender Häufigkeit auftreten.

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dem vorherigen regelmäßigen Arbeitsleben ausscheiden. Zum anderen sollte die Al-tersgrenze von ca. 50 Jahren auch als der normative Schnittpunkt im Leben begriffen werden, ab dem man sich aus ökonomischen wie sozialen Gründen frühzeitig verstärkt damit auseinandersetzen sollte, wo, wie, mit welchem Personenkreis und mit welchen Alterseinkünften man die Lebensphase nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben nutzen möchte.

• Altersphase des aktiven Alterns (Dritter Lebensabschnitt, 65+): Die mit dem Aus-scheiden aus dem Berufsleben beginnende und für viele Menschen bis in das hohe Alter oder an ihr Lebensende reichende Altersphase wird zunehmend als dritter Lebensabschnitt des aktiven Alterns (nach Kindheit/Jugend sowie Berufs-tätigkeit) bezeichnet. In dieser Phase nimmt zum einen die Bedeutung der Woh-nung und des Wohnumfeldes als Lebensmittelpunkt zu. Zum anderen gewinnen die Menschen mit dem Ausscheiden aus dem Berufsleben ein erhebliches zu-sätzliches Zeitvolumen. Allerdings wird für die meisten Menschen, bei denen die Berufstätigkeit die überwiegende Einkunftsquelle war, durch nunmehr niedrigere Alterseinkünfte der Spielraum der selbstbestimmten Tätigkeiten auf das finanziell Leistbare eingeschränkt.

In der Altersgruppe der aktiv Alternden ist die Rate der Personen mit erheblichen körperlichen Beeinträchtigungen nicht wesentlich höher als in den jüngeren Al-tersjahrgängen. Allerdings nehmen auch schon in der Gruppe der aktiv Alternden bestimmte altersbedingte Einschränkungen der Sinnesorgane, der Körperkräfte und der Beweglichkeit zu, die etwa Beschwerden beim Gehen und Treppenstei-gen oder beim Tragen und Heben von Lasten verursachen. Dadurch ergibt sich ein zunehmender Bedarf an baulichen und technischen Hilfen sowie an „niedrig-schwelligen“ Dienstleistungen, die das Leben und Wohnen in Zeiten des länge-ren Lebens erleichtern.

Für sehr viele Menschen sind die Phasen des Alterns zugleich ein Prozess der Singularisierung: Durch Trennung oder Tod von Partnerinnen und Partnern nimmt in den älteren Jahrgängen der Anteil der Ein-Personen-Haushalte deutlich zu. Auch reduziert sich – ohne dass dies exakt messbar wäre – i.d.R. der Um-fang von Verwandten-, Bekannten- und Freundeskreisen. Die Gefahr von Verein-samung wächst mit zunehmendem Lebensalter.

• Altersgruppe der „Hochbetagten“ (80+): Erst in der Altersgruppe der „Hochbetag-ten“, deren Beginn heute noch bei ca. 80 Jahren angesetzt wird, nimmt der Anteil der Personen mit erheblichen körperlichen Beeinträchtigungen deutlich zu, die aufgrund eines festgestellten Grades an Pflegebedürftigkeit auf häusliche Pflege-leistungen oder den Umzug in Pflegeeinrichtungen angewiesen sind.

2. Wohnraumversorgung

2.1 Aufgaben des Landes und allgemeine Situation des Berliner Wohnungsmarktes

Artikel 28 Absatz 1 der Verfassung von Berlin begründet das Recht jedes Menschen auf angemessenen Wohnraum. Er verpflichtet das Land Berlin, die Schaffung und Erhaltung von angemessenem Wohnraum zu fördern. Förderschwerpunkte sind die Wohnraum-versorgung für Menschen mit geringem Einkommen.

Der Verfassungsauftrag verpflichtet das Land zu subsidiärem Handeln: Die Wohnraum-versorgung ist vorrangig das Resultat von Angebot und Nachfrage am Wohnungsmarkt; die Angelegenheit der Wohnenden, Wohnungssuchenden, Grundstücks-, Haus- und

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Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer sowie der Investorinnen und Investoren am Grundstücks-, Immobilien- und Wohnungsmarkt. Die Investitionsbank Berlin berichtet jährlich über die Entwicklung des Berliner Woh-nungsmarktes.10 Dieser ist in den letzten Jahren durch Merkmale eines entspannten Marktes wie

• einem im Vergleich zu anderen Ballungsräumen niedrigen Mietenniveau und • geringer Investitionstätigkeit beim Neubau und im Wohnungsbestand

gekennzeichnet. Dennoch beobachtet gerade die aktuelle Erhebung eine gewisse Marktanspannung in einzelnen Teilmärkten und kleinräumliche Niveauunterschiede beim Mietpreis und der Mietbelastungsquote. Vor diesem Hintergrund besteht aktuell aus gesamtstädtischer Sicht keine Veranlas-sung für eine Neuauflage von Wohnungsbauförderprogrammen des Landes, welche nach Volumen, Instrumentierung und Zielgruppen mit den Programmen der vergange-nen Jahrzehnte – insbesondere des Jahrzehnts des Zusammenwachsens der beiden Stadthälften in den 90er Jahren – vergleichbar wären. Bei langfristiger Betrachtung ergeben sich durch den Wegfall der Anschlussförderung, der rund 28.000 Mietwohnungen im Sozialen Wohnungsbau betrifft, dem zunehmenden Auslaufen der Mietpreis- und Belegungsbindung in den nächsten 10 Jahren und dem durch Wohnungs- und Gesellschaftsanteilsverkäufen auf derzeit rund 270.000 reduzier-ten landeseigenen Wohnungsbestand verringerte Einflussmöglichkeiten des Landes zur Bereitstellung preiswerten Wohnraumes. Als Folge kommt der laufenden Wohnungsmarktbeobachtung entsprechende Bedeu-tung zu. In diesem Kontext soll die Einrichtung von Informations- und Beratungsinitiati-ven befördert werden. Außerdem ist schon heute zu prüfen, ob und inwieweit Instrumente der Wohnungspolitik sowie Darlehensprogramme, deren (temporäre) Zinsverbilligung nicht aus dem Landes-haushalt stammt, wie • Baulandmobilisierung in innerstädtischen Lagen, • Baugruppen, • Mehr-Generationen-Wohnen • Baulückenkataster, • Mobilisierung nicht betriebsnotwendiger landeseigener Grundstücke und Bestands-

gebäude für generationsübergreifende Wohnformen, • Darlehensprogramme KfW Bank und der Investitionsbank Berlin, Bürgschaften und

Garantien, verstärkt eingesetzt werden sollten.

10 Zuletzt IBB Wohnungsmarktbericht 2008. Bericht und Tabellenband abrufbar unter www.ibb.de

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2.2 Basisdaten zum Wohnen in Zeiten des längeren Lebens in Berlin

Die Investitionsbank Berlin hat im Wohnungsmarktbericht 200611 den Themenschwer-punkt „Wohnen im Alter“ aufbereitet. Aktuelle und mit bundesweiten Daten direkt ver-gleichbare Umfragedaten zu den Wohnwünschen im Alter der Generationen 50+ hat Empirica12 vorgelegt.

Für den vorliegenden Bericht hat das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg eine Son-derauswertung der auf die Berliner Gesamtbevölkerung hochgerechneten Ergebnisse des Mikrozensus 2002 vorgenommen. Die Daten aus dem Jahr 2002 sind aber insofern gerade noch hinreichend repräsentativ für die gegenwärtige Situation, da seither die Durchschnittsmieten und Durchschnittseinkommen nur unwesentlich angestiegen sind. Neuere Mikrozensus-Daten zu diesem Spezialthema wurden mit der Erhebungswelle im Jahr 2006 zwar erhoben, sind aber noch nicht ausgewertet. Sie können vom Amt für Statistik Berlin-Brandenburg auch in nächster Zeit nicht zur Verfügung gestellt werden.

Zusammenfassend ist das Wohnen in Zeiten des längeren Lebens in Berlin insbesonde-re durch folgende Merkmale gekennzeichnet:

• Bei hochgerechnet rd. 400.000 Haushalten (21,5 % der insgesamt rd. 1,86 Millionen Berliner Haushalte) war 2002 die im Mikrozensus befragte Bezugsperson mindes-tens 65 Jahre alt.

• 59,5 % dieser Haushalte, in denen Ältere leben, waren Ein-Personen-Haushalte. In Ein-Personen-Haushalten lebten überwiegend Frauen (81 % = 192.800 Haushalte).

• Unter den Haushalten, in denen ältere Personen leben (Altersgrenze ab 60 Jahren) lag der Anteil selbst nutzender Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer (16,8 %) etwas höher als die gesamtstädtische Quote an selbst genutztem Wohnei-gentum (12,7 %). Von den insgesamt rd. 214.100 von Eigentümerinnen und Eigen-tümern selbst genutzten Wohneinheiten befanden sich 86.500 (40,4 %) im Eigentum älterer Haushaltsmitglieder.

• 72 % der Haushalte, in denen ältere Personen leben (Altersgrenze ab 60 Jahre) wohnten schon mindestens 10 Jahre, 55 % mindestens 20 Jahre in der derzeit ge-nutzten Wohnung. Lediglich 4 % (in Relation zu 16 % in der Gesamtbevölkerung) waren in den beiden letzten Jahren in die derzeit genutzte Wohnung zugezogen.

• Die Hälfte der Haushalte, in denen ältere Personen leben (in Relation zu 31 % Haus-halte, in denen jüngere Personen leben) befinden sich in Wohnungen, die zwischen 1949 und 1979 fertig gestellt wurden. Der Anteil der Haushalte in Altbauten der Bau-jahre bis 1918 (14,2 %), in denen ältere Personen leben, war deutlich geringer als unter den Haushalten, in denen jüngere Personen leben (26,2 %).

• Beim Umfang der bewohnten Wohnflächen ist die Anzahl der im Haushalt wohnen-den Personen ein wesentlich stärkeres Differenzierungsmerkmal als das Alter der Haushaltsmitglieder (Anhang: Tabelle 1.1). Ein-Personen-Haushalte leben überwie-gend in bis zu 60 m² großen Wohnungen (54 % der Haushalte, in denen ältere Per-sonen leben und 65 % der Haushalte, in denen jüngere Personen leben). Mehr-Personen-Haushalte haben überwiegend Wohnungsgrößen ab 60 m² (78 % der Haushalte, in denen ältere Personen leben und 87 % der Haushalte, in denen jünge-re Personen leben).

11 Investitionsbank Berlin (2006), Wohnungsmarktbericht 2006 inklusive Schwerpunktthema

„Wohnen im Alter“, mit Tabellenband abrufbar unter www.ibb.de 12 Empirica AG (2007), Wohnformen der Zukunft. Veränderungspotenziale und Motivationen der Gene-

rationen 50+ in Berlin; im Auftrag der LBS Norddeutsche Landesbausparkasse Berlin – Hannover, LBS-Schriftenreihe Band 27

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• Bei den im April 2002 gezahlten Bruttokaltmieten lag die Durchschnittsmiete der Haushalte, in denen ältere Personen leben, mit 358 € pro Wohnung etwa 10 % nied-riger als die durchschnittliche Bruttokaltmiete der Haushalte, in denen jüngere Per-sonen leben (397 € pro Wohnung). Auch hier zeigt sich im Wesentlichen der Einfluss der unterschiedlichen Haushaltsstrukturen und Wohnflächen. Denn: Die Durch-schnittsmiete der Ein-Personen-Haushalte, in denen ältere Personen leben (322 €), lag im Durchschnitt 3,5 % höher als die der Ein-Personen-Haushalte, in denen jün-gere Personen leben (311 €). Die Haushalte, in denen ältere Personen leben, nutzen im Durchschnitt etwas größere Wohnungen (Anhang: Tabelle 1.6). Mehrpersonen- Haushalte, in denen ältere Personen leben, zahlten im Durchschnitt deutlich weniger Miete (399 € gegenüber 486 € pro Wohnung von Haushalten, in denen jüngere Per-sonen leben). Diese nutzen im Durchschnitt weniger Wohnfläche (Anhang: Tabelle 1.6). Insgesamt sind diese Zahlen Indizien für einen funktionierenden Wohnungs-markt: Mieterhaushalte können ihre Wohnflächen und Miethöhen der jeweiligen Haushaltsgröße anpassen.

• Auf einen gut funktionierenden Wohnungsmarkt deuten auch die durchschnittlichen Mietbelastungsquoten (gemessen als Anteil der monatlichen Bruttokaltmiete an den Haushaltsnettoeinkommen) im April 2002 hin. Im Durchschnitt aller Haushalte wiesen Haushalte, in denen ältere Personen leben (ab 60 Jahre) mit 22 % eine ge-ringfügig höhere Mietbelastungsquote auf als die Haushalte, in denen jüngere Per-sonen leben (21,6 %). Bei den Ein-Personen-Haushalten, in denen ältere Personen leben, lag die Mietbelastungsquote (27,2 %) höher als bei den Ein-Personen-Haushalten, in denen jüngere Personen leben (25,0 %). Von Jüngeren (19,9 %) und Älteren bewohnte (18,3 %) Mehrpersonen-Haushalte wiesen jeweils geringere Miet-belastungsquoten auf.

• Mietbelastungsquoten von mindestens 35 % des Haushaltsnettoeinkommens wiesen im April 2002 20,5 % aller Haushalte, in denen jüngere Personen leben und 22,8 % aller Haushalte, in denen ältere Personen leben auf. Auch hier ist die Haus-haltsgröße ein stärkeres Differenzierungskriterium als das Alter der Haushaltsmit-glieder. Denn unter den Ein-Personen-Haushalten waren die Anteile von Haushalten mit hohen Mietbelastungsquoten unter den Haushalten, in denen ältere Personen leben (30,1 %) und Haushalte, in denen jüngere Personen leben (33,4 %) ähnlich groß. Bei den Mehrpersonen-Haushalten kamen hohe Mietbelastungsquoten bei Haushalten, in denen jüngere Personen leben (14,7 %) deutlich häufiger vor, als bei den Haushalten in den Älteren leben (8,3 %).

• Auch ist bei den Ein-Personen-Haushalten mit Mietbelastungsquoten von mindes-tens 35 % des Haushaltsnettoeinkommens die Einkommensdifferenzierung nach Geschlecht deutlich ablesbar. Denn 36,8 % der jüngeren und 32,1 % der älteren allein lebenden Frauen, gegenüber 31 % der jüngeren und 23 % der älteren allein lebenden Männer wiesen entsprechend hohe Mietbelastungsquoten auf.

• Zur aktuellen Verbreitung gemeinschaftlicher Wohnformen im Alter kann der Mikrozensus aus methodischen Gründen keine verlässlichen Angaben liefern. Inso-fern liegen hierzu lediglich die „qualitativen Einschätzungen“ von Interessenten und Vermietern vor. Sie zeigen, dass

• das Interesse an dieser Wohnform zunimmt, • die meisten Interessenten nach geeigneten Objekten zur Miete in den Innen-

stadtbezirken suchen, • es wegen der überwiegend guten Vermietungssituation in den Innenstadtbezirken

aktuell kein ausreichendes Angebot im Wohnungsbestand gibt.

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2.3 Trends und zukünftige Herausforderungen durch den demografischen Wandel

2.3.1 Bevölkerungsprognose Berlin 203013

Die für das Wohnen in Zeiten des längeren Lebens – mit Ausnahme gemeinschaftlicher Wohnformen zur Miete in innerstädtischen Lagen – günstigen aktuellen Bedingungen des Berliner Wohnungsmarktes können sich möglicherweise mittel- und langfristig ver-schlechtern. Denn der demografische Wandel wird in Berlin vor allem den Altersaufbau der Gesamtbevölkerung wesentlich verändern:

• Waren Ende 2002 laut amtlicher Bevölkerungsfortschreibung rd. 1,186 Millionen Ber-linerinnen und Berliner 55 Jahre und älter, so ist diese Altersgruppe bis Ende 2007 um rd. 47.000 Personen auf rd. 1,233 Millionen Menschen angewachsen.

• Gemäß der Basis-Variante der Bevölkerungsprognose wird die Berliner Gesamtbe-völkerungszahl bis 2030 annähernd stabil bleiben. Das Durchschnittsalter der Wohnbevölkerung wird aber voraussichtlich um ca. 3 Jahre von 42,5 Jahren (Stand 2007) auf 45,3 Jahre (Prognose 2030 - Basisvariante) ansteigen.

• Die Veränderung im Durchschnittsalter beruht vorrangig auf der gestiegenen Lebenserwartung und der damit verbundenen absoluten und prozentualen Zunahme von Menschen in den höheren Altersgruppen (Anhang: Tabelle 1.3).

• Bis 2030 wird sich (Basis-Variante der Bevölkerungsprognose) die Zahl der Berline-rinnen und Berliner, die mindestens 65 Jahre alt sind, von rd. 630.300 Personen (Ende 2007; entsprechend 18,4 % der Wohnbevölkerung) auf rd. 818.700 Personen (entsprechend 23,6 % der Wohnbevölkerung) erhöhen.

• Dabei wird die Zahl der Hochbetagten, also der Personen über 80 Jahre von rd. 136.000 Personen (Ende 2007) auf rd. 255.000 Menschen im Jahr 2030 zunehmen, d. h. ein Anstieg von 87 Prozent wird zu beobachten sein.

2.3.2 Wohnungsbedarf und Wohnungsnachfrage

Für die Entwicklung des Wohnungsbedarfs und der Wohnungsnachfrage ist nicht die absolute Bevölkerungszahl, sondern die Zahl der Haushalte entscheidend, die Woh-nungen besitzen und suchen. Aus den oben (Abschnitt 2.2) dargestellten Daten zur Wohnraumversorgung der älteren Haushalte in Berlin ergibt sich insbesondere, dass

• unter den älteren Haushalten der Anteil der Ein-Personen-Haushalte überwiegt,

• ältere Haushalte der Tendenz nach eher kleinere Wohnungen besitzen oder nach-fragen,

• insbesondere viele der Ein-Personen-Haushalte aus wirtschaftlichen Gründen eine kleinere Wohnung wählen müssen, weil sie dadurch eher die bei niedrigem Ein-kommen hohen Wohnbelastungsquoten tragen können.

Hieraus kann erwartet werden, dass mit der Zunahme der Anzahl älterer Menschen auch die Zahl der Ein-Personen-Haushalte stark steigen wird, die sowohl aus Gründen der einfacheren Bewirtschaftung als auch aus Kostengründen vorwiegend nach kleine-ren Wohnungen suchen.

Die Wohnwünsche älterer Menschen unterscheiden sich nicht grundlegend von denen der jüngeren Generationen. Die überwiegende Mehrheit möchte so lange wie möglich selbstständig in einer eigenen Wohnung und in einer vertrauten Nachbarschaft wohnen,

13 Abrufbar unter http://www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/bevoelkerungsprognose/

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die im Nahbereich das gewünschte Maß an Kontakten mit Verwandten, Freunden und Bekannten sowie an Umweltqualität, Waren und Dienstleistungen bietet. Den Umzug in Alten- und Pflegeheime gibt nur ein kleiner Prozentsatz der zu ihren Wohnwünschen Befragten als ihre bevorzugte Form des Wohnens im Alter an.14 Das Interesse an ge-meinschaftlichen Wohnformen im Alter wird künftig voraussichtlich weiter zunehmen, weil vermehrt Jahrgänge in die Generation 50+ hineinwachsen, die in früheren Lebens-phasen bereits eigene Wohnerfahrungen in Wohngemeinschaften gesammelt haben.

Das Interesse an gemeinschaftlichen Wohnformen nimmt in begrenztem Umfang zu. Aktuelle Engpässe bestehen im neuen Segment gemeinschaftlichen Wohnens in Zeiten des längeren Lebens zur Miete. Hier gibt es zwar eine zunehmende Nachfrage, jedoch noch kein entsprechend entwickeltes Angebotssegment.15 Trotz der aktuell hohen öffentlichen Aufmerksamkeit für das Thema der „Alters-WG’s“ ergibt sich hieraus auch künftig nur ein begrenztes Teilsegment. Gemäß der Befragung von Empirica geben heute 4 Prozent die Wohngemeinschaft als die bevorzugte Wohnform im Alter an, wäh-rend 29 Prozent mit den Kindern bzw. der Familie in der Nachbarschaft leben wollen.16

Wegen der erheblichen Unsicherheiten bei der Entwicklung der verschiedenen Haus-haltstypen sind verlässliche langfristige Modellrechnungen der künftigen Wohnungs-nachfrage nicht möglich. Somit lässt sich auch keine gesicherte Aussage über das quantitative Ausmaß der zu erwartenden altersbedingten steigenden Nachfrage nach Wohnungen treffen. Durchaus realistisch erscheint aber die Annahme, dass ein zusätz-licher Wohnungsbedarf bis 2030 besteht, der vorrangig auf der steigenden Nachfrage älterer Haushalte nach kleineren Wohnungen basiert (eigene Berechnungen, siehe Er-läuterungen in Anlage 2). Dieser Mehrbedarf wird zum einen durch Umbauten im Be-stand abgedeckt werden können (wie z. B. Umbau von Gebäuden mit überwiegend großen Wohnungen). Zum anderen kann der Wohnungsneubau den zusätzlichen Be-darf befriedigen. Aufgrund der nicht ohne weiteres abschätzbaren Entwicklungstenden-zen kann nur geschlussfolgert werden, dass eine regelmäßige Überprüfung der Situati-on am Wohnungsmarkt erforderlich ist. 2.3.3 Bedarf an Pflegeleistungen

In der Gruppe der 65- bis 80-Jährigen ist der Anteil der Menschen, die wegen Pflegebe-dürftigkeit auf möglichst barrierefreie Wohnformen und auf persönliche Hilfeleistungen angewiesen sind, nicht größer als in den jüngeren Bevölkerungsgruppen. Erst in den Altersjahrgängen der über 80-jährigen „Hochbetagten“ nimmt der Anteil der hilfebedürf-tigen Menschen deutlich zu. Somit wird sich künftig mit der starken Zunahme der über 80-Jährigen ein deutlich steigender Bedarf an barrierearmen Wohnformen und persönli-chen Dienstleistungen rund um das Alter ergeben, die teilweise noch unterhalb der Schwelle der Pflege liegen.

Legt man die heutige Inanspruchnahme von Pflegeheimplätzen zugrunde, so würde sich aus der Zunahme der hochbetagten Menschen ein zusätzlicher Bedarf an Pflege-heimen ergeben. Voraussichtlich wird der Hilfebedarf der „Hochbetagten“ jedoch nicht proportional zur zahlenmäßigen Zunahme der über 80-Jährigen steigen. Denn je mehr Menschen heute gesundheitsbewusst leben, desto höher dürfte künftig der Anteil von Personen sein, die auch im hohen Alter körperlich fit sind.17

14 Siehe hierzu Anlage 1, Tabelle 1.5 15 Siehe hierzu Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin (2007), Neue Wohnformen im Alter.

Dokumentation des Fachtages am 26. September 2007. 16 siehe hiezu Anlage 1, Tabelle 1.5 17

Zum Bedarf siehe den Landespflegeplan unter http://www.berlin.de/pflege/plan/index.html. Eine Ak-

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Durch Umfragen wird regelmäßig belegt, dass die meisten älteren Menschen so lange wie möglich in der bisherigen Wohnung oder zumindest in der bisherigen Nachbarschaft wohnen bleiben möchten. Nur wenige Menschen ziehen Wohnheime als Wohnform im Alter vor. Auch aus diesem Grund wird die Zunahme des Anteils der über 80-Jährigen voraussichtlich keine proportionale Steigerung des Angebotes an Wohn- und Pflege-heimplätzen erfordern. Besondere Aufmerksamkeit muss der interkulturellen Öffnung gewidmet werden. Ein Teil der pflegebedürftigen Migranten bringt eigene kulturelle Vorstellungen über das Al-tern mit – eine interkulturelle Schulung des Pflegepersonals wird nötig. Letztendlich gilt auch, dass das Wissen über diese Zielgruppe und ihren Vorstellungen zum Altern noch gering ist. Die Möglichkeiten zum Verbleiben in der bisherigen Wohnung oder im bisherigen Wohnquartier können durch • eine möglichst barrierearme Gestaltung von Wohnung, Wohngebäude und Wohnum-

feld,

• ein hinreichendes Angebot an Dienstleistungen rund um das Alter im Nahbereich und

• ehrenamtliches Engagement, welches das bestehende Dienstleistungsangebot sinn-voll ergänzt und erweitert,

wesentlich verbessert werden. Somit kommt dem Erhalt und der Stärkung funktionie-render sozialer Nachbarschaften sowie altersgemischter stabiler Quartiere besondere Bedeutung zu. Dabei können die Älteren selbst einen deutlichen Beitrag leisten und so-ziale Verantwortung und Engagement übernehmen.

2.3.4 Bezahlbarkeit des Wohnens

Die auf Angaben zur Bruttokaltmiete bezogenen Mietbelastungsquoten schließen die Kosten für Heizung und Warmwasser nicht ein. Diese sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen und werden angesichts der weltweiten Preisanstiegstendenzen für Energie wahrscheinlich auch künftig weiter steigen. Demgegenüber ist zu erwarten, dass die Renteneinkünfte im Durchschnitt allenfalls geringfügig zunehmen werden. Auch werden unter den in das Rentenalter Eintretenden immer mehr Menschen mit ge-ringerer Anzahl von Rentenbeitragsjahren sein. Im Zusammenwirken beider Effekte ist mit einer deutlichen Zunahme der älteren Haushalte mit geringen Einkünften und hohen Mietbelastungsquoten zu rechnen. Hohe Mietbelastungsquoten schränken den Zah-lungsspielraum für persönliche Dienstleistungen rund um das Alter stark ein. Zukünftig werden die Einkommensunterschiede innerhalb der Gruppe der älteren Men-schen zunehmen; eine Polarisierung innerhalb dieser Bevölkerungsschicht wird von vie-len Expertinnen und Experten erwartet. Grund hierfür ist, dass sich zum einen eine ver-hältnismäßig wohlhabende Schicht älterer Menschen herausbildet; zum anderen ver-größert sich wahrscheinlich der Anteil derjenigen Bewohnerinnen und Bewohner, die eine niedrige Altersversorgung erhalten oder auf die Grundsicherung im Alter angewie-sen sein werden. Vor allem Frauen, die bereits heute deutlich überproportional unter

tualisierung der Bedarfsermittlung ist im Jahresgesundheitsbericht 2006/2007 veröffentlicht. http://www.berlin.de/sen/statistik/gessoz/gesundheit/basis.html, Zur Kompressionstheorie siehe aktuell für die Bundesrepublik das Sondergutachten 2009 des Sach-verständigenrats im Gesundheitswesen: http://www.svr-gesundheit.de/Gutachten/%DCbersicht/GA2009-LF.pdf

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den Haushalten mit hohen Mietbelastungsquoten vertreten sind, werden zu einem höhe-ren Anteil dem Risiko der Altersarmut ausgesetzt sein, da sie häufiger nicht erwerbstätig waren und darüber hinaus oftmals geringere Einkommensbezüge aufwiesen als ihre männlichen Kollegen. Dem Erhalt bzw. der Förderung bezahlbaren Wohnraums in den einzelnen Sozialräu-men ist aus den genannten Gründen besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Gleichzeitig sollten:

• Mindeststandards für einen effektiven und integrierten Haushaltsmitteleinsatz für den Sozialraum festgeschrieben werden. Durch Koordinierung und Kooperation aller Akteure in der Altenhilfe (Behörden, medizinische und andere Berufsgruppen, Selbsthilfeorganisationen) können wirksame prophylaktische Aktivitäten von „Früh-warnsystemen“ bis zur „aufsuchenden Sozialhilfe“ eingeführt und Förderprogramme besser aufeinander abgestimmt werden,

• ehrenamtliche Tätigkeit, die der Beratung und Betreuung von älteren und alten Menschen in mietrechtlichen Fragen dienen, sollten unterstützt werden

• und eine wissenschaftlich fundierte interdisziplinäre Forschung zur sozialräumlichen Altersarmut, z. B. durch Bestimmung der Ursachen, des Ausmaßes, der Struktur und des Schweregrades der Altersarmut in einzelnen Sozialräumen gefördert werden.

2.3.5 Wohnen von Migrantinnen und Migranten

Auch der Gesichtspunkt, dass ältere Migrantinnen und Migranten im Durchschnitt über wesentlich geringere Einkommen bzw. Altersversorgungen verfügen, muss stärker in den Fokus rücken. Da bislang wenig über die Bedürfnisse und Interessen von Migran-tinnen und Migranten im Hinblick auf das Thema „Wohnen in Zeiten des längeren Lebens“ bekannt ist, müssen zunächst unter Beteiligung der Betroffenen Recherchen zu deren Vorstellungen und Wünschen vorgenommen werden. Fest steht allerdings, dass ein Teil der Migrantinnen und Migranten nicht in ihre Herkunftsländer zurückkehren, sondern in Berlin alt werden will. Dabei muss auch dem Umstand, dass ältere Migran-tinnen und Migranten unterschiedliche kulturelle Hintergründe aufweisen, Rechnung getragen werden. Da die Zielgruppe dem Bevölkerungsanteil, der als wenig mobil betrachtet wird, zuzu-ordnen ist, ist zu gewährleisten, dass ihren Bedürfnissen entsprechende Freizeitange-bote im Quartier bzw. Sozialraum vorgehalten bzw. entwickelt werden. Da die Gruppe älteren Migrantinnen und Migranten sehr ungleich über die Stadt verteilt lebt, ist es wichtig, den künftigen Bedarf an sozialer Infrastruktur kleinräumlich zu ermitteln. Die Ermittlung des Flächenbedarfs für diese Infrastruktur erfolgt im Zuge der Bereichsent-wicklungsplanungen, zum Beispiel bei der Ausweisung neuer Treffpunkte in den Stadt-teilen oder Mehrgenerationenhäuser. 2.3.6 Gemeinschaftliche Wohnformen

Gemeinschaftliche Wohnformen und Formen wechselseitiger Hilfeleistung werden vor dem Hintergrund steigender Mietbelastungsquoten an Bedeutung gewinnen. Immer mehr Menschen interessieren sich für gemeinschaftliche Wohnformen, die wechselseiti-ge Unterstützung zwischen den Generationen und eine altersgerechte Wohnungsan-passung ermöglichen. Die Entwicklung und Erprobung von Wohnkonzepten für unter-schiedliche Bedürfnisse, Lebenslagen und Wohnbedingungen erfolgen schon heute.

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Beispiele für gemeinschaftliche Wohnformen lassen sich in Berlin und in anderen Bun-desländern bereits finden. Insbesondere Berlin besitzt ideale Ausgangsbedingungen dies zu realisieren. Die Stadt kann sich zu einer Kreativwerkstatt für das Wohnen in Zei-ten des längeren Lebens entwickeln. Es erfordert neue, unkonventionelle Wege und die Zusammenarbeit aller Akteure. 2.4 Förderaktivitäten im Handlungsfeld Wohnraumversorgung

Angesichts der gegenwärtig entspannten Wohnungsmarktsituation – nur in einzelnen Stadtteilen ist seit 2008 ein höheres Niveau bei der Angebotsmiete zu verzeichnen – hat Berlin seine in den vergangenen Jahrzehnten äußerst intensive Förderung von Neubau und Bestandsaufwertungen von Wohnraum eingestellt. Gegenwärtig sind deshalb in Berlin vor allem die Darlehensprogramme der KfW-Bank und der IBB für altersgerechte Neubauten und Bestandsanpassungen nutzbar. Pflegebedürftige Menschen haben ggf. Anspruch auf Zuschüsse der Pflegekassen für Maßnahmen der Wohnungsanpassung. Mit dem Pilotprojekt zur Vergabe landeseigener Grundstücke im Festpreisverfahren er-probt der Senat zurzeit eine zusätzliche Möglichkeit zur Unterstützung von selbstnut-zenden Eigentümerinnen und Eigentümern, die sich in Baugruppen und Baugemein-schaften zusammenschließen (siehe unten). 2.4.1 Wohnraumförderung

In den vergangenen Jahrzehnten hatten in Berlin die Förderung des Wohnungsbaus sowie die Modernisierung und Instandsetzung von Wohnungsbeständen höchste Priori-tät. Die breite Förderung hat wesentlich zur Aufwertung der Wohnungsbestände, zur Angleichung der Wohnverhältnisse in beiden Stadthälften auf hohem Niveau und zur Schaffung eines gegenwärtig entspannten Wohnungsmarktes beigetragen. Aufgrund der erzielten Ergebnisse konnte die Breitenförderung 2002 eingestellt werden. Seitdem sind von Berlin nur noch einzelne Modellprojekte gemeinschaftlicher Wohnfor-men im Wohnungsbestand und Bestandsanpassungen im Zusammenhang mit Stadt-umbaumaßnahmen in den Großsiedlungen Marzahn und Hellersdorf gefördert worden. Gemäß Angaben der Investitionsbank Berlin18 sind im Rahmen der Förderung des sozi-alen Wohnungsbaus über 6.500 altengerechte Wohnungen und Wohnplätze vor allem in speziellen Seniorenwohnhäusern geschaffen worden. Hinzu kamen rd. 4.900 Wohnun-gen im allgemeinen geförderten Neubau mit der speziellen Zweckbestimmung für alte Menschen, darunter über 700 Wohnungen für Rollstuhlfahrer. Im sozialen Wohnungsbau sind bei der Förderung von „Sonderwohnformen“ auch meh-rere Projekte des gemeinschaftlichen Wohnens älterer Menschen gefördert worden, wie etwa das „Bunte Haus“ in Steglitz oder das „Hoofje“ in Neukölln. Für den Sozialen Wohnungsbau enthielten die Wohnungsbauförderungsbestimmungen 1990 für alle öffentlich geförderten Wohnungen bestimmte Mindestanforderungen, die die Nutzung für Menschen mit bestimmten körperlichen Einschränkungen erleichtern. Unter anderem sind Haltepunkte des Aufzugs so anzulegen, dass sie vom Gebäude- und Wohnungseingang stufenlos erreichbar sind. Bäder sind so zu installieren, dass eine Liegewanne durch eine Duschwanne ersetzt werden kann. Sanitärobjekte im Bad-bereich sollen so angeordnet sein, dass sie ggf. auch im Rollstuhl erreichbar sind.

18 Investitionsbank Berlin (2006), Wohnungsmarktbericht, S. 67

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Bei der umfassenden Modernisierung von Altbauten in Sanierungsgebieten wurden in Erdgeschossbereichen zusätzliche Rollstuhlfahrer-Wohnungen geschaffen. In den Pro-grammen zur Instandsetzung und Modernisierung von Plattenbauten war der Anbau von Aufzügen förderfähig, und im Rahmen der Programme „Stadtweite Maßnahmen“ und „Modernisierung durch Mieter“ sind Maßnahmen zur altersgerechten Wohnungsanpas-sung gefördert worden. 2.4.2 Zinsverbilligte Darlehen der KfW-Bank und Pilotprogramm

„Seniorengerechtes Wohnen“ der Investitionsbank Berlin

Maßnahmen zum seniorengerechten Neubau und zur Anpassung des Wohnungsbe-standes werden von der KfW-Bank durch zinsverbilligte Darlehen in Höhe von 2,3 Millionen Euro gefördert.19 Die Investitionsbank Berlin hat im Jahr 2007 Pilotprogramme zur energetischen Gebäu-desanierung und zum seniorengerechten Wohnen aufgelegt, bei denen sie KfW-Mittel mit einer zusätzlichen Zinsverbilligung durchleitet. Eine Fortsetzung der Programme auf der Grundlage der gesammelten Erfahrungen wird geprüft. 2.4.3. Zuschüsse der Pflegekassen für Maßnahmen zur Verbesserung des

individuellen Umfeldes von Pflegebedürftigen gemäß § 40 Abs. 4 SGB XI

Die Pflegekassen übernehmen bei leistungsberechtigten Versicherten Kosten bis zu 2.557 € je Wohnungsanpassungsmaßnahme. Dabei ist ein Eigenanteil von 10% zu leis-ten. Mehrere Maßnahmen sind möglich, wenn sich der Zustand des Pflegebedürftigen verändert hat. So kann etwa der Einbau einer ebenerdigen Dusche erfolgen und zu einem späteren Zeitpunkt das Entfernen von Türschwellen. Bei größeren Maßnahmen sind Zuschüsse von anderen Stellen, zum Beispiel im Rahmen der Eingliederungshilfe, möglich. Neben den Pflegekassen selbst beraten hierzu auch spezialisierte Architektin-nen und Architekten, Handwerksbetriebe und die Koordinierungsstellen „Rund ums Al-ter“. 2.4.4 Vergabe landeseigener Grundstücke an Baugruppen im Festpreisverfahren

Ende 2007 hat der Senat beschlossen, zur Stärkung des innerstädtischen Wohnens und neuer Wohnformen bestimmte geeignete landeseigene Grundstücke durch den Liegen-schaftsfonds Berlin (LFB) im Festpreisverfahren zum Verkehrswert durch Wettbewerb an Baugruppen und Baugemeinschaften zu vergeben. Das Festpreisverfahren stellt auf die Besonderheiten von Baugruppen und Baugemeinschaften ab, die – im Unterschied zu professionellen Immobilienentwicklern – in der Regel längere Zeiträume für interne Entscheidungsfindungen zur Zusammenstellung des Beteiligtenkreises und zur Siche-rung der Finanzierung benötigen. Den nach der Qualität ihrer Konzepte ausgewählten Bewerberinnen und Bewerbern werden ausreichende Fristen für die Konkretisierung ihres Projektes, die endgültige Schließung der Gruppe und die Finanzierung ihres Pro-jektes eingeräumt. Über die Erfahrungen mit der Pilotphase des Vergabeverfahrens und seine Fortführung wird der Senat demnächst berichten.

19 Einzelheiten zu Fördermöglichkeiten und Konditionen siehe www.kfw.de

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2.5 Informations- und Beratungsaktivitäten im Feld der Wohnraumversorgung

Im Handlungsfeld Wohnraumversorgung liegt der Schwerpunkt derzeit beim Informati-ons- und Beratungsangebot. 2.5.1 Baulückenkataster, Baulückenmanagement Berlin (BLM)

Das Baulückenmanagement Berlin (BLM) stellt im Internet umfangreiche Informationen über innerstädtisches Bauland zur Verfügung. Das Verfahren bündelt sonst nur schwer zugängliche Informationen übersichtlich und stellt sie der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung. Die Interessenten (wie z. B. Baugemeinschaften, Bauherren, Investorin-nen und Investoren) können Grundstücksdaten von insgesamt mehr als 140 ha auf über 1.000 Flurstücken in der Berliner Innenstadt recherchieren. Neben allgemeinen Anga-ben zur Größe und Lage der Grundstücke können umfassende Informationen zum Pla-nungsrecht, Kontaktadressen der zuständigen Bauberatung und Vermessungsämter zur Einholung von Auskünften aus dem Liegenschaftskataster sowie Fotos abgerufen wer-den. Über diesen besonderen Service besteht die Möglichkeit, Baugrundstücke nach unter-schiedlichen Kriterien und Standortfaktoren auszusuchen. Das Ergebnis der Suche wird in Listen und Karten dokumentiert. Die Baulückenkarte kann mit anderen grafischen Stadtplanungsdaten wie dem Flächennutzungsplan, den Geltungsbereichen von Be-bauungsplänen oder mit Luftaufnahmen überlagert werden. Für jedes Baugrundstück ist ein Profil mit den wichtigsten Daten abrufbar. Auf diese Weise wird die Kooperation zwi-schen Bauwilligen und der Stadt verbessert und die Bauberatung kann auf die wesentli-chen Fragen konzentriert werden. Auf die Baulandinformationen im Internet wird monat-lich in mehr als 10.000 Fällen zugegriffen. 2.5.2 Netzwerkagentur GenerationenWohnen

Im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat die STATTBAU GmbH die Netzwerkagentur GenerationenWohnen eingerichtet. Seit dem 01. April 2008 können sich Einzelinteressenten, Wohngruppen, Baugemeinschaften, Vermietende sowie Inves-torinnen und Investoren in Angelegenheiten des barrierefreien Wohnens zur Miete und im Eigentum, in Einzelhaushalten und in gemeinschaftlichen Wohnformen informieren und beraten lassen. Die „Beratungstiefe“ der Netzwerkagentur GenerationenWohnen bietet „Erst- und Ein-stiegsberatung“ an. Interessierte erhalten Grundinformationen zum generationenüber-greifenden Wohnen sowie Kontakte zu ähnlich interessierten Einzelpersonen, Bau- und Wohngruppen, Wohnungs- oder Grundstücksanbieterinnen und -anbietern. Zugleich fungiert die Beratungsstelle wettbewerbsneutral als Ideengeber für gemeinschaftliche Wohnprojekte. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der Vernetzung zwischen Wohnungswirtschaft, Wohnungsgenossenschaften, Haus- und Grundstückseigentüme-rinnen und -eigentümern sowie Initiativen und Fachleuten. Das Beratungsteam der Netzwerkagentur GenerationenWohnen verfügt über langjährige Praxiserfahrungen in baufachlichen, finanzierungstechnischen, rechtlichen und sozial-organisatorischen Fra-gen des Bauens und Wohnens in der Gemeinschaft und im Generationenverbund. 2.5.3 Koordinierungsstellen „Rund ums Alter“

Die Koordinierungsstellen „Rund ums Alter“ haben in Bezug auf das Thema Wohnen die Funktion, die Möglichkeiten zur häuslichen Versorgung und zur Rehabilitation aufzuzei-

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gen sowie Beratung zur alters- und behindertengerechten Wohnungsanpassung und zur sozialen Reintegration durchzuführen. Ziel der Arbeit ist die Ermöglichung des langfristi-gen Wohnens älterer Menschen in der gewohnten Umgebung und somit die Vermei-dung unnötiger Heimeinweisungen. Die Koordinierungsstellen bieten älteren, kranken und behinderten Menschen und ihren Angehörigen kostenlos, unabhängig und verbrau-cherorientiert Information, Beratung und Unterstützung für ein selbstbestimmtes Leben im Alter.

Im Jahr 2006 hatten die Berliner Koordinierungsstellen insgesamt über 30.000 Klienten. Davon erhielten 22.690 eine Information bzw. Auskunft, 7.577 eine ausführliche Bera-tung und 584 ein umfassendes Fallmanagement (Case Management). In den 8.161 Fäl-len mit Beratung sind 1.081 Wohnungsanpassungen enthalten, das entspricht einem Anteil von 13,2 Prozent. Die Ergebnisse der Arbeit der Koordinierungsstellen zeigen den Bedarf an einzelfallorientierter Beratung und Hilfestellung. Von einem Anstieg des Be-darfs ist auszugehen. 2.5.4 Internetplattform „Wohnen im Alter“

Die Berliner Initiative „Wohnen im Alter“ (BIWIA) betreibt u. a. die Internet-Plattform www.berlin.de/wohnen-im-alter. Die Plattform liefert Grundinformationen zu Wohnfor-men, Infrastrukturen, sozialen und kulturellen Einrichtungen sowie über Rechtsfragen und Beratungsangebote. Sie ist mit den Websites der einschlägigen Informationsstellen und Wohnportale vernetzt. 2.5.5 Angebotsinformationen der städtischen Wohnungsbaugesellschaften

Eine besondere Herausforderung für die Wohnungswirtschaft stellt der demografische Wandel dar. Die Bevölkerungszusammensetzung in den Wohnbeständen wird älter, bunter und internationaler. Das Wohnen in Zeiten langen Lebens stellt an die Woh-nungswirtschaft neue Herausforderungen.

Wichtige Aktivitäten für die städtischen Wohnungsbaugesellschaften ist der Informati-ons- und Erfahrungsaustausch. Mieterinnen und Mieter können sich bereits heute bei allen Gesellschaften über Wohnungen, die ein selbstbestimmtes Wohnen in Zeiten lan-gen Lebens zulassen, informieren. Weiterhin werden dort Hilfsangebote und das soziale Engagement der Gesellschaften beworben und veröffentlicht.

Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften weisen auf folgenden Websites auf ihre speziellen Wohn- und/oder Serviceangebote für Seniorinnen und Senioren hin:

• Degewo: http://www.degewo.de enthält eine Suchfunktion zu „Seniorenwohnen“ einschließlich der Unterrubriken „Pflegewohnen“, „Residenzen“, „Seniorenwohn- häuser“ und „SOPHIA – Hilfe im Alltag für Senioren“

• Gewobag: http://www.gewobag-verbund.de enthält unter der Rubrik „Kunden- service“ die Unterrubriken „Seniorenservice“ mit Sprechstunden- und Dienstleis-tungsangeboten sowie „Seniorenwohnhäuser“

• Gesobau: http://www.gesobau.de enthält unter der Rubrik „Mieterservice“ einen Link zum Netzwerk Märkisches Viertel: http://www.netzwerkmv.de

• Howoge: http://www.howoge.de/mietwohnungen/index.html enthält eine Such-maschine für die Rubriken „seniorenfreundlich“ und „Senioren-WGs“.

• Stadt und Land: http://www.stadtundland.de/seniorenwohnen/angebote enthält Rubriken zu „Seniorenfreundliche Häuser“, „Service-Wohnen“, „Senioren-Wohngemeinschaften“ und „SOPHIA“.

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• Wohnungsbaugesellschaft Mitte: http://www.wbm.de/wbm/cms/de/senioren/Senioren.html

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3. Generationengerechtes Bauen

Bei stagnierender Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner und steigenden Mietbelas-tungsquoten im Alter wird Neubau auch künftig eher von untergeordneter Bedeutung sein. Der überwiegende Teil des Wohnens in Zeiten des längeren Lebens wird in Berlin durch die Anpassung des Bestandes vollzogen werden. Hier ist eine Umgestaltung be-sonders aufwändig. Eine der zentralen Fragen in den nächsten Jahren wird somit sein, wie es gelingt, den enormen Finanzbedarf der Gebäude- und Umfeldgestaltung für das Wohnen in Zeiten des längeren Lebens zu decken.

Ziel muss es dabei sein, den gebauten Raum so zu planen und zu realisieren, dass ihn alle Menschen ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe nutzen können. Dazu gehört zum einen die Gestaltung des Wohnraums, zum anderen die Zugänglichkeit der Immobilie / Wohnung und die Gestaltung der öffentlich zugängli-chen Infrastrukturen und Gebäude. Der Umbau erhöht die Qualität und Vermietbarkeit der Wohnungen und schafft darüber hinaus Arbeitsplätze im Handwerk und in der Bau-branche. 3.1 Barrierefreies Bauen Innerhalb des Spektrums der Akteure, die sich mit dem Wohnen in Zeiten des längeren Lebens beschäftigen, herrscht bis heute Uneinigkeit, was unter dem Begriff „barriere-freies Bauen“ zu verstehen ist. Für den Neubau schreibt die Berliner Bauordnung zwar vor, was unter Barrierefreiheit zu verstehen ist und welche Kriterien gelten. Unterschied-liche Vorstellungen gibt es aber beim Umbau im Bestand hinsichtlich des Anwendungs-bereiches und der Reichweite (barrierefrei vs. barrierearm). Der größten Anpassungs-bedarf ergibt sich aber genau in diesem Segment sowohl in den innenstadtnahen als auch äußeren Stadtbereichen. Das Ziel ist daher langfristig die Entwicklung von einheit-lichen, anerkannten Gütekriterien für den Umbau von Wohnungen im Bestand. Eine barrierefreie Gestaltung der Wohnung, des Wohngebäudes und dessen Zugangs, des Grundstücks, des Wohnumfeldes und der Zugänge zu Infrastruktureinrichtungen stehen im Mittelpunkt der Betrachtung des vorliegenden Berichtes und werden Ziele des zu erstellenden Konzeptes sein. Die Umsetzung dieses Zieles soll allen Menschen zu gute kommen. Jedoch lässt sich diese Forderung nicht überall realisieren, gerade im Bestand existieren zahlreiche Hindernisse, die einer vollständigen Barrierefreiheit ent-gegen stehen. Auch sind der Grad und die Form der Zielerreichung von Barrierefreiheit von den Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer abhängig. Wichtig in diesem Kontext sind die Ergebnisse, die in Berlin zum Thema „Barrierefreies Bauen“ und dem Prinzip des „Design for all“ bislang erreicht wurden. Zur Weiterentwicklung der Barrierefreiheit der öffentlichen Infrastrukturen hat der Senat 1992 in Zusammenarbeit mit dem Landesbeirat für Behinderte Leitlinien zum Ausbau Berlins als behindertengerechte Stadt beschlossen. Allen Menschen mit und ohne Behinderung soll ermöglicht werden, gleichberechtigt am sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Berlin teilzunehmen. Der 2007 von der Senatsverwaltung für Integ-ration, Arbeit und Soziales erstellte Bericht über 15 Jahre Erfahrungen mit den Leitlinien zeigt nach Einschätzung des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen ein-drucksvoll, in welchem Tempo und Ausmaß sich das Prinzip der Barrierefreiheit bereits durchgesetzt hat und die heutige bau- und verkehrstechnische Infrastruktur der Stadt prägt. Mit den derzeitigen Instrumenten zur Umsetzung des barrierefreien Bauens

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(Gesetze, Verordnungen, Institutionen, Arbeitsgruppen) befindet sich Berlin auf einem guten Weg. Auch die Wohnungsanbietenden sollten sich diesem Grundgedanken anschließen. Denn Barrierefreiheit:

• ist ein Qualitätsmerkmal für jede Wohnung, • erhöht die Möglichkeiten der Nutzenden, die bisherige Wohnung auch bei Eintreten

einer Behinderung oder Pflegebedürftigkeit weiter nutzen zu können und trägt damit zur Verzögerung oder Verhinderung von Wegzügen bei und

• verbessert die Vermietbarkeit der Wohnungen für alle Zielgruppen. Wohngebäude sind aber keine öffentliche Infrastruktur. Dadurch sind die Einflussmög-lichkeiten der öffentlichen Hand grundsätzlich auf

• bauordnungs- und bauplanungsrechtliche Vorgaben, • finanzielle Fördermittel, • Information und Beratung sowie • Aktivitäten der im öffentlichen Eigentum befindlichen Wohnungsunternehmen

begrenzt. 3.2 Gütekriterien für altersgerechtes Wohnen im Bestand

Ausgehend von der Feststellung, dass für die Kennzeichnung von Bestandswohnungen als „altersgerecht“ bisher keine einheitlichen Gütekriterien existieren, haben die Mitglie-der der „Berliner Initiative Wohnen im Alter“ (BIWIA) im Jahr 2006 die Möglichkeiten der Entwicklung entsprechender Kriterien intensiv diskutiert. Ziel war die Entwicklung von Kriterien, die

• Wohnungseigentümerinnen und -eigentümern die Einschätzung erleichtern sollten, ob und inwieweit ihre jeweiligen Bestände „altersgerecht“ sind,

• Wohnungssuchenden das Finden einer altersgerechten Wohnung erleichtern sollten. Einvernehmen bestand darin, dass entsprechende Kriterien Merkmale

• der Wohnung, • des Wohngebäudes und • des Wohnumfeldes

umfassen sollten. Zudem sollten die Kriterien so gefasst sein, dass Eigentümerinnen und Eigentümer die zur Einstufung einer Wohnung erforderlichen Basisinformationen ohne größeren Aufwand selbst ermitteln könnten.

Herr Architekt Herwig Loeper, der im Auftrag der Architektenkammer Berlin BIWIA bei der Erarbeitung des Kriterienkatalogs unterstützte, schlug darüber hinaus vor, bei der Bewertung von Beständen diese

• nach drei „Angebotsebenen“ (d. h. unterschiedlichen Graden von Altersgerechtigkeit) sowie

• nach ihrer Eignung für die Nutzenden o Menschen mit Gehbehinderung, o Menschen mit Rollstuhlnutzung, o Menschen mit Sehbehinderung und o Menschen mit Betreuungs- und Pflegebedarf

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zu differenzieren. In Anlage 3 sind das entsprechende Kriterienschema und die dazu gehörigen Erläuterungen dokumentiert.

Durch die Unterscheidung nach Angebotsebenen und Gruppen von Nutzenden wurde der Kriterienkatalog jedoch nach Einschätzung der Mehrzahl der BIWIA-Mitglieder so komplex, dass er nicht mehr die Anforderung einer einfachen Handhabbarkeit durch die Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer erfüllte. Insbesondere die Wohnungsei-gentümerinnen und Wohneigentümer plädierten dafür, den Gedanken einheitlicher Gü-tekriterien im Rahmen von BIWIA nicht weiter zu verfolgen. Stattdessen votierten sie dafür, verstärkt Musterbeispiele für gelungene altersgerechte Wohnungsanpassungen öffentlich zu präsentieren. Eine Weiterbearbeitung ist im Zuge der Erstellung eines Kon-zepts zum Wohnen in Zeiten langen Lebens geplant. 3.3 Kriterien für anpassungsfähiges Wohnen - Gütesiegel

Bei der Diskussion über Qualitätskriterien für altersgerechte Bestandswohnungen im Rahmen von BIWIA wurde eine weitere Dimension herausgearbeitet. Es ist oftmals ent-scheidend, wie lange im Alter der Verbleib in der Wohnung möglich ist. Neben der Zertifizierung des Wohnraums durch Gütesiegel ist es wichtig, hinsichtlich der zukünftigen Nutzung einer Wohnung im Alter schon beim Einzug eine Bewertung der Anpassungsfähigkeit vorliegen zu haben. Somit gilt es, den Wohnungsbestand der Wohnungswirtschaft hinsichtlich der zukünftigen Eignung für einen barrierefreien Um-bau und dementsprechend die Anpassungsfähigkeit zu bewerten. Dabei stellt sich die Frage des barrierefreien Umzugs für viele Bewohnerinnen und Be-wohner erst langfristig. Dennoch ist entscheidend, wie geeignet die Wohnungen für den Umbau nach den genannten Kriterien sind. Es ist daher sinnvoll, ein Gütesiegel zu ent-wickeln, das über die vorhandene, mögliche oder nicht realisierbare technische Umset-zung von Wohnungsanpassungen informiert. Bewohnerinnen und Bewohner könnten dann somit schon beim Wohnungswechsel ab-schätzen, ob und welche Möglichkeiten des Um- und Einbaus für das Wohnen in Zeiten des längeren Lebens bestehen. 3.4 DIN-Normen

Derzeit wird eine neue DIN-Norm 18040 „Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen“ (Teil 1: Öffentlich zugängliche Gebäude, Teil 2: Wohnungen) beim Deutschen Institut für Normung e. V. erarbeitet. Ausgangsbasis sind die zurzeit gültigen DIN-Normen 18024 „Barrierefreies Bauen“ und 18025 „Barrierefreie Wohnungen“. Mit der neuen DIN-Norm werden die technischen Voraussetzungen für barrierefreie Gebäude, barrierefreie bauliche Anlagen und barrie-refreie Wohnungen beschrieben. Geprüft wird, ob eine Zuordnung von Behinderungsar-ten und ihre Anforderungen an die Technik (Geh-, Seh- und Hörbehinderung) eingear-beitet werden können. Die DIN-Norm soll insbesondere die Bedürfnisse von Menschen mit Seh- oder Hörbehinderung oder motorischen Einschränkungen sowie Personen, die Mobilitätshilfen und Rollstühle benutzen, berücksichtigen. Auch für andere Personen-gruppen wie ältere Menschen führen viele dieser Anforderungen zu einer Nutzungser-leichterung. Mit der neuen DIN-Norm soll die Grundlage geschaffen werden, dass weit-gehend alle Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis

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und grundsätzlich ohne fremde Hilfe ihren Lebensraum nutzen können. Die Norm soll für Neubauten gelten und sinngemäß für die Planung von Umbauten oder Modernisie-rungen herangezogen werden. Der Anwendungsbereich von „Teil 2: Wohnungen“ wird sich auf die Planung, Ausfüh-rung und Ausstattung von Wohnungen und deren Erschließung beziehen und ist dann anzuwenden, wenn Wohnungen und deren Erschließung auf der Grundlage von Rechtsvorschriften oder in privatem Auftrag barrierefrei nutzbar sein müssen. In Kürze wird der Arbeitsausschuss im Deutschen Institut für Normung e.V. die Arbeit an dem Entwurf der DIN-Norm 18040 beenden. Nach der Veröffentlichung des Gelbdrucks erfolgt das Anhörungsverfahren der Öffentlichkeit. 3.5 Informations- und Beratungsangebote für eine altersgerechte

Gebäudegestaltung

Aufgrund des demografischen Wandels und dessen Folgen gewinnt die Zusammenar-beit über Fragen des Wohnens in Zeiten des längeren Lebens für alle Akteure des Wohnens – das Land Berlin, die Wohnungswirtschaft und die wohnungswirtschaftlichen Verbände und Interessenvertretungen – zunehmend an Bedeutung.

Aktivitäten für eine stärkere Vernetzung der Informationen sowie zielgruppengenaue Fachinformationen durch

• Fachveranstaltungen, • Informationen im Internet, • Informations- und Beratungsstellen sowie • Merkblätter und Broschüren.

Darüber hinaus sollten für die angesprochenen Zielgruppen und ihre Angehörigen sowie die interessierte Öffentlichkeit „barrierefreie“ Informations- und Beratungsangebote er-stellt werden. Diese sollten mehrstufig von der Informationsplattform im Internet über die Beratungsstellen (insbesondere die Koordinierungsstellen „Rund ums Alter“ und die Netzwerkagentur GenerationenWohnen) bis hin zu Angeboten der persönlichen Bera-tung aufgebaut und vernetzt sein. Bestehende Angebote, auch anderer Verwaltungen, sind zu qualifizieren und zu bewerben. Zu berücksichtigen sind auch fremdsprachige Angebote. Nachfolgend werden Beispiele dargestellt. 3.5.1 Handbuch „Barrierefreies Planen und Bauen in Berlin“

Das Handbuch „Barrierefreies Planen und Bauen in Berlin“20 enthält in Kapitel l Informa-tionen zu allgemeinen Grundlagen des barrierefreien Bauens. Diese sind Verständnis fördernd und sinngemäß auch auf den Wohnungsbau übertragbar, wobei der Schwer-punkt auf gemeinschaftlich genutzte Teile eines Wohngebäudes oder einer -anlage gelegt werden sollte.

20 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Barrierefreies Planen und Bauen in Berlin.

ÖFFENTLICH ZUGÄNGLICHE GEBÄUDE. Grundlagen und Beispiele, Berlin 2007

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3.5.2 Beratung und Information der Handwerkskammer Berlin

Broschüre „Komfortwohnen für Jung und Alt“21

• Die Handwerkskammer Berlin, der BBU – Verband Berlin-Brandenburgischer Woh-nungsunternehmen e.V. (BBU) und der LFW Landesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen Berlin / Brandenburg e.V. arbeiten gemeinsam auf die An-passung des Wohnungsbestandes in Berlin hin. Ziel ist es, das Angebot sogenann-ter „barrierearmer Komfortwohnungen für Jung und Alt“ in der Stadt deutlich zu ver-größern.

• Eine mit dem Handwerkszentrum "Wohnen im Alter" der Handwerkskammer Düs-seldorf erstellte Broschüre zum Thema "Komfortwohnen für Jung und Alt" (2006) ermöglicht allen Interessierten einen kompakten Einstieg in die Thematik, trägt dazu bei, Kontakte unter den Beteiligten zu fördern und weist auf ein geeignetes Qualifi-zierungsangebot hin.

• Darüber hinaus entwickelte die Handwerkskammer zusammen mit dem Berliner Mie-terverein eine Checkliste, die es Wohnungssuchenden ermöglicht, mehrere Objekte im Hinblick auf Kriterien der Barrierefreiheit bzw. des Wohnkomforts zu vergleichen.

Handwerkerdatenbank der HWK Berlin

• Die Handwerkskammer baut eine Online-Datenbank zur Suche nach Handwerkerin-nen und Handwerkern auf, über die künftig Handwerksbetriebe abrufbar sind, die beispielsweise Notdienste oder Bau- und Dienstleistungen in barrierefreien Gebäu-den anbieten.

3.5.3 Altersgerechte Musterwohnungen

Von den städtischen Wohnungsbaugesellschaften hat u. a. die DEGEWO in Zusam-menarbeit mit Studierenden der Fachhochschule Wildau eine altersgerechte Muster-wohnung in der Schlangenbader Straße geschaffen. In dieser Wohnung werden Inte-ressenten entsprechende Komforttechnologien vorgestellt. So lassen sich per Fernbe-dienung die Heizung und elektronisch die Jalousien ansteuern. Die Einschaltung der Stromversorgung und die Zentralsteuerung aller Funktionen erfolgt durch die Nutzer- innen und Nutzer, was eine deutliche Erhöhung des Sicherheitsgefühls zur Folge hat. Im Bereich der Freien Wohnungsunternehmen hat die Eigentümergesellschaft des „Soldiner Karree“ mit der „Zukunftsinitiative Wohnen im Bestand“ und den Feddersen Architekten in einem Komplex des sozialen Wohnungsbaus mehrere Musterwohnungen eingerichtet. 3.6 Barrierefreiheit des Wohnumfeldes

Auch für den öffentlichen Raum ist es wichtig, Grundlagen für die altersgerechte Gestal-tung des gebauten Raums zu entwickeln. Um ein generationsübergreifendes Wohnen in sozialen Nachbarschaften zu ermöglichen, müssen in diesen Nahräumen Konzepte zur altersgerechten Infrastrukturversorgung entwickelt und bestehende Angebote qualifiziert werden. Zum Wohnumfeld gehören die Park- und Grünanlagen, Wohnzugangseinrich-tungen und das nähere Wohnumfeld. Ein gutes, barrierefreies Dienstleistungsangebot ist ein Standortvorteil für alle.

21 Zu beziehen über die Handwerkskammer Berlin.

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Für öffentlich zugängliche Gebäude gelten in Berlin bereits gesetzliche Regelungen, Barrierefreiheit baulich zu gewährleisten. Dieses kommt im Sinne eines „Design for All“ allen zu gute. Die gesetzliche Basis für Gebäude findet sich in § 51 Barrierefreies Bauen der Bauordnung für Berlin (BauO Bln). Mit der DIN 18024 ("Barrierefreies Bauen", Teil 1) wurden lange Zeit nur einige Anforderungen genannt. Es ist geplant das Handbuch „Barrierefreies Bauen“ um die erwähnten Themen zu ergänzen. Zur genauen Erörterung dieses Thema siehe Anlage 3. 3.7 Mobilität Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV)

Beim Öffentliche Personennahverkehr sind schon heute zwanzig Prozent der Fahrgäste auf eine barrierefreie Ausstattung der Busse und Bahnen angewiesen. Dieser Anteil wird in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Das barrierefreie öffentliche Verkehrs-angebot soll kontinuierlich weiterentwickelt werden. Dies geschieht unter anderem mit neuen Aufzügen bei der U- oder S-Bahn sowie mit neuen, barrierefreien Fahrzeugen. Hol- und Bringedienste

Unter dem Motto „Draußen spielt das Leben – wir bringen Sie hin“ bieten die Berliner Mobilitätshilfedienste in allen Bezirken Begleit- und Schiebehilfen für ältere und behin-derte Menschen an, die ihre Wohnung nicht ohne fremde Hilfe verlassen können. 2007 wurden allein von den mit Landesmitteln geförderten Diensten ca. 287.000 Einsätze erbracht.

Sonderfahrdienste

Der Berliner Sonderfahrdienst für Menschen mit Behinderung22 schließt mit seinen er-gänzenden Angeboten noch bestehende Lücken im Berliner Mobilitätsangebot für Men-schen mit Behinderung. Mit seinen behindertengerechten Fahrzeugen und dem ge-schulten Personal steht er vor allem den Berechtigten zur Verfügung, die den ÖPNV und das Taxikonto wegen der erforderlichen Treppenhilfen / Assistenzleistungen oder aufgrund der Art oder Schwere ihrer Behinderungen nicht nutzen können. Nutzer/innen, die wegen ihrer besonderen wirtschaftlichen oder persönlichen Verhält-nisse nicht in der Lage sind die geforderte Eigenbeteiligung für den Sonderfahrdienst zu entrichten, können beim Landesbeirat für Menschen mit Behinderung einen Zuschuss beantragen. Auch für Fahrten im Rahmen der Ausübung eines Ehrenamtes kann ein Antrag auf Erstattung der Eigenbeteiligung gestellt werden. 4. Soziale Nachbarschaften der Generationen

Vor allem ältere Menschen sind auf den sozialen Nahraum und die dort lebenden Menschen und Einrichtungen angewiesen, da bei dieser Zielgruppe soziale Netze und Mobilität schrumpfen. Die „Soziale Nachbarschaft“ kann die Wohnzufriedenheit beför-dern und zu einem positiven Image eines Quartiers innerhalb der Gesamtstadt beitra-gen. An der Gestaltung sozialer Nachbarschaften ist eine Vielzahl von Akteurinnen und Ak-teuren beteiligt. Im Sinne des subsidiären Handlungsansatzes des Landes sind hier ge-gebenenfalls

22 http://www.berlin.de/lageso/behinderung/sofa/index.html

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Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement, speziell für die Organisation von Nachbarschafts- und Selbsthilfe und Initiativen zur gemeinschaftsfördernden Gestaltung des Wohnumfeldes zu sichern. Dabei ist die „Win-Win-Situation“ als Motiva-tion entscheidend. Die Bevölkerungsstruktur mit unterschiedlichen Generationen, Lebensentwürfen und Kulturen gilt klar als Standortvorteil Berlins. Die Durchmischung von Quartieren bietet die Möglichkeiten, die Potentiale einer jeden Generation einzubringen und für eine positive Entwicklung aller Bewohnerinnen und Bewohner in der sozialen Nachbarschaft zu nutzen.

4.1 Soziale Treffpunkte

4.1.1 Stadtteilzentren

Die 25 Nachbarschaftseinrichtungen, 12 Selbsthilfekontaktstellen und weitere Projekte der Senioren- und Behindertenarbeit haben sich in allen Bezirken zu Anlaufstellen für Bürgerinnen und Bürger in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld positiv entwickelt und werden als Orte und Brückenbauer zwischen Generationen, Schichten und Kulturen immer besser angenommen. Haupt- und nebenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbei-ter bieten den Bürgerinnen und Bürgern niedrigschwellige Beratungen zu vielen Fragen und Lebenslagen an und helfen bei der Lösung von Alltagsfragen.

Eine gute Entwicklung ist bei der Unterstützung von gemeinschaftlichen und generatio-nenübergreifenden Wohnprojekten zu erkennen, die einige Stadtteilzentren derzeit erproben. Mit dem dritten Folgevertrag Stadtteilzentren werden Synergieeffekte und Im-pulse in Bezug auf eine aktivierende und zeitgemäße Seniorenarbeit gegeben.

Künftig sollen weitere Selbstinitiativen und Projekte sowie Organisationen zur Förderung des bürgerschaftlichen Engagements stärker in die Stadtteilzentrenarbeit einbezogen werden. Bürgernahe Nachbarschaftshäuser sind geradezu prädestiniert, lokale soziale Netzwerke zu schaffen und partnerschaftlich mit den Bezirken eine große Verantwor-tung für das soziale Leben in einer Region zu übernehmen. 4.1.2 Angebote freier Träger

Die Mehrzahl der älteren Menschen möchte so lange wie möglich selbstständig in der eigenen Wohnung verbleiben. Der Gesetzgeber hat zudem der häuslichen Versorgung Vorrang gegeben. Hieraus ergibt sich sozialpolitisch die Notwendigkeit, ein umfassen-des, abgestuftes Netz von Informations- und Beratungs-, Hilfs-, Betreuungs- und Ver-sorgungsangeboten anzubieten. Sie sollen darauf ausgerichtet sein, den Verbleib in der Häuslichkeit unter Wahrung und Aufrechterhaltung von Autonomie zu ermöglichen und die sozialen Netzwerke der Hilfe (Partnerschaft, Familie, Verwandtschaft, Nachbar-schaft, Freundeskreis), die nach wie vor den Hauptteil der sozialen und gesundheitli-chen Unterstützung im Alter leisten, nachhaltig zu stützen.

Ambulante Pflegedienste leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur pflegerischen Ver-sorgung der Berliner Bevölkerung. Die absolute Zahl der Einrichtungen, die einen Ver-sorgungsvertrag für den Bereich der Pflegeversicherung (SGB XI) abgeschlossen ha-ben, schwankt durch Zu- und Abgänge laufend (z. Zt. 468). Insgesamt verfügt Berlin damit über ein quantitativ umfangreiches Angebot. Im Ergebnis kann von einem regional gut ausgebauten Angebot ausgegangen werden.

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4.2 Haushaltsnahe niedrigschwellige Dienstleistungen

Haushaltsnahe Dienstleistungen im engeren Sinne (wie Putz- und Haushaltshilfen, Wä-schepflege, Einkaufen, kleinere Reparaturen, Versorgung von Haustieren, Hausnotruf, Mahlzeitendienste) ergänzen Selbsthilfe-, Freizeit-, Bildungs-, Informations- und Bera-tungsangebote und Mobilitätshilfen (siehe 3.3.2 IV, 3.4.4), sowie die Angebote der me-dizinischen und pflegerischen Versorgung. Ein großer Teil der haushaltsnahen Unter-stützungsleistungen erfolgt nach wie vor unbezahlt im Rahmen familiärer oder nachbar-schaftlicher Hilfe. Ein aktuelles Beispiel für die Verbindung von Wohnen und Dienstleistungen bildet das SOPHIA-Konzept. SOPHIA steht für „Soziale Personenbetreuung – Hilfen im Alltag“. Das von Wohnungsunternehmen und der Universität Bamberg entwickelte Konzept wird inzwischen in vielen Städten praktiziert. In der Region Berlin-Brandenburg haben die DEGEWO-Gruppe und die STADT UND LAND als Schrittmacher die SOPHIA Berlin GmbH als gemeinsames Tochterunternehmen der DEGEWO, STADT UND LAND und der SOPHIA Holding GmbH gegründet. Ziel des Projektes ist es, Wohnen und Dienst-leistungen kostengünstig zu koppeln, um so ein komfortables Leben zu Hause zu er-möglichen.

Zur Auswahl stehen vier Service-Angebote zu unterschiedlichen Preisen. Zum Service gehören Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner rund um die Uhr, Vermittlung von Dienstleistungen, Notrufbearbeitung und Nachbearbeitung, Erinnerungsanrufe, Aktive Betreuung/Patenanrufe, SOPHIA Datenbank, Hausbesuche/Fallbesprechungen, Einma-lige Hilfen im Alltag, Angehörigenberatung sowie Arztgespräche. Um Isolation und Ver-einsamung entgegenzuwirken, erfolgen Besuche bei allein stehenden, meist alter und kranker Menschen zu Hause, in Krankenhäusern und Heimen durch engagierte Men-schen (meist Frauen) im Rahmen ehrenamtlicher Besuchsdienste.

4.3 Selbstorganisation und freiwilliges Engagement

Rund ein Drittel der 55- bis 69-Jährigen und knapp 20 Prozent der über 70-Jährigen sind laut Zweiten Freiwilligensurvey 200423 bürgerschaftlich engagiert. Der Senat hat sich als Ziel gesetzt, die Teilhabe älterer Menschen in der Gesellschaft zu fördern und zu unterstützen. Bürgerschaftliches Engagement sollte von älteren Menschen als eine Möglichkeit verstanden werden, sich aktiv am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen, Einfluss zu nehmen, Menschen kennen zu lernen, Erfahrungen einzubringen und neue Fähigkeiten in nachberuflichen Rollen zu erwerben. Zunehmend finden sich auch in Bundesgesetzen Aussagen zur Bedeutung und Förde-rung bürgerschaftlichen Engagements. So ist erstmalig im Pflegeweiterentwicklungsge-setz (Novelle SGB XI) mit dem Artikel 45d die Förderung ehrenamtlichen Engagements im Bereich der Pflege vorgesehen. Es gibt nach wie vor aber Hemmnisse für ein Engagement im Ehrenamt. Dazu gehören unzureichende gesetzliche Regelungen u. a. bei der Übernahme der Fahrtkosten sowie unübersichtliche bzw. mangelnde Förderstrukturen. In Bezug auf die Wohnung und das Wohnumfeld sind es aber auch Mobilitätsbarrieren, die einem Engagement entgegen-stehen. So ist ein barrierefreier Wohnungszugang und der erleichterte Zugang zu Ver-kehrsmitteln Voraussetzung, sich zu engagieren.

23 http://www.bmfsfj.de/Kategorien/Forschungsnetz/forschungsberichte,did=73430.html

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Verbesserungsmaßnahmen hierzu könnten sein:

• Aufwandsentschädigungen für die in Ausübung des Ehrenamts entstehenden Kos-ten (insbesondere Fahrtkosten),

• Qualifizierung und Schaffung niedrigschwelliger Beteiligungsmöglichkeiten, • Förderung des Engagements im Alter 50+ durch gezielte Qualifizierung und Weiter-

bildung. 4.4 Seniorenmitbestimmung und Seniorenmitwirkung – Partizipation

von älteren Menschen an der Quartiersentwicklung

Am 18. Mai 2006 hat das Abgeordnetenhaus von Berlin das Berliner Seniorenmitwir-kungsgesetz beschlossen. Mit diesem Gesetz ist Berlin das erste Bundesland, das die Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte der Seniorinnen und Senioren auf eine gesetzliche Grundlage stellt. Die Seniorenvertretungen in den Bezirken und ihre Dachorganisation, die Landesseniorenvertretung sowie der Landesseniorenbeirat haben nunmehr eine transparente und verbindliche Grundlage für ihre Rechte und Pflichten.

Ältere Menschen wollen die aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. In Gremien, die betroffene als aktive oder beratende Mitglieder vorsehen, ist künftig der Partizipati-onsaspekt von Migrantinnen und Migranten zu berücksichtigen. Um dies mittelfristig rea-lisieren zu können, ist es notwendig, Beteiligungsstrategien speziell für diese Zielgruppe zu entwickeln. Die gesellschaftspolitische Engagement- und Partizipationsbereitschaft der Seniorinnen und Senioren erfordern in der Realität aber entsprechende gesell-schaftliche, lokale Ermöglichungsstrukturen. Die Gremien der Seniorenpolitik in Berlin – der Landesseniorenbeirat und die Landesseniorenvertretung sowie die bezirklichen Se-niorenvertretungen – haben schon jetzt bei der fachpolitischen Willensbildung einen ho-hen Stellenwert. Zusätzliche Maßnahmen, die ergriffen werden sollen, sind:

• Verbesserung der Informationen zur Beteiligung, • Einbeziehung der bezirklichen Seniorenvertretungen in lokale Planungsprozesse, • Erhöhung des Anteils von Seniorinnen und Senioren in lokalen Beteiligungsgremien

wie Quartiersräten und Bürgerhaushaltsbeteiligungsverfahren. 4.5 Kooperation und integriertes Handeln der Akteurinnen und Akteure im Kiez

Aus den Erfahrungen mit dem bisher umfangreichsten Instrument der Sozialraumorien-tierung (SRO), dem Programm Quartiersmanagement/Quartiersverfahren (QM/QV), konnten bisher folgende Prinzipien abgeleitet werden:

• „Stadtteilbezug“, • „Kooperation und Vernetzung“, • „Beteiligung“ und • „Dezentralisierung von Verantwortung und Entscheidungskompetenz“. Im Zentrum steht die Notwendigkeit einer ressort- und ebenenübergreifenden Koopera-tion und Koordination der Verwaltung sowie deren Vernetzung mit den lokalen Akteuren. Auf lokaler Ebene ist die Sozialraumorientierung (SRO), die ursprünglich aus dem fach-lichen Ansatz der Jugendhilfe entwickelt wurde, in besonderer Weise dafür geeignet, die Lebens- und damit auch die Wohnbedingungen der älteren Menschen nachhaltig zu verbessern. Eine möglichst zielgruppenorientierte Angebotsplanung und damit auch

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Altenhilfe, Altenpflege, Altenfreizeitstättenplanung etc. könnte so erreicht werden. Die gemeinschaftliche Festlegung durch den Senat und die Bezirke auf Analyse-, Planungs- und Prognoseräume ist in Berlin erfolgt. Sie hat im August 2006 zu der Hierarchie der „Lebensweltlich orientierten Räume“ (LOR = Planungsräume, Bezirks- regionen, Prognoseräume) geführt. Die „Lebensweltlich orientierten Räume“ zeichnen sich durch einen von einer bestimmten Bevölkerung in einer bestimmten Weise zusam-menhängend genutzten Bereich aus. Mittel- und langfristig soll die Sozialraumorientie-rung als Arbeitsprinzip effektivitätssteigernde und ressourcenschonende Effekte im Verwaltungshandeln auslösen und den Bewohnerinnen und Bewohnern mehr aktiven Gestaltungsspielraum in ihrer jeweiligen Lebenswelt ermöglichen.

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5. Zusammenfassung und künftige Handlungsfelder für ein gesamt- städtisches Konzept „Wohnen in Zeiten des längeren Lebens“

In der folgenden Tabelle werden die wichtigsten Aussagen des Berichtes zusammen- getragen und die Handlungsfelder für ein zu erstellendes gesamtstädtisches Konzept extrahiert. Aus diesem Bericht ergeben sich folgende Punkte, die im weiteren Prozess der Konzepterarbeitung zu präzisieren, zu modifizieren und zu ergänzen sind:

Zusammenfassung und Handlungsfelder für ein gesamtstädtisches Konzept „Wohnen in Zeiten des längeren Lebens“

Konkretisierung Stichwort/ Kategorie

Aufgrund des demografischen Wandels steht das gesamtstädtische Konzept „Wohnen in Zeiten des längeren Lebens“ unter dem Leitbild, die Rahmenbedingungen und die Möglichkeiten des eigenständigen und selbstbestimmten Wohnens bis in das hohe Alter hinein zu er- halten und zu befördern. Leitendes Prinzip ist die integrierte, sozial und kulturell vielfältige sowie generationengemischte städtische Nach-barschaft.

Prämisse: eigenstän-diges und selbstbe-stimmtes Wohnens bis in das hohe Alter hin-ein zu erhalten und zu befördern

Leitlinie

Die Möglichkeiten zum Verbleib in der bisheri-gen Wohnung oder im bisherigen Wohnquartier können durch

• eine möglichst barrierefreie Gestaltung von Wohnung, Wohngebäude und Wohnumfeld,

• ein hinreichendes Angebot an bezahlba-ren Dienstleistungen rund um das Alter im Nahbereich und

• ehrenamtliches Engagement, welches das bestehende Dienstleistungsangebot sinnvoll ergänzt und erweitert,

wesentlich verbessert werden.

Möglichkeiten zum Verbleib in der bishe-rigen Wohnung:

• Barrierefreiheit

• Dienstleistun-gen

• Ehrenamt

Leitlinie

Vor diesem Hintergrund ist dem Erhalt bezahl-baren Wohnraums in den einzelnen Sozial- räumen besondere Aufmerksamkeit zu widmen bzw. gilt es, dieses zu fördern. Gleichzeitig soll-ten:

• Mindeststandards für einen effektiven und integrierten Haushaltsmitteleinsatz für den Sozialraum festgeschrieben werden. Durch Koordinierung und Kooperation aller Akteure in der Alten- hilfe (Behörden, medizinische und andere Berufsgruppen, Selbsthilfe- organisationen) können wirksame pro-

Politische Maßnah-men für den Erhalt bezahlbaren Wohn-raum und der Selbst-ständigkeit sind zu schaffen:

• Haushalts- mitteleinsatz

• Förderung des Ehrenamtes

• Wissenschaft-liche Begleit-

Leitlinie

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Zusammenfassung und Handlungsfelder für ein gesamtstädtisches Konzept „Wohnen in Zeiten des längeren Lebens“

Konkretisierung Stichwort/ Kategorie

phylaktische Aktivitäten von „Frühwarn-systemen“ bis zur „aufsuchenden Sozi-alhilfe“ eingeführt und Förderprogramme besser aufeinander abgestimmt,

• ehrenamtliche Tätigkeit in der Beratung und Betreuung von älteren und alten Menschen, die von Altersarmut betroffen sind, durch Aufwandsentschädigung, versicherungsmäßige Absicherung, fachlich kompetente Fortbildung der Helferinnen und Helfer unterstützt und

• eine wissenschaftlich fundierte interdis-ziplinäre Forschung zur sozialräumlichen Altersarmut z. B. durch Bestimmung der Ursachen, des Ausmaßes, der Struktur und des Schweregrades der Altersarmut in einzelnen Sozialräumen unterstützt werden.

forschung.

Mit der künftig starken Zunahme der über 80-Jährigen wird ein deutlich steigender Bedarf an barrierearmen, bezahlbaren Wohnformen und persönlichen Dienstleistungen rund um das Alter entstehen, der teilweise noch unterhalb der Schwelle der Pflege liegen wird.

Deutlich steigender Bedarf an barrierear-men Wohnformen und persönlichen Dienst-leistungen.

Leitlinien

Dem Erhalt und der Stärkung funktionierender sozialer Nachbarschaften sowie altersgemisch-ter stabiler Quartiere kommt vor dem beschrie-benen Hintergrund eine besondere Bedeutung zu. Dabei können die Älteren selbst einen deut-lichen Beitrag leisten und soziale Verantwor-tung und Engagement übernehmen.

Soziale Nachbarschaf-ten und altersgemisch-te stabile Quartiere sind durch geeignete politische Maßnahmen zu erhalten und zu fördern.

Leitlinien

Die Investitionsbank Berlin hat 2007 Pilotpro-gramme zur energetischen Gebäudesanierung und zum seniorengerechten Wohnen aufgelegt, bei denen sie KfW-Mittel mit einer zusätzlichen Zinsverbilligung durchleitet. Eine Fortsetzung der Programme auf der Grundlage der gesam-melten Erfahrungen wird geprüft.

Die Fortsetzung von Förderprogrammen wird geprüft.

Förderpro-gramme

Der überwiegende Teil des Wohnens in Zeiten des längeren Lebens wird in Berlin durch die Anpassung des Bestandes vollzogen werden. Hier ist eine Umgestaltung besonders aufwän-

Zentrale Frage: Wie kann der enorme Fi-nanzbedarf für Um-gestaltung des beste-

Förderpro-gramme

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Zusammenfassung und Handlungsfelder für ein gesamtstädtisches Konzept „Wohnen in Zeiten des längeren Lebens“

Konkretisierung Stichwort/ Kategorie

dig. Eine der zentralen Fragen in den nächsten Jahren wird somit sein, wie es gelingt, den e-normen Finanzbedarf der Gebäude- und Um-feldgestaltung für das Wohnen in Zeiten des längeren Lebens zu decken.

henden Bestandes gedeckt werden?

Das Interesse an gemeinschaftlichen Wohn-formen nimmt in begrenztem Umfang zu. Aktuelle Engpässe bestehen deshalb im neuen Segment gemeinschaftlichen Wohnens in Zeiten des längeren Lebens zur Miete. Hier gibt es zwar eine zunehmende Nachfrage, jedoch noch kein entsprechend entwickeltes

Angebotssegment.

Für gemeinschaftliche Wohnformen im Miet-sektor besteht noch kein entsprechend entwickeltes Ange-botssegment.

Gemein-schaftliche Wohnformen

Gemeinschaftliche Wohnformen und Formen wechselseitiger Hilfeleistung werden vor dem Hintergrund hoher Mietbelastungsquoten an Bedeutung gewinnen. Allerdings besitzt Berlin ideale Ausgangsbedingungen dies zu realisie-ren. Die Stadt kann sich zu einer Kreativwerk-statt für das Wohnen in Zeiten des längeren Lebens entwickeln. Es erfordert neue, unkon-ventionelle Wege und die Zusammenarbeit aller Akteure. Ein weiteres Hauptaugenmerk dieses Konzeptes ist die Schaffung von generationen-übergreifenden Orten des Wohnens und der Begegnung.

Generationsübergrei-fende Orte des Woh-nens und der Begeg-nung müssen geschaf-fen werden.

Gemein-schaftliche Wohnformen

Bei stagnierender Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner und steigenden Mietbelastungsquo-ten im Alter wird Neubau auch künftig eher von untergeordneter Bedeutung sein.

Aufgrund der Bevölke-rungsentwicklung und des Wohnungsmark-tes kaum Neubau.

Wohnungs-wirtschaft

Durchaus realistisch erscheint ein zusätzlicher Wohnungsbedarf in Berlin bis 2030, der vorran-gig auf der Mehrnachfrage „älterer Haushalte“ nach kleineren Wohnungen basiert.

Zusätzlicher Bedarf von Wohnungen für überwiegend von älte-ren bewohnte Haus-halte.

Wohnungs-wirtschaft

Auch der Gesichtspunkt, dass ältere Migrantin-nen und Migranten im Durchschnitt über we-sentlich geringere Einkommen bzw. Altersver-sorgungen verfügen, muss stärker in den Fokus rücken. Da bislang wenig über die Bedürfnisse und Interessen von Migrantinnen und Migranten

Die Bedürfnisse von älteren Migrantinnen und Migranten sind zu erforschen und einzu-beziehen in die künfti-

Integrations-politik

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Konkretisierung Stichwort/ Kategorie

im Hinblick auf das Thema Wohnen in Zeiten des längeren Lebens bekannt ist, müssen zu-nächst unter Beteiligung der Betroffenen Re-cherchen zu deren Vorstellungen und Wün-schen vorgenommen werden. Dabei muss dem Umstand, dass ältere Migrantinnen und Migran-ten aus unterschiedlichen Herkunftsländern kommen, Rechnung getragen werden.

ge Planung.

Barrierefreiheit für alle: Allen Menschen mit und ohne Behinderung soll ermöglicht werden, gleichberechtigt am vielfältigen sozialen, wirt-schaftlichen und kulturellen Leben in Berlin teil-zunehmen.

Implementierung eines neuen Leitbildes: Barrierefreiheit nicht nur für eine Zielgrup-pe, sondern für alle (Design for all).

Barrierefrei-heit

Der Senat sollte für Wohnungsanbieterinnen und Wohnungsanbieter sowie auch private Wohnungsbesitzende Anreizsysteme schaffen, um die Barrierefreiheit noch weiter auszudeh-nen und zu etablieren.

Anreizsysteme, um Barrierefreiheit im Wohnungsbestand durchzusetzen.

Barrierefrei-heit

Innerhalb des Spektrums der Akteurinnen und Akteure, die sich mit dem Wohnen in Zeiten des längeren Lebens beschäftigen, herrscht bis heute Uneinigkeit, was unter dem Begriff „bar-rierefreies Bauen“ zu verstehen ist. Dies muss innerhalb eines Diskussionsprozesses geklärt werden.

Der Begriff „barriere- freies Bauen“ muss eindeutig definiert werden.

Barrierefrei-heit

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat 2005 die „Berliner Initiative Wohnen im Alter“ (BIWIA) ins Leben gerufen. Die Mitglieder der Initiative haben sich seit 2006 intensiv mit der Entwicklung von Qualitätskriterien für altersge-rechte Bestandswohnungen befasst. Dieser Prozess muss fortgesetzt werden.

Die Entwicklung von Qualitätskriterien für altersgerechte Bestandswohnungen muss durch die BIWIA fortgesetzt werden.

Barrierefrei-heit

Neben der Zertifizierung des Wohnraums durch Gütesiegel ist es wichtig, hinsichtlich der zu-künftigen Nutzung einer Wohnung im Alter schon beim Einzug eine Bewertung der Anpas-sungsfähigkeit vorliegen zu haben. Somit gilt es, den Wohnungsbestand der Wohnungswirt-schaft hinsichtlich der zukünftigen Eignung für einen barrierefreien Umbau, und dementspre-chend die Anpassungsfähigkeit zu bewerten.

Ein Gütesiegel und die Bewertung der Anpas-sungsfähigkeit einer Wohnung an die Kriterien der Barriere-freiheit sind einzufüh-ren.

Barrierefrei-heit

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Konkretisierung Stichwort/ Kategorie

Derzeit wird eine neue DIN-Norm 18040 „Bar-rierefreies Bauen – Planungsgrundlagen“ (Teil 1: Öffentlich zugängliche Gebäude, Teil 2: Wohnungen) beim Deutschen Institut für Normung e. V. erarbeitet. In Kürze wird der Arbeitsausschuss im Deutschen Institut für Normung e.V. die Arbeit an dem Entwurf der DIN-Norm 18040 beenden. Nach der Veröffent-lichung des Gelbdrucks erfolgt das Anhörungs-verfahren der Öffentlichkeit.

Die neue DIN-Norm muss abschließend entwickelt und implementiert werden.

Barrierefrei-heit

Auch für den öffentlichen Raum ist es wichtig, Grundlagen für die generationenübergreifende Gestaltung des gebauten Raums im Sinne ei-nes Design for all zu entwickeln.

Gestaltung des öffent-lichen Raumes im Design for all ist vo-ranzutreiben.

Stadtentwick-lung Gestal-tung öffentli-cher Raum

Um ein generationsübergreifendes Wohnen in sozialen Nachbarschaften zu ermöglichen, müssen in diesen Nahräumen Konzepte zur altersgerechten Infrastrukturversorgung ent- wickelt und bestehende Angebote qualifiziert werden. Es ist geplant das Handbuch „Barriere-freies Bauen“ um die erwähnten Themen zu ergänzen.

Konzepte für altenge-rechte Infrastruktur-versorgung müssen entwickelt und im Handbuch „Barriere-freies Bauen“ festge-schrieben werden.

Stadtentwick-lung

Gestaltung öffentlicher Raum

Das barrierefreie öffentliche Verkehrsangebot sollte kontinuierlich weiterentwickelt werden. Dies betrifft u.a. den barrierefreien Ausbau bei den Haltestellen der U-Bahn, der S-Bahn und Straßenbahn.

Die Sicherung der Nahraummobilität gewinnt an Bedeutung.

Das Angebot des Seniorentickets unterstützt die Mobilität von älteren Menschen.

Die Barrierefreiheit im ÖPNV muss weiter-entwickelt werden.

Stadtentwick-lung

Gestaltung öffentlicher Raum

Auf lokaler Ebene ist die Sozialraumorientie-rung (SRO), die ursprünglich aus dem fachli-chen Ansatz der Jugendhilfe entwickeltet wur-de, in besonderer Weise dafür geeignet, die Lebens- und damit auch die Wohnbedingungen der älteren Menschen nachhaltig zu verbes-sern. Eine möglichst zielgruppenorientierte An-gebotsplanung und damit auch Altenhilfe, Al-tenpflege, Altenfreizeitstättenplanung etc. könn-te so erreicht werden.

Die Sozialraumorien-tierung soll auf die Zielgruppe ausgewei-tet werden.

Stadtentwick-lung

Gestaltung öffentlicher Raum

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Zusammenfassung und Handlungsfelder für ein gesamtstädtisches Konzept „Wohnen in Zeiten des längeren Lebens“

Konkretisierung Stichwort/ Kategorie

Im Sinne des subsidiären Handlungsansatzes des Landes sind Rahmenbedingungen für bür-gerschaftliches Engagement, speziell für die Organisation von Nachbarschafts- und Selbst-hilfe und Initiativen zur gemeinschaftsfördern-den Gestaltung des Wohnumfeldes zu sichern.

Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement (Nach-barschafts- und Selbsthilfe) sind zu sichern.

Ehrenamt

Es gibt nach wie vor aber Hemmnisse für ein Engagement im Ehrenamt. Dazu gehören u. a. die fehlende Übernahme der Fahrtkosten.

Verbesserungsmaßnahmen hierzu könnten sein:

o Aufwandsentschädigungen für die in Ausübung des Ehrenamts entstehenden Kosten (insbesondere Fahrtkosten),

o Qualifizierung und Schaffung niedrigschwelliger Beteiligungsmöglich-keiten,

o Förderung des Engagements im Alter 50+ durch gezielte Qualifizierung und Weiterbildung der Ehrenamtlichen.

Hemmnisse für die Ausübung eines Eh-renamts abbauen.

Ehrenamt

Politische Maßnahmen

Es sind bisher nur fünf bis sechs Prozent der 65-Jährigen und Älteren politisch aktiv. In den Parlamenten sind alte Menschen kaum vertre-ten. Erfahrungen und Sichtweisen Älterer soll-ten in Zukunft in Abstimmungs- und Planungs-prozessen in noch verstärkterem Maße einbe-zogen werden.

Politische Teilhabe von älteren Menschen soll erhöht werden.

Politische Integration

Insgesamt erscheint es sinnvoll, auch die Wissenschaft in die Diskussion einzubeziehen. Gerade die medizinischen und gerontologi-schen Untersuchungen der letzten Jahre können ein neues Bild vermitteln und helfen, den Bedarf für das Wohnen in Zeiten des längeren Lebens richtig einzuschätzen.

Organisation einer wissenschaftlichen Begleitung.

Wissenschaft-liche Begleit-forschung

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Die hier aus dem Bericht extrahierten Grundaussagen und Ziele fließen in das zu disku-tierende und zu erstellende gesamtstädtische Konzept „Wohnen in Zeiten des längeren Lebens“ ein. Auf Grundlage des vorgelegten Berichts werden unter Federführung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und unter Berücksichtigung des Gender Mainstreaming Prinzips die benannten Ziele, Maßgaben und Handlungsfelder mit den beteiligten Akteurinnen und Akteuren diskutiert, definiert und mit Maßnahmen unterlegt. Ziel ist es, dass innerhalb eines Jahres dem Abgeordnetenhaus von Berlin ein gesamt-städtisches Konzept „Wohnen im Alter“ vorgelegt wird, das sowohl die Potenziale für die betreffenden Zielgruppen, die Wettbewerbsvorteile für den Wohnstandort Berlin und die notwendigen Handlungen für die unterschiedlichen Akteurinnen und Akteure aufzeigt. Diese Arbeiten vertiefen das Demografie-Konzept für Berlin, das u.a. mit dem Hand-lungsfeld „Langes Leben in der Stadt“ einen umfassenden Ansatz zu den erforderlichen Anpassungsstrategien beinhaltet.

Für die zukünftige Ausrichtung von Stadtentwicklungspolitik ist das Wissen über die Tendenzen der Bevölkerungsentwicklung unerlässlich. Die Grundlage der Bewertung des Bedarfs für das Wohnen im Alter bildet die Bevölkerungsprognose, die die Senats-verwaltung für Stadtentwicklung in Zusammenarbeit mit dem Amt für Statistik Berlin-Brandenburg erstellt hat. Diese Prognose wurde vom Senat am 17. Februar 2009 be-schlossen. Die Variante „Basis“ der Prognose bildet die Arbeits- und Planungsgrundlage für die Fachverwaltungen und Bezirke sowie die zukünftige Stadtentwicklung.

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6. Anlagen

Anlage 1: Daten – Tabellen und Grafiken

Tabelle 1.1: Wohnungsgrößen nach Haushaltsform und Altersgruppen der Bezugsperson

Wohnfläche m² unter 40 40 – 60 60 – 80 80 – 100 100 – 120 120 u.m.

EinpersonenHH

unter 60 19,57% 45,11% 24,96% 6,03% 2,68% 1,65%

ab 60 10,33% 43,77% 31,96% 7,83% 2,98% 3,14%

MehrpersonenHH

unter 60 0,56% 12,73% 38,27% 25,19% 12,08% 11,16%

ab 60 0,74% 21,17% 40,73% 18,06% 9,16% 10,13%

Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, Mikrozensus 2002

Tabelle 1.2: Wohngeldbezug

Haushalte, die Wohn-geld beziehen insge-

samt (31.12.2007)

Anteil an der gesam-ten Zahl der Haus-halte (31.12.2007)

Haushalte

von Alleinstehenden..................... 16 244 68,0 % mit 2 Familienmitgliedern...... 3 300 13,8 % mit 3 Familienmitgliedern...... 1 672 7,0 % mit 4 Familienmitgliedern...... 1 592 6,7 % mit 5 Familienmitgliedern...... 701 2,9 % mit 6 und mehr Familien- mitgliedern.................... 393 1,6 %

Insgesamt......................................... 23 902 100,0 %

Stadtbezirke Mitte.............................................. 2 383 10,0 % Friedrichshain-Kreuzberg............. 2 676 11,2 % Pankow......................................... 3 022 12,6 % Charlottenburg-Wilmersdorf......... 1 339 5,6 % Spandau....................................... 1 532 6,4 % Steglitz-Zehlendorf....................... 779 3,3 % Tempelhof-Schöneberg................ 1 574 6,6 % Neukölln........................................ 2 268 9,5% Treptow-Köpenick........................ 1 995 8,3 % Marzahn-Hellersdorf..................... 2 379 10,0 % Lichtenberg................................... 2 581 10,8 % Reinickendorf................................ 1 374 5,7 %

Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, 2007

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Tabelle 1.3.: Bevölkerungsprognose Berlin 2030 (Basisvariante) – Bevölkerungsentwicklung nach Altersgruppen (in 1.000 Personen)

Altersgruppe 2007 2010 2015 2020 2025 2030 Veränderung

2007-2030

absolut (in %)

0 - unter 6 175,3 180,6 178,8 174,2 169,2 166,1 -9,2 -5,20

6 - unter 18 325,3 317,4 326,9 331,4 329,8 321,6 -3,7 -1,10

18 - unter 25 299,5 289 250,2 250,1 252,2 256,3 -43,2 -14,40

25 - unter 45 1.078,1 1.047,1 1.033,7 1.028,7 1.014,6 995,5 -82,6 -7,70

45 - unter 65 907,8 944,5 982,9 966,7 953,4 917,7 9,9 1,10

65 - unter 80 493,7 517,8 524,9 504,5 508,1 562,8 69,1 14,00

80 und älter 136,6 146 169,7 222,4 252,4 255,9 119,3 87,30

gesamt 3.416,30 3.442,40 3.467,20 3.477,90 3.479,60 3.475,80 59,6 1,70

Quelle: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin

Tabelle 1.4: Bevorzugte Wohnformen im Alter unter den Generationen 50% in Berlin Gemäß einer bundesweiten Befragung unter den ab 50-Jährigen wollen Befragte im Alter ...

in Berlin Deutschland

eigene Investitionen zur altersgerechten Wohnungsanpassung tätigen (soge-

nannte „Bestandsoptimierer“)

13,5% 34,1%

in eine besser geeignete Wohnung umziehen („Umzügler“) 41,1% 30,2%

ohne eigene Investitionen in der bisherigen Wohnung bleiben („Passive“) 45,4% 35,8%

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Die in Berlin Befragten bevorzugen für das Alter folgende Wohnformen (Mehrfachnennungen möglich):

Bevorzugte Wohnform im Alter Bestands-

optimierer

Umzügler Passive gesamt

mit Freunden bzw. Gleichgesinnten in einem Haus oder in der Nachbarschaft

37 % 48 % 39 % 42 %

in einem Mehrgenerationenhaus 33 % 17 % 23 % 22 %

in einer Mehrgenerationennachbarschaft 22 % 21 % 26 % 23 %

mit den Kindern bzw. der Familie in der Nachbar-schaft

15 % 25 % 37 % 29 %

mit den Kindern bzw. der Familie in einer Wohnung 14 % 9 % 20 % 15 %

mit älteren zusammen in einem Haus bzw. in der Nachbarschaft

7 % 21 % 21 % 19 %

mit Freunden bzw. Gleichgesinnten in einer Wohngemeinschaft

7 % 7 % 1 % 4 %

Quelle: Empirica AG, Wohnformen der Zukunft. Veränderungspotenziale und Motivationen der Generationen 50+ in Berlin, Befragung im Auftrag der LBS Norddeutsche Landesbau- sparkasse Berlin – Hannover, LBS-Schriftenreihe Band 27, Berlin / Hannover März 2007

Tabelle 1.5: Privathaushalte (in 1.000) in Berlin im April 2002 nach Altersgruppen der Bezugsperson und monatlichem Haushaltsnettoeinkommen

Mit monatlichem Haushaltsnettoeinkommen

Mittleres Haushalts- nettoein-kommen1)

Alter der Bezugs- Insgesamt von ... bis unter ... EUR person von ... bis unter 500 - 900 - 1 300 - 1 500 - 2 000 - 2 600 - 2 900 unter ... Jahren 500 900 1 300 1 500 2 000 2 600 2 900

und mehr

unter 25 127,5 14,2 65,8 25,7 7,1 8,7 / / / 775

25 - 30 139,1 5,7 41,0 35,1 12,5 21,8 14,4 / 5,3 1 150

30 - 35 174,8 / 30,7 36,4 20,1 29,4 27,5 6,0 21,6 1 475

35 - 40 219,6 / 33,9 37,5 21,1 39,6 35,6 11,2 38,2 1 675

40 - 45 179,6 / 25,0 29,1 15,2 29,3 24,9 9,8 45,5 1 800

45 - 50 151,4 / 21,3 21,1 12,2 25,0 22,7 8,9 38,6 1 875

50 - 55 156,6 / 22,9 22,0 11,8 24,2 24,2 8,2 41,8 1 900

55 - 60 138,1 / 20,3 23,6 9,2 22,3 22,4 6,9 32,9 1 850

60 - 65 172,2 / 25,6 33,0 15,0 32,4 29,3 7,4 27,7 1 650

65 - 70 129,5 / 19,5 26,6 12,4 25,7 23,8 5,8 15,4 1 600

70 - 75 88,6 / 13,0 19,2 12,3 18,1 14,3 / 8,0 1 500

75 und älter 181,7 / 32,0 59,3 24,0 32,6 19,4 / 8,5 1 300

Insgesamt 1 858,7 33,4 351,1 368,7 172,8 309,1 262,0 76,7 285,0 1 500

Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, Mikrozensus 2002; 1) errechnet als Medianwert aus den gruppierten Haushaltsnettoeinkommen

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Tabelle 1.6: Privathaushalte (in Prozent) in Berlin im April 2002 nach Altersgruppen der Bezugsperson und monatlichem Haushaltsnettoeinkommen

Bezugsperson 65 und älter

Haushaltsnetto- Bezugs-person Davon

einkommen Insgesamt unter Zusammen Einpersonen- Mehrpersonen- von ... bis unter ... EUR 65 Jahren haushalte haushalte

unter 700 11,61% 12,94% 6,77% 11,14% 0,33%

700 - 900 9,08% 8,88% 9,80% 15,53% 1,37%

900 - 1 100 9,85% 8,85% 13,48% 20,37% 3,34%

1 100 - 1 300 9,99% 9,22% 12,82% 18,69% 4,20%

1 300 - 1 500 9,30% 8,51% 12,18% 14,32% 9,04%

1 500 - 2 000 16,63% 15,95% 19,11% 13,19% 27,83%

2 000 - 2 600 14,09% 14,02% 14,38% 4,66% 28,68%

2 600 und mehr 19,46% 21,65% 11,46% 2,11% 25,21%

Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, Mikrozensus 2002

Tabelle 1.7: Interesse an „niedrigschwelligen“ Dienstleistungen in verschiedenen Altersgruppen der ab 60jährigen

Art der Dienstleistung Interessierte 60-69 Jahre

70 – 79 80 und mehr

Hausmeister 79% 82% 80%

Wohnungsreinigung 21% 23% 45%

Essenservice in der Wohnung 23% 24% 37%

Wäscheservice 24% 25% 42%

Hilfe beim Einkauf 25% 28% 45%

Quelle: Wohnen im Alter 60+, Befragung 60 – 95jähriger in Dresden; von Julia Banse und Martina Möbius, Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e.V., Dresden,

veröffentlicht in: Bundesbaublatt Nr. 7-8 2008, S. 16ff.

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Anlage 2: Modellrechnung der Zunahme der Haushalte von Älteren und

des erforderlichen Neubaus

Der Grundgedanke des vorliegenden Berichts „Wohnen in Zeiten des längeren Lebens“ ist, vorausschauend die zukünftigen Herausforderungen des Themenfeldes zu beleuchten und Lösungen anzudenken, die dann in das gesamtstädtische Konzept ein-fließen sollen. Im Folgenden soll in Ergänzung zu den im ersten Teil ausgeführten Sachverhalten versucht werden, abzuschätzen, wie hoch die Zahl der neu zu errichten-den Wohnungen im Zuge der Ausdifferenzierung der Bevölkerung und des demografi-schen Wandels ist. Allerdings handelt es sich hierbei um eine grobe Vorschätzung, die einen ungefähren Rückschluss auf die bis 2030 möglicherweise fehlenden Wohnein- heiten geben kann. Dabei wird von zwei Voraussetzungen ausgegangen:

• Der demografische Wandel hat eine Verschiebung des Anteils der Alterskohorten zur Folge. Während der Anteil der jüngeren Bevölkerungsgruppen bis 2030 kontinuierlich abnimmt, nehmen die Anteile der Personen älterer Bewohner-schichten zu (siehe hierzu die Bevölkerungsprognose 2030).

• Die Ausdifferenzierung der Bevölkerung in verschiedene Milieus, die mit einer Heterogenisierung der Lebensstile und -verhältnisse einhergeht, sorgt u. a. für eine Zunahme der Ein-Personenhaushalte. Dieser Effekt erhöht die Zahl der Ein-Personenhaushalte um 12 Prozent bis 2030.

Tabelle A: Modellrechnung der Bevölkerungszunahme von Älteren

Quelle: Eigene Berechnungen; Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf der Grundlage der Bevölkerungsprognose Berlin 2030 (Basisvariante)

Die Berechnungsgrundlage ist die Zahl der Haushalte in Berlin. Der Berechnungszeit-raum erstreckt sich zwischen 2007 und 2030. Eine Regionalisierung ist nicht möglich. Es wird zwischen den Kategorien Gesamthaushaltszahl, Ein-Personen-Haushalt und Mehr-Personen-Haushalt unterschieden. In Tabelle B ist dargestellt, wie sich die Entwicklung für die Zahl der Haushalte in der Personengruppe der über 65-jährigen vollzieht. Grundlage für diese Annahme ist die erwartete prozentuale Zunahme der Personengruppe in der Bevölkerungsprognose 2030. So nimmt die Zahl der Personen über 65 Jahren von 630 Tsd. Personen auf 818 Tsd. Personen um ca. 30 Prozent zu (siehe Tabelle A).

• Gleichzeitig steigert als zweiter Effekt die Zunahme der Zahl der Ein-Personenhaushalte die Gesamtzahl der benötigten Wohneinheiten in Berlin. Die-ser führt unter Verwendung der Berechnungen des Wohnungsmarktberichts der

Bevölkerungsstatistik

2007

Bevölkerungsprognose Berlin 2030

Variante „Basis“

Prognostizierte Prozen-tuale Veränderung

2007-2030

65- und älter

630.300 818.700 29,9 %

Unter 65 Jahren 2.786.000 2.657.100 -4,6 %

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IBB ungefähr zu einem Anstieg bei den Ein-Personen-Haushalten von 44 Pro-zent. Wohnen heute 238 Tsd. Ein-Personenhaushalte mit älteren Personen in Berlin, so werden dies im Jahre 2030 ungefähr 343 Tsd. Haushalte sein. Diese Haushalte müssten dem Bedarf entsprechend barrierefrei ausgestattet werden.

• Bei den Mehrpersonenhaushalten wird eine stabile Haushaltsgröße angenom-men; für Personen über 65 Jahren liegt diese bei 2,29 Personen/Haushalt. Dem-zufolge erhöht sich hier der Anteil entsprechend der Wachstumsrate der Alters-gruppe (29,9 %).

• Die beschriebenen Effekte haben zur Folge, dass die Zahl der Haushalte deren Hauptmieterinnen und -mieter über 65 Jahre alt sind, von heute 400 Tsd. Haus-halte auf 552 Tsd. Haushalte steigen. Dies entspricht einer Zunahme um 38 % bis 2030.

• Die Personenzahl der unter 65-Jährigen verringert sich zwischen 2007 und 2030 um 4,6 Prozent.

• Gleichzeitig wirkt auch hier der Prozess der Individualisierung und Heterogenisie-rung, was in der Folge zu einem Anstieg der Zahl der Ein-Personenhaushalte bzw. Single-Haushalte führt. Durch die Aufhebung beider Effekte steigt die Zahl dieser Haushalte deshalb leicht (+2 Prozent) an.

Tabelle B: Modellrechnung der Zunahme der Haushalte von Älteren

Zahl der Haushalte

2007 2030 Prognostizierte Prozentuale

Veränderung 2007-2030

Zahl der Haushalte von Personen über 65 Jahren

400.000 552.000 38 %

Davon Zahl der Ein-Personenhaushalte von Personen über 65 Jahren

238.000 343.000 44 %

Davon Zahl der Mehr-Personen-haushalte von Personen über 65 Jahren

162.000 209.000 29,9 %

Quelle: Eigene Berechnungen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf der Grundlage der Bevölkerungsprognose Berlin 2030 (Basisvariante) und des Wohnungsmarktberichtes der IBB

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Anlage 3: Gütekriterien für altersgerechtes Wohnen im Bestand

Im Rahmen der Berliner Initiative „Wohnen im Alter“ (BIWIA) wurden Gütekriterien für altersgerechtes Wohnen im Bestand erörtert. Vorgeschlagen wurde, die Eignung einer Wohnung, des dazugehörigen Gebäudes und ihres Wohnumfeldes für altersgerechtes Wohnen anhand von 15 Merkmalen zu erfassen:

1) Geschosslage der Wohnung, Wohnungserschließung,

2) Ausstattung des Treppenhauses (bzw. des baulichen Rettungsweges mit beidseitigem Handlauf, Vorhandensein eines Aufzugs sowie Mindestgröße der Aufzugskabine und optimale Bedienungshöhe der Bedienelemente,

3) Mindest-Durchgangsbreiten von Fluren und Türen in Haus und Wohnung, 4) Bewegungsflächen vor Türen und vor Objekten in Küche und Bad,

5) Ausstattung mit und Zugang zu Freisitz, Balkon, Loggia oder Terrasse, 6) Erreichbarkeit von Bedienelementen (Schalter, Sicherungen,

Fensteroliven etc.), 7) Sanitärausstattung,

8) Sichere Befestigungsmöglichkeit von Halte- und Stützhilfen im Bad, 9) Heizungstechnische Ausstattung, 10) Orientierungshilfen und kontrastreiche optische Gestaltung und Beleuchtung,

11) Wohnumfeldgestaltung, 12) Vorfahrt zum Ein- und Aussteigen; Pkw-Stellplatz,

13) Wegeentfernung zu ÖPNV-Haltestelle, 14) Wegeentfernung zu Versorgungsangeboten des täglichen Bedarfs, 15) Wegeentfernung zu sozialen und medizinischen Versorgungsangeboten

In Zusammenarbeit mit den BIWIA-Mitgliedern entwickelte Herr Architekt Loeper ein Kriterienschema, welches Wohnungen darüber hinaus nach dem Grad ihrer Altersge-rechtigkeit (sog. „Angebotsebenen“) sowie nach ihrer Eignung für Menschen mit be-stimmten Arten von Behinderungen klassifizierte. Der differenzierte Kriterienkatalog und die Benutzungshinweise dazu sind nachstehend dokumentiert:

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Eignung für Bewohnerinnen und Bewohner mit Gehbehin-derung G1 G2 G3

1 Geschosslage der Wohnung, Wohnungserschließung

wenn ohne Aufzug, Whg. max. im 2. OG

wenn ohne Aufzug , Whg. max. im 1. OG

Whg. im OG mit Aufzug; keine Stufen; Schwellen < 2 cm; Hauseingang ggf. mit Rampe

2 Treppenhaus (baulicher Rettungsweg) mit Handlauf

einseitig, aufwärts rechts oder links

einseitig, aufwärts rechts oder links beidseitig

3

wenn Aufzug vorhanden: Mindestgröße; optimale Bedienungshöhe

Bedienungshöhe < 130 cm

Bedienungshöhe < 130 cm

110x140cm; Höhe > 85 < 105 cm ü. OFF

4

Mindest-Durchgangsbreiten von Fluren und Türen in Haus und Wohnung Flure mind. 100 cm i. L.

Türen >80 cm i.L.; Flure mind.120cm i.L

Türen >90 cm i.L., Flure mind. 150 cm i.L.

5

Bewegungsflächen vor Türen und vor Objekten in Küche und Bad > 90x90 cm > 120x120 cm >140x140 cm

6

Ausstattung mit und Zugang zu Freisitz, Balkon, Loggia oder Terrasse Kein Pflichtkriterium

vorhanden; Zugang Schwelle/Stufe > 2 < 15 cm

vorhanden; Zugang Schwelle max. 2 cm

7

Erreichbarkeit von Bedienele-menten (Schalter, Sicherungen, Fensteroliven etc.)

Höhe > 85 < 130 cm ü. OFF.

Höhe > 85 < 130 cm ü. OFF.

Höhe > 85 < 105 cm ü. OFF.

8 Sanitärausstattung WC; WB; Dusch- oder Badewanne

WC; WB; Duschplatz oder Badewanne

WC; WB; Duschplatz, ggf. zusätzl. Badewanne

9 sichere Befestigungsmöglichkeit von Halte- u. Stützhilfen im Bad

möglich, bedingt anpassbar möglich, anpassbar möglich, anpassbar

10 Heizungstechnische Ausstattung Zentralheizung, regelbar Zentralheizung, regelbar Zentralheizung, ganzjährig verfügbar

11

Orientierungshilfen, kontrastrei-che optische Gestaltung und Beleuchtung Kein Pflichtkriterium Kein Pflichtkriterium

ja in Gemeinschafts- bereichen

12 Wohnumfeldgestaltung

übersichtliche Gestal-tung und Beleuchtung, Sitzmöglichkeiten und gehbehindertenfreundli-che Wege vorhanden

übersichtliche Gestal-tung und Beleuchtung, Sitzmöglichkeiten und gehbehindertenfreundli-che Wege vorhanden

übersichtl. Gestaltung u. Beleuchtung, Sitzmög-lichkeiten u. rollstuhl-freundliche Wege größ-tenteils vorhanden

13 Vorfahrt zum Ein- und Aussteigen; Pkw-Stellplatz Kein Pflichtkriterium

Pkw-Stellplatz, reser-viert auf Grundstück (bei Bedarf)

rollstuhlgerechte Vor-fahrt zum Ein- und Aus-steigen; ggf. Stellplatz auf Grundstück (bei Bedarf)

14 Wegeentfernung zu ÖPNV-Haltestelle < 500 m < 400 m < 300 m

15

Wegeentfernung zu Versor-gungsangeboten des täglichen Bedarfs < 500 m < 400 m < 300 m

16

Wegeentfernung zu sozialen und medizinischen Versor-gungsangeboten < 500 m < 400 m < 300 m

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Eignung für Bewohnerinnen und Bewohner mit Rollstuhl-nutzung R1 R2 R3

1 Geschosslage der Wohnung, Wohnungserschließung

wenn ohne Aufzug, Whg im EG; max. einzelne Stufen, Schwellen< 2 cm, bei H-Diff. erforder-lichenfalls Rampe vorh.

Wohnungen im OG mit Aufzug; keine Stufen; Schwellen< 2 cm; Hauseingang ggf. mit Rampe

Wohnungen im OG mit Aufzug; keine Stufen; Schwellen< 2 cm; Hauseingang ggf. mit Rampe

2 Treppenhaus (baulicher Ret-tungsweg) mit Handlauf beidseitig beidseitig beidseitig

3

wenn Aufzug vorhanden: Min-destgröße; optimale Bedie-nungshöhe

120x120; Höhe >85 < 105 cm ü. OFF.

120x120; Höhe >85 < 105 cm ü. OFF.

110x140cm; Höhe > 85 < 105 cm ü. OFF.

4

Mindest-Durchgangsbreiten von Fluren und Türen in Haus und Wohnung

Türen >80 cm i.L.; Flure mind.120cm i.L

Türen >80 cm i.L.; Flure mind.120cm i.L

Türen >90 cm i.L., Flure mind. 150 cm i.L.

5

Bewegungsflächen vor Türen und vor Objekten in Küche und Bad > 120x120 cm >140x140 cm >150x150 cm

6

Ausstattung mit und Zugang zu Freisitz, Balkon, Loggia oder Terrasse Kein Pflichtkriterium

vorhanden; Zugang Schwelle/Stufe max. 2 cm

vorhanden; Zugang Schwelle/Stufe max. 2 cm

7

Erreichbarkeit von Bedienele-menten (Schalter, Sicherungen, Fensteroliven etc.)

Höhe>85 <130 cm ü. OFF.

Höhe>85 < 105 cm ü. OFF.

Höhe>85 < 105 cm ü. OFF.

8 Sanitärausstattung WC; WT; Dusch- oder Badewanne

WC; WT; Duschplatz oder Badewanne

WC; WB; Duschplatz; ggf. zusätzlich Bade-wanne

9

sichere Befestigungsmöglichkeit von Halte- und Stützhilfen im Bad

möglich, bedingt an-passbar möglich, anpassbar möglich, anpassbar

10 Heizungstechnische Ausstattung Zentralheizung, regel-bar

Zentralheizung, ganz-jährig verfügbar

Zentralheizung, ganz-jährig verfügbar

11

Orientierungshilfen und kontrast-reiche optische Gestaltung und Beleuchtung Kein Pflichtkriterium Kein Pflichtkriterium

ja in Gemeinschaftsbe-reichen

12 Wohnumfeldgestaltung

übersichtliche Gestal-tung und Beleuchtung, Sitzmöglichkeiten und gehbehindertenfreundli-che Wege teilweise vorhanden

übersichtliche Gestal-tung und Beleuchtung, Sitzmöglichkeiten und gehbehinderten- freund-liche Wege teilweise vorhanden

übersichtliche Gestal-tung und Beleuchtung, Sitzmöglichkeiten und rollstuhlfreundliche We-ge größtenteils vorhan-den

13 Vorfahrt zum Ein- und Ausstei-gen; Pkw-Stellplatz Kein Pflichtkriterium

rollstuhlgerechte Pkw-Vorfahrt zum Ein- und Aussteigen

rollstuhlgerechte Vor-fahrt zum Ein- und Aus-steigen, ggf. Stellplatz auf Grundstück (bei Bedarf)

14 Wegeentfernung zu ÖPNV-Haltestelle < 500 m <400 m < 400 m

15

Wegeentfernung zu Versor-gungsangeboten des täglichen Bedarfs < 400 m < 400 m < 300 m

16

Wegeentfernung zu sozialen und medizinischen Versor-gungsangeboten < 500 m < 400 m < 300 m

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Eignung für Bewohnerinnen und Bewohner mit Sehbehin-derung S1 S2 S3

1 Geschosslage der Wohnung, Wohnungserschließung

wenn ohne Aufzug, Whg. max. im 2. OG,

wenn ohne Aufzug , Whg. max. im 2. OG,

Wohnungen im OG mit Aufzug; keine Stufen; Schwellen< 2 cm

2 Treppenhaus (baulicher Ret-tungsweg) mit Handlauf

einseitig, aufwärts rechts oder links

einseitig, aufwärts rechts oder links beidseitig

3

wenn Aufzug vorhanden: Min-destgröße; optimale Bedie-nungshöhe

>90x90 cm; Höhe > 85 <130 cm ü. OFF.

>90x90 cm; Höhe > 85 <130 cm ü. OFF.

>90x90 cm; Höhe > 85 <130 cm ü. OFF.

4

Mindest-Durchgangsbreiten von Fluren und Türen in Haus und Wohnung

Türen >80 cm i.L.; Flure mind.120cm i.L

Türen >80 cm i.L.; Flure mind.120cm i.L

Türen >90 cm i.L., Flure mind. 150 cm i.L.

5

Bewegungsflächen vor Türen und vor Objekten in Küche und Bad > 90x90 >120x120 cm >140x140 cm

6

Ausstattung mit und Zugang zu Freisitz, Balkon, Loggia oder Terrasse Kein Pflichtkriterium

vorhanden; Zugang Schwelle/Stufe max. 2 cm

vorhanden; Zugang Schwelle/Stufe max. 2 cm

7

Erreichbarkeit von Bedienele-menten (Schalter, Sicherungen, Fensteroliven etc.)

Höhe>85 <130 cm ü. OFF.

Höhe>85 <130 cm ü. OFF.

Höhe>85 <130 cm ü. OFF.

8 Sanitärausstattung WC; WB; Dusch- oder Badewanne

WC; WB; Dusch- oder Badewanne

WC; WB; Duschplatz, ggf. zusätzlich Bade-wanne

9

sichere Befestigungsmöglichkeit von Halte- und Stützhilfen im Bad

möglich, bedingt an-passbar

möglich, bedingt an-passbar

möglich, bedingt an-passbar

10 Heizungstechnische Ausstattung Zentralheizung, regel-bar

Zentralheizung, regel-bar

Zentralheizung, ganz-jährig verfügbar

11

Orientierungshilfen und kontrast-reiche optische Gestaltung und Beleuchtung Kein Pflichtkriterium

ja in Gemeinschaftsbe-reichen ja, auch in Wohnung

12 Wohnumfeldgestaltung

übersichtliche Gestal-tung und Beleuchtung, Sitzmöglichkeiten und gehbehinderten- freund-liche Wege teilweise vorhanden

übersichtliche Gestal-tung und Beleuchtung, Sitzmöglichkeiten und gehbehinderten- freund-liche Wege teilweise vorhanden

übersichtliche Gestal-tung und Beleuchtung, Sitzmöglichkeiten und gehbehindertenfreundli-che Wege größtenteils vorhanden

13 Vorfahrt zum Ein- und Ausstei-gen; Pkw-Stellplatz Kein Pflichtkriterium Kein Pflichtkriterium

rollstuhlgerechteVorfahrt zum Ein- und Ausstei-gen; ggf. Stellplatz auf Grundstück (bei Bedarf)

14 Wegeentfernung zu ÖPNV-Haltestelle < 500 m < 400 m < 300 m

15

Wegeentfernung zu Versor-gungsangeboten des täglichen Bedarfs < 500 m < 400 m < 300 m

16

Wegeentfernung zu sozialen und medizinischen Versor-gungsangeboten < 500 m < 400 m

< 300 m

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Eignung für Bewohnerinnen und Bewohner mit Betreu-ungs- und Pflegebedarf P1 P2 P3

1 Geschosslage der Wohnung, Wohnungserschließung

wenn ohne Aufzug , Whg. max. im 1. OG,

Wohnungen im OG mit Aufzug; keine Stufen; Schwellen< 2 cm; Hauseingang ggf. mit Rampe

Wohnungen im OG mit Aufzug; keine Stufen; Schwellen< 2 cm; Hauseingang ggf. mit Rampe

2 Treppenhaus (baulicher Ret-tungsweg) mit Handlauf

einseitig, aufwärts rechts oder links

einseitig, aufwärts rechts oder links beidseitig

3

wenn Aufzug vorhanden: Min-destgröße; optimale Bedie-nungshöhe

120x120 cm; Höhe > 85 <130 cm ü. OFF.

120x120 cm; Höhe > 85 < 130cm ü. OFF

110x140 cm; Höhe > 85 < 105 cm ü. OFF.

4

Mindest-Durchgangsbreiten von Fluren und Türen in Haus und Wohnung

>80 cm i.L., Flure>120 cm i.L.

>80 cm i.L., Flure>120 cm i.L.

Türen >90 cm i.L., Flure mind. 150 cm i.L.

5

Bewegungsflächen vor Türen und vor Objekten in Küche und Bad > 120x120 cm > 130x130 cm >150x150 cm

6

Ausstattung mit und Zugang zu Freisitz, Balkon, Loggia oder Terrasse Kein Pflichtkriterium

vorhanden; Zugang Schwelle/Stufe max. 2 cm

vorhanden; Zugang Schwelle/Stufe max. 2 cm

7

Erreichbarkeit von Bedienele-menten (Schalter, Sicherungen, Fensteroliven etc.)

Höhe>85 <130 cm ü. OFF.

Höhe>85 Höhe>85 < 130cm ü. OFF.

Höhe>85 < 105 cm ü. OFF.

8 Sanitärausstattung WC; WB; Dusch- oder Badewanne

WC; WT; Duschplatz oder Badewanne

WC; WB; Duschplatz, ggf. zusätzlich Bade-wanne

9

sichere Befestigungsmöglichkeit von Halte- und Stützhilfen im Bad

möglich, bedingt an-passbar möglich, anpassbar möglich, anpassbar

10 Heizungstechnische Ausstattung Zentralheizung, regelbar Zentralheizung, regelbar Zentralheizung, ganz-jährig verfügbar

11

Orientierungshilfen und kontrast-reiche optische Gestaltung und Beleuchtung Kein Pflichtkriterium

ja, in Gemeinschaftsbe-reichen ja, auch in Wohnung

12 Wohnumfeldgestaltung

übersichtliche Gestal-tung und Beleuchtung, Sitzmöglichkeiten und gehbehinderten- freund-liche Wege teilweise vorhanden

übersichtliche Gestal-tung und Beleuchtung, Sitzmöglichkeiten und gehbehinderten- freund-liche Wege teilweise vorhanden

übersichtliche Gestal-tung und Beleuchtung, Sitzmöglichkeiten und rollstuhlfreundliche We-ge größtenteils vorhan-den

13 Vorfahrt zum Ein- und Aussteigen; Pkw-Stellplatz Kein Pflichtkriterium Kein Pflichtkriterium

Rollstuhlgerecht Vor-fahrt zum Ein- und Aus-steigen; ggf. Stellplatz auf Grundstück

14 Wegeentfernung zu ÖPNV-Haltestelle < 500 m < 400 m < 300 m

15

Wegeentfernung zu Versor-gungsangeboten des täglichen Bedarfs < 500 m < 400 m < 300 m

16

Wegeentfernung zu sozialen und medizinischen Versor-gungsangeboten < 500 m < 400 m < 300 m

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BIWIA – Berliner Initiative Wohnen im Alter GÜTEKRITERIEN FÜR ALTERSGERECHTE BESTANDSWOHNUNGEN

Merkblatt 1 Benutzerhinweise für Wohnungssuchende (Entwurf, Stand 27.07.2006)

Sehr geehrte Damen und Herren, BIWIA, die Berliner Initiative Wohnen im Alter, hat Gütekriterien für altersgerechte Be-standswohnungen entwickelt. Die Gütekriterien sollen Wohnungsanbietenden und Woh-nungssuchenden helfen, aus dem Bestand der über 1,8 Millionen Wohnungen in Berlin auf einfachem Wege die Wohnungen herauszufinden, die für „altersgerechtes Wohnen“ besonders geeignet sind. Der Kriterienkatalog umfasst bis zu 16 Merkmale zu

- Lage und Erreichbarkeit der Wohnung im Wohngebäude (Kriterien 1 - 5, 7, 11 -13), - Wohnungsschnitt und Wohnungsausstattung (Kriterien 4 – 11) und - Wohnumgebung (Kriterien 11 – 16),

die Ihnen als Wohnungssuchenden die Vorauswahl geeigneter Wohnungen erleichtern können. Jedem der 16 Merkmale sind Merkmalswerte zugeordnet, die eine Einordnung in drei „Angebotsebenen“ erlauben:

- „Angebotsebene 1“ bedeutet: Die Wohnung ist für altersgerechtes Wohnen geeignet.

- „Angebotsebene 2“ bedeutet: Die Wohnung ist für altersgerechtes Wohnen besonders geeignet.

- „Angebotsebene 3“ bedeutet: Die Wohnung ist für altersgerechtes Wohnen hervorragend geeignet.

Für die Einstufung als „altersgerecht“ muss jedes der 13 (Angebotsebene 1), 15 (Angebotsebene 2) bzw. 16 (Angebotsebene 3) Kriterien erfüllt sein.

Legende zum Kriterienkatalog:

WC WC-Becken, Normalhöhe, erforderlichenfalls anpaßbar WT Waschtisch >60x40, H=80 cm ü. OFF. WB Waschbecken <60x40, H=80 cm ü. OFF. DW Duschwanne, Einstighöhe maximal 20 cm ü. OFF. DP Duschplatz, ebenengleich BW Badewanne ü. OFF Höhe über Oberfläche Fertig-Fußboden i. L. im Lichten= lichte Weite B-Höhe Bedienhöhe ü. OFF. WZ Wohnzimmer SZ Schlafzimmer 3. Z. 3. Zimmer K Küche B Bad

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Der Grundgedanke bei der Auswahl der Merkmale und Merkmalswerte ist, dass erfah-rungsgemäß mit zunehmendem Lebensalter bei den meisten Menschen gewisse, unter-schiedlich stark ausgeprägte körperliche Beeinträchtigungen eintreten oder erwartet werden können, deren Auswirkungen auf das tägliche Leben der Betroffenen gemindert werden können, wenn die Wohnung, das Wohngebäude und das Wohnumfeld über be-stimmte Qualitätsmerkmale verfügen. Je nach Art der körperlichen Beeinträchtigung sind dabei unterschiedliche Qualitäts-merkmale von Bedeutung. Neben der Unterscheidung von drei Angebotsebenen sind die Gütekriterien deshalb zusätzlich auf die Anforderungsprofile folgender Nutzergrup-pen zugeschnitten:

- Anforderungsprofil G stellt auf Anforderungen von Menschen mit Gehbe- hinderung ab.

- Anforderungsprofil R erfasst darüber hinaus die Anforderungen von Menschen mit Rollstuhlnutzung.

- Anforderungsprofil S stellt die Anforderungen von Menschen mit Sehbehinderung bzw. von Blinden in den Vordergrund.

- Anforderungsprofil P erfasst Anforderungen von Menschen mit Pflege- bzw. Betreuungsbedarf also von Menschen, die auf Unterstützung durch eine Hilfsperson angewiesen sind.

Die Kurzkennungen (z. B. G1-3,S1-3, R1-3 oder P1-3 ) geben somit zusätzlich zu übli-chen Kurzbeschreibungen von Wohnungsangeboten Aufschluss über deren besondere Eignung z. B. für das Wohnen im Alter bzw. für Menschen mit Behinderungen. Die Ein-ordnung der jeweiligen Wohnung haben die Anbieterinnen und Anbieter selbst vorge-nommen. BIWIA übernimmt keine Garantie für die korrekte Zuordnung der angebotenen Wohnung. Auch können die Gütekriterien nicht die notwendige individuelle Besichtigung der Wohnungen ersetzen. Anhand der Checklisten sind damit die Angebote transparenter und überprüfbar nach zuvor persönlich bestimmten Anforderungskriterien. Diese Vorabermittlung der Wohn-wünsche bzw. Anforderungsebene kann in aller Ruhe auch unter Hinzuziehung von fa-miliären oder professionellen Beraterinnen und Beratern erfolgen (z. B. Koordinierungs-stellen Rund um Alter). Folgender Ablauf wird dazu empfohlen:

1. Auswahl der Wohnungskategorie nach den im Vorgrund stehenden Anforderungen bzw. Beeinträchtigungen( z.B. Eignung für Menschen mit Gehbehinderung).

2. Bestimmung des genaueren Anforderungsprofils nach den vorgegebenen Checklisten bzw. Angebotsebenen. Auswahl der am besten zutreffenden Angebotsebene 1, 2 oder

3. Filterung und Wertung der Wohnungsangebote nach der gesuchten Kategorie bzw. Angebotsebene, z.B. R3

4. Objektbesichtigung bzw. Überprüfung der mittels Matrix erfolgten Vorauswahl eines Angebotes durch Ortsbesichtigung und Überprüfung der realen Situation durch Gegenüberstellung von Angebot und Anforderung ebenfalls anhand der Checkliste unter Berücksichtigung ggf. hinzukommender subjektiver Kriterien.

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BIWIA – Berliner Initiative Wohnen im Alter GÜTEKRITERIEN FÜR ALTERSGERECHTE BESTANDSWOHNUNGEN

Merkblatt 2 Benutzerhinweise für Wohnungsanbietende (Entwurf, Stand 27.07.2006) Sehr geehrte Damen und Herren, BIWIA, die Berliner Initiative Wohnen im Alter, hat Gütekriterien für altersgerechte Be-standswohnungen entwickelt. Die Gütekriterien sollen Wohnungsanbietenden und Woh-nungssuchenden helfen, aus dem Bestand der über 1,8 Millionen Wohnungen in Berlin auf einfachem Wege die Wohnungen herauszufinden, die für „altersgerechtes Wohnen“ besonders geeignet sind. Der Kriterienkatalog umfasst bis zu 16 Merkmale zu

- Lage und Erreichbarkeit der Wohnung im Wohngebäude (Kriterien 1 - 5, 7, 11 -13), - Wohnungsschnitt und Wohnungsausstattung (Kriterien 4 – 11) und - Wohnumgebung (Kriterien 11 – 16),

die Ihnen als Wohnungssuchenden die Vorauswahl geeigneter Wohnungen erleichtern können. Jedem der 16 Merkmale sind Merkmalswerte zugeordnet, die eine Einordnung in drei „Angebotsebenen“ erlauben:

- „Angebotsebene 1“ bedeutet: Die Wohnung ist für altersgerechtes Wohnen geeignet.

- „Angebotsebene 2“ bedeutet: Die Wohnung ist für altersgerechtes Wohnen besonders geeignet.

- „Angebotsebene 3“ bedeutet: Die Wohnung ist für altersgerechtes Wohnen hervorragend geeignet.

Für die Einstufung als „altersgerecht“ muss jedes der 13 (Angebotsebene 1), 15 (Angebotsebene 2) bzw. 16 (Angebotsebene 3) Kriterien erfüllt sein.

Legende zum Kriterienkatalog:

WC WC-Becken, Normalhöhe, erforderlichenfalls anpaßbar WT Waschtisch >60x40, H=80 cm ü. OFF. WB Waschbecken <60x40, H=80 cm ü. OFF. DW Duschwanne, Einstighöhe maximal 20 cm ü. OFF. DP Duschplatz, ebenengleich BW Badewanne ü. OFF Höhe über Oberfläche Fertig-Fußboden i. L. im Lichten = lichte Weite B-Höhe Bedienhöhe ü. OFF. WZ Wohnzimmer SZ Schlafzimmer 3. Z. 3. Zimmer K Küche B Bad

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Der Grundgedanke bei der Auswahl der Merkmale und Merkmalswerte ist, dass erfahrungsgemäß mit zunehmendem Lebensalter bei den meisten Menschen gewisse, unterschiedlich stark ausgeprägte körperliche Beeinträchtigungen eintreten oder erwartet werden können, deren Auswirkungen auf das tägliche Leben der Betroffenen gemindert werden können, wenn die Wohnung, das Wohngebäude und das Wohnum-feld über bestimmte Qualitätsmerkmale verfügen. Je nach Art der körperlichen Beeinträchtigung sind dabei unterschiedliche Qualitäts-merkmale von Bedeutung. Neben der Unterscheidung von drei Angebotsebenen sind die Gütekriterien deshalb zusätzlich auf die Anforderungsprofile folgender Nutzergrup-pen zugeschnitten:

- Anforderungsprofil G stellt auf Anforderungen von Menschen mit Gehbe- hinderung ab.

- Anforderungsprofil R erfasst darüber hinaus die Anforderungen von Menschen mit Rollstuhlnutzung.

- Anforderungsprofil S stellt die Anforderungen von Menschen mit Sehbehinderung bzw. von Blinden in den Vordergrund.

- Anforderungsprofil P erfasst Anforderungen von Menschen mit Pflege- bzw. Betreuungsbedarf also von Menschen, die auf Unterstützung durch eine Hilfsperson angewiesen sind.

Die Kurzkennungen (z. B. G1-3, S1-3, R1-3 oder P1-3 ) geben somit zusätzlich zu üblichen Kurzbeschreibungen von Wohnungsangeboten Aufschluss über deren besondere Eignung z. B. für das Wohnen im Alter bzw. für Menschen mit Behinderun-gen. Viele Bestandswohnungen lassen sich damit als „altersgerecht“ klassifizieren, ohne dass zusätzliche Nachbesserungen erforderlich wären. Gleichzeitig können aus der Analyse von Nachfragedaten Schlussfolgerungen für eine kurz und auch längerfris-tige Nachbesserung oder Sanierung der Bestände im Hinblick auf die sich verändernde Nachfrage am Wohnungsmarkt unter Berücksichtigung des demografischen Wandels gezogen werden. Wohnungsanpassungen können gezielter erfolgen und müssen sich nicht mehr an einem Einheitsstandard orientieren. Bei der Aufbereitung der Angebote sollte wie folgt vorgegangen werden:

1. Analyse der zu vermietenden oder zu verkaufenden Wohnung durch Ortsbesich-tigung und Einordnung anhand der Checklisten in die 4 Wohnungskategorien (ggf. mit Unterstützung professioneller Beraterinnen und Berater aus Koordinie-rungsstellen Rund ums Alter, spezialisierten Architektinnen und Architekten etc.)

2. Bestimmung der zutreffendsten Angebotsebene und der entsprechenden Kurzbezeichnung G1-P3.

3. Ergänzung aller Wohnungsangebote durch ein Suchkriterium entsprechend den Angebotsebenen der Matrix und Veröffentlichung der Angebote in den üblichen Medien

4. Feststellung ggf. bestehender Defizite in den einzelnen Angeboten und ggf. Durchführung gezielter Nachbesserungsmaßnahen zur Verbesserung der Marktchancen des Angebotes (i.d.R. in Verbindung mit einer konkreten Bedarfssituation bzw. Vermietungs- oder Kaufanfrage).

Weitere Hinweise zu den Gütekriterien:

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Allgemein kann festgestellt werden, dass durch Beseitigung baulicher Barrieren (z. B. Schwellen, einzelne Stufen im Wohnungszugang, zu schmale Türen oder „Türschlagsalat“, unzeitgemäße sanitär- oder heizungstechnische Ausstattungen etc.) Wohnungen aufgewertet werden können und zunehmend auch besser von älteren und ebenso Menschen mit leichten Behinderungen genutzt werden können. Auch die Möglichkeit, im Bad und im Bereich der Toilette nach individuellen Erfordernis-sen Stütz- und/oder Haltegriffe befestigen zu können, ist ein wesentlicher Vorteil. Bei Mauwerkswänden und Trockenbauwänden ist dies in der Regel bedingt möglich. Bei Trockenbauwänden bedingt nur in Bereichen, wo entsprechende konstruktive Vorkeh-rungen (Traversen) getroffen bzw. eingearbeitet wurden. Eine weitgehend freie indivi-duelle Anpassbarkeit (sichere Befestigung) in Zahl und Anordnung ist i. d. R. am ehes-ten bei Betonwänden gegeben. Bei zusätzlich gewünschten Durchbrüchen oder ent-sprechenden Grundrissveränderungen dagegen lassen sich Anpassungen leichter in Mauerwerksbauten bzw. in Wohnungen mit Trockenbauwänden realisieren. Bei der Sanitärausstattung ist die niveaugleiche Dusche die am besten nutzbare, aller-dings ist der nachträgliche Einbau technisch aufwendig und nicht immer möglich. Sie stellt deshalb in der Angebotsleiter das höchste Niveau dar. Anzustreben ist, dass die Abmessungen für die Dusche so gewählt wird, dass alternativ auch eine Badewanne aufgestellt werden könnte. Die Erreichbarkeit von Wohnungen wird für Menschen im Alter nicht nur durch über-sichtliche und ebene, stufenfreie Wege im Außenbereich verbessert, sondern im Gebäude vor allem durch einen Aufzug, sofern die Wohnung in einem Obergeschoss liegt. Für den Not- bzw. Rettungsfall sind im Rettungstreppenhaus beidseitige Handläufe auch für das Rettungs- oder Hilfspersonal sehr unterstützend. Für Geh- und Sehbe- hinderte geben beidseitige Handläufe mehr Halt und Orientierung. Unter übersichtlicher Gestaltung ist zu verstehen, dass uneinsehbare Nischen und Bepflanzungen Verunsicherung erzeugen können. Gute Be- und Ausleuchtung kann diesbezügliche Schwächen teilweise kompensieren. Wege und Fußböden sollen ohne Unebenheiten oder Stolpergefahren sein und können dann als „gehbehindertenfreund-lich“ bzw. besonders geeignet gelten. Das vorgestellte Modell wurde von den BIWIA-Mitgliedern diskutiert, in der Folge aber verworfen. Hauptkritikpunkt war dabei die Überkomplexität. So wurde zum einen die Differenzierung in drei Angebotsebenen, die in unterschiedlicher Weise Anforderungen stellen als unpraktikabel benannt. Dabei hätten einzelne Kriterien in der ersten und zweiten Angebotsebene nicht realisiert werden müssen. Zum andern erwies sich die Unterscheidung nach drei spezifischen Arten von Einschränkungen (Gehbehindert, Rollstuhlnutzung, Sehbehindert) als zu komplex und unpraktikabel. Darüber hinaus wurden innerhalb der Gruppe folgende Aspekte nicht abschließend geklärt:

• Errechnung einer Gesamtpunktzahl aus der Einstufung der Einzelkriterien, • Höhe des Mindestpunktwertes der Einstufung, damit die erreichte Gesamt-

punktzahl der Wohnung die Bewertung „altersgerecht“ zulässt, oder • ob die Nichterfüllung eines oder mehrerer der 16 Bewertungskriterien ein

Ausschlusskriterium bzgl. der Einstufung der zu bewertenden Wohnung als

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„altersgerecht“ bedeutet. Darüber hinaus stellte sich die Frage der Verpflichtung zur Durchführung der Bewer-tung. Die pauschale Selbstauskunft erscheint dem Berliner Mieterverein und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung nicht hinreichend, da sie keine wohnungs- spezifischen Informationen über den Anteil altersgerechter Wohnungen am Berliner Wohnungsbestand zu liefern vermag. Insofern stellt sich die Frage, wie eine unab- hängige Bewertung durchgeführt werden kann. Im Zuge der Entwicklung des gesamtstädtischen Berichts zum „Wohnen in Zeiten des längeren Lebens“ wurde die Diskussion innerhalb der BIWIA wieder verfolgt. Neue Impulse brachten sowohl die Vertreterinnen und Vertreter der nun eingesetzten Bera-tungsstelle zum GenerationenWohnen, als auch die Vertreter des Landesseniorenbei-rats. In der BIWIA verständigte man sich auf einen neuen Anlauf, um zu einer Entwick-lung von Kriterien zu kommen. Eine zumindest vorerst akzeptierte Lösung war, Barriere-freiheit als Oberziel zu begreifen, gleichzeitig aber eine bedarfsorientierte und die bauli-chen Rahmenbedingungen berücksichtigende Umsetzung vorzusehen. In der Folge wurden grundsätzlich nötige Einrichtungen von den Beteiligten zusammengetragen. Folgende Kriterien sollten mindestens erfüllt sein:

Barrierefreiheit außerhalb der Wohnung Barrierefreiheit innerhalb der Wohnung

Äußere Erschließung auf dem Grundstück

- Gehwege, Erschließungsflächen

- Zugangs- und Eingangsbereiche

Innere Erschließung des Gebäudes

- Türen

- Aufzugsanlagen

- Rampen

Kommunikationsanlagen

Türen - Breite (min.80 cm)

Schwellen

- Schwellenhöhe < 2cm

Sanitärräume

- Bewegungsflächen

- Toiletten

- Waschplätze

- Duschplätze

Freisitz

Ferner wäre es sinnvoll, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

Barrierefreiheit außerhalb der Wohnung Barrierefreiheit innerhalb der Wohnung

Äußere Erschließung auf dem Grundstück

- PKW-Stellplätze

Innere Erschließung des Gebäudes

- Flure und sonstige Verkehrsflächen

- Bodenbeläge

- Treppen

- Fahrtreppen und geneigte Fahrsteige

- Rollstuhlabstellplätze

Bedienelemente, Kommunikationsanlagen sowie Ausstattungselemente

- Bedienelemente

- Ausstattungselemente

- Alarmierung und Evakuierung

Flure innerhalb von Wohnungen

- Bodenbelag

- Schalter

Türen, Fenster

- Bedienung

- Sicherung

Wohn-, Schlafräume

Küchen

- Bedienelemente

- Arbeitsflächen

- Sitzmöglichkeiten

Sanitärräume

- Badewannen

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- Zusätzlicher Sanitärraum

Weiterhin wurde innerhalb der BIWIA erkannt, dass eine Barrierefreiheit nicht schon beim Um- und Einzug realisiert werden muss. Vielmehr ist es für die Bewohnerinnen und Bewohner entscheidend, ob ein Umbau in den nächsten Jahren überhaupt fallorien-tiert erfolgen kann. Oftmals ist die technische und bauliche Voraussetzung gegeben. Allerdings lässt sich, gerade im Bestand, nicht jedes der aufgestellten Kriterien in angemessenem finanziellen Umfang realisieren. Insofern sollten Wohnungsanbieterin-nen und Wohnungsanbieter neben der Information über den schon realisierten Grad der Eignung für das Wohnen in Zeiten des längeren Lebens über den technisch und baulich möglichen Grad der Anpassung informieren. Eine Möglichkeit dies zu realisieren, stellt die Einführung eines Ampelschemas für Wohnungen dar:

Hierbei wird unterschieden, ob eine Anpassungsfähigkeit erfüllt, möglich oder nicht möglich ist. Allerdings hängt die Umsetzung dieser Bewertung der Anpassung von der Entwicklung der Gütekriterien ab. Barrierefreies Wohnumfeld

Zum angenehmen Wohnen gehören funktionstüchtige und ansehenswerte Gemein-schaftseinrichtungen, auch vor unseren Häusern. Das Wohnumfeld bezeichnet den Kernbereich des gesamten Aktionsraumes des Wohnenden und besteht aus privaten, halböffentlichen und öffentlichen Räumen. Neben der Bebauungs-, sowie der Alters- und Sozialstruktur wird das Wohnumfeld durch die infrastrukturelle Ausstattung - also die Möglichkeiten zur Versorgung mit Dienstleistungen und Gütern, Freizeitangeboten, sowie der Verkehrsanbindung - charakterisiert. Es ist also wichtig, auch hier eine Barrie-refreiheit zu realisieren, damit die genannten Funktionen erfüllt werden können. Vor allem für ältere Menschen oder Menschen mit Behinderungen trägt dies entscheidend zur Erhöhung der Lebensqualität bei. Wie bereits erwähnt, wurden mit der DIN 18024, "Barrierefreies Bauen" Teil 1 lange Zeit nur einige Anforderungen genannt, wie z. B.

• Fußwege ohne Stufen • ausreichende Bewegungsflächen • Bedienungseinrichtungen im Greifbereich von Rollstuhlbenutzern.

So berücksichtigten sie im Rahmen der durchgeführten Wohnumfeldverbesserungen, z. B. in den Großsiedlungen, oft nicht ausreichend die verschiedensten Bedürfnisse von älteren Menschen. Eine durchgängige Barrierefreiheit, wie sie heute verstanden wird, fand nur wenig Umsetzung im Wohnbereich. Folgende grundsätzliche Gestaltungsprin-

Erfüllt

Möglich

Anpassungsfähigkeit

Nicht möglich

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zipien sind daher künftig genauer einzuhalten und weiter zu präzisieren:

- Barrierefreie Zugänglichkeit (Gebäudeein- und -ausgänge oder Durchgänge) - Orientierung, optisch kontrastreiche und taktile Gestaltung - Sicherheit (Abgrenzungen) - Räumliche Vielfalt - Sinnesanreize - Erreichbarkeit von Ereignissen - Ruheplätze - Sitzplätze, Terrassen, Möblierung - Beachtung von Licht und Schatten, Regen und Wind - Bepflanzung (Erreichbarkeit, Farbe) - Wasser (Ufergestaltung) - Beleuchtung - PKW-Stellplätze

Treppen, Rampen, Wege sind in ihren Abmessungen, Belägen, Kontrast- und Farbge-bungen bzw. Einfassungen barrierefrei zu gestalten. Das Wegenetz sollte überschaubar sein und gut erkennbare und nutzbare Übergänge in den Straßenraum bieten. Zusammenfassung

Sowohl die Diskussion innerhalb der BIWIA, als auch die Diskussion zur Barrierefreiheit im Wohnumfeld und im öffentlichen Raum zeigen, welchen Stellenwert bei der Errei-chung der Ziele eines gesamtstädtisches Konzepts zum „Wohnen in Zeiten des länge-ren Lebens“ die Entwicklung von Kriterien und Gütesiegeln hat. Allerdings ist oft eine einfache Lösung nicht möglich. Die Umsetzung von Barrierefreiheit steht nach wie vor in dem Konfliktfeld zwischen finanzieller Aufwendung, fallbezogener Realisierung und dem generellen Anspruch aller Bewohnerinnen und Bewohner, bei einem selbstständigen Leben unterstützt zu werden. Gerade die Akteure des Berliner Wohnungsmarktes, der durch eine geringe Neubauquote gekennzeichnet ist, müssen sich diesem Problem stel-len. Eine Diskussion muss dabei immer aus der Sicht der Kunden, also der Bewohne-rinnen und Bewohner, gesehen werden, ohne dass diese zu „Betroffenen“ gemacht werden. Insgesamt erscheint es sinnvoll, auch die Wissenschaft in die Diskussion einzubezie-hen. Gerade die medizinischen und gerontologischen Untersuchungen der letzten Jahre können ein neues Bild vermitteln und helfen, den Bedarf für das Wohnen in Zeiten des längeren Lebens richtig einzuschätzen.

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Anlage 4: Regionalisierte Datenzusammenstellung zum Wohnen in Zeiten des längeren Lebens

In der bisherigen Arbeit des Quartiersmanagements (Senatsverwaltung für Stadtent-wicklung) wie auch der Stadtteilzentren (Senatsverwaltung Arbeit, Integration, Soziales) zeigt sich die Notwendigkeit der Erstellung von Indikatoren der Stadt- und Sozialentwicklung auf kleinräumlicher Ebene, denen jeweils eine wissenschaftlich fundierte Datenbasis zugrunde liegt. Ein gesamtstädtisches Konzept „Wohnen in Zeiten des längeren Lebens“ sollte, wie in den Berliner Leitlinien 2005 gefordert, ebenfalls kleinräumliche, statistisch fundierte Aussagen treffen können, um so eine genauere Ressourcensteuerung zu ermöglichen. Innerhalb des vorliegenden Berichtes erfolgte bereits die Auswertung der Daten des Mirkozensus zur Wohnsituation. Die folgende Anlage versucht, darüber hinaus sinnvolle Daten für das Wohnen in Zeiten des längeren Lebens darzustellen. Es werden Auswertungen zu folgenden Themen vorgenommen:

1. Veränderung der Bevölkerungszusammensetzung unter besonderer Berücksich-tigung Älterer in:

I. der Gesamtstadt II. den Bezirken

o Datengrundlage: Bevölkerungsstatistik des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg

2. Aussagen zur Wohngeldstatistik o Datengrundlage: Wohngeldstatistik des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg

3. Zugang zu ÖPNV-Zugangsstellen des VBB o Datengrundlage: VBB-Haltestellenmastdaten (unqualifiziert), Berechnung durch das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg

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1. Betrachtung der Einwohnermeldedaten

I. Betrachtung der gesamtstädtischen Entwicklung

Die Erhebung der Einwohnermeldedaten liefert eine Übersicht, in welchen Bezirken und in welchen lebensweltlich orientierten Räumen (LOR)24 ältere Menschen verschiedener sozialer Gruppen leben. Betrachtet wird im Folgenden die Entwicklung der Anteile der einzelnen Gruppen zwischen dem 31. Dezember 1997 und dem 31. Dezember 2007. Es ergibt sich die prozentuale Veränderung, ohne dass diese auf Wanderung o. ä. unter-schieden werden kann. Die Gründe für die Veränderungen können nur gemutmaßt wer-den. Unterschieden wird die Untersuchung nach den Merkmalen:

• Einwohnerinnen und Einwohner insgesamt, Einwohner weiblich, Einwohner männlich

• Deutsche insgesamt, Deutsche weiblich, Deutsche männlich • Ausländerinnen und Ausländer insgesamt, Ausländer weiblich,

Ausländer männlich • Türken insgesamt, Türken weiblich, Türken männlich

Darüber hinaus wird zwischen

• Jungen Alten (Personen zwischen dem 50. und 65. Lebensjahr), • Älteren (Personen, die das 65. Lebensjahr vollendet haben) und • Hochbetagten (Personen, die das 80. Lebensjahr vollendet haben)

unterschieden. Betrachtung der Anteile älterer Frauen und Männer

Innerhalb Berlins stieg die Zahl der Bewohnerinnen und Bewohner über 65 Jahren in-nerhalb der letzten 10 Jahre um 150.000 Personen auf nun 753.741 an, wobei der An-stieg hier vor allem zwischen 1997 und 2002 besonders stark war. Diese Entwicklung entspricht den vorhergesagten Prognosen. Dabei ist bemerkenswert, dass dieser Zu-wachs vor allem durch Männer, die das 65. Lebensjahr überschritten haben, hervorge-rufen wird. Diese Gruppe steigt deutlich an, Menschen über 65 sind immer häufiger männlich. So ist eine Zunahme dieser Gruppe von fast 40 Prozent gegenüber dem Wert des Jahres 1997 zu beobachten. Dennoch stellen 2007 Frauen 62 Prozent der Gruppe der über 65 Jährigen. Allerdings lag der Anteil im Jahr 1997 noch bei 69 Prozent. � Angleichung der Anteile der Geschlechter (Altern wird auch männlich) Betrachtung der Älteren mit und ohne deutsche Staatsbürgerschaft

Leider kann bisher nur zwischen Personen mit und Personen ohne deutsche Staatsbür-gerschaft unterschieden werden, was Aussagen zum Wohnen in Zeiten des längeren Lebens von Migrantinnen und Migranten erschwert. Die Gruppe der deutschen Älteren hat einen Anteil von 95 Prozent – nur 5 Prozent der Älteren haben keinen deutschen Pass. Insgesamt weisen deutsche Frauen von den beobachteten Gruppen den gerings-ten Zuwachs auf (7,3 % gegenüber 1997). Allerdings stellen Frauen mit deutscher Staatsbürgerschaft mit 59 Prozent die größte Gruppe der Personen über 65 Jahren.

24 Siehe hierzu: http://www2.senstadt.verwalt-berlin.de/planen/basisdaten_stadtentwicklung/lor/index.shtml

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Die Zahl der deutschen Männer über 65 Jahren stieg um ein Drittel an (1997-2007). Ihr Anteil beträgt nun 35 Prozent. Die Zahl der Personen über 65 Jahren, die keine deutsche Staatsbürgerschaft besitzen hat sich in den letzten Jahren mehr als verdoppelt. Hieran ist erkennbar, dass zuneh-mend auch Migrantinnen und Migranten in die Betrachtung des Wohnens in Zeiten des längeren Lebens einbezogen werden müssen. Dabei stiegen hier die Gesamtzahlen sowohl der männlichen als auch der weiblichen älteren Ausländerinnen und Ausländer an. Indes ist 2007 die Zahl der männlichen Älteren ohne deutsche Staatsbürgerschaft höher als die der weiblichen Älteren dieser Gruppe. Dies zeigt, dass es zwischen Per-sonen mit und ohne deutsche Staatsbürgerschaft Unterschiede hinsichtlich der Anteile gibt. Betrachtung der älteren türkischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger

Bei der Gruppe der türkischen Staatsbürgerinnen und -bürger zeigt sich, dass diese Gruppe seit 1997 zahlenmäßig stark zugenommen hat. So ergibt sich die Situation, dass ihr Anteil von unter einem Prozent auf zwei Prozent angestiegen ist, die Personen-zahl ist von 3140 auf 13.326 angestiegen. Auch ist die Anzahl der Männer höher als die der Frauen. � Zunahme der älteren Migrantinnen und Migranten, hohe Zahl männlicher, älterer

Migranten Betrachtung der Hochbetagten

Die Zahl der Hochbetagten, also derjenigen über 80 Jahre, ist in Berlin in den vergan-genen Jahren überraschenderweise leicht gesunken. Grund hierfür könnte sein, dass Hochaltrige verstärkt ins Umland abwandern. Leider kann zu Wanderungssalden hier nicht Stellung genommen werden. Dieser Rückgang lässt sich vor allem auf die gesun-kene Zahl von Frauen in dieser Altersgruppe zurückführen. Hier ist ein Rückgang um 7 Prozent auffällig. Dagegen nimmt die Zahl der Männer zu. Ein ähnliches Bild ergibt sich für deutsche Staatsbürger. Während die Zahl der Männer zunimmt, sorgt die starke Abnahme der Frauen für einen Rückgang dieser Personengruppe. Bei den hochbetagten Ausländerinnen und Ausländer ist innerhalb der letzten 10 Jahre ein sprunghafter Anstieg zu verzeichnen. So steigt die Zahl um etwas über 2000 Perso-nen auf über 5000 Personen an. Allerdings sind in dieser Gruppe erwartungsgemäß die Frauen diejenigen, welche die höchsten Zuwächse verzeichnen. � Leichter Rückgang der vom Anstieg der hochaltrigen Migrantinnen und Migranten

abgefedert wird Betrachtung der jungen Alten

Die Gruppe der jungen Alten verzeichnet einen deutlichen Rückgang um 50.000 Perso-nen in den letzten 10 Jahren. Grund für diesen Rückgang ist das starke Schrumpfen der Gruppe der deutschen Staatsbürger. Dagegen steigt die Zahl der ausländischen Perso-nen in dieser Altersgruppe um 18.000 Personen an. � Rückgang der jungen Alten in den letzten 10 Jahren

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II. Betrachtung von Indikatoren des Wohnens in Zeiten des längeren Lebens in den Bezirken

Bei der Betrachtung der Entwicklung in den Bezirken sollen nun einige Kernindikatoren herangezogen werden. Die Indikatoren betrachten dabei den Anteil einer Gruppe an der Gesamtbevölkerung oder an einer ausgewählten Gruppe von Älteren im Jahr 2007.

- Anteil der über 65-Jährigen an der Gesamtbevölkerung - Anteil der über 80-Jährigen an der Gesamtbevölkerung - Anteil der über 50 bis 65-Jährigen an der Gesamtbevölkerung - Anteil Ausländerinnen und Ausländer (Personen ohne deutsche Staatsbürgerschaft)

über 65 Jahren an der Gesamtbevölkerung - Anteil der Personen mit Migrationshintergrund an der Gruppe der über 65-Jährigen Bezirk Einschätzung:

Mitte

• Geringe Zahl von Älteren, Konzentration auf wenige Planungsräume • Innerhalb der Gruppe der Älteren hoher Anteil von Migrantinnen und

Migranten in wenige Planungsräumen

Friedrichshain-Kreuzberg

• Friedrichshain-Kreuzberg ist der Bezirk mit der jüngsten Altersstruktur • Ähnlich wie Mitte: Handlungsbedarf durch hohen Anteil von Migrantin-

nen und Migranten an der Gruppe der Älteren im nördlichen Kreuzberg

Pankow

• Im Bezirk Pankow lässt sich ein klarer Gegensatz zwischen den Ortsteilen erkennen

• Hohe Anteile Älterer im ehemaligen Bezirk Weißensee • Geringer Anteil der jungen Alten, d. h. keine dramatische Zunahme

der Personen über 65 Jahre in der nächsten Dekade

Charlottenburg-Wilmersdorf

• Hoher Anteil der jungen Alten, insofern zukünftig höherer Handlungs-bedarf gegeben

• Hoher Anteil von Hochaltrigen schon jetzt • Bezirk einer von fünf Schwerpunkten von älteren Migrantinnen und

Migranten

Spandau

• Hoher Handlungsdruck schon heute durch Gleichverteilung der Älteren bei hohen Anteilen an der Gesamtbevölkerung

• Hoher Anteil der über 80-jährigen im Südteil des Bezirks

Steglitz-Zehlendorf

• Bezirk von gleichmäßig hohen Anteilen Älterer bestimmt • Folgen des demografischen Wandels bereits erkennbar

Tempelhof Schöneberg

• Noch geringer Problemdruck bei hohem Anteil von jüngeren Älteren • Schöneberger Norden weist hohen Anteil älterer Migrantinnen und

Migranten auf

Neukölln

• Nord-Süd-Gegensatz innerhalb des Bezirks bedeutet inhaltlichen Gegensatz und unterschiedliche Handlungserfordernisse beim Wohnen in Zeiten des längeren Lebens

Treptow-Köpenick

• Hoher Handlungsdruck nur in einzelnen Planungsräumen, dort aber für Ältere und Hochaltrige

Marzahn-Hellersdorf

• Hohe Zahl junger Alter • Möglicherweise Anstieg der Zahl der Älteren

Lichtenberg • Geringe bis mittlere Zahl von Älteren • Anstieg der Personenzahl kann einzig durch Zuzüge erfolgen

Reinickendorf

• Gleichmäßig hohe Zahl von älteren Bewohnerinnen und Bewohnern in allen Ortsteilen

• Mittlerer bis hoher Handlungsdruck

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2. Wohngeldstatistik

Die Wohngeldstatistik liefert Informationen über die Anträge und Entscheidungen sowie über die persönlichen und sachlichen Verhältnisse der Wohngeldempfängerinnen und -empfänger. Für die Erhebung besteht Auskunftspflicht. Wohngeld ist ein von Bund und Ländern getragener Zuschuss zu den Wohnkosten, der einkommensschwächeren Haushalten gewährt wird, damit diese die Wohnkosten für angemessenen und familien-gerechten Wohnraum aufbringen können. Die Höhe des Zuschusses richtet sich nach der Haushaltsgröße, dem Familieneinkommen und der zuschussfähigen Miete bzw. Belastung und ergibt sich im Einzelfall letztendlich aus den Wohngeldtabellen. In der Folge werden die Zahlen für Haushalte betrachtet. Ein Haushalt ist dabei eine Haushalts-, Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft, bei der die Bewohnerinnen und Bewohner einer Wohnung diese gemeinsam nutzen und sich ganz oder teilweise gemeinsam mit dem täglichen Lebensbedarf versorgen. Hierunter zählen also auch Alten-Wohngemeinschaften und Mehrgenerationenhäuser.

• In Berlin erhalten 23.902 Haushalte Wohngeld. Das sind nur rund 1,2 Prozent aller Berliner Haushalte. 68 Prozent dieser Haushalte sind Einpersonenhaushalte (Alleinstehende). Weiterhin haben 73 Prozent der Bezieherinnen und Bezieher von Wohngeld keine Kinder im Haushalt. Besonders hoch ist diese Zahl in den Ostberliner Bezirken mit hohen Anteilen an Neubaugebieten (Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg), aber auch in Pankow. Gering ist diese Quote vor allem in Neukölln und Spandau.

Innerhalb der Wohngeldstatistik wird in Erwerbstätige und Nichterwerbstätige unter-schieden. In der Kategorie der nicht Erwerbstätigen werden Rentnerinnen und Rentner und Pensionierte als eigene Gruppe ausgewiesen. Im weiteren Verlauf soll deren Anteil an den Wohngeldempfängerinnen und -empfänger sowie deren absolute Zahl ausge-wertet werden.

• Der Anteil von Haushalten von Rentnerinnen und Rentner sowie Pensionierten an den Wohngeldempfängerinnen und -empfänger beträgt 50 Prozent. Insgesamt beziehen 11.968 ältere Haushalte Wohngeld.

• Von diesen leben 89 Prozent, also der überwiegende Teil in Hauhalten von Alleinstehenden. Hier zeigt sich, dass Altersarmut nicht gleich verteilt ist. Der Anteil der beziehenden Haushalte sinkt bei Haushalten von 2 Familienmitgliedern in dieser Personengruppe auf 7 Prozent ab.

• Noch stärker zeigt sich dieser Zusammenhang bei Haushalten mit mehr als zwei Personen. Hierbei handelt es sich um die beschriebenen Alten-Wohngemein-schaften, zum zweiten aber auch um generationenübergreifende Haushalte und Wohngemeinschaften. Allerdings kann zwischen beiden nicht unterschieden werden. Der Anteil der älteren Haushalte mit mehr als zwei Familienmitgliedern an der Gruppe der Rentnerinnen und Rentner sowie der Pensionierten, die Wohngeld erhalten, beträgt nur zwei Prozent. Der Anteil dieser Haushalte an al-len Haushalten mit mehr als 2 Familienmitgliedern, die Wohngeld empfangen, sinkt auf 7 Prozent ab.

• Bei der Untersuchung des Anteils der Haushalte von Rentnerinnen und Rentner sowie Pensionierten fällt bei der Betrachtung des Wohngeldes auf der Ebene der Bezirke auf, dass es große Unterschiede hinsichtlich des Anteils gibt. So liegt Marzahn-Hellersdorf mit einem Anteil von 61 Prozent an der Spitze. Dagegen sind nur 31 Prozent der Bezieherinnen und Bezieher von Wohngeld in Fried-

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richshain-Kreuzberg Rentnerinnen und Rentner sowie Pensionierte. Die höchsten absolute Zahl ist in Pankow zu beobachten. Hier sind 1.502 Haushalte älterer Menschen abhängig vom Wohngeld. An zweiter und dritter Stelle folgen Lichten-berg (1.476) und Marzahn-Hellersdorf (1.458). Die mit Abstand geringste Zahl von Haushalten weist Steglitz-Zehlendorf auf.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass das Problem des Wohngeldes, also der Übernahme eines Teils der Miete, tatsächlich ein Problem älterer Menschen ist. So sind die Hälfte der Haushalte von Wohngeldempfängerinnen und -empfänger von Älteren bewohnt, obwohl ihr Anteil an der Bevölkerung nur bei 20 Prozent liegt. Gleich-zeitig ist der hohe Anteil von Personen, die allein leben und auf Wohngeld angewiesen sind, auffällig.

3. Verkehrsdaten des VBB

Die Auswertung der Verkehrsdaten stellt einen wichtigen Beitrag zur Beurteilung der Chancengleichheit der Mobilität von älteren Bewohnerinnen und Bewohnern dar. Nach-haltige Mobilität, gesichert durch den ÖPNV, stellt ein Element der Daseinsvorsorge dar. Darüber hinaus ist die Erreichbarkeit von ÖPNV-Zugangsstellen ein Teil der Dienstleis-tungen des Sozialraums und der Nachbarschaft. Das Vorhandensein eines Zugangs bestimmt also wesentlich auch die Qualität eines Wohnortes. Der Senat hat auch in der Vergangenheit Daten des Landesamtes für Statistik mit den Daten des VBB zusammengeführt. So spielt bei der Planung der Installation von Auf- zügen die Einkommensverteilung Älterer eine Rolle. Innerhalb des zu entwickelnden gesamtstädtischen Konzeptes soll versucht werden, eine generelle Abschätzung des Zugangs zu erreichen. Methodisch sollten dabei die Wege gemessen werden, die ältere Menschen zum Erreichen der nächsten ÖPNV-Haltestelle zurücklegen müssen. Allerdings ist in dieser ersten Stufe der Berechnung zur Vereinfachung ein Kreis um die entsprechenden Raumdaten der Verkehrszu-gangseinrichtungen gelegt. Gleichzeitig wurden die Anteile derjenigen berechnet, die außerhalb der entstandenen Kreise wohnen und dementsprechend mehr Weg zurück-legen müssen, um den ÖPNV nutzen zu können. Mit dieser Methode kann die Luftlinie, welche die Bewohnerinnen und Bewohner zurück-legen müssen, um zum ÖPNV zu gelangen, dargestellt werden. In die Untersuchung einbezogen wurden nur Personen, die über 65 Jahre alt sind und ihren Hauptwohnsitz am 31. Dezember 2007 in Berlin haben. Als Radius zur Wegeermittlung wurden zum einen 500 Meter (500m-Radius), zum anderen 300 Meter (300m-Radius) angenommen. Insgesamt ist die Anbindung an die VBB-Zugangseinrichtungen in Berlin relativ gut. Vor allem im Stadtzentrum erreicht sie ein hoher Anteil der Bewohnerinnen und Bewohner über 65 Jahre. Längere Wege ergeben sich vor allem in den Außenbezirken. In der Gesamtstadt erreichen von den insgesamt 619.510 Personen über 65 Jahren 605.244 Zugangseinrichtungen innerhalb eines 500m-Radius. 523.542 Personen leben innerhalb eines 300m-Radius. Die bedeutet im ersten Fall eine Abdeckung von 97,7 Prozent, für den zweiten Fall nur noch 84,5 Prozent. Im Ergebnis bedeutet dies, dass 14.286 Personen über 65 Jahre in Berlin einen weiteren Weg als 500 Meter zurücklegen müssen, um den Netzzugang zum VBB zu erhalten. Im zweiten Fall steigt diese Zahl auf 95.986 Personen.

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Ingesamt lässt sich ein deutlicher Gegensatz zwischen der Innenstadt und den äußeren Stadträumen beobachten. Dies zeigt sich auch daran, dass die Bezirke mit den höchsten Abdeckungsgraden sich im Stadtzentrum finden. So ergibt sich für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg bei der Betrachtung des 500m-Radius eine vollständige Ab-deckung, für den 300m-Radius eine Abdeckung von 91,9 Prozent. Ein ähnliches Bild ergibt sich für den Bezirk Mitte. Die schlechtesten Werte ergeben sich für die Bezirke Treptow-Köpenick, Reinickendorf und Marzahn-Hellersdorf. In Treptow-Köpenick haben innerhalb der 300m-Radius nur 77,2 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner über 65 Jahre ihren Wohnsitz. In Marzahn-Hellerdorf liegt die Abdeckung bei 77,5 Prozent. Am drittschlechtesten schneidet der Bezirk Reinickendorf ab, hier liegt die Abdeckung bei 81,2 Prozent. Eine Ausnahme bildet der Bezirk Spandau. Obwohl am Stadtrand gelegen, ist die Abdeckung hier ähnlich hoch wie in Charlottenburg-Wilmersdorf. Auch der Bezirk Tempelhof-Schöneberg weist überdurchschnittliche Werte beim Abdeckungsgrad für Personen über 65 Jahre auf. Darüber hinaus kann festgestellt werden, dass die Abdeckung für Personen über 65 Jahre schlechter ist als für die übrige Personengruppe. In Berlin ergibt sich für den 300m-Radius ein Unterschied von einem Prozent. Allerdings sind die Unterschiede für diejenigen Gebiete, die ohnehin nur eine geringe Abdeckung aufweisen, besonders hoch. So beträgt der Unterschied des Abdeckungsgrads für den 300m-Radius zwischen den über 65-Jährigen und den unter 65-Jährigen im Bezirk Marzahn-Hellersdorf über 2 Prozent. Dagegen kann für die Bezirke Mitte, Spandau, Tempelhof-Schöneberg und Lichtenberg festgestellt werden, dass hier die Personen über 65 Jahre besser an das Netz des VBB im 300-Meter-Radius angeschlossen sind als die übrigen Gruppen.