Upload
vanminh
View
213
Download
0
Embed Size (px)
Citation preview
1
Echo der Lederhecke 130. Ausgabe Juli – September 2015
Beiträge zur Geschichte der Gemeinde Sulzdorf a.d.L. (Folge 121)
Berühmter Grabfeldmaler Johann Peter Herrlein wirkte
in Obereßfeld und Sternberg
An der Ausgestaltung der neu erbauten Pfarrkirche St. Nikolaus in Obereßfeld
wirkte 1777 der bekannteste Maler unserer Heimat, Johann Peter Herrlein (1722-
1799), mit. Auch in der Pfarrkirche von Sternberg befindet sich ein Gemälde des
weit über die Grenzen des Landkreises hinaus bekannten Künstlers.
Die Herrleins stammen ursprünglich aus Obereschenbach. Der Vater Johann Peter
Herrleins, Johann (* 1702 in Hammelburg + 1766 in Stadtlauringen), erlernte das
Bäckerhandwerk. Nach seiner Lehrzeit begab er sich auf Wanderschaft, die ihn nach
Münnerstadt führte, wo er 1721 die Bäckerstochter Anna Justina Appel ehelichte.
Das Paar hatte neun Kinder, von denen sich neben Johann Peter auch die Brüder
Johann Andreas in Fulda und Andreas in Österreich einen Namen machten. Eine
Schwester betätigte sich ebenfalls als Malerin.
1732 verlegte die Familie Herrlein ihren Wohnsitz nach Kleinbardorf, 1745 in das
benachbarte Kleineibstadt. Vater Johann betätigte sich nun in vielen Grabfeld-Orten
als Fassmaler (d.i. jemand, der die Fassung, d. h. die Bemalung und Vergoldung von
Holzplastiken vornimmt) und Maler von Bildern. Weiter schuf er Heiliggrab-
darstellungen, die allerdings bei der Säkularisation 1803 aus den Kirchen verbannt
wurden.
Vmtl. Selbstbildnis von Johann Peter Herrlein (Mitte) und seinen Söhnen Kilian und
Johann Georg im Deckengemälde der Findelbergkirche in Saal an der Saale.
Deckengemälde waren Herrleins Hauptarbeiten
Johann Herrleins Sohn, der Barockmaler Johann Peter Herrlein, wurde am 24.
August 1722 in Münnerstadt geboren. Er heiratete im Mai 1749 in Kleineibstadt die
einheimische Müllerstochter Katharina Först.
2
Echo der Lederhecke 130. Ausgabe Juli – September 2015
Hauptarbeiten Johann Peter Herrleins waren Deckengemälde. Im großen und ganzen
entwickelte er seinen eigenen Stil, was eine erstaunlich große Anzahl von
Altarbildern, Kreuzwegen und Deckenfresken in ganz Franken beweist. Sog.
Herrlein-Kirchen im Landkreis Rhön-Grabfeld befinden sich in Obereßfeld,
Althausen, Eyershausen, Ipthausen, Kleinbardorf, Merkershausen, Oberelsbach,
Sondheim v. d. Rhön, Sulzfeld, Unterelsbach, Untereßfeld und auf dem Findelberg
in Saal. Dazu gesellten sich mehr als zwei Dutzend Kirchen im übrigen Franken.
Bemerkenswerte Altarblätter schuf der fränkische Barockmaler in Sternberg,
Ipthausen, Sulzfeld, Hendungen und Althausen. Eine besondere Sparte seines
Schaffens stellen die Kreuzwege dar. Diese schmücken u.a. die Gotteshäuser in
Untereßfeld, Merkershausen, Brendlorenzen, Rödelmaier, Hohenroth, Unterelsbach
und Schönau.
Johann Peter Herrleins bevorzugte Themen waren die Himmelfahrt Mariens, das
letzte Abendmahl und die Anbetung der hl. drei Könige. Dazu gesellte sich die
Darstellung populärer fränkischer Heiliger, und zwar Kilian, Nepomuk, Michael
oder Georg.
Der Maler, der seine Frau um fast 27 Jahre überlebte, verbrachte seinen
Lebensabend bei einem seiner neun Kinder in Saal, und zwar bei dem 1752
geborenen Sohn Andreas, der hier 1829 verstarb. Johann Peter Herrlein selbst
schloss am 25. Februar 1799 im Alter von 78 Jahren nach einem langen Malerleben
seine licht- und farbenfrohen Augen in dem zufriedenen Bewusstsein, Gottes Ehre
und dessen Verherrlichung gedient zu haben und in der begründeten Hoffnung,
eingehen zu dürfen in den Himmel, dessen Gleichnis er so vielen christlichen
Gemeinden vor Augen gestellt hatte. Er wurde auf dem Saaler Findelbergfriedhof
neben der Wallfahrtskirche beigesetzt. Sein Grab ist heute nicht mehr bekannt, da
der Friedhof 1959 aufgelassen und westwärts neu angelegt wurde.
Übermalt - das von J.P. Herrlein gestaltete Hauptportal der Pfarrkirche St.
Nikolaus in Obereßfeld (links im Bild). Auf der rechten Seite die Signatur des
Künstlers von 1777 im Deckengemälde der Obereßfelder Kirche.
3
Echo der Lederhecke 130. Ausgabe Juli – September 2015
Das Deckengemälde im Langhaus der Obereßfelder Kirche
1777 malte Johann Peter Herrlein im Kirchenschiff von Obereßfeld ein prachtvolles
Deckengemälde, das die Legende des Martyriums des heiligen Georg zum Inhalt
hat.
Um das Jahr 280 geboren, erwählte der Georg schon in jungen Jahren das
Waffenhandwerk. Sehr bald erhielt er den hohen Rang eines Obersten und hatte als
Tribun jederzeit Zutritt zum Kaiser, der seine große Tapferkeit schätzte. Als die
Christenverfolgungen erneut einsetzten, machte der kühne Jüngling dem Kaiser
Vorwürfe, was diesen ergrimmte. Er ließ Georg in Ketten legen und foltern. Trotz
unendlicher Qualen blieb Georg seinem Glauben an Christus treu. Man hieb ihm
deshalb den Kopf ab. So besiegte der Heilige - er ist einer der vierzehn Nothelfer -
in der Tat den Drachen des Unglaubens und wurde so zum Symbol der christlichen
Tapferkeit.
Auf dem Gemälde in der Obereßfelder Pfarrkirche St. Nikolaus schildert Johann
Peter Herrlein mit eindeutigen Attributen und klarer Handlung das letzte von Georgs
vier Martyrien, und zwar seine Enthauptung durch Kaiser Diocletian. Der große von
einem Speer durchbohrte Drachen und der sich aufbäumende Schimmel weisen den
jugendlichen Ritter im römischen Schuppenpanzer und roten Mantel als den
heiligen Drachentöter aus.
Am linken Bildrand weicht das Gefolge des Kaisers erschreckt in einen Tempel
zurück, aus dessen Fassade eine Skulptur des heidnischen Gottes Merkur mit
Schlangenstab fällt und zerbricht. Die Enthauptung spielt sich auf den Stufen einer
nicht näher beschriebenen Architektur ab. Der Kaiser, zu Pferd, sieht zu. Kaum
wahrnehmbar ist im Hintergrund noch die Szene einer in Ohnmacht fallenden Frau.
Es handelt sich dabei wohl um die von Georg bekehrte Gemahlin des heidnischen
Herrschers, die auf dem Weg zur Folter tot zusammenbricht. Ein Engel nimmt sich
ihrer an. Der sich aufbäumende Schimmel des heiligen Ritters, in starker Untersicht
illusionistisch überzeichnet, ist eine kleine Verbeugung vor der Kunst Tiepolos, der
dieses Motiv in die fränkische Kunst im Kaisersaal der Würzburger Residenz
einführte, so Hauptkonservatorin Dr. Annette Faber in ihrem 1996 erschienenen
Buch über Herrlein.
Vmtl. wurde die Georgs-Legende als Motiv in Obereßfeld deswegen gewählt, weil
der Hauptstifter der am 13. Januar 1770 errichteten Pfarrei Johann Georg Warmuth
(er starb am 31.5.1782) hieß. Er spendete immerhin 7.000 Gulden. Auf den Namen
Georg waren zudem damals zahlreiche Obereßfelder Mitbürger getauft. Ebenso
hatte der Witwer Johann Georg Eschenbach (gestorben im Alter von 80 Jahren am
30.11.1777 - er war 37 Jahre Bürgermeister und 49 Jahre Schöffe des Zentgerichts
in Königshofen) 100 Gulden zum Bau der Kirche gegeben. Auch die ledige
Margaretha Eschenbach (gestorben 1776 im Alter von 77 Jahren) vermachte 300
Gulden zum Bau der Kirche.
Stifter Johann Georg Warmuth bat noch, sollte einer seiner Nachfahren Pfarrer
werden, möge diesem die Pfarrei Obereßfeld verliehen werden.
5
Echo der Lederhecke 130. Ausgabe Juli – September 2015
Das Deckengemälde im Chor der Nikolauskirche
1777 schuf Johann Peter Herrlein im Chor der dem hl. Nikolaus geweihten
Obereßfelder Kirche ein weiteres prächtiges Deckengemälde. Die Ikonographie des
Freskos war wohl direkt auf den alten Hochaltar bezogen. Ein neuer wurde erst
1782 in Auftrag gegeben. Das Deckengemälde zeigt die weiblichen
Personifikationen der christlichen Tugenden Glaube (mit Kreuz und Kelch), Liebe
(mit Herz) und Hoffnung (mit Anker). Darüber sind in den Wolken zwei rote
baldachinüberfangene Throne in herrschaftlichem roten Samt abgebildet. Der linke
Thron bleibt leer, aus dem rechten beugt sich Gottvater mit den Worten herab: Dies
ist mein geliebter Sohn, an welchem ich ein Wohlgefallen habe (Mathäus 3,17). Der
Vers bezieht sich auf die Taufe Jesu durch Johannes, die wahrscheinlich auf dem
früheren Hochaltar dargestellt war. 1927 und 1958 musste das Chorfresko wegen
großer Wasserschäden stark überarbeitet werden.
Nach Fertigstellung der Deckenbilder bemalte Herrlein auch noch die Fassade der
Kirche am Hauptportal mit Rocaillen (muschelförmige Ornamente).
6
Echo der Lederhecke 130. Ausgabe Juli – September 2015
Auch die Seitenaltäre zieren Herrlein-Gemälde
Als Johann Georg Warmuth, der Stifter der Kirche, 1782 starb, vermachte er weitere
1000 Gulden zur Ausstaffierung des neuen Gotteshauses. Mit diesem Kapital
konnten die Altäre angeschafft werden. Die beiden Seitenaltäre richtete ein
Schreiner aus Oberstreu auf und für die beiden darin befindlichen Gemälde erhielt
Johann Peter Herrlein 19 Gulden.
Auf dem rechten Seitenaltar ist der Patron der Kirche, der heilige Nikolaus, in
reicher Bischofskleidung dargestellt; ihm zu Füßen ein Fass, in dem dicht gedrängt
die drei von ihm geretteten Scholaren sitzen. Sie waren von einem erbosten Wirt
eingepökelt worden. Im Hintergrund der Szene ist - wie bei Herrlein-Bildern häufig
- eine weitere Begebenheit aus dem Leben des hilfreichen Heiligen zu erkennen: die
drei armen Jungfrauen, denen er mit Hilfe einer Aussteuer ein schändliches
Schicksal erspart. Die drei Goldkugeln (oder Geldbörsen), die Nikolaus ihnen durch
das Fenster wirft, sind vorne im Bild noch einmal abgebildet - ein kleiner Putto
verweist auf sie.
Der linke Seitenaltar zeigt eine Immaculata auf der Mondsichel, von Putten
umgeben. In unseren Tagen wirkt das Gesicht der Muttergottes hart, ihre Bewegung
wenig anmutig, das Seidenkleid hat keinen Glanz. Möglicherweise ist dies das
Ergebnis späterer Übermalungen, von denen auch das Deckenfresko nicht verschont
blieb. Vielleicht stammt dieses Gemälde, ebenso wie der hl. Nikolaus, aber von
einem der Söhne Johann Peter Herrleins. In den Rechnungen ist nur der „Mahler
Herrlein“, nicht aber der Vorname genannt. Schon drei Jahre zuvor hatte sich
Johann Peter bei der Ausmalung der Findelbergkirche von seinem Sohn Kilian
unterstützen lassen, der wie sein Bruder Johann Georg als Maler in Kleineibstadt
lebte.
7
Echo der Lederhecke 130. Ausgabe Juli – September 2015
Das Altargemälde in Sternberg
1681 erhielt die 1673 erbaute Pfarrkirche in Sternberg ihre heute noch vorhandenen
Altäre. In den rechten Seitenaltar wurde in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts
ein neues Altarblatt eingesetzt. Bei dem Gemälde dürfte es sich um ein Frühwerk
des Meisters Johann Peter Herrlein handeln, das um 1750/60 entstand. Allerdings
dürfte es nicht speziell für den Sternberger Altar geschaffen worden sein. Der Saaler
Kirchenmaler Helmut Mönch, der das Gemälde letztmals bei der letzten
Innenrenovierung 1982 restaurierte, stellte fest, dass es ursprünglich um einiges
größer war und Teile des Gemäldes, die nicht in den vorhandenen Rahmen passten,
umgeknickt wurden und verdeckt sind.
Wohl aufgrund einer Stiftung malte Johann Peter Herrlein die Vision des heiligen
Franziskaners Antonius von Padua, der von den Kapuzinern besonders verehrt wird.
Dem Mönch erscheint beim Studium frommer Texte in seiner dunklen, kargen Zelle
das Jesuskind. In inniger Zuneigung wendet sich der junge Mönch dem strahlenden
Kind entgegen, das seine Ärmchen nach ihm ausstreckt. Das Attribut Jesuskind geht
auf eine Legende zurück, nach der ein Graf - nach spätere Überlieferung sein
Förderer Graf Tiso von Camposampiero - als Gastgeber des Heiligen diesen nachts
8
Echo der Lederhecke 130. Ausgabe Juli – September 2015
aufsuchte, um sich nach seinem Befinden zu erkundigen. Aus der Kammer des
Heiligen drang ein so heller Lichtschein, dass der Graf einen Brand vermutete und
erschrocken die Tür aufriss. Er fand Antonius lächelnd vor, in seinen Armen das
strahlende Jesuskind haltend. Der Augenzeuge durfte erst nach dem Tode des
Heiligen von diesem Geschehnis berichten.
1955 geschaffene Kopie des Sternberger Herrlein-Gemäldes
von Ludwig Stolarski in der Klosterkirche Bad Königshofen.
Die Lilie auf dem Tisch ist ein wichtiges Symbol des Heiligen. Herrlein füllt und
belebt das Bildformat mit einer rotweiß gestreiften Tischdecke, die im Augenblick
der Erscheinung offenbar verrutscht ist, und signiert sein Werk auf dem Einband
eines in Leder gebundenen Buches in der rechten unteren Ecke.
In der ehemaligen Kapuzinerklosterkirche in Bad Königshofen befindet sich in
einem an den Chor angehängten Nebenraum eine Kopie des Sternberger
Antoniusgemäldes von Johann Peter Herrlein. Diese wurde 1955 von Ludwig
Stolarski 1955 geschaffen.
Reinhold Albert
Literatur: Kügler, Karl: Die Herrlein - Eine unterfränkische Malerfamilie. In: Fränkische Heimat -
Heimatbeilage zum Fränkischen und Schweinfurter Volksblatt, 64. Jahrgang, Nr. 7/1934; Pfeufer,
Dr. Johann: Johann Peter Herrlein - ein fränkischer Barockmaler. In: Die Mainlande, Geschichte
und Gegenwart, Beilage der Main-Post Nr. 14 ff./1954-1956; Pfeufer, Johann: Johann Peter
Herrlein - ein fränkischer Barockmaler, Volkach 1966; Dr. Annette Faber: Johann Peter Herrlein
(1722-1799) - ein ländlicher Kunstbetrieb in Franken, Würzburg 1996; Albert, Reinhold: Chronik
der Gemeinde Sulzdorf a.d.L., Hildburghausen 1994; https://www.heiligenlexikon.de/Biogra-
phienA/Antonius_von_Padua.html