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1 Beschluss (360-4004.20-025/05-ARN) I. In dem Nachprüfungsverfahren §§ 102 ff. GWB auf Grund des Antrages vom 29.11.2005, 1. der BG Ingenieurbüro xxxxxxx als GbR . / . 2. Fa. xxxxxx mbH, betreffend das Vorhaben: "Planungsleistungen am BV Erweiterung der Verbandskläranlage xxxxx in xxxxx für des Industriegebiet xxxxx Kreuz" Verfahrensbeteiligte: 1. die Bietergemeinschaft (BG) der Firmen 1.0 Ingenieurbüro xxxxxxxxxx Planungsgesellschaft mbH vertr. d. d. GF. xxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxx gleichzeitig auch Bevollmächtigter der BG und 2.0 xxxxxxxxxxx beratende Ingenieure GmbH & Co. xxxxxxxxxxx KG vertr. d. d. pers. haftenden Gesellschafter diese wiederum vertr. d. d. GFxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxx als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts Verfahrensbevollmächtigte : RAe xxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxx - Antragstellerin - (AST) gegen 2. die Firma xxxxxxxxxxxxxxx mbH vertr. d. d. GF., die Herren xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxx - Vergabestelle - (VST)

Beschluss - web43.d2-1066.ncsrv.deweb43.d2-1066.ncsrv.de/1-06/vkthueringen-025-05-ARN.pdf · xxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxx - Beigeladene - (BEI) hat die Vergabekammer Freistaat Thüringen,

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Beschluss

(360-4004.20-025/05-ARN)

I. In dem Nachprüfungsverfahren §§ 102 ff. GWB auf Grund des Antrages vom 29.11.2005, 1. der BG Ingenieurbüro xxxxxxx als GbR . / . 2. Fa. xxxxxx mbH, betreffend das Vorhaben: "Planungsleistungen am BV Erweiterung der Verbandskläranlage xxxxx in xxxxx für des Industriegebiet xxxxx Kreuz" Verfahrensbeteiligte: 1. die Bietergemeinschaft (BG) der Firmen 1.0 Ingenieurbüro xxxxxxxxxx Planungsgesellschaft mbH vertr. d. d. GF. xxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxx gleichzeitig auch Bevollmächtigter der BG und 2.0 xxxxxxxxxxx beratende Ingenieure GmbH & Co. xxxxxxxxxxx KG vertr. d. d. pers. haftenden Gesellschafter diese wiederum vertr. d. d. GFxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxx als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts Verfahrensbevollmächtigte : RAe xxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxx

- Antragstellerin - (AST)

gegen 2. die Firma xxxxxxxxxxxxxxx mbH vertr. d. d. GF., die Herren xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxx

- Vergabestelle - (VST)

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beigeladen: 3. die Firma xxxxxxxxxxx Architekten Ingenieure vertr. d. d. GF., die Herren xxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx xxxxxxx xxxxxxxxx Verfahrensbevollmächtigte : Rechtsanwälte xxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxx

- Beigeladene - (BEI)

hat die Vergabekammer Freistaat Thüringen, in der Besetzung mit Herrn Oberregierungsrat Scheid als Vorsitzendem, Herrn Spang als hauptamtlichem Beisitzer und Herrn Krüger als ehrenamtlichem Beisitzer, nach mündlicher Verhandlung vom 10. Januar 2006 am 16. Januar 2006 beschlossen : 1. Die Zuschlagsentscheidung der Vergabestelle wird aufgehoben.

Die Vergabestelle wird verpflichtet, das Verhandlungsverfahren mit den dazu ausgewählten Bewerbern, mit Ausnahme der Bewerbung der Beigeladenen, beginnend mit dem Eintritt in die Verhandlungsgespräche und unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer, zu wiederholen.

2. Der Antrag der Antragsstellerin auf erneute und umfassende Akteneinsicht wird abgelehnt.

3. Die Kosten des Nachprüfungsverfahrens (Gebühren und Auslagen) haben die Vergabestelle und die Beigeladene – anteilig, jeweils zur Hälfte – als Gesamtschuldner zu tragen.

4. Die Gebühren für das Nachprüfungsverfahren werden auf x.xxx,00 € festgesetzt. Auslagen sind in diesem Zusammenhang nicht zu erstatten.

5. Die Vergabestelle und die Beigeladene haben auch die der Antragsstellerin im Nachprüfungsverfahren zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Kosten zu tragen. Für diese Kosten haften sie der Antragstellerin – anteilig, jeweils zur Hälfte – als Gesamtschuldner.

6. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten zur Durchführung des Nachprüfungsverfahrens durch die Antragsstellerin wird für notwendig erklärt.

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II. Begründung 9. Sachverhalt Die VST schrieb im August 2005 Dienstleistungen von Architekten und Ingenieuren als Dienstleistungsauftrag der Kategorie 12 für die Maßnahme „Planung der Erweiterung „Verbandskläranlage xxxxxxx“ in xxxxx für das Industriegebiet xxxx Kreuz“ europaweit aus (vgl. Vergabebekanntmachung Ziffer II 1.3 und 1.5, Bl. 1 - 4 der Vergabeakte). Für die abwassertechnische Anbindung des Industriestandortes im Norden der Stadt Arnstadt ist die Erweiterung der Verbandskläranlage Xxxxxxxx in Xxxxxxxx in der II. Ausbaustufe um 20.000 Einwohnerwerte (EW) vorgesehen. Die Kläranlage wurde in der I. Ausbaustufe für 80.000 EW mit der Möglichkeit der Erweiterung auf 100.000 EW ausgelegt. Verfahrenstechnisch wird die Kläranlage in der I. Ausbaustufe mit einer simultan aeroben Schlammstabilisierung betrieben. Mit der Erweiterung hat eine Umstellung auf eine anaerobe Schlammstabilisierung zu erfolgen. Gegenstand des Auftrages ist nach dem Ausschreibungstext (Ziffer II. 1.6, Bl. 1) die komplette Planung der Erweiterung der Verbandskläranlage, d. h. die Leistungen bei Ingenieurbauwerken und Verkehrsanlagen nach Teil VII der HOAI, § 55 (Leistungsphasen 1-9), Leistungen bei der Tragwerksplanung nach Teil VIII der HOAI, § 64 (Leistungsphasen 1-6), Leistungen bei der Technischen Ausrüstung Teil IX der HOAI, § 73 (Leistungsphasen 1-9) sowie der örtlichen Bauüberwachung nach § 57 der HOAI, zzgl. Vermessungsleistungen und Baugrunduntersuchungen. Die Leistungsphasen 1 – 4 sollten dabei bis Januar 2006 zu erbringen sein. Zur Erweiterung der Kläranlagen sind verfahrenstechnische Untersuchungen sowie ein Abgleich zum Ist-Bestand als Leistungsbestandteil mit durchzuführen. Eine Aufteilung des Auftrages in Lose war nicht vorgesehen. Nebenangebote und Änderungsvorschläge sollen keine Berücksichtigung finden. Die Auftragsdauer bzw. die Fristen für die Durchführung des Auftrages waren mit Beginn 10/2005 bis Ende 03/2007 bezeichnet (Ziffer II. 3 d. Vergabebekanntmachung, Bl. 2). Als Bedingungen für die Teilnahme (III.2) war u. a. – zum Nachweis der Erfüllung der wirtschaftlichen und technischen Mindestanforderungen – zu § 13 Abs. 2 f VOF die Beifügung auch der Zertifizierungsurkunden oder der Konformitätserklärung gefordert. Als Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit war u. a. eine Liste der wesentlichen, in den letzten 3 Jahren erbrachten Leistungen - mindestens 2 maximal 3 Referenzobjekte - gefordert, die mit derjenigen (Leistung) vergleichbar sein sollte, die beauftragt werden soll (Nettobaukosten/Nettohonorare für vergleichbare Aufgaben). Die Leistungszeit war dazu ebenso anzugeben wie die Namen der öffentlichen und privaten Auftraggeber (Ziffer III. 2.1.2, Bl. 3). Die Zahl der Unternehmen, die zur Angebotsabgabe aufgefordert werden sollen, war auf mindestens 3 und höchstens 5 Unternehmen festgelegt (Ziffer IV. 1.4). Als Zuschlagskriterium war das wirtschaftlich günstigste Angebot bezüglich der Kriterien:

(4) Fachkunde; (5) Leistungsfähigkeit; (6) Erfahrung mit vergleichbaren Objekten; (7) Qualifikation der Bearbeiter/Innen; (8) Qualität; (9) Ausführungszeitraum und

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(10) Wirtschaftlichkeit (Preis/Honorar), vorgegeben. Dabei sollte die Reihenfolge ihrer (Be-) Nennung die Priorität der Kriterien selbst zum Ausdruck bringen. Eine prozentuale Gewichtung der Kriterien wurde nicht vorgenommen. Die sog. Unterkriterien sind in der Bekanntmachung nicht genannt. Auf die Ausschreibung bewarben sich, neben der AST und der BEI, weitere 22 Unternehmen/Büros. 12 Bewerbungen wurden wegen unvollständiger Teilnahmeanträge aus dem weiteren Verfahren ausgeschieden (vgl. dazu auch die Angaben im Vergabevermerk der VST, Bl. 17 f.) Die Bewerbung der AST wies u. a. 6 Referenzen von vergleichbaren Bauwerken (KA) aus, deren Kapazität zwischen 99.600 und 560.000 EW lagen. Die Bewerbung der BEI umfasste die Angabe von 3 Referenzen, deren jeweilige Kapazität mit 73.500/110.000 EW – KA Yyyyyyy, mit 42.000 EW – KA Zzzzzzzz und mit 35.000 EW – KA Aaaaaaaa angegeben war. Mit ihrer Bewerbung hat die BEI auch eine Erklärung, überschrieben mit „Qualitätssicherung/ Konformitätserklärung des Inhaltes abgegeben, dass die BEI frühzeitig ein entsprechendes Procedere nach DIN ISO 9002 ff. eingerichtet habe (vgl. Angebot der BEI, Erklärung zu § 13 Abs. 2 f) VOF: Fachliche Eignung). Neben der AST und der BEI wurden die Teilnahmeanträge von 10 weiteren Bewerbungen einer Auswertung unterzogen. Die VST prüfte dabei die Bewerbungen anhand der im Folgenden genannten – gewichteten Kriterien : Kriterien Gewichtung (1) Referenzen 15 % (2) geplante Faulungen in den letzten 5 Jahren 20 % (3) gepl. Energiegewinnungsanlagen in den letzten 5 Jahren 10 %

(4) nach HOAI erbrachte Leistungsphasen 15 % (5) durchschnittl. MA-Zahl in den letzten 3 Jahren, § 13 (2) d 10 % (6) Qualitätsmanagement, Zertifikate, § 13 (2) f 5 % (7) Qualität der Bewerbungsunterlagen 7 % (8) kurzfristige Erreichbarkeit 8 % (9) Örtliche Präsenz 10 % Die Kriterien selbst, sowie der Maßstab und der Grad ihrer Gewichtung waren nicht bekannt gegeben worden. Der Zeitpunkt der Festlegung diese Auswahlkriterien ist in der Vergabeakte der VST selbst nicht dokumentiert. Die Auswertung der Bewerbungen hatte hinsichtlich der AST und der BEI folgendes Ergebnis: Punkte AST BEI

(1) Referenzen 5 4 (2) geplante Faulungen ... 5 3 (3) gepl. Energiegewinnungsanlagen ... 4 0 (4) nach HOAI erbrachte Leistungsphasen 4 4

(5) durchschnittl. MA-Zahl ... 4 2 (6) Qualitätsmanagement, ... 5 0 (7) Qualität der Bewerbungsunterlagen 5 5

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(8) kurzfristige Erreichbarkeit 5 5 (9) Örtliche Präsenz 4 5 Gesamtpunktzahl 4,55 3,25 Rang 2 5 Die Punktevergabe selbst ist ebenfalls weder in ihrem Maßstab selbst bekannt gemacht oder in der Vergabeakten der VST definiert worden. Auch zu dem angewandten Verteilungsmaßstab ist in der Vergabeakte keine Aussage getroffen worden. Neben vier weiteren Bewerbern wurden auch die AST und die BEI zur Durchführung des Verhandlungsverfahrens als Bieter zu den Vergabeverhandlungen am 07. 11. 2005 eingeladen. Dazu erhielten die Bieter ein zweiseitiges Merkblatt (Bl. 15+16 d. Vergabeakte), das einmal (Buchstabe a) „die Darstellung Ihres Büros anhand folgender Bewertungskriterien“ und (b) das „Honorarangebot unter Berücksichtigung folgender Vorgaben“ zum Gegenstand hatte Die Darstellung des Büros (a) sollte mit (1.) der Vorstellung eines vergleichbaren Referenzobjektes mit 80.000 bis 100.000 EW erfolgen. Es war die persönliche Vorstellung aller Leistungserbringer des Bieters vorgesehen; der Nachweis ihrer Fachkunde war zu erbringen (2.). Die Zuverlässigkeit/ Qualität der angebotenen Bieterleistungen (3.) sollte dargestellt werden, anhand

- der Koordinierung von Leistungen und Darstellung der Verantwortlichkeiten; - der Sicherstellung von Ausführungszeiträumen und Fristen; - der Sicherstellung der Qualität der Leistungen; - der Sicherstellung der Erreichbarkeit/Verfügbarkeit vor Ort; - Integration von Fachplanungen und Vorstellung der Nachunternehmer; - technische Ausstattung des Büros; - des Finanzmittel-Controllings; - des Jahresumsatzes der letzten Jahre; - der personellen Ausstattung des Büros.

Die Benennung der Gewichtung dieser Kriterien bzw. der bekannt gemachten Zuschlagskriterien war mit dieser Einladung der ausgewählten Bieter auch nicht verbunden. Das Honorarangebot (b) war unter Berücksichtigung folgender Vorgaben abzugeben:

(1.) Festsetzung der Honorarzone 2 (von) und der Leistungsbilder nach § 55 HOAI (Leistungsphase 1 bis 9), § 64 (Leistungsphase 1 bis 6), § 73 (Leistungsphase 1 bis 9).

(2.) Angebot für das Honorar für die örtliche Bauüberwachung nach § 57 HOAI ........... %.

(3.) Angebot für die Bauoberleitung (Leistungsphase 8, 10 bis 14 %) .......... %. (4.) Pauschale Vergütung der Nebenkosten für den Umfang des Absatzes 2 § 7

HOAI mit ........... %. (5.) Zeithonorar für zusätzliche Leistungen auf Anweisung des Auftragebers

gemäß § 6 Abs. 2 HOAI (...). (6.) Angabe der zu erwartenden Besonderen Leistungen (...).

Niederschriften über die durchgeführte Präsentation der Bieter im Verhandlungsverfahren sind nicht gefertigt worden. Jedenfalls sind solche in der Vergabeakte der VST nicht dokumentiert. Ausweislich der Angaben im Vergabevermerk (Bl. 17+18) nahmen an den Vergabeverhandlungen, als Vertreter des Auftraggebers, zwei Mitarbeiter des Wasser-/Abwasser-zweckverbandes Xxxxxxxx und Umgebung, sowie zwei Vertreter der VST teil. Die

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detaillierte Auswertung der sehr fachspezifischen Darstellungen sei dabei im wesentlichen durch den Wasser-/Abwasserzweckverband durchgeführt worden. Es habe sich dabei folgende Wertung ergeben : Rang 1 – Xxxxxxx

Rang 2 – Bietergemeinschaft Xxxxxxx/Xxxxxxx (...)

Dieser Wertung hat ein Bewertungsblatt der VST zugrunde gelegen, das folgende sechs (6) Zuschlagskriterien, einschließlich ihrer prozentualen Gewichtung, nannte:

2. Fachkunde (25 %) 3. Leistungsfähigkeit (20 %) 4. Erfahrungen (20 %) 5. Zuverlässigkeit/Ausführungszeiträume (15 %) 6. Sonstige objektbezogene Kriterien (10 %) 7. Preis/Honorar (10 %)

Die so bezeichneten Zuschlagskriterien waren dabei untersetzt mit weiteren Kriterien (Unterkriterien), denen jeweils eine eigene Gewichtung zuerkannt war. Die Gewichtungen der Unterkriterien ergaben in der Addition ihrer Summen dabei die Gewichtung des jeweiligen Zuschlagskriteriums. Der Zeitpunkt der Festlegung der Unterkriterien und ihre jeweilige Gewichtung sind in der Vergabeakte nicht dokumentiert. Für die Unterkriterien konnten durch die VST jeweils 0 bis 5 Punkte vergeben werden. Die Bewertung des jeweiligen Unterkriteriums sollte sich dabei aus der Anzahl der dafür im Einzelfalle vergebenen Punkte, multipliziert mit der Gewichtung des Einzelkriteriums, ergeben. Nach welchem Maßstab und wie die Punkte 0 bis 5 zu vergeben waren, ist in den Vergabeakten der VST allerdings nicht dokumentiert, festgelegt oder erkennbar. Das von der VST verwendete Bewertungsblatt stellt sich nach dieser verbalen Beschreibung wie folgt dar : lfd. Nr. Zuschlagskriterien Gewichtung Punkte Bewertung in % 0 – 5 (=Wichtung x Punkte) 3 Fachkunde 1.1 fachliche Präsentation des Bieters 2 % 1.2 Qualifikation des eingesetzten Personals 4 % 1.3 aktueller Fortbildungsstand des Personals 3 % 3.2 fachl. und techn. Wert und Zweckmäßigkeit

von Referenzobjekten zu Schlammfaulungs- anlagen der letzten Jahre 5 %

1.5 Fachkunde mit Schlammfaulungsanlagen 3 % 1.6 Fachkunde mit Energiegewinnungsanlagen 3 % 10.0 Fachkunde mit Prozesssteuerungssystemen –

EMSR Anlagen 2 % 11.0 Fachkunde zur Bemessung von Kläranlagen 12.0 in der Größenordnung um 100.000 EW 3 %

Zwischensumme Gewichtung zu 1 25 % 2. Leistungsfähigkeit 2.1 technische Ausstattung 3 % 5.2 Anteil der Erbringung des Bieters an eigenen

Fachplanungen – Vergabe an Dritte 4 % 5.3 Personaleinsatzplan (mit namentlicher Be-

nennung) – pers. Ausstattung zum Vorhaben 5 % 5.4 Kundendienst – Ort der Leistungserbringung –

Kommunikation mit AG 4 % 5.5 Kundendienst – örtliche Präsenz 4 %

Zwischensumme Gewichtung zu 2 20 %

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3. Erfahrungen 3.1 Erfahrungen durch vergleichbare Leistungen

des Bieters der letzten Jahre 3 % 5.5 Erfahrungen des vorgesehenen Personals mit

einschlägigen Abwasserregelwerken 2 % 5.6 Erfahrungen des vorgesehenen Personals zu

Erweiterungen und Bemessungen von Kläranlagen 2 % 5.7 Erfahrung des vorgesehenen Personals zu

Schlammfaulungen und technischen Ausrüstungen zu den Anlagen 3 %

5.8 Erfahrung des vorgesehenen Personals zu Energiegewinnungsanlagen 3 %

5.9 Erfahrung des vorgesehenen Personals mit Prozesssteuerungssystemen – EMSR Anlagen 3 %

5.10 Erfahrung Bauleitung bzw. örtliche Bauüber- wachung mit Schlammfaulungsanlagen 3 %

5.11 Erfahrung mit Betreibung von Schlamm- faulungen 1 %

Zwischensumme Gewichtung zu 3 20 % 4. Zuverlässigkeit/Ausführungszeiträume 4.1 Koordination der Leistungen 2 % 4.2 Sicherstellung von Ausführungszeiträumen/-fristen 6 % 4.3 Sicherstellung der Qualität der Leistungen 4 % 4.4 Sicherstellung der Erreichbarkeit/Verfügbarkeit 2 % 4.5 Integration von Fachplanungen Dritter 1 % Zwischensumme Gewichtung zu 4 15 % 5 Sonstige objektbezogene Kriterien 5.1 Erfahrung von anderen Beteiligten zum Bieter 2 % 1.1 Bemühung des Bieters, äußere objektbezogene

Kriterien zur VKA aufzuarbeiten 3 % 5.3 besondere Datenverarbeitungsprogramme 2 % 5.4 Bestimmung der Planer und Ansprechpartner

zum Vorhaben 1 % 2.3 Ästhetik/Gestaltung/Übersichtlichkeit der

Referenzobjekte 1 % 5.6 Qualitätsmanagement 1 % Zwischensumme Gewichtung zu 5 10 % 6. Preis/Honorar 6.1 Angemessenheit/Annehmbarkeit 1 % 6.2 Angebot für örtliche Bauüberwachung 3 % 6.3 Angebot für die Bauoberleitung 3 % 6.4 Nebenkosten 2 % 6.5 Stundensätze 1 % Zwischensumme Gewichtung zu 6 10 % Gesamtsumme lfd. Nr. 1 bis 6 100 % Platzierung ......................... Die durch die VST vorgenommene Bewertung des Angebotes der AST (Bl. 31+32) und der BEI (Bl. 23+24) im Verhandlungsverfahren zeitigte folgende Ergebnisse : AST BEI (Punkte / Gewichtung) 3. Fachkunde 1.1 fachliche Präsentation des Bieters 2 % 5/0,1 5/0,1 1.2 Qualifikation des eingesetzten Personals 4 % 5/0,2 5/0,2 1.3 aktueller Fortbildungsstand des Personals 3 % 5/0,15 5/0,15 1.4 fachl. und techn. Wert und Zweckmäßigkeit

von Referenzobjekten zu Schlammfaulungs- anlagen der letzten Jahre 5 % 5 /0,25 5/0,25

1.5 Fachkunde mit Schlammfaulungsanlagen 3 % 5/0,15 5/0,15 1.6 Fachkunde mit Energiegewinnungsanlagen 3 % 5/0,15 5/0,15 1.7 Fachkunde mit Prozesssteuerungssystemen –

EMSR Anlagen 2 % 5/0,1 5/0,1 1.1 Fachkunde zur Bemessung von Kläranlagen

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in der Größenordnung um 100.000 EW 3 % 5/0,15 4/0,12 Zwischensumme Gewichtung zu 1 25 % x/1,25 x/1,22

2. Leistungsfähigkeit 2.1 technische Ausstattung 3 % 5/0,15 5/0,15 2.2 Anteil der Erbringung des Bieters an eigenen

Fachplanungen – Vergabe an Dritte 4 % 3/0,12 5/0,2 5.5 Personaleinsatzplan (mit namentlicher Be-

nennung) – pers. Ausstattung zum Vorhaben 5 % 5/0,25 5/0,25 5.6 Kundendienst – Ort der Leistungserbringung –

Kommunikation mit AG 4 % 5/0,2 5/0,2 5.7 Kundendienst – örtliche Präsenz 4 % 5/0,2 5/0,2

Zwischensumme Gewichtung zu 2 20 % x/0,92 x/1 3. Erfahrungen 3.1 Erfahrungen durch vergleichbare Leistungen

des Bieters der letzten Jahre 3 % 5/0,15 4/0,12 1.8 Erfahrungen des vorgesehenen Personals mit

einschlägigen Abwasserregelwerken 2 % 5/0,1 5/0,1 1.9 Erfahrungen des vorgesehenen Personals zu

Erweiterungen und Bemessungen von Kläranlagen 2 % 5/0,1 5/0,1 1.10 Erfahrung des vorgesehenen Personals zu

Schlammfaulungen und technischen Ausrüst- ungen zu den Anlagen 3 % 5/0,15 5/0,15

1.11 Erfahrung des vorgesehenen Personals zu Energiegewinnungsanlagen 3 % 5/0,15 5/0,15

1.12 Erfahrung des vorgesehenen Personals mit Prozesssteuerungssystemen – EMSR Anlagen 3 % 5/0,15 5/0,15

1.13 Erfahrung Bauleitung bzw. örtliche Bauüber- wachung mit Schlammfaulungsanlagen 3 % 5/0,15 5/0,15

1.14 Erfahrung mit Betreibung von Schlamm- faulungen 1 % 5/0,05 5/0,05

Zwischensumme Gewichtung zu 3 20 % x/1 x/0,97 1. Zuverlässigkeit/Ausführungszeiträume 4.1 Koordination der Leistungen 2 % 5/0,1 5/0,1 4.2 Sicherstellung von Ausführungszeiträumen/-fristen 6 % 5/0,3 5/0,3 4.3 Sicherstellung der Qualität der Leistungen 4 % 5/0,2 5/0,2 4.4 Sicherstellung der Erreichbarkeit/Verfügbarkeit 2 % 5/0,1 5/0,1 4.5 Integration von Fachplanungen Dritter 1 % 5/0,05 5/0,05 Zwischensumme Gewichtung zu 4 15 % x/0,75 x/0,75 5 Sonstige objektbezogene Kriterien 5.1 Erfahrung von anderen Beteiligten zum Bieter 2 % 3/0,06 5/0,1 5.2 Bemühung des Bieters, äußere objektbezogene

Kriterien zur VKA aufzuarbeiten 3 % 5/0,15 5/0,15 5.3 besondere Datenverarbeitungsprogramme 2 % 5/0,1 5/0,1 5.4 Bestimmung der Planer und Ansprechpartner

zum Vorhaben 1 % 5/0,05 5/0,05 1.2 Ästhetik/Gestaltung/Übersichtlichkeit der

Referenzobjekte 1 % 4/0,04 5/0,05 5.6 Qualitätsmanagement 1 % 5/0,05 5/0,05 Zwischensumme Gewichtung zu 5 10 % x/0,45 x/0,5 6. Preis/Honorar 6.1 Angemessenheit/Annehmbarkeit 1 % 4/0,04 4/0,04 6.2 Angebot für örtliche Bauüberwachung 3 % 5/0,15 5/0,15 6.3 Angebot für die Bauoberleitung 3 % 4/0,12 3/0,09 6.4 Nebenkosten 2 % 2/0,04 3/0,06 6.5 Stundensätze 1 % 3/0,03 3/0,03 Zwischensumme Gewichtung zu 6 10 % x/0,38 x/0,37 Gesamtsumme lfd. Nr. 1 bis 6 100 % x/4,75 x/4,81 Platzierung 2. 1. Mit Schreiben der VST vom 17. 11. 2005 (Bl. 53+54) erhielt die AST, wie auch alle anderen Bieter, die Mitteilung, dass die Vergabekommission entschieden habe, dass der Auftrag an die BEI erteilt werden soll. Die Darstellungen der AST in der Vergabeverhandlung seien mit

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denen ihrer Mitbewerber verglichen worden. Das Ergebnis rechtfertigt nach Auffassung der VST die Entscheidung der Vergabekommission. Mit ihrem Schreiben vom 21. 11. 2005, eingegangen bei der VST – per Fax – am gleichen Tage (Bl. 59+60), rügte die AST die angekündigte Entscheidung der VST. Sie bemängelte, • dass mit dem Absageschreiben der VST keine Gründe für die beabsichtigte

Auftragsvergabe an die BEI wie auch keine Gründe dafür genannt seien, warum der Zuschlag nicht auf ihr Angebot erteilt werden soll.

• Es seien in der Vergabebekanntmachung und in der Einladung zur Vergabeverhandlung Zuschlags- und Bewertungskriterien genannt worden, die in ihrer Darstellung und Reihenfolge voneinander abwichen. Gewichtungsvorgaben seien in beiden Fällen nicht bekannt gegeben worden.

• Es werde angezweifelt, dass die BEI überhaupt über eine Referenz für eine Schlammfaulung im Bereich von 80.000 bis 100.000 EW, insbesondere für die letzten 3 Jahre, verfüge.

• Die AST verfüge über mehr zutreffendes Fachpersonal mit Spezialwissen im Bereich der Klärschlammbehandlung als die BEI.

• Eine fehlerfreie Vergabeauswertung hätte dazu führen müssen, dass auf ihr Angebot der Zuschlag zu erteilen ist.

Die VST hat diesen Rügen der AST nicht abgeholfen. Sie hat mit ihrem Antwortschreiben vom 29. 11. 2005 (Bl. 55+56) darauf verwiesen, dass die Bewertungskriterien für das Auswahl- und für das Zuschlagsverfahren allen Bewerbern gleichermaßen zur Kenntnis gegeben worden sei. Alle diese Kriterien seien letztendlich genutzt worden, um ein Gesamtbild des Bewerbers zu erhalten und eine taugliche Prognoseentscheidung bei der Auftragsvergabe zu treffen. Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 29. 11. 2005 hat die AST einen Nachprüfungsantrag, eingegangen – per Fax – am gleichen Tage, bei der Vergabekammer gestellt. Der Nachprüfungsantrag der AST wurde der VST auf der Grundlage des Beschlusses vom 30. 11. 2005, per Fax am gleichen Tage und mittels Postzustellungsurkunde am 02. 12. 2005, zugestellt. Die Beiladung der weiteren Verfahrenbeteiligten (BEI) erfolgte mit Beschluss der Vergabekammer vom 05. 12. 2005. Der BEI wurde auf ihren Antrag hin Akteneinsicht am 12. 12. 2005, im notwendig beschränkten Umfange, gewährt. Die AST erhielt, ebenfalls auf den Umfang ihres Rechtsschutzbegehrens beschränkt, am 13. 12. 2005 Akteneinsicht. Mit Verfügung des Vorsitzenden der Vergabekammer vom 12. 12. 2005 wurde die Frist der Vergabekammer zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen auf den 24. 01. 2006 verlängert (§ 113 Abs. 1 Satz 2 GWB). Die mündliche Verhandlung hat am 10. Januar 2006 stattgefunden. Ihre Ergebnisse sind in der dazu gefertigten Niederschrift dokumentiert. Die AST trägt zur Begründung ihres Nachprüfungsantrages, über die von ihr der VST bereits mitgeteilten Rügegründe, weiter vor:

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• Die VST habe bereits in der Bekanntmachung vom 06. 08. 2005 die Zuschlagskriterien und insbesondere deren Reihenfolge nach ihrer Priorität angegeben.

• Diese Vergabekriterien würden von der AST sämtlich erfüllt und seien nachgewiesen. • Dem gegenüber verfüge die BEI zumindest über weniger Erfahrungen bei vergleichbaren

Projekten. Aus ihrer Internet-Präsentation ergebe sich, dass sie Erfahrungen bislang lediglich bei Kläranlagen gesammelt habe, die für weitaus weniger Einwohnerwerte aus-gelegt gewesen waren, als die von der VST geforderten.

• Allein die AST erfülle das von der VST geforderte Kriterium der persönlichen Qualifikation der Objektverantwortlichen hinsichtlich der Fachkunde zur Bemessung von Kläranlagen mit 80.000 bis 100.000 EW.

• Die Gewichtung der Bewertungsmatrix sowie die tatsächliche Punkteverteilung zwischen der AST und der BEI sei in weiten Teilen ermessensfehlerhaft. Dies betreffe die Ziffern 1.2, 1.3, 1.8, 2.2, 3.1, 3.2, 3.8, 5.1, 5.5, 5.6.

• Die VST habe der Bewertung der Bieter eine Matrix mit Unterteilung in Prozenten und Punkten zugrunde gelegt, ohne dass aus der Vergabeakte ersichtlich wäre, wann genau diese Bewertungsmatrix festgelegt worden sei. Es sei verfahrensfehlerhaft, die Matrix erst nach Kenntnis der Bewerbungen zu erstellen. In der Kopfzeile der Bewertungsmatrix finde sich das Datum 11. 11. 2005. Es sei damit nicht auszuschließen, dass erst zu diesem Zeitpunkt (nach Angebotsöffnung) die Bewertungsmatrix erstellt worden sei.

• In der Zeile 2.2 der Bewertungsmatrix sei als Kriterium aufgeführt „Anteil der Erbringung des Bieters an eigenen Fachplanungen – Vergabe an Dritte“. In der Vergabebekanntmachung sei dies weder ausdrücklich genannt, noch dem Sinn nach oder dem Zusammenhang der von der VST verlangten Angaben und Nachweisen als für die Bewertung der einzureichenden Bewerbungen als bedeutsam zu erkennen. Eine Wertung der Angebote nach diesen – nicht bekannt gegebenen – Kriterien könne nicht erfolgen.

• Selbst wenn man hierin ein zulässiges Bewertungskriterium sehen wollte, sei die Bewertung mit nur einer geringeren Punktzahl willkürlich erfolgt.

• Allein die Tatsache, daß Leistungen untervergeben werden, dürfe nicht zur nachteiligen Bewertung eines Bieters führen. Dies verstoße gegen Europarecht.

• Unter Nr. 5 der Bewertungsmatrix führe die VST einen Block von Zuschlagskriterien unter der Überschrift „sonstige objektbezogene Kriterien“ an. Diese Zuschlagskriterien fänden sich jedoch nicht in der Bekanntmachung unter Abschnitt IV.2. In der Einführung zusätzlicher Wertungskriterien in der 2. Wertungsstufe, welche nicht in der Vergabebekanntmachung angegeben waren, liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der Transparenz des Vergabeverfahrens.

• Unter Ziff. 6 der Bewertungsmatrix werde der Preis / das Honorar bewertet. Für die Angemessenheit / Annehmbarkeit habe die AST lediglich 4 Punkte, bei dem Punkt Nebenkosten 2 Punkte und bei den Stundensätzen 3 Punkte erhalten. Die Kriterien und die Punktevergabe seien nicht transparent, sogar willkürlich gewählt.

• Die AST habe das Honorar zu den Mindestsätzen der HOAI angeboten. Die Honorarzone könne von den Parteien nicht festgelegt werden, sie ergebe sich aus der HOAI. Eine Mindestsatzunterschreitung sei nicht zulässig und dürfe entsprechend auch nicht gewertet werden.

• Die Vergabeentscheidung selbst sei durch eine Kommission getroffen worden, die feder-führend durch den Wasser- und Abwasserzweckverband Xxxxxxxx und Umgebung geleitet worden sei. Aus der Vergabeakte ergebe sich nicht, daß die AST im Zuge des Vergabeverfahrens die wesentlichen Entscheidung selbst getroffen habe. Vielmehr habe sie ihre Entscheidungskompetenz auf eine Findungskommission unter Führung des Wasser-/ Abwasserzweckverbandes delegiert. Die VST habe damit zu keinem Zeitpunkt eine eigene verantwortliche Vergabeentscheidung getroffen.

• Das von der BEI vorgestellte Referenzobjekt Kläranlage Yyyyyyy sei in der durch die BEI betreuten Stufe als zweistraßige Anlage konzipiert worden. Es sei dabei eine langfristige Erweiterbarkeit durch den Bau einer 3. Behandlungsstufe auf eine Ausbaugröße von 110.000 EW vorgesehen worden. Damit betreffe das zitierte Referenzobjekt der BEI

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lediglich 2/3 der Endausbaugröße von 110.000 EW, gerundet also nur 73.500 EW. Diese Zahl werde durch die Angaben der BEI selbst und Dritter bestätigt. Unter Berücksichtigung des technischen Konzepts einer späteren Erweiterbarkeit auf 110.000 EW gäbe eine von der BEI behaupteten Ausbaugröße von 90.000 EW keinen Sinn.

• Der AST sei bislang nicht Akteneinsicht im erforderlichen Umfange gewährt worden. Geheimhaltungsinteressen der BEI stünden der vollständigen Akteneinsicht nicht entgegen. Es sei nicht erkennbar, aus welchem Grunde z. B. die von der BEI angegebenen Referenzobjekte geheimhaltungsbedürftig seien.

Die AST beantragt :

1. Der Vergabestelle zu untersagen, den Zuschlag im Verhandlungsverfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge bezüglich Planungsleistungen am BV Erweiterung der Verbandskläranlage Xxxxxxxx in Xxxxxxxx für das Industriegebiet Xxxxxxxx Kreuz an die Beigeladene zu erteilen.

2. Die Vergabestelle zu verpflichten, den Zuschlag an die Antragstellerin zu erteilen.

3. Hilfsweise : Die Vergabestelle zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut in die Wertung einzutreten.

4. Hilfsweise : Festzustellen, dass die Antragstellerin in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt ist.

5. Der Vergabestelle (Antragstellerin !!!) die Kosten des Verfahrens einschließlich der zum Zwecke der Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragstellerin aufzuerlegen und festzustellen, dass die Hinzuziehung der Bevollmächtigten der Antragstellerin zur Anspruchsverfolgung notwendig war.

6. Der Antragstellerin die vollständige Vergabeakte zur Einsicht zur Verfügung zu stellen.

Die VST beantragt : 1. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen. 2. Die Kosten des Nachprüfungsverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen. Zur Begründung ihres Zurückweisungsantrages trägt die VST, unter Verweis auf den Inhalt ihres Schreibens vom 29. 11. 2005 an die AST, ergänzend vor : • Die Einwendungen der AST seien ihr bekannt. • Diese Einwendungen seien am 29. 11. 2005 beantwortet worden. • Aus der Begründung der AST für das Vergabenachprüfverfahren seien für die VST keine

neuen Aspekte erkennbar, die zu einer Beeinflussung der Vergabeentscheidung führen könnten.

• In den der VST vorliegenden Unterlagen der BEI werde die Ausbaugröße der Kläranlage Yyyyyyy mit 90.000 EW angegeben, wobei eine Erweiterung bis auf 110.000 EW möglich sein soll. Diese Angaben seien am 20. 12. 2005 vom Werkleiter des Zweckverbandes Abwasser Yyyyyyy telefonisch bestätigt worden.

• Durch die VST sei bei der Auswertung berücksichtigt worden, dass die AST über ein größeres Erfahrungspotential mit Kläranlagen der geforderten Größenordnung verfüge. Trotzdem liege die BEI in der Gesamtwertung mit 0,006 Punkten vor der AST.

• Es sei daher davon auszugehen, dass die von der AST gegen die VST erhobenen Vorwürfe gegenstandslos sind.

Die BEI beantragt :

4. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

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5. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen. 6. Es wird festgestellt, dass die anwaltliche Vertretung der Beigeladenen

sachgerecht ist. Die BEI trägt dazu vor : • Die Bewertungskriterien der VST seien ausgesprochen detailliert und ließen einen

Wertungsfehler nicht erkennen. • Die VST bewege sich mit ihren Bewertungen der beiden konkurrierenden Bieter

innerhalb des ihr gewährten Beurteilungsspielraumes bei der Prognoseentscheidung. • Angesichts einer so dezidierten Beurteilungs-Matrix erscheine es undenkbar, durch eine

Einzelkritik an Einzelbewertungen das Punkteverhältnis mit der Maßgabe zu verändern, dass nunmehr die AST an Nummer 1 lande.

• Die BEI erfülle den von der VST geforderten Nachweis eines Referenzobjektes in der Größenordnung von 80.000 – 100.000 EW. Mit der 2002 fertiggestellten Kläranlage Yyyyyyy, deren Größe 90.000 EW betrage, sei dieser Nachweis geführt.

• Die Größe des Büros der AST müsse in Zweifel gezogen werden. Die AST habe sich vermutlich deshalb mit der anderen Firma zusammengeschlossen, weil sie – aus wirtschaftlichen Gründen - selbst über ein größeres Büro nicht mehr verfüge.

• Hinsichtlich der Honorarberechnung habe die VST hinsichtlich der anzuwendenden Honorarkriterien Mindestsätze vorgegeben, während die übrigen Blankettangaben offen gewesen seien und einem Angebot offen gestanden hätten. Die Vorgabe der Honorarzone II bei einer Anlage dieser Bedeutung sei natürlich absolut falsch. Würde man beide Honorarpositionen streichen, läge die AST immer noch nicht an der ersten Stelle.

• Hinsichtlich der von der AST kritisierten Zuständigkeit einer Vergabekommission für die Vergabe, sei darauf zu verweisen, dass ihre Mitglieder im Vergabevermerk namentlich benannt worden seien. Es sei daher unrichtig, dass sich die VST ausschließlich von einer Kommission habe beraten lassen. Sie habe sich vielmehr mit Fachleuten bewaffnet, was keinen Bedenken begegne. Generell sei die Zusammensetzung der Vergabekommission in das Belieben der VST gestellt.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Verfahrensbeteiligten wird auf den dazu geführten Schriftwechsel verwiesen und ebenso Bezug genommen, wie auch die Vergabeakten der VST und die Verfahrensakten der Vergabekammer Inhalt und Gegenstand ihrer Entscheidungsfindung waren. 2. Schwellenwert und Zuständigkeit der Vergabekammer Die Zuständigkeit der Vergabekammer Freistaat Thüringen beim Thüringer Landesverwaltungsamt, zur Nachprüfung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens, ist im vor-liegenden Falle gegeben (§§ 102, 104 Abs. 1, 2. Halbsatz und 98 – 100, 127 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen -GWB- vom 26. August 1998 (BGBl. I S. 2546, zuletzt geändert durch Gesetz zur Beschleunigung der Umsetzung von öffentlich Privaten Partnerschaften und zur Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen für öffentlich Private Partnerschaften vom 01. 09. 2005 (BGBl. I, Seite 2676), i. V. m. §§ 2 Abs. 1 und 1 der Thüringer Vergabekammerverordnung –ThürVKV- vom 10. Juni 1999 (GVBl. S. 417) und §§ 18 Abs. 7, 2 und 1 der Vergabeverordnung -VgV- vom 09. Januar 2001 (BGBl. I S. 110) in der Fassung der Neubekanntmachung vom 11. Februar 2003 (BGBl. I S. 169). 5.4 Die Vergabestelle ist als juristische Person des privaten Rechts, deren alleiniger

Gesellschafter der Freistaat Thüringen ist, öffentlicher Auftraggeber im Freistaat Thüringen (§ 98 Nr. 2 GWB).

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Als solche handelt es sich bei der Vergabestelle – hier : der xxxxxxxxxxxxxxxx mbH - um eine Firma, die der Freistaat zu dem besonderen Zweck gegründet hat, um im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen. Dazu gehört für sie auch die Aufgabe Gewerbe- und Industriegebiete (neu) im Namen und/oder im Auftrag der jeweiligen Aufgabenträger oder auch im eigenem Namen zu erschließen bzw. nutzbar zu machen und diese Gebiete der mit der Planung vorgesehenen Nutzung zuzuführen. Dabei steht die GmbH unter der Aufsicht des Gesellschafter und finanziert sich in solchen Fällen industriepolitischer Natur u. a. und auch überwiegend durch Zuschüsse des Landes. Bei der dem Vergabeverfahren zugrundeliegenden Sachverhalt der „Planung der Erweiterung ‚Verbandskläranlage Xxxxxxxx‘ in Xxxxxxxx für das Industriegebiet Xxxxxxxx Kreuz“ (vgl. Vergabebekanntmachung Ziffer II 1.3 und 1.5, Bl. 1 - 4 der Vergabeakte), hat die VST nicht nur mit der für das Industriegebiet planungsrechtlich zuständigen Gemeinde - der Stadt Xxxxxxxx -, sondern auch mit dem insoweit dazu zuständigen Abwasserzeckverband Xxxxxxxx und Umgebung einen öffentlich-rechtlichen Vertrag über die Übernahme der Erschließungsleistungen durch die VST geschlossen.

2.2 Gemäß § 100 Abs. 1 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) gelten die

Nachprüfungsvorschriften des GWB nur für solche öffentlichen Aufträge (§ 99 Abs. 1-4 GWB), bei denen die durch Rechtsverordnung nach §§ 100 Abs. 1, 127 GWB i. V. m. § 2 VgV festgelegten Schwellenwerte erreicht oder überschritten sind.

Dabei ist der Schwellenwert, nach §§ 2 Nr. 3 und 5 VgV i. V. m. § 2 Abs. 2 VOF, in der Höhe von 200.000,00 €, für die im streitgegenständlichen Falle ausgeschriebenen Planungsleistungen, als einem i. S. v. § 99 Abs. 1 und 4 GWB zu vergebenden öffentlichen Auftrag, nach der Schätzung der Gesamtvergütung durch die VST (§ 3 Abs. 1 und Abs. 10 VgV i. V. m. § 3 Abs. 1 VOF) bei weitem überschritten. Die VST geht, aufgrund der von ihr durchgeführten Schätzung der Gesamtvergütung, von einem Gesamtauftragswert der ausgeschriebenen Planungsleistungen in Höhe von -netto- 600.000,00 €, bei einem Nettobauwert i. H. v. 6 Mio., EUR aus.

Nach § 2 Nr. 3 VgV beträgt der Schwellenwert für alle anderen, als die in § 2 Nr. 1 VgV für den Bereich Trinkwasser- oder Energieversorgung oder Im Verkehrsbereich genannten Schwellenwerte Liefer- und Dienstleistungsaufträge, 200.000 Euro. Der Schwellenwert in Höhe von 200.000,00 € ist mit den ausgeschriebenen Planungsleistungen damit überschritten.

2.3 Die Zuständigkeit der Vergabekammer ergibt sich im streitgegenständlichen Falle aus

§ 104 Abs. 1, 2. Halbsatz GWB i. V. m. § 18 Abs. 7 und Abs. 1 VgV. Der voraussichtliche Gesamtauftragswert liegt unter Berücksichtigung der von der Vergabestelle angesetzten Summe – netto - 600.000,00 €.

Da damit der maßgebliche Schwellenwert nach § 2 Nr. 3 VgV i. V. m. §§ 2 und 1 VOF in Höhe von 200.000,00 EUR erreicht und überschritten wird und die Vergabestelle ein öffentlicher Auftraggeber gem. § 98 GWB ist, ist gemäß § 100 Abs. 1 und § 104 Abs. 1 GWB i.V.m. § 18 Abs. 7 VgV und § 2 Abs. 1 ThürVkVO die Zuständigkeit der Vergabekammer des Freistaates Thüringen zur Nachprüfung des durchgeführten Vergabeverfahrens gegeben.

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3. Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages Der Nachprüfungsantrag der AST ist zulässig. Nach § 107 Abs. 2 GWB ist jedes Unternehmen antragsbefugt , das ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB durch die Nichtbeachtung der Vergabevorschriften durch die VST geltend macht. (Satz 1). Dabei hat das Unternehmen darzulegen, daß ihm durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht (Satz 2). An einer Antragsbefugnis soll es nur in den Fällen fehlen und der Nachprüfungsantrag dann nach § 107 Abs. 3 GWB unzulässig sein, soweit die AST den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat (Satz 1). Der Antrag soll außerdem unzulässig sein, soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebots-abgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden (Satz 2). Die AST hat sich mit ihrer Bewerbung auf die Ausschreibung der Planungsleistungen durch die VST beteiligt und damit ihr Interesse an der ausgeschriebenen Planungsleistung be-kundet. Mit Schreiben der VST vom 17. 11. 2005 (Bl. 53+54) erhielt die AST, wie auch alle anderen Bieter, die Mitteilung, dass die Vergabekommission entschieden habe, dass der Auftrag an die BEI erteilt werden soll. Die Darstellungen der AST in der Vergabeverhandlung seien mit denen ihrer Mitbewerber verglichen worden. Das Ergebnis rechtfertigt nach Auffassung der VST die Entscheidung der Vergabekommission. Mit ihrem Schreiben vom 21. 11. 2005, eingegangen bei der VST – per Fax – am gleichen Tage (Bl. 59+60), hat die AST die angekündigte Entscheidung der VST, ob ihrer Mangelhaftigkeit, auch rechtzeitig d. h. unverzüglich gerügt. Sie bemängelte dabei, • dass mit dem Absageschreiben der VST keine Gründe für die beabsichtigte Auftrags-

vergabe an die BEI wie auch keine Gründe dafür genannt seien, warum der Zuschlag nicht auf ihr Angebot erteilt werden soll.

• Es seien in der Vergabebekanntmachung und in der Einladung zur Vergabeverhandlung Zuschlags- und Bewertungskriterien genannt worden, die in ihrer Darstellung und Reihenfolge voneinander abwichen. Gewichtungsvorgaben seien in beiden Fällen nicht bekannt gegeben worden.

• Es werde angezweifelt, dass die BEI überhaupt über eine Referenz für eine Schlamm-faulung im Bereich von 80.000 bis 100.000 EW, insbesondere für die letzten 3 Jahre, verfüge.

• Die AST verfüge über mehr zutreffendes Fachpersonal mit Spezialwissen im Bereich der Klärschlammbehandlung als die BEI.

• Eine fehlerfreie Vergabeauswertung hätte dazu führen müssen, dass auf ihr Angebot der Zuschlag zu erteilen sei.

Die AST war mit diesen Mängelrügen auch nicht nach § 107 Abs. 3 GWB präkludiert. Eine positive Kenntnis dieser Mängel durch die AST ist nicht erkennbar und wird auch nicht von weiteren Verfahrensbeteiligten zur Grundlage ihrer insoweit formalen Verteidigung gemacht. Der Nachprüfungsantrag der AST war zulässig.

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4. Begründetheit des Nachprüfungsantrages Der Nachprüfungsantrag der AST ist auch begründet. Die AST wird mit dem von der VST durchgeführten Vergabeverfahren in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB - auf Einhaltung der Vergabevorschriften -, aus § 97 Abs. 1 - auf Durch-führung transparenter Vergabeverfahren - und denen aus § 97 Abs. 2 GWB - auf Gleich-behandlung aller Bieter - verletzt. Die Verletzungshandlungen der VST - mit dem von ihr durchgeführten Vergabeverfahren - bestehen dabei darin, (5.4) dass sie das Gleichbehandlungsgebot aller Bieter dadurch missachtet hat, indem sie

die BEI zu dem Verhandlungsverfahren eingeladen hat, obwohl es dieser Bewerbung einmal an dem geforderten Nachweis von mindestens 2, maximal 3 Referenz-projekten vergleichbarer Bau- und Planungsaufgaben ermangelte (Ziffer III.2.1.2 der Vergabebekanntmachung), des weiteren dadurch, dass es dieser Bewerbung an dem Nachweis der Zertifizierung des Unternehmens durch Vorlage einer entsprechenden Urkunde oder durch eine Konformitätserklärung fehlte.

(5.5) dass sie ihrer Auswahlentscheidung Zuschlagskriterien zugrunde gelegt hat, die sie

nicht vorher bekannt gemacht oder zumindest in den Verdingungsunterlagen genannt hatte;

(5.6) dass sie demgegenüber bekannt gemachte Zuschlagskriterien nicht zur Grundlage

ihrer Bewertung der Bieterangebote gemacht hat; (5.7) dass sie die von ihr verwendeten Zuschlagskriterien mit sog. Unterkriterien untersetzt

hat,

(5.4.1) deren Inhalt und Gewichtung nicht definiert und bestimmt waren und den Bietern nicht vor Eintritt in das Verhandlungsverfahren bekannt gegeben waren;

(5.4.1) indem sie solche Unterkriterien verwendet hat, die überhaupt ungeeignet sind,

zu einer Konkretisierung der bekannt gemachten Zuschlagskriterien beizutragen;

(5.4.2) indem die VST es mit der von ihr durchgeführten Vergabe von Bewertungs-

Punkten (in einem Rahmen von „0 - 5 Punkte“) unterlassen hat, den Maßstab und die Bedeutung der zu vergebenden möglichen Punkte und ihrer Bewert-ung vorher anzugeben, zu definieren, festzulegen und so verbindlich vorzu-sehen;

(5.4.3) dass die VST zur Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes letzt-

endlich eine Methode gewählt hat, die schon – allein für sich genommen - ungeeignet war, das erstrebte Ziel zu erreichen.

Gemäß § 97 Abs. 7 GWB haben Unternehmen einen Anspruch darauf, daß der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält. Nach § 97 Abs. 1 GWB beschaffen sich öffentliche Auftraggeber u. a. Dienstleistungen nach Maßgabe der folgenden Vor-schriften im Wettbewerb und im Wege transparenter Vergabeverfahren. Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind dabei gleich zu behandeln, es sei denn, eine Benachteiligung ist auf Grund dieses Gesetzes (GWB) ausdrücklich geboten oder gestattet (§ 97 Abs. 2 GWB).

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Nach § 4 Abs. 1 VOF sind Aufträge über freiberufliche Leistungen unter ausschließlicher Verantwortung des Auftraggebers im leistungsbezogenen Wettbewerb an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige – und soweit erforderlich - befugte Bewerber zu vergeben. Alle Bewerber sind gleich zu behandeln (§ 4 Abs. 2 GWB). Nach § 16 Abs. 1 VOF schließt der Auftraggeber den Vertrag mit dem Bewerber, der auf-grund der ausgehandelten Auftragsbedingungen die bestmögliche Leistung erwarten lässt. Bei der Entscheidung über die Auftragserteilung berücksichtigt er auf die erwartete fachliche Leistung bezogene Kriterien, insbesondere Qualität, fachlicher und technischer Wert, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Kundendienst und technische Hilfe, Leistungszeitpunkt, Ausführ-ungszeitraum oder –frist und Preis/Honorar (§ 16 Abs. 2 Satz 1 VOF). Ist die zu erbringende Leistung nach einer gesetzlichen Gebühren- oder Honorarordnung zu vergüten, ist der Preis nur in dem dort vorgeschriebenen Rahmen zu berücksichtigen (§ 16 Abs. 2 Satz 2 VOF). Nach § 16 Abs. 3 VOF haben die Auftraggeber in der Aufgabenbeschreibung oder der Vergabebekanntmachung dabei alle Auftragskriterien anzugeben, deren Anwendung vorgesehen ist, möglichst in der Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung. Über die Vergabe ist ein Vermerk zu fertigen, der die einzelnen Stufen des Verfahrens, die Maßnahmen, die Feststellung sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen enthält (§ 18 GWB). zu 4.1 Die VST hat das Gleichbehandlungsgebot aller Bieter dadurch missachtet, indem sie

die BEI zu dem Verhandlungsverfahren eingeladen hat, obwohl es dieser Bewerbung bereits an dem geforderten Nachweis von mindestens 2, maximal 3 Referenzpro-jekten vergleichbarer Bau- und Planungsaufgaben ermangelte (Ziffer III.2.1.2 der Vergabebekanntmachung).

Ausweislich Ziffer III.2.1.2 „Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit – Geforderte Nachweise“ forderte die VST von den Bewerbern eine Liste der wesentlichen in den letzten 3 Jahren erbrachten Leistungen, die u. a. hinsichtlich des Umfangs der Nettobaukosten/ Nettohonorare mit der ausgeschriebenen Leistung vergleichbar sein sollten (§§ 10 Abs. 1 Abs. 3 und Abs. 4, 12 VOF „insbesondere“). Soweit es sich bei einer solchen Forderung tatsächlich um ein Merkmal der fachlichen Eignung eines Bewerbers im Sinne des § 13 VOF handelt, ändert die fehlerhafte Angabe allerdings nichts an der Tatsache, dass die Bewerber einen solchen Nachweis als eine Mindestanforderung (§ 10 Abs. 1 VOF) für eine erfolg-versprechende Bewerbung zu führen hatten. Nach § 10 Abs. 1 VOF wählt der Auftraggeber anhand der erteilten Auskünfte über die Eignung der Bewerber sowie anhand der Auskünfte und Formalitäten, die zur Beurteilung der von diesen zu erfüllenden wirtschaftlichen und technischen Mindestanforderungen erforderlich sind, unter den Bewerbern, die nicht aufgrund des § 11 VOF ausgeschlossen wurden und die die in den §§ 12 und 13 genannten Anforderungen erfüllen, diejenigen aus, die er zur Verhandlung auffordert. Nach § 13 Abs. 1 VOF kann die fachliche Eignung von Bewerbern für die Durchführung von Dienstleistungen insbesondere aufgrund ihrer Fachkunde, Leistungsfähigkeit, Erfahrung und Zuverlässigkeit beurteilt werden. Der Nachweis der Eignung eines Bewerbers war im gegenständlichen Vergabeverfahren durch mindestens 2 – maximal 3 von dem Bewerber in den 3 letzten Jahren durchgeführten Dienstleistungen der ausgeschriebenen Leistung vergleichbarer Art zu führen. Gegenstand des Vergabeverfahrens ist die Planung der Erweiterung und der (Aus-) Bau einer in der I. Ausbaustufe für 80.000 EW, mit der Möglichkeit der Erweiterung auf 100.000 EW ausgelegten und errichteten Kläranlage. Verfahrenstechnisch wird die Kläranlage in der I. Ausbaustufe mit einer simultanen aeroben Schlammstabilisierung betrieben. Mit der zu

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planenden II. Ausbaustufe soll diese Kläranlage nunmehr um 20.000 EW erweitert und ausgebaut werden. Verbunden ist die Erweiterung mit einer Umstellung auf eine anaerobe Schlammstabilisierung (vgl. Ziffer II.1.6 der Vergabebekanntmachung, Bl. 1 der Vergabe-akte). Gegenstand des ausgeschriebenen Auftrages ist die komplette Planung der Erweiterung der Verbandskläranlage (vgl. Ziffer II.1.6 ebendort), die mit der nunmehr ausgeschriebenen II. Ausbaustufe eine Kapazität von 100.000 EW erreichen sollte. Den Nachweis der Eignung des Bewerbers hatte dieser, nach dem solcherart bekannt gege-benen Willen der VST, dabei anhand von mindestens zwei, maximal drei von ihm in den letzten drei Jahren durchgeführten und vergleichbaren Planungsleistungen von Kläranlagen vergleichbarer Bau- und Planungsaufgaben zu führen. Vergleichbare Planungsleistungen waren also hierbei solche Leistungen, welche die Planung und den Bau von Kläranlagen mit 80.000 bis 100.000 EW umfassten. Diese Tatsache kommt auch darin zum Ausdruck, dass die VST anlässlich der Einladung der Bieter zu Verhandlungsgesprächen am 07. 11. 2005, diesen ein zweiseitiges Merkblatt (Bl. 15+16 d. Vergabeakte), das einmal (Buchstabe a) „die Darstellung Ihres Büros anhand folgender Bewertungskriterien“ und (b) das „Honorarangebot unter Berücksichtigung folgen-der Vorgaben“ zum Gegenstand hatte, überreichte und gleichzeitig ausführte, dass die Dar-stellung des Büros (a) mit (1.) der Vorstellung eines vergleichbaren Referenzobjektes mit 80.000 bis 100.000 EW erfolgen sollte. Auch die persönliche Vorstellung aller Leistungs-erbringer sollte den Nachweis der Fachkunde zur Bemessung von Kläranlagen mit 80.000 bis 100.000 EW erbringen. Die vorstehend bezeichnete Tatsache, dass Referenzobjekte solche Kläranlagen in der Größenordnung von 80.000 bis 100.000 EW waren, haben alle Verfahrensbeteiligten in der mündlichen Verhandlung am 10. 11. 2006 bestätigt. Wenn im weiteren Verlauf der Verhandlung sowohl die BEI als auch die VST die Auffassung vertraten, dass auch kleinere Anlagen durchaus mit der ausgeschriebenen Leistung ver-gleichbar sein könnten, waren sie mit ihren Ausführungen über die grundsätzliche Vergleichbarkeit der Anlagen untereinander, etc., jedoch nicht zu hören. Gefordert hatte die VST allein Referenzobjekte in der Größenordnung von 80.000 bis 100.000 EW. Ein weiteren Spielraum hatte sie sich also mit dieser Festlegung genommen. Diesen von der VST geforderten Nachweis hat die BEI mit den von ihr mit der Bewerbung angegebenen Referenzobjekten nicht geführt. Die Bewerbung der BEI umfasste die Angabe von 3 Referenzen von Projekten, deren jeweils ausgewiesenen Kapazitäten einmal mit 73.500/110.000 EW – KA Yyyyyyy, mit 42.000 EW – KA Zzzzzzzz und mit 35.000 EW – KA Aaaaaaaa angegeben waren. Schon die durch die BEI gemachten Angaben führen dazu, dass sie die Mindest-anforderung, welche die VST an eine Bewerbung mit „mindestens 2 nachgewiesenen Referenzobjekten vergleichbarer Art“ stellte, allein mit dem Nachweis nur eines Referenz-objektes nicht erfüllt hat und auch nicht erfüllen konnte. Damit kann es auch dahinstehen, ob die Angaben der BEI zu der von ihr geplanten KA Yyyyyyy zutreffend waren oder nicht. Während die Verfahrensbeteiligten um die Richtigkeit dieser Angaben streiten, kommt es darauf, mit der bestehenden Sachlage, offensichtlich nicht an.

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Demgegenüber wies die Bewerbung der AST u. a. allein 6 Referenzen von vergleichbaren Bauwerken (KA) aus, deren Kapazität zwischen 99.600 und 560.000 EW lagen. Ungeachtet dieser im einzelnen nachgewiesenen Tatsachen hat die VST nicht nur die AST zu Verhandlungsgesprächen aufgefordert, sondern auch die BEI zu solchen Gesprächen eingeladen, obwohl diese schon die Mindestanforderungen an eine erfolgversprechende Bewerbung nicht erfüllt hatte. In diesem Zusammenhang kann es daher auch dahinstehen, dass die BEI mit ihrer – von ihr so bezeichneten - „Konformitätserklärung“ eine weitere Forderung der VST in der Bekannt-machung über die Erfüllung von Mindestanforderungen zum Bestehen eines Qualitäts-managements bei der Durchführung von Planungsleistungen nicht erfüllt hat. Die VST hatte dazu auch die Vorlage der Zertifizierungsurkunden oder der Konformitäts-erklärung verlangt (III. 2.1). Die BEI hatte dazu eine Eigenerklärung – überschrieben mit „Qualitätssicherung/Konformitätserklärung“ des Inhaltes abgegeben, dass die BEI frühzeitig ein entsprechendes Procedere nach DIN ISO 9002 ff. eingerichtet habe. Diese Eigenerklärung stellt keine Konformitätserklärung im Sinne des europäischen Rechts-rahmens feststehenden Begriffes dar. Artikel 33 der Richtlinie des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (92/50 EWG) – Dienstleistungskoordinierungsrichtlinie – trifft dazu die Aussage, dass für den Fall, dass der Auftraggeber zum Nachweis dafür, daß der Dienstleistungserbringer bestimmte Qualitätsanforderungen erfüllt, die Vorlage von Bescheinigungen von unab-hängigen Qualitätsstelle verlangt, diese auf Qualitätsnachweisverfahren auf der Grundlage der einschlägigen Normen aus der Serie EN 29 000 und auf Bescheinigungen durch Stellen Bezug nehmen müssen, die nach der Normserie EN 45 000 zertifiziert sind. Um „Konformitätserklärungen“ im Sinne dieser Vorschrift handelt es sich dabei allein bei dem Fall, dass nach seinem Satz 2 „gleichwertige Bescheinigungen von Stellen aus anderen Mitgliedsstaaten (..) anerkannt werden (müssen)“. Eine „Eigenerklärung“ erfüllt diese Voraussetzungen nicht und stellt daher auch keinen Nachweis der Erfüllung dieser Forderung der VST durch die BEI dar. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Verfahrensbeteiligten – wie in der mündlichen Verhandlung festzustellen war – dem gleichen begrifflichen Missverständnis wie die BEI unterlegen waren. Wie bereits ausgeführt. kommt es darauf indes nicht mehr an. Eine Gleichbehandlung der Bewerber ist schon in dem Falle nicht mehr gegeben, dass die VST die BEI zum Verhandlungsverfahren eingeladen hat, obwohl diese die Mindest-voraussetzung, der Vorlage von „mindestens 2“ Referenzprojekten vergleichbarer Art nicht erfüllt hatte. Die durch die VST vorgenommene „gleiche Behandlung“ der Bewerbungen, sowohl der Bewerbung der AST als auch die Bewerbung der BEI, mit der Folge, dass beide Bewerber als ausgewählte Bieter zum Eintritt in das Verhandlungsverfahren aufgefordert worden sind, stellt eine nicht gerechtfertigte Gleichbehandlung verschiedener Sachverhalte durch die VST dar. Die BEI war durch die VST nicht zur Verhandlung über die Vergabe der ausgeschriebenen Planungsleistungen aufzufordern, weil diese Bewerbung eine der Mindestanforderungen nicht erfüllte, welche die VST an eine erfolgversprechende Bewerbung stellte. Die Verletzung der AST in ihren Rechten auf Einhaltung der Vergabevorschriften (§ 97 Abs. 7 GWB) ergibt sich damit aus der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 97 Abs.

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2 GWB mit dem durch die VST durchgeführten Verhandlungsverfahren. Die AST brauchte es nicht hinzunehmen, dass die VST im Ergebnis eines Verhandlungsverfahrens auf das Angebot der BEI den Zuschlag erteilen wollte, obwohl diese Bewerbung bereits die für das Auswahlverfahren geforderte Erfüllung der durch die VST bestimmt bezeichneten Mindest-anforderungen an eine Bewerbung nicht erfüllte und in der Folge solcher Feststellungen die BEI auch nicht zu Verhandlungen über die Vergabe des Auftrags aufzufordern war. zu 4.2 Die VST hat gegen das Transparenzgebot bei der Durchführung des Verfahrens zur

Vergabe von Planungsleistungen auch dadurch verstoßen, indem sie ihrer Auswahl-entscheidung Zuschlagskriterien zugrunde gelegt hat, die sie nicht vorher bekannt gemacht oder zumindest in den Verdingungsunterlagen als solche bezeichnet hatte.

Nach § 16 Abs. 1 VOF schließt der Auftraggeber den Vertrag mit dem Bewerber, der auf-grund der ausgehandelten Auftragsbedingungen die bestmögliche Leistung erwarten lässt. Bei der Entscheidung über die Auftragserteilung berücksichtigt er auf die erwartete fachliche Leistung bezogene Kriterien, insbesondere Qualität, fachlichen oder technischen Wert, Äs-thetik, Zweckmäßigkeit, Kundendienst und technische Hilfe, Leistungszeitpunkt, Ausführ-ungszeitraum oder -frist und Preis/Honorar (§ 16 Abs. 2 Satz 1 VOF). Ist die zu erbringende Leistung nach einer gesetzlichen Gebühren- und Honorarordnung zu vergüten, ist der Preis dabei nur im dort vorgeschriebenen Rahmen zu berücksichtigen (§ 16 Abs. 2 Satz 2 VOF). § 16 Abs. 3 VOF ordnet in diesem Zusammenhang an, dass der Auftraggeber in der Aufgabenbeschreibung oder der Vergabebekanntmachung alle Auftragskriterien anzugeben hat, deren Anwendung vorgesehen ist. Dabei soll diese Angaben möglichst in der Reihen-folge der ihnen zuerkannten Bedeutung erfolgen. Die VST hat die von ihr bekannt gemachten Zuschlagskriterien nur teilweise zur Grundlage der Bewertung der Bewerber/Bieter gemacht. Nur die Zuschlagskriterien Ziffer 1 – 3 und 7 als solche wurden zur Bewertungsgrundlage der Angebote im Verhandlungsverfahren gemacht. Das Zuschlagskriterium des „Ausführungszeitraumes“ (Ziffer 6) hat seine eigenständige Bedeutung verloren und wurde mit dem Kriterium „Zuverlässigkeit“ zu einem neuen Kriterium „Zuverlässigkeit/Ausführungszeiträume“ für die Beurteilung der Angebote der Bewerber/ Bieter zusammengefasst. Das Zuschlagskriterium „Qualifikation der Bewerber/Innen“ wird nicht zur Grundlage der Bewertung der Bewerbungen/Angebote gemacht. Mit der Vergabebekanntmachung hatte die VST auch die sieben Zuschlagskriterien (Ziffer IV.2 der Vergabebekanntmachung) hinsichtlich des wirtschaftlich günstigsten Angebotes wie folgt , in der bejahten Reihenfolge ihrer Priorität, angegeben : 1: Fachkunde. 2: Leistungsfähigkeit. 3: Erfahrung mit vergleichbaren Projekten. 4: Qualifikation der Bearbeiter/Innen. 5: Qualität.

6: Ausführungszeitraum. 7: Wirtschaftlichkeit (Preis/Honorar). Im Rahmen des Verhandlungsverfahrens hat die VST die Darstellung und die Nachweise der Bewerber/Bieter anhand folgender sechs mit Gewichtsangaben versehenen Zuschlags-kriterien bewertet :

1: Fachkunde (25 %) 2: Leistungsfähigkeit (20 %) 3: Erfahrungen (20 %) 4: Zuverlässigkeit/Ausführungszeiträume (15 %)

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5: Sonstige objektbezogene Kriterien (10 %) 6: Preis/Honorar (10 %)

Das in der Vergabebekanntmachung aufgeführte Zuschlagskriterium des „Ausführungs-zeitraums“ (Ziffer 6) ist nun verbunden mit dem Kriterium „Zuverlässigkeit“. Das Zuschlags-kriterium „Qualifikation der Bearbeiter/Innen“ (Ziffer 4) und das Kriterium „Qualität“ (Ziffer 5) tauchen als eigenständige Kriterien insoweit nicht mehr auf. Stattdessen verwendet die VST mit ihrer Ziffer 5 „Sonstige objektbezogene Kriterien“ nunmehr ein neues Zuschlagskriterium, das sie mit Gewichtungsmaß von 10/100 Prozent (%) versehen hat. Die VST hat das Zuschlagskriterium „Sonstige objektbezogene Kriterien“ mit sog. Unter-kriterien versehen, die in der Summe ihrer Einzelgewichtung das Gewichtungsmaß des Zuschlagskriteriums ergeben :

5 Sonstige objektbezogene Kriterien 5.1 Erfahrung von anderen Beteiligten zum Bieter 2 % 5.2 Bemühung des Bieters, äußere objektbezogene

Kriterien zur VKA aufzuarbeiten 3 % 5.3 besondere Datenverarbeitungsprogramme 2 % 5.4 Bestimmung der Planer und Ansprechpartner

zum Vorhaben 1 % 5.5 Ästhetik/Gestaltung/Übersichtlichkeit der

Referenzobjekte 1 % 5.6 Qualitätsmanagement 1 %

Zwischensumme Gewichtung zu 5 10 % Diese Unterkriterien beziehen sich nicht allein auf Aussagen zur Qualität (Ziffer 5.6 „Qualitätsmanagement“), sondern zeichnen sich durch Merkmale aus, die entweder nicht objektbezogen sind und vergabefremde Aspekte zu Kriterien erheben (Ziffer 5.1 und 5.2) oder die Kriterien für die Bestimmung der Leistungsfähigkeit eines Bieters darstellen (5.4 und 5.5) und Kriterien, die allerdings nur scheinbar objektbezogen sind, wenn sie die Ästhetik/ Gestaltung/Übersichtlichkeit der Referenzobjekte zu einem Bewertungskriterium erheben (Ziffer 5.5). Mit diesen Fakten ist aber auch die Feststellung zu verbinden, dass die VST mit diesem Kriterium nicht nur äußerlich, sondern auch inhaltlich eine neues Zuschlagskriterium in das Vergabeverfahren eingeführt hat, das nicht vorher bekannt gemacht worden war oder wenigstens in den Verdingungsunterlagen genannt wurde. Das in § 97 Abs. 1 GWB normierte Transparenzgebot bei der Durchführung von Vergabe-verfahren ist damit in seiner Konkretisierung, wie es in § 16 Abs. 3 VOF im Hinblick auf die Pflicht zur vollständigen Bekanntmachung aller verwendeten Zuschlagskriterien erfolgt ist, verletzt. Die Rechtsverletzung der AST folgt aus § 97 Abs. 7 GWB. zu 4.3 Die VST hat mit ihrer Auswahlentscheidung aber auch dadurch gegen das

Transparenzgebot verstoßen, indem sie bekannt gemachte Zuschlagskriterien nicht auch zur Grundlage ihrer Bewertung der Bieterangebote gemacht hat

Wie bereits oben zu Punkt 4.2 festgestellt, hat die VST nicht nur ein neues Zuschlags-kriterium in das Vergabeverfahren eingeführt, sondern auch das in der Vergabebekannt-machung aufgeführte Zuschlagskriterium des „Ausführungszeitraums“ (Ziffer 6) nunmehr mit dem Kriterium „Zuverlässigkeit“ verbunden. Dagegen tauchen die bekannt gemachten Zu-schlagskriterien „Qualifikation der Bearbeiter/Innen“ (Ziffer 4) und „Qualität“ (Ziffer 5) als eigenständige Kriterien zur Bewertung der Bewerbungen/Angebote in dem von der VST durchgeführten Verhandlungsverfahren insoweit nicht mehr auf.

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Die unterbliebene Anwendung bekannt gemachter Zuschlagskriterien verletzt das Trans-parenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB. Die Bieter haben einen Anspruch auf Durchführung transparenter Vergabeverfahren. Sie haben weiterhin einen Anspruch auf eine Bewertung ihrer Bewerbungen/Angebote allein anhand der durch die VST bekannt gemachten Zuschlagskriterien. Dieser Anspruch ist auch dann verletzt, wenn eine Bewertung der Bewerbungen/Angebote anhand einzelner, bekannt gegebener Zuschlagskriterien unter-bleibt. Der - fehlerhaft - unterbliebenen Anwendung bekannt gemachter Zuschlagskriterien gleich-zustellen ist dabei auch der Tatbestand des Zusammenführens zweier Zuschlagskriterien zur Verwendung als eigenständiges, neues Zuschlagskriterium, indem die VST das bekannt gemachte Zuschlagskriterium „Ausführungszeitraum“ (Ziffer 6) mit dem nicht bekannt gemachten Kriterium „Zuverlässigkeit“ verbunden hat. Auf die Möglichkeit, dass die bekannt gemachten Zuschlagskriterien als sog. Unterkriterien gleichwohl die Grundlage der Bewertung der ausgewählten Bewerbungen/Angebote gebildet haben mögen, kommt es an dieser Stelle nicht an. Unterkriterien bilden ein Zuschlags-kriterium naturgemäß nicht vollständig ab, sondern stellen Teilaspekte eines solchen Kriteriums dar. An der Eigenschaft, das Unterkriterium eines Zuschlagskriteriums darzu-stellen, fehlte es einem solchen Kriterium schon dann, wäre nur ein sog. Unterkriterium als Konkretisierung eines Zuschlagskriteriums gebildet. Auch der Gewichtungsgrad eines sog. Unterkriteriums kann regelmäßig den Anteil des Zuschlagskriteriums an der Gesamtge-wichtung einer Bewerbungen/ eines Angebotes nicht erreichen, soll es nicht seiner durch die VST festgelegten Funktion und Aufgabe verlustig gehen. Ebenso wenig kommt es hier darauf an, dass im vorliegenden Falle ein bekannt gemachtes Zuschlagskriterium irrtümlich eine falsche Bezeichnung erhalten hätte. Eine solche Möglich-keit scheidet ebenfalls hier aus, wo die VST mit der Zusammenführung des Zuschlags-kriteriums „Ausführungszeiträume“ mit dem Kriterium der „Zuverlässigkeit“ ein neues Zuschlagskriterium „Zuverlässigkeit/Ausführungszeiträume“ zur Anwendung gebracht hat. Die dazu von der VST gebildeten Unterkriterien der Koordination der Leitungen (4.1), der Sicherstellung von Ausführungszeiträumen/-fristen (4.2), der Sicherstellung der Qualität der Leistungen (4.3), der Sicherstellung der Erreichbarkeit/Verfügbarkeit (4.4) und der Integration von Fachplanungen Dritter (4.5) stellen allesamt auf den Begriff der „Zuverlässigkeit“ ab und betreffen das Kriterium „Ausführungszeiträume“ – wenn überhaupt – nur mittelbar. Das in § 97 Abs. 1 GWB normierte Transparenzgebot bei der Durchführung von Vergabe-verfahren ist damit in seiner Konkretisierung, wie es dies in § 16 Abs. 2 und Abs. 3 VOF im Hinblick auf die Pflicht zur vollständigen Bekanntmachung aller zu verwendenden und auch verwendeten Zuschlagskriterien erfahren hat, verletzt. Die Rechtsverletzung der AST folgt auch hier aus § 97 Abs. 7 GWB. zu 4.4 Die VST hat dadurch gegen das Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB verstoßen,

indem sie die von ihr verwendeten Zuschlagskriterien mit sog. Unterkriterien unter-setzt hat, deren Inhalt und Gewichtung nicht definiert und bestimmt waren und den Bietern nicht vor Eintritt in das Verhandlungsverfahren bekannt gegeben waren.

4.4.1 Nach § 16 Abs. 3 VOF hat der Auftraggeber in der Aufgabenbeschreibung oder der Vergabebekanntmachung alle Auftragskriterien (Zuschlagskriterien) anzugeben, deren An-wendung vorgesehen ist und soweit möglich, in der Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung. Auftrags- bzw. Zuschlagskriterien stellen also die festgeschriebenen Merkmale einer ausge-schriebenen Leistung dar, deren Erfüllung durch den Bewerber mit von ihm abgegebener Bewerbung, einer Prüfung und Bewertung (Kriterium) durch die VST unterworfen werden

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soll. Im Ergebnis dieser Bewertung soll für die VST dann eine Aussage stehen können, welcher Bewerber aufgrund der ausgehandelten Auftragsbedingungen die bestmögliche Leistung erwarten lässt (§ 16 Abs. 1 VOF). Nach § 16 Abs. 2 VOF hat der Auftraggeber bei seiner Entscheidung über die Auftrags-erteilung auf die erwartete fachliche Leistung bezogene Kriterien zu berücksichtigen („berücksichtigt“). Die Vorschrift umfasst hierbei auch eine nicht abschließende Aufzählung solch möglicher Kriterien. Den aufgezählten Kriterien eigen ist dabei ihre notwendig begriffliche Abstraktheit, die es für die VST regelmäßig erforderlich macht, das einzelne Kriterium durch weitere Merkmale zu konkretisieren. Diesem Ziel dient die Definition und die Bestimmung von sog. „Unterkriterien“ durch die VST. Diese Unterkriterien, als den Merkmalen einer Leistung zur Erfüllung der durch die VST mit der Ausschreibung verfolgten Auftrags- und Zuschlagskriterien, müssen dabei überhaupt geeignet sein, den mit ihrer Festlegung verfolgten Zweck erfüllen zu können. Während die VST in der Bestimmung solcher Unterkriterien einen weiten Beurteilungs-spielraum in der Entscheidung, welche Unterkriterien sie maßstabsbildend zur Grundlage ihrer Ermittlungen machen will, hat, muß sie doch die äußeren Grenzen des ihr einge-räumten Beurteilungsspielraumes im Rahmen ihrer Entscheidungsfindung beachten. Entsprechend ist die Nachprüfung solcher Unterkriterien durch die Vergabekammer auch darauf beschränkt, ob die VST mit der Bildung von Unterkriterien die äußeren Grenzen des ihr eingeräumten Beurteilungsspielraums eingehalten hat. Ein „Unterkriterium“ überschreitet dann diese äußeren, der VST gesetzten Grenzen, wenn sie - für den unabhängigen Betrachter in einer objektiven und daher verifizierbaren Betrach-tungsweise -,

- als überhaupt ungeeignet erscheint, merkmalbildend zur Erfüllung eines Auftrags- bzw. Zuschlagskriteriums beitragen zu können;

- sach- und/oder vorhabensfremde Zwecke mit dem Unterkriterium verfolgt werden und daher dem Betrachter als willkürlich gesetzt erscheinen;

- das Unterkriterium selbst unbestimmt und mehrdeutig ist und deshalb den mit seiner Anwendung verfolgten Zweck nicht erreichen kann (vgl. dazu auch EUGH, Urteil vom 04. 12. 2003 – C-448/01 – „Wienstrom“).

Darüber hinaus hat die VST für die Anwendung der von ihr festgelegten Unterkriterien dafür Sorge zu tragen, dass der mit ihnen verfolgte Zweck nicht dadurch verhindert oder gar vereitelt wird,

- dass es an den maßstabsbildenden Angaben für eine durchzuführende Bewert-ung anhand der Unterkriterien fehlt;

- oder das Ergebnis einer durchgeführten Bewertung selbst nicht nachvollziehbar ist.

Der mit der Bewertung der Bewerbungen anhand der durch die VST festgelegten Unter-kriterien verfolgte Zweck kann aber auch dadurch nicht erreicht oder vereitelt werden,

- dass der einzelne ausgewählte Bewerber keine positive Kenntnis der so gebil-deten Unterkriterien und ihrer Inhalte durch die VST hat;

- dass die von ihm im Verhandlungsverfahren abgeforderten Angaben zu seinem Leistungsangebot nicht oder nur teilweise geeignet oder unvollständig sind, um die Erfüllung des Unterkriteriums selbst bewerten zu können.

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Auch die Rechtsprechung, einschließlich derjenigen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), steht einer solchen Anforderung für den Eintritt in das Verhandlungsverfahren im Rahmen eines VOF-Verfahrens nicht entgegen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluß vom 29. 10. 2003 – Verg 43/03 -, VergabeR 1004, S. 100 ff. und OLG Düsseldorf, Beschluß vom 23. 7. 2003 – Verg 27/03, sowie EUGH, Urteil vom 24. 11. 2005 – Rs. C-331/04 „ACTV Venezia“, zit. nach ibr-online). Diese Rechtsprechung bezieht sich nur auf die Verfahrenslage der Bekanntmachung einer Ausschreibung bzw. der Ausreichung der Verdingungsunterlagen. In diesem Falle soll eine Bekanntmachung der Unterkriterien und ihrer Gewichtung nicht erfor-derlich sein, wenn zu diesen Zeitpunkten die Unterkriterien tatsächlich noch nicht feststehen und deshalb ihre Angabe wie auch die Angabe ihrer Gewichtung auch nicht möglich ist. Nach der Rechtsprechung des EUGH (EUGH, Urteil vom 24. 11. 2005 – Rs. C-331/04 „ACTV Venezia“, zit. nach ibr-online) soll es in diesem Zusammenhang einer Vergabe-kommission auch nicht verwehrt sein, Unterkriterien eines zuvor festgelegten Zuschlags-kriteriums dadurch besonders zu gewichten, dass sie die vom öffentlichen Auftraggeber bei der Erstellung der Verdingungsunterlagen oder der Bekanntmachung des Auftrags für dieses Kriterium vorgesehenen Punkte auf die Unterkriterien verteilt, sofern eine solche Entscheidung - die in den Verdingungsunterlagen oder in der Bekanntmachung des Auftrags

bestimmten Zuschlagskriterien für den Auftrag nicht ändert, - nichts enthält, was, wenn es bei der Vorbereitung der Angebote bekannt gewesen

wäre, diese Vorbereitung hätte beeinflussen können, und - nicht unter Berücksichtigung von Umständen erlassen wurde, die einen der Bieter

diskriminieren könnten. Diese Rechtsprechung kommt im verfahrensgegenständlichen Fall allerdings nicht zum Tragen. Vielmehr ist die Sachlage bei Eintritt in das Verhandlungsverfahren im Rahmen eines VOF-Verfahrens eine andere. In einem solchen Falle sind die für das Verhandlungsverfahren einzuladenden Bewerber anhand der Bewertung der bekannt gemachten Eignungskriterien ausgewählt. Zur gleichmäßigen und nachvollziehbaren Bewertung der Verhandlung und ihrer Ergebnisse sind jetzt Kriterien dafür festzulegen, anhand derer die Verhandlungen geführt und ihre Ergebnisse bewertet werden sollen. Dies macht es erforderlich diese Kriterien, ihre Gewichtung und den Bewertungsmaßstab selbst vorher festzulegen und auch bekannt zu geben. Das für durchzuführende Vergabeverfahren in § 97 Abs. 1 GWB normierte Transparenz-gebot erfordert im streitgegenständlichen Falle daher, dass die VST

- die Bestimmung, Festlegung und Definition der von ihr zu verwendenden Unter-kriterien vor der Durchführung des Verhandlungsverfahrens verbindlich trifft;

- und den für das Verhandlungsverfahren ausgewählten Bewerbern diese Unter-kriterien, einschließlich ihrer festgelegten Gewichtung und den Maßstab für ihre Bewertung, vor der Aufnahme von Verhandlungsgesprächen mitteilt.

Das von der AST durchgeführte Verhandlungsverfahren erfüllt nicht die – vorstehend genannten - Voraussetzungen , die an ein ordnungsgemäß durchgeführtes Vergabever-fahren zu stellen sind. Dazu fehlt es der VST bereits an dem Nachweis in den Vergabeakten, dass sie die schließ-lich von ihr verwandten Unterkriterien im Vorfeld der Durchführung des Verhandlungsver-fahrens festgelegt, bestimmt und definiert hat. Es fehlt zudem überhaupt an einer Bekannt-gabe der Unterkriterien gegenüber den für das Verhandlungsverfahren ausgewählten Bewerbern.

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Gemäß § 18 VOF ist über die Vergabe ein Vermerk zu fertigen, der die einzelnen Stufen des Verfahrens, die Maßnahmen, die Feststellung sowie die Begründung der einzelnen Ent-scheidungen enthält. Der von der VST zu dem durchgeführten Vergabeverfahren gefertigte Vermerk enthält da-gegen überhaupt keine Angaben zu den festgelegten Unterkriterien selbst, ihrer Inhalte und des anzuwendenden Bewertungsmaßstabes. Auch Angaben zu dem Zeitpunkt ihrer Festlegung sind dort nicht gemacht. Die Vergabeakte an sich lässt keinen Schluss zu, dass die Unterkriterien vor der Durch-führung des Verhandlungsverfahrens bestimmt und festgelegt worden sind. Wollte man vielmehr darauf abstellen, dass die von einem Mitglied der Vergabekommission gefertigten Bewertungsblätter der VST das Datum „11. 11. 2005“ tragen (Bl. 21-32 d. Vergabakte), so wäre damit der Nachweis geführt, dass die Unterkriterien erst nach dem durchgeführten Verhandlungsverfahren festgelegt worden sind. Indes kann es dahin stehen, ob diese Schlussfolgerung tatsächlich richtig und zutreffend ist. Der Nachweis, dass die Unterkriterien bereits bei der Einladung der ausgewählten Bewerber zum Verhandlungsverfahren festgelegt waren, obliegt der VST. Die VST hat diesen Nach-weis nicht geführt und hat ihn mit einem unvollständigen Vergabevermerk auch nicht führen können. Darüber hinaus hat die VST das Transparenzgebot verletzt, weil sie den ausgewählten Bewerbern, die von ihr festgelegten Unterkriterien zu den Auftragskriterien, einschließlich ihrer Gewichtung und den Bewertungsmaßstab für ihre Anwendung, nicht spätestens mit der Einladung zu den Verhandlungsgesprächen mitgeteilt und bekannt gegeben hat. Die von der VST ausgesprochene Einladung zu den Verhandlungsgesprächen stellt eine solche Bekanntgabe der für das Verhandlungsverfahren zu verwendenden Unterkriterien nicht dar. Die Bieter erhielten dabei von der VST ein zweiseitiges Merkblatt (Bl. 15+16 d. Vergabe-akte), das einmal (Buchstabe a) „die Darstellung Ihres Büros anhand folgender Bewertungs-kriterien“ und (b) das „Honorarangebot unter Berücksichtigung folgender Vorgaben“ zum Gegenstand hatte : Die Darstellung des Büros (a) sollte mit (1.) der Vorstellung eines vergleichbaren Referenzobjektes mit 80.000 bis 100.000 EW erfolgen. Es war die persönliche Vorstellung aller Leistungserbringer des Bieters vorgesehen; der Nachweis ihrer Fachkunde war zu erbringen (2.). Die Zuverlässigkeit/ Qualität der angebotenen Bieterleistungen (3.) sollte dargestellt werden, anhand

- der Koordinierung von Leistungen und Darstellung der Verantwortlichkeiten; - der Sicherstellung von Ausführungszeiträumen und Fristen; - der Sicherstellung der Qualität der Leistungen; - der Sicherstellung der Erreichbarkeit/Verfügbarkeit vor Ort; - Integration von Fachplanungen und Vorstellung der Nachunternehmer; - technische Ausstattung des Büros; - des Finanzmittel-Controllings; - des Jahresumsatzes der letzten Jahre; - der personellen Ausstattung des Büros.

Die Benennung der Gewichtung dieser Kriterien bzw. der bekannt gemachten Zuschlags-kriterien war auch mit dieser Einladung der ausgewählten Bieter nicht verbunden. Das Honorarangebot (b) war unter Berücksichtigung folgender Vorgaben abzugeben :

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(7.) Festsetzung der Honorarzone 2 (von) und der Leistungsbilder nach § 55 HOAI (Leistungsphase 1 bis 9), § 64 (Leistungsphase 1 bis 6), § 73 (Leistungsphase 1 bis 9).

(8.) Angebot für das Honorar für die örtliche Bauüberwachung nach § 57 HOAI ........... %. (9.) Angebot für die Bauoberleitung (Leistungsphase 8, 10 bis 14 %) .......... %. (10.) Pauschale Vergütung der Nebenkosten für den Umfang des Absatzes 2 § 7 HOAI mit

........... %. (11.) Zeithonorar für zusätzliche Leistungen auf Anweisung des Auftragebers gemäß § 6

Abs. 2 HOAI (...). (12.) Angabe der zu erwartenden Besonderen Leistungen (...).

Die damit von der VST abgeforderten Angaben zur Bewertung bestimmter Leistungen sind damit zumindest nicht vollständig angegeben. Die Unterkriterien selbst sind nicht benannt, auch fehlt es in diesem Zusammenhang an einer Aussage der VST über die Gewichtung dieser Unterkriterien selbst und im Verhältnis des dadurch zu konkretisierenden Auftragkriteriums. Die VST genügt damit nicht den Anforderungen, die das Transparenzgebot und das Gebot der Gleichbehandlung aller Bieter an die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens stellen. Die Rechtsverletzung der AST ergibt auch hier aus § 97 Abs. 7 GWB. 4.4.2 Das Transparenzgebot ist mit der Durchführung des Vergabeverfahrens durch die

VST auch dadurch verletzt worden, dass die VST solche Unterkriterien verwendet hat, die überhaupt ungeeignet sind zu einer Konkretisierung der bekannt gemachten Zuschlagskriterien beizutragen.

Nach dem vorstehend zu 4.4.1 bereits Ausgeführten, überschreitet ein „Unterkriterium“ dann die äußeren, der VST im Rahmen des ihr eingeräumten Beurteilungsspielraumes gesetzten Grenzen, wenn sie ein solches verwendet, das - für den unabhängigen Betrachter in einer objektiven und daher verifizierbaren (d. h. nach-prüfbaren) Betrachtungsweise -,

- als überhaupt ungeeignet erscheint, merkmalsbildend zur Erfüllung eines Auftrags- bzw. Zuschlagskriteriums beitragen zu können;

- sach- und/oder vorhabensfremde Zwecke mit dem Unterkriterium verfolgt werden und daher dem Betrachter als willkürlich gesetzt erscheinen;

- das Unterkriterium selbst unbestimmt und mehrdeutig ist und deshalb den mit seiner Anwendung verfolgten Zweck nicht erreichen kann (vgl. dazu auch EUGH, Urteil vom 04. 12. 2003 – C-448/01 – „Wienstrom“).

Im Rahmen ihrer Prüfung und Bewertung hat die VST mit ihrem Bewertungsblatt Unterkriterien verwandt, die bereits für sich genommen ungeeignet sind, merkmalsbildend zu einer Aussage über die Erfüllung eines Auftragskriteriums beitragen zu können. Dies betrifft zum einen das zum verwendeten Auftragskriterium „Leistungsfähigkeit“ (2.) verwendete Unterkriterium des „Anteils der Erbringung des Bieter an eigenen Fach-planungen – Vergabe an Dritte“ (2.2). Das betrifft des weiteren die mit dem verwendeten Zuschlagskriterium „Sonstige objektbezogene Kriterien“ verwendeten Unterkriterien der „Erfahrung von anderen Beteiligten zum Bieter“ (5.1) und der „Ästhetik/Gestaltung/Über-sichtlichkeit der Referenzobjekte“ (5.5). Bei dem durch die VST verwandten Unterkriterium 5.1 handelt es sich zudem schon begrifflich nicht um ein „objektbezogenes“ Merkmal. Bei dem Unterkriterium 5.5 erschließt sich dem Betrachter nicht, inwieweit für die Erweiterungsplanung einer Kläranlage, die „Ästhetik/Gestaltung/Übersichtlichkeit der Referenzobjekte“ überhaupt geeignet ist, merk-malsbildend zu einer Aussage über die Erfüllung des Zuschlagskriteriums „Sonstige objekt-bezogene Kriterien“ beizutragen.

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Die VST verwendet auch Unterkriterien die selbst unbestimmt sind, von denen nicht erkennbar ist, was mit ihrer Angabe gemeint ist oder gemeint sein könnte. Dies betrifft in diesem Zusammenhang einmal das vorstehend zum Auftragskriterium „Leistungsfähigkeit“ (2.) bereits bezeichnete Unterkriterium des „Anteils der Erbringung des Bieters an eigenen Fachplanungen – Vergabe an Dritte“ (2.2). In Ermangelung einer Definition oder Erläuterung dieses Kriteriums wird mit seiner Verwendung nicht klar was damit gemeint ist, was damit ausgedrückt werden sollte oder welche Zielrichtung die VST mit seiner Verwendung verfolgt. Diese kritischen Ausführungen treffen auch für die von der VST zu diesem Auftragskriterium verwendeten Unterkriterien „Kundendienst – Ort der Leistungserbringung – Kommunikation mit AG“ (2.4) und „Kundendienst – örtliche Präsenz“ (2.5) zu. Die mangelnde Bestimmtheit dieser Kriterien durch fehlende Angaben führt dazu, das die VST in diesem Falle gehindert ist, solcherart mehrdeutige Kriterien zu verwenden. Hinsichtlich des von der VST verwendeten Unterkriteriums 2.2 war im Ergebnis der mündlichen Verhandlung zudem festzustellen, dass die Vergabe von Vermessungs-leistungen und Baugrunduntersuchungen als die Vergabe von Fachplanungen behandelt und durch die VST bewertet worden sind. Diese Leistungen stellen aber keine „Fachplanungen“ im ausgeschriebenen Leistungssinne dar. Die Bewertung dieses Kriteriums ist also schon in seinem Ansatz fehlerhaft. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die BEI – anders als die AST - neben den Vermessungsleistungen und den Baugrunduntersuchungen zusätzlich auch die Visuali-sierung des Baufortschritts an Nachunternehmer vergeben will. Dieses Mehr der Vergabe von Leistungen an Nachunternehmer hat die VST in ihrer Bewertung zumindest nicht berücksichtigt. Die Berücksichtigung dieser Tatsache hätte mit den Maßstäben der VST bedeutet, dass der Bewerbung der AST eine höhere Punktezahl hätte zugeschrieben werden müssen. Tatsächlich war es umgekehrt. Selbst wenn man davon ausgehen könnte, dass beide Bewerber die gleiche Punktzahl erreicht hätten, führt dies schon dazu, dass die AST mit ihrer Bewerbung im Ergebnis vor der Bewerbung der BEI gelegen hätte. Die fehlende Eignung bzw. die fehlende Bestimmtheit einzelner, von der VST im Verhand-lungsverfahren verwendeter Unterkriterien, verletzt das Transparenzgebot aus § 97 Abs. 1 GWB und das Gleichbehandlungsgebot der Bewerber aus § 97 Abs. 2 GWB. Die Rechts-verletzung der AST ergibt sich aus ihrem Anspruch auf Einhaltung der Vergabevorschriften. 5.4.1 Die VST hat das Transparenzgebot bei der Durchführung eines Verhandlungsver-

fahrens und das Gleichbehandlungsgebot aller Bieter dadurch nicht beachtet, indem es die VST mit der von ihr durchgeführten Vergabe von Bewertungs-Punkten (in einem Rahmen von „0 - 5 Punkte“) unterlassen hat, den Maßstab und die Bedeutung der zu vergebenden möglichen Punkte und ihre Bewertung vorher anzugeben, zu definieren, festzulegen und so verbindlich vorzugeben.

Indem die VST es überhaupt unterließ, den Bewertungsmaßstab für die Vergabe von Wertungspunkten im Rahmen der Bewertung der Unterkriterien zu definieren und eine solcherart getroffene Festlegung den ausgewählten Bewerbern vorzulegen, verletzt die VST das in § 97 Abs. 1 GWB normierte Transparenzgebot bei der Durchführung eines Vergabeverfahrens. Sie verletzt damit auch das Gleichbehandlungsgebot aller Bieter/ Bewerber in einem Vergabeverfahren (§ 97 Abs. 2 GWB). Mit der fehlenden Angabe des Maßstabes fehlt es der von der VST durchgeführten Bewertung der ausgewählten Bewerbungen insoweit an einer verifizierbaren und damit nach-prüfbaren Grundlage. Die auf einem solchen Mangel beruhende Bewertung von Bewerb-ungen erscheint schon aus diesem Grunde willkürlich.

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Auch hierbei ist die AST in ihren Rechten auf Einhaltung der Vergabevorschriften (§ 97 Abs. 5 GWB), durch die Mißachtung essentieller Verfahrensrechte („Gebote“) aus § 97 Abs. 1 und Abs. 2 GWB, verletzt. 4.4.5 Eine Verletzung der Verfahrensvorschriften besteht dabei auch darin, dass die VST

zur Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes letztendlich eine Methode gewählt hat, die schon – allein für sich genommen - ungeeignet war das damit ver-folgte Ziel zu erreichen.

Mit den vorstehend getroffenen Feststellungen erwies sich die von der VST verwandte Methode zur Bewertung von Bewerbungen im Rahmen eines Vergabeverfahrens als im Wesentlichen ungeeignet, das dazu gesteckte Ziel zu erreichen. Die Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften und –rechte, verbunden mit methodischen Mängeln der verwandten Bewertungsmatrix, ihren begrifflichen Unzulänglichkeiten, einer fehlenden Dokumentation der einzelnen Verfahrensschritte und mit der mangelnden Bestimmtheit der verwandten Unterkriterien, rechtfertigt dieses Verdikt. Gleichwohl sieht sich die Vergabekammer in der Lage, die Aufhebung des (vorläufig) gescheiterten Vergabeverfahrens nicht anordnen zu müssen. Diese Aussage betrifft vorliegenden Fall, dass die VST in der Lage ist, das Verhandlungsverfahren auf der Grundlage des Entscheidungsausspruchs und der vorstehend gemachten Ausführungen zu wiederholen. Im Ergebnis des Nachprüfungsverfahrens war die Zuschlagsentscheidung der VST in vollem Umfange aufzuheben. Die VST hat das Verhandlungsverfahren, beginnend mit der Einladung der für die Verhandlungsgespräche ausgewählten verbliebenen Bewerber wieder aufzunehmen. Die Beigeladene ist zu diesen Verhandlungsgesprächen, aufgrund des Fehlens geforderter Mindestvoraussetzungen in ihrer Bewerbung, nicht einzuladen. Die Verhandlungsgespräche sollen durch die VST erst aufgenommen werden, wenn sie die dazu notwendigen Voraussetzungen erfüllt hat. Dazu gehört insbesondere, die für diese Gespräche zu verwendenden Unterkriterien für die mit der Bekanntmachung definierten Zuschlagskriterien festzulegen, zu definieren und ggf. zu erläutern. Dies gilt auch für den zu verwendenden Bewertungsmaßstab. Die Unterkriterien, einschließlich ihrer Gewichtung, wie auch der Bewertungsmaßstab sind den an den Verhandlungsgesprächen Beteiligten vorher bekannt zu geben. Das Verhandlungsverfahren ist in jeder seiner Phasen im notwendigen und sachgerechten Umfang zu dokumentieren. 5.5 Antrag auf weitergehende Akteneinsicht durch die AST Der Antrag der AST auf erneute und umfassende Akteneinsicht, insbesondere auch in das vollständige Angebot der BEI, war abzulehnen. Die AST hat keinen Anspruch auf Einsicht in die Angebote der Mitbewerber. Nach der Rechtsprechung des ThürOLG (Beschluss vom 17. 05. 2005, 9 Verg 4/05 – Antrag nach § 118 Abs. 1 GWB ! - zu VK 360-4003.20-017/05-G-S) ergibt sich der Umfang des Akteneinsichtsrechts aus einer Abwägung des Geheimhaltungsinteresses der konkurrier-enden Bewerber (§ 111 Abs. 2 GWB) und des Rechtsschutzinteresses des um Akteneinsicht nachsuchenden Bewerbers unter Berücksichtigung des Transparenzgebotes im Vergabe-verfahren und des Grundrechts der Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör (Art. 103

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GG). Es besteht nur in dem Umfang, wie es zur Durchsetzung der subjektiven Rechte des jeweiligen Verfahrensbeteiligten erforderlich ist und wird von vornherein durch den Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens (Beschwerdeverfahrens) begrenzt (ThürOLG, Beschluss vom 16. 12. 2002, 6 Verg 10/02; Beschluss vom 07. 11. 2001, 6 Verg 4/01; VergabeR 2002, 305). Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens ist hier die Bewerbung der AST um die von der VST ausgeschriebenen Planungsleistungen. Die AST wendet sich zwar gegen die nach ihrer Meinung unrichtige geringere Bewertung ihrer Bewerbung im Vergleich zu der Bewerbung der BEI. Sie macht dazu auch geltend, dass die zu dieser Beurteilung notwendigen Tatsachengrundlagen nicht ausreichend ermittelt bzw. unzutreffend und falsch durch die VST bewertet worden sind, was zu einer falschen Bewertung der Bewerbung der BEI geführt haben soll. Dieses Vorbringen führt aber nicht dazu, dass sich damit der Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens ändert. Die solcherart behaupteten Mängel bedeuten im Falle ihres Vorliegens gleichzeitig die fehlerhafte Behandlung der Bewerbung der AST durch die VST. Ob diese Mängel tatsächlich vorliegen, obliegt der im Rahmen der Nachprüfung des Vergabeverfahrens der Vergabekammer obliegenden Pflicht, von Amts wegen den entscheidungserheblichen Sachverhalt zu ermitteln. Dem Nachprüfungsantrag der AST kommt im Verhältnis dazu allein die sog. „Anstoßfunktion“ zu. Deshalb sind nach der inzwischen feststehenden Rechtsprechung des BGH nur geringe Anforderungen an die Zulässigkeit eines solchen Antrages zu stellen. Es genügt, dass die AST mit ihrem Nachprüfungsantrag darlegt, dass ihre Rechte auf Einhaltung der Verfahrens-vorschriften mit dem durch die VST durchgeführten Vergabeverfahren verletzt worden sind bzw. verletzt worden sein könnten. Hierbei sind die Anforderungen, die an einen entsprechenden Vortrag der AST zu stellen sind, um so geringer, als die von ihr behaupteten möglichen Verletzungen vordergründig nicht das eigene Angebot betreffen, sondern die Behandlung des Angebotes der BEI durch die VST. Das damit tangierte Rechtsschutzinteresse der AST erfordert es daher nicht, sie durch eine umfassende Akteneinsicht (u. a. auch in das Angebot der BEI) in die Lage zu versetzen, in substantiierter Art und Weise ihren Antrag mit Mängeln des Angebotes der BEI oder seiner Behandlung durch die VST begründen zu können. Erfordert also das Rechtsschutzinteresse der AST eine Akteneinsicht nicht, so muss auch die im Anschluss daran vorzunehmende Abwägung zwischen dem Geheimhaltungsinteresse des konkurrierenden Bewerbers und dem solcherart beschriebenen Rechtsschutzinteresse der AST zu einem eindeutigen Ergebnis kommen. Die AST hat keinen Anspruch auf Einsicht in das Angebot der BEI. Ihr gleichwohl wiederholter Antrag auf umfassende Akteneinsicht war daher abzulehnen. 5. Kostenentscheidung Die Entscheidung über die Kosten (Gebühren und Auslagen) beruht auf § 128 Abs. 1 und 3 GWB. Die Höhe der mit dem Entscheidungsausspruch zu erstattenden Gebühren für das Verfahren vor der Vergabekammer beruht dabei auf § 128 Abs. 2 und 3 GWB.

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5.1 Ausweislich des Tenors der Entscheidung dazu, haben die VST und die BEI die Kosten des Hauptsacheverfahrens zu tragen, da sie im Verfahren die Unterlegene(n) sind (§ 128 Abs. 3 Satz 1 GWB). Die VST und die BEI haben die Kosten des Nachprüfungsverfahrens dabei als Gesamt-schuldner – jeweils zur Hälfte zu tragen (§ 128 Abs. 3 Satz 3 GWB). 5.2 Die Höhe der Gebühren war nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer, unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstandes des Nachprüfungsverfahrens, festzusetzen (§ 128 Abs. 2 GWB). 5.2.1 Die wirtschaftliche Bedeutung des Gegenstandes des Nachprüfungsverfahrens bestimmt sich dabei regelmäßig danach, welches wirtschaftliche Risiko der Verfahrens-beteiligte die Verfahrensbeteiligten übernommen haben, die im Verfahren selbst und nach dem Entscheidungsausspruch der Vergabekammer als die Unterlegenen anzusehen sind. 5.2.2 Das wirtschaftliche Risiko der Verfahrensbeteiligung ist dabei regelmäßig in der Höhe des Brutto-Preises des Angebotes zu sehen, mit dem der jeweilige Verfahrensbeteiligte letztendlich im Verfahren der Nachprüfung des Vergabeverfahrens selbst unterlegen ist. 5.2.3 Dies führt im vorliegenden Fall gemäß § 128 Abs. 2 Satz 2 GWB, ausgehend von der gesetzlich angeordneten Mindestgebühr in Höhe von 2.500,00 Euro, zu einer Gebühr in Höhe von x.xxx,00 €. Ausgehend von einem Brutto-Auftragswert i. H. v. 600.000,00 €, aufgrund der Kosten-schätzung durch die VST, war, unter Zugrundelegung der dazu entwickelten und regelmäßig angewandten Gebührentabelle der Vergabekammer Freistaat Thüringen (Stand 01. 01. 2003), die Gebühr auf den genannten Betrag festzusetzen. Auslagen sind in diesem Zusammenhang nicht zu erstatten. 5.3 Eine Ermäßigung des so festgesetzten Betrages war, im Rahmen einer Billigkeits-entscheidung, nicht in Betracht zu ziehen (§ 128 Abs. 2 Satz 2 GWB). 5.4 Da die VST und die BEI als Gesamtschuldner - anteilig je zur Hälfte – für die Gebührenforderung haften, werden sie aufgefordert den jeweils hälftigen Teilbetrag in Höhe von x.xxx,x0 € bis zum 06. Februar 2006 (letzter Tag der Wertstellung) auf das nach-folgende Konto

Empfänger: Staatshauptkasse Thüringen Konto-Nr.: 820 015 00 bei der Deutschen Bundesbank, Filiale Erfurt Bankleitzahl: 820 000 00

zu überweisen. Bei der Zahlung sind der Name des Kostenschuldners, das o.a. Aktenzeichen, die Nr. 030411111 für den Zahlungsgrund und die Behördennummer: 0334 des Thüringer Landesverwaltungsamtes anzugeben. 5.5 Da die AST bereits einen entsprechenden Kostenvorschuss in Höhe der Mindest-gebühr von 2.500,00 Euro gezahlt hat, ist ihr dieser Betrag mit dem Eintritt der Bestandskraft der Entscheidung zurückzuerstatten.

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Die AST wird schon jetzt dazu um die (Be-) Nennung einer Bankverbindung gebeten, auf deren Weg die Erstattung des Betrages erfolgen kann. 5.6 Die VST und die BEI haben, als die im Nachprüfungsverfahren Unterlegene(n), auch die notwendigen Aufwendungen und Auslagen der AST zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung im Nachprüfungsverfahren - je zur Hälfte - zu tragen (§ 128 Abs. 4 Satz 1 und 2 GWB). 5.7 Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Nachprüfungsverfahren war für die AST, schon aufgrund der Schwierigkeit eines Vergabenachprüfungsverfahren selbst, für notwendig zu erklären (§ 128 Abs. 4 Satz 3 GWB i. v. m. § 80 Abs. 3 ThürVwVfG).

III. Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, nach Zustellung der Entscheidung der Vergabekammer, beim Thüringer Oberlandesgericht Jena, Rathenaustraße 13, 07745 Jena, einzulegen. Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung der Vergabekammer beantragt wird, und Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt. Die Beschwerdeschrift muss durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Die sofortige Beschwerde hat gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist.

S c h e i d S p a n g (Vorsitzender) (hauptamtlicher Beisitzer)

S i e g e l Datum: 16.01.2006

Nichterfüllung von Mindestanforderungen, 2 Referenzen, Anwendung von Zuschlagskriterien, Handhabung von Unterkriterien, Transparenzgebot, Dokumentation, Vergabevermerk, vergabefremde Aspekte, Akteneinsicht

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GWB § 97 Abs. 2, 7, § 111; VOF §§ 16 Abs. 1, 2, 3

Az.: 025/05-ARN