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Bevölkerungsschutz 1 2006

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Bevölkerungsschutz

1 2006

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BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2006

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

wegen der Herausgabe des Sonderhef-tes zur Dekontamination Verletzterim Januar hat sich der Erscheinungs-termin dieser Ausgabe von Bevölke-rungsschutz um einen Monat verzö-gert. Das erhebliche Interesse an die-ser Sonderausgabe belegt, wie wichtigdieses Thema genommen wird undrechtfertigt sicher die Verschiebung.In drei Monaten ist es nun so weit:die Fußballweltmeisterschaft wird alslandesweites Mega-Event inszeniertund die Welt wird zu Gast in Deutsch-land sein. Tausende Mitarbeiter in-und ausländischer Presse, Rundfunk-und Fernsehanstalten werden nichtnur aus den Stadien, sondern auchüber das Drumherum in ihre Hei-matländer berichten.Viele helfende Hände werden nötigsein, um unseren Gästen gute Gastge-ber zu sein. Sicher macht es einenUnterschied, für welche freiwillige Auf-gabe man bereit ist sich persönlicheinzubringen. Sich einige Wochen inden Dienst einer großen Sportveran-staltung zu stellen, ist für kurze Zeitetwas Besonderes. Ehrenamtliches Engagement, wie manes zum Beispiel im Katastrophen-schutz oder in sozialen Bereichen fin-det, erstreckt sich aber oft über Jahre

Arbeiter-Samariter-Bund

und Jahrzehnte und wird häufig zumLebensinhalt. Dabei darf insbesonde-re dieses freiwillige, ehrenamtlicheEngagement nicht — wie es leider oftder Fall ist — als Selbstverständlich-keit betrachtet werden. Ehrenamtliche Tätigkeit und Berufunter einen Hut zu bringen, ist oftnicht einfach. Deshalb müssen vorallem Arbeitgeber das ehrenamtlicheEngagement ihrer Beschäftigten wür-digend akzeptieren. Gerade die Tätig-keit im Katastrophenschutz kommtnämlich auch der Wirtschaft zugute,denn die hervorragende Ausbildungund das Können der ehrenamtlichim Bevölkerungsschutz tätigen Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter wirkensich auch in ihrer beruflichen Umge-bung aus.Ehrenamtliche Tätigkeit und die da-mit verbundenen Probleme bildeneinen Schwerpunkt dieser Ausgabe.Bundesinnenminister Dr. WolfgangSchäuble nimmt in einem Interview(S. 3) Stellung zu diesem für unserGemeinwohl so wichtigen Thema. Wir wünschen Ihnen eine vielseitigeund interessante Lektüre.

Ihr Redaktionsteam

Die Jugendverbände der Feuerwehren, des THW und der

großen Hilfsorganisationen habeneine gemeinsame Initiative zur

öffentlichen Darstellung ihrer Arbeitgestartet (im Bild ein Werbebanner

der Aktion; Bericht S. 6).

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1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1

NACHRICHTEN KRITISCHE INFRASTRUKTUREN

FORUM

RUBRIKEN

SERIE

FORSCHUNG

EHRENAMT

NOTFALLVORSORGE

Kulturgutschutz in Deutschland 57

Jahresregister 2005 54

Termine 56

Impressum 56

Arbeiter-Samariter-Bund 35

Bundesanstalt Technisches Hilfswerk 37

Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft 39

Deutscher Feuerwehrverband 41

Deutsches Rotes Kreuz 43

Johanniter-Unfall-Hilfe 45

Malteser Hilfsdienst 47

Verband der Arbeitsgemeinschaften der Helfer in den Regieeinheiten/-einrichtungen des Katastrophenschutzes in der Bundesrepublik Deutschland e.V. 49

Checkliste für den BasisschutzUnterstützung für Katastrophenschutz- und Hilfsorganisationen sowie Einrichtungen der Wohlfahrtspflege 30

Früherer DGzRS-Vorsitzer Hermann C. Helms verstorben 2

Rundblick 50

Bevölkerungsschutz in Deutschland heißt Ehrenamt

Interview mit dem Bundesminister des Innern,Dr. Wolfgang Schäuble 3

Schneewittchen und die sieben ZwergeGemeinsame Initiative zur öffentlichen Darstellung der Arbeit der Jugendverbände 6

Veränderungen der PersönlichkeitPersönlichkeitsveränderungen bei „Helfern“ nach langjährigen Katastrophen-Einsätzen 9

Wildwuchs des guten WillensFragwürdig: Die Reservistenkameradschaft als „Katastrophenschutz-Einheit“ 15

DekontaminationstechnologienNotwendigkeit eines Gesamtkonzeptes für den militärischen und zivilen ABC-Schutz 18

PersonendekontaminationWeiterentwicklungen in der Dekontamination von Einsatzkräften im Rahmen des Bevölkerungsschutzes 23

Was ist mit demVerwaltungsstab? 25

INHALT

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2 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2006

Früherer DGzRS-Vorsitzer Hermann C. Helms verstorben

Hermann C. Helms (77), früherer Vorsitzer derDGzRS (Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiff-brüchiger), ist am 25. Dezember 2005 nach schwererKrankheit verstorben. Helms übte diese ehrenamtli-che Tätigkeit im Vorstand des Seenotrettungswerksvon 2000 bis Ende 2003 aus.

Durch seinen Vater war Hermann C. Helmsschon seit Jahrzehnten der DGzRS verbunden. Bereitsim Mai 1971 war Helms in den Vorstand des dama-ligen Bezirksvereins Bremen und 1987 in den ehren-

NACHRICHTEN

amtlichen Vorstand der DGzRS als stellvertretenderVorsitzer gewählt worden.

In Bremen, im Jahr 2000, erfolgte auf der tur-nusmäßigen Tagung des Beschlussfassenden Gremi-ums seine Wahl als Nachfolger von Carl Max Vaterzum Vorsitzer der DGzRS.

In seiner Vorstandszeit wurden von HermannC. Helms wichtige und zukunftweisende Entschei-dungen für die DGzRS mit entschieden, wie zum Bei-spiel die Integration des Seenotrettungsdienstes anden Küsten Mecklenburg-Vorpommerns in die DGzRSim Zuge der Wiedervereinigung, der Neubau derZentrale in Bremen, die Übernahme der Seefunk-Not-rufkanäle und die Gründung von „Bremen RescueRadio“ sowie, als letzte große Entscheidung, der Baudes größten Seenotkreuzers der DGzRS, der HER-MANN MARWEDE.

Sein vorbildliches Wirken, sein umfangreichesFachwissen und seine langjährige Erfahrung prägtendie Arbeit von Herrn Helms für das Seenotrettungs-werk. Im In- und Ausland war er als kompetenterGesprächspartner geschätzt.

Hermann C. Helms hat sich um die Deut-sche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger außer-ordentlich verdient gemacht. Sie wird ihm ein ehren-des Andenken bewahren.

In eigener Sache

Seit mehr als 40 Jahren hat der Bevölkerungs-schutz in Deutschland mit der Deutschherrenstraßein Bonn- Bad Godesberg eine feste Adresse. Indieser langen Zeit haben sich die Erfordernisseeiner modernen Behörde, insbesondere an dietechnische Ausstattung, grundlegend verändert.Im April wird das BBK daher eine neue Liegen-schaft beziehen. Ab 1. Mai 2006 lautet die Anschrift:

Bundesamt für Bevölkerungsschutz und KatastrophenhilfeProvinzialstraße 9353127 BonnPostf. 20 03 5153133 Bonn

Die bisherige telefonische Erreichbarkeit über IVBB01888-550-xxx sowie 03018-550-xxx wird zumindest bis nach der Fußball-Weltmeister-schaft beibehalten.

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1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3

EHRENAMT

Herr Minister, im Koalitionsvertrag haben dieRegierungsparteien die Förderung des Ehrenam-tes als Regierungsziel vereinbart. Welche Bedeu-tung hat das Ehrenamt für den Bevölkerungs-schutz?

Bevölkerungsschutz in Deutschland ist ohneEhrenamt undenkbar, denn etwa 1,7 Millionen Ein-satzkräfte des Bereichs sind ehrenamtlich, das heißtunentgeltlich, tätig. Der ehrenamtlich basierte Bevöl-kerungsschutz, wie er in Deutschland besteht, istweltweit einmalig. Wir werden darum auch von vie-len Ländern beneidet.

Der ehrenamtlich getragene Zivil- und Kata-strophenschutz ist der wichtigste und stabilste Trag-pfeiler in der Architektur des Bevölkerungsschutzes,er bildet das Rückgrat unserer nationalen Katastro-phenvorsorge. Die privaten Hilfsorganisationen undihre freiwillig tätigen Helferinnen und Helfer bewei-sen ihre Leistungsfähigkeit bundesweit im täglichenEinsatz. Sie sind damit eine der wichtigsten aktivenRessourcen der inneren Sicherheit.

Funktioniert dieses System auch in der interna-tionalen Zusammenarbeit?

In den letzten Jahren haben Zahl und Schwe-re der weltweiten Naturkatastrophen und Unglückeweiter zugenommen. Häufig waren Helferinnen undHelfer des Technischen Hilfswerks vor Ort und ha-ben immer wieder gezeigt, wie erfolgreich ehrenamt-lich getragene Einheiten auch außerhalb unsererGrenzen wirksame Hilfe leisten können. Damit hatdas THW dazu beigetragen, dass Deutschland heute

Bevölkerungsschutz inDeutschland heißt EhrenamtInterview mit dem Bundesminister des Innern, Dr. Wolfgang Schäuble, zum Ehrenamt im Bevölkerungsschutz

als verlässlicher Partner für in Not geratene Men-schen gilt und hierfür sehr viel Dank und interna-tionale Anerkennung erfährt.

Gibt es Beispiele aus der jüngeren Vergangen-heit, an die Sie besonders denken?

Es gibt viele Bilder, die sich mir eingeprägthaben. Wie die Helferinnen und Helfer des THWund der privaten Hilfsorganisationen gemeinsam mitKräften vieler anderer Nationen nach dem verhee-

renden Tsunami in Südostasien unverzichtbare Hilfegeleistet haben, war sehr bewegend. Auch nach denErdbeben im Iran 2003 oder im Kaschmirgebirge2005 waren Helfer des THW vor Ort, um zu bergen,zu versorgen und mit der Wiederaufbauarbeit zubeginnen. Große Anerkennung hat auch der Einsatzdes THW bei der Überschwemmung in NewOrleans gefunden.

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4 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2006

EHRENAMT

getragen werden müssen. Der ehrenamtlich getrage-ne Bevölkerungsschutz hängt ganz wesentlich auchvon einer guten Zusammenarbeit und der Mithilfedurch die Arbeitgeber ab. Auf der einen Seite garan-tieren die vielen unterschiedlichen beruflichen Er-fahrungen der Helferinnen und Helfer auch den ho-hen Leistungsstandard. Aber natürlich ereignen sichSchadensereignisse und Katastrophen auch währendder Arbeitszeiten. Hierfür haben die Arbeitgeberganz überwiegend viel Verständnis. Das ist unver-zichtbar.

Die Unternehmer müssen den Mehrwert desEhrenamtes nicht nur für die Gesellschaft, sondernauch für den eigenen Betrieb erkennen und deshalbihre Ehrenamtlichen unterstützen wollen. Das istmanchen Betrieben in wirtschaftlich schwieriger Zeitsicher nicht immer leicht zu vermitteln.

Das Gespräch mit den Arbeitgebern, bei-spielsweise auf Ebene der Spitzenverbände, ist des-halb eine Schlüsselfunktion für den Erhalt und dieStärkung des Instruments Ehrenamt im Bevölke-rungsschutz.

Was kann denn ein Helfer im Bevölkerungs-schutz einem Betrieb als seine besondere Leis-tung anbieten?

Die Helferinnen und Helfer im Bevölkerungs-schutz wissen, was es heißt, sich in einem hohenMaße persönlich zu engagieren und Verantwortungzu übernehmen. Sie haben Erfahrung darin, in

Welche Beiträge leistet das Bundesministeriumdes Innern noch zur Förderung des Ehrenamtes?

Freiwilliges soziales Engagement entsteht inder Zivilgesellschaft und kann durch den Staat nichtper Gesetz verordnet werden. Bürgerschaftliches, frei-williges Engagement ist für den Zusammenhalt unddas Funktionieren unserer Gesellschaft unverzichtbar.

Deshalb sehe ich auch Bund, Länder und Gemeindenund alle anderen Verantwortlichen in der Pflicht,förderliche Rahmenbedingungen zu schaffen.

Eine beim Bundesinnenministerium eingesetz-te Arbeitsgruppe hat Vertreter der Bundesländer, derFeuerwehren und der Hilfsorganisationen zum ThemaEhrenamt im Bevölkerungsschutz an einen Tisch ge-bracht. Durch die Arbeitsgruppe werden insbesonde-re Projekte begleitet oder gefördert, die nach meinerEinschätzung einen wirklichen Mehrwert für die För-derung des Ehrenamtes im Bevölkerungsschutz ver-sprechen; etwa Schritte zu einer Vereinheitlichungdes Helferrechts oder zur Einführung einer gemein-samen Helfercard für alle ehrenamtlichen Helferin-nen und Helfer im Zivil- und Katastrophenschutz.

Wie sehen die Arbeitgeber der Helfer das ehren-amtliche Engagement?

Bevölkerungsschutz ist eine der gesellschaftli-chen Aufgaben, die von Bürgern, Unternehmen unddem Staat im besten Sinne des Wortes gemeinsam

schwierigen Situationen angemessen zu reagieren undfür sich und andere schnell und sicher zu entschei-den. Das sind Fähigkeiten, von denen jeder Arbeitge-ber profitiert. Zusätzlich bieten die Träger des Bevöl-

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1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 5

kerungsschutzes Schulungen und Fortbildungen zumBeispiel in Personalführung oder Managementfragenan. Dieses Wissen nutzen die Helferinnen und Hel-fer natürlich auch in ihrem beruflichen Umfeld.

Herr Minister, lassen Sie uns einen Ausblickwagen. Wie sehen Sie die Zukunft im Ehrenamt?

Das Ehrenamt bleibt auch in der Zukunft dieGrundlage des Bevölkerungsschutzes. Das Bundes-ministerium des Innern wird die Erhaltung und Wei-terentwicklung umfassend fördern.

Die Bedeutung der Förderung des Ehrenam-tes für die Zukunft spiegelt sich dabei für meinenBereich in zwei Maßnahmen besonders wieder: DasBundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastro-phenhilfe hat erst kürzlich einen Fachbereich„Ehrenamt“ eingerichtet, der sich der Förderung desEhrenamtes im Bevölkerungsschutz Deutschlandswidmet. BBK und THW werden sehr bewusst undzielgerichtet mit den Feuerwehren und den privatenHilfsorganisationen wie Arbeiter-Samariter-Bund,

Mit der Bundesanstalt Technisches Hilfswerkhaben wir eine eigene ehrenamtlich getragene Behör-de, in der rund 80.000 Bürgerinnen und Bürger mit-arbeiten. Mit über 15.000 Jugendlichen in der

THW-Jugend trägt das THW aktiv zur Nachwuchs-förderung im Bevölkerungsschutz bei.

Ich wünsche mir eine Gesellschaft, die bereitist, dieses bürgerschaftliche Engagement zu tragenund ihm die gebührende Anerkennung zukommenzu lassen. Für mein Ministerium, meinen Geschäfts-bereich und für mich selbst sage ich: Wir wollen dieRahmenbedingungen für das Ehrenamt weiter ver-bessern. Nicht nur mit Worten, indem wir Dankesagen, sondern aktiv, überzeugend und nachhaltigauch in Taten.

Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft, DeutschesRotes Kreuz Johanniter Unfallhilfe und MalteserHilfsdienst zusammenarbeiten, um hier gemeinsamErfolg zu haben.

(Fotos: BMI)

Ehrenamt – Menschen die helfen. (© BBK)

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6 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2006

Schneewittchen und die sieben Zwerge kennt wohljeder. Die gemeinsame Kampagne der sieben Jugend-verbände der Hilfsorganisationen sicher bald. Diese

Grundannahme teilen zumindest die Ver-antwortlichen in der Arbeiter-Samari-ter-Jugend, Deutschen Jugendfeuerwehr,

DLRG-Jugend, dem Deutschen Jugend-rotkreuz, Johanniter-Jugend, Malteser Jugend und derTHW-Jugend. Seit fast drei Jahren sind die Jugend-verbände auf Annäherungskurs und arbeiten zusam-men an der Umsetzung einer solchen Kampagne.

Dieser Vorsatz war nicht immer leicht einzu-halten, gerade wenn sieben manchmal „sperrige“Organisationen aus einem vergleichbaren „Milieu“aufeinandertreffen und kooperieren.

Warum eigentlich eine gemeinsame Initiativezur öffentlichen Darstellung der Arbeit dieser Jugend-verbände? Zum einen ist da die anhaltende Debatte

um die Zukunft der Wehrpflicht und dem indiesem Zusammenhang diskutierten Aus-bau der Freiwilligendienste; zum anderenkündigt die demographische Entwicklungin der Bundesrepublik eine sich verstärken-de Konkurrenzsituation von Organisatio-

nen um den prozentual geringer werdenden Nach-wuchs an. Kinder und Jugendliche sind ein-fach kein „nachwachsender Rohstoff“, denes nur zu „ernten“ gilt. Zudem istdurch die Naturkatastrophen derletzten Jahre bei uns neben denhelfenden Organisationen auch der Themenkomplexbürgerschaftliches Engagement stark in den Blick-

winkel von Öffentlichkeit und der Politik gerückt.Den Kindern und Jugendlichen in diesem Zusam-menhang ein Experimentier- und Lernfeld zu bieten,darum bemühen sich die Jugendverbände seit Jahr-zehnten.

Schneewittchen und die sieben ZwergeGemeinsame Initiative zur öffentlichen Darstellung der Arbeit der Jugendverbände

von Klaus Groß-Weege, DLRG-Jugend

EHRENAMT

Abb. 1

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„Ich schau mal weg“ ist out

In Zeiten abnehmenden ehrenamtlichen Enga-gements, zunehmender Alterung der Gesellschaftund einer „ich schau mal weg“- Mentalität ist es

1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 7

Offensive Angebote zur Nachwuchsgewinnung

Ziel der Zusammenarbeit der Jugendverbändeist neben dem offensiven Angebot an Kinder und Ju-gendliche als Partner für die Gestaltung und Erschlie-ßung ihres Umfeldes auch ein Eigennutzen derJugendverbände: Die Nachwuchsgewinnung und dieSensibilisierung von Kindern und Jugendlichen für

humanitäre Werte und damit dieFörderung ihres bürgerschaftli-chen Engagements. Zielgruppender Kampagne sind also neben

den Kindern und Jugendlichen auchdie Eltern, die Schule und andere Interessierte. Überein Imagefaltblatt, free cards, Anzeigenschaltungen,Berichterstattungen in Jugendmedien, Präsentatio-nen bei Jugendmessen und an zentraler Stelle das

Internet wird eine öffentlichkeitswirksame Strategiezur nachhaltigen Sicherstellung des Nachwuchsesbei den Jugendverbänden umgesetzt (Abb. 1-4).

also wichtig, gemeinsame Wege zu finden, bürger-schaftliches Engagement zu initialisieren.

Diese gemeinsame öffentliche Kampagnebasiert auf der erfolgreichen Verhandlung einesKooperationsvertrages der sieben Jugendverbände.Sie wurde auch außerhalb der sieben Jugendverbän-de bald positiv wahrgenommen, aber leider nur mitübersichtlichen Zuwendungen gefördert. Doch das

Zusammentragen einer Anschubfinan-zierung aus Eigenmitteln der Jugend-verbände, der Einbeziehung von Stif-

tungen und der Zusammenarbeit mitWirtschaftspartnern konnten diesen her-

ben Rückschlag abfedern. Die erreichten Ergebnis-se wurden nicht mehr gefährdet, die Jugendverbände

Abb. 2

Abb. 3

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8 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2006

EHRENAMT

rückten durch diese Entwicklung noch enger zusam-men.

Kampagne läuft auf Hochtouren

Die sieben Zwerge konnten Schneewittchengroß herausbringen. Im Oktober 2005 startete das

Gemeinschaftsprojekt als www.was-geht-ab.com -eine Kampagne für bürgerschaftliches Engagement

richtig durch, die gemeinsa-me Botschaft der sieben

Jugendverbände wurde in dieÖffentlichkeit getragen.

Gemeinsam zeigen die Jugendverbände nunJugendlichen auf, welche vielfältigen Möglichkeiten

der Mitgestaltung unddes Engagements vorhan-den sind. Jeder Jugendli-che wird eingeladen imPool von Mitbestim-mung, Übernahme vonVerantwortung (für sichund andere) und aktiverFreizeitgestaltung mit zuschwimmen.Insbesonde-re über denzentralenAnlaufpunkt imInternet unter http://www.was-geht-ab.comwird den Jugendlichenein breites Informations-angebot rund um diebeteiligten Jugendver-bände angeboten.

Abb. 4

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1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 9

Es wird von „Veränderungen“ nicht von „Störungen“gesprochen. Ist es schon schwierig „Persönlichkeit“eindeutig zu definieren, so ist es erst recht schwierig,eine Veränderung der Persönlichkeit festzustellen,wenn nicht vorher eine Basiserhebung stattfand.Grundsätzlich verändern wir uns immer; jedes Ereig-nis verändert unsere Identität. Helfer1, die oft oderlängerfristig bei existenziellen Einsätzen aktiv waren,müssen Techniken entwickeln, um nicht immer wie-der an Erlebtem neu zu leiden.

Nach dem Diagnostischen und StatistischenManual Psychischer Störung (DSM)werden für Per-sönlichkeitsstörungen folgende Kriterien genannt:

1. Ein anhaltendes Muster der inneren Erfahrungund des Verhaltens, das deutlich von den Erwar-tungen der Kultur des Betroffenen in mindestenszwei der folgenden Bereiche abweicht: Kognition;Affekt; zwischenmenschliche Interaktion; Impuls-kontrolle.

2. Das Muster ist unflexibel und umfasst eine großeAnzahl persönlicher und sozialer Situationen.

3. Das Muster ist stabil und überdauernd undbeginnt bereits in der Adoleszenz oder im frühenErwachsenenalter.

4. Deutlicher Leidensdruck oder Beeinträchtigung.

Und man mag — auf die Helfer-Klientelfixiert — noch einen Schritt weitergehen und fragen:Wer wird denn Helfer? Sind es die besonders Sensi-blen, sind es Technik-Freaks, sind es „Abenteurer“oder „Gutmenschen“? Sind es Personen, die selbstSchwieriges erlebt haben? Die große Zahl der „Frei-

willigen“ kommt aus anderen Berufen, oft aus rechtlangweiligen Tätigkeiten…

An drei — nicht nur fiktiven — Beispielen (siesind „amalgamiert“) will ich „Veränderungen“ ver-deutlichen:

Beispiel 1:Ein höherer Polizeiführer wird nach den gro-

ßen Unruhen auf den Balkan entsandt, um dorteine demokratische Polizei zu etablieren. Er erlebtSchreckliches; muß mit den höchsten „Regierungs-beamten“, die alle ehemalige Soldaten/“Komman-deure“ waren, verhandeln und ist mehrfach selbst inLebensgefahr. Vor seinen Augen werden Kinder vonMinen zerfetzt (er filmt das!) und Personen erschos-sen. Nach einem halben Jahr wird er u.a. wegen„Ungereimtheiten“ in seinem Lebenswandel (Alko-hol) zurückgerufen. Er versieht seinen Dienst an sei-ner alten Dienststelle – aber er ist nicht mehr „derAlte“. Er zieht sich zurück, ist noch zynischer alsvorher und liegt permanent mit seinem Dienstherrnin Konflikt. Er erlebt das, was er tun soll, als völligeUnterforderung.

Beispiel 2:Der Mitarbeiter eines Bauhofes wird als THW-

Helfer in ein Erdbebengebiet entsandt, um dortbeim Aufräumen zu helfen. Er wird als belastbar, en-

Veränderungen der PersönlichkeitPersönlichkeitsveränderungen bei „Helfern“ nach langjährigen Katastrophen-Einsätzen

Von Prof. Dr. K. E. Buchmann

1 Der besseren Lesbarkeit wegen verwende ich nur die männlicheForm; die Aussagen gelten selbstverständlich auch für Frauen.

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EHRENAMT

führt und als Geisel genommen. Obwohl sie keineTodesangst hatte, wird ihr nach ihrer Befreiungnahe gelegt, nach Deutschland zuzückzukehren. Sietut es widerwillig. Aber jetzt scheint sie eine völligandere Person zu sein: Sie drängt sich förmlich insRampenlicht der Medien, zeigt ein Übermaß anEmotionalität und ist wie besessen von der Idee fürsich und ihre Aufgabe höchste Aufmerksamkeit zuerhalten. Ihr vehementes Auftreten in der Öffent-lichkeit, wobei sie oft unecht, „aufgedonnert“ unddiffus wirkt, veranlasst die Hilfsorganisation, sie zuentlassen.

Veränderungen… Störungen…? Die betroffenePerson merkt es oft gar nicht — und würde es ableh-nen, sich selbst als gestört zu bezeichnen. Im erstenFall könnte man sagen, dass sich nach dem Einsatzbei dem Polizeiführer die Sichtweisen verschobenhaben. Die Schwere des Erlebten lässt nun die Tages-routine zu „peanuts“ werden — und dafür ist mansich zu schade…

Im zweiten Fall mischen sich Größenphant-asien mit Vorstellungen des Verfolgtseins. Die Kon-frontation mit der eigenen Hilflosigkeit am Kata-strophenort aktiviert die Phantasie, dass alles vielbesser sein könnte, wenn man auf ihn hören wür-de. Paranoid-narzistisch bzw. –zwanghaft versuchtder junge Mann perfekte Häuser zu konstruierenund ist tief getroffen, weil sich die Kollegen überihn lustig machen. Seine „neue Grundüberzeugung“ist: „Alle warten nur darauf, dass ich Fehler mache— aber sie bekämpfen mich nur, weil ich besser binals sie!“

Aus der „grauen Maus“ vor dem Einsatz (Bei-spiel 3) ist eine in die Öffentlichkeit drängende Fraugeworden, die sich auf der ersten Blick gut verkau-fen kann. Sie hat ein hohes Bedürfnis nach öffentli-cher Zuneigung und Anerkennung entwickelt. Gehtdas auf ein bis dahin bestehendes tief greifendesGefühl des Mangels, der fehlenden Authentizität,der inneren Leere zurück? Soll nun das unersättlicheBedürfnis nach Aufmerksamkeit und Beachtungalles wettmachen?

Man muß davon ausgehen, dass die Verände-rungen in der Person sich als etablierte bzw. verfesti-gende Verhaltensmuster selbst aufrechterhalten, alsoeinem „Überlernen“ (einer Therapie) meist unzu-gänglich sind!

Befindlichkeit und Verarbeitung von Belastungen.

dass Häuser einstürzen. Er gibt sein Geld für Bau-Fachliteratur aus, „verhandelt“ mit Architekten-Ver-bänden und schreibt lange Briefe an die politischenRepräsentanten seines damaligen Einsatzgebietes.Von seinen Kollegen erlebt er sich nicht für „voll ge-nommen“, sie machen sich über ihn lustig…Er rea-giert zunehmend aggressiv.

Beispiel 3:Eine bis dato unauffällige Sozialarbeiterin hat

einen längeren Auslandseinsatz in Afrika bei einerkaritativen Organisation. Sie leistet schwerste Arbeitund ihre Gruppe ist ständig von Rebellen bedroht.Eines Tages wird sie mit einer Gruppe Kinder ent-

gagiert, kundig und sehr kameradschaftlich beschrie-ben. Nach dem ersten erfolgt in sehr rascher Folgeein zweiter internationaler Einsatz. Auch hier ist seinTrupp an vorderster Front bei der Rettung bzw. Ber-gung von Menschen beteiligt. Als er auf seine Dienst-stelle zurückkommt, stellen die Kollegen massiveVeränderungen fest. Er wirkt versponnen, ersinnt Erd-bebenfrühwarnsysteme und brütet auch zuhauseüber diesen „neuen Ideen“, die verhindern können,

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1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 11

Was kann aus diesen Andeutungen für Einsatzkräfte gefolgert werden?

Um es vorweg zu nehmen: Helfen kann diePersönlichkeit verändern und auch süchtig machen.Das „Ich war Dabei“, „Ich habe es gesehen“ wird inHelferkreisen2 wie ein nicht bekommener Ordengetragen und immer wieder zur Schau gestellt. DieAnzahl der schwierigen Einsätze wird wie ein Quali-tätsmerkmal der Persönlichkeit mit sich herumgetra-gen und –gezeigt. Das ist menschlich und nachvoll-ziehbar.

Wenn auch Opfer und Helfer nicht gleichzu-setzen sind, sind sie doch bei einer Katastropheoder einem großen Schadensereignis ähnlichen, psy-chologischen Wirkmechanismen ausgesetzt: derEreignisbruch verändert ihre Sicht von der Welt,vom Erleben des Menschen und verändert — dieswohl eher schleichend — ihr Bild von sich selber.

Konzentrieren wir uns auf die Helfer. Sie sindeiniges gewohnt, haben bei den unterschiedlichstenEinsätzen viel erlebt, bewegt und auch erlitten. DasAußergewöhnliche des Erlebens greift in die Psycheder Menschen ein: Erschrecken, „Heldenmut“ undAngst, aber auch Macht oder Ohnmacht, Verzweif-lung und Trauer verändern kurz-, mittel- und lang-fristig das Erleben und Befinden der Helfer.

Es gibt drei Grundtendenzen der „Veränderung“der Persönlichkeit:

• Menschen können an „Schicksalsschlägen“ reifenund sich zu stabilen Persönlichkeiten entwickeln;

• Menschen können zunehmend in eine „Opfer-Rolle“ geraten, unsicherer und immer wenigerbelastbar werden. Das kann bis zu deutlichen Sui-zidtendenzen führen.

• Menschen können sich in der „Helden-Rolle“erleben und nach jedem Einsatz das Empfindenvon Macht und Unverletzlichkeit ausbilden. Eineunrealistische Sicht der Welt und ihrer Person isthier oft die Folge.

Sicherlich sind hier auch — in verschiedenenPhasen des Erlebens — Mischformen denkbar undwahrscheinlich (himmelhoch-jauchzend /zu Todebetrübt). Bei all dem muß man bedenken, auf wel-che „Grundpersönlichkeit“ das Erleben einer Kata-strophe „fällt“ und in welchen Zustand die betroffe-ne Person sich zum Zeitpunkt des Ereignisses befand.(Die prä-traumatische Befindlichkeit ist mitentschei-

dend für das Erleben und Verarbeiten des „schlim-men Ereignisses“).

Wenn wir wollen, dass das Rettungswesen imweiteren Sinn auch als (Lehr-)Beruf verstanden wer-den soll, müssen wir solche Abläufe kennen undunsere Lehren daraus ziehen. Helfer benötigen inihrem schwierigen Alltagsgeschäft alle nur möglicheUnterstützung, um nicht längerfristig einen Persön-lichkeitsschaden davon zu tragen. Und für Einsatz-leiter ist bedeutsam zu wissen, wen man als Helferin welche Situation stellen kann und darf!

Reifen

Menschen sind unglaublich belastbar und lern-fähig. Alles, was uns geschieht, hinterlässt einen Ein-druck, eine Spur; mit allem, was uns widerfährt, be-schäftigen wir uns bewusst oder unbewusst. Wie oftkönnen wir bei „Rettern“ eine Tugend beobachten,die wir in der Führung von Betrieben und in der Po-litik immer seltener finden: Selbstlosigkeit. Men-schen, die in ihrem Tun nicht primär an sich, son-dern an ihre Aufgabe denken, sind — im bestenSinn von Frankl — existenziell geschützt; sie erfahrenSINN und wenn sie handlungsfähig bleiben, sind sieausgesprochen belastbar. Ihr Tun erleben sie auch inder Nach-Betrachtung als „Aufgabe“, die immer nurzu bestimmten Teilen gelingen wird. Hier kommtalso auch die realistische Einschätzung der Situationhinzu und das relativ richtige Einschätzen der eige-nen Möglichkeiten oder Erwartungen.

Erfahrene Rettungsfachleute kennen auch ihremateriellen und seelischen Grenzen; das ist ein Ergeb-nis eines längeren Lernprozesses, der möglicherweisedurch Fachleute (Coachs) begleitet und reflektiertwurde. Wo Erlebtes, sei es schlimm oder erfreulich,qualitativ in die Biographie „eingebaut“ wird, bevordas nächste „Ereignis“ für eine neuerliche Erschütte-rung der Psyche sorgen kann, ist die Chance groß,dass „Reifung“ geschieht. Eine reife Persönlichkeitkann lebenspragmatisch das Ereignis und das eigeneErleben dabei annehmen und als zum Leben gehö-rig begreifen und vielleicht sogar verstehen.

2 Unter Helfern verstehe ich im weitesten Sinn: Ärzte, Rettungssa-nitäter, Feuerwehrleute, Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks, Poli-zeibeamte, Seelsorger, Psychotherapeuten, Sozialarbeiter…

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12 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2006

EHRENAMT

Kollegen (Mittendorff). Das jahrelange Miterlebenvon fürchterlichsten Schicksalen hat auch bei ihm zuimmer mehr Beschwerden und Stresssymptomen ge-führt. Er beschreibt sich als „indirekt traumatisiert“.Es ist für ihn ein verstandesmäßiges Phänomen, wasihn, trotz besseren Wissens, oft wütend (z.B. auf dieVerschleppungstaktiken der Versicherungen etc.)oder traurig und mutlos macht. Er sagt, dass er mitseinen Patienten „gut“ über das Vorgefallene spre-chen kann, aber nicht mehr die notwendige thera-peutische Distanz wahren kann, weil er zu starkemotional involviert sei.

Man kann als sekundär Traumatisierter langeZeit seine Arbeit gut machen; wird aber unmerklichimmer dünnhäutiger, empfindlicher und leichterreizbar. Es wird berichtet, dass z.B. die Kinder leisesein müssen; denn Papa hat wieder einen schwieri-gen Einsatz hinter sich; die Umgebung nimmt aner-kennend Rücksicht.

In jeder „Helfer-Organisation“ gibt es Bewäl-tigungs-Rituale — und alle wissen dabei um die oftproblematische Bedeutung des Alkohols oder vonTabletten. Sowohl der „schwarze Humor“ als auch„das-Nicht-Mehr-Froh-Sein-Können“ sind Anzeichenfür die nicht immer angemessene Bewältigung bzw.Verarbeitung von schwierigen Erlebnissen. Zuweilenschleichen sich Schuldgefühle ein und verursachensowohl Rückzugs- als auch Aggressions-Tendenzen.

Helfer werden deshalb leichter Opfer, weil siees sich selbst und weil es sich ihre Institution nichteingestehen wollen oder können! Sowohl die „Macho-Kultur“ in manchen Bereichen als auch die Interes-selosigkeit der Führung am wirklichen Empfindenihrer Mitarbeiter und die mangelnde Fehler- undAnerkennungskultur lassen den Sensiblen zu langeohne wirkliche Betreuung bzw. Anerkennung undKlärung allein!

„Opfer“ gefallen sich aber auch leicht in ihrerRolle; denn ein Opfer ist in unserem (Kultur-) Ver-ständnis christlicher Prägung „heilig“; es darf wederbeschimpft, belastet noch in seiner Haltung ange-zweifelt werden (vgl.Buchmann).

Aus der klinischen Fachliteratur (vgl.u.a.Maerker) und aus eigenen Erfahrungen und Beob-achtungen können im Wesentlichen folgende „Stör-bereiche“ nach Extrem-Erlebnissen genannt werden(wenn diese Aufzählung auch primär für Psycho-Trauma-Opfer gilt, spricht einiges dafür, dass sieauch für sekundär Traumatisierte gelten kann!):

Leistungsvermögen bei Belastungen (im Anschluss an M. Csikszeentmihalyi (FLOW));

(Grafiken: Buchmann)

selbst und für sein Leben zu übernehmen, und dabeiGutes für Andere zu tun. Er ist auch noch nachschlimmsten Erlebnissen in der Lage, dem Leben„Gutes“ abzugewinnen und Humor zu praktizieren.

Aber: Wir wissen aus der Forschung um dasSeelische Trauma, dass auch eine „stabile“ Persön-lichkeit nicht alles, zu jeder Zeit auf Dauer ertragenkann. Phasen der Erholung, der Be-Sinnung, desKraftschöpfens sind not-wendig, um sich nicht zuüberfordern.

Opfer-Rolle

Ein erfahrener Trauma-Therapeut berichtetüber sein eigenes Erleben und über das von einigen

Wir haben alle eine mehr oder weniger klareVorstellung von einer „reifen Persönlichkeit“; den-ken dabei vielleicht in erster Linie an „Unerschütter-lichkeit, Souveränität, Lebensklugheit oder gar Le-bensweisheit…“. Für mich ist ein Mensch „reif“, wenner bei aller Schwere des Erlebten und Durchlittenenzu sich selbst gefunden hat, die Geschenke des Lebens(Stille, Schönheit, Heiterkeit und Frieden…) anneh-men und kultivieren kann und den Mut findet, auchin schwierigen Situationen Verantwortung für sich

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1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 13

• allgemeine Angststörungen mit der Tendenz, dieSchwere der Ereignisse zu leugnen oder zu baga-tellisieren. Körperliche Reaktionen lassen sich beider Konfrontation mit Erinnerungen feststellen:Schwitzen, Herzrasen, Atemeinengungen. Außer-dem kommt es zu einer sympathikotonen Hyper-aktivität. -Dissoziationstendenzen werden (kli-nisch) als psychogen Amnesie, De-Realisations-und dissoziative Identitätsstörungen (früher: mul-tiple Persönlichkeit) beschrieben. Es kann zu par-tiellen „black-outs“ kommen; an Details und diezeitliche Abfolge kann man sich nicht mehrgenau erinnern.

• Psycho-reaktive Depressionen deuten sich vor allemals Reaktionen oder Folgen von als stark belas-tend erlebten Situationen in Form von Verstim-mungen, Mangel an Lebensfreude und emotiona-ler Taubheit. Die Breite der wünschenswertenEmotionalität schränkt sich im Verlauf der Zeitimmer mehr ein.

• Dauerhafte Persönlichkeitsstörungen (vor allembeschrieben von Herman) nach längeren belasten-den Extremereignissen können sich um folgendeSymptome ranken:

- Gestörte Affekt- und Impulsregulation (z.B. alsrasches Aufbrausen, plötzlicher Wut- oderWein-Anfall…); generelle dissoziative Tendenzen (manhandelt „perfekt“, erlebt sich aber dabei wie nebensich stehend… als sein eigner Zuschauer..), Soma-tisierungen als körperliche Erkrankungen, beein-trächtigtes Identitätsgefühl (wer bin ich eigentlich,was mache ich hier eigentlich…!?) und, was oftvöllig unterschätzt wird: interpersonelle Störun-gen: man kommt z.B nicht mehr mit dem Lebens-partner oder den engsten Freunden zurecht). ImVerständnis von Frankl (s.o.) kommt es bei Opfernsehr oft zu einem allgemeinen Sinnverlust.

Derartige Störungen treten bei Opfern schlei-chend auf. Lange werden sie „versteckt“ und geleug-net; und niemand ist ja auch froh darüber, wenn erbei sich oder einem Kollegen solche Tendenzen fest-stellt. Da auch die Behandlung nicht einfach ist(s.o.) und meist Störungen von Organmedizinernbehandelt werden, ohne dass sie den Zusammen-hang mit einer „Helfer-Problematik“ kennen odererkennen, dauert es oft sehr lange, bis ein ansonstenstets belastbarer Helfer in die richtige Betreuung fin-det.

Helden-Rolle

Retter werden — mediengerecht aufbereitet —als moderne Helden gefeiert. Das Volk will Helden.Der „Held“ wird im Allgemeinen von anderen„gemacht“ oder „eingesetzt“ — und die alltäglichen„Helden“ (wenn das in sich nicht ein Widerspruchist!) sehen sich oft überhaupt nicht in dieser Rolle.Als interessanter Gesprächspartner in Talk-Showskönnen sie leicht in ein Fahrwasser geraten, das ihnenpsychisch anfangs schmeichelt und längerfristig oftsehr schadet.

Wie eingangs angesprochen kann das „Expo-niert-Gewesen-Sein“ süchtig machen; einmal in derÖffentlichkeit gewesen zu sein, verführt dazu, sichals etwas bedeutsamer zu erleben als andere. (Undhaben wir nicht alle in unserer Konkurrenz-Gesell-schaft einen Hang dazu?).

Der „Held“ erfährt individuelle und kollekti-ve Zuwendung; er wählt seine Rolle auch selber. Erglaubt, bei Kollegen und Mitmenschen bedeutsam zusein, wenn er zuerst am Ort war, am meisten gese-hen oder erlebt hat.

Die Tendenz, sich als „guten Menschen“, alstüchtigen Sanitäter, Feuerwehrmann oder Seelsorger,als aufopfernden Psychotherapeuten oder Notarztzu erleben, hat etwas Bestechendes. Wenn alles gutging, ist man — wie in der Opferrolle — unangreifbar.

Der Held hat in unserer deutschen Geschich-te zwar nicht den besten Leumund; zu oft ist dasHeldentum missbraucht und anschließend mit Füßengetreten worden. Aber: eine allgemeine Orientierungs-losigkeit und Handlungsunsicherheit ist in den heu-tigen Großstadtgesellschaften überall festzustellen; nie-mand möchte sich exponieren, die Gefahr, gravieren-de Fehler zu machen ist scheinbar oder aus Kompe-tenzmangel auch wirklich zu groß. Da werden danndie professionellen Helfer (das ist ihr Job!) rasch zu„Lichtgestalten“ verklärt und genießen die öffentli-che Würdigung. Kann ihnen das jemand verdenken?

Wer meint, bei einem Einsatz unentbehrlichzu sein, wer seinen Urlaub unterbricht, nur um beimBrand und der Löschaktion in der Nachbargemein-de dabei zu sein, trägt schon gewisse pathologischeZüge in sich! Größenphantasien können mit tieferGekränktheit abwechseln. Ist das „krank“? Vielleichtempfiehlt es sich, hierzu einmal eines der gängigenSelbstbeurteilungsverfahren oder eine Checkliste ein-zusetzen? (Vgl. Literaturliste)

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14 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2006

EHRENAMT

gen“ vor, die nur bisher nicht in Erscheinung traten?Wenn auch ein Zusammenhang nicht auszuschlie-ßen ist, muß doch davon ausgegangen werden, dassdie „Nachsorge“ oder die Erlebnis-Verarbeitung einegroße Rolle für die zukünftige Befindlichkeit spie-len. Dabei sind das Verhalten und die Einstellungensowohl von Kollegen/ Freunden als auch von enge-ren Familienangehörigen von großer Bedeutung.

Wenn sich Wahrnehmung der täglichen Weltund spezieller Ereignisse, das Denken über „dasLeben“ und „die Welt“, das Empfinden/Fühlen sei-ner selbst und die zwischen-menschlichen Beziehun-gen gravierend verändert haben, können wir voneiner Veränderung der Persönlichkeit sprechen. Esobliegt dann der Betrachtung, ob solch eine Verän-derung als Reifung oder Wachstum angesehen wer-den kann. Vielleicht müssen wir uns auch damit ab-finden, dass derjenige am meisten „gestört“ ist, dersich nach schwierigsten Katastrophenerlebnissen als„nicht-gestört“ erlebt!

Wahre Helden (was immer das auch ist!?) sindstille Helden; sie wehren sich eher, diese Rolle anzu-nehmen. Das Dramatische, was wir heute so süchtigaufsaugen, macht noch nicht „den Helden“. Unddie gut bewältigte Einsatzlage ist doch eher das Selbst-verständliche als das Außergewöhnliche?

Was sind nun — zusammengefaßt — die wesent-lichen Veränderungen, die so tief in die Persönlich-keit eingreifen? Wenn wir vom normalen Erleben undVerhalten eines Menschen ausgehen (aber was istschon „normal“ — unter welchen Umständen?!) hatjeder Mensch sein persönliche Art und Weise, Le-ben und Lebensereignisse zu bewerten. Kommt eshier nach längeren Einsätzen zu massiven Verände-rungen seines Erlebens und Verhaltens können wirvon „Veränderungen“ sprechen. Es ist aber nichteindeutig nachzuweisen, ob diese Veränderungen wirk-lich allein auf die Einsätze zurückzuführen sind.Möglicherweise lagen vorher bereits latente „Störun-

Literatur:

• Berger: Psychische Erkrankungen – Klinik undTherapie; Urban & Fischer

• Buchmann, K.E.(Hrsg. mit Hermanutz, M.):Opfer oder Helden? Schriftenreihe Texte Nr.27 der Hochschule für Polizei Ba-Wü (sieheAutor)

• Buchmann, K.E.;Hrsg.(2003) : Resilienz, Psy-chohygiene, Salutogenese- Was hält Men-schen hoher Belastung gesund? SchriftenreiheTexte Nr.33 der Hochschule für Polizei

• Comer,Ronald J. (2001): Klinische Psycholo-gie; Spektrum Akad. Verlag GmbH Heidelberg- Berlin

• Frankl, Viktor E.(1979/ 1982): Der Menschvor der Frage nach dem Sinn, München

• Herman, J.L. (1992): Trauma and recovery,New York Basic Books, dt. Veröffentlichung:“Die Narben der Gewalt” (1994)

• Kurz, Wolfram (2005): Philosophie für helfen-de Berufe; Verlag Lebenskunst, TübingenLösel, F., Bender, D. (2003): Vulnerabilitätuznd protektive Faktoren in: Buchmann(Hrsg.).Resilienz…, (s.o.)

• Maerker,A.(1998):Posttraumatische Belastungs-störungen, Psychologie der Extrembelastungs-Folgen bei Opfern politischer Gewalt, PabstScience Publisher

• Mittendorff; Carlo (2003): Behandlung undBetreuung von traumatisierten Personen unddie Auswirkung auf die Helfer, in : Buchmann(Hrsg.): Resilienz …(s.o.) S.51 ff

• Staudinger, U.M. u.P.B.Baltes (1996): Weisheitals Gegenstand psychologischer Forschung,Psychologische Rundschau, 47, S. 57-77

• Thierbach, R.(2005): Trauma – Leben nacheiner extremen Erfahrung, Trias, Stuttgart

• Selbstbeurteilungsverfahren/Checklisten (Ber-ger, S.884) (deutsch):Personality Diagnostic Questionnaire (PDQ-R)Internationale Diagnostikchecklisten Persönlich-keitsstörungen ICD-10/DSM-IVAachener Merkmalsliste zur Erfassung von Per-sönlichkeitststörungen (AMPS)Borderline-Persönlichkeits-Inventar (BPI)

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1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 15

Seit einigen Jahren ist immer wieder in der Presse be-richtet worden, dass ReservistenkameradschaftenAusbildungs- und Übungsvorhaben im Katastrophen-schutz als so genannte „Katastrophenschutz-Einhei-ten“ durchführen bzw. dies gemeinsam mit örtlichenGliederungen von im Katastrophenschutz mitwir-kenden Organisationen tun.

Über den guten Willen, der hinter solchenInitiativen steckt, hinaus ist über den tatsächlichenEinsatzwert solcher Aktivitäten im konkreten Kata-strophenfall nichts bekannt. Es entsteht hier aberein Wildwuchs, dem längst Einhalt geboten werdenmüsste, denn grundsätzlich nicht auszuschließendeAuseinandersetzungen mit zuständigen Stellen könn-ten die wertvolle Motivation der betreffenden Reser-visten ebenso wie auch die von ehrenamtlichen Hel-ferinnen und Helfern schädigen oder zerstören. Daswäre eigentlich schade.

Legitimation des Katastrophenschutzes

Der Bürger ist es gewohnt, aus der Uniformie-rung oder anderer äußerlicher Kennzeichnung vonhoheitlichen oder entsprechend durch privatrechtli-che Organisationen wahrgenommenen Aufgaben aufdie Rechtmäßigkeit oder Fachkompetenz, auf dieAnweisungsbefugnis oder die sonstige Legitimationder handelnden Personen zu schließen. Verwechs-lungsfreie Kennzeichnung von Einsatzkräften schafftVertrauen. Der Staat hat im Rahmen einer föderalis-tisch aufgegliederten Gesetzgebung auch die Aufga-benstellungen des Katastrophenschutzes klar geord-

Wildwuchs des guten WillensFragwürdig: Die Reservistenkameradschaft als „Katastrophenschutz-Einheit“

VonWinfried Glass

net und den Trägern zugewiesen. Die Zivil- und Kata-strophenschutzbehörden aller Verwaltungsebenen(Bund / Länder / Kreise und kreisfreie Städte / Ge-meinden) sind hoheitliche Aufgabenträger, die Feu-erwehren und das Technische Hilfswerk sind öffent-liche Einrichtungen, die zur Mitwirkung im ZS/KatSverpflichtet sind. Die privatrechtlich verfassten Verei-nigungen (ASB, DRK, DLRG, JUH und MHD =die „Hilfsorganisationen“) wirken im Rahmen ihrerstaatlich anerkannten Verpflichtungen und festge-stellten Eignung mit. Feuerwehren, THW und dieHilfsorganisationen stellen im Rahmen ihrer sat-zungsgemäßen Aufgaben das vorwiegend ehrenamt-liche Einsatzpersonal, das in gegliederten Einheitenund Einrichtungen vorgehalten, ausgebildet und inÜbung gehalten und im Alarmierungsfall zum Ein-satz gebracht wird.

Der VdRBw (Verband der Reservisten derDeutschen Bundeswehr e.V.) hat eine solche Aufga-benstellung, staatliche Anerkennung der Eignungzur Mitwirkung im KatS und weitere Legitimationenhierzu nicht erhalten; sicherlich bisher auch nichtangestrebt. Es handelt sich somit um örtliche Einzel-initiativen von rechtlich unselbständigen Reservis-tenkameradschaften, die nicht im Sinne der Satzungdes VdRBw sein können.

Alle Soldaten der Reserve, weiblich wie männ-lich, sind stets willkommen, einer der genanntenOrganisationen nach Belieben beizutreten und anderen Dienstleistungen mitzuwirken. Dies dann aberin der Einsatzbekleidung und unter dem Zeichender jeweiligen Organisation mit allen rechtlichenKonsequenzen, was vom Arbeitsplatzschutz bis zur

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16 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2006

EHRENAMT

Guter Wille und Hilfsbereitschaft laufen hierin die falsche Richtung. Jedenfalls sind Aktivitätenvon Reservistenkameradschaften aus positiver Moti-vation nicht zu verwechseln mit dem Auftrag deraktiven Bundeswehr, unter besonderen Vorausset-zungen Not- und Katastrophenhilfe zu leisten.

Blickwinkel der Bundeswehr

Was spricht von Seiten der Bundeswehr gegendas Aufstellen von KatS-Einheiten durch Reservis-tenkameradschaften?

„Hilfeleistungen der Bundeswehr werden beiVorliegen der verfassungsrechtlichen Voraussetzun-gen subsidiär bei Naturkatastrophen und besondersschweren Unglücksfällen im Inland erbracht. Siewerden im In- und Ausland unter Abstützung aufvorhandene Kräfte, Mittel und Einrichtungen ge-

währt.“ (VPR Nr. 83) Dasheißt, dass unverändertgilt: Der Bund stellt gem.Art. 87 a GrundgesetzStreitkräfte auf zur Ver-teidigung, nicht aber fürden Katastrophenschutz.Für ihn darf und wirddie Bundeswehr keineeigenständigen Struktur-elemente — wie z.B. einKatastrophenschutzba-taillon — ausplanen, unddas auch nicht in der V-Struktur. Wenn die Bun-deswehr hilft, dann tutsie dies mit solchen Fä-higkeiten, über die diezivile Seite nicht, nichtin genügendem Umfangoder nicht rechtzeitigverfügt. Bekannteste Bei-spiele sind die ABC-

Abwehr, Lufttransporte, Sanitätsdienst, Arbeitsleis-tungen in größerem personellen Umfang usw.

Da Katastrophenhilfe kein originärer Bundes-wehrauftrag ist, gelten in diesem Bereich für die akti-ve Truppe wie auch für Reservisten sehr enge Gren-zen. Ausschließlich die Durchführung von — bezie-hungsweise die Teilnahme an — Plan- und Rahmen-

Unfallversicherung, von Fragen der eventuellenSchadenshaftung bis zur Erstattung von Auslagenoder Verdienstausfällen reicht. So etwas kann eineeinzelne Reservistenkameradschaft ohne rechtlicheund verbandliche Basis nicht gewährleisten.

Was machen die Soldaten in meinem Vorgarten?

In einem kleinen Szenario zum besseren Ver-ständnis der Problematik bildhaft erläutert:

Der Hauptfeldwebel d.R. Mustermann ist Lei-ter der Reservistenkameradschaft (RK) in X-Dorf.Die RK hat sich aufgrund von positiven Pressebe-richten über die erfolgreichen Hilfeeinsätze der Bun-deswehr entschlossen, auch im Katastrophenschutzmitzuwirken und benennt sich nunmehr als „Kata-strophenschutz-Einheit“. Bei einem Großschadenser-eignis ziehen sich die Kameraden ihre Flecktarn-

Kampfanzüge an und beginnen irgendwo in den Vor-gärten zu schaufeln oder Sandsäcke zu schichten.Die betroffenen Bürger sehen einen leibhaftigendeutschen Hauptfeldwebel und seine Mannen undziehen über dieses Einsatzpersonal und seine Legiti-mation die falschen Schlüsse. Man könnte diesesBeispiel vielfach erweitern oder variieren.

Einsätze der Bundeswehr im Katastrophenfall, wie hier beim Elbehochwasser 2002, können nur nachklaren gesetzlichen Vorgaben erfolgen. (Foto: DFV)

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1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 17

übungen ist zulässig. Dies schließt das praktischeÜben der Hilfeleistung vor Ort aus, soweit dies nichtals „Einsatz der Truppe auf wirtschaftlichem Gebiet“und damit grundsätzlich gegen Bezahlung erfolgt.

Das Streitkräftereserve-Neuordnungsgesetz

Mit dem 2005 in Kraft getretenen Streitkräfte-reserve-Neuordnungsgesetz (SKResNOG) wurde dersich aus der durch den Bundesminister der Verteidi-gung am 10. September 2003 erlassenen Konzeptionfür die Reservistinnen und Reservisten der Bundes-wehr (KResBw) ergebende Handlungsbedarf umge-setzt. Mit Änderungen im Wehrpflichtgesetz, imSoldatengesetz, im Wehrsoldgesetz und in Folgege-setzen fallen zeitlich und inhaltlich überholte Vor-schriften des Wehrpflichtgesetzes weg.

Von besonderer Bedeutung für den Einsatz /das Wehrüben von Reservisten ist folgende aus demSKResNOG resultierende Festlegungen im Wehr-pflichtgesetz:

Zu Verwendungen der Streitkräfte im Rahmender Amtshilfe oder zur Hilfeleistung bei einer Natur-katastrophe oder einem besonders schweren Un-glücksfall nach Artikel 35 des Grundgesetzes kannnach neuer Rechtslage ein gedienter Wehrpflichtigerherangezogen werden, soweit er sich dazu zuvorschriftlich bereit erklärt hat. Eine Anrechnung aufdie Dauer der Gesamtdauer der Pflichtwehrübungenerfolgt nicht (neu eingefügter § 6c). Diese Möglich-keit der Einberufung zur Amtshilfe oder Hilfeleis-tung war nach der bis zum Inkrafttreten des SKRes-NOG geltenden Rechtslage nicht vorgesehen.

Freiwillige Hilfeleistung ist möglich!

Zur Umsetzung der Festlegungen des SKRes-NOG sollten alle Reservisten, die sich freiwillig zurHilfeleistung bereit erklären, ihre Freiwilligkeitserklä-rung schon vor Eintritt eines Schadensereignissesabgegeben haben. Weitere Voraussetzungen für eineEinberufung von Reservisten zur Hilfeleistung imInneren sollten das Vorhandensein der persönlicheAusrüstung des Reservisten und die Einberufung ineine bereits bestehende Organisationsstruktur sein.D.h. dass diese Reservisten bereits vor dem eventuel-len Schadenseintritt eine „militärische Heimat“ haben.

Jeder Reservist, der sich durch Neigung undEignung zum Helfen im Katastrophenfall aufgerufenfühlt, sollte mit seiner zuständigen Personal bearbei-tenden Stelle, z.B. Kreiswehrersatzamt oder Personal-amt der Bundeswehr, darüber sprechen, vor allem,wenn er eine passende Qualifikation besitzt. Oder ertritt in Kontakt zur örtlichen Gliederung der imKatastrophenschutz mitwirkenden Organisation sei-nes Vertrauens um dort mitzuwirken. Über mögli-che (in der Regel ehrenamtliche) Verwendungen —auch projektbezogen oder zeitbegrenzt — ist man inden Organisationen gerne zum Gespräch bereit.

Aber Ordnung muss sein!

Schädlich für das gesamte Schutz- und Hilfe-leistungssystem sind Doppelzugehörigkeiten und –verplanungen von Helferinnen und Helfern bei Or-ganisationen und Einrichtungen, die voneinanderüber die Einzelpersonen nichts wissen. Im Einzelfallverlässt sich die Bundeswehr auf ihren eingeplantenReservisten, gleichermaßen die Organisation auf ihraktives Mitglied, die Reservistenkameradschaft aufihren Kameraden in der wildgewachsenen „Katastro-phenschutzeinheit“ und der Arbeitgeber auf dengerade in Notzeiten besonders dringend benötigtenSpezialisten. Alles in einer Person vereinigt. Hiermuss Ordnung geschaffen oder gehalten werden. Des-wegen achten Katastrophenschutzbehörden und –or-ganisationen sehr genau auf solche Fragen und rea-gieren gelegentlich allergisch auf erkannten Wild-wuchs und Aufgabenüberschneidungen. Und welchein Aufschrei des Protests ginge — zu Recht! — imUmkehrschluss durch das Land, wenn eine Hilfsor-ganisation auf die unsägliche Idee käme, bewaffnete„Sicherungsbereitschaften“ zum Objektschutz aufzu-stellen, auszubilden, üben zu lassen und ggf. einzu-setzen?

Oberstleutnant d.R. Winfried Glass ist Fachjour-nalist und Freier Sachverständiger für Bevölke-rungsschutz, Notfallvorsorge und Gefahrenabwehr;außerdem Mitglied der Ständigen Konferenz fürKatastrophenvorsorge und Katastrophenschutz(SKK)

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18 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2006

FORSCHUNG

spielen in der Personendekontamination und der Be-kleidungsdekontamination die Komplexität und Be-grenztheit der einzelnen Verfahren, sowie die Not-wendigkeit der Einbettung dieser Verfahren in einGesamtkonzept für den ABC-Schutz darzustellen.

Dekontamination

Die Dekontamination ist im militärischen undzivilen Katastrophenschutz neben der Bereitstellunggeeigneter Schutzausrüstung und der Detektion diedritte wichtige Säule. Im Katastrophenschutz ist dieDekontamination als ein Prozess definiert, mit demnach einer Kontamination von Oberflächen mit Ge-fahrstoffen (dies schließt ABC-Kampfmittel ein) dieseGefahrstoffe wieder von der Oberfläche entferntwerden. Diese Definition schließt nicht zwangsläufigdie Neutralisierung dieser Gefahrstoffe ein, auchwenn dies logischerweise das angestrebte Ergebnisist1. Weiterhin ist nicht für jeden giftigen Stoff eineDekontamination notwendig oder möglich; hochreaktive Substanzen reagieren meist sehr schnell mitder Umgebung, und flüchtige Substanzen und Gasewerden im offenem Gelände schnell verdünnt undverteilt. Dekontamination ist demnach nur dorterforderlich, wo giftige Stoffe sesshaft sind und eineerneute Benutzung von Gelände, Material und Aus-Dekontaminationsübung „Hohe Düne“

des ABC-Abwehrbataillons 805 im September 2005.

den Aufklärungs- und Informationspolitik kann die-sem Gefühl der Unsicherheit entgegengetreten wer-den. Dieser Artikel versucht an ausgewählten Bei-

Die Möglichkeit des militärischen oder terroristi-schen Einsatzes von atomaren, chemischen oder bio-logischen (ABC-) Waffen ist nach den Anschlägenmit Sarin in der U-Bahn von Tokio und den Anthrax-Briefen in Amerika nicht kleiner geworden. Jedochwerden diese Gefahrensituationen oftmals überzogendargestellt und erzeugen speziell in der Bevölkerungund unter Rettungskräften ein Gefühl der Unsicher-heit. Mit einer möglichst neutralen und umfassen-

Dekontaminations-technologienNotwendigkeit eines Gesamtkonzeptes für den militärischenund zivilen ABC-Schutz

Von Dr. Andre Richardt und Dr. Alexander Grabowski

1 Systemfähigkeitsforderung (SFF) der Bundeswehr „Dekontamina-tion in der Bundeswehr“, 2004

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1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 19

Personendekontamination

Die Personendekontamination kann nur Teileines Gesamtkonzeptes zur effizienten Versorgungvon Personen nach einer Kontamination mit ABC-Kampfmitteln sein. Ein entsprechendes Konzept mussinsbesondere die Verschleppung der Kontaminationund die zusätzliche Gefährdung der Einsatz- und Ret-tungskräfte verhindern. Darüber hinaus kann nurdurch eine effektive Kommunikation und Kooperati-on der verschiedenen Einsatzkräfte eine zielgerichtete,effektive und sichere Dekontamination von durchatomare, chemische oder biologische Kampfstoffekontaminierten Personen gewährleistet werden. Inregelmäßigen Übungen muss dabei auf der einen Seiteden Einsatzkräften die sichere Handhabbarkeit die-ser Stoffe unter den richtigen Schutzvorkehrungenverdeutlicht und damit die Angst vor diesen Substan-zen verringert werden. Auf der anderen Seite ist esjedoch auch notwendig, das erhebliche Gefährdungs-potenzial des Kampfmittels zu verdeutlichen. DieEinsatzkräfte müssen verinnerlichen, dass die Gefähr-dung nicht nur für die Verletzten besteht, sonderndarüber hinaus auch für die Einsatzkräfte vor Ort, so-wie für die in eventuellen Auffanglagern und Kran-kenhäusern arbeitenden Menschen. In weiteren Schu-lungen sind den Einsatzkräften Grundlagenkenntnis-se über die möglichen Kampfmittel, deren grundle-gende physiologische Eigenschaften, ihre Toxizitätoder Pathogenität zu vermitteln3, denn bei einer Kon-tamination mit Gefahrstoffen und speziell mit ABC-Kampfmitteln sind die entsprechenden Vorsorgemaß-nahmen überlebenswichtig. Unterbleibt diese Qualifi-zierung der Einsatzkräfte, kann es im Umfeld des ei-gentlichen Anschlages zu weiteren Schädigungen kom-men. Dies war eine der wesentlichen Lehren, die ausdem Sarin-Anschlag in Tokio gezogen wurden. Hierlegten die nicht fachkundigen Ersthelfer Verletzte ingutem Glauben auf den Abluftgittern der U-Bahn-tunnel ab, so dass sich zahlreiche Menschen zusätz-lich durch das dort austretende Gas verletzten.

Es ist wichtig festzuhalten, dass das Know-howder Diagnostik von pathogenen Erregern, der Detek-tion von chemischen Kampfstoffen und der spezifi-

rüstung unmöglich machen. Eine Dekontaminationist ebenso notwendig, wenn eine Gefährdung durcheine Kontaminationsverschleppung z. B. durch Ret-tungskräfte oder durch eine Re-Aerolisierung desGefahrstoffes besteht.

Bei Nichtvorhandensein geeigneter Dekontami-nationsmittel kann als Sofortmaßnahme, zur schnel-len Eindämmung von Kontaminationen und zur Re-duktion des Gefahrenpotentials auf Wasser und han-delsübliche Reinigungsmittel zurückgegriffen werden.Auch wenn die erforderlichen Dekontaminations-werte so bei weitem nicht erreicht werden, kann dieQualität einer solchen „Not“- Dekontamination dochso gut sein, dass z.B. das Ablegen der persönlichenSchutzbekleidung möglich ist. Damit wäre den Anfor-derungen der Feuerwehr Genüge getan, die einenderart belasteten Anzug ohnehin nicht wieder verwen-den würde. In einem militärisch geprägten Szenariowerden die oberflächlich gereinigten Materialien wei-teren Dekontaminationsmaßnahmen zugeführt, wobeizwischen der Sofort-, Behelfs- und GründlichenDekontamination unterschieden wird2.

Die Sofortdekontamination bezeichnet dieMaßnahmen, die unmittelbar nach einer Verstrah-lung, Verseuchung oder Vergiftung das Überlebenund die eingeschränkte Fortführung des Auftrages er-möglichen. Sie umfasst die unverzügliche Dekonta-mination von Teilen kontaminierter persönlicher Aus-rüstung und Bekleidung, sowie ggf. auch von betrof-fenen Stellen der Körperoberfläche im Rahmen derSelbst- und Kameradenhilfe. Nach Durchführung vonMaßnahmen der Sofortdekontamination kann derpersönliche ABC-Schutz nicht aufgehoben werden;hierzu ist immer eine gründliche Dekontaminationerforderlich.

Bei der Behelfsdekontamination werden grund-sätzlich so schnell wie möglich Teile von Fahrzeugen,Waffensystemen bzw. Großgerät so dekontaminiert,dass diese zeitlich begrenzt mit vermindertem Kon-taktrisiko sowie der Reduzierung von Strahlenbelas-tung unter ABC-Schutz weiter eingesetzt werdenkönnen.

Bei der gründlichen Dekontamination wird dieKontamination von Personen, Bekleidung und Aus-rüstung, Großgerät und Infrastruktur soweit entfernt,dass von eventuellen Resten keine Gefährdung fürden Benutzer ausgeht. Ziel dabei ist es, die vollstän-dige Aufhebung des persönlichen ABC-Schutzes zuermöglichen.

2 ebd.3 S.Franke, Militärchemie, Bd. 1, Berlin, 1967.

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20 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2006

FORSCHUNG

halb wurden zur Entfernung und Neutralisation vonchemischen Kampfstoffen auf der Haut verschiede-ne Dekontaminationsmittel entwickelt. Diese redu-zieren darüber hinaus das Risiko einer Kampfstoff-verschleppung und der Notwendigkeit zur Behand-lung von kontaminierten Abfall. Als Beispiele fürdie Hautdekontamination von chemischen Kampf-stoffen dienen zwei für das amerikanische und kana-dische Militär entwickelte Dekontaminationsmittel.

Reactive Skin Decontamination Lotion (RSDL)wurde für die kanadische Regierung entwickelt undist nach kanadischen Angaben ein nicht-toxisches,nicht-reizendes und nicht-korrosives Produkt für Haut,Augen, Ohren und Lunge. RSDL kann als Schutz zurVerhinderung einer Kontamination sowie als schnell-reagierendes Dekontaminationsmittel nach der Expo-sition mit chemischen Kampfstoffen verwendet werden.

Der M291 Skin Decontamination Kit (SDK)— entwickelt für das amerikanische Militär — kannzur Dekontamination der Haut durch physikalischeEntfernung, Absorption und Neutralisation des toxi-schen Stoffes ohne Spätfolgen verwendet werden.Dieses Dekontaminationsmittel ist nur für die äußer-liche Anwendung gedacht. Es kann auf Augen undin der Lunge zu Reizungen führen und basiert aufChlorkalk als aktiver Substanz.

RSDL und M291 SDK haben von der ameri-kanischen Food and Drug Administration die Zulas-sung als Hautdekontaminationsmittel erhalten. Ob-wohl beide Mittel als Hautdekontaminationsmittel beiweitem nicht optimal sind, ist vor allem das erstge-nannte RSDL besser verträglich als das mittlerweilenicht mehr zur Verfügung stehende Dekontaminati-onspuder der Deutschen Bundeswehr. Bei eingeat-meten chemischen Kampfstoffen wirken diese Dekon-taminationsmittel nicht. Eine ärztliche Versorgungist in jedem Fall umgehend sicherzustellen.

Bei biologischen Kampfstoffen oder bei aus-brechenden Seuchen ist es ebenfalls notwendig,möglichst schnell die Art des biologischen Erregerszu bestimmen und durch ärztliche Gegenmaßnah-men einen Ausbruch der Krankheit beim Patientenund eine Ausbreitung zu verhindern4. Dabei ist die

Dekontaminationsausstattung TEP 90 (Truppenentgiftungs-, Entseu-chungs-, Entwesungs-, Entstrahlungsplatz 90).

(Fotos: Autoren)

minationsmittel vorhanden, kann durch vorsichtigesWaschen mit viel Wasser, gemischt mit handelsübli-chen Mitteln zur Hautreinigung, die Kontaminationverringert werden. Für eine effektive Dekontaminati-on und Neutralisation des chemischen Kampfstoffesist dies in aller Regel aber nicht ausreichend. Des-

schen Behandlungsformen zur Dekontamination spe-ziell geschulten Einsatzkräften und dem medizini-schen Fachpersonal vorbehalten ist. Für die Dekon-tamination von kontaminierten Personen bestehtbesonders bei der Vergiftung mit chemischen Kampf-stoffen nur ein sehr kleines Zeitfenster zur Gewähr-leistung einer effektiven Dekontamination und zurVerringerung bzw. Vermeidung von Folgeschäden.Dieses Zeitfenster muss in allen zivilen und militäri-schen Planspielen berücksichtigt werden. Bis zurEinsatzbereitschaft aller Kräfte, die den abgeschlosse-nen Aufbau eines Dekontaminationsplatzes voraus-setzt und der ersten Dekontamination eines Konta-minierten vergehen wertvolle Minuten.

Die Dekontamination der Haut, der Augen undvon Wunden ist die vorrangige Aufgabe, um denchemischen Kampfstoff so schnell wie möglich zuneutralisieren und Folgeschäden zu vermeiden oderzu verringern. Sind keine geeigneten Hautdekonta-

4 Kehren die Seuchen zurück? (Neue) Gefahren durch biologischeKampfstoffe, Bundesverwaltungsamt, Zentralstelle für Zivilschutz,Schriftenreihe Wissenschaftsforum, Band 3, 2002

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1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 21

Wasch- und Gasphasen- bzw. des Dampfverfahrensals den beiden derzeit wichtigsten Verfahren zur Be-kleidungsdekontamination. Die Übergänge zwischenden verschiedenen Verfahren sind fließend.

Beim Waschverfahren für Schutzbekleidungliegt der Vorteil in der möglichen Kombination vonReinigung, Dekontamination und Desinfektion. Immilitärischen und zivilen Bereich ist die herkömmli-che Bürstenwäsche, sowie das Duschen in Kombina-tion mit dem Einsatz von Dekontaminationsmittelnund Desinfektionsmitteln weit verbreitet. Ein gemein-sames Element aller Waschverfahren ist die abschlie-ßende Trocknung. Waschverfahren sind prinzipiellzur Dekontamination fester, flüssiger und gasförmi-ger Kontaminationen geeignet. Sie sind weiter relativeinfach durchzuführen und können auch von ver-gleichsweise ungeübtem Personal nach kurzer Ein-weisung angewandt werden.

Zu beachten sind jedoch die bei den Waschver-fahren auftretenden Nachteile, welche einen Einsatzteilweise nicht ermöglichen6. Eine Direkteinleitungder anfallenden Abwässer in Gewässer ist durch dasallgemeine gesetzliche Einleiteverbot von Abwässernnicht erlaubt. Ebenso wird aufgrund der strengenAuflagen für Einleitungen in kommunale Kläranla-gen die Auswahl potenziell möglicher Waschverfah-ren zur Dekontamination eingeschränkt. Dadurchfallen hohe Kosten bei der Aufbereitung der anfal-lenden Abwässer vor Ort, wie auch bei der externenEntsorgung an.

Besonders im militärischen Bereich wird dasDampfverfahren mit Dampf verschiedenster Sätti-gungsgrade und Temperaturen für die Dekontamina-tion und Desinfektion von Schutzbekleidung ge-nutzt. Dabei wird die hydrolytische Wirkung vonWasser bei hohen Temperaturen zur Kampfstoffent-giftung ausgenutzt. Die Selbsthydrolyse verschiede-ner Kampfstoffe wird durch diese Verfahren ent-scheidend unterstützt. Zum Teil wurde bzw. wird dieWirkung des Dampfes auch durch Zusatz speziellerEntgiftungs- und Desinfektionsmittel unterstützt.

Bestimmung und Bestätigung des biologischenKampfstoffes dem medizinischem Fachpersonal vor-behalten. Im Vergleich zum chemischen Kampfstoffsteht ein wesentlich größeres Zeitfenster zur Behand-lung zur Verfügung. Durch Verabreichung entspre-chender Antibiotika oder prophylaktische Schutzimp-fungen kann einem Ausbruch der Krankheit entge-gengewirkt werden. Auch hier ist die Desinfektion undDekontamination speziell geschulten Kräften vorbe-halten. Für die Rettungskräfte ist es vordringlich, po-tenziell Infizierte unter entsprechenden Schutzmaß-nahmen aus dem verseuchtem Gebiet zu evakuieren.Zur Vermeidung einer Ausbreitung einer Infektions-krankheit werden diese potenziell Infizierten in ent-sprechend vorbereitete Evakuierungsräume und nach-geordneten Versorgungseinrichtungen gebracht. Alsweitere Information zur Personendekontaminationwird auf den Bericht von Prof. Dr. Domres, Arbeits-gruppe Katastrophenmedizin (AGKM) des Universi-tätsklinikums Tübingen, verwiesen5.

Während sich die Dekontamination biologi-scher und chemischer Kampfstoffe zum Teil alsäußerst schwierig gestaltet und im übrigen stark vonder Art der Kontamination abhängt, sind die Dekon-tamination radioaktiver Nuklide und die Therapie derhieraus resultierenden Schäden seit vielen JahrenRoutine. Die angewendeten Verfahren basieren aufder Entfernung der Nuklide mit physikalischen Me-thoden; bei Personen ist dies im Wesentlichen (ggf.wiederholtes) Waschen mit Wasser und Seife. Mate-rial wird ähnlich behandelt, nur dass hier dem Deter-gens oftmals Komplexbildner zur besseren Löslich-keit von Metallsalzen zugesetzt werden.

(Schutz-) Bekleidungsdekontamination

Nach einem Einsatz bedarf die Schutzbeklei-dung der Einsatzkräfte der besonderen Behandlungzur Dekontamination und Desinfektion. Im zivilenBereich wird kontaminierte Schutzbekleidung im All-gemeinen nicht wieder verwendet, dagegen muss immilitärischen Bereich sichergestellt sein, dass nacheiner Dekontamination die Schutzanzüge wieder volleinsatzfähig sind. Das komplexe Anforderungsprofilder ABC-Dekontamination (Entaktivierung/Ent-strahlung, Entseuchung/Entkeimung, Zerstörung/Entfernung von atomaren, biologischen und chemi-schen Kampfstoffen) führte zur Entwicklung des

5 B. Domres, H.-D. Becker et.al.: Aufbau und Ablauf der Dekon-tamination und Notfallversorgung Verletzter bei Zwischenfällen mitchemischen Gefahrstoffen, Bericht-Nr. 1008/00/1 - X A 2, 20036 F. Schuppe, Entwicklung von Dekontaminationsmitteln und -verfahren bei Austritt von Industriechemikalien, Zivilschutzfor-schung, Neue Folge Band 40, ISSN 0343-5164, 2001

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22 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2004

FORSCHUNG

7 ebd.

Der TEP 90 besteht aus den Dekontaminati-onsmodulen „1: Materialdekontamination“, „2:Dekontamination von persönlicher Ausrüstung undpersönlicher ABC-Schutzausrüstung“, dem Modul„3: Personendekontamination“ und dem Modul „4:Dekontshuttle“. Durch die modulare Bauweise wirdgewährleistet, dass aktuelle Entwicklungen zeitnahin den einzelnen Modulen realisiert werden könnenohne die Funktionsfähigkeit der anderen Module zubeeinträchtigen.

Mit Einführung dieses Systems in die Bundes-wehr soll eine empfindliche Lücke im technischenABC-Schutz geschlossen werden. Es stellt sich dieFrage, ob Geräte wie der TEP 90 auch für den zivi-len Katastrophenschutz von Interesse sind.

Zusammenfassung

Die genannten Beispiele machen deutlich, dassdie Dekontamination nur Teil eines Gesamtkonzep-tes zum ABC-Schutz sein kann. Ohne ein optimier-tes Zusammenspiel der verschiedenen Einsatzkräfteund Auswahl der geeigneten Methode kann auch diebeste Dekontamination nicht funktionieren. Hierkommt der Kommunikation zwischen Einsatzkräftendes Zivilschutzes wie z.B. Feuerwehr und THW aufder einen Seite und den bei einem Großschadenser-eignis sicherlich eingesetzten Kräften der Bundeswehrbesondere Bedeutung zu. Eine ideale Dekontaminati-onsmethode für jeden erdenklichen anzunehmendenKatastrophenfall existiert nicht. In den letzten Jahrenhaben sich jedoch die Kenntnisse über die einzelnenDekontaminationsverfahren wesentlich verbessert.Das Hauptproblem stellt derzeit noch die Dekonta-mination von kontaminierten Personen dar. Die vor-handenen Haut-Dekontaminationsmittel bieten zwarhinreichende, aber nicht optimale Dekontaminati-onsmöglichkeiten. Der kritische Faktor ist das sehrkleine Zeitfenster, in dem eine effektive Dekontami-nation von Personen möglich ist. Dieses Zeitfenstermöglichst optimal zu nutzen und offen zu halten isteine der Hauptaufgaben während der regelmäßigenÜbungen für den zivilen und militärischen Katastro-phenfall.

Die Dekontamination mit Dampf wurde durch dasWehrwissenschaftliche Institut der Bundeswehr fürSchutztechnologien — ABC-Schutz in Munster (WIS)zum trockenen Heißdampfverfahren weiterentwickeltund ist im TEP 90 umgesetzt worden.

Das Verfahren arbeitet dabei mit trockenemDampf bei ca. 130-170 °C. Die für chemische Kampf-stoffe und B. anthracis Sporen erhaltenen kurzen De-kontaminationszeiten sind beeindruckend. Diese Zei-ten unterstreichen die Bedeutung der erhöhten Tem-peratur bei der Dekontamination. Die Verfügbarkeitder Anzüge ist dadurch enorm hoch. Ein besondererVorzug der Anwendung von trockenem bzw. über-hitztem Dampf ist, dass die Schutzkleidung (und Aus-rüstung) der Dekontaminationsanlage trocken ent-nommen werden kann. Darüber hinaus sind zur Des-infektion keine Desinfektionsmittel erforderlich; siegeschieht durch die Dampfeinwirkung (Dampfsterili-sation). Ein Abwasserproblem, wie beim Waschver-fahren oder Kochen, entsteht hier nicht.

Vor- und Nachbereitung

Ein Gesamtverfahren für die Schutzbeklei-dungsdekontamination muss neben der eigentlichenDekontamination (Hauptverfahrensschritt bzw. -stufe)stets auch weitere Anforderungen erfüllen. Zu nennensind hier insbesondere die Grobreinigung vor demAblegen des Schutzanzuges, sowie, je nach Anforde-rung an das Verfahren, die Feinreinigung, Desinfek-tion und Prüfung, sowie ggf. Die Trocknung. Diesevor- bzw. nachgelagerten Verfahrensstufen sind zurweitgehenden Wiederherstellung von Schutzkleidungebenso erforderlich wie die eigentliche Dekontami-nationsstufe. Im Feuerwehreinsatz sind sie daher alsGesamtkomplex vorgeschrieben7.

Um eine möglichst optimale Dekontaminati-on von Personen, deren Ausrüstung und Bekleidungsowie der Dekontamination von Großgerät wie Fahr-zeugen und Schiffen zu erreichen, bedarf es einereinheitlichen Konzeption. Die sich derzeit am WISin der Erprobung befindliche Dekontaminationsaus-stattung TEP 90 dient diesem Zwecke. Unabhängigvon ortsfester Infrastruktur soll die Dekontaminati-onsausstattung autark für die Personendekontamina-tion, Ausrüstungsdekontamination und die Dekonta-mination von Großgerät und empfindlichem Gerätverwendbar sein.

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1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 23

In den Jahren 1998 bis 2000 wurden vom damaligenBundesamt für Zivilschutz, heute BBK, Fahrzeugeund Ausstattung für die Dekontamination von Ein-satzkräften (Dekon P) beschafft und den Ländernim Rahmen der ergänzenden Ausstattung zur Verfü-gung gestellt. Diese Fahrzeuge dienten als Ersatz fürdie in die Jahre gekommenen Dekontaminations-mehrzweckfahrzeuge (DMF) und sind hauptsächlichbei den Feuerwehren stationiert. Seit dieser Zeit hatsich sowohl im taktischen als auch im technischenBereich vieles weiterentwickelt. Auch die Gefahren-lage und Anforderungen an das Einsatzfeld desFahrzeugs haben sich durch die zunehmenden Akti-vitäten des internationalen Terrorismus und des fun-damentalistischen Extremismus, durch besondersschwere Unglücksfälle und Naturkatastrophen grund-legend geändert.

Dekontamination als Teil der Strategie im ABC-Einsatz

Im September 2003 wurde vom AusschussFeuerwehrangelegenheiten, Katastrophenschutz undzivile Verteidigung (AFKzV) die neue Feuerwehr-Dienstvorschrift 500 „Einheiten im ABC-Einsatz“den Ländern zur Einführung empfohlen. In dieserDienstvorschrift sind Gefahrstoffeinsätze mit Che-mikalien, Einsätze mit radioaktivem Material undVorkommnisse mit biologischen Agenzien einheit-lich geregelt.

Ein Teilaspekt der FwDV 500 ist die Dekon-tamination der eigenen Einsatzkräfte. Hierfür ist einStufenkonzept festgelegt worden:

•Not-Dekon: ist mit Beginn des Einsatzes sicherzu-stellen; nötig z.B. bei Beschädigung der Schutz-kleidung oder Atemluftmangel und Verletzungen

PersonendekontaminationWeiterentwicklungen in der Dekontamination von Einsatzkräften im Rahmen des Bevölkerungsschutzes

Von Matthias Drobig, BBK

•Dekon-Stufe I: allgemeine Einsatzstellenhygiene; giltfür alle Feuerwehrangehörigen bei allen Einsätzen

•Dekon-Stufe II: Standard-Dekontamination, diebei jedem Einsatz mit Chemikalien-schutzanzug(CSA) sicherzustellen ist

•Dekon-Stufe III: erweiterte Dekontamination, anzu-wenden bei einer größeren Anzahl von Personen

Einsätze der Stufe II sind mit auf Feuerwehr-fahrzeugen mitgeführten Geräten durchführbar. BeiEinsätzen der Stufe III ist Sondergerät nötig. Mitdem Fahrzeug Dekon P ist es möglich, einen Dekon-taminationsplatz aufzubauen und mit einem Durch-satz von etwa 60 Personen pro Stunde zu betreiben.

Nach der „Neuen Strategie zum Schutz der Be-völkerung in Deutschland“, die im Juli 2002 gemein-sam von Bund und Ländern beschlossen wurde, istdas Fahrzeug Dekon P in der Gefahrenabwehr der

Das Fahrzeug Dekon P ermöglicht den Aufbau eines Dekonplatzes.

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24 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2006

FORSCHUNG

Im Winter besteht durch das Zeltheizgerät zudemdie Möglichkeit der Beheizung. Besonders bei großenund lang andauernden Einsätzen wie z.B. Massenka-rambolagen, dem ICE-Unfall in Eschede oder demEinsturz in Bad Reichenhall, können diese Teile derAusstattung für Einsatzkräfte und Betroffene vongroßem Wert sein.

Fortentwicklung des Fahrzeugs

Die in den Einheiten bei Einsätzen und Übun-gen gewonnene Erfahrung mit dem System habeneine Vielzahl an Verbesserungsmöglichkeiten und -wünschen zu Tage gefördert. Auch die im Jahr 2001neu gefasste Trinkwasserverordnung (TrinkwV) hatmittlerweile neue Vorraussetzungen für den Dekon Pgeschaffen. Aus diesen Gründen wird momentan imBBK ein Nachfolgefahrzeug konzipiert, das die Stär-ken des Fahrzeugs beibehalten und die Ausstattungauf den neuesten technischen und gesetzlichenStand bringen soll.

In eine Beschaffungsplanung neuer Fahrzeugefließen folgende zentrale Änderungen mit ein:

•Erhöhung der Zeltfläche (größere Zelte oder 3.Zelt), um das Auskleiden in einem umschlossenenRaum zu ermöglichen

•Anpassung der Wasser führenden Teile gemäßTrinkwV (Auswahl der Materialien, Trennung vonDuschwasser und Heizkreislauf)

•Dieselbetriebene Zeltheizung•Ergänzung der Ausstattung um einen Beleuch-

tungssatz•Zusätzliche Armaturen und Schlauchmaterial•Kleinteile, wie z.B. Sitzgelegenheiten, Abfallbeutel

und Absperrmaterial

Im Rahmen der Neukonzeption des Nachfol-gefahrzeugs ist vorgesehen, dass Teile der neuenAusstattung für eine Anpassung der bereits bestehen-den Systeme an die gegebene gesetzliche Situation,nämlich TrinkwV, verwendet werden.

Versorgungsstufe 3 „Erhöhter Schutz für gefährdeteRegionen und Einrichtung“ zuzuordnen.

Leistungsspektrum des Dekon P

Mit der auf dem Dekon P verlasteten Ausstat-tung kann ein autark betriebener Dekontaminations-platz errichtet werden, Betriebsmittel sind für zweiStunden vorhanden. Die Infrastruktur besteht auseinem Stromerzeuger, einem Wasserdurchlauferhit-zer, Pumpen zur Wasserförderung, Schlauchmaterialund den nötigen Armaturen. Zum Reinigen von Ein-

satzkräften im CSA wird eine Duschkabine verwen-det, für eine nachfolgende hygienische Reinigung derEinsatzkräfte steht ein luftgestütztes Duschzelt mitsich anschließendem Ankleidezelt zur Verfügung.

Vor dem Hintergrund des Sarin-Anschlags inder Tokioter U-Bahn und nicht zuletzt der Fußball-WM im Sommer 2006 ist die Frage nach der Dekon-tamination von kontaminierten Zivilpersonen aufge-worfen worden. Es spricht nichts dagegen, auch insolchen Fällen den Dekon P einzusetzen. Über dieMachbarkeit und Abläufe in dieser Situation wurdeein Forschungsbericht erstellt und veröffentlicht*.

Neben der ursprünglichen Aufgabe Dekonta-mination ist das System aber auch für andere Zweckeeinsetzbar. Die Zelte bieten bei Katastrophenschutz-einsätzen einen guten Witterungsschutz und könnenbeispielsweise als Aufenthaltsräume genutzt werden.

Mit der auf dem Dekon P verlasteten Ausstattung kann ein autarkbetriebener Dekontaminationsplatz errichtet werden.

(Fotos: BBK)

* B. Domres, A. Manger, S. Brockmann, R. Wenke: Aufbau undAblauf der Dekontamination und Notfallversorgung Verletzter beiZwischenfällen mit chemischen Gefahrstoffen; Zivilschutzforschung,Neue Folge Band 56, ISSN 0343-5164, 2005

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1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 25

NOTFALLPLANUNG

Wenn diese Betrachtung mit einem Rückblick auf dasJahr 1975 beginnt, dann soll nicht die gute alte Zeitbeschworen werden. Denn das war sie wohl nicht. Zu-mindest nicht, soweit es die Organisation des Kata-strophenschutzes betrifft.

Der Anfang des Führungsmodells

1975 brannten in der niedersächsischen Heidedie Wälder. Feuerwehren wurden regional und über-regional zur Unterstützung der schnell erschöpftenausschließlich freiwilligen Ortswehren herangezogen.Züge der Bereitschaftspolizei und schließlich Kräfteder Bundeswehr gingen in den Einsatz. Fragen derZuständigkeit, der Wahrnehmung von Leitungsfunk-tion wurden teils nicht, teils durch die Macht des Fak-tischen geklärt. In der Nachbetrachtung wurde derUmstand, dass im Vorfeld für großflächige und/oderlang andauernde Schadensereignisse keine ausreichen-den theoretischen Überlegungen und keine prakti-schen Umsetzungen in Bezug auf die Führung getrof-fen worden waren, als Versäumnis herausgestellt.

Die Verantwortung der (unteren) Katastrophen-schutzbehörde kann sich nicht in der Registrierungausreichend dimensionierter gemeindlicher Feuerweh-ren erschöpfen. Die Diskussionen bei den Feuerweh-ren, aber auch auf der administrativ-politischen Schie-ne führten letztendlich zur Empfehlung der Konfe-renz der Innenminister und -senatoren der Länder zurEinführung einer Katastrophenschutzleitung bei denKatastrophenschutzbehörden.

In der ersten und zur Erprobung freigegebenenFassung der KatS-DV 100 „Führung im Katastrophen-schutz“ war dazu zu lesen: „Die für den Katastrophenschutz zuständige Behör-de trifft die notwendigen Vorbereitungen und leitetund koordiniert die Maßnahmen. Bei der Abwehr

Was ist mit dem Verwaltungsstab?Von Dieter Franke, BBK

von Katastrophen ist die Behörde im besonderenMaße gezwungen, der sich ändernden Gefahren- undSchadenlage angepasste Entscheidungen schnell undsachgerecht zu treffen sowie sich hierfür die notwen-digen Entscheidungsunterlagen und Informationenzu beschaffen. Aus diesem Grund hat sie eine Kata-strophenschutzleitung zu bilden, welche die Voraus-setzungen für diese besonderen Aufgaben schaffensoll.Demnach dient die Katastrophenschutzleitung imEinsatz vor allem der schnellen und gegenseitigen In-formation aller an der Katastrophenabwehr beteiligtenSachbereiche und der Koordinierung der Maßnahmenunter Sicherstellung rascher Funktionsabläufe.“

Diese Beschreibung folgt der Erkenntnis, dassein Katastropheneinsatz nicht auf die operativ-takti-schen Maßnahmen zur Schadensbewältigung be-schränkt bleiben kann. Die zuständige und damit inder Verantwortung stehende Katastrophenschutzbe-hörde hat nicht nur vorbereitende Aufgaben zu erfül-len. Sie muss auch während der Bewältigung der Kata-strophe die notwendigen begleitenden Maßnahmenim administrativen Bereich erkennen, veranlassen undzur Umsetzung bringen. Dass es tatsächlich bei denim zitierten Text angesprochenen Maßnahmen umoriginäres Verwaltungshandeln geht, wird deutlich,wenn man hierzu die weitere Beschreibung der Kata-strophenschutzleitung heranzieht:„Im Einsatzfall wirken in der Katastrophenschutzlei-tung diejenigen Sachbereiche der eigenen Verwal-tung mit, die für die einzelnen Abwehrmaßnahmenfachlich zuständig sind. Zur Katastrophenschutzlei-tung gehören ferner Vertreter anderer Behörden undEinrichtungen, deren Mitwirkung im Katastrophen-fall erforderlich ist. Der Leiter der Katastrophen-schutzbehörde führt die Katastrophenschutzleitung.“

Bemerkenswert der letzte Satz dieser Beschrei-bung. Der Leiter der Katastrophenschutzbehörde,

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– VwS)“ (im Folgenden kurz als Hinweise angespro-chen) der Konferenz der Innenminister und -senatoren(IMK) aus dem Jahre 2003 daneben. Als Ergänzungzur Feuerwehr-Dienstvorschrift/Dienstvorschrift 100(FwDV/DV 100), in der im Wesentlichen der opera-tive Part dargestellt wird, finden sich in den Hinwei-sen Erläuterungen zur Administrative. So steht dortzum Verwaltungsstab:„Darin arbeiten alle zur Bewältigung der Schadenla-ge notwendigen beziehungsweise zuständigen Ämterder eigenen Verwaltung, anderer Behörden und Drit-te mit besonderen Kenntnissen (zum Beispiel Vertre-ter von Versorgungs- und Infrastrukturunternehmen)

mit.Aufgabe und Zweck desVerwaltungsstabes ist es,unter den eventuell zeit-kritischen Bedingungeneines Ereignisses, umfas-sende verwaltungstypi-sche Entscheidungenschnell, ausgewogen undunter Beachtung allernotwendigen zu berück-sichtigenden Gesichts-punkten zu treffen.“

Die Ähnlichkeitenmit den rund drei Jahr-zehnten zuvor festgehal-tenen Erkenntnissen ausder Waldbrandkatastro-phe sind deutlich. Siesind aber auch zugleichkonsequent, denn dieAufgaben der Katastro-phenschutzbehörde ha-

ben sich nicht verändert. Sie muss zur Gefahrenab-wehr sowohl Einsatzmaßnahmen als auch Verwal-tungsmaßnahmen veranlassen, koordinieren und ver-antworten. Wie bei allen anderen von einer Verwal-tung zu erfüllenden Aufgaben besteht die wesentli-che Leistung in der Schaffung der angemessenenOrganisationsform, der korrekten Delegation vonAufgaben und Kompetenzen sowie der erforderli-chen Kontrolle.

In beiden Papieren, der alten KatS-DV 100ebenso wie in den Hinweisen der IMK, wird die Ge-samtverantwortung betont und organisatorisch be-dacht. So finden wir in der KatS-DV 100:

26 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2006

NOTFALLPLANUNG

also der politisch Verantwortliche, wird hier für denVorsitz vorgesehen. Allein dies verdeutlicht, dass essich um ein an der Spitze der Hierarchie angesiedel-tes Entscheidungsgremium handelt. Demzufolgewird dort keinesfalls die operative Sicht im Vorder-grund stehen. Daran ändert auch die grundsätzlichvorhandene Kompetenz nichts, die es dem Leiter derKatastrophenschutzbehörde natürlich gestattet, Ein-zelentscheidungen bis in die vorderste Reihe derEinsatzkräfte zu diktieren.

Über die Arbeitsweise der Katastrophenschutz-leitung werden keine weiteren Angaben gemacht. Eserscheint aber logisch, ein solchermaßen besetztes

Gremium nicht permanent tagen zu lassen. Vielmehrgeht es um die Absprache von Maßnahmen, die dieVerantwortungsträger der einzelnen Bereiche anschlie-ßend umsetzen lassen und nachverfolgen, um beimnächsten Zusammentreffen die Ergebnisse in eineneue Beratungsrunde einfließen zu lassen.

Die neue Entwicklung

Interessant wird dieser Rückblick, legt man die„Hinweise zur Bildung von Stäben der administra-tiv-organisatorischen Komponente (Verwaltungsstäbe

Abb. 1.

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1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 27

„Der Stab ist die organisatorische Zusammenfassungdes Führungs- und Hilfspersonals zur Unterstützungdes Hauptverwaltungsbeamten (HVB).“Und weiter:„Der Stab HVB ist im Frieden Teil der nach Landes-recht gebildeten Katastrophenschutzleitung (KatSL),... Er handelt dabei im Auftrag und unter Verantwor-tung des Hauptverwaltungsbeamten.Zum Leiter des Stabes bestellt der Hauptverwaltungs-beamte eine für die Aufgabe qualifizierte Führungs-kraft aus seinem Amtsbereich.“

Ein Vergleich

Halten wir dieses Bild einmal fest. Gemäß deraus den Erfahrungen der Waldbrandkatastrophe ge-wachsenen ursprünglichen KatS-DV 100 gibt es eineKatastrophenschutzleitung, die vom Hauptverwal-tungsbeamten persönlich geleitet wird. Die KatSL hatin Form einer Besprechung die administrativen Be-lange im Zusammenhang mit der Katastrophe schnellund Ämter übergreifend zu regeln. Zur KatSL gehörtein Stab in klassischer Formation zur Übernahmeoperativer Aufgaben. Laut KatS-DV 100 ist der zurFührung der KatS-Einheiten gebildete Stab HVB imEinsatz eine ständige Einrichtung. Auch diese Her-vorhebung unterstreicht die oben getroffene Auffas-sung, dass dagegen die KatSL nicht permanent tagt.Die weiteren Aussagen zur Führungsorganisationmachen deutlich, wo die Führungsaufgaben des Sta-bes HVB enden bzw. beginnen. Er wird danach nurerforderlich, wenn eine oder mehrere Abschnittsfüh-rungsstellen bzw. eine oder mehrere Technische Ein-satzleitungen für die Bewältigung der technisch-takti-schen Einsatzmaßnahmen eingesetzt sind (Abb. 1).

Wie sieht dazu im Vergleich das Modell derIMK heute aus? Die Hinweise der IMK beziehen sichauf das in der aktuellen FwDV/DV 100 abgebildeteSchema des Führungssystems, das drei Komponen-ten angibt. An der Spitze steht die politisch-gesamt-verantwortliche Komponente. Diese darf mit demHauptverwaltungsbeamten in der alten Diktion gleich-gesetzt werden. Dies zumal zur Erläuterung Ober-bürgermeister und Landrat als Beispiele angegebenwerden. Zur Unterstützung dieser Komponente sindzwei Gremien eingerichtet, die als administrativ-organisatorische bzw. operativ-taktische Komponen-te bezeichnet werden. Die erstgenannte ist der oben

bereits erwähnte Verwaltungsstab. Die zweite ist derin der FwDV/DV 100 näher beschriebene Führungs-stab als oberste Führungsebene im Bereich der Ein-satzkräfte. Auch dieser Führungsstab wird nur beibesonderen Gefahren- oder Schadenlagen erforder-lich. Einsatzdauer und Einsatzumfang sind zwei dermöglichen Indikatoren (Abb. 2).

Damit können wir für beide Führungsmodel-le für den Katastrophen- oder sonstigen Krisenfallfesthalten:•An der Spitze steht der Hauptverwaltungsbeamte

als politisch Gesamtverantwortlicher.•Unter seine Regie sind administrative Aufgaben in

konzertierter Aktion durch die Entscheidungsträ-ger seiner Verwaltung und in Kooperation mitanderen betroffenen Behörden zu regeln.

•Für die operativen Aufgaben wird er durch einenentsprechend geschulten Stab unterstützt, der dieEinsatzleitungen koordiniert.

Erstaunlicher- oder auch nicht erstaunlicher-weise hat sich an dieser Dreigliederung des Gebildesnichts geändert. Nicht erstaunlich ist dies deswegen,weil sich zum einen an der gesetzlichen Verantwor-tungszuweisung und zum anderen an dem Zusam-mentreffen von verwaltungsbezogenen mit einsatzbe-zogenen Aufgaben nichts geändert hat. Denn genaudies ist das Charakteristikum dieser Situationen.

Geändert hingegen hat sich die Anordnung derdrei Elemente zueinander. Während in der früherenDarstellung von einem umfassenden Gremium dieRede war, sehen die FwDV/DV 100 sowie die Hin-weise der IMK eine deutliche Dreiteilung vor. DerPolitisch-Gesamtverantwortliche ist nicht mit derpersönlichen Leitung beauftragt, die administrativeund die operative Seite sind getrennt, was auch ihreunterschiedliche Arbeitsweise und ihre unterschiedli-chen Aufgaben unterstreicht. Damit wird ein Nach-teil der KatSL ausgeräumt. In der (Übungs-)Realitätwar die KatSL allmählich verschwunden. Der Grunddafür war die enge gedankliche Verknüpfung zwi-schen der KatSL und der ja auch begrifflich darinverankerten Katastrophe. Ein multifunktionaler Nut-zen dieser Organisationsform zur beschleunigtenEntscheidungsfindung bei anderen außergewöhnli-chen Lagen wurde nicht erkannt.

Da nahezu keine Ereignisse passieren bzw. ge-übt wurden, die vorrangig verwaltungsmäßige Anfor-derungen stellten, schien der Stab HVB das eigentli-

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28 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2006

NOTFALLPLANUNG

che, das wichtige Element zu sein. Die wenigen Ent-scheidungen, die von der Verwaltung verlangt wur-den, erledigte man eben mit, indem sie direkt weiter-geleitet wurden oder mit dem im Stab HVB vorhan-denen Verwaltungswissen bearbeitet wurden.

Der Stab ist keine Leitung

Über die letzten beiden Jahrzehnte des ver-gangenen Jahrhunderts war diese Tendenz in vielen

tung als Katastrophenschutzbehörde unberührt, wo-nach sie als Verantwortungsträger eingreifen kann.Dies war im Übrigen auch in der KatS-DV 100 unstrit-tig. Dort war der Stab HVB eindeutig keine Füh-rungsebene. Als solche wurde auf dieser Ebene dieKatastrophenschutzleitung angesprochen.

Nun enthalten die Hinweise der IMK eineUmsetzungsmöglichkeit, die die FwDV/DV 100nicht angibt. Demnach kann der politisch Verant-wortliche:„ ... sich eines Verwaltungsstabes und eines Füh-

rungsstabes bedienenoder beide Aufgabenbe-reiche in einem Gesamt-stab integrieren.“

Was bedeutet das?Eindeutig werden in die-ser Möglichkeit beideAufgabenbereiche ange-sprochen. Beiden wirddie gleiche Bedeutung zu-geschrieben. Sie werdenin einem Gremium inte-griert, also nicht einerdem anderen zugeschla-gen. Damit ist dieserGesamtstab nicht iden-tisch mit dem Stab HVBalter Prägung. Er kann

sich nicht auf die Koordinierung und Unterstützungder Katastrophenschutzeinsatzkräfte beschränken.Zwingend ist vielmehr auch die Beratungs- und Ent-scheidungskompetenz für Verwaltungsangelegenhei-ten erforderlich (Abb. 3).

In aktuellen Landesgesetzen drückt sich dieswie folgt aus:„Für die Wahrnehmung ihrer Aufgabe nach § 1 bil-det die untere Katastrophenschutzbehörde einenKatastrophenschutzstab und bestimmt den Leiterdes Stabes. Sie hat die Einsatzbereitschaft des Sta-bes zu gewährleisten. Dazu hat sie insbesondereeine ausreichende personelle Besetzung des Stabesmit für die jeweilige Stabsfunktion geeigneten Lei-tungskräften und Mitarbeitern vorzubereiten. DemKatastrophenschutzstab sollen neben eigenen Lei-tungskräften und Mitarbeitern Vertreter der inKatastrophenfällen mitwirkenden Behörden undStellen angehören.“(§ 8 Abs. 1 KatSG Sachsen-Anhalt)

Kreisen zu beobachten. Beeinflusst wurde dies auchdurch die abnehmende Wertschätzung für den Kata-strophenschutz. Die jetzige Trennung in Verwal-tungsstab und Führungsstab, verbunden mit der Ein-führung dieser neuen Begriffe, ist eine Rückbesin-nung auf Existenz und Bedeutung beider Aufgaben.Wichtig dabei, dass jede Konstellation möglich ist.Sowohl sind Situationen denkbar, die allein einer über-örtlichen Koordination durch einen Führungsstabbedürfen, als auch solche, die dazu auf die vielfältigeZuständigkeiten einer Verwaltung angewiesen ist.Letztendlich ist es auch vorstellbar, den Verwaltungs-stab allein einzuberufen. Als Beispiel mag die erpres-serische Drohung mit einer Trinkwasservergiftungdienen. Wenn die beiden Stäbe nebeneinander unddamit quasi als gleichberechtigt dargestellt werden,so mag das ihrer Bedeutung entsprechen und auchdie Nichteinmischung der Verwaltungsmitglieder inoperative Entscheidungen unterstreichen. Trotzdembleibt natürlich die gesetzliche Funktion der Verwal-

Politisch- gesamtverantwortliche

Komponente

Administrativ-organisatorische

Komponente

Operativ-taktische

Komponente

Abb. 2.

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1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 29

Zwar werden hier Stabsfunktionen angespro-chen, doch ist an keiner Stelle eine Gliederung die-ses Katastrophenschutzstabes der Behörde in Anleh-nung an die Gliederung einer Einsatzleitung vorge-geben. Dies wäre auch angesichts der Besetzung mitLeitungskräften der eigene Behörde sowie Vertreternanderer Behörden und Stellen wenig zielführend, dawohl kaum eine dafür erforderliche permanente Ein-übung zu erwarten ist, insbesondere nicht bei exter-nen Vertretern. Bemerkenswert ist in diesem Fall dieDelegation der Leitung dieses behördenübergreifen-den Gremiums füraußergewöhnliche Lagenauf eine Ebene unter-halb des politisch Ver-antwortlichen. Es darfsicherlich bezweifelt wer-den, ob sich im Realfalldurchhalten lassen wird.

Anders wird diesin Niedersachsen be-wertet:„Bei der Katastrophen-schutzbehörde wird einKatastrophenschutzstabgebildet. Die Hauptver-waltungsbeamtin oderder Hauptverwaltungs-beamte beruft die Mit-glieder und leitet den Stab. Im Katastrophenschutz-stab sollen die in Katastrophenfällen mitwirkendenBehörden, Dienststellen und Einsatzkräfte vertretensein.“(§ 6 Abs. 1 KatSG Niedersachsen)

Eindeutig nimmt der Gesetzgeber hier den Lei-ter der zuständigen Behörde persönlich in die Pflicht.Gleichzeitig wird der Kreis der Teilnehmer um Ver-treter der operativen Seite erweitert. Damit ent-spricht dieser nach Landesrecht gebildete Katastro-phenschutzstab in der personellen Zusammenset-zung exakt der Katastrophenschutzleitung der ur-sprünglichen KatS-DV 100. Die Unterscheidungergibt sich lediglich dadurch, dass keine Schachte-lung der beiden Gremien erfolgt. Die operativenAufgaben werden also nicht durch einen integrier-ten Stab übernommen, sondern im Verbund mitden administrativen Aufgaben erörtert und veran-lasst. Hierfür ist ebenfalls keine Gliederung in die

Sachgebiete erforderlich, die die FwDV/DV 100 fürEinsatzleitungen vorsieht.

Quintessenz:

Die Hinweise der IMK stellen keine neue Phi-losophie dar. Sie greifen die bekannten Zuständig-keiten auf und stellen sie durch die Trennung zwi-schen Administration und Einsatz überschneidungs-frei nebeneinander. Gleichzeitig wird die vielseitigere

Verwendung des Verwaltungsstabes deutlich, die heu-tigen Bedrohungen stärker gerecht wird. Es bestehtallerdings die Gefahr, dass mit dem Gesamtstab (derin der FwDV/DV 100 nicht vorgesehen war!) dieTendenz wieder zum eingeschränkten Blick des Sta-bes HVB durchbricht. Es wäre fatal, wenn die Kata-strophenschutzbehörden ihre umfassenden Aufga-ben zur Gefahrenabwehr sukzessive weniger wahr-nehmen würden — weil ja nichts passiert.

Das Komponenten-Modell gibt der Verwal-tung die heute notwendige Flexibilität. Sie kann aufKatastrophen klassischer Art ebenso reagieren wieauf Krisensituationen, wie sie heute zum zwingenderforderlichen Planungsspektrum gehören. Auch werfür den Gesamtstab plädiert, der sollte den theoreti-schen Hintergrund des Führungsmodells nicht aus-blenden.

Politisch- gesamtverantwortliche

Komponente

Administrativ-organisatorische

Komponente

Operativ-taktische

Komponente

Abb. 3.

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30 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2006

KRITISCHE INFRASRUKTUREN

Damit im Ereignisfall die vereinbarten Hilfe-leistungen für die Bevölkerung sicher erbracht wer-den können, muss jede im Rahmen des Katastro-phenschutzes tätige Organisation stetig ihre eigenenStrukturen auf Schwachstellen hin untersuchen.

Zur Unterstützung dieser Schwachstellenana-lysen haben die Katastrophenschutzorganisationengemeinsam mit dem Bundesamt für Bevölkerungs-schutz und Katastrophenhilfe eine „Checkliste fürden Basisschutz zur Aufrechterhaltung des Betrie-bes“ erarbeitet. Für die Organisationsbereiche•Personal, •Informations- und Telekommunikationstechnik, •Ausstattung, •Organisation, •Risikomanagement und Notfallplanung sowie •Liegenschaften

werden konzeptionelle und organisatorische Maß-nahmen erfragt, durch die ein angemessener Schutzvor einem Ausfall bzw. einer erheblichen Einschrän-kung der Dienstleistung erreicht wird. Ein großes Au-genmerk wird auf die Schulung und das Üben dieserKonzepte gelegt. So wird sichergestellt, dass im Ereig-nisfall die vorbereiteten Maßnahmen und Handlun-gen auch hilfreich bei der Bewältigung der Aufgabensind. Jede Betriebs- bzw. Dienstleistungseinheit kannso strukturiert und mit wenig Aufwand ihren aktu-ellen Stand und ihren Handlungsbedarf zur Sicher-stellung ihrer Dienstleistung erfassen. Dabei sind diemit „Ja“ beantworteten Fragen als „Kein weitererHandlungsbedarf“ und die mir „Nein“ beantworte-ten Fragen als „Handlungsbedarf“ zu bewerten.

Das nachstehende Konzept wurde vom Bundesamtfür Bevölkerungsschutz, Zentrum Schutz KritischerInfrastrukturen, in Zusammenarbeit mit Vertreterndes Arbeiter-Samariter-Bundes, der BundesanstaltTechnisches Hilfswerk, der Deutschen Lebens-Ret-tungs-Gesellschaft, des Deutschen Feuerwehrverban-des, des Deutschen Roten Kreuzes, der Johanniter-Un-fall-Hilfe und des Malteser Hilfsdienstes erarbeitet.

Moderne Gesellschaften sind in ihrer Funkti-onsfähigkeit von zahlreichen Infrastrukturen abhän-gig. So genannte Kritische Infrastrukturen (KRITIS)wie beispielsweise die Trinkwasserversorgung oderStromversorgung sind darüber hinaus für Menschenund Tiere (über-)lebenswichtig. Als Kritische Infra-strukturen werden Organisationen und Einrichtun-gen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Ge-meinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung •nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe•erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit

oder•andere dramatische Folgeneintreten würden, betrachtet.

Das Gesundheitswesen, inklusive des Notfall-und Rettungswesens, wird zu den Kritischen Infra-strukturen gezählt. Im Katastrophenfall bilden dieKatastrophenschutz-, Hilfeleistungs- und Wohlfahrts-organisationen das Rückrat der nichtpolizeilichenGefahrenabwehr. Würde die Funktionsfähigkeit die-ser Organisationen in einer Katastrophe erheblicheingeschränkt oder gar ausfallen, sind nachhaltigeEinschränkungen der Versorgung mit Hilfeleistugenfür die betroffene Bevölkerung die Folgen.

Checkliste für den BasisschutzUnterstützung für Katastrophenschutz- und Hilfsorganisationensowie Einrichtungen der Wohlfahrtspflege

Von Stefan Mikus, BBK

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1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 31

Dieses Instrument ist ebenfalls in den Wohl-fahrtsbereichen der Organisationen aber auch für pri-vate Betriebe und Einrichtungen hilfreich, um eige-ne Verletzlichkeiten aufzudecken. Auch lässt sich dieCheckliste schnell auf die Besonderheiten im eige-nen Betriebsbereich anpassen.

Gliederungspunkt: Personal

Die Leistungsfähigkeit einer Organisation /eines Betriebes ist direkt abhängig von der Motivati-on und dem Ausbildungsstand des Personals. Einbesonderes Augenmerk muss auf die Besetzung vonSchlüsselfunktionen gelegt werden. Kann es z.B. vor-kommen, dass eine Stabsfunktion oder ein Boot imHilfeleistungseinsatz nicht besetzt werden kann, weilgerade die eine Kraft, die diese Funktion ausfüllt,nicht zur Verfügung steht, ggf. sogar in einer anderenOrganisation oder am Arbeitsplatz verplant ist? Oderkönnen Helfer(innen) nicht in ein Einsatzgebiet ge-sendet werden, weil kein ausreichender Impfschutzvorhanden ist bzw. dies gar nicht bekannt ist, dadieser nie dokumentiert wurde? Den Besonderheitendes Ehrenamtes wird mit einem gesonderten Teil„Ehrenamtliche Helfer(innen)“ Rechnung getragen.

Gliederungspunkt: Informations- und Telekommunikationstechnik

Funktionsfähige Kommunikationsmittel sindder Grundstein einer effektiven Aufgabenbearbeitung.Stehen diese Mittel nicht mehr zur Verfügung, wirddie Effektivität der Aufgabenbearbeitung erheblicheingeschränkt und kommt ggf. sogar ganz zum Erlie-gen. Zur Aufrechterhaltung des Betriebes sind daherkonzeptionelle Überlegungen zur Sicherung der Kom-munikationswege erforderlich. Darüber hinaus müs-sen Konzepte, die einen Betrieb auch mit erheblicheingeschränkten technischen Kommunikationsmög-lichkeiten zulassen, erarbeitet und regelmäßig geübtwerden.

Gliederungspunkt: Ausstattung

Damit Aufgaben sicher und effektiv erledigtwerden können, muss die hierfür erforderliche Aus-

stattung jederzeit in sicherem und betriebsfähigemZustand zur Verfügung stehen. Um dies auf einemqualitativ hohen Niveau zu gewährleisten, ist es erfor-derlich, Konzepte zur Wartung und Instandsetzungder Ausstattung vorzuhalten und deren Anwendungkontinuierlich zu dokumentieren.

Neben der technischen Ausstattung ist es er-forderlich, einen angemessenen Bargeldvorrat bereit-zuhalten. So wird z.B. bei einem längerfristigenStromausfall aufgrund eines Wetterereignisses die Bar-geldversorgung über Bankautomaten sofort zumErliegen kommen. Bargeldlieferungen in das Ereig-nisgebiet werden ggf. nicht möglich sein.

Gliederungspunkt: Risikomanagement und Notfallplanung

Auf die Störung des Betriebsablaufes vorberei-tet sein, heißt Handlungsfähigkeit zu erhalten. Somüssen zu Zeiten des Regelbetriebes Handlungskon-zepte für den Störungsfall, mit den Zielen Aufrecht-erhaltung der Dienstleistung und schnelle Rückkehrzum Regelbetrieb, erarbeitet werden. In diese Pla-nungen sollten Erkenntnisse aus Übungen, vorange-gangenen Störungen des Betriebes sowie Erkennt-nissen aus Szenarienbetrachtungen ebenso einfließenwie eine umfassende Risikobetrachtung.

Gliederungspunkt: Organisation

Um im Störungsfall handlungsfähig zu blei-ben, bedarf es ebenfalls einer eindeutigen Führungs-struktur, die idealerweise der des Regelbetriebes ent-spricht. Auch der Umgang mit den „täglichen klei-nen Betriebsstörungen“ und die Lehren hieraus soll-ten standardisiert werden, um einen kontinuierli-chen Prozess zur Verbesserung der Betriebssicherheitzu erhalten. Zentralisierungs- und Outsourcing-Maßnahmen bedürfen einer besonderen Betrachtungder Auswirkungen auf die Betriebssicherheit undHandlungsfähigkeit im Störungsfall.

Gliederungspunkt: Liegenschaften

Aus wirtschaftlichen Gründen sollte nur diefür die Aufrechterhaltung des Betriebes erforderlichen

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32 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2006

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN

1.10 Werden arbeitsmedizinische Untersuchungenentsprechend den gesetzlichen Vorgabendurchgeführt?

1.11 Ist sichergestellt, dass für Tätigkeiten, für dieein Impfschutz empfohlen wird, nur entspre-chend geimpfte Helfer(innen) eingesetzt wer-

Abb. 1: Kopf der Checkliste. (Download unter: www.bbk.bund.de).

Die Punkte der Checkliste im Einzelnen:

1 Personal

1.1 Steht Personal entsprechend der Personalpla-nung zur Verfügung?

1.2 Sind die Kräfte entsprechend ihrer Tätigkeitausgebildet?

1.3 Nehmen die Kräfte an Weiterbildungen teil?Wird dies dokumentiert?

1.4 Sind Schlüsselfunktionen / Sonderfunktio-nen identifiziert?

1.5 Gibt es ausreichend Personalredundanzen fürdie Besetzung von Schlüsselfunktionen /Sonderfunktionen?

1.6 Sind bei der Personalplanung Motivationskon-flikte der Kräfte (z.B. Eigenbetroffenheit, …),ein ggf. erforderlicher Schichtbetrieb, Unter-stützung durch eine SEG-Führung, berück-sichtigt?

1.7 Sind Führungskräfte in Notfallplanung / Kri-senmanagement ausgebildet?

1.8 Gibt es Konzepte zur Gewinnung von Füh-rungskräften sowie zum Erhalt deren Mitwir-kung?

1.9 Ist sichergestellt, dass das Personal sicherheits-überprüft wird sobald übernommene Aufgaben,Tätigkeiten oder Funktionen dies erfordern?

Liegenschaften oder Teile dieser besonders gesichertwerden. Mithilfe der Risikoanalyse können diese Berei-che identifiziert werden.

Für eine verlässliche Dienstleistung im Kata-strophenfall ist es unerlässlich, entsprechende Vorsor-ge zu treffen. Mit dieser Checkliste steht Ihnen eineinfach zu handhabendes Werkzeug zur Verfügung. den? Werden die

Kräfte über dieImpfempfehlunginformiert?

1.12 Wird der Impf-stand / Gesund-heitsstand derKräfte dokumen-tiert? Ehrenamtli-che

• Helfer/innen(zusätzlich)

1.13 Sind zur Besetzung der Soll-Stellen ausrei-chend Helfer(innen) aktivierbar?

1.14 Ist sichergestellt, dass Helfer(innen) inSchlüsselfunktionen keine Aufgaben in ande-ren Hilfsorganisationen / Einrichtungen derGefahrenabwehr wahrnehmen?

1.15 Werden Helfer(innen) in Schlüsselfunktionenvon deren Arbeitgeber auch für Tätigkeitenvon längerer Dauer (mehrere Tage) freigestellt?

1.16 Gibt es Konzepte für den Fall, dass nicht aus-reichend Helfer (innen) im Ereignisfall zurVerfügung stehen (Personalnotfallplan)? Wer-den diese geübt?

1.17 Gibt es Konzepte für den Fall, dass nicht aus-reichend Helfer (innen) für die Besetzungvon Schlüsselfunktionen im Ereignisfall zurVerfügung stehen?

1.18 Gibt es Konzepte zur Gewinnung von Hel-fern(innen) und zur Erhaltung deren Mitwir-kung?

1.19 Gibt es Konzepte zur Information / Betreu-ung von Angehörigen im Einsatz befindli-cher Kräften?

2 Informations- und Telekommunikationstechnik

2.1 Gibt es Konzepte zur Alarmierung von Mit-arbeitern(innen)?

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1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 33

2.2 Gibt es Konzepte zur Alarmierung von Mit-arbeitern(innen) beim Ausfall von techni-schen Hilfsmitteln? (Funkmeldesystem, Tele-kommunikationsnetz)

2.3 Gibt es Konzepte zur Information von Kun-den bei Ausfall der Dienstleitung (z.B. Risi-kopatienten)?

2.4 Sind kritische Kunden (Ausfall der Dienst-leistung hat schwerwiegende Folgen für den /die Kunden(in)) identifiziert und gibt esKonzepte für deren Weiterversorgung?

2.5 Werden die Konzepte regelmäßig geschultund geübt?

2.6 Gibt es Konzepte zur Kommunikation mitanderen Organisationen und Behörden, diebeim Ausfall oder Überlastung von techni-schen Hilfsmitteln (z.B. Funk, Telekommuni-kationsnetz, …) greifen?

• Leitstellen / Operationszentralen

2.7 Ist die Leitstelle / Zentrale notstromversorgt(Leitstelle, TK- Anlage, Beleuchtung, Klimati-sierung, Treibstoffvorrat, …)?

2.8 Gibt es ein Zugangskonzept (sowohl in orga-nisatorischer als auch in physischer Hinsicht)für die Leitstelle?

2.9 Ist sichergestellt, dass bei einem Systemaus-fall keine Daten verloren gehen?

2.10 Ist sichergestellt, dass durch einen Systemaus-fall die Abarbeitung angenommener Aufträge/Einsätze nicht gefährdet ist?

2.11 Gibt es ein Konzept zur Datensicherung?2.12 Gibt es Konzepte zur Weiterführung der

Leitstellenfunktion bei Ausfall von Kommu-nikations- und/oder Datenverarbeitungssyste-men (Redundantes System, Rückfallebene,Kooperation mit anderen Leitstellen, Vorhal-tung von Papierformularen …)?

2.13 Werden diese Konzepte regelmäßig geschultund geübt?

3 Ausstattung

• Technische Ausstattung

3.1 Ist die technische Ausstattung entsprechendihres Soll-Bestandes vorhanden?

3.2 Wird die technische Ausstattung regelmäßigauf Vollständigkeit und Funktion überprüft(Wartungs- und Pflegevorschriften)? Wirddies dokumentiert?

3.3 Ist technische Ausstattung mit einer Schlüs-selfunktion identifiziert?

3.4 Gibt es Schutzkonzepte hierfür?3.5 Gibt es Rückfallkonzepte zur Aufrechterhal-

tung des Dienstes bei Ausfall / Teilausfallvon technischer Ausstattung?

3.6 Ist die Beschaffung / Bevorratung vonBetriebsmitteln und Ersatzteilen gesichert?

3.7 Gibt es Regelungen für die Reparatur techni-scher Ausstattung im Einsatzfall?

3.8 Funktionieren diese Regelungen auch beiUnterbrechung der Versorgungswege?

3.9 Funktionieren diese Regelungen auch beieinem großflächigen Stromausfall?

3.10 Werden die Konzepte regelmäßig geschultund geübt?

3.11 Sind Bargeldvorräte zur Aufrechterhaltung desBetriebes in ausreichender Höhe vorhandenund auch bei einem Stromausfall/Ausfall deröffentlichen Auszahlungssysteme verfügbar?

• Persönliche Ausstattung

3.12 Sind alle Kräfte entsprechend ihrer Funkti-on/Tätigkeit mit persönlicher Schutzausrüs-tung ausgestattet?

3.13 Gibt es Konzepte zur Versorgung der eigenenKräfte im Einsatzfall?

4 Risikomanagement und Notfallvorsorge

4.1 Werden Gefährdungs- und Risikoanalysen fürdie bereitgestellten Dienstleistungen erstellt,einschließlich- Risiken durch natürliche Ereignisse,- Risiken durch menschliches/ technischesVersagen?

4.2 Werden Gefahren aus der Umgebung reflek-tiert? (z.B. Kraftwerke, Eisenbahnlinien,Naturereignisse, etc.)

4.3 Werden Gefährdungs- und Risikoanalysen fürden Betrieb der Liegenschaften erstellt?

4.4 Wird der hieraus resultierende Handlungsbe-darf realisiert (Masterplan)?

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34 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2006

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN

5.13 Ist die Implementierung aktueller Sicherheits-richtlinien (Fortschreibung) sichergestellt?

5.14 Werden regelmäßig Übungen (auch organisa-tionsübergreifend) durchgeführt?

5.15 Werden die Übungen ausgewertet und flie-ßen die Ergebnisse in die Ausbildung ein?

5.16 Werden bei Zentralisierungs- / Auslagerungs-maßnahmen von Betriebsteilen die Auswir-kungen bei einem Ausfall dieser Dienstleis-tung auf den eigenen Betrieb berücksichtigt?

5.17 Sind Verantwortlichkeiten und Zuständigkei-ten eindeutig geregelt und kommuniziert?

5.18 Ist die Führungsstruktur eindeutig geregelt,auch bei Ausfall von Funktionsträgern?

6 Liegenschaften

6.1 Sind die Einrichtungen der Liegenschaft, diezur Aufrechterhaltung des Betriebes / Notbe-triebes erforderlich sind (z.B, Heizung, …),identifiziert?

6.2 Wenn dies der Fall ist, gibt es ein Konzeptzur Aufrechterhaltung des Betriebes beiSchadensbetroffenheit der Liegenschaft?(Zugang, Sicherung, Erreichbarkeit, Ver- undEntsorgungskonzept …)

6.3 Sind die Anforderungen dieser Konzepteumgesetzt?

6.4 Gibt es ein räumlich getrenntes System, dassdie Aufgabe der betroffenen Einrichtungübernehmen könnte?

Anmerkungen oder Erkenntnisse aus IhrerBetriebs- oder Dienstleistungseinheit, die Sie bei derAnwendung dieser Checkliste erhalten haben, teilenSie uns bitte unter [email protected]. Das Zentrum Schutz Kritische Infrastrukturendes Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Kata-strophenhilfe steht Ihnen zur weiteren Beratungebenfalls unter dieser E-Mail Adresse gern zur Verfü-gung.

4.5 Beruhen Entscheidungen der Risikofinanzie-rung auf mittel- und langfristigen Kosten-/Nutzen-Analysen?

4.6 Gibt es ein Krisen- und Notfallhandbuch?4.7 Gibt es Krisenpläne für die Bewältigung von

Großschadenlagen in Kooperation mit Be-hörden, Organisationen und weiteren Betei-ligten? Werden diese geübt?

4.8 Gibt es mit den zuständigen Behörden abge-stimmte Krisen- und Notfallpläne? Werdensie geschult?

4.9 Liegen Konzepte zur Kompensation einesAusfalls von externen Dienstleistungen beiz.B. Großschadenslagen vor?

5 Organisation

5.1 Gibt es Konzepte zur Bewältigung von Be-triebsstörungen und für die Wiederaufnahmedes Betriebes nach einer Störung?

5.2 Werden sicherheitsrelevante Vorfälle konse-quent dokumentiert und untersucht?

5.3 Werden die Untersuchungsergebnisse konse-quent zur Schließung von Sicherheitslückenverwendet?

5.4 Gibt es Verhaltensregeln und Meldewege beiSicherheitsvorfällen?

5.5 Werden Handbücher / Betriebsanleitungenfür die durchzuführenden Tätigkeiten / tech-nischen Ausstattungen bereitgestellt?

5.6 Werden Betriebsanleitungen / Handbüchergeschult?

5.7 Gibt es ein Konzept für Krisenkommunikati-on (Information an Mitarbeiter, Angehöri-gen– Hotline, Ansprechpartner für Behördenund Medien)?

5.8 Haben die Mitarbeiter Grundkenntnisse imArbeitsschutz, Brandschutz, „Erste Hilfe“?

5.9 Werden Evakuierungs- und Brandschutz-übungen durchgeführt?

5.10 Gibt es Konzepte für:- Arbeitssicherheit- Arbeitsmedizin / Hygiene- IT/TK Sicherheit- Gefahrgut und Gefahrstoffe?

5.11 Gibt es ein Gefahrstoffkataster im Betrieb?5.12 Ist die psychosoziale Notfallversorgung für

Mitarbeiter(innen) gewährleistet?

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1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 35

Ein Jahr nach dem Tsunami

Erste Grundsteine für Häuser in Sri Lanka

Zu den am schwersten vom Tsunami betroffenenLändern gehört Sri Lanka. Hunderttausende sindseitdem obdachlos und haben ihre Erwerbsmöglich-keiten verloren. Der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB),der seit 2002 in Sri Lanka tätig ist, leistete mit derVerteilung von Hilfsgütern und dem Aufbau vonTransitcamps Hilfe für die Menschen im Norden SriLankas. Im Herbst 2005 startete der ASB den Wie-deraufbau im Norden sowie weitere Projekte imBereich der Entwicklungszusammenarbeit im Ostenund Süden des Landes.Koordiniert und geplantwerden die ASB-Projektevon sieben erfahreneninternationalen Aus-landshelfern und 150lokalen Mitarbeitern inProjektbüros in derHauptstadt Colombosowie in Kilinochchi imNorden, Batticaloa imOsten und Hambantotaim Süden des Landes.

„Wir haben bisherschon viel erreicht undwerden bis Ende 2006Hilfsprojekte im Wertvon etwa zehn Millio-nen Euro abgeschlossenhaben“, zieht EdithWallmeier, Leiterin der ASB-Auslandshilfe, Bilanzder bisherigen Hilfe. Bereits am Tag der Katastro-phe und in der darauf folgenden Zeit versorgte derASB über 50.000 Menschen mit Lebensmitteln,Medikamenten und weiteren Hilfsgütern. AnfangJanuar 2005 wurde in den Distrikten Kilinochchiund Mullaitivu mit dem Aufbau von Transitcamps be-

Arbeiter-Samariter-Bund

diesen ersten Schritt, der mit der Grundsteinlegunggemacht ist. Edith Wallmeier berichtet: „Zuerstmussten wir mit den Behörden über das Baulandvon 500 Quadratmetern pro Haus verhandeln, esdann komplett von den im Bürgerkrieg gelegtenMinen befreien und parallel dazu mit den zukünfti-gen Bewohnern die Hausmodelle entwickeln. Jede

gonnen, in denen obdachlose Familien leben, bisihre eigenen Häuser wieder aufgebaut sind. Der ASBerrichtete in vier Transitcamps insge-samt 265 jeweils 20 Quadratmetergroße Übergangshäuser, 180 Sanitär-anlagen, vier Vorschulen und fünfGemeindehäuser. Zudem versorgte er 38 Camps mitStrom und verteilte Koffer an 10.000 Familien zurAufbewahrung ihrer Habseligkeiten.

Wiederaufbau von 1.200 Häusern

Am 19. Dezember 2005 konnte der ASB dieGrundsteine für die ersten beiden von insgesamt1.125 privaten Häusern legen. Sie werden im Zugedes Wiederaufbauprogramms für den Norden SriLankas bis Ende 2006 erbaut. Im Dorf Chempian-pattu, das im Bezirk Vadamarachchi East im Dis-trikt Jaffna liegt, einer besonders stark von der Flut-welle betroffenen Region, ist die Freude groß über

Eins von drei Hausmodellen, unter denen die zukünftigen Besitzer wählen können. Sie sind jeweils 50 Quadratmetergroß und stehen auf einem Grundstück, das Platz für den Anbau Obst und Gemüse bietet. (Fotos: ASB, H. Hagemeyer, F. Meyer)

FORUM

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36 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2006

FORUM

und guten Wünschen für die Zukunft in den Bodeneingelassen wurden.

Zugleich errichtet der Arbeiter-Samariter-Bund in den Dörfern Gesundheitszentren, Schulen,

Spielplätze, Gemeinde-häuser und Versamm-lungsräume. Er setztStraßen und Brückeninstand und stellt Mate-rial zur Nutzung vonSonnenenergie bereit.

In Kilinochchibaut der ASB zudem einRehabilitationszentrumfür Menschen mitBehinderung. Daruntersind viele Opfer des Tsu-namis und des Bürger-kriegs, die in den ver-gangenen Jahren keineMöglichkeit der medizi-nischen und physiothe-rapeutischen Behand-lung hatten.

Im Dorf Chempianpattu wird der ASB 172Häuser bauen. Jedes dieser Häuser ist 50 qm groß,hat zwei Schlafzimmer, ein Wohnzimmer und eineKüche. Durchschnittlich sechs Personen werden darinleben. Der Arbeiter-Samariter-Bund legt großen Wertdarauf, die Menschen vor Ort in die Planung miteinzubeziehen. Denn die Häuser müssen den lokalenGegebenheiten und Bedürfnisse der Menschen ange-passt sein. Außerdem werden einheimische Baufir-men die Häuser errichten, wobei auch männliche Fa-milienangehörige in die Arbeit mit einbezogen wer-den. Insgesamt etwa 6.000 Menschen, die in sechsDörfern ihre Häuser durch den Tsunami verloren ha-ben, erhalten auf diese Weise ein neues Zuhause.

„Die Grundsteinlegung im Dezember 2005war für die Menschen dort ein wichtiges Symbol fürden Weg zurück in ein normales Leben“, beschreibtEdith Wallmeier, Leiterin der ASB-Auslandshilfe, dieBedeutung des Baubeginns. Deshalb waren auchDorfbewohner, ASB-Mitarbeiter und zukünftige Be-wohner bei der feierlichen Zeremonie dabei, als ver-schiedene Beigaben zusammen mit dem Grundstein

Familie kann eines von drei Hausmodellen für sichauswählen. So kann nun nach dem Ende der Mon-sunregenzeit endlich mit dem Bau der Häuserbegonnen werden.“

Versammlung im Transit Camp in Uduthuray. Den Dorfbewohnern werden die Pläne für die Bauphase vorgestellt.

Eigenes Geld verdienen

Um den Menschen die Möglichkeit zu geben,wieder eigenes Geld zu verdienen, baut der Arbeiter-Samariter-Bund Markthallen sowie einfache Lädenin Jaffna und Kilinochchi. Er unterstützt auch denBau einer Produktionsstätte für Ziegel. Zudem stellter als Einkommen schaffende Maßnahmen Saat-und Pflanzgut für die privaten Gärten zur Verfügungund berät die Menschen darüber, wie sie eine guteErnte erzielen können. Fischer erhalten Netze undAußenbordmotoren. Zudem bietet der ASB selbstArbeitsmöglichkeiten an, so genannte Cash-for-Work-Programme, z.B. im Straßenbau oder bei derWiederaufforstung.

Langfristige Hilfe leisten

„Mit all unseren Projektaktivitäten wollen wireinen Beitrag zur nachhaltigen Stabilität im Land

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1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 37

leisten“, so Edith Wallmeier. Deshalb engagiert sichder ASB in den Distrikten Trincomalee und Battica-loa mit Projekten zu Krisenprävention, Friedenser-halt und Konfliktbewältigung. In Hambantota, wo25 Prozent der Menschen ohne Arbeit sind, plantder ASB Trainingsmaßnahmen für Jugendliche, umihnen den Berufseinstieg zu erleichtern. Bei allenProjekten legt der ASB Wert auf eine konfliktsensiti-ve Strategie, damit die große Hilfsbereitschaft fürdie Flutopfer und die bereits vor dem Tsunamiangelaufene humanitäre Hilfe und die Entwicklungs-zusammenarbeit des ASB in Sri Lanka sich sinnvollergänzen. Edith Wallmeier

BundesanstaltTechnisches Hilfswerk

Expertenwissen auf Abruf

Die THW-Datenbank ermöglicht schnelle Hilfe

Die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW)rettete mit ihren engagierten Helfern bei Einsätzenwie in Pakistan, in Südostasien und in Bad Reichen-hall vielen Menschen das Leben. Voraussetzung dafürwaren neben dem Engagement und Begeisterungfürs Helfen spezifische Kenntnisse und Fertigkeitender Helfer. Diese in einem Pool von nahezu 80.000THW-Helferinnen und -Helfern zu identifizieren,stellt selbst eine organisationsinterne Herausforde-rung dar. Wenn Menschen in Gefahr sind, spieltaber der Zeitfaktor eine maßgebliche Rolle. Schließ-lich hängt von der schnellen Einsatzbereitschaft derHelfer die Rettung vieler Menschenleben ab. So istbeispielsweise bei einem Erdbeben innerhalb der ers-

ten 72 Stunden die Wahrscheinlichkeit am höchs-ten, dass Verschüttete noch lebend gefunden wer-den. Schnelles Reagieren und damit eine wirksameHilfeleistung hängen daher von der zuverlässi-gen Auswahl von geeigneten Helfern ab.

Doch jede Katastrophe erfordertspezielle Fertigkeiten, Voraussetzungenund ein Expertenwissen auf Abruf: Unter-schiedliche Einreiseformalitäten sind zu beach-ten und der physisch-psychischen Tauglichkeit derHelfer ist Rechnung zu tragen. Außerdem sind beieinem Erdbeben in Pakistan andere Kenntnisse mit-zubringen als bei einer Überschwemmung in New

Die richtigen Experten für jeden Einsatz; ob bei der Flutkatastrophe im Südender USA...

Orleans. Zudem werden das Umfeld und die Anfor-derungen der Einsätze, insbesondere derer im Aus-land, zunehmend komplexer.

Eine für alle und alles

Daher kommt beim Katastrophenschutz einerqualifizierten und zügigen Auswahl der Helfer eine

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38 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2006

FORUM

hinaus ist er Mitglied der Fachgruppe SEEBA, waseinen gültigen Impfschutz für den Rettungshundbeinhaltet.

sehr hohe Priorität zu. Dies erfolgt mit einer THW-internen Helferdatenbank, mit Namen THWin. Siehält viele spezielle Informationen über die Helfer vor:So sind neben den per-sönlichen Daten (Name,Adresse, Geburtsdaten),die berufliche Ausbil-dung und Qualifikationsowie Informationenüber den Arbeitgebergespeichert. Auch Anga-ben über bereits geleiste-te Dienste und Lehrgän-ge sind in THWin eben-so verzeichnet, wie derImpf- und Gesundheits-status der Helfer.

Doch was ist einExperte? Ein Experte istein Helfer mit speziellenQualifikationen, der sichmit seinem besonderenProfil in spezifischenFunktionskurzbeschrei-bungen wiederfindet.Beispielsweise gehören zueinem Logistic Officerin der „Schnell EinsatzEinheit Bergung Aus-land“ (SEEBA) Aufgabenwie Beschaffung von Ver-pflegung, Sachgüternund Betriebsstoffen, Vor-bereitung und Mitwir-kung bei der Abwick-lung der Gesamtlogistik(z.B. Zoll, Transport,etc.), Koordination derUnterbringung und Ver-pflegung, Vertragsab-schlüsse mit lokalenKräften und Unterstüt-zung des Teamleaderssowie das Führen derHandkasse. Außerdem fungiert der Logistic Officerals Campleiter. Im Inland muss der Rettungshunde-führer einen ausgebildeten und geprüften Rettungs-hund besitzen und interkulturelle Kompetenz auf-weisen sowie kurzfristig verfügbar sein. Darüber

...oder nach dem Tsunami in Südostasien. (Fotos: THW)

Demgemäß sind Experten diejenigen Perso-nen, die nicht nur über ausgewiesene beruflicheQualifikationen verfügen, sondern auch wichtigesoft skills wie interkulturelle Kompetenz, Team- undDurchsetzungsfähigkeit sowie Führungserfahrung

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1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 39

Bundestagung der DLRG

Otto Schily mit der DLRG-Ehrenplakette ausgezeichnet

DLRG-Präsident Dr. Klaus Wilkens hat dem ehema-ligen Bundesinnenminister Otto Schily als achtemPreisträger und erstem Politiker in der 92-jährigen Ge-schichte der DLRG die Ehrenplakette verliehen. ImRahmen der Eröffnungsveranstal-tung der Bundestagung in Wei-mar würdigte er Schily alseinen der herausragenden För-derer der letzten Jahre. Die 250Delegierten und Gäste gratuliertendem Geehrten mit stehendem Applaus. „Seit IhrerAmtsübernahme haben Sie sich immer wieder aufverschiedenen Gebieten, insbesondere im Katastro-phenschutz und Rettungssport, für die DLRG starkgemacht und unsere humanitäre Gemeinschaft unter-stützt.“ Mit der Ehrenplakette wurden bisher fünfPersönlichkeiten der deutschen Wirtschaft, die Bei-ersdorf AG sowie der ehemalige Präsident des Deut-schen Sportbundes, Hans Hansen, ausgezeichnet.

In seiner Dankesrede hob der Bundesinnen-minister die besondere gesellschaftliche Bedeutung

Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft

mitbringen. In der THWin-Datenbank tauchen siemit Titeln wie Logistic Officer, Medical Officer, Me-dia Officer, Safety and Security Officer auf. AuchBauingenieure, Logistiker und Ortungsspezialistenu.a. gehören dazu.

Bei dieser Personengruppe werden zusätzlichdie Fremdsprachenkenntnisse, abgeprüft über dasBundessprachenamt, und die tatsächliche Teilnahmean Auslandseinsätzen erhoben. Auch aktuelle Visain-formationen (Passdaten und Angaben zu Eltern undEhepartnern), die Religionszugehörigkeit und dieMitgliedschaft in anderen Organisationen werden beiden Experten registriert. Gleichzeitig ist es möglich,Fortbildungen und Lehrgänge für die THW-Expertenzu steuern. Denn die Datenbank ermöglicht eineklare Übersicht darüber, welcher Aus- und Fortbil-dungsbedarf bei den einzelnen Experten besteht.Selbstverständlich erfasst die THWin die individuelleVerfügbarkeit der Experten und schließlich die Blut-gruppe. „Das THW setzt für die operative Einsatz-planung ein Auswahlverfahren für Experten ein, dasim Bedarfsfall schnell, aktuell und kriterienorientiertist“, sagt Gerd Friedsam, Referatsleiter für Einsatzund Einsatzgrundsätze.

Über die Expertendatenbank des THW werdenauch externe Organisationen eingebunden. DerenSpezialisten nimmt das THW — nach vorherigerPrüfung — als externe Experten in seinen Datenbe-stand auf und ruft sie bei Bedarf ab.

Neben der zentralen Helferauswahl über dasTHWin ist es weiterhin möglich, auf AnforderungDritter (wie beispielsweise der Europäischen Unionoder den Vereinten Nationen) eine gezielte Personal-auswahl durchzuführen, um bei einer etwaigen An-frage adäquat zu reagieren.

„Unsere THWin-Expertendatenbank ist nichtstarr, sondern entwickelt sich ständig weiter“, erklärtder Referatsleiter für Einsatzgrundsätze weiter. „Denndas ehrenamtliche Helferwissen wird von den 668Ortsverbänden des THW eingepflegt. Gemäß unsererbesonderen Struktur, wonach wir eine ehrenamtlichgetragene Helferorganisation sind, ist jeder Helfer ver-pflichtet, seine Daten aktuell zu halten. Hauptamtli-che Experten sowie externe Spezialisten verwaltet je-doch die THW-Leitung in Bonn. Diese Experten wer-den dann im Einsatzfall direkt von der Operations-zentrale der THW-Leitung abgerufen und über denDienstweg alarmiert. Damit speichert unsere Daten-bank geballtes und aktuelles Expertenwissen.“

Mit seiner Expertendatenbank verfügt dasTHW daher über ein zuverlässiges, modernes undtransparentes Instrument, um seinen gesetzlichenAuftrag zu erfüllen und schnell, sicher und zuverläs-sig auch in komplexen Schadenslagen zu helfen.Denn Einsätze beginnen schon mit der qualifizier-ten und schnellen Auswahl des Personals.

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40 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2006

FORUM

periode gab es nur zwei Veränderungen: Die schei-dende parlamentarische Staatssekretärin im Bundes-innenministerium, Ute Vogt, ist neue Vizepräsiden-tin der DLRG. Hans-Hermann Höltje übernimmtdas Amt des stellvertretenden Leiters Einsatz vonRainer Engelbracht.

„Das Präsidium hat in den vergangenen Jah-ren sehr gute Arbeit geleistet und für die kommen-den vier Jahre klare Ziele und Aufgaben formuliert.

Prioritäten haben füruns der Erhalt der Bäder-landschaft in Deutsch-land, die Steigerung derSchwimmfähigkeit vorallem bei den jungenMenschen und die Ver-besserung der Sicherheitan den Badestellen,“nennt der alte und neuePräsident der DLRG dieanstehenden Aufgaben.

Mit großer Sorgesieht die DLRG einen„unheilvollen Trend“ zuBäderschließungen. ZumErhalt von Bädern ver-abschiedete die Bundes-tagung eine Resolution.Darin heißt es: Die Poli-tik trägt Mitverantwor-tung, wenn bereits heute

eine Verschlechterung der Schwimmfähigkeit nach-weisbar ist, Ausbildungen der schwimmausbildendenOrganisationen drastisch zurück gehen und Schul-schwimmen vielfach nicht mehr stattfindet.

Die Bundestagung fordert Kommunen undprivate Betreiber von Badestellen auf, ihrer Verkehrs-sicherungspflicht gerecht zu werden und Einrichtun-gen für die Wassersicherheit der Nutzer vorzuhalten.Voraussetzung müsse eine dezidierte Gefährdungs-analyse des Betriebes sein. Daraus ergebe sich dertatsächliche Bedarf der notwendigen Sicherungsmaß-nahmen. Die DLRG kann mit geschulten Gutach-tern die Gefährdungsanalyse vornehmen. Damit willder humanitäre Verband vor allem die Binnengewäs-ser sicherer machen, in denen in Deutschland diemeisten Menschen ertrinken.

Die Delegierten beschlossen darüber hinaus,die Ausbildungsoffensive für die Schwimmausbildung

er, dass sein Ministerium der DLRG für die Ausrich-tung der Weltmeisterschaften im Rettungsschwim-men 2008 vor wenigen Tagen seine Unterstützung zu-gesagt habe. Und weiter: „Wenn wir eine Bewerbungunterstützen sind wir meistens auch erfolgreich.“

Dritte Amtszeit für Dr. Klaus Wilkens als Präsident der Lebensretter

Mit einer überwältigenden Mehrheit hat dieBundestagung der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) am Samstag, 5.11.2005, in Wei-mar Dr. Klaus Wilkens (63) zum Präsidenten ge-wählt. Die Delegierten der größten Wasserrettungsor-ganisation setzen bei der Wahl des Präsidiums aufKontinuität. Gegenüber der vergangenen Legislatur-

Otto Schily mit der DLRG-Ehrenplakette. (Foto: DLRG)

der DLRG hervor. „Ich freue mich sehr über die hoheAuszeichnung. Ich schätze die DLRG besonders,und ich bin dankbar für ihr Wirken. Die DLRG be-treibt Aufklärung über Wassergefahren und sie bil-det Schwimmer und Retter aus. Vorbeugen ist Ret-tung, Aufklärung ist Rettung. Wir machen einengroßen Fehler, wenn wir an der Vorsorge sparen, dennNachsorge ist immer teurer als die Vorsorge“, soOtto Schily. Mit Blick in die Zukunft informierte

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1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 41

Deutscher Feuerwehrverband

Fachempfehlungen zu Kortisontherapie und Brandwundenbehandlung

„Der Deutsche Feuerwehrverband ist weiterhin derAnsicht, dass die Inhalation von Kortisonen nachRauchgasexposition medizinisch von Nutzen ist.“„Bei der Behandlung von Brandwundenist die Kühlung nur in den erstenMinuten nach Eintritt der Verletzungsinnvoll; meist ist diese Maßnahmedaher auf die Laienhilfe begrenzt.“So lauten Auszüge aus zwei Fach-empfehlungen, die Bundesfeuerwehr-arzt Prof. Dr. Sefrin — teils inZusammenarbeit mit hochrangigenKollegen — für den Deutschen Feuerwehrverbanderarbeitete. Abgedruckt sind gekürzte Versionen; dieKomplettfassungen finden sich im Internet unterwww.dfv.org/ fachthemen (Gesundheitswesen undRettungsdienst)

Kortisontherapie nach Rauchgasexposition

Bereits 1999 hat der Fachausschuss Gesund-heitswesen/Rettungsdienst des DFV zur Gabe vonkortisonhaltigen Dosieraerosolen nach Rauchgasex-position Stellung genommen. Diese werden oft rou-tinemäßig unter der Vorstellung angewendet, dass sodie Reizung der Atemwege und Lunge vermindertwerden kann. Zwischenzeitlich wurden zwei neuerePräparate zur Prophylaxe des toxischen Lungen-ödems nach Inhalation von Rauchgasen zugelassen.Dies machte die Überprüfung der Richtigkeit undAktualität dieser Empfehlung notwendig.

Erneut wurde eine Literaturrecherche durch-geführt, die wiederum keine hochrangige Studie her-

fortzusetzen, um der rückläufigen Schwimmfähigkeitin der Bevölkerung entgegen zu wirken.

Das neue Präsidium der DLRG:

• Präsident: Dr. Klaus Wilkens; • Vizepräsidenten: Jochen Brünger, Dr. Detlev

Mohr, Ute Vogt; • Schatzmeister: Joachim Kellermeier; • Leiter Ausbildung: Helmut Stöhr; • Leiter Einsatz: Ortwin Kreft; • Präsidialarzt: Dr. Peter Pietsch; • Leiter Verbandskommunikation: Achim Wiese; • Justitiarin: Astrid Löber; • Stellvertretender Schatzmeister: Günther Seyfferle;• Stellvertretender Leiter Einsatz: Hans-Hermann

Höltje;• Stellvertretender Leiter Ausbildung: Dr. Dirk Bis-

singer; • Stellvertretender Präsidialarzt: Dr. Norbert Mat-

thes; • Stellvertretende Leiterin Verbandskommunikati-

on: Esther Busen; • Stellvertretender Justitiar: Jürgen Wagner.

Der Ehrenpräsident der DLRG, Hans-JoachimBartholdt, der Vorsitzende der DLRG-Jugend, Dr.Tim Brinkmann und der Generalsekretär LudgerSchulte-Hülsmann sind qua Amt Mitglied des Präsi-diums.

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FORUM

zu erwarten. Bei mehreren Minuten zurücklie-genden Verbrennungen ist eine Kühlung nichtmehr sinnvoll. Maximale Dauer 10 Minuten,Leitungswassertemperatur 10 bis 20 Grad Celsi-us. Großflächige Verbrennungen und bei auf derHaut haftenden Substanzen sollte nur primärabgelöscht werden. Länger dauernde Kühlungs-maßnahmen ausgedehnter Hautbereiche solltenwegen Unterkühlung nicht durchgeführt werden.

2. Entkleiden und SäubernSoweit wie möglich den Patienten entkleidenund säubern ohne starke mechanische Gewaltauszuüben. Aufgrund des zu beachtenden Wär-meerhaltes findet dies im RTW statt.

3. Volumentherapie4. Wundbehandlung

Kontraindiziert sind aktiv kühlende Verfahren.Andere Spezialsysteme (z.B. BurnPack, Waterjel)bieten aufgrund der wissenschaftlichen Datenla-ge keinen Vorteil zu u.a. Vorgehen. Abdeckenmit sterilen Tüchern. Diese können befeuchtet

1. Kühlung mit KaltwasserDie Maßnahme stellt eine Laienhilfe (= Sofort-hilfe) dar. Bereits zwei Minuten nach Verbren-nungsbeginn und damit bei Eintreffen des Ret-tungsdienstes ist ein positiver Effekt nicht mehr

vorbrachte, die die Wirksamkeit der Kortisonthera-pie nach Rauchgasinhalation belegt. Auch die Her-stellerfirmen der beiden neuen Präparate konntenkeine Nachweise zur Wirksamkeit der Therapie lie-fern. Der Deutsche Feuerwehrverband hält daher anseiner Position zur Gabevon inhalativen Korti-sonpräparaten nachInhalation von Rauchga-sen fest:

Es gibt derzeitkeinen Nachweis, dassdie Inhalation von Kor-tisonen nach Rauchgas-exposition medizinischvon Nutzen ist.

Es ist daher keinVersäumnis, derartigePatienten präklinischnicht mit Kortison–Dosieraerosolen zubehandeln.

Wegen der Neben-wirkungsarmut ist die in-halative Kortisonthera-pie nach Rauchgasexpo-sition allerdings auchkein Fehler, sondern kann als vertretbarer Behand-lungsversuch gewertet werden.

Keinesfalls darf durch einen solchen Be-handlungsversuch jedoch die vorrangige Therapie(Rettung aus der Rauchgasatmospäre etc.) verzögertoder verhindert werden.

Einheitlicher Standard für die Versorgung Brandverletzter durch den Rettungsdienst

Die Versorgung von Brandverletzten durchden Rettungsdienst stellt notfallmedizinisch insoferneine Herausforderung dar, als in der Fachliteraturund in elektronischen Medien eine Vielzahl sich teil-weise widersprechender Empfehlungen zu findensind. In der präklinischen Phase muss jedoch durchdie Vielzahl der beteiligten Einsatzkräfte und dienotwendige Begrenzung der vorhaltbaren Ausrüs-tung auf eine möglichst einheitliche VorgehensweiseWert gelegt werden.

Wegen der Nebenwirkungsarmut kann die inhalative Kortisontherapie nach Rauchgasexposition als vertretbarerBehandlungsversuch gewertet werden. (Foto: DFV)

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1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 43

Deutsches Rotes Kreuz

Rund 700 Helfer im Großeinsatzin Bad Reichenhall

15 Tote und 34 zum Teil Schwerverletzte geborgen

Seit dem 2. Januar waren von den verschiedenen Hilfs-organisationen rund 700 Retter im Einsatz, darunterrund 30 Notärzte und Spezialisten der Hundestaf-feln. Allein das Bayerische Rote Kreuz (BRK)stellte aus den Kreisverbänden Berchtesgade-ner Land und Traunstein rund 150 Retter.Nach den Angaben von Landesgeschäfts-führer Armin Bauer verlief die Zu-sammenarbeit der Hilfsorganisationentrotz schwieriger Umstände vor Ort vor-bildlich koordiniert und äußerst professio-nell. „Hier zahlen sich unsere regelmäßigen Übun-gen auch mit dem Nachbarn des ÖsterreichischenRoten Kreuzes aus“, so Armin Bauer. Wegen derständigen Einsturzgefahr instabiler Bauteile gestalte-ten sich die Bergungsarbeiten während der gesamtenDauer des Einsatzes äußerst schwierig. Die Rettungs-kräfte arbeiteten bis zur Erschöpfung. und warenzum Teil über 75 Stunden im Einsatz.

15 Menschen starben

15 Tote, darunter zwölf Kinder und Jugendli-che und drei erwachsene Frauen sowie 34 zum Teilschwer verletzte Menschen sind die Bilanz desDacheinsturzes der Eislaufhalle in Bad Reichenhall.In den späten Abendstunden des 2. Januars konnteein fünfjähriges Mädchen lebend und leicht ver-letzt aus den Trümmern gerettet werden. Im Ver-lauf der Rettungs- und Bergungsarbeiten kamenschwere Kräne und Bagger zum Einsatz. Am 3. Ja-nuar mussten dann gegen Mittag die Bergungsar-beiten wegen akuter Einsturzgefahr schwerer Bau-teile eingestellt werden.

werden, aber beim Befeuchten ist je nach Witte-rung mit einer verstärkten Auskühlung zu rech-nen, daher im Zweifel darauf verzichten, danachWärmeschutzfolie, danach warm einpacken.Sollte der Patient bereits ausgekühlt sein, musseine Erwärmung durchgeführt werden. Die Wär-meschutzfolien führen diese nicht zu, sondernverzögern lediglich einen weiteren Abfall derKörpertemperatur.

5. WärmeerhaltDer Wärmeerhalt ist eine der zentralen Aufga-ben des Rettungsdienstes. RTW: Türen geschlos-sen, Heizung an. Während der Patientenversor-gung kein Walking around zulassen. Entklei-dung erst hier. Infusion vorgewärmt. „Einpa-cken“ des Patienten.

6. Analgesie / Sedierung7. Inhalationstrauma8. Allgemeine Intubationskriterien9. Indikation für primären Transport in die Ver-

brennungsklinik und Kriterien für Sekundärver-legung

10. Anmerkung zu Kindern11. Schwerbrandverletzen Bettenverteilung

Die Organisation einer entsprechendenBehandlungsoption erfolgt über die zuständige Leit-stelle.

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44 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2006

FORUM

Letzte Vermisste geborgen

Die letzte noch vermisste Person, eine 40-jäh-rige Frau, wurde am 5. Januar in den frühen Mor-genstunden geborgen. Alle Todesopfer hatten ihren

Wohnsitz in den Land-kreisen BerchtesgadenerLand und Traunstein.Den betroffenen Men-schen standen währenddes gesamten Zeitraumsdes Einsatzes und auchdanach geschulte Mitar-beiter von Kriseninter-ventionsteams sowieBerater und Psycholo-gen mit Erfahrung imUmgang mit traumati-sierten Menschen zurVerfügung.

Hanna Hutschen-reiter, Markus Leitner

LÜKEX 05 – DRK-Sachsen fit im Aus-kunftswesen

„Zugunglück in Netzsch-kau, Giftgasanschlag beiGroßveranstaltung aufder Dresdner Cockerwie-se, mehrere Evakuie-rungslagen in Leipzig.“Schon eines dieser Sze-narien lässt Einsatzkräftegehörig ins Schwitzenkommen. Die erfolgrei-che Bewältigung allerKrisensituationen inner-halb 48 Stunden war fürden DRK-Suchdienst inSachsen eine gute Vorbe-

Die Nordwestseite des Gebäudes neigte sichnach Außen. Ein Spezialfirma zum Abbau schwererBauteile wurde angefordert und nahm am zweitenAbend nach der Katastrophe die Arbeit an derUnglückstelle auf.

Die Bergungsarbeiten in den Trümmern der Eissporthalle gestaltetensich schwierig. (Fotos: Markus Leitner)

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1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 45

Johanniter-Unfall-Hilfe

Wenn die Knie weich werden

Einsatznachsorge gehört zur Mitarbeiterfürsorge

Um Opfer und Hinterbliebene kümmern sich nacheiner Katastrophe wie in Bad Reichenhall Notfall-nachsorgeteams. Aber wer hilft den Einsatzkräften,den eigenen Mitarbeitern? Ein bundesweites Ein-satznachsorge-Netz der Johanniter muss her, geht esnach Leander Strate, FachbereichsleiterRettungsdienst in der Bundesgeschäfts-stelle der Johanniter-Unfall-Hilfe inBerlin. Die ersten 25 Johanniterschlossen bereits im vergangenen Jahrehrenamtlich den Pilotlehrgang zur„Fachkraft Einsatznachsorge“ ab. Dochnoch mehr freiwillige Helfer werden dringendgebraucht.

Die Nächte werden durch Albträume zerris-sen. Das Herz rast bis zum Hals. Die Knie werdenweich, die Hände zittern. Plötzlich beginnt man zuweinen. „Das sind typische Symptome nach beson-ders belastenden Einsätzen“, sagt einer, der sich aus-kennt: Olaf Gengenbach, Vorsitzender des VereinsStressbearbeitung nach belastenden Einsätzen (SbE).„Normalerweise reicht das Gespräch mit den Kolle-gen, aber eben nicht immer. Dann sollten zeitnahgut strukturierte Einzel- oder Gruppengesprächestattfinden.“

Zeitnah hieß im Fall von Bad Reichenhall:Vier Tage nach der Katastrophe fuhr, angefordert vonder Einsatzleitung am Unfallort, ein vierköpfigesWürzburger Team mit Vertretern von Johannitern,Maltesern, Bayrischem Rotem Kreuz und Feuerwehrin die Nähe von Bad Reichenhall. Johanniter JürgenLahrsow: „Wir führten ein Gruppengespräch mit 13Helfern einer Versorgungseinheit vom BayrischenRoten Kreuz. Drei Stunden lang. Länger sollte soein Gespräch nicht dauern. Anschließend gab es beieiner lockeren Brotzeit die Möglichkeit für persönli-

reitung auf die kommende Fußball-Weltmeister-schaft.

„Einem verzweifelten Angehörigen sichereAuskunft über den Verbleib eines Betroffenen einerKatastrophe oder Großschadenslage geben zu kön-nen.“ Dieser verantwortungsvollen Aufgabe stellensich die ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter derVermissten-Auskunftsstellen des Deutschen RotenKreuzes. Im Rahmen der großangelegten Krisenma-nagementübung LÜKEX 05 kamen die Auskunfts-stellen der DRK-Kreisverbände Auerbach, Dippoldis-walde, Dresden, Grimma, Leipzig (Stadt/Land),Mittleres Erzgebirge, Plauen, Zwickau unter großemZeitdruck, aber mit viel „Fingerspitzengefühl“ zumEinsatz. Daten von mehr als tausend betroffenen Per-sonen aus den fiktiven Übungsszenarien der Mas-senanfälle mit Verletzten (MANV) und Betreuungs-lagen mussten elektronisch verarbeitet werden. Er-folgreich zum Einsatz kam hierbei zum ersten Maleine vom DRK-Bundesverband entwickelte Software-lösung („Xenios“). Mit ihrer Unterstützung wurdendie sich vor Ort im Einsatz befindenden Auskunfts-stellen der Kreisverbände und das zentrale Bürgerte-lefon des Landesverbandes miteinander vernetzt.Anrufe besorgter Angehöriger, die aus den Übungs-stäben eingespielt wurden, konnten durch diesesVerfahren schnell und sicher beantwortet werden.Das DRK in Sachsen zeigt sich damit fit im Aus-kunftswesen für die WM-Spiele in Leipzig.

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46 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2006

FORUM

Die schon existierenden Teams sind in derOrganisation den Landesverbänden unterstellt, ihreAlarmierung erfolgt zentral über eine 24-stündlicherreichbare Meldezentrale.

Leander Strate wünscht sich für die JUH nochzwei weitere Teams mit 15 ehrenamtlichen Mitarbei-tern, sowohl psycho-sozialen Fachkräften als aucherfahrenen Rettungsdienstmitarbeitern, für die Gebie-te „Mitte Süd“ (Baden-Württemberg, Bayern) und„Mitte West“ (Hessens und Nordrhein-Westfalen).(Mehr Informationen über: [email protected],Tel. 030-26997-162; [email protected] undunter www.sbe-ev.de)

Regina Villavicencio

Drei Johanniter-Teams, deren Einsatzgebietmehrere Verbände umfasst, gibt es bereits:• Team „Mitte“ hauptsächlich zuständig für Nie-

dersachsen, Teile von Nordrhein-Westfalen undSachsen-Anhalt sowie Hamburg und Schleswig-Holstein;

• Team „Nord-Ost“ hauptsächlich zuständig fürBerlin, Brandenburg, Teile Mecklenburg-Vor-pommerns und Sachsen-Anhalts;

• Team „Süd-Ost“ hauptsächlich zuständig für Sach-sen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Teile Hessens.

che Gespräche. Das Problem war, dass die Versor-gungseinheit ganz nah bei den Angehörigen unterge-bracht war. Das Team hatte Sorge, sich nicht richtigverhalten zu haben, was aber nicht der Fall war. Daskonnte im Gespräch geklärt werden.“

Auch alltägliche Einsätze sind belastend

In Würzburg gibt es seit fast zehn Jahren einehrenamtliches Stressbewältigungsteam nach belas-tenden Einsätzen, das von mehreren Organisationenbestückt wird. Sie kom-men nicht nur nach grö-ßeren Katastrophen zumEinsatz. „Auch alltägli-che, weniger dramati-sche Unfälle könnensich belastend auf dieEinsatzkräfte auswir-ken“, weiß der Würzbur-ger JUH-Regionalvor-stand Uwe Kinstle. Lean-der Strate von der Bun-desgeschäftsstelle der Jo-hanniter sieht das eben-so: „Oft hat man dasBild des harten Retters,des ‚Rettungsbären’ vorAugen, den nichts aus derBahn werden kann. Da-bei wird gern übersehen,dass der kontinuierlicheinnere Druck zu Belas-tungsstörungen führenkann.“ Um zu erkennen,wann ein Mitarbeiter oder das ganze Team ein Ge-spräch braucht, werden in Bayern zum Beispiel dieEinsatzleiter geschult.

Leander Strate will ein bundesweites flächen-deckendes Johanniternetz von Einsatznachsorge-teams aufbauen. „Denn Einsatznachsorge gehört zurMitarbeiterfürsorge.“ 25 ehrenamtliche Helferinnenund Helfer besuchten bereits im vergangenen Jahrden einwöchigen Pilotlehrgang zur „Fachkraft Ein-satznachsorge“. Das Ausbildungskonzept folgt derMitchell-Methode, die in den USA seit 20 Jahrenangewandt und inzwischen in Deutschland prakti-ziert wird. Das Zeugnis, das die Lehrgansteilnehmerbekommen, ist sogar weltweit gültig.

Nicht nur die Opfer eines Unglücks sind großen Belastungen ausgesetzt. Auch professionelle Helfer stehen unterDruck. Ein bundesweit einheitliches Einsatznachsorge-Konzept in der JUH soll Hilfe leisten. (Foto: JUH)

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1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 47

Malteser Hilfsdienst

Seuchengeschehen, Epidemien,Pandemien — Pflegedefizit in der Bevölkerung

Grundlage

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und dieüberwiegende Mehrheit der Experten gehen davonaus, dass mit einem erneuten pandemischen Auftre-ten der Influenza bereits in absehbarer Zeit gerechnetwerden muss. Außerdem ist es nicht auszuschließen,dass es in absehbarer Zeit durch andere Infektions-krankheiten oder außergewöhnliche Seuchengesche-hen zu einer Epidemie oder sogar Pandemie kommt.Darüber hinaus besteht immer noch ein Restrisikobzw. eine Bedrohung durch einen bioterroristischenAnschlag der ebenfalls einen pandemischen Aus-bruch zur Folgen haben kann.

Hinsichtlich ihrer Ausbreitungsdynamik undder zu erwartenden Erkrankungs- und Todesfällestellt die Influenza-Pandemie wahrscheinlich das Er-eignis mit dem höchsten Gefahren-, Risiko- undVulnerabilitäts-Potential unter den Bedrohungendurch Infektionserreger dar.1

Influenzapandemie

Unter einer Influenzapandemie ist eine welt-weite, massive Häufung von Erkrankungen mit einerhohen Sterblichkeit und Erkrankungsrate zu verste-hen, ausgelöst von einem neuen Virus-Subtyp, gegenden die überwiegende Mehrheit der Bevölkerungnicht immun, d.h. nicht durch vorausgegangeneInfektionen oder Impfungen geschützt ist.

Im vergangenen Jahrhundert haben Influenza-viren drei folgenschwere Pandemien verursacht: • 1918-1920 die „Spanische Grippe“ (Influenza A

(H1N1))mit weltweit zwanzig bis fünfzig MillionenTodesopfern

• 1957-1960 die „Asiatische Grippe“ (Influenza A(H2N2))mit ca. einer Million Todesfällen

• 1968-1970 die „Hongkong-Grippe“ (Influenza A(H3N2))mit ca. einer Million Todesfällen

Für die Bundesrepublik Deutschland würdeein Pandemieszenario mit einer 15%-igen Erkran-kungsrate und ohne Thera-pie- und Prophylaxemaß-nahmen in einem Zeit-raum von acht Wochen mitüber 6 Millionen zusätzlichen Arztbesuchen, ca.180.000 Krankenhauseinweisungen und 48.000 Influ-enza bedingten Todesfällen zu rechnen sein.

Bei einer 30%-igen Erkrankungsrate würde esschon zu 13 Millionen zusätzlichen Arztbesuchen,360.000 Krankenhauseinweisungen und 96.000Toten kommen.

Bei einer Erkrankungsrate von 50% erhöhensich die Zahlen auf über 21 Millionen zusätzlicheArztkonsultationen, fast 600.000 Krankenhausein-weisungen und bis zu 160.273 Tote

Faktoren die eine Infektionsausbreitungbegünstigen:

• Virusübertragung von Mensch zu Mensch• Fehlende Immunität in der Bevölkerung

Faktoren die eine Infektionsausbreitung ein-schränken:

• Ausreichend verfügbarer Impfstoff• Frühzeitiges Impfen von besonders gefährdeten

und exponierten Personengruppen• Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens und

die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheitund Ordnung

Das Auftreten einer solchen Pandemie hätteumfangreiche Folgen für die gesamte Bevölkerungund würde zu einer enormen Belastung des gesam-ten Gesundheitssystems führen.

1 Quelle: Nationaler Pandemieplan Teil III Juli 2005)

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48 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2006

FORUM

gung der Heimbewohner bzw. Erkrankten solangewie irgend möglich selbst übernehmen müssen.

In besonders schwierigen Szenarien wird esnotwendig sein, ganze Lebensbereiche abzusondern,womit es zu einer so genannten Kohortenbildungkommt. Dort ist eine Versorgung der Betroffenennur durch Selbst- und Nachbarschaftshilfe mit derUnterstützung von Hilfspersonal möglich.

Forderungen für den Selbstschutz und die Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerungbei Pandemien

Wiederherstellung der Verfügbarkeit der300.000 bundesweit ausgebildeten Schwesternhelfe-

rinnen über die Hilfsorganisationen (soweit mitt-lerweile noch realisierbar). Eine Überlegung,

die bereits im Rahmen von Übungengefordert wurde.

Aufbau eines Systemzur Ergänzung des medizini-

schen und pflegerischen Personalsdurch speziell geschultePflegehilfskräfte für dieBereiche stationäre Kran-ken- und Altenpflegesowie ambulante Pflege

(Anpassung des alten Schwes-ternhelferinnenprogramms anneue Erfordernisse).

Vorhaltung eines Impfhel-ferprogramms zur Sicherstellung

einer umfassenden und flächendecken-den Impfprophylaxe.

Sicherung der Selbsthilfefähigkeit der Bevöl-kerung unter besonderer Berücksichtigung dergrundpflegerischen Versorgung von Verletzten undErkrankten in der häuslichen Umgebung durch ent-sprechende Qualifizierung.

Der Bund wäre gut beraten, wenn er sich beider Umsetzung eines solchen Programms auf dieHilfsorganisationen als unverzichtbar notwendigenPartner rückbesinnen und die Rahmenbedingungenzur Mitwirkung von Ehrenamtlichen in einer aktuel-len Gefahrenlage deutlich verbessern würde.

Klaus Albert, Werner Müller

Auswirkungen auf das Gesundheits- undSozialwesen

Medizinisches und pflegerisches Personalhaben durch die Versorgung Erkrankter nicht nurein erhöhtes Krankheitsrisiko, sondern stellen aucheine nicht zu unterschätzende Infektionsquelle dar.Dies ist bei der Influenza von besonderer Bedeu-tung, da bereits vor Beginn der klinischen Sympto-matik ein Infektionsrisiko bestehen kann. Das Medi-zinpersonal ist entscheidend für die Aufrechterhal-tung der medizinischen Versorgung aller übrigenBereiche. Selbst wenn diese Beschäftigten unmittel-bar keiner höheren Gefährdung unterliegen, an derKrankheit zu sterben, sind andere Patienten mittel-bar durch eine fehlende Krankenversorgung gefähr-det. Gleiches gilt für den Bereich der Sicherstellungder öffentlichen Ordnung. Ein erhöh-ter Ausfall an Sicherheits- und Ord-nungspersonal (Polizei/Berufsfeu-erwehr) durch hohen Kranken-stand ohne die Möglichkeit einerUmschichtung gefährdet das öffentli-che Leben.

Neben der Bevölke-rung wird das Personal (30– 50 %) im Gesundheits-wesen betroffen sein. Die-ser Personalausfall wirddamit zu einem weiterem Res-sourcenmangel führen undMaßnahmen zur Kompensati-on nötig machen.

Maßnahmen und Aspekte der medizinischenVersorgung

Sollten Möglichkeiten einer Impfprophylaxebestehen, müssen frühzeitig Impfstationen einge-richtet werden, in denen medizinisches Hilfsperso-nal benötigt wird.

Im Pandemiefall wird auf Grund des Ressour-cenmangels zur Entlastung der Kliniken eine früh-zeitige Übergabe von Patienten aus den stationärenBehandlungsbereichen in den ambulanten und vomambulanten auf den häuslichen Bereich erfolgen.

Das bedeutet, dass Pflegeheime wie Arztpra-xen bei drastisch reduziertem Personal die Versor-

Influenzavirus vom Typ A,schematische Darstellung.

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1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 49

Verband der Arbeitsgemeinschaftender Helfer in den Regieeinheiten/-ein-richtungen des Katastrophenschutzesin der Bundesrepublik Deutschland e.V.

Ehrenamt im Bevölkerungs- undKatastrophenschutz — Quovadis?

Von Leistungs- und Verantwortungsträgern in Wirt-schaft, Verwaltung und Wissenschaft wird gemein-hin gesellschaftliche und soziale Verantwortung und

eine auf Gemeinsinn reflektierte Wert-haltung gefordert. Kernanliegen,die in besonderer Weise auch fürden Bevölkerungs- und Katastro-phenschutz relevant sind. Schlüs-selqualifikationen, die durch die

ehrenamtliche Mitwirkung in denöffentlichen und privaten Organisatio-

nen neben fachlichen und methodischen Kompe-tenzen erworben und gefördert werden, unterstützenund stärken die persönliche und berufliche Entwick-lung der Helferinnen und Helfer. In zahlreichenehrenamtlichen Funktionen der verschiedenen Fach-dienste können sie zum Beispiel „unternehmeri-schen Fähigkeiten“ voranbringen und ihre Kompe-tenz für Führungs- und Leitungsaufgaben fördern.Es geht dabei um Eigeninitiative, Gestaltungswillen,Kreativität, Zielstrebigkeit, Risikobereitschaft und –bewusstsein, Begeisterungs- und Integrationsfähig-keit, Kommunikation und vernetztes Denken undHandeln. Vor allem aber um die Übernahme vonVerantwortung.

Dieses Kompetenzprofil befähigt die Helferin-nen und Helfer des Bevölkerungs- und Katastro-phenschutzes zur wirkungsvollen Hilfeleistung in Ex-tremsituationen. In Auslandseinsätzen gewinnen siezudem in den international tätigen Organisationenwertvolle interkulturelle Erfahrungen. Der ehrenamt-liche Dienst zum Schutz und für die Sicherheit der

Bürgerinnen und Bürger erfordert jedoch auch einhohes Maß an Verlässlichkeit sowie zeitlicher Verfüg-barkeit; zählt deshalb zu Recht zu den „harten Ehren-ämtern“. Das mag ein Grund dafür sein, dass vielejunge Menschen sich wegen der hohen zeitlichenBelastung und den besonderen Anforderungen, diean den Dienst im Bevölkerungs- und Katastrophen-schutz gestellt werden, lieber in anderen ehrenamtli-chen Aufgabenbereichen engagieren. Deshalb benö-tigen wir für das freiwillige und bürgerschaftlicheEngagement in diesem wichtigen Bereich der Daseins-vorsorge künftig einen stärkeren politisch und gesell-schaftlich verankerten Hintergrund.

Die Anerkennung und Würdigung der er-brachten Leistungen der Helferinnen und Helfern inden jeweiligen Organisationen ist ja durchaus unter-schiedlich ausgeprägt. So vermissten besonders diein der Regie der Kommunen und Landkreise organi-sierten Helferinnen und Helfer der Regieeinheitenund –einrichtungen in der Vergangenheit öffentlicheWahrnehmung. Dabei leisten sie im Bereich derStäbe, in Einrichtungen der Führung und Kommu-nikation wichtige und unverzichtbare Aufgaben imBereich des behördlichen Katastrophenschutzes.

Völlig demotivierend für die in der Träger-schaft der kommunalen Katastrophenschutzbehör-den (Regie) erbrachten freiwilligen Leistungen wir-ken dann Erklärungen, wonach es nach dem Gesetzdiese Form der ehrenamtlichen Mitwirkung eigent-lich gar nicht mehr geben sollte und man demzufol-ge auf eine Beteiligung an der Mitgestaltung der Auf-gaben im Katastrophenschutz verzichten wolle (vgl.Bevölkerungsschutz 2-2004). Ebenso kontraproduktivfür die Entwicklung der Notfallvorsorge in Deutsch-land ist auch das gegenwärtig wieder aufflammendeKompetenzgerangel zwischen den Ländern und demBund. Da ist es schon erstaunlich, wenn plötzlichder Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen,Dr. Ingo Wolf, die Abkehr vom dualen System unddie alleinige Zuständigkeit der Länder im Rahmeneiner abermaligen Neuordnung unseres Notfallsys-tems einfordert (vgl. Nationale Sicherheit und Bevöl-kerungsschutz 4-2005). Die wievielte Neuordnung inden letzten 50 Jahren wäre das dann eigentlich? Leis-ten wir uns dann wieder den enormen Verlust vonehrenamtlichem Potenzial wie seinerzeit beim in derÄra Kanther postulierten „Zukunftskonzept für denZivil- und Katastrophenschutz in Deutschland“?Oder meint man stattdessen, Gemeinsinn und Ver-

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50 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2006

FORUM

Helferinnen und Helfer verbessernde Maßnahmenwie sie das Bundesinnenministerium auch in seinen„Zehn Empfehlungen zur Förderung des Ehrenam-tes im Zivil- und Katastrophenschutz“ (vgl. Bevölke-

rungsschutz 2-2005) inersten Schritten erarbei-tet hat. Vor allem wärees Aufgabe der Länder,wenn sie denn immer sonachhaltig auf ihreZuständigkeiten verwei-sen, den Helferinnenund Helfern wieder för-derliche Infrastrukturenund Qualifizierungenfür ihren an-spruchsvollen Dienst zubieten; hierfür dann aberauch finanzielle Entwick-lungsprogramme aufzu-legen. Sich ehrenamtlichfür den Schutz und dasWohl der Menschen inunserem Land einzuset-zen ist eine der ehren-vollsten Aufgaben, diediese Gesellschaft zu ver-

geben hat. Es bleibt abzuwarten, was aus den inzwi-schen vorliegenden Empfehlungen und Katalogenzur Förderung des Ehrenamtes dann tatsächlich ingesellschaftliches und politisches Handeln umgesetztwerden kann.

Klaus-Dieter Kühn,ARKAT-Bundesvorsitzender

Neue Perspektiven für eine Freiwilligenkultureröffnen sich mit solchen Vorschlägen jedenfallsnicht. Wo aber wären in Zukunft politisch innovati-ve Schritte für das freiwillige und ehrenamtlicheEngagement im Bevölkerungs- und Katastrophen-schutz denkbar? Zuerst bedarf das Engagement derHelferinnen und Helfer einer Verstärkung der gesell-schaftlichen Anerkennung.

Eine von der Robert Bosch-Stiftung beauf-tragte Studie mag die Erwartungen von Ehrenamtli-chen in diesem Zusammenhang dokumentieren. Da-nach nannten von 7000 befragten Freiwilligen steu-erliche Vergünstigungen, eine Anrechnung auf die Al-tersversorgung oder etwa die Berücksichtigungehrenamtlicher Tätigkeit bei der Studienplatzvergabeals Zeichen für mehr gesellschaftliche Anerkennung.Die Stiftung der Deutschen Wirtschaft setzt hier inihrer Förderung künftiger Führungskräfte und Ver-antwortungsträger seit langem Maßstäbe und schreibtbei der Vergabe von Stipendien ehrenamtlichesEngagement als unabdingbare Voraussetzung vor.Wichtig sind weitere das Image und den Status der

Eine wesentliche Komponente des ehrenamtlichen Wirkens ist die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen.(Foto: BBK)

antwortungsbereitschaft durch Einführen einer allge-meinen Dienstpflicht stärken zu wollen, wofür dasGrundgesetz allerdings derzeit keinen Spielraumzulässt.

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1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 51

Ein Click in die Zukunft

BKK und Siemens gewinnen EU-Ausschreibung für virtuelle Akademie

Das BBK hat im Juli 2005 gemeinsam mit SiemensBusiness Services (SBS) an einer Ausschreibung derEU-Kommission im Rahmen des EU-Aktionspro-gramms für den Bevölkerungsschutz teilgenommen.Gefragt war ein Konzept für das EU-Projekt „Virtu-elle Akademie für den Bevölkerungsschutz“. DiePartner legten eine inhaltlich und technologisch über-zeugende Lösung vor, so dass die EU-Kommissionihnen den Zuschlag erteilte und den Vertrag zur Um-setzung des Projekts am 21.12.2005 unterzeichnete.

Das BBK und die Siemens AG starteten imJanuar 2006 mit der Durchführung des Projekts, dasmit einem Zuschuss von 75 % der Gesamtkostenvon der EU-Kommission gefördert wird.

Ziele des Projekts „Virtuelle Akademie“

•Harmonisierung des Europäischen Ausbildungs-systems im Bereich Bevölkerungsschutz

•Schaffung eines Netzwerkes zum Erfahrungsaus-tausch zwischen den europäischen Ausbildungs-einrichtungen und der Kommission

•Eröffnung von Foren zur Vorbereitung europawei-ter Übungen

•Modernisierung der Ausbildung durch Einführungelektronischer Lernsysteme. Entwicklung eines e-learning Moduls für Einführungskurse im Rah-men des EU-Gemeinschaftsverfahrens

•Optimierung der Lerneffizienz durch Umgestaltungder Kurse zu blended Learning Kursen (Kombina-tion von Präsenz- und IT-gestütztem Fernlernen)

•Realisierung EU-weiter Curricula (z.B. für einenKurs Krisenkommunikation) mit modularem Auf-bau. Empfehlungen und Ausbildungsleitlinien fürdie Mitgliedstaaten und die EEA-Staaten

•Einrichtung einer virtuellen Plattform zur Vorbe-reitung, Durchführung und Auswertung von Mis-sionen und Einsätzen im Rahmen des aktiviertenEU-Gemeinschaftsverfahrens

•Zusätzliche Nutzung der virtuellen Plattform alsvirtueller Seminarraum für die gemeinsame undzeitgleiche Ausbildung von Kursteilnehmern anverschiedenen Standorten

NACHRICHTEN

Internationaler Workshop über Arbeitsbedingungen von Ehrenamtlichen im Bevölkerungsschutz

Im Rahmen des von der EU kofinanzierten Projek-tes „Förderung des Ehrenamts im Bevölkerungs-schutz“ veranstaltete das Technische Hilfswerk (THW)vom 8. – 11. März am Zentrum für Aus- und Fort-bildung des THW in Neuhausen eine internationaleKonferenz. Die Veranstaltung stand unter derSchirmherrschaft des zuständigen EU-KommissarsStavros Dimas.

90 Teilnehmer aus 27 Nationen repräsentier-ten mehr als 70 namhafte deutsche und europäischeRegierungs- und Nicht-Regierungsorganisationen,die im Katastrophen- und Bevölkerungsschutz tätigsind.

Auf deutscher Seite nahmen neben dem THWdas Deutsche Rote Kreuz, der Arbeiter-Samariter-Bund, die Johanniter-Unfall-Hilfe e.V., der DeutscheFeuerwehrverband, die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e.V., die Deutsche Gesellschaft zur Ret-tung Schiffbrüchiger sowie das Bundesamt für Bevöl-kerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) teil.

Ziel der Veranstaltung war die gemeinsameAusarbeitung von Empfehlungen für Mindeststan-dards in Bezug auf die Ausbildung und Arbeit vonEhrenamtlichen im europäischen Bevölkerungs-schutz.

In vier Arbeitsgruppen wurden Fragen des Ma-nagements von Freiwilligenorganisationen, der Ein-satzbedingungen und des Trainings ehrenamtlicherHelfer vertieft. Dabei wurden insbesondere dieRechte und Pflichten der Helfer und ihrer Organisa-tionen thematisiert. Darüber hinaus bot die Tagungdie Gelegenheit zum internationalen Erfahrungsaus-tausch und zum Knüpfen von Kontaktnetzwerken.

Die Ergebnisse dieses Workshops werden mitdem Abschlussbericht des Projektes der EU-Kom-mission zugeleitet, um in den politischen Willensbil-dungsprozess einzufließen.

Mehr Informationen unter: www.eu-volun-teers.net

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52 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2006

NACHRICHTEN

Realisierung des Projekts

Zunächst wird eine Plattform im Internet in-stalliert und damit die technische Voraussetzung fürdie einzelnen Netzwerke und den Datenaustauschgeschaffen. Auf diese Weise werden Fachforen mitei-nander verknüpft, deren Aufgabe es ist, Lösungenfür verschiedene Zielgruppen zu entwickeln.

Das Projektteam der SBS und des BBK wirddurch eine Arbeitsgruppe unterstützt und beratendie sich aus Spezialisten verschiedener Mitgliedsstaa-ten (Frankreich, Polen, Portugal , Schweden, Slowe-nien, Tschechische Republik) zusammensetzt. ImLaufe des Projekts wird ein ständiger Austausch mitder Europäischen Kommission stattfinden.

dung auf EU-Ebene Synergieeffekte genutzt und neueCurricula umgesetzt werden können. Ferner werdenVorschläge für gemeinsame Vorbereitungen, Durch-führung und Auswertung von EU-Übungen erarbeitet.

Hintergrund

Das EU-Aktionsprogramm für den Bevölke-rungsschutz unterstützt und ergänzt die Maßnahmendes Bevölkerungsschutzes der Mitgliedstaaten aufnationaler, regionaler und lokaler Ebene. Es fördertdie Zusammenarbeit, den Erfahrungsaustausch unddie gegenseitige Hilfe.

Die nationale Zuständigkeitsverteilung in denMitgliedstaaten bleibt hiervon berührt.

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz undKatastrophenhilfe führt bereits seit 1994 Projekte imRahmen des EU-Aktionsprogramms durch, zuletztdas Projekt „Krisenkommunikation“ in den Jahren2004 und 2005.

Darüber hinaus wirkt das BBK an der konzep-tionell-planerischen Weiterentwicklung des EU-Ge-meinschaftsverfahrens mit. Hierzu zählt auch die Kon-zeption von Trainings zur Vorbereitung von Exper-ten auf ihre Beraterfunktionen im Rahmen des EU-Gemeinschaftsverfahrens.

Ausblick

In der Ausgabe 2/2006 von Bevölkerungs-schutz wird das BBK gemeinsam mit der SBS überdie ersten Ergebnisse des Projektes „Virtuelle Akade-mie für den Bevölkerungsschutz auf EU-Ebene“berichten.

Projektgruppe Siemens-BBK „European Virtual Academy for Civil Protection“.

(Foto: BBK)

In einem ersten Workshop werden Netzwerkeauf der technischen Plattform konzipiert und reali-siert. Diese dienen dem unmittelbaren Austausch vonErfahrungen, Curricula und Best-Practice zwischenden Schulungseinrichtungen.

Ein wesentliches Element des Innovationspro-jekts ist die Konzeption eines e-learning Moduls fürEU-Kurse. Dazu wird eine Ist-Analyse durchgeführt,in die die Inhalte und Erkenntnisse der aktuellenEU-Kurse ebenso einfließen, wie die Erfahrungender beteiligten Dozenten.

Der Abschlussbericht des Projektes wird u.a.Empfehlungen für die Mitgliedsstaaten aussprechen,wie auf einer gemeinsamen Plattform für die Ausbil-

BBK erweitert Informationsangebot:Newsletter im Netz

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Kata-strophenhilfe (BBK) erweitert mit einem Newslettersein Informationsangebot. Zusätzlich zu den Presse-

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1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 53

18.460 Einsätze in der Luftrettung

An 15 Luftrettungszentren stellt das Bundesamt fürBevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK)im Auftrag des Bundesministeriums des Innern(BMI) Zivilschutz-Hubschrauber zur Verfügung. ImJahr 2005 sind Piloten der Bundespolizei und medi-zinische Besatzungen zu insgesamt 18.460 Einsätzengestartet, 10.393 Patienten wurden ärztlich versorgt,5.127 Personen wurden in geeignete Krankenhäusergeflogen. Die Stationen und alle Beteiligten hattendamit einen hohen Anteil an den mehr als 83.500Einsätzen der Luftrettung in Deutschland.

Ein hohes Einsatzaufkommen ist am Luftret-tungszentrum Hannover zu verzeichnen; 1621 Malstartete Christoph 4. Bei Christoph 17 in Kemptenwurden 1564 Einsätze registriert, an den StationenChristoph 5 in Ludwigshafen 1362 und Christoph 3in Köln 1308.

Im September 2005 blickte die Station Kemp-ten auf 25 Jahre, die Station Duisburg bereits auf 30Jahre Luftrettung zurück. Seit dem 1. April 2005 hatdie ADAC-Luftrettung mit einem Hubschrauber vomTyp EC 135 den Flugbetrieb in Lünen übernommenund nach über 30 Jahren den orangefarbenen Hub-schrauber abgelöst.

Das BMI hat seit 1971 einen maßgeblichenAnteil am flächendeckenden Luftrettungsnetz inDeutschland. Den Ländern werden die orangefarbe-

nen Zivilschutz-Hubschrauber über den Einsatz imKatastrophenschutz hinaus für 15 von über 50 Sta-tionen der öffentlich-rechtlichen Luftrettung zur Ver-fügung gestellt. Jede dieser Maschinen führt einekomplette Notarzt-Ausstattung mit und kann bis zuzwei Verletzte liegend transportieren. Nach der Alar-mierung durch die Leitstelle erfolgt der Start nachspätestens zwei Minuten, der Einsatzradius beträgtca. 50 km. Für die Einsatzbereitschaft der Hub-schrauber von Sonnenaufgang (frühestens 7 Uhr) bisSonnenuntergang ist die Bundespolizei mit Pilotenund Technikern verantwortlich, das BBK übernimmtdie verwaltungsmäßigen Aufgaben.

Das BMI wird sich auch künftig an der Luft-rettung in Deutschland beteiligen. Das BBK hat be-reits die Beschaffung von Hubschraubern der neues-ten Generation für 12 Luftrettungszentren eingeleitet.

Seit dem 19. Januar 2006 fliegen am Rettungs-zentrum des Bundeswehrkrankenhauses in HamburgBeamte der Bundespolizei-Fliegerstaffel Nord (Fuh-lendorf bei Bad Bramstedt) mit einem Zivilschutz-

mitteilungen, dem Internet und dem Magazin Bevöl-kerungsschutz soll der Newsletter über aktuelleSchwerpunkte aus dem Leistungsspektrum des BBKinformieren. Bis Februar 2006 sind drei Newslettererschienen, die sich beispielsweise mit dem SchutzKritischer Infrastrukturen (2/2005) oder dem medi-zinischen Bevölkerungsschutz (1/2006) auseinandersetzen.

Die nächste Ausgabe erscheint Mitte März2006. Alle Newsletter stehen im Internet unterwww.bbk.bund.de/Publikationen zum Downloadzur Verfügung. Wenn Sie den regelmäßig erscheinen-den Newsletter des BBK abonnieren möchten, schi-cken Sie eine Mail an [email protected]

Christoph 29, ein Zivilschutz-Hubschrauber vom Typ Bell 212. (Foto: Schröer)

Hubschrauber vom Typ Bell 212. Sie lösen dort nachfast 33 Jahren den Hubschrauber der Luftwaffe ab.Das medizinische Personal wird weiterhin vom Bun-deswehrkrankenhaus gestellt. Im Januar 2006 trat dieDRF in Dresden die Nachfolge des BMI an. Bis zurJahresmitte werden die Stationen Christoph 36, Mag-deburg, Christoph 5, Ludwigshafen und Christoph37, Nordhausen, an andere Betreiber übergeben.

Schröer

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54 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2006

REGISTER 2005

ARBEITER-SAMARITER-BUNDFühren von Einheiten (FvE) 1/S. 34Die Arbeit des ASB-Büros in Sri Lanka 2/S. 38Im Einsatz für den Fußball 3/S. 27Im Einsatz für die Pilger 4/S. 34

INTERNATIONALEURATECH 2005 2/S. 17Internationale Zusammenarbeit im Bevölkerungsschutz 3/S. 15Freiwilliges Engagement im europäischen Bevölkerungsschutz 3/S. 17

EHRENAMT

Das Ehrenamt im Zivil- und Katastrophenschutz 2/S. 2Ohne Ehrenamt ist kein Staat zu machen 3/S. 9Das Ehrenamt im Bevölkerungsschutz 4/S. 9

AUSBILDUNGABC-Erkundungsübung 1/S. 23Standardisierte ABC-Grundausbildung 2/S. 21

NOTFALLMEDIZINNotfälle mit Kindern 1/S. 33

KRISENMANAGEMENTNach der Flutwelle 1/S. 5

NOTFALLVORSORGERisikomanagement mit der Maus 1/S. 31Öffentlichkeitsarbeit im Krisenfall 2/S. 11Sanitätseinsatz beim Weltjugendtag 2005 4/S. 11Herausforderung Massenveranstaltung 4/S. 16

TECHNIK

Ergänzender Katastrophenschutz, Technik und Ausstattung 1/S. 17Vom Schutzraum zu einer modernen Sicherheitsarchitektur 2/S. 5Fahrzeuge für die Hilfsorganisationen 2/S. 37Förderverein zur Erhaltung der Zivilschutzsammlung des Bundes e.V. 3/S.21

KATASTROPHENHILFETechnische Hilfe weltweit 1/S. 91. Europäischer Katastrophenschutzkongress 3/S. 11

EINSATZPRAXISSchwieriger Einsatz: Busunfall 1/S. 14Selbstmordversuch mit Folgen 2/ S. 31

BBKFestakt für den ersten Präsidenten 1/S. 2

BEVÖLKERUNGSSCHUTZINTERSCHUTZ 2005 2/S. 35Anerkennung für Einsatz 3/S. 3Leitmesse mit Rekorden 3/S. 5Hilfe für Helfer 3/S. 13Gesamtstaatliche Sicherheitsvorsorge 4/S. 3

NACHRICHTEN

Rundblick 1/S. 51Rundblick 2/S. 53Personalnachrichten 3/S. 2Rundblick 3/S. 43Tragischer Absturz 4/S. 2Rundblick 4/S.50

Katastrophenschutz in Ungarn 4/S. 19Internationale Katastrophenschutzübung 4/S. 23Das MuliTeam-System 4/S. 31

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1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 55

DEUTSCHER FEUERWEHRVERBAND

Strukturen werden aufgearbeitet 1/S. 41Selbsthilfe ist Schwerpunkt beim nächsten Brandschutzforum 2/S. 44Tagung des Präsidialrates 2/S. 45Interschutz: Pavillon der Feuerwehrverbände unter dem Expo-Dach 2/S. 45Katastrophenschutz: Gemeinsam handeln 3/S. 34Otto Schily: Ehrenamt ist Grundlage für Sicherheit 3/S. 351. Berliner CPM-Fachkongress Nationale Sicherheit und Bevölkerungsschutz“ 4/S. 40

ARKAT

Katastrophenvorsorge in Deutschland verfügt wieder über einen „Leuchtturm“ 1/S. 49Sicherheitskommunikation und Führungsorganisation im Wandel 2/S. 51Modulare Gefahrenabwehr leistet mehr 3/S. 42Dr. Paul Wilhelm Kolb wurde 85 4/S. 48

DEUTSCHES ROTES KREUZEin Tag für Südasien 1/S. 43Ansprechpartner in der Ungewissheit 1/S. 44Internationale Geberkonferenz für den Sudan 2/S. 46

JOHANNITER-UNFALL-HILFE

Zusammenarbeit zum Wohle der Flutopfer 1/S. 46Der Lehrer geht, der Johanniter kommt 2/S. 47Couragiert und mutig 3/S. 38Roter Engel auf der Autobahn 3/S. 39Navigationssystem auf dem Prüfstand 4/S. 43Ein Jahr nach dem Tsunami 4/S. 44

MALTESER HILFSDIENSTGanzheitliche Hilfe der Malteser für die deutschen Opfer des Seebebens 1/S. 47Mit dem Weltjugendtagskreuz auf dem Weg 2/S. 49Personal, Logistik, Kommunikation 3/S. 40„Brücken der Hilfe“ als Weg zur Selbsthilfe 4/S. 45

KULTURGUTSCHUTZ INDEUTSCHLAND

Goslar, Niedersachsen 1/S. 57Zitadelle Jülich, Nordrhein-Westfalen 2/S. 57Kaiserdom zu Speyer, Rheinland-Pfalz 3/S. 49Völklinger Hütte, Saarland 4/S. 57

DEUTSCHE LEBENS-RETTUNGS-GESELLSCHAFT

Helfer in Sri Lanka im Einsatz 1/S. 39Kühler Sommer 2004 lässt Ertrinkungszahlen sinken 2/S. 43Kieler Woche: Schwimmhubschrauber abgestürzt 3/S. 32Katastrophenalarm im Landkreis Traunstein 3/S. 32Po 2005 - Flood Emergency 4/S. 36

TECHNISCHES HILFSWERK

Die Neustrukturierung der Ausbildung im THW 1/S. 36Tsunami: Die Hilfe geht weiter 2/S. 40Hochwassereinsatz in Rumänien 3/S. 29Technisches Hilfswerk leistete Hilfe in New Orleans 4/S. 37

Ein halbes Jahr nach dem Tsunami 3/S. 36„Wer zum Teufel kann schon Italienisch?“ 4/S. 41

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56 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2006

IMPRESSUMAnschrift der Redaktion:Postf 200351, 53133 Bonn

Herausgegeben im Auftrag desBundesministeriums des Innernvom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Deutschherrenstraße 93-95,53177 Bonn

Verlag: BBK, Internet:http://www.bbk.bund.deE-Mail:[email protected]

Erscheint im Februar, Mai,August und November. Redak-tionsschluss ist jeweils der 10.des Vormonats.

Chefredaktion: Alexander KrapfTelefon 01888-550-354Redaktion:Nikolaus Stein Tel.: 01888-550-362Rainer Schramm Tel.:01888-550-365

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Layout: Nikolaus Stein

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Bei Nichterscheinen der Zeit-schrift im Falle höherer Gewaltoder bei Störung des Arbeits-friedens besteht kein Anspruchauf Haftung.

TERMINE

Termine 2006

27. März bis29. März 2006:Early Warning Confe-rence. Kongress undAusstellungOrt: BonnInfo: www.auswaertiges-amt.de/www/de/aussen-politik/humanitaere_hilfe

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30. März bis 2. April 2006:FireEngeneering. Messefür Feuerwehrtechnik,Rettungswesen, Brand-und KatastrophenschutzOrt: KölnMesseInfo: /www.fireenginee-ring.de

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11. bis 13. Mai 2006:RettMobil. EuropäischeLeitmesse für Rettungund MobilitätOrt: FuldaInfo: www.rettmobil.com

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16. bis 21. Mai 2006:ILA. Internationale Luft-und Raumfahrtausstel-lungOrt: Berlin-SchönefeldInfo: www.ila-berlin.de/ila2006/home/index.cfm

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19. bis 20. August 2006:

Tag der offenen Tür derBundesregierung

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13. bis 15. September 2006:acqua alta. Internationa-le Fachmesse für Hoch-wasserschutz, Klimafol-gen und Katastrophen-managementOrt: Hamburg (CCH)Info: www.acqua-alta.de

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19. bis 20. September 2006:2. Europäischer Kata-strophenschutzkongress.Die europäische Verant-wortung — Vorsorge undNachhaltigkeitOrt: BonnInfo: www.civil-protecti-on.com

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28. bis 30. September 2006:FLORIAN 2006. Fach-messe für Feuerwehr,Brand- und Katastro-phenschutz Ort: Messe Dresden Info: www.messe-flori-an.de

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28. bis 30. September 2006:aescutec. Kongressmessefür Notfallmedizin, Ret-tungsdienst und Kata-strophenmanagementOrt: Messe Dresden

Info: www.aescutec.de/aescutec2006

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10. bis 13. Oktober2006:Security. Messe fürSicherheit und Brand-schutzOrt: EssenInfo: www.security-messe.de/

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24. bis25.Oktober 2006:5th Congress on Euro-pean Defence - 5. Berli-ner SicherheitskonferenzOrt: BerlinInfo: www.european-defence.com

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25. bis 28. Oktober 2006:denkmal: EuropäischeFachmesse für Denkmal-und KulturgutschutzOrt: LeipzigInfo: /www.denkmal-leipzig.de

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3. bis 4.November 2006: Deutscher Feuerwehr-Verbandstag und 52.DelegiertenversammlungOrt: Büsum Info: www.dfv.org

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1 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ

KULTURGUTSCHUTZ IN DEUTSCHLAND

Die im ausgehenden 15. Jahrhundert erbaute Alb-rechtsburg gilt als das erste Schloss der deutschenBaugeschichte. Zur Elbseite hin weist die Anlagenoch einen wehrhaften Charakter auf; zur Hofseiteund in seinem Innern dagegen besticht dieses ein-zigartige Bauwerk durch seine außerordentlich fili-grane und raffinierte Baukunst, z.B. die so genann-ten Zellengewölbe — eine neuartige Wölbungstech-nik — die beeindruckenden Vorhangbogenfensteroder den Großen Wendelstein. Der spätgotische Bauwurde nie seiner eigentlichen Bestimmung, Residenzder Wettiner zu sein, zugeführt, denn noch vor derendgültigen Fertigstellung kam es zur Landesteilungzwischen den gemeinsam regierenden Brüdern Ernstund Albrecht, dessen Namen die Burg später tragensollte. 1710 ließ August der Starke hier die erste euro-päische Porzellanmanufaktur einrichten. Bis zuderen Verlegung ins nahe Triebischtal im Jahr 1863wurde in allen Räumen der Albrechtsburg das welt-berühmte Meißner Porzellan hergestellt.

Nach einer umfangreichen baulichen Instand-setzung wurde die auch als Wiege Sachsens bekann-te Albrechtsburg mit dem heute in Sachsen umfang-reichsten Bestand an Wandmalereien des 19. Jahr-hunderts zur sächsischen Geschichte ausgestattet. Heu-te ist die Albrechtsburg ein Museum, das unter ande-rem zwei Dauerausstellungen zur Geschichte desPorzellans und zu sakralen Plastiken des Mittelaltersbeherbergt. Im Schloss und auf dem Burghof findenalljährlich Konzerte, Lesungen, Kabarett, Open-Air-Veranstaltungen und Sonderführungen statt. Auchfür Kinder gibt es zahlreiche Angebote. Einige derhistorischen Räumlichkeiten eignen sich hervorragendfür Hochzeiten, verschiedene Feierlichkeiten oderzum Tagen und können gemietet werden. Mit derWiedereröffnung des historischen Rundweges imSeptember 2005 zeigt sich der Meißner Burgberg demBesucher von nun an auch von seiner grünen Seiteund ist damit um eine weitere Attraktion reicher.

Heute: Albrechtsburg Meißen, Sachsen

Blick über die Elb auf die Gesamtanlage.

Der große Saal; die gotische Architektur des späten 15. Jahrhunderts hat keineVeränderungen erfahren, Inneneinrichtung und Dekoration, wie die Wandge-mälde, stammen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.(Fotos: Staatliche Schlösser, Burgen & Gärten Sachsen, Albrechtsburg Meissen)

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Bevö lkerungsschu t zBundesamt für Bevölkerungsschutzund KatastrophenhilfePostfach 20 0351, 53133 BonnPVSt, Deutsche Post AG, Entgelt bezahlt, G 2766

Rund 700 meist ehrenamtliche Helfer aus Bayern und Öster-reich kamen nach dem Einsturz der Eislaufhalle in BadReichenhall am 2. Januar (Titelbild) zum Einsatz. Obwohl dieHelfer von verschiedenen Organisationen kamen, verlief dermehrtägige Einsatz reibungslos. Wenige Wochen später warenwieder mehrere tausend Helfer während der Schneekatastrophein Ostbayern im Einsatz.Überschwemmungen, Waldbrände und starke Schneefälleerfordern immer wieder den Einsatz hauptsächlich ehrenamtli-cher Helfer im Katastrophenschutz.Die Bedeutung des Ehrenamtes im Bevölkerungsschutz kanndeshalb nicht hoch genug eingeschätzt werden. Um dies ver-stärkt ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken, wurde einPlakat (o.) gestaltet. Es kann unter [email protected] kosten-frei bestellt werden.

(Titelbild: Markus Leitner/DRK)