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Zeitsehrift fiir Zellforschung 70, 290--297 (1966) BILDUNG ZUSATZLICHER DNS NACI-[ BLOCKIEgUNG DEg ZELLTEILUNG VON TETRAHYMENA DUgCH ACTINOMYCIN* GONTER CLEFFMAN~ * * Zoologischen Institut der Philipps-Universit~t Marburg a. d. Lahn (Abteilung ffir Tierphysiologie) Eingegangen am 7. Oktober 1965 Summary. The effect of 0,4 ~g of aetinomycin per ml medium on DNA synthesis in syn- chronous cultures of Tetrahymena pyri/ormis strain HSM was studied. Synchronous cultures were obtained by selecting cells from a stock culture which were all in the same division phase In this coneentration actinomycin inhibits cell division but permits the normal doubling of DNA and furthermore another period of macronuclear DNA synthesis. In this additional DNA production phase the rate and the synchrony of DNA synthesis is reduced as revealed by autoradiography. The production of additional DNA was demonstrated by photometric deter- mination of Feulgen stainable material. These findings indicate that the onset of DNA synthesis is independent of a preceding cell division, of a preceding nuclear division, of the average amount of DNA present, and of the main portion of RNA synthesis. Durch die Untersuchungen von VENDRELY und VENDRELY (1948), ALFERT (1950), SWIFT (1950) u.a. wissen wir, dal~ die Menge der DNS im Zellkern sich im Normalfall yon einer Kernteilung bis zur n/ichsten verdoppelt. Diese Untersuchun- gen zeigen darfiber hinaus, dall nur ein Tell der Zeit, die zwischen zwei Kern- teilungen liegt, zur Synthese von DNS ben6tigt wird. Vor und nach jeder Kerntei- lung gibt es ein Zeitintervall, in dem, ebenso wie w/ihrend der Kernteilung selbst, DNS nicht produziert wird. Bei der Regulation der DNS-Synthese bleiben also zwei Parameter konstant, n~mlich die Menge der zu bildenden DNS und die Zeit- punkte fiir Beginn und Ende der Synthese. Beide Parameter sind durch die Syn- theseintensit~t miteinander verkniipft, indem Dauer und Intensit~t der DNS- Synthese die Menge des Produkts bestimmen. Der Makronucleus der Ciliaten unterscheidet sich von den Kernen mitotiseh sich teilender Zellen u.a. durch das Fehlen der typischen Chromosomenbewegun- gen und durch seine hohe Ploidiestufe. Beide Typen von Kernen stimmen jedoch darin fiberein, da~ sich auch im Makronucleus die durchschnittliche DNS-Menge verdoppelt wie z.B. bei Paramaecium (KIMBALL und BARKA, 1959), bei Euplotes (GALL, 1959) und bei einem mikronucleuslosen Stamm yon Tetrahymena (McDo- NALD, 1958). Ferner ist auch im Makronucleus die DNS-Syntheseperiode zeitlich begrenzt (Euplotes: GALL, 1959; Tetrahymena: STONE und CAMERON, 1964; CAMERON und STONE, 1964 ; Bursaria : RUTHMANN, 1964). Aus diesem Grunde kann der Makronucleus der Ciliaten fiir die Untersuchungen der Regulationsmechanis- men der DNS-Synthese herangezogen werden. Insbesondere eignet sich Tetrahy- mena pyri/ormis fiir solehe Untersuchungen, weil bei diesem Ciliat unter bestimm- ten Bedingungen die Generationszeit konstant ist und Sexualvorg/inge nicht auf- treten. * Herrn Professor Dr. R. DAN•EEL ZU seinem 65. Geburtstag. * * Unterstfitzt durch Sachbeihilfen der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Bildung Zusätzlicher DNS nach Blockierung der Zellteilung von Tetrahymena durch Actinomycin

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Zeitsehrift fiir Zellforschung 70, 290--297 (1966)

B I L D U N G Z U S A T Z L I C H E R DNS

NACI-[ B L O C K I E g U N G D E g Z E L L T E I L U N G VON T E T R A H Y M E N A D U g C H A C T I N O M Y C I N *

GONTER CLEFFMAN~ * *

Zoologischen Institut der Philipps-Universit~t Marburg a. d. Lahn (Abteilung ffir Tierphysiologie)

Eingegangen am 7. Oktober 1965

Summary. The effect of 0,4 ~g of aetinomycin per ml medium on DNA synthesis in syn- chronous cultures of Tetrahymena pyri/ormis strain HSM was studied. Synchronous cultures were obtained by selecting cells from a stock culture which were all in the same division phase In this coneentration actinomycin inhibits cell division but permits the normal doubling of DNA and furthermore another period of macronuclear DNA synthesis. In this additional DNA production phase the rate and the synchrony of DNA synthesis is reduced as revealed by autoradiography. The production of additional DNA was demonstrated by photometric deter- mination of Feulgen stainable material. These findings indicate that the onset of DNA synthesis is independent of a preceding cell division, of a preceding nuclear division, of the average amount of DNA present, and of the main portion of RNA synthesis.

Durch die Un te r suchungen von VENDRELY und VENDRELY (1948), ALFERT (1950), SWIFT (1950) u .a . wissen wir, dal~ die Menge der DNS im Zel lkern sich im Normal fa l l yon einer Kern te i lung bis zur n/ ichsten verdoppel t . Diese Unte r suchun- gen zeigen darf iber hinaus, dal l nur ein Tell der Zeit, die zwischen zwei Kern- te i lungen liegt, zur Synthese von DNS ben6t ig t wird. Vor und nach jeder Kern te i - lung g ib t es ein Zei t in terval l , in dem, ebenso wie w/ihrend der Kern te i lung selbst, D N S nicht p roduz ie r t wird. Bei der Regu la t ion der DNS-Synthese bleiben also zwei P a r a m e t e r kons tan t , n~mlich die Menge der zu b i ldenden DNS und die Zeit- p u n k t e fiir Beginn und Ende der Synthese. Beide P a r a m e t e r sind durch die Syn- these in tens i t~ t mi t e inander verkni ipf t , indem Dauer und In tens i t~ t der DNS- Syn these die Menge des P r o d u k t s bes t immen.

Der Makronucleus der Ciliaten un te rsche ide t sich von den Ke rnen mi to t i seh sich te i lender Zellen u .a . durch das Fehlen der typ ischen Chromosomenbewegun- gen und durch seine hohe Ploidiestufe. Beide Typen von Kernen s t immen jedoch da r in fiberein, da~ sich auch im Makronucleus die durchschni t t l iche DNS-Menge ve rdoppe l t wie z .B. bei Paramaecium (KIMBALL und BARKA, 1959), bei Euplotes (GALL, 1959) und bei e inem mikronucleuslosen S t a m m yon Tetrahymena (McDo- NALD, 1958). Fe rne r is t auch im Makronucleus die DNS-Syntheseper iode zeit l ich begrenz t (Euplotes: GALL, 1959; Tetrahymena: STONE und CAMERON, 1964; CAMERON und STONE, 1964 ; Bursaria : RUTHMANN, 1964). Aus diesem Grunde kann der Makronucleus der Cil iaten fiir die Unte r suchungen der Regula t ionsmechanis - men der DNS-Syn these herangezogen werden. Insbesondere eignet sich Tetrahy- mena pyri/ormis fiir solehe Untersuchungen, weil bei diesem Ciliat un te r bes t imm- ten Bedingungen die Genera t ionszei t kons t an t is t und Sexualvorg/inge n icht auf- t re ten .

* Herrn Professor Dr. R. DAN•EEL ZU seinem 65. Geburtstag. * * Unterstfitzt durch Sachbeihilfen der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

DNS-Bildung und Actinomycin 291

Versuche fiber die Regula t ion der DNS-Synthese sind erfolgverspreehend, wenn es gelingt, den normalen Ablauf der DNS-Synthese innerha lb des Zellteilnngs- zyldus kontrol l ier t zu ver~indern. I n K u l t u r e n von synchron sieh te i lenden Zellen von Tetrahymena pyri/ormis k a n n m a n DNS-Synthese u n d Zell tei lung im Exper iment vone inander t r ennen (CLSFFMA~N, 1965; vergl, aueh NYGARD u n d GffTTES; 1962): Ac t inomycin verh inder t in geeigneter Konzen t r a t i on die Zell- teilung, w~hrend die DNS-Synthese ablaufen kann . Die vorl iegenden Experi- mente 1 sollten priifen, ob in solchen Zellen, in denen die DNS bereits verdoppel t ist, u n d die sich n ieht tei len kSnnen, noeh weitere DNS gebildet wird, und, wenn das der Fal l ist, wie diese weitere DNS-Synthese abliiuft.

Material und Methoden Die Ziichtung, die Synchronisierung durch Auswahl von Zellen gleichen Teilungsstadiums

und die experimentelle Handhabung yon Tetrahymena pyri/ormis Stamm HSM richten sich nach Angaben yon STO~E und CAMERON (1964) und CL~FFMAN~ (1965). Actinomycin C (Bayer- werke Wuppertal-Elberfeld) wurde in einer Konzentration yon 0,4 ~g pro ml Medium verwen- det. Diese Konzentration ist gerade ausreichend, um die Zellteilung zu verhindem.

Um festzustellen, ob die Zellen einer Kultur DIqS synthetisieren, setzt man der Kultur 1 ~c Ha-Thymidin/ml ffir eine begrenzte Zeit zu. Naeh ansehlieflendem Fixieren und Aus- waschen der niedermolekularen, markierten Verbindungen iiberzogen wir die Pr~parate mit fliissiger Emulsion zur Autoradiographie (PRESCOTT, 1965). Die Anzahl der SilberkSrner pro Makronucleus dient als MaB ffir die Intensit~t der Synthese. Man kann die Zellen einer Kultur zweimal markieren, indem man nach Ablauf einer Markierungszeit die Zellen in einer groBen Menge reinen Mediums w~scht (Verdfinnung des markierten Thymidins etwa l:100O0), sie bis zu dem gewiinschten Zeitpunkt welter in einer Kulturkapillare h~lt und dann noch einmal markiertem Thymidin aussetzt.

Zur Bestimmung der DNS-Menge im Makronucleus der nach Feulgen gef~rbten Zellen diente das Zeiss Mikrospektrophotometer UMSP ~ bei der Wellenl~nge 545 nm. Man kann Autoradiographie und photometrische DNS-Bestimmung an den gleichen Zellen vornehmen, wenn man zun~chst das Pr~parat mit den Zellen zur Entfernung niedermolekularer Ver- bindungen mit Alkohol-Eisessig und kalter Trichloressigs~ure w~scht; anschlieBend f~rbt man nach Feulgen, registriert die Lage der Zellen durch Zeichnen, mil3t photometrisch den I)NS- Gehalt und schliel3t naeh Entfernen des Deckglases und des Einschlul]mittels (Glycerin) in normaler Weise die Autoradiographie an. Auf diese Weise kann man DNS-Menge und Synthese- rate fiir die gleiche Zellen bestimmgen (LAN(~ und MAVREl% 1965).

Alle Zeitangaben (tx) beziehen sich auf die seit dem Zeitpunkt des Einsammelns der Zellen (to) abgelaufenen Zeit in Minuten; t o ist gleichzeitig der Zeitpunkt einer synchronen Teilung.

Ergebnisse I n dem durch Abb. 1 veranschaul ichten Expe r imen t sollte gekli~rt werden, ob

Zellen, die durch Behand lung mi t Ac t inomycin ihre Teilungsfhhigkeit eingebfi~t haben, zur DNS-Synthese bef~higt sin& Dazu gibt m a n zur Zeit to, d .h . unmi t te l - bar nach dem E insammeln yon 10--20 Zellen im sps Tei lungsstadium, die Zellen in ein Medium, das pro ml 0,4 ~zg Ac t inomycin enth~lt , u n d priift in be- s t immten Zei tabs t~nden jeweils eine K u l t u r darauf, wie viele ihrer Zellen sich in der DNS-Synthesephase befinden. Die Markierungszeit mi t H3-Thymidin betr~gt 10 rain.

1 Ieh danke Fraulein M. SrPPEL fiir ihre wertvolle Mitarbeit. 2 Ich danke Herrn Professor DRAWERT, Hamburg, dab er mir dss Photometer zug~nglich

machte.

292 GffNTnR CLEFFMANN:

Die Kulturen der Kontrolle wurden, ohne Actinomycin, sonst gleich behandelt. Diese zeigen die Ifir Tetrahymena normale mittlere DNS-Synthesezeit zwischen t60 und t145 (Abb. 1). Nach der Teilung dieser Zellen (t~06 bis t240) vergehen durch- schnittlich 60 min bis die n/ichste DNS-Synthesephase einsetzt. Die Synchronie dieser zweiten Synthesephase ist nicht so groB wie die der ersten. Das / iu l e r t sich in der geringeren Steilheit des Anstiegs und des Abfalls der Kurve. Die Synchronic der Vorg/inge des Zellteilungszyklus geht naeh einigen Generationen v611ig ver- loren (PRESCOTT, 1959).

ohne /dVlC TEILUNG

; I

z 80

N 6o

20 o o

60 110 , i 0 240 300 360 420 480 540 600 ZEIT (min)

Abb. 1. DNS-Synthese in Synchron-Kulturen yon Tetrahymena. Jeder Megpunkt repr/isentiert 20--30 Zellen, die fiir 10 min ~xc H3-Thymidin pro ml Medium ausgesetzt waren. A M C Actinomycin C. Beginn der Actinomycin- behandlung zur Zeit to. W~hrend des markier ten Zeitabschnit ts in den Kontrollen (kein Actinolnycin) Teilung

aller Zellen. Die ZeIlteilung bleibt unter Act inomycin-Einwirkung aus

Mit Actinomycin behandelte Zellen produzieren in der crsten DNS-Synthese- phase gleichzeitig mit denen der Kontrolle DNS (Abb. 1). Allerdings beeinflussen h6here Konzentrationen von Actinomycin bereits diese erste Synthesephase merk- lich (CLEFFMA~, 1965). Die behandelten Zellen teilen sieh jedoch nicht und be- ginnen etwa 5- -6 Std nach der letzten Zellteilung erneut mit der DNS-Synthese im Makronucleus. I m Mikronucleus der behandeltcn Zellen bleibt die Synthese von DNS, die in den unbehandelten Zellen etwa zur Zeit der Teilung stattfindet, aus. Die zweite DNS-Syntheseperiode des Makronucleus unterscheidet sich v o n d e r in den Kontrollkulturen dadurch, dab (1) bei der Mehrzahl der Individuen der Be- ginn betr/~chtlich verzSgert ist, (2) zu keiner Zeit a l e Zellen gleichzeitig DNS machen und (3) das Ende dcr Synthesephase um ungef/~hr drei Stunden hinaus- geschoben ist. Eine mehrfache Wiederholung des Versuchs brachte stets das gleiche Ergebnis. Allerdings streuen die Werte insofern, als der Beginn und das Ende der Synthesperiode nicht scharf fixicrt sind und der maximale Prozentsatz der DNS produzierenden Zellen zwischen 40 und 60 % schwankt.

Actinomycin hemmt die Produktion von RNS im Makronucleus yon Tetra- hymena (CLEFFMANN, 1965 ; MITA, 1965). Bei der hier verwendeten Konzentration von 0,4 ~g/ml 1/iuft die RNS-Synthese in der Zeit yon der 300. bis zur 500. min mit etwa 10% der urspr/inglichen Intensit/tt ab; das lieB sich durch Markierung mit H3-Uridin, Autoradiographie und Ausz/~hlen der SilberkSrner pro Makro- nucleus feststellen. Die DNS-Synthese kann also bei Tetrahymena stattfinden, obgleich etwa 90 % der RNS-Synthese unterbunden sind.

DNS-Bildung und Actinomycin 293

Diese DNS-Synthese findet in Zellen start, die bereits ihre DNS repliziert haben und in denen wegen des Ausfalls der Teilung die DNS nicht vermindert wurde. Dieser Befund wirft verschiedene Fragen auf: 1. Produzieren alle Zellen einer Kul tur zus~tzlich DNS oder ist es konstant nur ein Tell der Zellen ? 2. Wie grol~ ist die Intensit~t der DNS-Synthese ? 3. Zu welchem Ergebnis ffihrt diese zus•tzliche DNS-Synthese, d.h. wie groB ist der DNS-Gehalt des Makronucleus naeh Ablauf der zus~tzliehen Synthesephase ?

1. Aus der Abb. 1 l~Bt sich nicht entnehmen, welchen Zeitraum die Synthese- periode in der einzelnen Zelle einnimmt. Es besteht die MSgliehkeit, dab nur 40 % des Kollektivs in die D57S-Synthese eintreten nnd der Rest unbeteiligt bleibt. In diesem Falle h~tte jede einzelne der aktiven Zellen eine l~ngere Syntheseperiode als eine normale Zelle. Die Alternative ist, dab alle Zellen DNS produzieren, die Synthesezeit normal lang ist und dab lediglich die Synchronie verloren geht. Folgende Tatsachen spreehen daffir, dab die zweite Alternative verwirklicht ist. Langzeitmarkierungen yon t3a 0 bis t570 zeigen, dab innerhalb dieser Zeitgrenzen alle Zellen DNS synthetisieren, denn alle Zellen sind markiert . Ferner zeigen kurz- zeitige Doppelmarkierungen zur Zeit t420 und ts00, dai~ nur ein Tefl der Zellen dieser Kul tur doppelt so viele SilberkSrner enthalten wie Zellen, die nur einmal markiert wurden. Der Rest der Zellen, die nur die einfaehe Anzahl Silberk6rner enthalten, haben also nur in der ersten oder nur in der zweiten Markierungszeit synthetisiert. Dies zeigt, dab nicht alle Zellen gleichzeitig DNS produzieren und deutet an, dab die Synthesezeit der Einzelzelle kiirzer ist als die des Kollektivs. MSglieherweise ist die Syntheseperiode der Einzelzelle genauso lang wie die yon niehtbehandelten Zellen.

2. Die Anzahl der SilberkSrner, die sich fiber einer best immten Struktur der Zelle befindet, gilt als MaB f fir die Syntheserate gemessen als Menge des Produkts pro Zeiteinheit. Das setzt natfirlieh die Applikation eines spezifischen Vorl~ufers und das Entfernen unspezifischer markierter Verbindungen voraus. Die Fehler, die dureh Selbstabsorption entstehen (MAURER und PRIMBSCH, 1964) bleiben unter konstanten Bedingungen bei vergleichenden Messungen ohne EinfluB. In der

Tabelle. Intensit5t der DNS-Synthese unter verschiedenen Versuchsbedingungen. p : Wahr- scheinlichkeit nach dem t-Test, mit der der Unterschied zwischen zwei Werten gesichert ist

~vIittlere Silber- J Mittlere Silber- I I}} ~rkierungszeit kornzahl pro p kornzahl pro p Makronukleus Fl~cheneinheit

90--100 min 33 ,9 ] /<50% 12,7 ~50% ohne AMC 0,4 ~g AMC/ml 90--100 min 36,3 ~J 75% 12,8 99,8% 0,4 ~g AMC/ml 410--420 min 30,4 7,9

Tabelle 1 sind die mitt leren Silberkornzahlen ffir unbehandelte Zellen sowie ffir actinomycinbehandelte Zellen in der ersten und ffir behandelte in der zweiten Synthesephase angegeben. Die mittleren Sflberkornzahlen weichen in allen drei Gruppen nicht wesentlieh voneinander ab, wenn man sie auf das Areal des ganzen Makronucleus bezieht. Der Unterschied in den Mittelwerten ist nieht gesiehert. Berficksichtigt man jedoch, dab in der drit ten Gruppe bereits eine DNS-Synthese ohne nachfolgende Teilung stat tgefunden hat, dab das Volumen des Makronucleus

294 GffNTER CLEFFMAN~:

und damit seine Fl~che im mikroskopischen Bild grSBer geworden ist, so ergibt sich, bezogen auf die Menge der vorhandenen DNS eine geringere Syntheserate. Dies heB sich durch Auszs der SilberkSrner pro Fl~cheneinheit des Makro- nucleus sichern. Diese Art der Auswertung liefert identische Werte fiir die nor-

A MITTEL 0.067

I

1 0 -

8

6

4

2

2 .

I 8

6

4

2

B

MITTEL 0,136

. . . . ! . . . . . I . . . .

C MITTEL 0,14~ =

D MITTEL 0,170

. . . . , , I I I 0.02 0,04 0,06 0.08 0.10 0J2 0.14 0.18 0.18 0,20 0.22 0,24 0.26

D N S - MENGE

Abb. 2. H~ufigkei tsvertei lung der Menge des feulgenf~trbbaren Materials in Synehron-Kulturen yon Tetrahymena. Abszisse: Ex t ink t ion bei 545 nm. Ordinate: H~ufigkeiten. A: ohne Actinomycin, t ,o B: ohne Aetinomycin, t18o C: 0,4 ~.g Actinomycin/ml, t180 D: 0,4 Ezg Actinomycin/ml, t48~. Alle 4 Gruppen sind im gleichen Arbeitsgang

gef~rbt worden

malen Zellen und die behandelten Zellen in der ersten Synthesephase. In der zwei- ten Synthesephase jedoch ist die Silberkornzahl der behandelten Zellen wesentlich geringer als in der ersten. Daraus schlieBen wir auf eine Abnahme der Synthese- leistung bezogen auf die Menge der vorhandenen DNS.

3. Wieviel DNS wird in den behandelten Zellen produziert ? Das Ergebnis vergleichender photometrischer Messungen des feulgenpositiven Materials in be- handelten und unbehandelten Zellen zu verschiedenen Zeiten nach der Zellteilung gibt die Abb. 2 wieder. Unbehandelte Zellen enthalten unmittelbar nach der Zell- und Kernteilung die halbe Menge feulgenpositiven Materials (A) wie Zellen, die

DNS-Bildung und Actinomycin 295

vor der Zellteilung stehen und damit die DNS-Synthesephase durchlaufen haben (B). Die Streuung der Einzelwerte um den Mittelwert ist betr~cht]ieh. Sie mag zum Tell darauf beruhen, dal~ das f~rbbare Material verschieden fiber die Fl~che des Kerns verteilt ist. Dadurch kSnnen in zwei Kernen mit der gleiehen DNS-Menge unterschiedliche Absorptionswerte auftreten. Zum anderen aber mag die Streuung auf tats~ichlichen Unterschieden ira DNS-Gehalt der Makronuclei beruhen.

Mit Aetinomyein behandelte Zellen enthalten nach der ersten Synthesephase genausoviel DNS wie die unbehandelten Zellen (Abb. 2 C). Das besagt, dal~ nieht nur Beginn und Ende der DNS-Synthesephase (Abb. 1), sondern auch deren Er- gebnis, d.h. die Menge der produzierten DNS, in der ersten DNS-Synthesephase nach Beginn der Behandlung durch 0,4 ~g Actinomycin/ml im Durchschnitt un- beein/lul~t bleiben.

480 rain nach Beginn der Behandlung ist der Gehalt der Makronuclei an feul- genfi~rbbarem Material im Durchschnitt erhSht. Die H~ufigkeitsverteilung zeigt eine grS~ere Streuung der Einzelwerte. Insbesondere gibt es eine Klasse yon Zellen, deren DNS-Gehalt wesentlich grSl~er ist als der aller fibrigen. M_it den Experi- menten wiederholt sieh das Ergebnis. Warte t man mit der Fixierung der Zellen bis 570 min nach Beginn der Behandlung, so ist der Unterschied der Mittelwerte zu den nach 210 min fixierten Zellen grSl]er (t210:0,146; t5~0:0,187 ) und dieser Unterschied ist mit einer ~bertretungswahrscheinlichkeit yon p ~ 1,0 % nach dem t-Test zu sichern.

Die Syntheset~tigkeit in einer mit Actinomycin behandelten Kul tur dauert also nach dem Ausfall der Zellteilung fiber eine lange Zeit an. Eine Verdoppelung des DNS-Gehalts wird auch nach dieser Zeit nicht erreicht. Kombinierte Autoradio- graphie und Absorptionsmessung an den gleichen Zellen zeigen, da~ die GrS~e des DNS-Gehaltes yon der Intensit~t der Synthese der Zelle abh~ngt. Best immt man ffir jede Zelle einer Population Silberkornzahl pro Makronucleus und Extinktion nach Feulgenf~rbung und berechnet fiir diese Wertepaare den Korrelations- koeffizienten, so ergibt sich z.B. ffir die in Abb. 2 C dargestellte Gruppe yon Zellen der Weft r ---- -F 0,42, der nach dem t-Test mit weniger als 0,1% ~bertre tungs- wahrscheinlichkeit yon 0 verschieden ist. Das heist, da~ Zellen, deren DNS-Menge grS~er ist als die des Durchschnitts der Zellen, auch in der voraufgegangenen Synthesephase mit vergleichsweise groBer Intensit~t DNS gebildet haben.

Das Ergebnis der zweiten zus~tzlichen DNS-Synthese ist also ein grSBerer aber weniger als doppelt so grol~er DNS-Gehalt des Makronucleus. Die DNS-Menge pro Makronucleus ist mi t der In tensits der voraufgegangenen DNS-Synthese korreliert.

Diskussion

Die beschriebenen Ergebnisse beweisen, dal3 in Synchronkulturen yon Tetra. hymena, in denen die Zellteilung durch 0,4 ~g Actinomycin pro ml Medium unter- bunden ist, fiber die normale DNS-Replikation hinaus eine weitere Periode der DNS-Synthese mSglich ist. Eine zus~tzliche Produktion yon DNS bei Tetrahymena wurde yon SCHERBAtTM (1957) nach Verhinderung der Teilung dutch rhythmische Behandlung mit Temperatur~nderungen und yon S~]~rARD (1964) dureh UV-Be- strahlung erzielt. Daraus geht hervor, dab f[ir das Wiedereinsetzen der DNS-Syn- these weder eine voraufgehende Zellteilung noch eine Teilung des Makronueleus notwendig ist. Das bedeutet weiterhin, dab - - wenigstens unter den geschilderten

296 GffNTER CLEFFMANlg :

experimentellen Bedingungen - - Beginn und Ende der DNS-Synthese nicht von der Menge der DNS pro Makronucleus abh/~ngig sind, etwa in der Weise, dab fiir den Beginn der Synthese die einfaehe DNS-Menge vorhanden sein mug und die Synthese eingestellt wird, wenn das Doppelte der Ausgangsmenge erreieht ist.

SCHER]3AUM stellte in seinen Experimenten lest, dab bei der Unterdriickung der Teilung Trockengewicht und RNS-Gehalt pro Zelle im gleichen MaBe zunehmen wie der DNS-Gehalt, so dab in jeder Phase ein bestimmtes Verh/~ltnis aus Masse: RNS: DNS gewahrt bleibt. Das 1/~Bt eine Regulierung der DNS-Synthese durch das Zellwachstum und/oder dureh die RNS-Produktion vermuten. Unsere Experimente sprechen nicht gegen diese Theorie. Sie sprechen aber dagegen, dab allein die Menge der produzierten RNS oder allein die Trockenmasse maBgebend ftir die DNS- Synthese sind: Actinomycin in der hier verwendeten Konzentration blockiert die RNS-Produktion bis auf 10% des Ausgangswertes. Wenn also RNS an der Regu- lation der DNS-Synthese beteiligt ist, dann miissen es spezifische Fraktionen sein, denen diese Aufgabe zukommt. DNS-Synthese kann aber auch nicht allein durch die Massenzunahme der Tetrahymenazelle bestimmt werden, denn in der unbehan- delten Zelle ist die Produktion von DNS diskontinuierlich mit synthesefreien Zeiten. Diese machen etwa die H/ilfte der Generationszeit aus, w/~hrend nach den Untersuchungen yon PRESCOTT (1960) Proteinsynthese kontinuierlich mit etwa gleichbleibender Intensit/~t w/ihrend des ganzen Teilungszyklus erfolgt. Auch in der mit Actinomycin behandelten Zelle, in der die Teilung ausbleibt, muB eine gewisse Zeit vergehen, ehe die n/~chste DNS-Produktion einsetzen kann. I)iese Tatsache spricht vielmehr f/ir die Theorie, dab die zwischen zwei Syntheseperioden liegende Zeitspanne insofern bedeutungsvoll ist, als v o n d e r Zelle eine Substanz gebildct wird, die bei bestimmter Konzentration DNS-Synthese auslSst und w/~hrend der Synthese selbst verbraucht ~drd. Diese hypothetische Substanz kann sowohl RNS als auch anderer Natur sein. Ein solcher Mechanismus ist in der Lage, die perio- dische Produktion yon DNS zu gew/~hrleisten und ist, wie es die Arbeiten yon SCHERBAUM (1957) und Z]~UTREN (1963) sowie die vorliegende Untersuchung fordern, unabh/ingig vonder Zell- und Kernteilung. Untersuehungen an Bakterien ergaben, dab DNS-Synthese auch bei vSlliger Unterdriickung sowohl der RNS- Produktion als auch der Proteinsynthese stattfinden kann. Bei einem Uracil auxotrophen Stamm von Lactobacillus acidophilus wird durch Blockierung der RNS- und Protein-Synthese durch Uracil-Entzug die DNS-Synthese nicht ge- hemmt sondern vielmehr stimuliert (OKAZAKI, 1959). MARUYAMA und LARK (1961) verhinderten durch Chloramphenicol die Proteinsynthese in Synchron-Kulturen yon Alcaligenes /ecalis, mit dem Erfolg, dab ebenso wie in der vorliegenden Untersuchung wohl die St/irke der DNS-Synthese, nicht aber die Rhythmik gest6rt wurde. Damit ist ftir die Bakterien eine weitgehende Unabh/~ngigkeit der DNS- Synthese yon EiweiB- und RNS-Synthese nachgewiesen.

Die hier mitgeteilten Befunde zeigen aber auch, dab Actinomycin nieht vSllig ohne EinfluB auf die DNS-Synthese in einer Synchron-Kultur yon Tetrahymena ist: Die Synchronie geht verloren, die Syntheseintensit/~t ist herabgesetzt, eine Ver- doppelung der DNS-Menge wird nicht erreicht. Daraus geht hervor, dab zwar DNS-Synthese grunds/~tzlich in Anwesenheit von Aetinomyein ablaufen kann, dab aber die einzelnen Parameter der DNS-Synthese entweder direkt durch Actino- mycin beeinflugt oder vonde r Produktion yon RNS abh/ingig sind.

DNS-Bildung und Actinomycin 297

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Dr. G. CLEFFMANN Zoologisches Insti tut 355 Marburga. d. Lahn, Ketzerbach 63