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Bildungsprozesse über die Lebensspanne und lebenslanges Lernen Peter Alheit und Bettina Dausien Zusammenfassung Der Beitrag setzt sich mit der eigenwilligen Spannung lebenslangen Lernens zwischen ökonomischer Efzienz und der Erweiterung individueller Möglich- keiten auseinander. Dabei geht es zunächst um eine für den beabsichtigten Argumentationszusammenhang hilfreiche Klärung der Begriffe. Im Anschluss werden die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen lebenslangen Lernens kri- tisch analysiert. Der dritte Abschnitt stellt einen eigenen theoretischen Versuch zum Thema Bildung in der Lebensspanne, das Konzept biograschen Lernens, vor. Abschließend werden ergänzende Theorieperspektiven angedeutet. Schlüsselwörter Lebenslanges Lernen Bildung Biograe Biograsches Lernen Bildungs- ökonomie Inhalt 1 Begriffe und Perspektiven .................................................................... 4 2 Die bildungspolitische Perspektive: Lebenslanges Lernenals Neuordnung der Bildungssysteme .............................................................................. 6 3 Die bildungstheoretische Perspektive: Biograsche Bildungsprozesse Aspekte einer Phänomenologie lebenslangen Lernens ...................................................... 12 4 Ergänzende Diskursstränge zur Konzeptionalisierung lebenslangen Lernens Eine knappe Diskussion .................................................................................... 20 Literatur ........................................................................................... 22 P. Alheit (*) Georg-August-Univeristät Göttingen, Göttingen, Deutschland E-Mail: [email protected] B. Dausien Universität Wien, Wien, Österreich E-Mail: [email protected] # Springer Fachmedien Wiesbaden 2016 R. Tippelt, B. Schmidt-Hertha (Hrsg.), Handbuch Bildungsforschung, DOI 10.1007/978-3-531-20002-6_38-1 1

Bildungsprozesse über die Lebensspanne und lebenslanges Lernen · ministeriums von 1998 steht an zentraler Stelle: „To cope with rapid change and the challenge of the information

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Bildungsprozesse über die Lebensspanneund lebenslanges Lernen

Peter Alheit und Bettina Dausien

ZusammenfassungDer Beitrag setzt sich mit der eigenwilligen Spannung lebenslangen Lernenszwischen ökonomischer Effizienz und der Erweiterung individueller Möglich-keiten auseinander. Dabei geht es zunächst um eine für den beabsichtigtenArgumentationszusammenhang hilfreiche Klärung der Begriffe. Im Anschlusswerden die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen lebenslangen Lernens kri-tisch analysiert. Der dritte Abschnitt stellt einen eigenen theoretischen Versuchzum Thema „Bildung in der Lebensspanne“, das Konzept biografischen Lernens,vor. Abschließend werden ergänzende Theorieperspektiven angedeutet.

SchlüsselwörterLebenslanges Lernen • Bildung • Biografie • Biografisches Lernen • Bildungs-ökonomie

Inhalt1 Begriffe und Perspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Die bildungspolitische Perspektive: „Lebenslanges Lernen“ als Neuordnung der

Bildungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Die bildungstheoretische Perspektive: Biografische Bildungsprozesse – Aspekte einer

Phänomenologie lebenslangen Lernens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 Ergänzende Diskursstränge zur Konzeptionalisierung lebenslangen Lernens – Eine knappe

Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

P. Alheit (*)Georg-August-Univeristät Göttingen, Göttingen, DeutschlandE-Mail: [email protected]

B. DausienUniversität Wien, Wien, ÖsterreichE-Mail: [email protected]

# Springer Fachmedien Wiesbaden 2016R. Tippelt, B. Schmidt-Hertha (Hrsg.), Handbuch Bildungsforschung,DOI 10.1007/978-3-531-20002-6_38-1

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EinleitungLebenslanges Lernen ist auch nach jahrzehntelanger Debatte noch immer ein diffu-ser Begriff. Es ist offensichtlich, dass wir ein Leben lang lernen. Von den ersten Geh-und Sprechversuchen bis zur Eingewöhnung im Altersheim machen wir neueErfahrungen, erwerben neues Wissen und neue Fähigkeiten. Diese Art zu lernenist beinahe so unbewusst wie das Atmen. Natürlich lernen wir auch in Schulen,Betrieben, Universitäten und Einrichtungen der Weiterbildung. Aber selbst dorthaben oft die wichtigsten Dinge, die wir lernen, wenig mit dem offiziellen Curricu-lum zu tun. Wir erfahren Tatsachen, erwerben Fertigkeiten, lernen mit Gefühlenumzugehen – gleichsam in der effektivsten „Schule“, die es gibt: der „Universitätdes Lebens“ (Field 2000, S. vii). Wir bilden uns im Gespräch mit Freunden; wirlernen, indem wir Neues ausprobieren; wir lernen beim Fernsehen und beim Bücher-lesen, beim Durchblättern von Katalogen und beim Surfen im Internet. Wir lernen,während wir nachdenken und planen. Gleichgültig ob diese Art, sich zu bilden,trivial ist oder bedeutungsvoll, wir können nicht anders: Wir sind lebenslang Ler-nende.

In der bildungspolitischen Diskussion der vergangenen 30 Jahre – und besondersseit Mitte der 1990er-Jahre – hat der Begriff des lebenslangen Lernens allerdingseine strategische und funktionale Zuspitzung erhalten. Er steht gewissermaßen füreine neue Art, die Bildungsaufgaben spätmoderner Gesellschaften zu bestimmen. Indem im März 2000 in Lissabon von der Europäischen Kommission verabschiedetenMemorandum on Lifelong Learning, einem noch immer einflussreichen bildungs-politischen Dokument, heißt es: „Lifelong learning is no longer just one aspect ofeducation and training; it must become the guiding principle for provision andparticipation across the full continuum of learning contexts“ (Commission of theEuropean Communities 2000, S. 3). Für diese Einschätzung werden zwei entschei-dende Gründe genannt:

• „Europe has moved towards a knowledge-based society and economy. More than everbefore, access to up-to-date information and knowledge, together with the motivation andskills to use these resources intelligently on behalf of oneself and the community as awhole, are becoming the key to strengthening Europe’s competitiveness and improvingthe employability and adaptability of the workforce;

• today’s Europeans live in a complex social and political world. More than ever before,individuals want to plan their own lives, are expected to contribute actively to society,and must learn to live positively with cultural, ethnic and linguistic diversity. Education,in its broadest sense, is the key to learning and understanding how to meet thesechallenges“ (Commission of the European Communities 2000, S. 5).

Diese Doppelbegründung hat einerseits die Reichweite des Begriffs funktiona-listisch verengt. Sie trägt andererseits jedoch auch zu seiner definitorischen Präzi-sierung bei. Das Memorandum hält ausdrücklich fest, dass sich Lifelong Learningauf alle sinnvollen Lernaktivitäten beziehe:

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• auf formale Lernprozesse, die in den klassischen Bildungsinstitutionen stattfindenund in der Regel mit gesellschaftlich anerkannten Zertifikaten abgeschlossenwerden;

• auf nicht-formale Lernprozesse, die gewöhnlich jenseits der etablierten Bildungs-einrichtungen ablaufen – am Arbeitsplatz, in Vereinen und Verbänden, in zivil-gesellschaftlichen Initiativen und Aktivitäten, bei der Wahrnehmung sportlicheroder musischer Interessen und

• auf informelle Lernprozesse, die nicht notwendig intendiert sind und im alltäg-lichen Leben gleichsam en passant „mitlaufen“ (Commission of the EuropeanCommunities 2000, S. 8).

Die Pointe dieses Begriffsverständnisses ist die Option einer synergetischenVernetzung jener unterschiedlichen Lernformen: Lernen soll nicht nur systematischauf die gesamte Lebensspanne ausgedehnt werden. Es soll zudem ‚lifewide‘ statt-finden, d. h. es sollen Lernumwelten entstehen, in welchen sich die verschiedenenLernarten organisch ergänzen können. „The ‚lifewide‘ dimension brings the com-plementarity of formal, non-formal and informal learning into sharper focus“ (Com-mission of the European Communities 2000, S. 9).

Lebenslanges Lernen scheint also zu einer ökonomischen und sozialen Notwen-digkeit erster Ordnung geworden zu sein. Und es bezieht sich in dieser zugespitztenBedeutung nicht allein auf die klassischen Bildungseliten, sondern auf alle Gesell-schaftsmitglieder. Im White Paper on Lifelong Learning des englischen Bildungs-ministeriums von 1998 steht an zentraler Stelle: „To cope with rapid change and thechallenge of the information and communication age, we must ensure that peoplecan return to learning throughout their lives. We cannot rely on a small elite, nomatter how highly educated or highly paid. Instead, we need the creativity, enterpriseand scholarship of all our people“ (Department for Education and Employment1998, S. 7).

Der „neue Begriff“ des lebenslangen Lernens verrät eine Ambition, die derbritische Bildungsforscher John Field „the new educational order“ genannt hat(Field 2000, S. 133 ff.). Lernen erhält eine neue Bedeutung: für die Gesellschaftals ganze, für die Bildungsinstitutionen und für die Individuen. Die veränderteKonnotation verweist freilich auf einen inneren Widerspruch: Das neue Lernen wirdzunächst politisch-ökonomisch „gerahmt“. Ziele sind Wettbewerbsfähigkeit, Be-schäftigung und Anpassungskompetenz der ‚workforce‘. Gleichzeitig sollen aberauch die biografische Planungsfreiheit und das soziale Engagement der Individuengestärkt werden. Lebenslanges Lernen „instrumentalisiert“ und „emanzipiert“ offen-bar zugleich.

Die folgenden Überlegungen werden sich mit dieser eigenwilligen Spannungauseinandersetzen. Dabei geht es zunächst um eine für den beabsichtigten Argu-mentationszusammenhang hilfreiche Klärung der Begriffe (1). Im Anschluss sollendie gesellschaftlichen Rahmenbedingungen lebenslangen Lernens kritisch analysiertwerden (2). Der dritte Abschnitt wird einen eigenen theoretischen Versuch zumThema „Bildung in der Lebensspanne“, das Konzept biografischen Lernens, vor-stellen (3). Abschließend werden ergänzende aktuelle Theorieperspektiven

Bildungsprozesse über die Lebensspanne und lebenslanges Lernen 3

angedeutet (4). Bei unseren Überlegungen nehmen wir eine internationale Dis-kursperspektive ein. Lifelong Learning ist ein internationales bildungspolitischesProgramm. Es schließt offensichtlich an „Globalisierungszwänge“ an, die in unsererArgumentation berücksichtigt werden sollen.

1 Begriffe und Perspektiven

Angesichts der schillernden Bedeutung der auf die gesamte Lebensspanne bezoge-nen Lern- und Bildungskonzepte erscheinen eine knappe Begriffsklärung sowie einePräzisierung der Betrachtungsperspektiven nützlich.

1.1 Bildung und Lernen

Die beiden Begriffe Bildung und Lernen sind auf je eigene Bedeutungsfelder undTheorietraditionen bezogen und können im vorgegebenen Rahmen nicht systema-tisch diskutiert und voneinander abgegrenzt werden. Sie werden beide verwendet,ihre Bedeutung wird dabei im jeweiligen Kontext spezifiziert. Grob kann unterschie-den werden zwischen dem eher auf die konkrete individuelle oder kollektive Tätig-keit bezogenen „kleinräumigeren“ Begriff des Lernens und dem vielschichtigerenBildungsbegriff, der tendenziell auf übergeordnete individuelle und kollektive For-mationsprozesse und daraus resultierende Bildungsgestalten bezogen ist. In derPerspektive des Lebenslaufs wird aber auch der Begriff des Lernens auf eine über-geordnete Prozessstruktur projiziert und im Hinblick auf biografische Prozesse undFiguren der Erfahrungsverarbeitung thematisiert. Wenn im Folgenden also vonLernen die Rede ist, geht es nicht um einzelne Schritte der Aneignung und Ver-haltensänderung, sondern um höher organisierte Prozesse der Verarbeitung, Ver-knüpfung und (Trans-)Formation von Lernprozessen zu einer biografischen Erfah-rungsgestalt – gewissermaßen um Lernprozesse „zweiter Ordnung“.

1.2 Lebenslang, Lebensspanne, Biografie

Die Formulierung „Lernen und Bildung in der Lebensspanne“ verweist zunächst aufein Maß von Zeit, eine quantitative Ausdehnung oder Dauer, und zwar die Zeit-spanne eines individuellen menschlichen Lebens. Dies mag auf den ersten Blicktrivial erscheinen, spielen doch Zeitlichkeit („Lernen braucht Zeit“) und der Aspekteiner temporalen Struktur („eins nach dem anderen“, „was Hänschen nicht lernt,lernt Hans nimmermehr“) bei Lern- und Bildungsprozessen immer eine Rolle. DerEindruck der Trivialität schwindet allerdings, sobald genauer bestimmt werden soll,wie jener Aspekt der Zeitlichkeit konzeptualisiert wird.

Die Zeitlichkeit von Lernprozessen muss keineswegs notwendig in der Zeit-spanne des Lebenslaufs gedacht werden. Die meisten (psychologischen) Lerntheo-rien thematisieren Lernen als –mehr oder minder komplexe – Verhaltensänderungen

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im Zeithorizont der Lern- bzw. Handlungssituation. Eine andere, in pädagogischenKontexten eher seltene Perspektive fragt nach Lernprozessen sozialer Aggregate(Institutionen, Klassen, Nationen, Gesellschaften) in historischer Dimension (Stich-worte: Mentalitätsgeschichte, „soziales Erbe“, kollektive Erfahrungen angesichtshistorischer Krisen und Umbrüche). Die Betrachtungsperspektive „Lebenslauf“nimmt also eine spezifische temporale Analyseebene in den Blick, die in Relationzu anderen Zeitdimensionen, der der situativen Alltagszeit und der historischen Zeit,steht, aber eine relativ unabhängige eigenständige Konstruktionslogik aufweist(Schuller 1997). Damit geht es nicht nur um das quantitative Maß der Lebens-spanne,1 sondern um den qualitativen Aspekt lebenszeitlicher Prozesse und derensozialkultureller Strukturierung. Dieser wird mit einem wissenschaftlichen Begriffder Biografie erfasst. Erst eine biografietheoretische Konzeption – so unsere These –rechtfertigt die analytische Exposition und Abgrenzung des „lebenslangen (oder:biografischen) Lernens“ als Gegenstand der Bildungsforschung (Alheit und Dausien2000b; Dausien 2001, 2008).

Die folgenden Überlegungen sollen u. a. verdeutlichen, dass eine solche Betrach-tungsweise begründet ist und ein theoretisch wie empirisch anspruchsvolles For-schungsprogramm eröffnet. Der programmatische Charakter ergibt sich aus demaktuellen Forschungsstand: Trotz einer Flut von (halb-)wissenschaftlichen Publika-tionen zum Stichwort „lebenslanges Lernen“ gibt es bis heute erst relativ wenigetheoretische Überlegungen und noch weniger empirische Untersuchungen, die dasPhänomen als solches in den Blick nehmen und nicht nur abstrakt als Rahmenbe-dingung voraussetzen.

1.3 Zwei Betrachtungsperspektiven

Lebenslanges Lernen kann unter verschiedenen Aspekten betrachtet werden. In dereinschlägigen Diskussion lassen sich vor allem zwei Perspektiven unterscheiden:(a) eine vorwiegend bildungspolitisch motivierte Beschäftigung mit verändertenBedingungen der Arbeits- und Bildungsgesellschaft, die Konsequenzen für diegesellschaftliche Organisation individuellen und kollektiven Lernens nach sichziehen (siehe stellvertretend Longworth und Davies 1996; Dohmen 1996; Brödel1998; Alheit und Kammler 1998; Williamson 1998; Gerlach 2000; Field 2000;Achtenhagen und Lempert 2000); und (b) eine eher pädagogisch oder bildungs-theoretisch interessierte Perspektive auf die Bedingungen und Möglichkeiten bio-grafischen Lernens der Gesellschaftsmitglieder (siehe stellvertretend Dominicé1990, 2000; Kade und Seitter 1996; Alheit 1999; Alheit und Dausien 1996,2000b; Delory-Momberger 2000).

1Die Lebensspanne ist zwar biologisch fundiert (durch die prinzipielle Gebundenheit an die„biologische Uhr“), aber in ihrer konkreten sozialen Form und ihrem individuellen Erleben nichtdeterminiert. Sie ist damit keine „fraglose Naturtatsache“, sondern ein soziales Phänomen, das inspezifischen historischen und kulturellen Kontexten „die Form der Biografie“ (Nassehi 1994)annimmt.

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Die erste Perspektive hat seit den 1960er-Jahren eine internationale Politik des‚lifelong learning‘ – bzw. der ‚lifelong education‘ – begründet (zusammenfassendDohmen 1996; Gerlach 2000; Field 2000), in der es um die Erforschung undEntwicklung neuer Bildungskonzeptionen zur Erschließung ökonomischer und kul-tureller Ressourcen insbesondere westlicher Gesellschaften geht. Hintergrund ist dieDiagnose, dass ein beschleunigter sozialer Wandel, Umbrüche und Transformatio-nen zur (zivilen) Bewältigung auf Seiten der gesellschaftlichen Akteure Kompeten-zen und Flexibilität erfordern, die nicht mehr im Tempo und in den institutionali-sierten Formen „traditioneller“ Bildungsprozesse erworben werden können.Institutionelle und curriculare Rahmenbedingungen für Bildung müssen verändert,neue soziale Netzwerke und Lernumwelten (Stichwort: „Lerngesellschaft“) geschaf-fen werden (ausführlicher Alheit 1999; Field 2000, S. 69 ff.). Die politiknahenÜberlegungen in diesem Kontext bewegen sich – auch zu Beginn des 21. Jahrhun-derts – noch weitgehend auf der Ebene von „Leitlinien“ (Dohmen 1996) undMemoranden (Field 2000). Wissenschaftliche Konzepte und Befunde, die im Kon-text der Bildungsforschung relevant sein könnten, werden im Folgenden ausführ-licher diskutiert (s. unter 2).

Die zweite Betrachtungsperspektive setzt – im Sinne einer subjektorientiertenErziehungswissenschaft – an den Lern- und Bildungsprozessen der individuellengesellschaftlichen Akteure an. Die Perspektive des Lifelong Learning hat hier seitden 1990er-Jahren die Aufmerksamkeit für nicht-formales, informelles, nicht insti-tutionalisiertes und selbstorganisiertes Lernen erhöht. Die Stichworte „Lernen imAlltag“, „Erfahrungslernen“, „Aneignungslernen“, „lebensweltbezogenes“ oder„selbstgesteuertes Lernen“ (Dohmen 1996, 1998; Kade und Seitter 1996; Konzer-tierte Aktion Weiterbildung 1998) markieren neue Themen und Forschungsfelder.Wir werden Aspekte dieser theoretisch heterogenen Debatte im Folgenden untereiner biografietheoretischen Perspektive zusammenführen (s. unter 3) und Konse-quenzen für die Bildungsforschung formulieren (s. unter 4).

2 Die bildungspolitische Perspektive: „LebenslangesLernen“ als Neuordnung der Bildungssysteme

Zunächst erscheint allerdings das erstaunliche Phänomen erklärungsbedürftig, dassdas Konzept des Lifelong Learning am Ende des 20. Jahrhunderts den Status einesglobalen politischen Konsenses erlangt hat (Field 2000, S. 3 ff.). Während dieDiskussionen der 1970er-Jahre, insbesondere der Report der von dem ehemaligenfranzösischen Premier und Bildungsminister Edgar Faure geleiteten UNESCO-Kommission (‚Learning to Be‘; Faure 1972) und eine Reihe von einschlägigenPublikationen der Organisation for Economic Co-operation and Development (siehestellvertretend OECD/CERI 1973) allenfalls bescheidene bildungspolitische Initia-tiven auf der Ebene der nationalen Regierungen auslösten (dazu ausführlich Gerlach2000, S. 14–130), führt ein Statement der 1990er-Jahre, das von Jacques DelorsautorisierteWhite Paper on Competitiveness and Economic Growth (Commission ofthe European Communities 1994), vor allem jedoch der ebenfalls von Delors

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verantwortete Folgereport einer UNESCO-Expertenkommission (‚Learning: TheTreasure Within‘; Delors 1996) nachgerade zu einer Inflation von internationalenInitiativen zum lebenslangen Lernen.

Seit die Europäische Kommission das Jahr 1996 zum Year of Lifelong Learningausgerufen hat, wird etwa in Großbritannien ein Minister für Lifelong Learningeingesetzt; Green und White Papers, die neue Ziele der Bildungssysteme in Aussichtnehmen, erscheinen in Wales, Schottland und England, wenig später auch in denNiederlanden, Norwegen, Finnland und Irland. Das deutsche Bundesministerium fürBildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie unterstützt mehrere Reports undExpertentagungen zum Thema (Dohmen 1996, 1998). Die Europäische Kommis-sion selbst wird aktiv mit einem White Paper on Education and Training (Commis-sion of the European Communities 1995); UNESCO (Delors 1996); OECD (1996)und eine Gruppe von acht Industrienationen (Group of Eight 1999) schließensich an.

Ausschlaggebend für diesen erstaunlichen Paradigmenwechsel der Bildungs-programmatiken im internationalen Maßstab sind vier Entwicklungstrends in denpostindustriellen Gesellschaften der westlichen Hemisphäre, die sich wechselseitigüberlappen und – wie John Field (2000, S. 35 ff.) diagnostiziert – zu einer „stillenExplosion“ (‚silent explosion‘) am Ende des 20. Jahrhunderts geführt haben : (a) dieVeränderung der Bedeutung der „Arbeit“, (b) die neue und völlig gewandelteFunktion des „Wissens“, (c) die Erfahrung der zunehmenden Dysfunktionalität deretablierten Bildungsinstitutionen und (d) Herausforderungen an die sozialen Akteureselbst, die mit den Etiketten „Individualisierung“ und „reflexive Modernisierung“(Beck 1986; Giddens 1990, 1991; Beck et al. 1996) nur grob charakterisiert sind.

2.1 Die Veränderung der „Arbeit“ in spätmodernenGesellschaften

Das 20. Jahrhundert hat die Bedeutung der Erwerbsarbeit drastisch modifiziert. Diemeisten Menschen verbringen deutlich weniger Lebenszeit in der Arbeit als ihreUrgroßeltern. Noch 1906 nahm ein durchschnittliches Arbeitsjahr ca. 2.900 Stundenin Anspruch, 1946 waren es nur noch 2.440 und 1988 nur mehr 1.800 Stunden (Hall1999, S. 427). Auch die „innere Struktur“ der Arbeit hat sich verändert. Die massiveUmverteilung der Arbeitsplätze vom industriellen in den Dienstleistungssektor istdafür nur ein oberflächliches Symptom. Entscheidender ist, dass die Vorstellungeines konsistenten „Arbeitslebens“, wenn sie auch traditionell schon die Frauenausgeschlossen hatte, endgültig der Vergangenheit angehört. Durchschnittliche Er-werbstätigkeit bedeutet nicht mehr die Ausübung ein und desselben Berufes übereine beträchtliche Lebensspanne hinweg, sondern den Wechsel von Arbeits- undFortbildungsphasen, freiwillige und unfreiwillige Berufsabbrüche, innovative Stra-tegien des career switching, selbst gewähltes Abwechseln von Berufs- und Famili-enphasen (Arthur et al. 1999).

Diese Entwicklung hat nicht nur Erwartungen an das klassische Lebenslaufre-gime irritiert (Kohli 1985, 1989) und individuelle Lebensplanung wesentlich riskan-

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ter gemacht (Heinz 2000b). Sie stellt auch die beteiligten Institutionen als „Struk-turgeber des Lebenslaufs“ (Heinz 2000a, S. 5) vor neue Probleme: die Agenturendes Beschäftigungssystems und des Arbeitsmarkts, Sozial- und Rentenversicherung,vor allem jedoch die Institutionen des Bildungssystems. Sie sind nämlich aufgefor-dert, Deregulierungs- und Flexibilisierungsfolgen der Arbeitsmarktentwicklung zukompensieren, unerwartete und riskante Statuspassagen und Übergänge in „moder-nisierten“ Lebensläufen zu begleiten und eine neue Balance zwischen den Optionender individuellen Akteure und den Funktionszwängen der institutionellen „Meso-ebene“ zu finden (Heinz 2000a). Lebenslanges Lernen bietet sich hier als innovativesSteuerungsinstrument notwendiger „Lebenslaufpolitiken“ (‚life politics‘) geradezu an.

2.2 Die neue Funktion des „Wissens“

Diese Steuerungsidee erscheint umso notwendiger, als ihr Gegenstandsbereichimmer diffuser zu werden beginnt. Der vordergründige Trivialkonsens, dass nachden technologischen Innovationen der postindustriellen „Informationsgesellschaft“Wissen zur zentralen Ressource der Zukunft geworden sei, verdeckt die Ratlosigkeitüber die Funktion und den Charakter dieses „Wissens“. Offensichtlich geht es jagerade nicht um einen bestimmbaren Kanon von Wissensbeständen, die möglichsteffektiv verbreitet und verteilt werden müssten, nicht einmal um die empirischeTatsache der zunehmenden Verwissenschaftlichung aller Lebensbereiche (Wingens1998; Stehr 2003), sondern um ein Phänomen, das sich im Prozess seiner konkretenNutzung sukzessive ausweitet und zugleich partiell auch wieder entwertet. „Wissen“ähnelt immer weniger jenem Phänomen, das Bourdieu überzeugend als „kulturellesKapital“ beschrieben hat (Bourdieu 1983) und dessen Bedeutung für die Repro-duktion bestehender Sozialstrukturen nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.„Wissen“ ist eine Art „graues Kapital“ (Field 2000, S. 1), das neue, gleichsamvirtuelle Ökonomien erzeugt. Der Börsencrash der New Economy im Jahr 2000mit seinen globalen Auswirkungen ist nur ein Beispiel für die dunkle Seite dieserkaum greifbaren Qualität des „neuen Wissens“.

Die Kommunikations- und Interaktionsnetze des IT-Zeitalters, die längst Prozesseder konventionellen Industrieproduktion und den Charakter der klassischen Dienst-leistungen und Administrationen durchdrungen, erweitert und verändert haben,bleiben gleichwohl – stärker als traditionelle Wissensformen der Vergangenheit –von den individuellen Nutzerinnen und Nutzern abhängig. Ihre persönlichen Optio-nen auf den neuen, virtuellen Märkten, ihre Kontakte, produktiven Inputs und ihreKonsumgewohnheiten im Internet erst kreieren die Wissensformen der Zukunft. Das„Wissen“ der Informationsgesellschaft ist ein doing knowledge, eine Art „Lebens-form“, die weit über den Berufsbereich hinaus die Strukturen der Gesellschaftbestimmt und in immer rascheren Zyklen dynamisiert (siehe auch Kade und Seitter2007a).

Genau diese Qualität des „neuen Wissens“ verlangt nun flexible Feedbackproze-duren, komplizierte Selbststeuerungskontrollen und permanentes Qualitätsmanage-ment. In diesem Prozess wird der Charakter von „Bildung“ und „Lernen“ dramatisch

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verändert (Nolda 1996). Es geht nicht mehr um Vermittlung und Weitergabe feststehender Wissensbestände, Werte oder Fertigkeiten, sondern um eine Art „Wissens-osmose“, um den auf Dauer gestellten Austausch von individueller Wissensproduk-tion und organisiertemWissensmanagement. Die Idee lebenslangen Lernens, beson-ders „selbstgesteuertes Lernen“, scheint – zumindest als Rahmenkonzept – fürdiesen Prozess außerordentlich prädestiniert zu sein.

2.3 Die Dysfunktionalität der etablierten Bildungsinstitutionen

Gerade diese Bedingungen einer entstehenden „Wissensgesellschaft“ machen nunklassische Organisationen von Lehr-Lern-Settings problematisch, vor allem jedocheine Idee, die die „erste Karriere“ des Lifelong-Learning-Labels in den frühen1970er-Jahren begleitet: die Humankapital-Theorie. Dieses Konzept „misst“ gleich-sam das investierte Bildungskapital nach der Dauer der Vollzeitbeschulung undunterstellt, dass deren Ausdehnung positive Effekte auf die Bereitschaft zum lebens-langen Lernen habe (hierzu kritisch Schuller 1998; Field 2000, S. 135). Eine Reihevon jüngeren empirischen Studien vor allem in Großbritannien (stellvertretendTavistock Institute 1999; Merrill 1999; Schuller und Field 1999) belegt freilich eherdas Gegenteil: Eine schlichte Ausdehnung primärer „Beschulung“ ohne die drasti-sche Veränderung der Rahmenbedingungen und der Qualität des Lernprozesses führtbei einer Mehrzahl der Betroffenen zu Motivationsverlust und zu einer instrumen-tellen Einstellung zum Lernen, die keineswegs das eigengesteuerte Weiterlernen inspäteren Lebensphasen fördert, sondern eher unterdrückt (stellvertretend Schullerund Field 1999).

Deshalb verlangt das neue Verständnis lebenslangen Lernens eine Art Paradig-menwechsel der Lernorganisation – nicht erst im Erwachsenenalter, sondern bereitsbei den initialen Formen der Beschulung. Orientierungsziele sind nicht länger dieEffektivität des Lehrens, wirkungsvolle didaktische Strategien und die Konsistenzformaler Curricula, sondern die Situation und die Voraussetzungen der Lernenden(stellvertretend Bentley 1998). Das schließt die Aufmerksamkeit für nicht-formaleund informelle Lernmöglichkeiten ein. Die zentrale pädagogische Frage lautet nichtmehr, wie ein bestimmter Stoff möglichst erfolgreich gelehrt werden kann, sondernwelche Lern(um)welten selbstbestimmte Lernprozesse am ehesten stimulieren kön-nen, wie also das Lernen selbst „gelernt“ werden kann (Simons 1992; Smith 1992).

Gewiss schließt diese Perspektive die Vermittlung von Basisqualifikationen wieLesen, Schreiben, Rechnen oder den autonomen Umgang mit den Neuen Medienein, aber selbst diese basic skills müssen mit praktischen Erfahrungen verbundenwerden; die erworbenen kognitiven Fähigkeiten müssen an soziale und emotionaleKompetenzen anschließbar sein (Giddens 1998, S. 125). Solche Optionen fordernzumal von den klassischen Bildungsinstitutionen ein hohes Maß an institutioneller„Selbstreflexivität“. Sie müssen ihrerseits akzeptieren, „lernende Organisationen“ zuwerden. Die Notwendigkeit, ihre Klientel auf lebenslange, selbstbestimmteLernprozesse vorzubereiten, setzt in der Tat eine Idee des lifewide learning, des„ganzheitlichen Lernens“, voraus.

Bildungsprozesse über die Lebensspanne und lebenslanges Lernen 9

Schulen müssen sich mit dem Internet und mit dem Stadtteil vernetzen, auf densie sich beziehen, mit Betrieben, Vereinen, Kirchen und Verbänden, die dort aktivsind, mit den Familien der Schülerinnen und Schüler, die sie betreuen. Sie müssenneue Lernorte entdecken und andere Lernumwelten erfinden. Neuere Schulentwick-lungskonzepte, besonders die gewonnene Autonomie der einzelnen Einrichtung,eröffnen hier zweifellos Spielräume. Und was für Schulen gilt, trifft modifiziert auchauf Universitäten, Volkshochschulen und Verwaltungsakademien zu. LebenslangesLernen erfordert, wie John Field zu Recht konstatiert, „the new educational order“(Field 2000, S. 133 ff.) – wenn man so will: eine „stille Revolution“ des Erzie-hungswesens.

2.4 „Individualisierung“ und „reflexive Modernisierung“

Diese latente Option ist weder absurd noch utopisch, wenn man die Situation einerwachsenden Gruppe der Gesellschaftsmitglieder betrachtet. Die Anforderungen andie Individuen in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts haben sich verändert. Unddafür sind keineswegs ausschließlich ökonomische Faktoren, sondern auch sozialeund kulturelle Wandlungsprozesse ausschlaggebend. Trotz fortbestehender sozialerUngleichheiten haben sich die Bindungen an soziale Milieus und klassische Menta-litäten gelockert (Beck 1983, 1986; Vester et al. 1993; Alheit 1994; vor allem Barzund Tippelt 2004). Orientierungsmuster sind „kleinräumiger“ geworden und bezie-hen sich eher auf Generations- oder Geschlechtererfahrungen, auf die Wahrnehmungder eigenen Ethnizität oder sogar auf die Präferenz bestimmter Lebensstile (Alheit1999). Eine Inflation von Informations- und Konsumangeboten hat die Wahlmög-lichkeiten der Gesellschaftsmitglieder dramatisch erhöht (Giddens 1990; Schulze1992). Lebensläufe sind deshalb sehr viel weniger vorhersagbar als in früherenZeiten: Mehr noch der Zwang zu immer neuen Entscheidungen, ständig wechseln-den Orientierungen wird zunehmend eindeutiger den Individuen selbst angelastet.

„Die Einzelnen sind hochgradig abhängig von Institutionen und Mitteln, über die andereverfügen; dennoch werden sie gezwungen, als Akteure ihren je eigenen Lebenszusammen-hang durch eigene Praxis selbst erst herzustellen (. . .). [Sie] müssen bei Strafe des persön-lichen Zusammenbruchs oder permanenter sozialer Benachteiligung lernen, selbstständigverschiedene Erfahrungs- und Handlungsfelder miteinander zu verknüpfen (. . .). [Sie]müssen sogar unvereinbar erscheinende Zumutungen und Anforderungen verschiedenerinstitutionell ausdifferenzierter Teilsysteme, Lebens- und Lernbereiche selbsttätig gegenei-nander ausbalancieren, um sie überhaupt alltäglich aushalten zu können. Das gilt zunehmendauch in der Dimension sozialer Integration: Die Individuen, nicht mehr soziale Primär-gruppen, werden zu Zentren der Kooperation und Koordination der Handlungen undLebensansprüche (. . .) Sie stiften aktiv Sozialität oder ihnen droht soziale Isolation undVereinsamung“ (Körber 1989, S. 139).

Diese unübersehbare Tendenz zur „Individualisierung“ des Lebenslaufregimesund der damit einhergehende Zwang zur kontinuierlichen „Reflexivität“ der eigenenHandlungen hat – so die prominenten Thesen von Ulrich Beck oder Anthony

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Giddens – zu einer anderen, „reflexiven Moderne“ geführt (siehe stellvertretendBeck et al. 1996). Das Umgehen mit dieser anderen Moderne (Beck 1986) erfordertaber völlig neue, flexible Kompetenzstrukturen, die nur in lebenslangen Lernpro-zessen aufgebaut und fortentwickelt werden können (Field 2000, S. 58 ff.). Und esverlangt nach einer fundamentalen Veränderung des gesamten Bildungssystems.

2.5 Konturen einer neuen „Bildungsökonomie“?

Der erstaunliche Konsens, der über diese zweifellos plausiblen und sich wechsel-seitig ergänzenden Zeitdiagnosen zu herrschen scheint, reicht von Vertretern dertraditionellen Unternehmerschaft über Protagonisten der New Economy bis zu denBildungsexperten der modernisierten Linksparteien. Was ihn problematisch macht,ist seine Indifferenz gegenüber den sozialen Folgen, die eine distanzlose bildungs-politische Umsetzung zeitigen würde. Der schöne Schen der Lifelong LearningSociety beseitigt ja keineswegs die Selektions- und Exklusionsmechanismen des„alten“ Bildungssystems. Er überlagert und verschärft sie womöglich (Field 2000,S. 103 ff.).

Schon gegenwärtig lässt sich empirisch zeigen, dass Arbeitsmarktsegmente, diegeringe Qualifikationen voraussetzen, chronisch schrumpfen (siehe stellvertretendOECD 1997a). Das heißt die Erwartungen der „Wissensgesellschaft“ erhöhen denDruck auf die Individuen, bestimmte Qualifikations- und Wissensstandards aucheinbringen zu müssen. Andernfalls sind die Ausgrenzungsfolgen womöglich drasti-scher als in der überlebten Industriegesellschaft. Freilich, die Exklusionslogik istkeineswegs neu: „Klasse“ und „Geschlecht“ bleiben die entscheidenden Indikatoren(Field 2000, S. 115–116). Erwartungsgemäß spielt das Alter zunehmend eine – wider-sprüchliche – Rolle (Tuckett und Sargant 1999). Wer nie die Chance hatte, dasLernen zu lernen, wird auch im fortgeschrittenen Lebenslauf keine Qualifikations-anstrengungen mehr unternehmen. Andererseits werden Lernpotenziale im fortge-schrittenen Lebensalter zunehmend als Ressource für den Arbeitsmarkt und dieGestaltung des Gemeinwesens entdeckt.

Unter dem Aspekt der kruden ökonomischen Verwertung stimmt das Zukunfts-szenario der „Lerngesellschaft“ eher skeptisch: eine knappe Mehrheit von „Gewin-nern“, die allerdings unter dem Verdikt des „lebenslänglichen“ Lernens steht, grenztsich womöglich von einer zunehmenden Minderheit von „Verlierern“ ab, die nie eineChance hatten oder sich aus dem Korsett, immer neues Wissen erwerben undverkaufen zu müssen, freiwillig befreit haben. Die OECD-Prognose ist jedenfallsnicht weit entfernt von diesem Szenario:

„For those who have successful experience of education, and who see themselves as capablelearners, continuing learning is an enriching experience, which increases their sense ofcontrol over their own lives and their society. For those who are excluded from this process,however, or who choose not to participate, the generalisation of lifelong learning may onlyhave the effect of increasing their isolation from the world of the ‚knowledge-rich‘. Theconsequences are economic, in under-used human capacity and increased welfare expen-

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diture, and social, in terms of alienation and decaying social infrastructure“ (OECD 1997b,S. 1).

Alternativen sind also gefordert. Eine vernünftige Konsequenz wäre die Einsicht,dass lebenslanges Lernen nicht nur die Investition in kurzfristig verwertbares öko-nomisches Kapital darstellen kann, sondern – gleichwertig – auch eine Investition in„soziales Kapital“, in die Pflege des sozialen Nahbereichs und den Aufbau und dieStärkung der Zivilgesellschaft (Field 2000, S. 145 ff.; Alheit 2008a). In diesem Feldsind wir alle lebenslang Lernende. Niemand ist prinzipiell ausgeschlossen. Alle sindExpertinnen und Experten. Ein Schrumpfen dieser „Kapitalsorte“, das Schwindenvon „Vertrauen“, das Einfrieren von „Solidarität“, wie sie Robert D. Putnam seitJahren in der US-Gesellschaft feststellt (siehe stellvertretend Putnam 2001), istmittelfristig auch ökonomisch kontraproduktiv. Eine Balance zwischen diesen bei-den widerspenstigen „Kapitalsorten“ könnte dagegen zu einer neuen Art von „Bil-dungsökonomie“ führen, richtiger vielleicht: zu einer sozialen Ökologie des Lernensin modernisierten modernen Gesellschaften (dazu ausführlich Alheit und Kreitz 2000).Voraussetzung dafür ist allerdings das Ernstnehmen der lernenden Individuen – alsoauch ein analytischer Perspektivwechsel.

3 Die bildungstheoretische Perspektive: BiografischeBildungsprozesse – Aspekte einer Phänomenologielebenslangen Lernens

Die folgenden Überlegungen befassen sich mit der individuellen Seite lebenslangenLernens. Dabei geht es nicht um situative Lernakte isolierter Individuen, sondern umLernen als (Trans-)Formation von Erfahrungen, Wissen und Handlungsstrukturenim lebensgeschichtlichen und lebensweltlichen (‚lifewide‘) Zusammenhang (s. o.).Wir sprechen deshalb auch von „biografischem Lernen“ und meinen weniger einenempirisch scharf abgrenzbaren Gegenstand – etwa Lernprozesse, die an bestimmteFormen, Orte oder Zeiten gebunden sind – als vielmehr eine theoretische Perspek-tive auf Bildungsprozesse, die im Sinne eines phänomenologischen Lernbegriffs(Schulze 1993a, b) an der lebensgeschichtlichen Perspektive der Lernenden ansetzt(siehe zur Übersicht auch Krüger und Marotzki 2006).

Aus dem Blickwinkel biografischer Erfahrung sind analytische Unterscheidun-gen wie die zwischen formalem, nicht-formalem und informellem Lernen nichtunbedingt trennscharf. Im Gegenteil, es gehört zur Eigenart der Biografie, dassinstitutionell und gesellschaftlich spezialisierte und separierte Erfahrungsbereicheim Prozess der lebensgeschichtlichen Erfahrungsaufschichtung integriert und zueiner besonderen Sinngestalt immer wieder neu zusammengefügt werden – wasfreilich nicht notwendig gelingen muss (Kade und Seitter 2007b). Diese Leistungder Subjekte kann mit dem Begriff der Biografizität gefasst werden (Alheit 1993; Alheitund Dausien 2000b), der den Gedanken der „eigensinnigen“ subjektiven Aneignung vonLernangeboten (Kade 1994a; Kade und Seitter 1996) aufnimmt, aber darüber hinaus dieChance der Herstellung neuer kultureller und sozialer Erfahrungsstrukturen akzentuiert.

12 P. Alheit und B. Dausien

An dieses in der biografischen Konstruktionslogik von Erfahrung und Handeln enthal-tene Bildungspotenzial knüpfen Politiken und pädagogische Konzepte des LifelongLearning – eher implizit als analytisch reflektiert – an.

Dennoch macht die Unterscheidung zwischen formalem, nicht-formalem undinformellem Lernen auch in biografietheoretischer Perspektive einen Sinn, wennsie nicht als Typologie von Lernprozessen interpretiert, sondern auf die Strukturenund Rahmungen der jeweiligen Lernkontexte bezogen wird. Lernprozesse findennur zum geringeren Teil in pädagogischen Institutionen und formalisierten Lernset-tings statt, dennoch strukturieren Bildungsinstitutionen „Möglichkeitsräume“ fürbiografische Lernprozesse (Kade und Seitter 1996) und sie formen auch diehistorisch-kulturellen Vorstellungen von Biografie, in deren Rahmen die Subjekteihre Erfahrungen deuten und biografischen Sinn erzeugen. Biografisches Lernenist in gesellschaftliche Strukturen und kulturelle Deutungskontexte eingebunden.Deshalb ist es auch für die Analyse individuell-biografischer Bildungs- und Lernpro-zesse notwendig, sich die „äußere“ Rahmenstruktur des Lebenslaufs zu verdeutlichen.Die folgende Konzeptualisierung beginnt mit diesem Aspekt und differenziert imAnschluss einige empirische Phänomene lebensbegleitenden Lernens.

3.1 Die soziale Strukturierung des Lebenslaufs durchBildungsinstitutionen

Der Lebenslauf als eine Institution, die sich mit der Moderne herausgebildet hat(Kohli 1985), liefert ein formales „Gerüst“, an dem sich die biografischen Bildungs-prozesse der Individuen orientieren. Dies gilt zunächst unabhängig davon, wie dieOrientierung im konkreten Fall aussieht (z. B. eher affirmativ, den Vorgaben nach-strebend, oder diskrepant, sich an ihnen reibend, mit ihnen brechend, sie umbauendusw.). Es gibt ein gesellschaftliches „Curriculum“ für das individuelle Leben von derGeburt bis zum Tod, das in Gesetzen und Sanktionen, in Normen und Erwartungs-strukturen mehr oder weniger festgelegt ist, immer wieder neu ausgehandelt wird,sozial differenziert ist und sich historisch verändert.

Ein Teil der Bildungsprozesse, die wir während unseres Lebens durchlaufen bzw.aktiv gestalten, ist relativ eng und unmittelbar auf dieses „Curriculum“ bezogen unddurch formale Lernziele und Zertifikate reguliert. Um diesen Aspekt hervorzuheben,spricht Schulze (1993a) von „curricularem Lernen“. Demgegenüber folgt das„lebensgeschichtliche Lernen“ anderen (eben: biografischen) Regeln, ohne sichvollständig von dem Gerüst zu lösen. Beide Seiten stehen in einem Spannungsver-hältnis und sind aufeinander angewiesen (Schulze 1993a; ähnlich Kade und Seitter1996).

Um biografische Lernprozesse zu verstehen, ist es deshalb notwendig, die in einerGesellschaft jeweils wirksamen Lebenslaufmodelle zu reflektieren. Diese sindfreilich nicht als „externe Größe“ immer schon gegeben, sondern u. a. durch dieInstitutionalisierung von Bildung entscheidend geformt. Das hat Kohli (1985) an derfür moderne westliche Gesellschaften klassischen Dreiteilung des Lebenslaufs in„Vorbereitungs-, Aktivitäts- und Ruhephase“ gezeigt. In diesem idealtypischen

Bildungsprozesse über die Lebensspanne und lebenslanges Lernen 13

Modell werden durch die institutionelle Ausgliederung (Schule, Berufsbildungssys-tem) und die zeitliche Lokalisierung von Sozialisations- und Qualifikationsprozes-sen in der Kindheit und Jugend zugleich Zeiten und Räume formalisierten Lernensdefiniert, die von allen Gesellschaftsmitgliedern obligatorisch durchlaufen werden.Die Rolle von Bildung im Lebenslauf ist jedoch nicht auf die „Vorbereitungsphase“begrenzt, sondern strukturiert in der Form einer Verkettung von Optionen undWeichenstellungen das gesamte biografische „Curriculum“. Dies gilt bereits fürdas von Kohli beschriebene Modell der modernen Normalbiografie: Durch dasallgemeinbildende Schulsystem und die dadurch definierten Qualifikationsniveausund -profile, werden Startchancen festgelegt und Weichen für den weiteren Lebens-weg und die soziale Positionierung der Individuen gestellt, die durch spätere Bil-dungsabschlüsse kaum nachzuholen sind (Rabe-Kleberg 1993b). Zugleich ist dieSchule ein zentraler Ort der Einübung in formale Lernprozesse. Mit den vermitteltenInhalten werden auch Formen des Lernens gelernt. Die schulischen Abschlüsse undErfahrungen strukturieren in hohem Maße die nächsten biografischen Statuspassa-gen, die berufliche Ausbildung und/oder den Übergang in die Erwerbsarbeit undlegen zusammen mit der beruflichen Erstausbildung den Rahmen der gesamtenErwerbsbiografie fest. Berufliche Weiterbildung oder Umschulung können hier zwarneue Möglichkeitsräume eröffnen. Diese bleiben jedoch – trotz propagierter Flexi-bilisierung und Durchlässigkeit – abhängig vom Ausgangsniveau und von vorstruk-turierten Laufbahn- und Karrieremustern, die berufsspezifisch, aber auch nachKriterien der sozialen Positionierung (Klasse, Geschlecht, Ethnizität, nationale Zu-gehörigkeit) erheblich differieren. Schließlich ist auch die letzte biografische Groß-phase, das Rentenalter, in ihren Rahmenbedingungen – dem ökonomischen, kultu-rellen und sozialen Kapital, auch den gesundheitlichen, körperlichen und (lebens-)zeitlichen Ressourcen – entscheidend durch die vorherige Erwerbsarbeit definiertund damit zumindest indirekt abhängig von der Bildungsgeschichte einer Person.

Mit der Veränderung der Erwerbsarbeit hat das dreiphasige Lebenslaufregimezwar an Gültigkeit verloren (s. o.), aber auch die neuen, individualisierten und„pluralisierten“ Lebenslaufmuster sind noch immer und zunehmend durch Bildungs-institutionen geprägt, die sich ihrerseits auf die neuen „lebenslangen Lernbiografien“einstellen müssen (z. B. Faulstich-Wieland 1997; Nuissl 1997). Allerdings hat sichdie Art der Strukturierung verändert: Bildungsprozesse sind nicht mehr unbedingtlinear angelegt, im Sinne einer fortschreitenden Qualifizierung und sozialen Positi-onierung („Karriere“), sondern werden auch „zusammengeflickt“ oder zyklischwiederholt im Sinne einer „zeitlosen, sektoralen Lebensgestalt“ (stellvertretendKade und Seitter 1996, S. 143–154).

Unabhängig von solchen, erst ansatzweise erforschten Differenzierungen biogra-fischer Bildungsgestalten können wir festhalten, dass Bildung als gesellschaftlicheInstitution bzw. als System miteinander verflochtener Institutionen typische Lebens-laufstrukturen formiert und subjektive Lebensentwürfe und -erfahrungen prägt. Imhistorischen und sozialstrukturellen Vergleich erkennt man, dass diese Formungentlang den gesellschaftlichen Differenzlinien Klasse, Geschlecht und „Ethnizität“erfolgt, dass Lebensläufe Chancenstrukturen ungleich verteilen und je nach gesell-

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schaftlicher Position typisieren. Die Parole „Lifelong learning for all“ verdecktdiesen Zusammenhang.

3.2 Die zeitliche (Um-)Ordnung von Bildung und Lernen imLebenslauf

Neben der Positionierung im sozialen Raum erzeugt „Bildung“ vor allem einezeitliche Ordnung von Lernprozessen entlang der Achse einer individuellen Biogra-fie. Gegenwärtig müssen wir von einer Mischung aus noch geltenden Normen jenerdreigeteilten „normalen“ (= männlichen) Bildungs- und Berufskarriere bzw. einerwidersprüchlicher modellierten „weiblichen Normalbiografie“ (hierzu kritisch Dau-sien 1996) einerseits und neueren Modellen eines flexiblen lebenslangen Lernensandererseits ausgehen. Insbesondere seit der Bildungsreform der 1960er-Jahre sindbildungspolitisch neue Qualifikationswege eröffnet worden, die formale Bildungs-prozesse im Erwachsenenalter ermöglichen. Diese „zweiten und dritten Bildungs-wege“ sind (insbesondere von Frauen) angenommen worden und haben nicht nur zueiner erhöhten Bildungsmobilität (Schlüter 1993, 1999) geführt, sondern auch neueLebenslaufmuster erzeugt, in denen „Arbeit“, „Familie“ und „Bildung“ sichu. U. mehrfach abwechseln und auf unterschiedliche Weise miteinander kombiniertwerden. Ohne im Folgenden auf empirisch ermittelte Muster detailliert eingehen zukönnen, sollen drei Aspekte der temporalen Ordnung von Bildung im Lebenslaufunterschieden werden, die für biografische Erfahrungen im Kontext einer zuneh-mend individualisierten Lebensführung typisch sind:

3.2.1 Nachgeholte Bildungsabschlüsse und „Bildungsumwege“

Bildungswege verlaufen zumeist nicht linear. Die Analyse von Biografien zeigt, dassBildung häufig als eine „zweite (dritte, vierte. . .) Chance“ begriffen wird, aufverschiedenen Wegen innerhalb des Bildungs- und Berufssystems verpasste Bil-dungsoptionen nachzuholen bzw. frühere Weichenstellungen zu korrigieren. DieMöglichkeiten des Nachholens sind allerdings begrenzt – schon allein durch dieUnmöglichkeit, Lebenszeit nachzuholen – und durch fehlende Anschluss- und Auf-stiegsmöglichkeiten in den vorausgehenden Bildungsprozessen. Das wird am Bei-spiel sog. „Frauenberufe“ (Rabe-Kleberg 1993a; Born 2000) deutlich, die auch als„Sackgassenberufe“ bezeichnet werden. Der subjektiven Bereicherung, die biogra-fische „Bildungsumwege“ in der Regel mit sich bringen, stehen auf der anderenSeite gesellschaftliche Strukturen gegenüber, die trotz einer neu propagierten Bil-dungsflexibilität Abweichungen vom (männlichen) Normalmodell der kontinuierli-chen Berufskarriere bislang noch überwiegend negativ sanktionieren (stellvertretendRabe-Kleberg 1993b). In Deutschland sind weder das Bildungs- noch das Berufs-system systematisch darauf eingestellt, „abweichende“, im individuellen biografi-schen Prozess erworbene Qualifikationen und Kompetenzen anzuerkennen und zuintegrieren, insbesondere dann, wenn diese in nicht-formalen biografischen Lern-prozessen oder – im Fall von Migrationsbiografien – in anderen gesellschaftlichen

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und nationalen Kontexten erworben wurden (vgl. die englische Tradition des‚Assessment of Prior Experiential Learning‘ ,stellvertretend Alheit und Piening1999). Die entstehenden „Passungsprobleme“müssen von den Individuen bearbeitetwerden und führen sie u. U. in nicht vorhersehbare Konflikte, zu Abbrüchen undVerwerfungen institutionell angebotener Bildungsfahrpläne. Die mit der Öffnungdes Bildungssystems gewonnenen Freiheiten bergen auch neue biografische Risiken(Kade 1997).

3.2.2 Weiterbildung und Qualifizierung als Daueraufgabe

Die erlebte Notwendigkeit und/oder das subjektive Interesse an einer beruflichenund berufsbezogenen Weiterqualifizierung hat in den letzten Jahren stark zugenom-men (stellvertretend Field 2000, S. 69 ff.). Als Ursachen werden im Allgemeinen derbeschleunigte technologische Wandel und die kürzer werdende „Halbwertzeit“ desberufsrelevanten Wissens angeführt. Bildung und Qualifikation sind nicht mehr aufdie „Vorbereitung“ des Erwerbslebens in dem von Kohli beschriebenen Sinnbeschränkt, sondern werden zu einem dauerhaften Begleitfaktor im Berufsverlauf.Zur gestiegenen Relevanz kontinuierlicher Weiterbildungsprozesse tragen zwei wei-tere soziale Veränderungen bei: der soziale Wandel der Altersphase, verbunden miteiner veränderten biografischen Bedeutung des Alters (Kade 1994b, 1994c; Mader1995), das zunehmend zu einer eigenständigen Bildungsphase wird, sowie dieveränderte Bildungsbeteiligung von Frauen und ihr verstärktes Interesse an (berufs-bezogener) Weiterbildung. Wie Schiersmann (1987, 1993) gezeigt hat, ist allerdingsauch dieser Bildungsbereich Teil einer vergeschlechtlichten Struktur. SystematischeBenachteiligungen und Barrieren für Frauen im System beruflicher Weiterbildungverlängern die geschlechtsspezifische Kanalisierung und Hierarchisierung des Aus-bildungssystems. Die geschlechterkritische Perspektive auf (berufliche) Weiterbil-dung rückt aber auch neue Gesichtspunkte in den Vordergrund. Weiterbildung ist fürFrauen kein „neutrales“ Instrument der Karriereplanung, sondern eingebettet in eineLebensplanung, die eng mit Möglichkeiten und Perspektiven im Bereich der Familieverknüpft ist. Diese Erfahrungen der biografischen Vernetzung von unterschiedli-chen Lebensbereichen werden zunehmend zu einem allgemeinen Merkmal vonWeiterbildung für beide Geschlechter.

3.2.3 Bildungsprozesse in der „eigenen Zeit“

Die Nachholung formaler Abschlüsse und die kontinuierliche berufliche Weiterqua-lifizierung haben neben dem strategischen Verwertungsaspekt auch einen persön-lichen, biografischen Sinn. Es geht nicht allein, häufig nicht einmal in erster Linie,um die – oft ungewisse – Verwertbarkeit der erzielten Qualifikationen auf demArbeitsmarkt, sondern um eine Kompensation biografisch erfahrener Bildungsdefizitebzw. nicht erfüllter Bildungswünsche. Eine solche biografisch begründete Bildungs-motivation führt ebenfalls zu einer Ordnung der Lebenszeit durch Entscheidungen,Übergänge und Lernprozesse. Die „eigene“ Zeitstruktur von Bildungsprozessen kannsich dabei phasenweise auf institutionelle Strukturen beziehen und sie nutzen, sie aber

16 P. Alheit und B. Dausien

auch unterlaufen oder „gegenläufige“ Wirkung haben. Biografisch organisierte Zeit-muster folgen einer individuellen Logik der Verknüpfung von Vergangenheit, Gegen-wart und Zukunft, oft über große Zeiträume und institutionell getrennte Lebensberei-che hinweg. In der individuell-biografischen Sinnperspektive ist ein zeitlichstrukturiertes Bedürfnis nach Bildung und Persönlichkeitsentwicklung angelegt, dasreflexiv oder als implizite biografische Erfahrungs- und Wissensstruktur – als eine Artsozial tradierter „Lernhabitus“ (Herzberg 2004) – Lernprozesse steuert. Dabei entste-hen immer wieder Phasen oder Situationen, in denen das Bedürfnis nach Reflexionund Rekonstruktion, Synchronisierung und Neuentwurf des „eigenen Lebens“ ansteht.Anlass ist häufig gerade eine Auseinandersetzung mit gesellschaftlich strukturierten(Bildungs-)Fahrplänen. Wie empirische Studien mit den Methoden der Biografiefor-schung zeigen, nutzen Erwachsene Weiterbildungsangebote häufig nicht bloßinstrumentell, um vorstrukturierten Lernwegen zu folgen, sondern auch um Zeiträumefür diese „eigenen“ Lernprozesse und ihre Reflexion zu gewinnen (z. B. in Volks-hochschulkursen, Alheit und Dausien 1996; oder dem Funkkolleg, Kade und Seitter1996).

3.3 Bildung als biografischer Prozess

Der Hinweis auf die individuell-biografische Zeitstruktur von Lernprozessen führtzu der grundsätzlichen Frage, wie Bildung als biografischer, gegenüber Lebens-läufen und Curricula relativ autonomer Prozess gefasst werden kann. Bildung findetnicht nur in organisierter und institutionalisierter Form statt. Sie schließt die Gestal-tung von alltäglichen und lebensgeschichtlichen Erfahrungen, Übergängen undKrisen ein. Lebensgeschichtliches Lernen ist also immer an den Kontext einerkonkreten Biografie gebunden. Andererseits ist es aber auch die Voraussetzung oderdas Medium, in dem biografische Konstruktionen sich überhaupt als reflexiveErfahrungsgestalt herausbilden und verändern können. Ohne Biografie gibt es keinLernen, ohne Lernen keine Biografie.

3.3.1 Implizites Lernen, Reflexion und präreflexives Wissen

Viele Lernprozesse laufen „implizit“ ab und formieren sich zu Erfahrungsmusternund Handlungsdispositionen, ohne dass diese dem Subjekt notwendig reflexivverfügbar sind oder explizit reflektiert werden. Begriffe wie implizites oder mitlau-fendes Lernen heben diesen Aspekt hervor, sagen aber nichts über die Komplexitätdieses Phänomens in der Dialektik von Weltaneignung und Selbstbildung. Durchimplizite Lernprozesse, die sich vom Beginn des Lebens an ebenso innerhalb wieaußerhalb von Institutionen abspielen, werden nicht nur einzelne Erfahrungselemen-te als Bestandteile der sozialen Welt angeeignet, zugleich wird das „Aneignungs-system“ selbst entwickelt. Im Verlauf der Biografie bilden sich übergeordnete,generative Handlungs- und Wissensstrukturen heraus, die je nach theoretischerPerspektive als Erwerb und Aufbau biografischer „Lerndispositionen“ (Field2000), (meta-)kognitiver Strukturen (Bateson 1981), „emotionaler Orientierungs-

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systeme“ (Mader 1997), Habitusformationen (Herzberg 2004; im Anschluss anBourdieu 1987) oder Konstruktion von Selbst- und Weltreferenzen (Marotzki1990) interpretiert werden können.

Alle diese Erfahrungsprozesse bilden den biografischen Wissensvorrat einerPerson (Alheit 1993; Alheit und Hoerning 1989), der wie eine Landschaft ausverschiedenen Schichten und Regionen abgestufter Nähe und Ferne besteht undsich in der Zeit (eben durch Lernen) verändert. Im alltäglichen Handeln (und auch inausdrücklichen Lernsituationen; Dewe 1999) fokussieren wir ein „Problem“ – einenAusschnitt unseres Wissens, Erlebens und Handelns – explizit und greifen dabeigleichzeitig auf große Teile unseres Wissens (und Nicht-Wissens) selbstverständlichund unhinterfragt zurück. Wir „bewegen“ uns gewissermaßen in unserer biografischgewachsenen Wissenslandschaft, ohne dabei jeden einzelnen Schritt, jede Wegbie-gung und jedes Wegzeichen bewusst zu bedenken. Oft wenden wir uns solchenElementen unseres biografischen „Hintergrundwissens“ erst dann zu, wenn wir insStolpern geraten, an eine Kreuzung gelangt sind oder sogar das Gefühl haben, denBoden unter den Füßen zu verlieren. Wir haben – prinzipiell – die Möglichkeit, unsgroße Teile dieses präreflexiven Wissens zu vergegenwärtigen, es explizit zu bear-beiten und u. U. auch Strukturen der ganzen Landschaft zu verändern. Solchereflexiven Prozesse können als Momente von Selbst-Bildung interpretiert werden(siehe dazu Alheit 1993).

3.3.2 Sozialität biografischen Lernens

Reflexive Lernprozesse finden jedoch nicht „im“ Individuum statt, sondern sind aufKommunikation und Interaktion mit anderen bzw. die Beziehung auf einen sozialenKontext angewiesen. Biografisches Lernen ist eingebunden in Lebenswelten, dieunter bestimmten Bedingungen auch als „Lernwelten“ oder „Lernmilieus“ analysiertwerden können. Erfahrungsorientiertes, lebensweltliches Lernen oder Lernen inKontexten sind Begriffe, die diesem Aspekt des Lifelong Learning Rechnung tragen,ebenso wie die erhöhte Aufmerksamkeit für die Einbeziehung und Gestaltung vonLernumwelten (z. B. Dohmen 1998). Hier sind allerdings zwei Tendenzen beob-achtbar, die aus einer biografischen Analyse von Bildungsprozessen heraus kritischbeurteilt werden müssen: eine – begrüßte oder befürchtete – „antiinstitutionelle“ undindividualisierende Interpretation des lebenslangen Lernens (z. B. Gieseke 1997;Nuissl 1997), die übersieht, dass Biografie bzw. biografisches Lernen und Institu-tionen aufeinander bezogen sind (z. B. die Studie von Seitter 1999), und die Idee dertechnologischen „Machbarkeit“ von Lernumwelten. Diese Idee übersieht, dassLernwelten eingebettet sind in historisch gewachsene, interaktiv und biografischkonstruierte Lebenswelten, die in (pädagogisch angeleitete) Bildungsprozesse ein-bezogen und mitgestaltet, aber nicht künstlich erzeugt oder gesteuert werden kön-nen. Lernen bleibt, gerade in seiner interaktiven Situiertheit, ein prinzipiell offener,ein letztlich unverfügbarer Prozess.

18 P. Alheit und B. Dausien

3.3.3 Individualität und „Eigensinn“ biografischen Lernens

Lebensgeschichtliches Lernen ist also einerseits interaktiv und sozial strukturiert,folgt andererseits aber einer „individuellen Logik“, die durch die je besonderebiografisch aufgeschichtete Erfahrungsstruktur erzeugt wird. Die biografischeStruktur determiniert nicht den Lernprozess, denn sie ist eine offene Struktur, dieneue Erfahrungen im Umgang mit der Welt, mit anderen und sich selbst integrierenmuss. Andererseits bestimmt sie aber wesentlich die Art und Weise, wie neueErfahrungen gebildet und in einen biografischen Lernprozess „eingebaut“ werden(Alheit und Dausien 2000a). Auch hier müssen aktuelle Begriffe wie selbstorgani-siertes, selbstbestimmtes, selbstgesteuertes oder selbst-direktives Lernen (Straka1997; Dohmen 1998; Konzertierte Aktion Weiterbildung 1998) kritisch diskutiertwerden (Report 39 1997; Hoffmann und von Rein 1998). Sie unterstellen allzuhäufig einen autonomen Lerner, der seinen eigenen Bildungsprozess reflexiv undstrategisch „im Griff“ hat. Dieses Modell übersieht die Vielschichtigkeit biografi-scher Reflexivität. Biografische Bildungsprozesse verlaufen auf eigenwillige Weise,sie ermöglichen unerwartete Erfahrungen und überraschende Transformationen, dieoft vom lernenden Subjekt selbst nicht vorhergesehen waren oder erst im Nachhineinreflektiert werden, aber dennoch eine eigene „Richtung“ verfolgen. Hier sindBegriffe wie „Suchbewegung“ oder „diffuse Zielgerichtetheit“ angemessener alsdas kybernetische Modell einer zielgerichteten „Selbststeuerung“, die wiederum aninstitutionalisierten Vorgaben (z. B. des Wissenserwerbs) orientiert ist. Ein biogra-fisches Verständnis von „Selbstbestimmung“ müsste theoretisch eher mit Bezug aufden Bildungs- als den Lernbegriff entwickelt werden. Für eine bildungspraktische(auch institutionelle) Unterstützung der biografischen Organisation von Lernprozes-sen sind Reflexions- und Kommunikationsräume sowie die interaktive Auseinan-dersetzung mit „Möglichkeitsräumen“ ebenso wichtig wie die Entwicklung „indivi-dueller Steuerungsinstrumente“.

3.4 Bildung als Formation sozialer Verhältnisse

Aus den bisher diskutierten Aspekten eines biografietheoretischen Ansatzes derErforschung lebenslangen Lernens ergeben sich Möglichkeiten des Rückbezugsauf die oben diskutierte bildungspolitische Perspektive. Biografische Bildungspro-zesse sind nicht nur als Aneignungs- und Konstruktionsleistungen im Blick auf dieindividuell-reflexive Organisation von Erfahrung, Wissen und Können zu verstehen.Sie beinhalten auch den Aspekt der biografischen Bildung von sozialen Netzen undProzessen, von kollektivem Wissen und kollektiver Praxis, was theoretisch auch als„Institutionalisierung“ (Berger und Luckmann 1969), als Bildung von sozialenNetzen und „sozialem Kapital“ (s. o.) oder als Herausbildung kultureller Praxenverstanden werden kann (als empirische Beispiele können die Bildung kulturellerund sozialer Zentren, Vereine, Stadtteilinitiativen usw. angeführt werden; Seitter1999; Field 2000; Alheit und Dausien 2000b; Brödel 2004). Auch für diese kollek-tiven Formationsprozesse gilt, dass sie nur zu Teilen explizit verhandelt und reflexiv

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geplant werden. Selbst aus der unkoordinierten biografischen Bildungspraxis derIndividuen entwickeln sich soziale Formationen wie etwa neue Modelle und Erfah-rungszusammenhänge für mögliche Bildungswege, für mögliche Frauen- und Män-nerbiografien, für Geschlechterverhältnisse, für Lernprozesse und Interaktionsfor-men zwischen soziokulturellen Milieus und Generationen.

Theoretisch lässt sich auch dieser Gedanke noch einmal mit dem Prinzip derBiografizität sozialer Erfahrungen fassen. Wenn wir biografisches Lernen alseigensinnige „autopoietische“ Leistung der Subjekte begreifen, ihre Erfahrungenreflexiv so zu organisieren, dass sie zugleich persönliche Kohärenz, Identität, einenlebensgeschichtlichen Sinn und eine kommunizierbare, sozial anschlussfähige undhandlungsleitende lebensweltliche Perspektive erzeugen (Alheit 1993; Alheit undDausien 2000a), wird es möglich, Bildung gleichzeitig als individuelle Identitätsarbeitund als Formation kollektiver Prozesse und sozialer Verhältnisse zu begreifen.

Bei der Betrachtung biografischen Lernens ist deutlich geworden, dass in dieserAnalyseperspektive nicht nur individuelle Prozesse thematisiert werden, sondernunterschiedliche Logiken sozialer Strukturierung zusammentreffen und u. U.Diskrepanzen erzeugen, die von den Subjekten biografisch verarbeitet und pragma-tisch bewältigt werden müssen: Einmal evoziert die Programmatik lebenslangenLernens neue Erwartungs- und Deutungsmuster, die subjektiv als belastenderZwang, aber auch als biografische Chance erlebt werden können. Zum anderen sindbiografische Lernprozesse und Lebensentwürfe auf institutionelle Strukturen undlebensweltliche Kontexte angewiesen, die individuell und kollektiv „selbstbestimmte“Bildungsprozesse unterstützen oder behindern können. Schließlich stehen aus derSicht der Subjekte „Anspruch“ und „Realität“ hier nicht nur im Widerspruch – beideEbenen sind biografisch „real“ und müssen individuell bearbeitet und in einemtatsächlich lebenslangen Prozess biografischer Konstruktion und Rekonstruktionimmer wieder neu in die eigene Bildungsgeschichte integriert werden. Um dieseProzesse allerdings theoretisch genauer zu fassen, empirisch differenzierter zuanalysieren und auf dieser Basis Ansätze für mögliche Bildungspraxen zu entwerfen,sind weitere empirische Forschungen notwendig. Die Komplexität des Problemserfordert freilich ein begründetes Rahmenkonzept – wie den hier skizzierten Bio-grafietheoretischen Ansatz – das in der Lage ist, die widersprüchliche Programmatikdes lebenslangen Lernens theoretisch und empirisch auszufüllen.

4 Ergänzende Diskursstränge zur Konzeptionalisierunglebenslangen Lernens – Eine knappe Diskussion

Die beiden gewählten Analyseperspektiven können zeitdiagnostisch und theorie-strategisch plausibel machen, dass wir es bei der neuen politischen und praktisch-pädagogischen Konjunktur lebenslangen Lernens durchaus mit einem versteckten„Paradigmenwechsel“ im pädagogischen Feld zu tun haben: Politische Praktikenverändern sich – national und im europäischen Kontext; und die Fokussierung aufdie lernenden Subjekte ist unübersehbar. Einer klassischen soziologischen Unter-scheidung folgend beobachten wir irritierende Veränderungen auf mehreren Ebenen:

20 P. Alheit und B. Dausien

• Auf der gesellschaftlichen Makroebene entstehen offensichtlich Balanceproble-me zwischen ökonomischem, kulturellem und sozialem Kapital, die durch einfa-che Interventionen nicht zu beseitigen sind.

• Auf der institutionellen Mesoebene werden Anforderungen an eine neue „Selbst-reflexivität“ der Organisationen erkennbar (Alheit und Hanses 2004), die sich als„Umwelten“ und „Agenturen“ komplexer Lern- und Wissensressourcen begrei-fen sollten und nicht länger als Verwalter und Vermittler kodifizierten Herr-schaftswissens – auch dies eine noch kaum bewältigte Herausforderung.

• Auf der individuellen Mikroebene wachsen die Erwartungen an die zunehmendkomplizierteren Verknüpfungs- und Verarbeitungsleistungen der konkreten Ak-teure angesichts der sozialen und medialen Herausforderungen der späten Moder-ne, die eine neue Qualität individueller und kollektiver Sinnkonstruktion voraus-zusetzen scheinen.

Konzepte zur Beschreibung dieser Problemlagen bevorzugen gegenwärtig vorallem zwei theoretische Referenzen: einen interessanten Rückgriff auf die späteLuhmannsche Systemtheorie und ihr Kommunikationskonzept (stellvertretend Kadeund Seitter 2005, 2007a) sowie diskursanalytische und subjekttheoretische Anre-gungen aus Foucaults späteren Überlegungen, insbesondere zur „Gouvernementali-tät“ (stellvertretend Weber und Maurer 2006; Wrana 2005). Während die durchLuhmann angeregte empirische Studie zum „Wissenserwerb Erwachsener“ (Kadeund Seitter 2007b) am lebenslangen Lernen eine unaufhaltsame Tendenz zur „Uni-versalisierung der Pädagogik“ identifiziert (Kade und Seitter 2007b; auch Gruber2004), sind die an Foucault orientierten Arbeiten an der Aufdeckung der Verschrän-kung von „Führung“ und „Selbstführung“ im lebenslangen Lernen interessiert(so etwa Fejes 2005; Wrana 2005), die besonders in den politischen Diskursenproblemlos nachweisbar sei (siehe auch Alheit 2008b).

So anregend diese Überlegungen im Einzelnen sein mögen, sie verlieren zuneh-mend die Perspektive lernender Subjekte zugunsten systemischer oder subjektlos-historischer Agenturen aus dem Blick. Eine Theorie lebenslangen Lernens ist indessenauf eine überzeugende konzeptionelle Verknüpfung makro- und mikrosoziologischerBewegungen angewiesen. Und hier bleiben Forschungsdesiderate bestehen: Tatsäch-lich wissen wir noch zu wenig über die systemischen Balancen zwischen ökonomi-schem und sozialem Kapital. Wir kennen noch kaum jenes „graue Kapital“ des neuenWissens (Field 2000, S. 1) und seine Auswirkungen auf langfristige Lernprozesse.Auch über die institutionellen Voraussetzungen des diagnostizierten Paradigmenwech-sels sind wir erst ansatzweise informiert:

„Welchem Veränderungsdruck sind Bildungsinstitutionen ausgesetzt? Welche Reaktionen undLösungswege zeigen sich, welche Reichweite haben Veränderungen (z. B. partielleReorganisation, völlige Neubestimmung des Bildungsauftrags usw.)? Wie werden dabeiHandlungsspielräume, Stabilität und Innovationsfähigkeit gesichert? – Welche Konzepteund Maßnahmen der Qualitätssicherung, der Organisations- und Personalentwicklung werdeneingesetzt und bewähren sich? – Welche theoretischen und empirischen Bedingungen recht-fertigen es, von Bildungseinrichtungen als ‚lernenden Organisationen‘ zu sprechen? Welche

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Rahmenbedingungen und Strukturen fördern deren (Weiter-)Entwicklung?“ (Forschungsme-morandum für die Erwachsenen- und Weiterbildung 2000, S. 13, im Original kursiv).

Wir entdecken immer neue, kompliziertere und riskantere Statuspassagen undÜbergänge in modernen Lebensläufen (Heinz 2000b). Wir beobachten erstaunlicheund kreative (Re-)Konstruktionsleistungen in individuellen Biografien (stellvertre-tend Alheit 1994; Dausien 1996; Kade und Seitter 1996). Noch immer fehlt jedocheine auf Basis empirischer Befunde systematisch ausgearbeitete biografische Lern-theorie:

„In welchen Lernkulturen und Abhängigkeiten von überindividuellen Mustern, Mentalitätenund Milieus entwickelt sich individuelles Lernen? Welche impliziten Lernpotenziale undLernprozesse zeigen sich in sozialen Milieus und Gruppen (z. B. innerhalb von Familienund zwischen Generationen)? (. . .) Welche Interdependenzen lassen sich beispielhaft zwi-schen überindividuellen und politischen Problemlagen und -lösungen einerseits und demLernen von Individuen in Gruppen, Organisationen, Institutionen andererseits nachweisen?“(Forschungsmemorandum für die Erwachsenen- und Weiterbildung 2000, S. 5, im Originalkursiv).

Auf diese offenen Forschungsfragen verweist ein theoretisch anspruchsvollesKonzept des Lifelong Learning, das mit Blick auf die professionell-pädagogischeBegleitung von Lernprozessen zu reflektieren ist (Dausien 2008). Es wäre außer-ordentlich wünschenswert, die Antworten nicht nur im wissenschaftlichen Diskurszu suchen, sondern auch in der Weiterbildungspraxis und im internationalen undinterkulturellen Dialog.

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