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Bioenergie Beispiele und Strategien für eine kommunale und regionale Bioenergienutzung Eine Chance für Kommunen und Regionen

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BioenergieBeispiele und Strategien für eine kommunale und regionale Bioenergienutzung

Eine Chance für Kommunen und Regionen

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Impressum

Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH)Fritz-Reichle-Ring 478315 RadolfzellTel.: 07732 9995-0Fax: 07732 9995-77www.duh.dewww.bioenergiekommune.de

Redaktion: Silke Schlegelmilch, Dr. Isabelle Franzen-Reuter

IZES gGmbHIT Park SaarlandGebäude A1Altenkesseler Str. 1766115 SaarbrückenTel.: 0681 9762-840Fax: 0681 9762-850www.izes.dewww.bioregio.info

Redaktion: Prof. Frank Baur, Ulrich Bemmann, Nina Müller

Grafik / Layout Didem Sentürk (DUH)Herausgeber Deutsche Umwelthilfe e.V., IZES gGmbHTitelbilder pixelio

Radolfzell und Saarbrücken, 2007

Das Projekt „Grüne Energie in Städten und Gemeinden“ (DUH e.V.) und das Projekt „BioRegio“(IZES gGmbH) werden finanziell vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz undReaktorsicherheit und vom Umweltbundesamt gefördert.

Die Förderer übernehmen keine Gewähr für die Richtigkeit, die Genauigkeit und Vollständigkeitder Angaben sowie für die Beachtung privater Rechte Dritter. Die geäußerten Ansichten undMeinungen müssen nicht mit denen der Förderer übereinstimmen.

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Projektpartner des BioRegio-Projektes:

Kooperationspartner:

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BioenergieBeispiele und Strategien für eine kommunale und regionale Bioenergienutzung

Eine Chance für Kommunen und Regionen

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Liebe Leserinnen und Leser,

auf dem Weg zu einer nachhaltigen Energieversorgung kommt dem Ausbau dererneuerbaren Energie – und damit auch der Nutzung von Biomasse zur Energieerzeugung –eine wichtige Rolle zu. Der globale Klimawandel macht ein sofortiges Handeln dringendnotwendig: Wir brauchen ein neues Zeitalter der Energieversorgung.

Die Bundesregierung hat sich dabei anspruchsvolle Ziele gesetzt: Bis zum Jahr 2050 sollmindestens die Hälfte des Energieverbrauchs aus nicht fossilen Quellen stammen.Insbesondere mit den erfolgreichen Instrumenten des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes(EEG) und des Marktanreizprogramms fördert die Bundesregierung gezielt die Strom- undWärmeerzeugung aus regenerativen Energieträgern. Die Nutzung von Bioenergie hat seit-dem einen regelrechten Boom erfahren: 2006 wurden im Bereich der erneuerbaren Energienbereits 24 Prozent des Stroms aus Biomasse erzeugt. Bei der Wärmeerzeugung stellt Bio-masse sogar einen Anteil von 94 Prozent.

Die Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen und biogenen Rest- und Abfallstoffen zurEnergieerzeugung besitzt dabei noch erhebliche Ausbaupotenziale. Bioenergie wird auchin Zukunft entscheidende Beiträge zum Klimaschutz und zu einer nachhaltigen Energie-versorgung leisten.

Wichtige Partner in der Umsetzung des integrierten Energie- und Klimaschutzprogrammsder Bundesregierung sind die Kommunen und Regionen in Deutschland: Die Herausforde-rungen des globalen Klimawandels müssen auch durch konsequentes Handeln auf lokalerEbene bewältigt werden. Denn Klimaschutz beginnt in der Kommune.

Kommunen und Regionen können dabei auf vielfältige Weise aktiv werden. Sei es als Initi-ator eines Bioenergienetzwerks in der Region oder als Vorbild bei der Umsetzung innovati-ver Technologien. Maßnahmen zur Senkung der Treibhausgasemissionen dienen dabeinicht nur der Umwelt. Wenn Biomasse aus der Region genutzt wird und dezentraleEnergieversorgungssysteme geschaffen werden, verbleibt mehr Wertschöpfung in der Regi-on. Arbeitsplätze in der Land- und Forstwirtschaft, im Handwerk und im Anlagenbetriebkönnen erhalten und geschaffen werden. Die Nutzung von Bioenergie ist eine Chance fürdie ländliche Regionalentwicklung!

Wie Kommunen und Regionen durch eine verstärkte energetische Biomassenutzung in Zu-kunft ökologisch und ökonomisch profitieren können, zeigt die vorliegende Broschüreauf. Lassen Sie sich von den Beispielen inspirieren und werden Sie in Ihrer Kommune undIhrer Region aktiv!

Sigmar GabrielBundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Sigmar Gabriel

Vorwort

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Liebe Leserinnen und Leser,

Bioenergie boomt: Nicht nur Landwirte und private Unternehmen, auch immer mehr Kommunennutzen Biomasse zur Strom- und Wärmeerzeugung. Die Gründe für ihr Engagement sind dabeivielfältig: Ländliche Regionen erhoffen sich eine Stärkung der Land- und Forstwirtschaft, neueArbeitsplätze und Standortvorteile für die Ansiedlung von Unternehmen. Kommunale Stadtwerkeverfolgen das Ziel, die Wärmepreise für die Bevölkerung der Gemeinde stabil zu halten und un-abhängiger vom globalen Energiemarkt zu werden. Bürgerinnen und Bürger wollen gemeinsam inihrem kommunalen bzw. regionalen Umfeld aktiv vor Ort etwas für den Klimaschutz bewirken.

Die Deutsche Umwelthilfe und die Partner des Projektes „BioRegio“ begrüßen und unter-stützen das vorbildliche Engagement der aktiven Städte, Gemeinden und Landkreise inDeutschland. Es zeigt, dass Kommunen bei der Nutzung von Bioenergie sowohl ökonomischwie auch ökologisch und sozial profitieren können.

Um die Erderwärmung und damit die Folgen des Klimawandels zu begrenzen, müssen wirdringend handeln. Die Erzeugung von Energie aus Biomasse ist dabei ein wichtiger Bau-stein, um die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Im Zeichen des Klimaschutzes ist derEinsatz erneuerbarer Energien besonders sinnvoll im Einklang mit Maßnahmen zur Energie-einsparung und Energieeffizienz.

Eine zukunftsfähige Energieversorgung berücksichtigt dabei nicht nur den Klimaschutz. Füreine langfristige Akzeptanz der Bioenergie ist ein schonender Umgang mit unserer Umweltund unserer Landschaft ebenso wichtig wie ein effizienter Umgang mit unseren Ressourcen.

Die Deutsche Umwelthilfe will auf die Aktivitäten von Städten und Gemeinden, die Bio-energie erfolgreich und sinnvoll einsetzen, bundesweit aufmerksam machen. Mit der detail-lierten Beschreibung von zehn „guten Beispielen“ im ersten Teil der Broschüre wollen wirneue Impulse geben. Insbesondere der dokumentierte reichhaltige Erfahrungsschatz derProjektbeteiligten soll zum gegenseitigen Austausch und Lernen anregen.

Die Forschungspartner des Projektes „BioRegio“ haben unter der Federführung der IZESgGmbH im Auftrag des Bundesumweltministeriums in sechs Modellregionen auf der Basisvon Szenarien untersucht, welchen Beitrag eine aktive regionale Bioenergiepolitik zumKlimaschutz, zur Entwicklung von Arbeitsplätzen und zum Aufbau regionaler Wert-schöpfungsstrukturen im Bereich der Energiebereitstellung leisten kann. Im zweiten Teil derBroschüre wird in diesem Zusammenhang neben den motivierenden Ergebnissen auch auf-gezeigt, wie Nachahmer strategisch vorgehen können, um ihre regionalen Potenziale fürKommune und Region zu nutzen.

In jeder Kommune lässt sich Energie aus Biomasse einsetzen. Die Vielfalt an Projekten zeigt dieVielfalt an Möglichkeiten auf, wie sich eine Kommune engagieren kann. Finden Sie Ideen, fragensie nach und werden Sie aktiv für eine zukunftsfähige Energieversorgung in Ihrer Kommune.

Wir bedanken uns bei allen Beteiligten, die uns bei der Projektarbeit unterstützt und ander Erstellung dieser Broschüre mitgewirkt haben und hoffen, dass die Inhalte einen gutenBeitrag leisten, die Nutzung der Bioenergie zu fördern. Die Herausgabe der Broschüre er-folgt mit finanziellen Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-sicherheit und des Umweltbundesamtes, denen wir hierfür herzlich danken.

Prof. Dr. Harald Kächele Prof. Frank BaurBundesvorsitzender der Deutschen Umwelthilfe e.V. Stellvertretender wissenschaftlicher

Leiter IZES gGmbH

Prof. Dr. Harald Kächele

Prof. Frank Baur

Vorwort

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Wegweiser durch die Broschüre

Die Deutsche Umwelthilfe stellt im ersten Teil der Broschüre zehn gute Beispiele vor, wie Kommunen Bioenergie zurStrom- und Wärmeproduktion nutzen. Die erfolgreichen Beispiele wurden im Rahmen des Projektes „Grüne Energie inStädten und Gemeinden“ zusammengestellt. Daneben werden nützliche Informationen zu geeigneten Energieträgernund zur Kraft-Wärme-Kopplung im kommunalen Bereich gegeben.Im zweiten Teil der Broschüre zeigen die Forschungspartner des Projektes „BioRegio“ unter der Federführung der IZESgGmbH anhand eines Sechs-Stufenplans auf, wie eine Kommune oder eine Region die nachhaltige Nutzung vonBiomasse in ihrer Region strategisch entwickeln kann. Zwei anschauliche Beispiele dokumentieren dies.

Immer mehr Kommunen setzen auf Bioenergie – seien Sie dabei!

Projektkarte

Vorteile der Nutzung von Bioenergie in Kommunen

Holz und andere Festbrennstoffe

Biogas

Kraft-Wärme-Kopplung – eine Frage des Standorts

Gemeinden und Bürger betreiben zwei Biogasanlagen (Amt Stollberg)

Energie aus Speiseresten - 1:0 für den Klimaschutz (Stadt Hamburg)

Fernwärme und Strom aus Holz für Neustrelitz (Stadt Neustrelitz)

Wärme aus Biogas für das Kreishaus Steinfurt (Kreis Steinfurt)

Kommunales Stadtwerk realisiert ORC-Holzheizkraftwerk (Stadt Oerlinghausen)

Stadtwerke erzeugen Fernwärme aus Biogas (Stadt Wanzleben)

Strom und Wärme aus Altholz versorgt Ilmenau (Stadt Ilmenau)

Energie aus Bioabfall für zwei Neubaugebiete (Stadt Karlsruhe)

Bioenergie für ein ganzes Dorf (Ortsteil Mauenheim)

Biogas aus Zooabfällen (Stadt München)

Sechs Stufen zur Implementierung regionaler Biomassenutzungsstrategien

BioRegio-Region „Naturpark Saar-Hunsrück“

BioRegio-Region „Südlicher Oberrhein“

Inhaltsverzeichnis

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Zehn aktuelle „gute Beispiele“ aus der Praxis zeigen, wiesich Kommunen im Bereich Bioenergie engagieren. DieBandbreite der Projekte reicht dabei von dem kleinenOrtsteil Mauenheim, dessen Bürgerinnen und Bürger imersten Bioenergiedorf in Baden-Württemberg ihren ge-samten Energiebedarf aus nachwachsenden Rohstoffenbeziehen bis hin zur norddeutschen Großstadt Hamburg,die aus organischen Lebensmittel- und Speiseresten ineiner innovativen Abfallvergärungsanlage Strom undWärme erzeugt.

Die Auswahl der Beispiele spiegelt die Vielfalt an Mög-lichkeiten wider: Unterschiedliche Akteurs-konstellationen, Finanzierungskonzepte, verwendeteRohstoffe und Anlagentypen vermitteln anschaulich, wieBioenergieprojekte organisiert sein können. Jede Kom-mune, aber auch Landkreise und Regionen können sichdabei in einem der beschriebenen Projekte wiederfinden:Aktive Kommunen, die bereits Bioenergie nutzen, findensich in ländlichen Regionen, die von Ackerbau, Vieh-zucht oder Forstwirtschaft geprägt sind ebenso wie inverdichteten städtischen Räumen.

Ein Schwerpunkt der Dokumentationen sind die Erfah-rungen der Akteure mit ihrem Projekt: Lesen Sie von kre-ativen Lösungsansätzen, wie Projekte optimiert und be-sondere Herausforderungen gemeistert wurden.

Weitere Informationen zum Thema Bioenergienutzung inKommunen (z.B. zum Thema Finanzierung und Förde-rung) finden Sie auf der Homepagewww.bioenergiekommune.de.

Strom und Wärme aus Biomasse – einBeitrag zum KlimaschutzDer globale Klimawandel ist bereits heute vielerortsdeutlich spürbar. Der wachsende weltweite Energie-hunger und die begrenzte Verfügbarkeit von Erdöl undErdgas lassen die Preise fossiler Energieträger stetig stei-gen. Es ist Zeit, unsere Energieversorgung auferneuerbare Energien umzustellen. Die Erzeugung vonEnergie aus Biomasse ist dabei ein wichtiger Baustein.

Pflanzen speichern Sonnenenergie. Diese Energie kannfür die Strom-, Wärme- und Kraftstofferzeugung nutzbargemacht werden. Im Gegensatz zu Wind- und Solarener-gie ist Biomasse lagerfähig und daher jederzeit verfüg-bar. Die Vielfalt an nutzbarer Biomasse ist groß: BiogeneRest- und Abfallstoffe liefern ebenso Energie wie nach-wachsende Rohstoffe – im Fachjargon häufig alsNawaRos bezeichnet. Hierzu zählen Waldholz, Mais, Ge-treidepflanzen und viele andere Pflanzen. Besondersressourcenschonend ist der Einsatz von Rest- und Abfall-stoffen, die vor der Energieerzeugung bereits anderwei-tig genutzt wurden. Wenn nachwachsende Rohstoffeeingesetzt werden, so sind ihr Anbau und ihre Erntemöglichst umweltverträglich zu gestalten, um unsere Na-tur und Landschaft langfristig zu wahren.

Für das Ziel, unseren Energiebedarf durch erneuerbareEnergien zu decken, müssen die nutzbaren Rohstoffe ef-fizient eingesetzt werden, da auch sie nur begrenzt zurVerfügung stehen. Anders ausgedrückt: Aus den einge-setzten Rohstoffen muss möglichst viel Energie gewon-nen werden. Ein hoher Wirkungsgrad bei der Energieum-wandlung leistet einen großen Beitrag zum Klimaschutz.

Bioenergie ist dabei nicht gleich Bioenergie. Die Nutzungvon Holz und Biogas zur Strom- und Wärmeerzeugung isteffizienter als beispielsweise die Erzeugung von Kraftstof-fen aus Pflanzenöl. Ein hoher Wirkungsgrad wird zudemdurch die Kraft-Wärme-Kopplung, d.h. der gleichzeitigenErzeugung von Strom und Wärme erzielt. Bioenergie ist zuwertvoll, um sie zu verschwenden. Eine Kommune solltedaher die Nutzung von Bioenergie auch mit Maßnahmenzur Energieeinsparung koppeln. Denn die umweltfreund-lichste Energie ist die, die gar nicht erst verbraucht wird.

Die ausgewählten kommunalen Beispiele zeigen wie Städ-te, Landkreise und Gemeinden mit Holz und BiogasStrom und Wärme in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugenund die Wärme dabei vor Ort sinnvoll nutzen. Die Bei-spiele zeigen auch, dass weder die Energie noch dieRohstoffe aus weiter Ferne kommen müssen. Sie beziehendie Biomasse aus der Region und erzeugen ihre Energiedezentral.

Immer mehr Kommunen setzen auf Bioenergie- seien Sie dabei!

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Gemeinden und Bürger betreiben zwei BiogasanlagenAmt Stollberg / Schleswig-Holstein

Energie aus Speiseresten – 1:0 für den KlimaschutzFreie und Hansestadt Hamburg

Fernwärme und Strom aus Holz für NeustrelitzStadt Neustrelitz / Mecklenburg-Vorpommern

Wärme aus Biogas für das Kreishaus SteinfurtKreis Steinfurt / Nordrhein-Westfalen

Kommunales Stadtwerk realisiert ORC-HolzheizkraftwerkStadt Oerlinghausen / Nordrhein-Westfalen

ProjektkarteZehn „gute Beispiele“ kommunaler Bioenergienutzung

Stadtwerke erzeugen Fernwärme aus BiogasStadt Wanzleben / Sachsen-Anhalt

Strom und Wärme aus Altholz versorgt IlmenauStadt Ilmenau / Thüringen

Energie aus Bioabfall für zwei NeubaugebieteStadt Karlsruhe / Baden-Württemberg

Bioenergie für ein ganzes DorfOrtsteil Mauenheim / Baden-Württemberg

Biogas aus ZooabfällenStadt München / Bayern

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■ Städte und Gemeinden können eigene kommunaleLiegenschaften mit Wärme aus Biomasse versorgen.Dies kann schon heute kostengünstiger sein als dieNutzung fossiler Rohstoffe, insbesondere wenn durchKraft-Wärme-Kopplung der Gesamtwirkungsgrad derAnlage hoch ist.

■ Durch die energetische Verwertung organischerReststoffe aus der Bioabfallsammlung oder der Land-schafts- und Grünpflege kann eine KommuneEntsorgungskosten einsparen.

■ Die Nutzung von Reststoffen aus der ortsansässigenIndustrie wie der Holz- oder der Nahrungs- undGenussmittelindustrie zur Energieerzeugung unter-stützt im Sinne der Kreislaufwirtschaft die sinnvolleWeiterverwendung von Rest- und Abfallstoffen, diekeiner stofflichen Nutzung mehr zugeführt werdenkönnen. Dies reduziert zudem das kommunale Aufkom-men an zu entsorgenden Reststoffmengen.

■ Die Kosten der Pflege kommunaler Naturschutzflächenkönnen durch eine wirtschaftliche energetischeNutzung reduziert werden. Eine wirtschaftlicheNutzung der Aufwüchse von Naturschutzflächen trägtzum Erhalt der regionalen Kulturlandschaft und ihrerwertvollen Lebensräume bei.

■ Der Einsatz von regionalen Rohstoffen aus der Land-und Forstwirtschaft eröffnet zusätzliche Einnahme-quellen und kann zur Existenzsicherung und damit zurStärkung des ländlichen Raumes beitragen.

■ Die dezentrale Erzeugung von Energie aus Biomasseerhöht die regionale Wertschöpfung, da der erzeugteMehrwert nicht aus der Region abfließt. Die gesamteWertschöpfungskette, d.h. die Produktion und Weiter-verarbeitung der Rohstoffe, die Planung und Errichtungder Anlagen, der Betrieb, die Wartung und Reparatur derAnlagen kann regional erfolgen und so Arbeitsplätzeschaffen und langfristig sichern.

■ Zudem kann eine Kommune mit dem Bezug kosten-günstiger Wärme als Standortvorteil bei Unternehmenwerben. Damit wird die Attraktivität einer Kommunegesteigert und für eine ökologische Wärmeversorgunggeworben.

■ Eine Kommune wird mit der Nutzung heimischerBiomasse unabhängiger vom globalen Energiemarktund steigenden Öl- und Gaspreisen. Auf diese Weisebietet sie ihren Bürgerinnen und Bürgern eine sichereWärmeenergieversorgung, die sowohl grund- als auchspitzenlastfähig ist.

■ Die eigene Energiegewinnung aus regionalen Rohstoffenermöglicht der Kommune die Wahrnehmung einer ihrerureigensten Aufgaben: die Gewährleistung einer nachhal-tigen Energieversorgung zu sozialverträglichen Preisen.

■ Die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde identifizie-ren sich stärker mit der Herkunft der heimischenEnergie. Die Energieproduktion „vor der Haustür“trägt zur Sensibilisierung der Bevölkerung für den„Wert“ von Energie bei. Eine Kommune kann dieErzeugung von Energie aus heimischen Rohstoffenauch zur Umweltbildung einsetzen.

■ Und nicht zuletzt: Eine Kommune, die mit gutemBeispiel vorangeht, bezeugt ihr Engagement für denKlimaschutz und wirkt in ihrer Öffentlichkeitsarbeitauthentisch und überzeugend!

Vorteile der Nutzung von Bioenergie inKommunenUm die Klimaschutzziele Deutschlands und der EU zu erreichen, sind in ganz besonderem Maße die Mitwirkung unddas Engagement von Städten und Gemeinden auf regionaler und lokaler Ebene notwendig. Der Ersatz fossiler durcherneuerbare Energieträger wie Biomasse vermindert die Emissionen klimarelevanter Gase. Jede Kommune besitzt Po-tenziale an Biomasse, die zur Strom- und Wärmeerzeugung eingesetzt werden können – seien es Holz, Energie-pflanzen, Grünschnitt oder organische Rest- und Abfallstoffe.

Neben dem Beitrag zum Klimaschutz bietet die Nutzung von Biomasse zur Energieerzeugung auch noch viele weitereVorteile für Kommunen und Regionen:

Mauenheim – ein Dorf setzt auf Bioenergie (Quelle: GemeindeImmendingen)

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Holz ist der älteste vom Menschen genutzte Energieträger. Inden vergangenen Jahren hat insbesondere vor dem Hinter-grund steigender Heizölpreise die Nutzung von Holz alsBrennstoff zur Wärmeerzeugung wieder an Bedeutung gewon-nen. Der Einsatz von Holz zur Stromerzeugung ist insbeson-dere seit der Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes(EEG) wirtschaftlich geworden und hat sich ausgeweitet.

Neben Holz eignen sich auch weitere Festbrennstoffe mit ei-nem geringen Feuchtegehalt wie etwa Stroh, mehrjährigeGräser oder Getreide zur Energieerzeugung. Bei der Ver-feuerung von Stroh, strohähnlichen Stoffen und Getreidemüssen jedoch strengere Emissionswerte eingehalten werden,als bei der Holzverfeuerung, weil diese Stoffe nicht als Regel-brennstoffe in der 1. BImSchV (Bundesimmissionsschutz-verordnung) aufgeführt sind. Somit ist derzeit in der Regelein Einsatz lediglich in immissionsschutzrechtlichgenehmigungsbedürftigen Anlagen ab 100 kW Feuerungs-wärmeleistung (4. BImSchV), mit entsprechend strengerenAnforderungen, möglich. Es besteht jedoch unter bestimm-ten Voraussetzungen die Möglichkeit eine Ausnahme bei derzuständigen Behörde zu beantragen und Getreide und Strohin Anlagen nach der 1. BImSchV einzusetzen. Aktuell wirddie 1. BImSchV novelliert und die derzeitigen Planungen se-hen eine Aufnahme von Stroh, Getreide und anderen Stoffenals Regelbrennstoffe vor, so dass zukünftig einer Verfeuerungdieser Stoffe leichter möglich sein wird.

BrennstofffraktionenBei Holz wird zwischen Scheitholz (gespaltene Holzscheite),Hackschnitzeln (maschinell zerkleinertes Holz bis zu einerGröße von 100 mm) und Pellets (aus Sägespänen gepresstezylindrische Holzstäbchen) unterschieden. Scheitholz kannnur in handbeschickten Anlagen eingesetzt werden. Hack-schnitzel und Pellets eignen sich für automatisch beschick-te Feuerungsanlagen, da sie schüttfähig sind. In kleinerenAnlagen werden meist standardisierte Pellets eingesetzt, dasie ein geringes Volumen und einen hohen Brennwert be-sitzen. Zwei Kilo Pellets haben etwa den Heizwert von ei-nem Liter Heizöl (Heizöläquivalent). Hackschnitzel könnenhingegen aus einer breiteren Holzfraktion erzeugt werdenund sind weitaus kostengünstiger in der Herstellung.

Holz zur WärmenutzungIn vielen Kommunen wird bereits Holzenergie aus Holz-heizwerken zur Wärmeversorgung von Gebäude über ein

Wärmenetz eingesetzt. Meist werden automatisch be-schickte Feuerungsanlagen, die normierte Brennstoffe wiePellets und Hackschnitzel nutzen, verwendet. Pellet-heizanlagen (Zentralheizungen) werden meist im kleinerenLeistungsbereich zwischen 50 und 300 Kilowatt zur Be-heizung einzelner kommunaler Gebäude wie einer Mehr-zweckhalle oder eines Schulgebäudes verwendet. Sie sindsehr einfach und komfortabel zu bedienen. Hackschnitzelwerden dagegen eher in Holzheizwerken mit 200 bis1.000 Kilowatt eingesetzt. Über einen Nahwärmeverbundkönnen sie auch mehrere Gebäude mit Wärme versorgen.

Holz zur Strom- und WärmenutzungIn größeren Heizkraftwerken wird Strom und Wärme produ-ziert. Die Stromerzeugung aus Holz und anderen Fest-brennstoffen basiert meist auf einem Wasserdampfprozess,bei dem in einem Kessel Dampf erzeugt wird, der in einerDampfturbine oder einem Dampfmotor zur Stromerzeugungeingesetzt wird. Mit der Nutzung der bei der Strom-produktion entstehenden Abwärme (sog. Kraft-Wärme-Kopplung, KWK) wird der Gesamtwirkungsgrad erhöht. Beiganzjähriger Wärmenutzung kann ein Gesamtwirkungsgradvon bis zu 90 Prozent erreicht werden. Anlagen zurStromerzeugung und zur Kraft-Wärme-Kopplung zeichnensich im Gegensatz zu reinen Wärmeerzeugungsanlagendurch höhere Investitionskosten aus und sind erst ab ei-nem höheren Leistungsbereich – je nach Technik ab ein bisfünf Megawatt elektrisch – wirtschaftlich zu betreiben. DieAbwärme von Holzheizkraftwerken kann je nach Anlagen-größe mehrere Gebäude über ein Nahwärmenetz mit Wärmeversorgen oder für die Versorgung ganzer Stadtteile und In-dustrie- und Gewerbegebiete in einem Fernwärmenetz ein-gesetzt werden. Holzenergie mit KWK wird dabei meist zurDeckung der Grundlast an Wärme genutzt und zumindestfür die Spitzenlast in der Regel durch Erdgaskessel ergänzt.

Kraft-Wärme-Kopplungs-Techniken wie die Organic-Rankine-Cycle-Technik (ORC-Technik) undStirlingmotoren, die auch schon in kleineren Leistungs-bereichen zur Strom- und Wärmeproduktion eingesetztwerden können, haben sich noch nicht am Markt etab-liert, werden aber über das Erneuerbare-Energien-Gesetz(EEG) zusätzlich gefördert. Die ORC-Technik, deren An-lagenzahl zunehmend steigt, zeichnet sich durch eineeinfache technische und wartungsarme Handhabung undein gutes Teillastverhalten aus.

Ein weiteres mögliches Verfahren zur Strom- und Wärme-produktion aus Holz ist die Holzvergasung. Mit der Holz-vergasung kann auch im niedrigeren LeistungsbereichStrom erzeugt werden, wobei ein vergleichsweise hoherelektrischer Wirkungsgrad erreicht wird. Derzeit wird dieHolzvergasungstechnik in einigen Pilotanlagen getestet.Die Technik weist jedoch noch einen Entwicklungsbedarf auf.

Holz und andere Festbrennstoffe

Holzhackschnitzel als Brennstoff (Quelle: IZES gGmbH)

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EinsatzbereicheDie erforderliche Anlagentechnik unterscheidet sich jenach Einsatzbereich. Entscheidend ist hierbei unter an-derem, ob nur Wärme oder auch Strom produziert werdensoll, wie hoch der Wärmebedarf ist (Leistungsgröße), obdie Anlage gegebenenfalls zeitweise in Teillast gefahrenwird, wie hoch der Bedienungsaufwand sein darf undwelche Rohstoffe zur Verfügung stehen.

Je nach Feuerungstechnik sind verschiedene Qualitätsan-forderungen des Brennstoffs zu berücksichtigen. In grö-ßeren Verbrennungsanlagen lohnt sich der Einsatz vonFeuerungssystemen, die eine breitere Fraktion von Holzverwerten können und z.B. auch Landschaftspflegeholzmit einem höheren Wassergehalt problemlos verbrennenkönnen. Hierzu gehören z.B. die Vorschubrostfeuerungund die Wirbelschichtfeuerung, die sich jedoch erst abeiner elektrischen Leistung von fünf Megawatt rentiert.Eine hohe Flexibilität bei der Wahl der Rohstoffe ist beigrößeren kommunalen Anlagen mit einem hohenBrennstoffbedarf von Vorteil, da die langfristigeRohstoffverfügbarkeit und die Preisentwicklung kaum fürdie Gesamtlaufzeit einer Anlage abgeschätzt werden kann.

Wald- und LandschaftspflegeholzWoher kann Holz für die Biomasseanlage bezogen werden?Energetisch verwertbare Holzreste fallen bei der Wald- undLandschaftspflege an, bei der Weiterverarbeitung des Holzesund als Holzabfall nach dem Gebrauch von Holzprodukten.

Bei der Waldpflege verbleiben die bei der Durchforstung an-fallenden Schwachholzfraktionen, die qualitativ minderwertigund für die Industrie nicht verwertbar sind, und das Wald-restholz, welches bei der Ernte als Rückstand überbleibt (z.B.Kronenderbholz), in der Regel ungenutzt im Wald. Ebensofällt bei der kommunalen Landschafts- und Grünpflege Baum-und Strauchschnitt an. So kann beispielsweise der Schnittbei der Pflege des Straßenbegleitgrüns und öffentlicherGrünanlagen genutzt werden. Ebenso bei der Pflege vonNaturschutzflächen wie etwa Hecken (z.B. Knicks und Wall-hecken) und Streuobstwiesen und bei Entbuschungs-maßnahmen im Offenland verbleiben zu verwertende Grün-reste. Neben Holz fällt bei Landschaftspflegemaßnahmenauch halmgutartige Biomasse an (z.B. Aufwuchs von Ried),die als Festbrennstoff eingesetzt werden kann.

Verfügt eine Kommune über eigene städtische Grün-, Land-schafts- und Waldflächen, bei deren Pflege eine große Men-ge Holz anfällt, kann sich eine energetische Verwertung desHolzes lohnen und darüber hinaus Entsorgungskosten sen-ken. Zusätzlich können auch Holzvorkommen von privaten(Wald-)Flächen zugekauft werden.

Die Nutzung des Potenzials an Wald- und Landschafts-pflegeholz muss jedoch unter wirtschaftlichen und ökologi-schen Aspekten abgewogen werden. Räumlich dezentral inkleinen Mengen anfallendes Restholz, wie es bei vielenNaturschutzpflegemaßnahmen der Fall ist, ist aus logisti-schen Gründen kaum wirtschaftlich erschließbar. Auch dermit der Holzentnahme einhergehende Nährstoffexport und

Humusverlust muss berücksichtigt werden, ebenso wie derVerlust an wertvollen Lebensräumen bei der Entnahme vonTotholz. Insbesondere die Nutzung von Waldholz sollte sobemessen werden, dass sie keine Intensivierung der Forst-wirtschaft und eine Abkehr vom naturnahen Waldbau be-wirkt. Baum- und Strauchschnitt z.B. städtischer Grünflä-chen, der ohnehin nicht auf den Flächen verbleibt und ab-transportiert werden muss, kann hingegen einfach für eineenergetische Nutzung erschlossen werden.

AltholzEnergetisch verwertbare Holzreststoffe fallen bei derWeiterverarbeitung des Holzes in der holzbe- und -verar-beitenden Industrie als sogenanntes Industrierestholzan. In Sägewerken entstehen bei der Herstellung vonBrettern und Balken beispielsweise Nebenprodukte wieSägespäne und Hackschnitzel.

Holzmaterialien wie Obstkisten, Holzmöbel und sonstigerHolzsperrmüll, die nicht mehr gebraucht werden, stehen alsGebrauchtholz der Energiegewinnung zur Verfügung. DiePotenziale an Gebrauchtholz werden bereits weitestgehendstofflich oder energetisch genutzt. Auch sind die Preise fürden Rohstoff und dessen Aufbereitung gestiegen.

Die energetische Verwertung von Altholz (Industrierest-und Gebrauchtholz), welches für keine weitere stofflicheNutzung mehr geeignet ist, ist besonders sinnvoll, da eszentral anfällt bzw. gesammelt wird und im Sinne derKreislaufwirtschaft einer weiteren Nutzung zugeführt wird.Seit 2003 darf Altholz ohnehin nicht mehr deponiert wer-den, sondern muss thermisch behandelt, d.h. verbranntwerden. Anlagen zur Verbrennung von behandeltem Alt-holz der Altholzkategorien III und IV nach der Altholz-verordnung müssen hohe Anforderungen nach demBundesimmissionschutzgesetz (vgl. 17. BImSchV) erfüllen.

Kurzumtriebsplantagen und GräserIn Deutschland gibt es auch erste Versuche, schnell-wüchsige Holzarten eigens für die energetische Nutzungauf sogenannten Kurzumtriebsplantagen anzubauen. Ineinem Rhythmus von drei bis zehn Jahren wird das Holzgeerntet, indem es „auf Stock gesetzt wird“. In den dar-auffolgenden Jahren schlägt es wieder aus und kann er-neut geerntet werden. Zur Nutzung als Festbrennstoffkönnen auch halmgutartige mehrjährige Gräser (z.B.Miscanthus) auf Ackerflächen angebaut und geerntetwerden. Auch landwirtschaftliche Reststoffe wie Strohkönnen in speziellen Anlagen eingesetzt werden.

Der Bezug der Rohstoffe aus der Region ist nicht nur ausKlima- und Umweltschutzgründen sinnvoll. Auch dieEnergiebilanz und die Wirtschaftlichkeit verbessern sich,wenn lange Transportwege vermieden werden. Außerdemstärkt die Nutzung heimischer Holzressourcen regionaleWirtschaftskreisläufe. Die Größe der Anlage sollte sich da-her an der Verfügbarkeit regionaler Rohstoffe bemessen.

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Aus Biomasse wird BiogasWird Biomasse ohne Zufuhr von Sauerstoff (anaerob) ver-goren, entsteht ein Mischgas, das sogenannte Biogas,welches mindestens zur Hälfte aus Methan (CH4) besteht.Der Energiegehalt des Biogases ist vom Methananteil ab-hängig. Dieser wird wiederum von der Zusammensetzungder vergorenen Substrate beeinflusst. Ein KubikmeterMethan hat einen Energiegehalt von knapp zehn Kilo-wattstunden. Der Heizwert von einem Kubikmeter Biogasentspricht bei einem Methangehalt von rund 60 Prozentdemnach durchschnittlich ca. sechs Kilowattstunden jeKubikmeter und damit etwa 0,6 Litern Heizöl (Heizöl-äquivalent).

In der Natur ist der Prozess des anaeroben Abbaus vonorganischen Stoffen durch Bakterien weit verbreitet undfindet z.B. in Mooren, am Grund von Seen und im Pan-sen von Wiederkäuern statt. Bei der Vergärung sind vieleorganische Verbindungen abbaubar, außer „stark ver-holzte“ Biomasse mit einem hohen Ligninanteil. Als Sub-strate für die Biogasanlage eignen sich daher eine Viel-zahl an Rohstoffen. Verwertet werden können z.B. bioge-ne Abfallstoffe wie Biomüll, Speisereste, Altfette, Rests-toffe aus der Nahrungs- und Genussmittelindustrie odertierische Exkremente wie Jauche, Gülle und Mist. Nichtverholzte Pflanzenreste aus der Grün- und Landschafts-pflege (z.B. Sportrasenschnitt) oder der Landwirtschaft(Rübenblätter) eignen sich ebenso wie eigens dafür an-gebaute ein- oder zweijährige Ackerkulturen, so genann-te Energiepflanzen.

Organische Abfall- und ReststoffeFür den Betrieb einer kommunalen Biogasanlage lohnt essich, die eigenen Potenziale an Reststoffen zu prüfen,da diese meist sehr günstig bezogen werden können. Sokann beispielsweise Bioabfall, anstatt ihn ausschließlichzu kompostieren, in einer Bioabfallvergärungsanlage en-ergetisch genutzt werden. Der verbleibende Gärrest kannnach einer Aufbereitung weiterhin als Kompost vermark-

Biogastet werden. Auch Reststoffe aus der Landschafts- undstädtischen Grünpflege wie der Schnitt von Grünlandund Rasen können als Substrate eingesetzt werden. EineKommune kann hierbei zusätzlich zur Wertschöpfung derEnergieerzeugung Entsorgungskosten reduzieren.Darüber hinaus können Pflegemaßnahmen von Natur-schutz- und Grünflächen wirtschaftlich rentabler werden,wenn der Aufwuchs energetisch genutzt wird. Bei derVerwertung von Naturschutzflächenaufwuchs sinkt je-doch mit zunehmendem Verholzungsgrad, vor allem beiein- oder zweischüriger Mahd, der Energiegehalt desSchnittguts. Die energetische Verwertung ist dahermeist nur bedingt wirtschaftlich. Es kann allenfalls alsergänzendes Kosubstrat in bestehenden Anlagen mit ver-wertet und „entsorgt“ werden. Auch muss die Wirtschaft-lichkeit des logistischen Aufwandes bei dezentral anfal-lenden Reststoffen aus der Landschaftspflege geprüftund gegenüber einer Kompostierung vor Ort abgewogenwerden. Ergänzend zu kommunalen biogenen Reststoffenkönnen ebenso Reststoffe aus der Landwirtschaft undaus der industriellen Verarbeitung von Nahrungsmittelnverwertet werden. Diese können meist günstig bezogenwerden, da sie ohnehin entsorgt werden müssen.Gegebenenfalls können sogar Erlöse für die Entsorgungindustrieller Reststoffe wie z.B. für Altfette erzielt werden.

EnergiepflanzenSeit der Einführung des Bonus für nachwachsende Roh-stoffe (NawaRo-Bonus) im Erneuerbaren-Energien-Gesetz(EEG) 2004 ist der Anteil an Energiepflanzen bei deneingesetzten Substraten stetig gestiegen. Derzeit domi-niert der Einsatz von Mais als Koferment zur Gülle inlandwirtschaftlichen Biogasanlagen. Bei der Verwendungvon Energiepflanzen steht neben dem gängigen Mais je-doch eine Vielzahl an weiteren Kulturpflanzen, die alsGanzpflanzen geerntet und siliert werden, zur Verfügung.So können auch Getreideganzpflanzen, Sonnenblumen,Kleegras und in Deutschland völlig neue Kulturarten wieTopinambur, Zuckerhirse und Sudangras als ertragsreicheSubstrate in der Biogasanlage eingesetzt werden. Dass esauch ohne Maismonokulturen geht, zeigen neue Energie-pflanzenanbausysteme wie das Zweikulturnutzungssystemund der Anbau von Mischkulturen. Beim Anbau vonEnergiepflanzen sollte auf jeden Fall auf standortan-gepasste Kulturen und Anbausysteme geachtet werden,um negative ökologische Folgewirkungen wie Boden-erosion, Belastung mit Pflanzenschutzmitteln, Über-düngung und Abnahme der biologischen Vielfalt zu ver-meiden. Auch die Wahrung eines abwechslungsreichenLandschaftsbildes, zu dem eine vielfältige Energie-pflanzen-Fruchtfolge einen positiven Beitrag leistenkann, ist für den Erhalt der Erholungsfunktion der Land-schaft von Bedeutung. Nur so kann eine langfristige Ak-

Eine Biogasanlage (Quelle: pixelio.de)

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zeptanz der Biogasnutzung gewährleistet werden. Die zuliefernden Substrate und ihre Mengenanteile können inLieferverträgen mit Landwirten festgelegt werden.

Insgesamt gilt, dass der Anbau von Energiepflanzenimmer Fläche in Anspruch nimmt, die als Ressource nurbegrenzt zur Verfügung steht. Darüber hinaus kostet dieProduktion von Pflanzen zusätzliche Energie. Aus Grün-den des Klima- und Ressourcenschutzes sollten vorrangigmöglichst alle Reststoffpotenziale, die einer Kommunezur Verfügung stehen, ausgeschöpft werden. Die energe-tische Verwertung von Gülle in Veredelungsregionenbringt einen zusätzlichen Klimavorteil: In der Biogasan-lage wird das bei der Lagerung von Gülle entstehendeMethangas, welches bedeutend klimawirksamer ist alsKohlendioxid, verwertet und gelangt nicht in die Atmos-phäre. Gülle eignet sich bei Nassvergärungsverfahren gutals Grundsubstrat, dem energiereiche Kosubstrate wie or-ganische Rest- und Abfallstoffe oder Energiepflanzenbeigemischt werden, um eine höhere Methanausbeute zuerreichen.

RohstoffkostenDie Substratkosten insbesondere bei landwirtschaftli-chen Biogasanlagen sind in den letzten Jahren stetiggestiegen und machen derzeit bis zu zwei Drittel der lau-fenden Betriebskosten aus. Dieser Kostenfaktor muss fürdie langfristige Wirtschaftlichkeit der Anlage sehr gutkalkuliert werden. Der eingespeiste Strom wird gemäßdem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für einen Zeit-raum von 20 Jahren nach einem festen Satz vergütetund passt sich nicht an die Preisentwicklung derSubstratkosten an. Daher sollten auch möglichst lang-fristige Lieferverträge mit Substratlieferern ausgehandeltwerden. Insbesondere Energiepflanzen stehen im Gegen-satz zu biogenen Rest- und Abfallstoffen im Wettbewerbmit Nahrungs- und Futtermitteln, so dass die Preise fürMais und andere Energiepflanzen erheblich variieren unddamit auch steigen können.

Entwicklung der AnlagentechnikDie Größe neu installierter Biogasanlagen ist seit derNovellierung des EEG stetig gestiegen. Waren früherlandwirtschaftliche Hofanlagen mit einer elektrischenLeistung von unter 100 Kilowatt gängig, sind heute –insbesondere bei einer Wärmenutzung über den Eigenbe-darf der Anlage hinaus – installierte elektrische Leistun-gen von über 500 Kilowatt keine Seltenheit. Es gibt einegroße Zahl an Biogasverfahren, die sich hinsichtlich ver-schiedener Verfahrensmerkmale wie die Art der Beschi-ckung, die Art der Mischung, die Prozessstufen, dieKonsistenz des Substrates und die Fermentertemperaturunterscheiden können. Derzeit dominieren Nass-vergärungsverfahren, bei denen das Substrat unter Zuga-be von Gülle oder Wasser rührfähig gemacht wird.Trockenvergärungsverfahren, bei denen stapelbare Bio-masse genutzt wird, sind vorteilhaft in Regionen mit ge-

ringem Viehbesatz und geringem Gülleaufkommen.

Der nach der Vergärung der Biomasse übrig bleibendesogenannte Gärrest kann in der Landwirtschaft als Dün-ger eingesetzt werden, da fast alle Nährstoffe der einge-setzten Biomasse beim Vergärungsprozess erhalten blei-ben. Der Nährstoffkreislauf kann damit geschlossen wer-den.

Aus Biogas wird Strom, Wärme oderKraftstoffDas bei der Fermentation gewonnene und gereinigte Bi-ogas lässt sich ähnlich vielfältig nutzen wie Erdgas undkann für alle drei Energiepfade Strom, Wärme und Kraft-stoff eingesetzt werden. In Deutschland wird es seit Ein-führung des Stromeinspeisegesetzes überwiegend zurStrom- und Wärmeerzeugung genutzt. Bei der Nutzungdurch Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), d.h. der gleichzeiti-gen Erzeugung von Strom und Wärme, lassen sich vonder im Biogas enthaltenen Energie ca. ein Drittel alsStrom und zwei Drittel als nutzbare Abwärme gewinnen.Das bei der Vergärung entstandene Biogas wird zur Zeitin der Regel in einem Blockheizkraftwerk (BHKW) in ei-nem Verbrennungsmotor eingesetzt, der einen Generatorzur Stromerzeugung antreibt. Die dabei entstehende Ab-wärme, die nicht für den Biogasprozess gebraucht wird,kann z.B. für die Wärmeversorgung von Gebäuden ge-nutzt werden.

Zur Verstromung des Biogases können alternativ auchMikrogasturbinen, Stirlingmotoren und Brennstoffzelleneingesetzt werden, die über den Innovationsbonus desEEG als zusätzliche Vergütung gefördert werden. DieseTechniken sind derzeit jedoch erst im Pilotstadium undwie im Falle der Brennstoffzellentechnik trotzInnovationsbonus noch bedeutend teurer als dieVerstromung in einem Blockheizkraftwerk (BHKW) mitVerbrennungsmotor.

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KWK ist KlimaschutzBei der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) wird die bei derStromproduktion entstehende Abwärme genutzt.Dadurch erhöht sich der Gesamtwirkungsgrad deutlich;es können Gesamtwirkungsgrade von bis zu 90 Prozenterzielt werden. Aus Ressourcen- und Klimaschutzgründenist die Verwendung der Abwärme unerlässlich. DieStromerzeugung aus Bioenergie bietet dabei den großenVorteil, dass sie in dezentralen und vergleichsweise klei-nen Anlagen erzeugt wird. Hierdurch kann die gesamteüberschüssige Abwärme als Wärmequelle genutzt werdenund auch im Wärmemarkt fossile Energieträger ersetzen.Mit der Novellierung des Erneuerbaren-Energien-Gesetz(EEG) 2004 ist der Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplungs-anlagen (KWK) wirtschaftlicher geworden und die Zahlder Anlagen erheblich gestiegen. Produzenten von Bio-energiestrom erhalten für jede eingespeiste Kilowatt-stunde eine Mindestvergütung gemäß EEG. Über dieseMindestvergütung hinaus wird bei KWK-Anlagen ein Bo-nus für die Nutzung der Abwärme bei der Strom-produktion bezahlt. Insbesondere bei einer hohen,möglichst ganzjährigen Wärmeabnahme ist bei größerenAnlagen eine KWK-Nutzung deutlich rentabler als derEinsatz von Biomasse zur reinen Strom- oder Wärme-produktion.

KWK erfordert eine intelligenteStandortwahlEine sinnvolle Nutzung der Abwärme bei der Strom-produktion, mit der fossile Energie ersetzt werden soll,erfordert eine intelligente Standortplanung. Biomasse-heizkraftwerke sollten in räumlicher Nähe zu großenWärmeabnehmern oder einem Verbund von Wärme-abnehmern stehen. Dies können große (kommunale) Ge-bäude wie Schwimmbäder, Schulen, Verwaltungsgebäudeoder auch Wohnsiedlungen sein, die Wärme zur Behei-zung ihrer Räume und für Warmwasser benötigen, ebenso

wie Industrie- und Gewerbebetriebe, die Wärme als Pro-zesswärme nutzen. Im Sommer sinkt jedoch meist dieNachfrage nach Wärme, da Gebäude nicht beheizt werdenmüssen. Häufig fehlen in diesem Zeitraum Abnehmer fürdie Abwärme. Hier besteht die Möglichkeit, anstelle derWärmeauskopplung den Prozessdampf direkt an industri-elle Abnehmer abzugeben. Alternativ kann die Wärmezudem zur Produktion von Kälte eingesetzt werden(Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung). Einen hohen Kältebedarfhaben beispielsweise Krankenhäuser, Industriebetriebe,etwa aus der Lebensmittelbranche, und Bürogebäude zurKlimatisierung ihrer Räume. Auch die Nutzung der som-merlichen Abwärme für die Beheizung eines Freibads istbei kleineren Anlagen eine jahreszeitlich sinnvolle Ergän-zung der Abwärmenutzung, wenn dadurch fossile Ener-gieträger ersetzt werden.

Zur Erreichung eines möglichst hohen Gesamt-wirkungsgrades müssen bei der Anlagen- und Standort-planung einige wichtige Aspekte bedacht werden.

KWK-Nutzung bei HolzenergieanlagenHolzheizkraftwerke sind aufgrund der höherenInvestitionskosten insbesondere dann wirtschaftlichrentabel, wenn sie eine gewisse Leistungsgröße aufwei-sen. Große Anlagen setzen jedoch ein erhebliches Maßan Energie in Form von Abwärme frei, für die eine sinn-volle Nutzung gefunden werden muss. Bei der Wahl derAnlagentechnik ist daher auf einen möglichst hohenelektrischen Wirkungsgrad zu achten. Insbesondere beigroßen Anlagen ist eine Wärmeführung bei Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen von Vorteil, bei der nur soviel Stromproduziert wird, wie auch Abwärme genutzt werdenkann. Dies führt zu einer bedarfsgerechtenDimensionierung der Anlage. Ein maximaler Wirkungsgradverbessert den Nutzen für den Klimaschutz, dient demeffizienten Einsatz von Ressourcen und erhöht in der Re-gel die wirtschaftliche Rentabilität der Anlage. Die Wahldes Standortes von Holzheizkraftwerken ist nicht direktan den Rohstoffbezug gebunden. Daher lohnt es sich,die Anlage entweder an ein bestehendes Fernwärmenetzanzuschließen oder in die Nähe von großen Wärme-abnehmern (Wärmesenken) wie z.B. Industrie- undGewerbegebiete zu bauen und diese über ein Nahwärme-netz zu erschließen.

KWK-Nutzung bei BiogasanlagenDie bei der Biogasproduktion eingesetzten Substratesind durch ihren hohen Feuchtegehalt schwer und volu-minös. Ein weiter Transport ist daher unwirtschaftlich.Demzufolge stehen Biogasanlagen meist dort, wo die

Kraft-Wärme-Kopplung – eine Frage desStandorts

ORC-Modul zur Kraft-Wärme-Kopplung (Quelle: StadtwerkeOerlinghausen)

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Rohstoffe anfallen, also in der Nähe landwirtschaftlicherHöfe, industrieller Betriebe oder Bioabfallsammelstellen.Gleichzeitig ist bei der Wahl des Standorts jedoch dieNähe zu großen Wärmeabnehmern zu berücksichtigen.Bei landwirtschaftlichen Biogasanlagen ohne geeigneteWärmeabnehmer in direkter räumlicher Nähe bietet sichalternativ eine räumliche Trennung von Biogas-produktion und Verstromung an. Hierbei wird das Biogasüber eine Biogasleitung zum Wärmeverbraucher beför-dert. Das Gas kann dann in einem Blockheizkraftwerk ver-stromt werden, welches direkt beim Wärmeabnehmersteht. Daneben gibt es auch Möglichkeiten, Wärme anmobile Wärmespeicherstoffe wie Silikalgel-Granulat zubinden, die die Wärme nahezu verlustfrei speichern undsie transportfähig machen. Diese Form der Abwärme-speicherung, die sowohl zur Überbrückung räumlicherDistanzen wie auch zeitlicher Bedarfsschwankungen ge-nutzt werden kann, ist derzeit jedoch nochvergleichsweise teuer.

Biogas kann nach einer Aufbereitung auf Erdgasqualitätauch direkt in das Erdgasnetz eingespeist werden. Dieslohnt sich ab Anlagengrößen, die etwa einem Megawattelektrisch entsprechen. Bislang setzen dies nur einigewenige Anlagenbetreiber um, da es derzeit noch tech-nisch-wirtschaftliche wie auch rechtliche Hürden gibt.Mit der Direkteinspeisung des Biogases in das bestehen-de Erdgasnetz ist der Standort der Produktion des Bio-gases räumlich unabhängig vom Standort der Wärme-nutzung. Hierin liegt der große Vorteil der Direktein-speisung.

KWK-Anlagen in der Nähe von SiedlungenDie Errichtung von Holzheizkraftwerken und Biogasan-lagen in räumlicher Nähe zu Siedlungen kann zuAkzeptanzproblemen führen und am Widerstand der Be-völkerung scheitern. Bedenken werden meist gegenübererhöhten Emissionen bei der Holzfeuerung oder mögli-chen Geruchsbelästigungen bei der Biogasproduktiongeäußert. Auch ein erhöhtes Verkehrsaufkommen durchdie Anlieferung der Rohstoffe und damit einhergehendeLärmbelästigung wird meist befürchtet. Diesen Bedenkensollte neben einer intelligenten Standortwahl durch ge-gensteuernde Maßnahmen wie hochwertige Filter-systeme, luftdichte Abdeckung von Rohstoff- und Gär-restlager vorgebeugt werden. Durch eine frühzeitige auf-klärende Öffentlichkeitsarbeit und Bürgerbeteiligungkann den Bedenken begegnet werden. Um die Akzeptanzder Anlage auch langfristig zu erhalten, kann die Höheder Emissionen und die Einhaltung der vorgegebenenGrenzwerte regelmäßig veröffentlicht werden.

Nah- und FernwärmenetzeDie einfachste Möglichkeit, die Abwärme aus der Kraft-Wärme-Kopplung einzusetzen, ist die Nutzung einesbereits bestehenden Nah- oder Fernwärmenetzes. Dabeiwird die bislang fossil erzeugte Wärme durch die Abwär-

me aus einem Biomasseheizkraftwerk oder einer Biogas-anlage ersetzt.

Die Neuanlage von Nah- und Fernwärmenetzen bietetsich vor allem für Neubauten und Neubaugebiete an.Hier haben Kommunen einiger Bundesländer die Mög-lichkeit, per Satzung eine Anschlusspflicht für die Anlie-ger festzulegen. Zu berücksichtigen ist hier jedoch, dasssich durch bessere Energiestandards von Neubauten (z.B.Niedrigenergie- und Passivhäuser) der Wärmebedarf undsomit die Wirtschaftlichkeit eines Wärmenetzes verrin-gern kann. Auch im Bestand ist die Verlegung von Nah-und Fernwärme möglich, wobei der Anschluss hier nurauf freiwilliger Basis erfolgen kann. Vorteilhaft für einewirtschaftliche Wärmeversorgung über Nah- undFernwärmenetze ist eine hohe Nutzerdichte. Für die Neu-anlage eines Wärmenetzes eignen sich besonders Sied-lungen, die verdichtet bebaut sind oder einzelne größe-re Abnehmer wie Verwaltungsgebäude, Schulen, Kranken-häuser und Industriebetriebe, die in einem Verbund er-schlossen werden können.

Die Anlage von kleineren, dezentralen Nahwärmenetzenist oft wirtschaftlicher als der Bau eines umfassendenFernwärmenetzes, da diese einfacher dem Bedarf ange-passt und gegebenenfalls zurückgebaut werden können.Änderungen beim Wärmebedarf können sich durch denWegfall von Wärmeabnehmern z.B. als Folge demografi-scher Veränderungen oder durch energetische Sanierun-gen ergeben.

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Kooperation von Gemeinden, Landwirtenund BürgernEinige Landwirte aus der Region verfolgten die Idee,eine Biogasanlage zu bauen und die reichlich vorhande-ne Gülle zur Energieerzeugung einzusetzen. Sie stießenauf das Interesse der Gemeinden, die beabsichtigten,das neue Baugebiet in Langenhorn mit Wärme auserneuerbaren Energien zu versorgen.

Das Konzept einer Bürger-Biogasanlage wurde im Rahmender Ländlichen Struktur- und Entwicklungsanalyse (LSE)entwickelt, einem Instrument des Landes Schleswig-Holsteins zur ländlichen Regionalentwicklung. Hierbeiwerden gemeinsam mit den Akteuren der lokalen EbeneProjekte entwickelt, die die Gemeinden und damit dieRegion voranbringen. Der Bau der zwei Biogasanlagen inden Gemeinden Langenhorn und Bordelum wurde vomLSE-Arbeitskreis Biogas, an dem auch viele Landwirtebeteiligt waren, als ein Leitprojekt für die Regioninitiiert.

Die Gemeinden Bordelum und Langenhorn sind Eignerder Anlagen und verpachten diese an die Betreiber-gesellschaft Biogas Stollberg GmbH & Co. KG. Damitkonnten die Gemeinden EU-Fördergelder über das LSE-Programm für die Realisierung der Anlagen beantragen.

Gemeinden und Bürger betreiben zweiBiogasanlagenAmt Stollberg / Schleswig-HolsteinEinwohnerzahl: 6.159

Bürgerinnen und Bürgern der Region initiierten in Zusammenarbeit mit den nordfriesischen GemeindenLangenhorn und Bordelum im Amt Stollberg zwei Bürger-Biogasanlagen. Zum Betrieb der Anlage hat sich diegemeinschaftliche Biogas Stollberg GmbH & Co. KG gegründet. Der Gewinn der Strom- und Wärmeerzeugungverbleibt damit in der Region. Mit dem Bau der Anlagen wurde Pionierarbeit in der Region geleistet. Die Wär-me wird zur Versorgung öffentlicher Einrichtungen, einem Neubaugebiet und einem Mutter-Kind-Kurheim ge-nutzt. Der Strom wird in das öffentliche Netz eingespeist.

Biogasanlagen mit BürgerbeteiligungIm Herbst 2000 gründeten 91 Gesellschafter – darunterLandwirte, Bürgerinnen und Bürger, die beteiligtenGemeinden, zwei örtliche Kreditinstitute und derMaschinenring – die Biogas Stollberg GmbH. Im Frühjahr2002 wurde diese GmbH in eine GmbH & Co. KG umge-wandelt. Es wurde bei Informationsveranstaltungen breitgeworben, sich an der Biogasanlage finanziell zu beteili-gen. Insgesamt 239 Kommanditisten aus der Regionhaben Anteile zwischen in der Regel 500 und 5.000 Eurogezeichnet und damit die erforderlichen 500.000 EuroEigenanteil der Kommanditgesellschaft gestellt. Durchdie große Zahl der Kommanditisten profitieren auch eineVielzahl an Bürgerinnen und Bürgern der Region vomGewinn der Anlage, seit diese nach einem Umbauwirtschaftlich betrieben werden kann.

Umbau der Anlage zur NawaRo-AnlageUrsprünglich war die Verwertung von hauptsächlich Gülleund Sauermolke, d.h. Reststoffen aus der Landwirtschaftund der Molkerei geplant. Nachdem in der ersten Anlagedie Erträge nicht zufriedenstellend ausfielen und seit derNovellierung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG)2004 eine Zusatzvergütung für den Einsatz nachwachsen-der Rohstoffe (NawaRo-Bonus) gewährt wird, wurde die

Zwei Biogasanlagen

Biogas Stollberg GmbH & Co. KG

2002/2003

Je Anlage: Strom: 670 kWel, Wärme: 850 kWth

Je Anlage: Strom: 5.475 MWh / a, Wärme (Bordelum): 1.800 MWh /a,Wärme (Langenhorn): 1.000 MWh / a

Schweine- und Rindergülle, Mais, z.T. Getreide

6,6 Mio. Euro

KfW-Kommunalkredit, EU-Fördermittel über LSE-Programm

Anlagen

Betreiber / Träger

Inbetriebnahme

Installierte Leistung

Produktion / Jahr

Eingangs-/ Rohstoffe

Gesamtinvestition

Förderung

Das Projekt in Kürze

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Anlage in Langenhorn umgebaut und ebenso wie diespätere Anlage in Bordelum auf die Verwertung vonNawaRos ausgerichtet. Durch den Einsatz von Mais undGetreide in der Anlage konnte der Methanertrag erhöhtwerden. Zusammen mit dem Erhalt des NawaRo-Bonuskonnte dadurch die Wirtschaftlichkeit der Anlage herge-stellt werden. Nachteile des Umbaus sind jedoch dieAbhängigkeit von den derzeit steigenden Rohstoffpreisenfür Mais und andere Energiepflanzen sowie der Anstieg derMaisflächen in der von Grünland geprägten Landschaft.Auch ist der Anteil an Gülle, die zur Verwertung in dieBiogasanlage eingebracht wird, gesunken. Der erhoffteEffekt, durch die Fermentation der Gülle in den Anlagenweniger Gülle direkt auf die Felder auszubringen unddamit die Geruchsbelastung in der Landschaft zu vermin-dern, konnte damit nur zu einem Teil erreicht werden.

Wärmeversorgung kommunaler GebäudeIn der Gemeinde Langenhorn sind eine Grund- undHauptschule, verschiedene Amtsgebäude, ein Kindergar-ten und ein Neubaugebiet mit 63 Grundstücken an einneu gebautes Nahwärmenetz angeschlossen. Die BiogasStollberg GmbH & Co. KG liefert die Wärme bis zur Über-gabestation über eine 1,8 Kilometer lange Biogasleitung.Das Netz wird von der E.On Hanse betrieben, die dieWärme an die ans Nahwärmenetz angeschlossenen Abneh-mer vermarktet. Um die Wärmenutzung zu erhöhen, sollenweitere Gebäude sowie gegebenenfalls ein Schwimmbadangeschlossen werden. Für das Neubaugebiet besteht eineAnschlusspflicht an das Nahwärmenetz. Trotz der Vorteile,die Wärme zu preisgünstigen Konditionen zu erhalten undsie ohne Kosten für Wartung und Reparatur von Anlagenbequem zu beziehen, besteht bei einigen potenziellenNeukunden eine gewisse Skepsis gegenüber der Nahwärmeaus Bioenergie. Die Versorgungssicherheit und die langeVertragsbindung sind dabei typische Bedenken. DieGemeinde Langenhorn begegnet diesen mit einer intensi-ven Öffentlichkeits- und Informationsarbeit.

In der Gemeinde Bordelum sind die Gebäude eines großenMutter-Kind-Kurheims an die Anlage angeschlossen. DieWärme der Anlage in Bordelum wird von der Betreiber-gesellschaft direkt an die Abnehmer vermarktet. Auch hiergibt es noch Kapazitäten für weitere Wärmeabnehmer.

Am Tag produziert jede der beiden Anlagen rund 15Megawattstunden Strom, der in das öffentliche Netzeingespeist wird. Dieser Strom wird gemäß dem Erneuerb-are-Energien-Gesetz (EEG) vergütet und erhält über dieMindestvergütung hinaus den NawaRo-Bonus und voraus-sichtlich den Kraft-Wärme-Kopplungs-Bonus (KWK-Bonus)für die Nutzung der Abwärme. Die Stromvergütung stelltbeim Betrieb der Anlage die Haupteinnahmequelle dar.

Die Erfolgsfaktoren des ProjektesDer Geschäftsführer der Biogas Stollberg Dirk Ketelsen hat dasProjekt mit Unterstützung seines Teams der Dirkshof Erneu-erbare Energien GmbH, die Erfahrungen in der Projektierungund Realisierung von Bürgerwindparks mitbrachten, bisheute begleitet, stetig vorangetrieben und verbessert. Hierlaufen alle Fäden des Projektmanagements sowie des Betriebsder Anlagen zusammen. Die zwei Biogasanlagen werdenmittlerweile zentral per Online-Überwachung gesteuert, umden täglichen Ertrag zu optimieren.

Mit diesem Projekt wurde Pionierarbeit in der Regiongeleistet. Einige Schwierigkeiten, die in der Anfangsphasedes Projektes bewältigt und gelöst wurden, haben dieProjektbeteiligten zusammen geschweißt. Das entstandeneWir-Gefühl trägt das Projekt bis heute. Die gegenseitigeUnterstützung und die offene Kooperation zwischen denGemeinden und der Betreibergesellschaft haben maßgeblichzum letztendlichen Erfolg des Projektes beigetragen.

Ein weiterer entscheidender Erfolgsfaktor war die Ein-bindung möglichst vieler Akteure in das Projekt. Auch dasAngebot, sich bereits ab einer Einlage von 500 Euro an derAnlage finanziell beteiligen zu können, hat eine große Zahlan Bürgerinnen und Bürgern in das Projekt einbezogen. DasErfolgskonzept der Bürgeranlage ist dabei einfach, dennumso mehr Bürgerinnen und Bürger aus der Region sich ander Anlage beteiligen, desto höher ist die Akzeptanz derAnlage und desto größer ist damit auch die Zahl derFürsprecher. Der damit verbundene höhere Verwaltungsauf-wand hat sich in Langenhorn und Bordelum gelohnt.

Ansprechpartner

Biogas Stollberg GmbH & Co. KGDirk Ketelsen / GeschäftsführerSönke-Nissen-Koog 5825821 ReußenkögeTel.: 04674 9629-0Fax: 04674 9629-29E-Mail: [email protected]

Die Biogasanlage in Bordelum (Quelle: D. Ketelsen) Die Herstellung von Ganzpflanzensilage in Bordelum (Quelle: D. Ketelsen)

Gemeinde LangenhornBürgermeister der Gemeinde LangenhornGodber CarstensenAmtsverwaltung StollbergRedlingsweg 325842 LangenhornTel.: 04672 76-0Fax: 04672 76-33E-Mail: [email protected] St

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Verwertung auch verpackterLebensmittelabfälleSeit November 2006 dürfen aufgrund der neuen EG-Hygieneverordnung keine Speisereste mehr verfüttertwerden. Für die in Hamburg anfallenden verpackten undunverpackten Lebensmittelabfälle und Speisereste musstenalternative Entsorgungsmöglichkeiten gefunden werden.Nun werden überlagerte Lebensmittel aus dem Handel,Obst- und Gemüsereste, Speisereste aus der Gastronomie,aus Pflegeheimen, Krankenhäusern und Betriebskantinenund Altfette und –öle in einer Biogasanlage zur Strom-und Wärmeproduktion verwertet. Insgesamt werden so biszu 20.000 Tonnen pro Jahr verarbeitet. Die große Beson-derheit der seit April 2006 in Betrieb genommenen Anlage

ist, dass sie auch verpackte Abfälle wie z.B. abgelaufeneLebensmittel in Dosen verwerten kann. Der Vergärungs-stufe ist hierfür eine mechanische Aufbereitungsstufevorgeschaltet, bei der die Lebensmittel von der Verpa-ckung getrennt werden. Hierfür wird der Abfall zerkleinertund nach der Metallabscheidung gepresst. Die dabeientstehende organische Pülpe wird in die Biogasanlageeingebracht und vergoren. Die verbleibende energiereicheFraktion aus Verpackungsresten und Störstoffen kommt indie in direkter Nachbarschaft stehende Müllverbrennungs-anlage Stellinger Moor, in der aus den Stoffen ebenfallsStrom und Wärme erzeugt wird. Der Gärrest aus derBiogasanlage kann als Dünger in der Landwirtschafteingesetzt werden.

Public-Private-PartnershipZum Betrieb der Anlage wurde die BioWerk HamburgGmbH & Co. KG gegründet. Die Stadtreinigung Hamburgals rein kommunaler Betrieb kooperiert in Form einerPublic-Private-Partnership mit zwei privaten Abfall-wirtschaftsunternehmen, die in der Aufbereitung undVerwertung von Lebensmittelabfällen langjährige Erfah-rungen besitzen. Die Stadtreinigung HamburgBeteiligungsgesellschaft SRHB hält dabei ebenso wie dieBioCycling GmbH 47,5 Prozent der Anteile. Als dritterPartner im Bunde ist die ETH Umwelttechnik Hamburgmit fünf Prozent beteiligt.

Die Gesamtinvestitionskosten von rund fünf MillionenEuro wurden von den Gesellschaftern getragen. Für die

Energie aus Speiseresten – 1:0 für denKlimaschutzFreie und Hansestadt HamburgEinwohnerzahl: 1.753.627

Die Hamburger Arenen werden seit April 2006 unter anderem mit Wärme aus Lebensmittelabfällen und Speise-resten über ein Fernwärmenetz versorgt. Die neu errichtete Biogasanlage in Hamburg Stellinen produziertStrom und Wärme in Kraft-Wärme-Kopplung. Im Sommer wird die Wärme für die Produktion von Kälte in denKlimaanlagen des Stadions eingesetzt. Die Anlage kann als eine der wenigen Biogasanlagen in Deutschlandauch verpackte Lebensmittelabfälle aus dem Handel verwerten. Das Projekt wurde im Rahmen einer Public-Pri-vate-Partnership umgesetzt. Die Zwei-Megawatt-Anlage ist eine der größten Biogasanlagen Norddeutschlands.

Vergärungsanlage für organische Abfälle

BioWerk GmbH & Co. KG

April 2006

Gesamt: 1.050 MWel, 1.100 MWth

Lebensmittel- und Speisereste

5 Mio. €

Zuschuss durch die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt der FHH

Anlage

Betreiber / Träger

Inbetriebnahme

Installierte Leistung

Eingangs- /Rohstoffe

Gesamtinvestition

Förderung

Das Projekt in Kürze

Speisereste als Energielieferant (Quelle: BioWerk Hamburg)

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innovative Aufbereitungstechnik wurde das Projekt mitFördermitteln der Behörde für Stadtentwicklung undUmwelt in Hamburg unterstützt. Der eingespeiste Stromwird gemäß des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG)vergütet.

Wärme und Kälte auch für das HamburgerWM-StadionDie Anlage wird bei Volllast rund 7.000 Megawatt-stunden Strom und 7.000 Megawattstunden Wärme indas Strom- und Fernwärmenetz einspeisen. Über einbestehendes Fernwärmenetz kann die Biogasanlagezusammen mit der MVA Stellinger Moor rund 13.000Wohneinheiten mit Wärme versorgen. Angeschlossen andas Fernwärmenetz sind auch die HSH Nordbank-Arenaam Volkspark, das Hamburger Bundesliga- und WM-Stadion und die Colorline-Arena, eine Sport- undMusikveranstaltungsarena (u.a. für Eishockey). Für denBeitrag zum Klimaschutz bei der Beheizung des WM-Stadions mit Wärme aus Bioabfällen wurde die StadtHamburg und die BioWerk Hamburg GmbH & Co. KG mitdem „Green Goal“ von der FIFA im WM-Jahr 2006 ausge-zeichnet. So erbringt die Biogasanlage eine äquivalenteEinsparung an klimaschädigenden Kohlendioxid von ca.5.400 Tonnen pro Jahr. Im Sommer wird für das Stadiondie Wärme zur Erzeugung von Kälte für die Klimaanlagengenutzt. Es können bis zu 900 Kilowatt Kälte produziertwerden. Die Wärme aus der Biogasanlage und der Müll-verbrennung kann so ganzjährig sinnvoll genutzt werdenund der Nutzungsgrad der Biogasanlage gesteigertwerden. Neben der Kühlung der VIP-Loungen wird auchdie Brauchwassererwärmung für die Duschen und sanitä-ren Anlagen über das Fernwärmenetz gestellt. Als weitererClou wird die Restwärme aus dem abgekühlten Rücklaufdes Fernwärmewassers, der anderweitig nicht nutzbar ist,bei Bedarf für die Beheizung des Spielfeldrasens genutzt.

Anspruchsvolle Bakterien brauchen guteBetreuungBei der Vergärung in einer Biogasanlage handelt es sichum lebende Organismen und nicht um eine Maschine.

Aufgrund der Heterogenität der Substrate bei derVergärung von organischem Abfall müssen sich dieBakterienstämme immer wieder neu an das jeweiligeMilieu anpassen. Die Führung der Anlage und dieZusammenstellung des „Futters“ für die Bakterien mussauf einen möglichst stabilen Betrieb und eine guteMethanausbeute ausgerichtet werden. Die optimaleAnlagenführung ist für jede Anlage individuell herauszu-finden, da die Bakterien in jeder Anlage andersreagieren.

Die Erfolgsfaktoren des ProjektesDie Veränderungen der EG-Hygieneverordnung schufendie Grundvoraussetzung für die Realisierung des Pro-jekts: Aufgrund des Verfütterungsverbotes steht bioge-ner Abfall aus Lebensmittel- und Speiseresten in großenMengen auf dem Abfallmarkt für den Betrieb einerVergärungsanlage zur Verfügung. Zusätzlich zu denEntsorgungskosten, die der Betreiber für die Verwertungder Abfälle einnimmt, werden auch Erlöse für die produ-zierten Strom- und Wärmemenge erzielt. Das Public-Private-Partnership-Modell und die Standort-entscheidung ermöglichen hohe Synergieeffekte. Diedrei Partner ergänzen sich gut mit ihren spezifischenKompetenzen und den bestehenden Erfahrungen in derAbfallwirtschaft. Der Standort in der Nähe derMüllverbrennungsanlage bietet neben kurzen Transport-wegen und einer guten Infrastruktur insbesondere einenbestehenden Anschluss an das Fernwärmenetz. DasProjekt konnte in kürzester Zeit umgesetzt werden. Vonder Einreichung des Genehmigungsantrags bis zurEröffnungsfeier vergingen nur 13 Monate.

Die Biogasanlage vor der AOL-Arena, heute HSH Nordbank-Arena(Quelle: BioWerk Hamburg)

Ein Teil des BHKW (Quelle: BioWerk Hamburg)

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Ansprechpartner

BioWerk Hamburg GmbH & Co. KGJörn Franck / GeschäftsführerSchnackenburgallee 10022525 HamburgTel.: 040 257630-91Fax: 040 [email protected]

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Fernwärme und Strom aus Holz für NeustrelitzStadt Neustrelitz / Mecklenburg-VorpommernEinwohnerzahl: 22.271

Die kommunalen Stadtwerke erzeugen 80 Prozent ihrer Fernwärme in Neustrelitz aus Biomasse. Hierfür bautensie 2005 ein Biomasse-Heizkraftwerk mit einer installierten Gesamtleistung von rund 25 Megawatt. In der An-lage werden Hackschnitzel von unbehandeltem Waldrestholz sowie Baum- und Strauchschnitt verbrannt. Ge-plant ist auch der Einsatz von Energieplantagenholz und Pellets aus Chinaschilf (Miscanthus). Ein Informations-zentrum, welches erneuerbare Energien „zum Anfassen“ präsentiert und erlebbar macht, rundet das Gesamt-konzept ab.

Stadtwerke setzen auf Fernwärme aus Holz

Im Januar 2006 nahmen die Stadtwerke Neustrelitz, dieeine 100-prozentige Tochter der Stadt Neustrelitz sind,das neue Biomasse-Heizkraftwerk mit einer installiertenLeistung von 17 Megawatt thermisch und 7,5 Megawattelektrisch in den regulären Betrieb. Von nun an erzeugtes jährlich rund 63.000 Megawattstunden Wärme,wodurch 80 Prozent des Wärmebedarfs im städtischenFernwärmenetz gedeckt werden. Das Kraftwerk versorgtdamit rund zwei Drittel der Neustrelitzer Haushalte mitWärme aus Biomasse. Darüber hinaus werden 43.000Megawattstunden Strom in das öffentliche Netz gespeist.Anlass für den Bau dieses großen Biomasse-Heizkraft-werks waren die steigenden Erdöl- und Erdgaspreise. Zielder Stadtwerke war es dabei, den Bürgerinnen undBürgern von Neustrelitz auch in Zukunft stabilereFernwärmepreise anbieten zu können. Bereits im Jahr derInbetriebnahme konnten für die Kunden die Preise fürdie Wärmeversorgung gesenkt werden. Darüber hinausleisten die Stadtwerke Neustrelitz einen Beitrag zumKlimaschutz und sparen durch das Biomasse-Heizkraft-werk jährlich 14.500 Tonnen Kohlendioxid ein.

Das lokale Kraftwerk wurde neben dem bestehenden Gas-und Dampfturbinenkraftwerk errichtet, so dass vorhande-ne Kraftwerkskomponenten und der bestehende An-schluss an die Fernwärmeleitung für das neue Kraftwerkmitgenutzt werden können.

Biomasse-Heizkraftwerk

Stadtwerke Neustrelitz GmbH

Januar 2006

Strom: 7,5 MWel, Wärme: 17 MWth

Strom: 43.000 MWh / a, Wärme: 63.000 MWh / a

Hackschnitzel aus Waldrestholz, Baum- und Strauchschnitt

17,6 Mio. €

Förderung durch Land Mecklenburg-Vorpommern: 1,98 Mio. €

Anlage

Betreiber / Träger

Inbetriebnahme

Installierte Leistung

Produktion / Jahr

Eingangs- /Rohstoffe

Gesamtinvestition

Zuschüsse

Das Projekt in Kürze

Stadt erhofft Synergieeffekte für dieWirtschaftDurch eine frühe und überzeugende Informationsarbeitkonnten die Stadtwerke Neustrelitz die Kommunalpolitikfür ihr Vorhaben gewinnen. Mit dem Bau der Anlageerhofft sich die Stadt Neustrelitz neben Arbeitsplätzenim Kraftwerk, in der Logistik, im Anbau und in derVerarbeitung der Rohstoffe auch attraktive Vorausset-zungen für Betriebsansiedlungen, die von der günstig zubeziehenden Abwärme profitieren können.

Die Errichtung der 17,6 Millionen teueren Anlage wurdevom Land Mecklenburg-Vorpommern aus Landes- und EU-Mitteln mit rund zwei Millionen Euro gefördert. Dereingespeiste Strom wird gemäß dem Erneuerbare-Energi-en-Gesetz (EEG) vergütet. Über die Mindestvergütunghinaus werden für den Strom des Kraftwerks auch derKWK-Bonus und der NawaRo-Bonus gewährt.

Waldholz, Energieplantagenholz undChinaschilf-PelletsIn der Anlage werden Hackschnitzel aus unbehandeltemHolz verbrannt. Die verwerteten Holzreste bestehen über-wiegend aus Waldrestholz, das bei der Durchforstunganfällt. Hinzu kommen noch geringe Anteile an Baum- undStrauchschnitt. Verschiedene Zulieferer aus Mecklenburg-Vorpommern und aus Brandenburg beliefern das Heizkraft-werk mit Hackschnitzeln. Diese werden nach verschiedenenBrennstoffstrukturen wie fein und grob, nass und trocken

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sortiert gelagert. So kann der Brennstoff für die Feuerunggezielt gemischt und eine homogene Qualität gewährleistetwerden, wodurch die Verbrennung im Kessel optimiert wird.Die Feuerungstechnik der Anlage ist auf die Verwertungvon Holz mit einem Wassergehalt bis zu 50 Prozent ausge-legt, so dass keine Vortrocknung des Holzes notwendig ist.Zur Strom- und Wärmeproduktion werden jedes Jahr 85.000Tonnen Hackschnitzel benötigt, das entspricht zehn LKW-Ladungen am Tag.

Um unabhängiger beim Bezug der Rohstoffe und von derPreisentwicklung auf dem Restholzmarkt zu sein, sollenzukünftig neben Waldrestholz auch Holz von Energie-holzplantagen eingesetzt und Pellets aus Chinaschilf demBrennstoff beigemischt werden. Hierfür sollen schnell-wachsende Baumarten (z.B. Weiden und Pappeln) bzw.Chinaschilf (Miscanthus) auf landwirtschaftlichenFlächen angebaut werden, die nicht für die Nahrungs-und Futtermittelproduktion benötigt werden. Ein erstesVersuchsprojekt zum Anbau von Chinaschilf steht in denStartlöchern.

Intensive ÖffentlichkeitsarbeitEin Bioenergieprojekt, das inmitten einer Stadt ent-steht, kann nicht ohne den Einbezug der Öffentlichkeitrealisiert werden. Projektbegleitend wurde daher eineintensive Informationsarbeit geleistet. Es wurdenMaterialien erstellt, Informationsveranstaltungen durch-geführt, Besichtigungen organisiert und das Thema anSchulen herangetragen. Um eine hohe Akzeptanz zuerzielen, wurden wichtige Projektschritte unter Beteili-gung einer möglichst großen Öffentlichkeit bekanntgegeben. Der Philosophie einer hohen Transparenzfolgend wurde eine Seite des Kraftwerks mit einergläsernen Wand ausgestattet, um allen Interessierteneinen Blick in das Innenleben zu gewähren. Ein „grünerGürtel“ umschließt den Standort: Es wurde eine Vielfaltan Gehölzen angelegt; auch ältere Bäume, die denRohstoff Holz symbolisieren und das Wachstum desHolzes als Zeitzeugen dokumentieren. Das öffentlichzugängliche Grün wurde mit Informationstafeln zu denGehölzen ausgestattet.

Erneuerbare Energien zum Anfassen – dasInfozentrumIn direkter Nachbarschaft zum Biomasse-Heizkraftwerk istdie Errichtung des „Landesinformations- undDemonstrationszentrums Erneuerbare Energien“ geplant.Das gemeinsam unterstützte Projekt der Ministerien fürLandwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz, fürBildung, Wissenschaft und Kultur und für Wirtschaft,Arbeit und Tourismus des Landes Mecklenburg-Vor-pommern soll Informationen zu erneuerbaren Energienanschaulich vermitteln und sich zum Zentrum für dasThema im Land entwickeln. Die Stadtwerke werdenvoraussichtlich noch in diesem Jahr mit dem Bau desInformationszentrums auf ihrem Gelände beginnenkönnen. Die räumliche Nähe ermöglicht die Versorgungdes Gebäudes mit Wärme aus dem Biomasse-Heizkraft-werk, die bislang aufgrund ihrer geringen Temperaturnicht für das Fernwärmenetz genutzt werden kann.

Die Erfolgsfaktoren des ProjektesDas Projekt konnte so erfolgreich realisiert werden, weildie Projektbeteiligten der Stadtwerke, insbesondere derBetriebsleiter Bernd Haase, vom anstehenden Erfolgnicht nur überzeugt waren, sondern mit besondershohem Engagement hinter der Umsetzung standen. Auchwurde das Projekt von einem erfahrenen und mit dieserTechnik gut vertrauten Planungsbüro betreut, die inenger Kooperation mit den Stadtwerken arbeiteten. Diehohe Transparenz und die intensive Öffentlichkeitsarbeithaben zu einer Akzeptanz des Projektes ohne vielGegenwind beigetragen.

Das Kraftwerk mit Glasfront (Quelle: StadtwerkeNeustrelitz)

Der Rohstoff Holz in seinen verschiedenen Formen (Quelle: Stadtwerke Neustrelitz)

Ansprechpartner

Stadtwerke Neustrelitz GmbHBernd Haase / BetriebsleiterWilhelm-Stolte-Str. 9017235 NeustrelitzTel.: 03981 474-0Fax: 03981 474-299haase@stadtwerke-neustrelitz.dewww.stadtwerke-neustrelitz.de

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Wärme für das KreishausDas Kreishaus in Steinfurt, welches zuvor mit Heizöl undKohle geheizt wurde, bezieht seit 2006 seine Wärme ausBiogas. Angeschlossen an das Nahwärmenetz der „Wärme-insel Kreishaus“ sind das Haus der Kreisverwaltung, dasGesundheitsamt, ein Ärztezentrum mit einem Altenwohn-heim, das Gebäude der Wirtschaftsförderung, die Gewerb-lich-Technische Berufsschule und eine Sporthalle. MitBeginn der Badesaison wurde dieses Jahr zudem einnahegelegenes Freibad an das Nahwärmenetz angebunden,das die Abwärme im Sommer nutzt. Eine Erweiterung desNutzerkreises ist bereits angedacht: Eine Behinderten-werkstatt und ein weiteres Altenheim haben Interesse aneinem Anschluss bekundet. Weitere städtische Schulgebäu-de liegen in räumlich günstiger Nähe zum bestehendenNahwärmenetz. Die Beteiligungsgesellschaft des KreisesSteinfurt bezahlt für die abgenommene Wärme rund dreiCent je Kilowattstunde. Durch die rasant gewachsenenErdgaspreise sparte der Kreis im Vergleich zur Nutzung vonErdgas schon im ersten Jahr 34.000 Euro ein.

Die räumliche Trennung vonBiogasproduktion und WärmenutzungDas Biogas wird in der Nähe landwirtschaftlicher Höfe inSteinfurt-Hollich produziert, so dass die eingesetztenSubstrate Gülle, Mais und weitere Energiepflanzen nichtweit und damit kostenintensiv transportiert werdenmüssen. Für die Verstromung des Gases wurden zweiBlockheizkraftwerke gebaut. Das erste Blockheizkraftwerk(BHKW) mit einer installierten Leistung von 347 Kilowatt

elektrisch (kWel) und 388 Kilowatt thermisch (kWth) stehtauf dem Standort der Biogasanlage im Außenbereich derSiedlung. Die überschüssige Wärme wird zum Teil für denBiogasprozess verwendet. Das zweite BHKW (536 kWel und505 kWth) steht am Kreishaus in Steinfurt. Das Gas wirdüber eine 3,6 Kilometer lange Leitung transportiert underst beim Wärmeabnehmer verstromt. Die Biogasleitungermöglicht die räumliche Tren-nung von Biogasproduktionsowie Strom- und Wärmenutzung. So wird die Abwärme, diebei der Stromproduktion entsteht, in Steinfurt sehrsinnvoll genutzt. Der Strom wird in das Netz von RWEeingespeist und gemäß dem Erneuerbare-Energien-Gesetz(EEG) mit ca. 17 Cent je Kilowattstunde vergütet.

Der Kreis spart und die Landwirte verdienenDer Kreis Steinfurt hat mit der BioEnergie Steinfurt GmbH &Co. KG im Rahmen eines Contracting einen langfristigenWärmeliefervertrag mit einer Laufzeit von 15 Jahren ausge-handelt. Im Gegenzug dazu finanziert und betreibt dieBioenergie Steinfurt, zu der sich 46 Landwirte und 23 reineKapitalgeber aus der Region zusammengeschlossen haben,den Bau der Biogasanlage, der zwei Blockheizkraftwerke undder Biogasleitung. Die Landwirte der BioEnergie Steinfurtbesitzen dabei eine besondere Rolle, denn sie sind sowohlLieferanten des Substrates als auch Mitunternehmer derGmbH & Co. KG. und sind damit am Gewinn der Anlagebeteiligt. Als Anreiz einen möglichst hohen Flächenertrag zuerzielen, bekommen die Mitunternehmer-Landwirte, die dasLieferkontigent von 15 Tonnen Trockenmasse je Hektar undJahr erzielen, im Vorfeld der Gewinnausschüttung einenBonus von 100 Euro je Hektar ausgezahlt.

Wärme aus Biogas für das Kreishaus SteinfurtKreis Steinfurt / Nordrhein-WestfalenEinwohnerzahl: 444.231

Das Kreishaus sowie weitere Gebäude in Steinfurt werden mit Nahwärme aus Biogas versorgt. Das Biogas wird dafürüber eine 3,6 Kilometer lange Biogasleitung zum Blockheizkraftwerk am Kreishaus transportiert. Das Projekt zeigtvorbildlich, wie die Abwärme aus der Stromerzeugung aus Biogas sinnvoll genutzt werden kann, ohne dass die Anla-ge in direkter Nachbarschaft zum Wärmeverbraucher stehen muss. Initiiert wurde das Projekt von der Arbeitsge-meinschaft Biogas, die sich aus dem Agenda 21-Prozess im Kreis Steinfurt heraus entwickelt hat.

Biogasanlage, zwei BHKWs, eine 3,6 km lange Biogasleitung

BioEnergie Steinfurt GmbH & Co. KG

Biogasanlage: Herbst 2005

Strom: 883 kWel, Wärme: 893 kWth

BHKW in Hollich: Strom: 2,7 Mio. kWh / a

BHKW am Kreishaus: Strom: 4 Mio. kWh / a, Wärme: 4 Mio. kWh / a

Schweine- und Rindergülle, Mais, Zuckerhirse, Getreide-Ganzpflanzensilage

3,4 Mio. Euro

Darlehen der KfW, 90.000 Zuschuss des Landes NRW

Anlage

Betreiber / Träger

Inbetriebnahme

Installierte Leistung (gesamt)

Produktion / Jahr

Eingangs- / Rohstoffe

Gesamtanlagevermögen

Förderung

Das Projekt in Kürze

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Die Kommanditisten der BioEnergie Steinfurt haben eineEinlage von durchschnittlich 15.000 Euro geleistet unddamit rund ein Viertel des gesamten Investitions-volumens von vier Millionen Euro gestellt. Zur Finanzie-rung der Anlagen wurde ein zinsgünstiger KfW-Kredit inAnspruch genommen. Darüber hinaus bezuschusste dasLand Nordrhein-Westfalen das Projekt mit 90.000 Euro.

Mais, Gülle und Co.Die an der BioEnergie Steinfurt beteiligten Landwirtebeliefern die Biogasanlage mit Mais, Rinder- undSchweinegülle und weiteren Energiepflanzen. Im letztenJahr wurde ein kleiner Teil der Fläche versuchsweise imZweikulturnutzungsverfahren mit Gerste als Vorfruchtund Zuckerhirse als Hauptfrucht bestellt. Auch die warmeWitterung in diesem Frühjahr begünstigt einen Anbauvon Mais oder Zuckerhirse als Zweitfrucht.

Für die Substratbereitstellung wurden langfristige Liefer-verträge ausgehandelt, so dass die Rohstoffkosten für dieAnlage stabil und kalkulierbar bleiben. Die Energiepflanzenwerden größtenteils auf Stilllegungsflächen angebaut, umeine Konkurrenz zum Futterbau in der VeredelungsregionSteinfurt weitestgehend zu vermeiden.

Maisstrohpellets – ZusätzlicheEnergiegewinnung aus dem GärrestEin weiterer Clou der Anlage ist derzeit in der Realisie-rung: die energetische Nutzung des Gärrests. Dafür wirdder Gärrest der Biogasanlage in Trocken- und Feucht-bestandteile separiert. Der Abpresssaft wird als organi-scher Dünger eingesetzt. Der stark lignocellulosehaltigeRest wird mit der überschüssigen Abwärme getrocknetund zu Mais- und Ganzpflanzenstrohpellets gepresst. IhrHeizwert entspricht ca. 80 Prozent des Heizwertes vonHolzpellets. So kann die Abwärme des BHKW am Biogasan-lagestandort, die bislang ungenutzt blieb, sinnvoll für dieHestellung eines weiteren Brennstoffs verwendet werden.Die Anlage zur Pelletproduktion läuft derzeit im Probe-betrieb und soll Ende 2007 in den Regelbetrieb gehen.Geplant ist, dass die Pellets zur Wärmeversorgung weitererKreisliegenschaften genutzt werden. Die Pelletnutzungsteigert den Wirkungsgrad der Anlage um zehn Prozent.

Die Biogasanlage in Hollich (Quelle: S. Nefigmann) Maisstrohpellets(Quelle: S. Nefigmann)

Der „Zukunftskreis“ wird Bioenergie-LandDer „Zukunftskreis Steinfurt“ will Vorreiter in der Bioenergie-nutzung sein und hat sich ehrgeizige Ziele gesteckt. BisEnde 2007 ist ein Ausbau der installierten Gesamtleistungder Biogasanlagen im Kreis auf 14 Megawatt elektrischangestrebt. Schon jetzt versorgt der Kreis etwa 20 Prozentseiner 440.000 Haushalte allein mit Strom aus Biogas.

Aus dem Agenda 21-Prozess hat sich zur Förderung nach-wachsender Rohstoffe u.a. die AG Biogas gebildet. DasNetzwerk umfasst ca. 50 Aktive aus der Landwirtschaft, ausregionalen Unternehmen, Ingenieurbüros, Wissenschaft undBehörden und hat sich eine intensive Öffentlichkeits-kampagne zum Ausbau der Bioenergie in ihrer Region zurAufgabe gemacht. Hier entstand auch 2001 die Projektidee,das Kreishaus mit Wärme aus Biogas zu versorgen. Grundle-gend für die Entscheidung waren drei wirtschaftliche undtechnische Machbarkeitsstudien, die der Kreis bei derFachhochschule Münster-Steinfurt in Auftrag gegeben hatte.

Die Erfolgsfaktoren des ProjektesOhne die Investitions- und Risikobereitschaft der Landwirte,eine Biogasanlage und eine Biogasleitung zu bauen, wäredieses Projekt nicht zustande gekommen; insbesondere weilfür das Novum einer Biogasleitung über diese Entfernung aufkeine Erfahrungen anderer zurückgegriffen werden konnte.Ein weiterer entscheidender Erfolgsfaktor war die Einbettungdes Projektes in den aktiven Agenda 21-Prozess im Kreis, derauch durch die enge Kooperation mit der Fachhochschulewesentlich vorangetrieben wurde. Als „Motor des Projektes“hat das Agenda 21-Büro erfolgreich Überzeugungsarbeitgeleistet und die beteiligten Akteure bei der Umsetzung,etwa bei Genehmigungsverfahren, unterstützt. Als vorteilhaftfür das Projekt hat sich außerdem erwiesen, dass der Ge-schäftsführer der BioEnergie Steinfurt als Fachmann, der überbetriebswirtschaftliche als auch über technische und pro-zessbiologische Kenntnisse verfügt, die Konzeption des Pro-jektes vor Ort vorangetrieben hat. So konnte die Abgabe derPlanung an einen Generalunternehmer eingespart werden.

Ansprechpartner

BioEnergie Steinfurt GmbH & Co. KGSven Nefigmann / GeschäftsführerHollich 7948565 SteinfurtTel.: 02551 701746nefigmann@bioenergie-steinfurt.dewww.bioenergie-steinfurt.de

Das Nahwärmenetz in Steinfurt (Quelle: Kreis Steinfurt)

Kreis Steinfurt / Agenda 21-BüroUlrich AhlkeTecklenburger Str. 1048565 SteinfurtTel.: 02551 [email protected]

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Ein starkes Trio für das ProjektDas Holzheizkraftwerk wurde neben dem bestehendenHeizkraftwerk errichtet. Zur Finanzierung des Projekteshaben sich die Stadtwerke Oerlinghausen GmbH privatePartner gesucht. Gemeinsam mit dem Landwirt Heinz-Josef Rodehuth, der ein kleines Unternehmen fürkommunale Dienstleistungen betreibt und dem Finanz-investor Dr. Dieter Brechmann, Geschäftsführer derBielefelder Beteiligungs-GmbH, gründeten sie im Novem-ber 2004 die Holzheizkraftwerk Oerlinghausen GmbH. Diedrei Gesellschafter sind gleichberechtigte Partner. Mitder Planung und dem Bau der Anlage wurde die Energie-agentur Lippe GmbH (EAL) beauftragt.

Die anfänglich eher skeptische Kommunalpolitik konntevon der Wirtschaftlichkeit der Anlage und den Rendite-aussichten auch auf Grund der profitablen und langfris-tigen Vergütung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz(EEG) überzeugt werden, die die Stadtwerke durch eineMachbarkeitsstudie prüfen ließen. Ebenso die Verteilungdes wirtschaftlichen Risikos auf drei Partner begünstigtedie Zustimmung der Politik.

Strom und Wärme aus HolzDas in Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) betriebene Holz-heizkraftwerk produziert neben 28.000 MegawattstundenWärme noch 4.000 Megawattstunden Strom. Die erzeugteWärme wird in das bestehende rund 25 Kilometer lange

Kommunales Stadtwerk realisiert ORC-HolzheizkraftwerkStadt Oerlinghausen / Nordrhein-WestfalenEinwohnerzahl: 17.305

Das neue Holzheizkraftwerk in Oerlinghausen deckt nahezu 40 Prozent des Wärmebedarfs des lokalenFernwärmenetzes und erzeugt zudem Strom für rund 1.000 Haushalte. Zur Realisierung des Projektes habendie Stadtwerke Oerlinghausen, die eines der kleinsten Stadtwerke in Nordrhein-Westfalen sind und sichweiterhin zu 100 Prozent in kommunaler Hand befinden, zwei private Partner ins Boot geholt. Das Holz-heizkraftwerk wurde mit der Organic-Rankine-Cycle-Technik ausgestattet. Es war das erste seiner Art in Nord-rhein-Westfalen.

Fernwärmenetz der Stadtwerke Oerlinghausen gespeistund dient der Grundlastversorgung des Netzes. DasHolzheizkraftwerk deckt damit 40 Prozent desFernwärmebedarfs der Stadt und spart rund 6.000Tonnen Kohlendioxid im Jahr ein.

Jährlich werden 11.000 bis 13.000 Tonnen bzw. 500 LkW-Ladungen Holz als Brennstoff für das Heizkraftwerk benötigt.Dass die Stadtwerke auf Holz als Energierohstoff setzen, liegtnahe, da Oerlinghausen in Mitten des Teutoburger Waldesliegt und ein großes Potenzial an dem Rohstoff besitzt. Inder Anlage werden Waldrestholz aus den Wäldern der Regionim Umkreis von maximal 50 Kilometern sowie Holz aus derkommunalen Garten- und Landschaftspflege verbrannt. Damitkommen nur unbehandelte Hölzer zum Einsatz. Um eineKonkurrenz zur kommerziellen Holzindustrie zu vermeiden,werden überwiegend Holzfraktionen wie Wurzelholz, Rinde,Strauchschnitt und Weihnachtsbäume verwertet, die nicht inder holzverarbeitenden Industrie eingesetzt werden können.Der in der Anlage verwendete Vorschubrostkessel erlaubt eineVerbrennung frischer Hackschnitzel mit einem Feuchtigkeits-gehalt von bis zu 60 Prozent, somit entfällt eineVortrocknung des Brennmaterials. Demzufolge kann ein sehrweites Spektrum an Holzfraktionen problemlos in die Anlageeingebracht werden, was den Rohstoffbezug erheblichvereinfacht. Der überwiegende Teil der Holzasche, die Rost-und Zyklonasche, werden als Dünger in der Land- undForstwirtschaft eingesetzt. Nur die Asche des Elektrofilterswird deponiert

ORC-Holzheizkraftwerk

Holzheizkraftwerk Oerlinghausen GmbH

Dezember 2005

Strom: 650 kWel, Wärme: 3.300 kWth

Strom: 4.000 MWh / a, Wärme: 28.000 MWh / a

Waldrestholz, Holz aus der Garten- und Landschaftspflege

4 Mio. €

Förderung durch Land NRW: 500.000 €

Anlage

Betreiber / Träger

Inbetriebnahme

Installierte Leistung

Produktion / Jahr

Eingangs- / Rohstoffe

Gesamtinvestition

Zuschüsse

Das Projekt in Kürze

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Organic-Rankine-Cycle-Prozess –innovative Technik als Herz der AnlageZur Stromerzeugung wird im Heizkraftwerk die Organic-Rankine-Cycle-Technik (ORC-Technik) genutzt. DerVorteil dieser Technik ist, dass sie bei niedrigen Drückenund niedrigen Temperaturen Strom produziert. ZumAntrieb der Dampfturbine wird an Stelle von Wasserdampfeine organische Flüssigkeit, im Falle der OerlinghauserAnlage Silikonöl, als Arbeitsmittel eingesetzt. Durch denBetrieb bei niedrigen Drücken ist die Anlage nahezuwartungsfrei, ermöglicht eine recht einfache technischeHandhabung und ist damit kostengünstig im Betrieb.Die Anlage weist einen Gesamtwirkungsgrad von über 85Prozent auf, wobei der elektrische Wirkungsgrad nur bei16 bis 17 Prozent liegt. Diese ORC-Anlagentechnik wirdüber das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) über einenzusätzlichen Bonus für innovative Technik vergütet. DieAnlage in Oerlinghausen ist in Nordrhein-Westfalen dieerste Anlage dieser Art.

Energie- und Stoffstrommanagement zurEffizienzsteigerungDas Holzheizkraftwerk läuft im Wärmeverbund mit einerErdgas-KWK-Anlage für die Mittellast und zusätzlicherErdgaskessel für die Spitzenlast im Vorrangbetrieb.Mittels eines Wärmemanagements über Heißwasser-wärmespeicher wird versucht, den Einsatz der Spitzen-last-Erdgaskessel weitestgehend zu reduzieren. ImSommer deckt die ORC-Anlage den gesamten Bedarf desFernwärmenetzes. Des Weiteren werden zur Steigerungder Energieeffizienz die im Werk vorkommenden Energie-und Massenströme mehrfach wieder als Prozessenergie fürdie Anlage genutzt. So wird das Fernwärmewasser ausdem Rücklauf genutzt, um die Feuerungsroste zu kühlen.Die dabei gewonnene Wärme wird wieder in dasFernwärmenetz eingespeist.

Die FinanzierungAls Stammkapital der Gesellschaft hat jeder der dreiProjektpartner 50.000 Euro aufgebracht. Zur Finanzie-rung der rund vier Millionen Euro Investitionskosten

wurde ein zinsgünstiges KfW-Darlehen in Anspruchgenommen. Darüber hinaus wurde das Projekt mit500.000 Euro vom Landwirtschaftsministerium inNordrhein-Westfalen bezuschusst.

Der eingespeiste Strom wird gemäß Erneuerbare-Energi-en-Gesetz (EEG) mit der Mindestvergütung zuzüglich desNawaRo-Bonus, des KWK-Bonus und des Innovations-Bonus vergütet.

Die Erfolgsfaktoren des ProjektesDie drei Partner des Projektes ergänzen sich in denRollen des Brennstofflieferanten, der Stadtwerke und desFinanzdienstleisters in ganz besonderer Weise. Diegünstige Konstellation von Aufgaben und Kompetenzeninnerhalb der Public-Private-Partnership ermöglichteeine sehr schnelle Umsetzung des Projekts: Die Gründungder Gesellschaft, die Planung, der Bau und die Inbe-triebnahme der Anlage erfolgte innerhalb von zwölfMonaten.

Wirtschaftlich war das Projekt insbesondere durch dieVergütung des EEG. Schon im ersten vollen Betriebsjahrund durch die vollständige Wärmeausnutzung hat dieAnlage einen kleinen Gewinn für jeden Investor abge-worfen. Dieses Projekt wäre nicht in dieser Weise um-setzbar gewesen, wenn die Wärme nicht in dem beste-henden Fernwärmenetz der Stadtwerke genutzt werdenkönnte.

Das Holzheizkreftwerk mit BHKW neben dem Heizkreftwerk (Quelle:Stadtwerke Oerlinghausen)

Umweltminister Gabriel bei der Besichtigung (Quelle: StadtwerkeOerlinghausen)

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Ansprechpartner

Stadtwerke Oerlinghausen GmbHPeter Blome / GeschäftsführerRathausstraße 2333813 OerlinghausenTel.: 05202 4909-0Fax: 05202 [email protected]

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Stadtwerke bauen eigene BiogasanlageEin Landwirt aus der Region, der einen Abnehmer für dieWärme seiner geplanten Biogasanlage suchte und beiden Stadtwerken Wanzleben anfragte, brachte denGeschäftsführer Hans-Walter Franke zum ersten Mal mitdem Thema Biogaserzeugung in Berührung. Die landwirt-schaftliche Anlage wurde nie gebaut, dennoch war dasInteresse der Stadtwerke geweckt: Im November 2004nahmen sie eine eigene Biogasanlage in Betrieb – dieerste kommunale Biogasanlage in Sachsen-Anhalt. Diekommunalen Stadtwerke hatten zum Ziel, mit der Wärmeaus Biogas die steigenden Fernwärmepreise für dieBürgerinnen und Bürger in Wanzleben stabil zu halten.Der Stadtrat stimmte nach der Prüfung der Wirtschaft-

lichkeit und der Zusage der liefernden Landwirte zu. Eskonnten langfristige Lieferverträge über zehn Jahre mitden Landwirten, die die Biogasanlage mit Gülle undMaissilage beliefern, abgeschlossen werden.

Separater Standort von Biogasanlage undBHKWZwei Blockheizkraftwerke (BHKW), welche aus dem BiogasStrom und Wärme erzeugen, wurden in direkter Nähe zumFernwärmenetz gebaut. Die Biogasanlage steht in derNachbarschaft zum Güllelieferanten. Die 150 Meter vonder Anlage zum BHKW werden über eine Biogasanlageüberbrückt. Ziel der räumlichen Trennung war es auch,die Biogasanlage nicht zu nah an die Wohnbebauung zusetzen. Das Vorsorgeprinzip hatte Erfolg: Es gab keineBedenken von Anwohnern zum Bau der Biogasanlage.

Die zwei Blockheizkraftwerke verfügen über eine instal-lierte elektrische Leistung von jeweils 250 Kilowatt undeiner thermischen Leistung von jeweils 330 Kilowatt.Mit dem gewonnenen Gas aus der Biogasanlage werdenim Jahr 3.700 Megawattstunden Strom und 5.100Megawattstunden Wärme erzeugt.

Wirtschaftlichkeit durch WärmenutzungEin Viertel des Grundlast-Wärmebedarfs des Fernwärme-netzes in Wanzleben wird damit durch Wärme aus Biogas

Stadtwerke erzeugen Fernwärme aus BiogasWanzleben / Sachsen-AnhaltEinwohnerzahl: 5.367

Die kommunalen Stadtwerke Wanzleben errichteten 2004 eine eigene Biogasanlage mit dem Ziel, die Fernwärme-preise stabil zu halten. Die Anlage erzeugt Strom für rund 1.300 Haushalte. Die Wärme, die bei der Produktiondes Stroms aus Biogas entsteht, deckt rund ein Viertel des Grundlastbedarfs des städtischen Fernwärmenetz.Aufgrund der guten Erfahrungen wird die Biogasanlage nun erweitert. Angeregt durch die Aktivitäten der Stadt-werke hat sich die Stadt Wanzleben zum Ziel gesetzt, unabhängig von fossilen Energieträgern zu werden. Sienehmen als Modellstadt an einem Forschungsprojekt zur energetischen Stadterneuerung teil.

Biogasanlage

Stadtwerke Wanzleben GmbH

Nov. 2004

Strom: 500 kWel, Wärme: 660 kWth

Strom: 3.700 MWh / a, Wärme: 5.100 MWh / a

Gülle, Mais

1,5 Mio. €

Zuschuss der Stiftung Umweltschutz des Landes Sachsen-Anhalt: 58.000 €

Anlage

Betreiber / Träger

Inbetriebnahme

Installierte Leistung (gesamt)

Produktion / Jahr

Eingangs- / Rohstoffe

Gesamtinvestition

Förderung

Das Projekt in Kürze

Mais als Energiepflanze (Quelle: pixelio.de)

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gestellt. Die Biowärme ersetzt damit zu Teilen dieWärmeerzeugung aus Steinkohle und Heizöl. Rund 60Prozent der Stadt sind durch das Fernwärmenetz er-schlossen. Alle öffentlichen Gebäude, darunter auch dasSpaßbad der Stadtwerke, werden mit Fernwärme versorgt.Auch immer mehr Geschäftsleute und Bürgerinnen undBürger fragen die preisstabilere Fernwärme nach, seitdemdie Heizöl- und Erdgaspreise in die Höhe schnellen. DieZahl privater Fernwärmeanschlüsse ist stark gestiegen.

Die gesamte erzeugte Wärme wird das ganze Jahr hin-durch als Grundlast genutzt. Der Wärmebedarf sinkt zwarim Sommer, da Gebäude nicht beheizt werden. Doch fürdie Warmwassererzeugung wird auch im Sommer Fernwär-me benötigt, die die Biogasanlage stellt. Die ganzjährigeWärmenutzung zusätzlich zur Vergütung des Stromsgemäß Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) lässt dieAnlage sehr wirtschaftlich arbeiten.

Aufgrund der positiven Erfahrungen wird derzeit diebestehende Biogasanlage erweitert: Die StadtwerkeWanzleben bauen einen zweiten Fermenter und einweiteres BHKW mit einer elektrischen Leistung vonebenfalls 500 Kilowatt. Damit wird sich der Anteil derWärme aus Biogas im Fernwärmenetz weiter erhöhen undfossile Energie ersetzen.

Die bestehende 1,5 Millionen teure Biogasanlage wurdevon den Stadtwerken Wanzleben finanziert. Von derStiftung Umwelt, Natur- und Klimaschutz des LandesSachsen-Anhalt (SUNK) wurde für den Bau der Anlage einZuschuss von 58.000 Euro gewährt.

Langfristiges Ziel: 100 Prozenterneuerbare EnergieDer Rat der Stadt Wanzleben hat sich als langfristigesZiel gesetzt, völlig unabhängig von fossilen Energieträ-gern zu werden und den gesamten Energiebedarf derStadt aus erneuerbaren Energiequellen zu erzeugen.Kurzfristiges Ziel ist neben der Erweiterung der Biogas-anlage der Bau einer Solarthermie-Freiflächenanlage, dievoraussichtlich noch in diesem Jahr fertiggestellt wird.Derzeit wird auch das Potenzial an Bioabfall und bioge-nen Reststoffen abgeschätzt und die Nutzung dieser

Die Biogasanlage im Wanzleben (Quelle: Stadtwerke Wanzleben) Die Maisernte (Quelle: pixelio.de)

Reststoffe zur Strom- und Wärmeerzeugung diskutiert.Die Stadt Wanzleben beteiligt sich als Modellstadt beimForschungsprojekt „Begleitung von Maßnahmen derenergetischen Stadterneuerung in Städten der LänderBrandenburg und Sachsen-Anhalt“. Das umfassendeKonzept verbindet die drei Strategien der Energie-einsparung, Energieeffizienz und der erneuerbarenEnergien.

Die Erfolgsfaktoren des ProjektesDie Stadt Wanzleben besitzt eine vorteilhafte Ausgangs-lage: Im Gegensatz zu vielen anderen Kommunen hat sieihr Fernwärmenetz in kommunalem Besitz gelassen undweiter ausgebaut. Darüber besitzt die Stadt eine großeZahl an Wohnungen in Wanzleben, die nicht privatisiertwurden. Die kommunalen Gebäude sind alle an dasFernwärmenetz angeschlossen, so dass eine guteGrundauslastung des Netzes gewährleistet ist. DasFernwärmenetz ermöglicht die sinnvolle Verwendung derAbwärme der Biogasanlage an 365 Tagen im Jahr, so dasskeine Energie ungenutzt verbleibt und die verwendetenRessourcen sehr effizient eingesetzt werden.

Entscheidend für die erfolgreiche Realisierung aberwaren die Zustimmung und der politische Wille desStadtrats die erneuerbaren Energien auszubauen. Sokonnten die Stadtwerke ihre Projekte zur Energieer-zeugung aus Biomasse und anderen erneuerbarenEnergieträgern mit Unterstützung der Kommunalpolitikumsetzen.

Ansprechpartner

Stadtwerke Wanzleben GmbHHans-Walter Franke / GeschäftsführerJohann-Wolfgang-von-Goethe-Straße 1739164 WanzlebenTel.: 03 92 09 / 69 40Fax: 03 92 09 / 4 43 54E-Mail: [email protected]@stadtwerke-wanzleben.de

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Langjährige Kooperation zwischen Stadtund privatem DienstleisterDie Stadt Ilmenau suchte sich bereits kurz nach derWende einen privaten Dienstleistungspartner zur Wärme-versorgung der Stadt. Gemeinsam mit dem saarländi-schen Unternehmen Saarberg-Fernwärme GmbH (SFW),heute STEAG Saar Energie, leistet sie seit 1991 alsgemeinsame Ilmenauer Wärmeversorgung GmbH (IWV) dieFernwärmeversorgung. Die IWV sanierte die bestehendenEnergieerzeugungs- und -verteilanlagen und baute dasFernwärmenetz aus.

Aus dieser thüringerischen-saarländischen Kooperationging die Initiative zum Bau eines Holzheizkraftwerkshervor. Zum Betrieb der Anlage wurde die Biomasse-Heizkraftwerk Ilmenau GmbH (BHI) gegründet, einegemeinsame Gesellschaft der STEAG Saar Energie (74,9Prozent) und der Ilmenauer Wärmeversorgung GmbH

Strom und Wärme aus Altholz versorgt IlmenauStadt Ilmenau / ThüringenEinwohnerzahl: 26.737

Auf Grundlage einer langjährigen Partnerschaft zwischen der Stadt Ilmenau und einem privaten Unternehmenwurde 2005 ein Holzheizkraftwerk in Betrieb genommen, welches Strom und Wärme für die Stadt erzeugt. DieAnlage, die Altholz verbrennt, deckt rund die Hälfte des Bedarfs des städtischen Fernwärmenetzes. Das Holz-heizkraftwerk sichert den Bürgerinnen und Bürgern eine kostengünstige Fernwärmeversorgung. Der in der An-lage erzeugte Strom reicht aus, um rund ein Viertel der Stadt zu versorgen.

Holzheizkraftwerk

Ilmenauer Wärmeversorgung GmbH, STEAG Saar Energie AG

Juli 2005Strom: 5,1 MWel, Wärme: 10 MWth

Strom: 33.000 MWh / a, Wärme: 50.000 MWh / a

Altholz (A I bis A III)

15 Mio. €

Anlage

Betreiber / Träger

Inbetriebnahme

Installierte Leistung

Produktion / Jahr

Eingangs- / Rohstoffe

Gesamtinvestition

Das Projekt in Kürze

(25,1 Prozent). Die STEAG Saar Energie, die auch An-teilseigner der IWV ist, hält damit die überwiegendeMehrheit der Gesellschaft des Holzheizkraftwerks. Den-noch ist die Stadt Ilmenau an der BHI mit 12,8 Prozentbeteiligt und stellt einen der beiden Geschäftsführer.

Stabilere Fernwärmepreise durch denEnergieträger HolzDer rasant gestiegene Erdgaspreis ließ auch denFernwärmepreis in Ilmenau in die Höhe schnellen.Anliegen der Stadt Ilmenau und der IWV war es, mit derWärmeerzeugung durch das Holzheizkraftwerk denFernwärmepreis für die Bürgerinnen und Bürger stabil zuhalten. Ein weiteres Ziel war es, einen Beitrag zurökologischen Erzeugung von Energie zu leisten undBiomasse als regenerativen Energieträger zu nutzen.

Im Vorfeld wurden hierfür die Potenziale an verfügbaremHolz in der Region und die Wirtschaftlichkeit desBetriebs eines Holzheizkraftwerks geprüft.

Nach 16 Monaten Bauzeit konnte im Juli 2005 dasHolzheizkraftwerk eingeweiht werden. Das Kraftwerkbesitzt eine installierte elektrischen Leistung von 5,1Megawatt und eine thermische Leistung von 10 Mega-watt. Der Betrieb der Anlage beschäftigt eine sieben-köpfige Mannschaft, deren Arbeitsplätze mit dem Baudes Heizkraftwerks gesichert werden konnten.

Strom und Wärme für IlmenauDas Kraftwerk produziert Strom und Wärme in Kraft-Wärme-Kopplung. Rund 33.000 Megawattstunden Strom

Ein Blick in das Innere des Kraftwerks (Quelle: BHI GmbH)

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werden im Jahr in das öffentliche Netz eingespeist undgemäß dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vergütet.Das Kraftwerk produziert darüber hinaus rund 50.000Megawattstunden Wärme im Jahr. Die Wärme wird in dasbestehende Fernwärmenetz der Stadt gegeben. Die imHolzheizkraftwerk erzeugte Energie reicht aus, um einViertel des Stromverbrauchs der Stadt und die Hälfte derbenötigten Fernwärmeenergie zu decken. Angeschlossenan das Fernwärmenetz sind öffentliche Gebäude, Wohn-bebauung sowie Gewerbe- und Industriebetriebe. Es gibtÜberlegungen neben Fernwärme auch Fernkälte anzubie-ten und eine Adsorptionskältemaschine, die mit einemtemperaturbeeinflussten Kältemittel arbeitet, an dasFernwärmenetz anzuschließen. Die IWV hat bereitsErfahrungen mit Kompressionskältemaschinen, die mitStrom betrieben werden.

Nutzung von AltholzIm Kraftwerk wird Altholz eingesetzt, welches nicht mitHolzschutzmitteln behandelt wurde (Altholzkategorien AIbis AIII). Das eingesetzte Altholz besteht vorwiegendaus Industrierestholz und dem Holzanteil des Sperrmüllswie beispielsweise Spanplatten. Lieferanten aus Thürin-gen, Nordbayern und Osthessen liefern das Holz brenn-fertig als Hackschnitzel. Das Holzheizkraftwerk wurde amRande eines Gewerbegebietes errichtet, so dass derZulieferungsverkehr keine zusätzliche Belastung für dieWohnsiedlung bedeutet.

Die Anlage ist mit einem wassergekühlten Rost ausge-stattet. Die Feuerungstechnik kann damit grundsätzlichauch Waldrestholz mit einem höheren Wassergehaltverbrennen. Der Betrieb des Kessels ist derzeit jedochauf eine reine Altholzverbrennung ausgelegt. Die Anlage,d.h. die Rauchgasreinigung erfüllt die strengen Anforde-rungen der Grenzwerte der 17. Bundesimmissionsschutz-verordnung, so dass das Altholz in dieser Anlage pro-blemlos verbrannt werden kann, ohne die Luft zu belas-ten. Die energetische Nutzung von Restholz, welchesbereits stofflich z.B. als Spanplatte genutzt wurde,schont zudem Ressourcen.

Die Erfolgsfaktoren des ProjektesDie Stadt Ilmenau setzte das Projekt im Rahmen einerPublic-Private-Partnership mit der STEAG Saar Energieum. Die Kooperation der beiden beteiligten Partner fußtauf einer langjährigen Zusammenarbeit. Das erworbenegegenseitige Vertrauen war dabei die Basis und dieVoraussetzung für die erfolgreiche Projektrealisierung.

Der Projektpartner STEAG Saar Energie hat bereitsmehrere Biomasseanlagen realisiert und konnte seinetechnischen Kompetenzen und seine Erfahrungen ausanderen Projekten in dieses Projekt mit einfließenlassen. Im Holzheizkraftwerk Ilmenau wurde deshalbTechnik eingesetzt, die sich bereits in anderen Anlagender STEAG Saar Energie als bewährt erwiesen hat.

Die Dimensionierung der Anlage wurde anhand desWärmebedarfs der Stadt Ilmenau bemessen. Das beste-hende Fernwärmenetz ermöglichte die sinnvolle Abnahmeder Wärme vor Ort. Eine möglichst ganzjährige Aus-kopplung von Wärme ist für den wirtschaftlichen Betriebder Anlage ebenso sinnvoll wie für die ökologischeffiziente Nutzung der Ressource Holz.

Das Biomasseheizkraftwerk (Quelle: BHI GmbH)

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Ansprechpartner

Biomasse-Heizkraftwerk Ilmenau GmbHLudwig Trabert / KaufmännischerGeschäftsführerGewerbepark „Am Wald“ 18a98693 IlmenauTel.: 03677 7880Fax: 03677 [email protected]

Wolfgang Mewes / TechnischerGeschäftsführerSTEAG Saar Energie AGPostfach 10264566026 SaarbrückenTel.: 06 81 405-9299Fax: 06 81 [email protected]

Geschreddertes Altholz (Quelle: BHI GmbH)

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Aus Küchenabfällen wird Energie undKompostDas Amt für Abfallwirtschaft (AfA) in Karlsruhe betreibtauf der Deponie Ost einen Anlagenverbund bestehendaus einer Deponiegasverwertungsanlage, einerSickerwasserbehandlungsanlage, einer Bioabfall-vergärungsanlage und einer Holzverbrennungsanlage zurStrom- und Wärmeproduktion.

Seit 1991 wird das auf der Hausmülldeponie entstehendeDeponiegas in einer Deponiegasverwertungsanlage ver-brannt. Das methanhaltige Gas entsteht durch den mikrobiel-len Abbau der organischen Bestandteile des Hausmülls. EineMülldeponie produziert in etwa 20 bis 30 Jahre lang Gas, bisdie Gasproduktion allmählich zum Erliegen kommt. Auf derDeponie Ost wurde die Müllablagerung 1997 eingestellt. AlsAusgleich für die rückläufige Deponiegasmenge der stillge-legten Hausmüllablagerung wurde mit der Einführung derBioabfalltonne in Karlsruhe 1997 eine Bioabfallvergärungs-anlage in Betrieb genommen. Hier werden täglich 45 TonnenBioabfälle aus der getrennten Bioabfallsammlung in dieVergärungsanlage eingebracht und Biogas produziert. Hierfürwird der Bioabfall von Störstoffen befreit, mit Prozesswasseraufbereitet und im Nassvergärungsverfahren fünf bis sechsTage ausgefault. Das dabei entstehende Biogas wird zusam-men mit dem Deponiegas in der Deponiegasverwertungsan-lage zur Dampfproduktion energetisch verwertet. Der entwäs-serte Gärrest ergibt nach einer dreiwöchigen Nachrottehochwertigen, hygienisierten Kompost, der durch ein

Gütesiegel der Gütegemeinschaft Kompost ausgezeichnet ist.Dieser Kompost wird in der Landwirtschaft eingesetzt. DieBiomassemenge verringert sich durch die Bioabfallvergärunggegenüber einer reinen Kompostierung um 45 Prozent. ImVergleich zur ausschließlichen Kompostierung ermöglicht dieVergärung mit der energetischen Nutzung der Kommune einehöhere Wertschöpfung bei der Verwertung des Bioabfalls.

Die Holzverbrennungsanlage ergänzt denAnlagenverbundIm Jahr 2001 folgte als letzte Komponente des Anlagen-verbundes eine Holzhackschnitzelverbrennungsanlage. Dieganzjährig betriebene Holzverbrennungsanlage benötigt5.000 Tonnen Brennstoff in Form von Hackschnitzeln imJahr. Ein Zehntel des eingesetzten Holzes ist Waldrestholzund stammt aus Wäldern der Region, da die Finanzierungs-förderung des Landes Baden-Württemberg eine Waldholz-nutzung voraussetzte. Der überwiegende Rest des eingesetz-ten Holzes ist jedoch Alt- und Restholz aus dem Stadtgebiet,das in der Anlage sinnvoll energetisch verwertet wird. Hierzugehört beispielsweise Holz aus der Sperrmüllsammlung undden Wertstoffstationen, Schwemmholz aus dem städtischenHafen und Grobholz vom städtischen Kompostplatz. In dernach der vierten Bundesimmissionsschutzverordnung (4.BImSchV) genehmigten Anlage dürfen auch verleimtes,lackiertes und beschichtetes Holz verwertet werden, mitAusnahme von Holz, welches mit Holzschutzmitteln behan-deltet oder mit halogenorganischen Verbindungen beschich-

Energie aus Bioabfall für zwei NeubaugebieteStadt Karlsruhe / Baden-WürttembergEinwohnerzahl: 285.263

Zur Stromerzeugung und zur Wärmeversorgung von zwei Neubaugebieten hat das Amt für Abfallwirtschaft inKarlsruhe die bestehende Deponiegasverwertungsanlage der stillgelegten Deponie Ost erweitert. Im Anlagen-verbund liefern nun eine Bioabfallvergärungsanlage und eine Holzverbrennungsanlage für Rest- und Altholz dienötige Wärme. Die energetische Verwertung von Rest- und Abfallstoffen entlastet zudem die kommunale Ent-sorgung.

Anlagenverbund aus Bioabfallvergärungsanlage, Holzhackschnitzelverbrennungsanlage,Deponiegasverwertungsanlage

Amt für Abfallwirtschaft Karlsruhe (AfA Karlsruhe)

Bioabfallvergärungsanlage: 1997; Holzhackschnitzelanlage: 2001Gesamt: 470 MWel, 1,2 MWth

Bioabfallvergärungsanlage: Bioabfall aus der BiotonneHolzhackschnitzelanlage: 90% Rest-/Altholz, 10% Waldrestholz

Biogasvergärungsanlage: 15 Mio. DM (7,7 Mio. Euro)Holzverbrennungsanlage + Wärmeleitung / Heizzentrale: 3,45 Mio. DM (1,76 Mio. Euro)

Zuschuss durch das Land Baden-Württemberg

Anlage

Betreiber / Träger

Inbetriebnahme

Installierte Leistung

Eingangs- / Rohstoffe

Gesamtinvestition

Förderung

Das Projekt in Kürze

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tetet ist (Altholz der Kategorien III und IV nach der Altholz-verordnung). Der Anteil an Altholz wurde jedoch reduziert,da die Preise für das für die Verbrennung aufbereitete Altholzgestiegen sind. Das AfA versucht vermehrt eigenes Holz z.B.aus der Kompostsortierung zu verwerten. Da die Feuerungs-technik der Anlage jedoch nicht für einen hohen Anteil anGrünschnittholz ausgelegt ist und die Gefahr der Schlacke-bildung auf dem Rost besteht, gibt es Überlegungen, dieAnlage durch eine wassergekühlte Rostfeuerung zu optimieren.

Wärme für die Neubaugebiete „FünfzigMorgen“ und „Rehbuckel II“Der Dampf aus der Bio- und Deponiegasverwertung undaus der Holzverbrennung wird mit Hilfe eines Dampfmo-tors verstromt. Der Strom wird in das Netz der KarlsruherStadtwerke eingespeist und gemäß Erneuerbare-Energi-en-Gesetz (EEG) vergütet.

Die Abwärme des Anlagenverbundes dient der Heizungs-und Warmwasserversorgung der nahegelegenen Neubau-gebiete „Fünfzig Morgen“ und „Rehbuckel II“ im KarlsruherStadtteil Hohenwettersbach. Das 90 Grad heiße Wasser wirdüber eine ca. 1,6 Kilometer lange Leitung zur Heizzentraleam Rand des Stadtteils transportiert und von dort aus überein Nahwärmenetz an die Haushalte verteilt. Insgesamtkönnen mit der Abwärme bis zu 400 Wohneinheiten imNiedrigenergiehausstandard zu 90 Prozent versorgt werden.Darüber hinaus werden die eigenen Betriebsgebäude undder Methanreaktor mit Wärme beheizt.

Die Bioabfallvergärung sowie die Nachkompostierung desGärrests finden in geschlossenen Systemen mit Abluft-behandlung statt, so dass es keine Schwierigkeiten mitGeruchsbelästigungen der nahegelegenen Wohngebiete gibt.

Der Anlagenverbund bringt vorteilhafteSynergieeffekteNeben der Versorgung der Neubaugebiete wird ein Teil derWärme als Prozesswärme für den Anlagenbetrieb und zurBehandlung des Deponiesickerwassers genutzt. Dasbehandelte und gereinigte Sickerwasser wird wiederum zurAnmaischung des Substrats in der Biogasanlage verwen-det. Auch die Einbindung der Holzverbrennungsanlage in

das Gesamtanlagenkonzept bringt Vorteile mit sich. DerAnlagenverbund ermöglicht einen optimierten Betrieb dereinzelnen Komponenten. Außerdem gewährleistet dieDampferzeugung aus der Gasverwertungsanlage und derHolzverbrennungsanlage die Wärmeversorgung für dasNeubaugebiet, auch wenn eine Anlage ausfällt.

Umsetzung der lokalen Agenda durch dasAmt für AbfallwirtschaftInitiator des Projektes war das Amt für Abfallwirtschaft.1996 gab es eine Grundsatzstudie zur Biomasseverwertungin Auftrag, um eine nachhaltigere Nutzung der Ressourcenzu bewirken. Die einzelnen Anlagenkomponenten wie dieSickerwasserbehandlungsanlage und die Bioabfall-vergärungsanlage wurden nach und nach realisiert. AufGrundlage mehrerer Machbarkeitsstudien, die das Amt fürAbfallwirtschaft in Auftrag gegeben hatte, entschloss sichdie Stadt Karlsruhe die Nahwärmeversorgung der zwei neuausgewiesenen Baugebiete über eine Erweitung desAnlagenverbundes der Deponie Ost sicher zu stellen.

FinanzierungDie Investitionskosten zur Realisierung der Holz-verbrennungsanlage und des Nahwärmenetzes betrugenin etwa 1,76 Millionen Euro. Die Maßnahme wurde vomLand Baden-Württemberg mit 107.000 Euro gefördert.

Betreiber der Anlagen des Verbundes und der Wärmeleitungbis zur Heizzentrale ist das Amt für Abfallwirtschaft. Dieerzeugte Wärme wird an die Stadtwerke Karlsruhe verkauft,die die Wärmekunden in den Neubaugebieten über das vonihnen betriebene Nahwärmenetz versorgt.

Fernwärmeversorgung der Neubaugebiete (Quelle: AfA) Der Anlagenverbund der Deponie-Ost (Quelle: AfA)

Ansprechpartner

Amt für AbfallwirtschaftBernd BoosOttostraße 2176227 KarlsruheTel.: 0721 133-7001Fax: 0721 [email protected]/abfall

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Am Anfang war eine BiogasanlageBegonnen hat alles mit der Idee des Landwirts Ralf Kellerund des Ortsvorstehers und Landwirts Erich Henninger inZusammenarbeit mit CleanEnergy GmbH, eine Biogasanlagezu bauen und neben der Stromerzeugung auch dieAbwärme zu nutzen. Für die Organisation und Finanzie-rung des Projektes fanden sie einen kompetenten Partnerin der Singener Firma solarcomplex GmbH. Das Bürger-unternehmen besitzt reichhaltige Erfahrungen mit derPlanung von Anlagen auf Basis regenerativer Energien imBodenseeraum. Sie setzen Projekte mit Hilfe einer Kapital-beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern und regionalenBetrieben um. Gemeinsam wurde für Mauenheim einKonzept entwickelt, die Wärme der Biogasanlage für dieVersorgung der Gemeinde zu nutzen. Die Idee, das ersteenergieautarke Bioenergiedorf in Baden-Württemberg zuinitiieren, war geboren. Die Biogasanlage wurde um eineHolzhackschnitzelheizung und Solaranlagen ergänzt.

Wärme und Strom für das ganzes DorfKnapp 70 Prozent der Haushalte der Gemeinde sind an dasvier Kilometer lange Nahwärmenetz angeschlossen. DieBiogasanlage und die Holzhackschnitzelheizung liefernseit Oktober 2006 die nötige Wärme. Die Biogasanlagedeckt dabei etwa die Hälfte des Wärmebedarfs Mauen-heims und stellt ganzjährig eine gleichbleibende Grund-last zur Verfügung. Die Holzheizung wird nur für dieAbdeckung der Spitzenlast im Winter genutzt. Somit

Bioenergie für ein ganzes DorfOrtsteil Mauenheim / Baden-WürttembergEinwohnerzahl: 430

Mauenheim, ein Ortsteil der Gemeinde Immendingen, ist das erste Bioenergiedorf in Baden-Württemberg, dasseinen gesamten Energiebedarf aus heimischen erneuerbaren Energieträgern deckt. Initiiert wurde das Projektvon zwei Mauenheimer Landwirten. Die benötigte Wärme erzeugen eine Biogasanlage und ein Holzhack-schnitzelheizwerk. Sie wird über ein Nahwärmenetz an die angeschlossenen Haushalte verteilt, die die Bio-wärme zu kostengünstigen Konditionen beziehen. Darüber hinaus „exportieren“ die Mauenheimer Strom, dadie Biogasanlage das Siebenfache des Eigenbedarfs produziert. Die Bürgerinnen und Bürger der Gemeindekonnten sich auch finanziell an dem Projekt beteiligen und partizipieren damit am Gewinn der Anlage.

Biogasanlage, Holzhackschnitzelanlage, Nahwärmenetz: 4 km

solarcomplex GmbH & Co. KG, KCH Biogas GmbH

Biogasanlage: Dezember 2005, Nahwärmenetz: Oktober 2006Biogas: 430 kWel, 400 kWth, Holz: 900 kWth

Strom (Biogas): 3,5 Mio. kWh/a, Wärme (Biogas): 3,25 Mio. kWh/aWärme (Holz): 1 Mio. kWh/a, Strom (Solar): 60.000 kWh/a

Rindermist, Mais, Getreide, Luzerne, Kleegras und Waldrestholz

2,9 Mio. Euro

Darlehen der KfW, Zuschuss des Landes Baden-Württembergs

Anlage

Betreiber / Träger

Inbetriebnahme

Installierte Leistung

Produktion / Jahr

Eingangs- / Rohstoffe

Gesamtinvestition

Förderung

Das Projekt in Kürze

ergänzen sich die beiden Anlagen ideal. Der produzierteStrom der Biogasanlage übertrifft den Bedarf des Dorfesum das Siebenfache. Durch die Strom- und Wärme-produktion aus heimischer Biomasse spart die Gemeindejährlich rund 3.000 Tonnen Kohlendioxid. Neben denBiomasseanlagen wurde auch eine Photovoltaikanlage miteiner Leistung von 66 Kilowatt errichtet. Sie ergänzt diezwei bereits bestehenden Solarkraftwerke (90 Kilowatt).

Pflanzen aus der Region liefern EnergieDie Biogasanlage wird mit jährlich 4.000 Tonnen Energie-pflanzen wie Mais, Roggen-Ganzpflanzensilage, Kleegrasund Luzerne „gefüttert“. Die Ackerpflanzen werden auf 150bis 180 Hektar Fläche rund um die Gemeinde angebaut.Darüber hinaus kommt noch Mist von 150 Rindern ausdem Ort zum Einsatz. Das Holz, welches in die Hack-schnitzelheizung eingebracht wird, wird aus dem kommu-nalen Wald der Gemeinde Immendingen bezogen.

Unterstützung durch die KommuneOhne die Unterstützung durch die kommunale Politik isteine Vollversorgung aus lokal erzeugter Bioenergie und derdafür notwendige Umbau der Energieversorgungssystemenicht realisierbar. Der Bau des Nahwärmenetzes wurde vomOrtschaftsrat und vom Gemeinderat einstimmig beschlos-sen. Zur Nutzung der öffentlichen Straßen für die Verlegungdes Nahwärmenetzes wurde mit der Gemeinde Immendingenein Wegenutzungsvertrag abgeschlossen. Des Weiteren

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liefert die Gemeinde das benötigte Holz aus dem Gemeinde-wald, um auch die Wertschöpfung der Rohstofferzeugungin der Region zu halten. Sie hat für die Wärmeversorgungdes ehemaligen Rathauses und einer kommunalen Halleeinen Wärmeliefervertrag abgeschlossen.

Das bürgerfinanzierte ProjektFür die Finanzierung und den Betrieb der Holzheizung, desBlockheizkraftwerks, des Nahwärmenetzes und einerPhotovoltaikanlage wurde die Kommanditgesellschaft„solarcomplex GmbH & Co. KG Bioenergie Mauenheim“ ge-gründet. Die Projektkosten für die Errichtung der Anlagenlagen bei rund 1,7 Millionen Euro. Mauenheimer Bürgerinnenund Bürger und andere private Investoren konnten sich miteiner Einlage von mindestens 2.500 Euro an dem Projekt be-teiligen. Insgesamt wurden 605.000 Euro Bürgerkapital ge-zeichnet. Zur Finanzierung wurde ein zinsgünstiges KfW-Dar-lehen in Anspruch genommen sowie ein Zuschuss des LandesBaden-Württemberg. Die Biogasanlage wurde von den Land-wirten Erich Henninger und Ralf Keller und der CleanEnergyGmbH finanziert, die dafür die KCH Biogas GmbH gründeten.Die Projektkosten für die Errichtung der Anlage betrugen ca.1,2 Millionen Euro.

Neben der Beteiligung der Dorfgemeinschaft an den Gewin-nen stärkt das Projekt auch die regionale Kaufkraft, denn dierund 200.000 Euro Energiekosten, die die Mauenheimerbisher für ca. 300.000 Liter Heizöl im Jahr ausgaben, fließennun nicht mehr an große Energiekonzerne, sondern verblei-ben in der Region.

Kommunikation ist das A und OIm April 2004 wurde eine erste öffentliche Veranstaltungdurchgeführt, bei der die Bürgerinnen und Bürger über dasProjekt und über die Chancen und Risiken ausführlichinformiert wurden. In dem darauffolgenden halben Jahrwurde bis zum Stichtag für den Anschluss an das Nah-wärmenetz eine intensive Öffentlichkeitsarbeit betrieben.Um auch die offenen Fragen zu beantworten, die Bürger-innen und Bürger auf den öffentlichen Sitzungen nichtstellten, richteten die Projektbegleiter der solarcomplexGmbH eine wöchentliche Bürgersprechstunde in Mauenheimein. Die intensive Kommunikation hat die Voraussetzungfür eine breite Akzeptanz und eine hohe Beteiligung bei

dem Projekt geschaffen. Denn die größte Herausforderungeines solchen Projektes ist es, dass die Dorfgemeinschaftdas Projekt gemeinsam trägt und dass die Interessen allerBeteiligten „unter einen Hut“ gebracht werden.

Die Erfolgsfaktoren des ProjektesFür den Erfolg des Projektes war neben der intensivenKommunikation auch die Unterstützung durch Schlüssel-personen entscheidend. So hat der Bürgermeister vonImmendingen Helmut Mahler das Projekt von Anfang anunterstützt. Auch waren die zwei Mauenheimer Initiato-ren wichtige Motoren für die Entwicklung des Projektesund die breite Akzeptanz in der Gemeinde.

Die Umsetzung der Idee des Bioenergiedorfes wurde jedocherst dadurch möglich, dass sich die Mehrheit der Bürger-innen und Bürger dazu entschlossen haben, sich an das Nah-wärmenetz anzuschließen und Biowärme zu beziehen. Aus-schlaggebend für das Projekt waren daher die wirtschaftlichattraktiven Rahmenbedingungen: Für den Bezug der Wärmemuss kein Grundpreis und nur ein vergleichsweise geringerArbeitspreis von 4,9 Cent je Kilowattstunde bezahlt werden.Ermöglicht werden diese günstigen Bedingungen durch diekostenlose Abgabe der Abwärme der Biogasanlage an dieBetreibergesellschaft des Nahwärmenetzes. Die Biogasanlagefinanziert sich allein durch die Vergütung der Stromein-speisung in das öffentliche Netz und den Bezug des Kraft-Wärme-Kopplungs-Bonus (KWK-Bonus) gemäß des Erneuerb-aren-Energien-Gesetzes (EEG). Darüber hinaus wurden denBürgerinnen und Bürgern die Hausanschlüsse an das Nah-wärmenetz von solarcomplex kostenlos gestellt, um dieHemmschwelle für eine Beteiligung niedrig zu halten und da-mit eine hohe Zahl an Wärmeabnehmern zu erreichen. Diedadurch entstandenen höheren Projektkosten wurden durchdie von Projektbeginn an hohe Beteiligung und den damiterzielten höheren Wärmeverkauf wieder refinanziert.

Der Ortsteil Mauenheim (Quelle: Gemeindeverwaltung Immendingen) Die Biogasanlage (Quelle: solarcomplex)

Ansprechpartner

Solarcomplex GmbHBene Müller /GeschäftsführerEkkehardstr. 1078224 SingenTel.: 07731 [email protected]

KCH Biogas GmbHRalf KellerDielstr. 16, 78194 Immendingen-MauenheimTel.: 0173 [email protected]

Gemeinde ImmendingenBürgermeister Helmut MahlerSchloßplatz 2, 78194 ImmendingenTel.: 07462 [email protected]

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Elefanten sorgen für EnergieIm Tiergarten Hellabrunn fallen jährlich rund 2.000Tonnen pflanzliche Abfälle an. Dies sind vor allem Mistpflanzenfressender Tiere und Futterreste aus der Tier-fütterung sowie geringe Mengen an Grasschnitt aus denGrünanlagen des Zoos. Einen Großteil der Substrateliefern dabei die Elefanten in Form von Dung.

Statt diese Abfälle wie bisher ausschließlich zu kompos-tieren, werden sie seit April 2007 in der Biogasanlagezur Energieproduktion genutzt.

Das pflanzliche Grünfutter für den Tierpark Hellabrunnwird auf dem ökologisch geführten landwirtschaftlichenBetrieb „Gut Beigarten“ der Stadt München produziert.Das Gut setzt den Gärrest als Kompostdünger auf denlandwirtschaftlichen Produktionsflächen wieder ein.Damit schließt sich der Nährstoffkreislauf. Im Vergleichzur bisherigen reinen Kompostierung der Reststoffe spartder Betrieb durch die Vergärung mindestens ein bis zweiKompostiervorgänge. Des Weiteren reduziert sich dasKompostvolumen durch die Nutzung in der Biogasanlageum zehn Prozent. So können Transportfahrten zum Gutzusätzlich reduziert werden.

TrockenvergärungDie Tiere des Tierparks stehen auf Streu. Im Gegensatz zulandwirtschaftlichen Intensivbetrieben, die viel flüssigeGülle produzieren, erzeugt der Tierpark große Mengefesten Mist. Statt des üblichen Verfahrens der Nass-vergärung in landwirtschaftlichen Biogasanlagen setztender Tierpark und die Stadtwerke München daher auf dasneuartige Verfahren der Trockenvergärung. Anders als der

Biogas aus ZooabfällenStadt München / BayernEinwohnerzahl: 1.259.677

Eine Biogasanlage, die auf dem Gelände des Tierparks Hellabrunn in München gebaut wurde, versorgt Teile desZoos über ein Nahwärmenetz mit Heizwärme. Darüber hinaus wird für rund 100 Haushalte Strom produziert. DieAnlage wird im innovativen Trockenvergärungsverfahren geführt und mit pflanzlichen Zooabfällen, die über-wiegend aus dem Dung der pflanzenfressenden Zoobewohner und Futterresten bestehen, „gefüttert“. DieBiogasanlage wird von den Stadtwerken München (SWM), einer 100-prozentigen Tochter der Landeshauptstadt,betrieben.

Name vermuten lässt, wird dem Substrat bei der Trocken-fermentation zwar Wasser beigegeben, dennoch ist esnicht pump- und rührfähig. Einmal befüllt, verbleibt dasSubstrat zur Gärung 30 Tage im Fermenter und wirddanach vollständig ausgetauscht. Für eine kontinuierli-che Methanproduktion besitzt die Anlage drei Fermenter,die um jeweils zehn Tage versetzt befüllt werden. Da dasSubstrat nicht flüssig ist, erfolgt die Befüllung undEntleerung nicht automatisiert, sondern wird vonMitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Zoos per Radladererledigt.

Da das Verfahren der Trockenvergärung relativ neu istund noch keine Erfahrungen mit der Vergärung vonZoomist vorlagen, wurden zur Prüfung der Machbarkeitrund 50 Tonnen Mist im Vorfeld in einer bestehendenAnlage vergoren. Mit dem positiven Ergebnis wurde dasProjekt dann gemeinsam mit dem Tierpark umgesetzt. Imdreimonatigen Probebetrieb wurde die prozess-biologische Betreuung der Anlage ausgetestet undeingestellt. Nach der Verstetigung der Methan-produktion konnte die Anlage im April in den Regel-betrieb übergehen. Der Betrieb der Anlage ist dennochein stetiger Lern- und Optimierungsprozess, da sich diebiologische Aktivität der Bakterien nicht „per Knopf-druck“ steuern lässt. Zur Beschleunigung der Prozessewird ein Teil des alten Substrats bei der Neubefüllungdes Fermenters dem neuen Substrat beigemischt. DasMischungsverhältnis und der Feuchtegrad des Substratsbeeinflussen dabei entscheidend den Vergärungsprozessund damit die Methanproduktion. Die Gasproduktionund der Betrieb der Anlage werden von einer Leitzentraleder Stadtwerke permanent fernüberwacht.

Biogasanlage

SWM Services GmbH

April 2007Strom: 40 kWel, Wärme: 74 kWth

Strom: 240 MWh / a, Wärme: 230 MWh / a

Mist, pflanzliche Futterreste

Anlage

Betreiber / Träger

Inbetriebnahme

Installierte Leistung

Produktion / Jahr

Eingangs- / Rohstoffe

Das Projekt in Kürze

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Wärme für den TierparkDas an die Biogasanlage angeschlossene Blockheizkraftwerkproduziert in Kraft-Wärme-Kopplung aus demmethanhaltigen Biogas Strom und Wärme. Der Strom wird indas öffentliche Niederspannungsnetz der StadtwerkeMünchen eingespeist. Die Anlage erzeugt jährlich etwa 240Megawattstunden Strom, so viel wie 100 Münchner Haus-halte im Durchschnitt benötigen. Die Wärme wird in demzooeigenen Nahwärmenetz auf dem Gelände des Tierparksgenutzt. Die produzierte Biowärme von jährlich ca. 230Megawattstunden ersetzt damit einen Teil der mit einemErdgaskessel erzeugten Wärme und entspricht dem durch-schnittlichen Bedarf von rund 25 Haushalten.

Auf Informationstafeln sind die technischen Daten zurAnlage und das Verfahren der Biogasproduktion für dieBesucherinnen und Besucher des Zoos anschaulich aufbe-reitet. Auch die Menge der aktuell erzeugten elektrischenLeistung, die eingespeisten Kilowattstunden Strom und daseingesparte Kohlendioxid gegenüber einer Stromerzeugungaus fossiler Energie kann abgelesen werden.

Alles unter einem DachDie Komponenten der Anlage, d.h. die Fermenter, derBiogasspeicher und die Technikräume sind in einem Gebäudeuntergebracht. Ein Teil des Gebäudes wurde mit einembegrünten Flachdach ausgestattet. Ziel war es, die bestehen-den und zumeist denkmalgeschützten Gebäude des Tierparksnicht durch den Bau der Biogasanlage zu beeinträchtigen.

Der Mist in den Fermentern der Anlage ist luftdichteingeschlossen. Zur Entnahme und Befüllung der Ferment-er erfolgt die Belüftung über spezielle Biofilter, so dasskeine Gerüche in die Umgebung abgegeben werden.

Die Umwelt- und Klimaschutzberatung derStadt MünchenDie Idee zum Projekt entstand im Rahmen des Umwelt- undKlimaschutzberatungsprojektes Ökoprofit der Stadt Mün-chen. Die Münchner Tierpark Hellabrunn AG nahm bereitsmehrere Male an dem Beratungsprogramm teil, welches vonder Lokalen Agenda 21 in München als erste Kommune inDeutschland angeboten wurde. Als eine von mehreren

Maßnahmen zur Energieeinsparung und Reduktion vonKohlendioxidemissionen wurde der Bau der Biogasanlagegeplant und in Kooperation mit den Stadtwerken umgesetzt.Finanziert wurde die Anlage von Kunden der StadtwerkeMünchen, die Ökostrom beziehen. Diese Kunden erhalten zu100 Prozent Strom aus regenerativen Energiequellen. DieSWM investieren den Aufpreis für den Ökostrom ebenfalls zu100 Prozent in den weiteren Ausbau der regenerativenEnergieerzeugung in München. Neben der Mindestvergütungund dem Kraft-Wärme-Kopplungs-Bonus (KWK-Bonus) wirddem Projekt für die Anwendung des Trockenvergärungs-verfahrens der Innovationsbonus gemäß Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) für den eingespeisten Strom gewährt.

Die Erfolgsfaktoren des ProjektesDie Stadtwerke in Kooperation mit dem TierparkHellabrunn haben mit diesem Projekt in mehrfacherHinsicht Pionierarbeit geleistet. Die Anlage ist die ersteBiogasanlage in der Stadt München. Die mit dem Bauverbundenen Genehmigungsbehörden hatten bislangkeine Erfahrungen mit der Genehmigung von Biogasan-lagen im Siedlungsgebiet. Die beiden Kooperations-partner haben durch ihre gute Zusammenarbeit und ihrekonsequente Unterstützung für das Projekt die zum Teillangwierigen Genehmigungsverfahren gut gemeistert undden Bau der Anlage letztlich erfolgreich umgesetzt.

Die Anlage in München ist zudem die erste Anlage, diemit Trockenvergärung Zoomist verwertet. Die StadtwerkeMünchen sammeln hier Erfahrungen, die für den Betriebanderer Anlagen wertvoll sein können. Die Energieer-zeugung aus Reststoffen wie Tiermist, die ohnehinanfallen und andernfalls nur der Kompostierung zuge-führt werden, ist aus ökologischen Gründen besonderssinnvoll. Die Anlagengröße wurde anhand des im Zooverfügbaren Substrats bemessen, so dass ein dezentralerStoffkreislauf ermöglicht wird. Da das Aufkommenbegrenzt ist, ist die Anlage verhältnismäßig klein. Beiden beiden Kooperationspartnern standen für diesesProjekt Ziele des Umweltschutzes im Vordergrund.

Die Informationstafeln am Elefantengehege (Quelle: SWM) Die Grundsteinlegung im September 2006 (Quelle: SWM)

Ansprechpartner

SWM Services GmbHEric Fellmann / ProjektleiterEmmy-Noether-Straße 280287 MünchenTel: 089 [email protected]

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Im Rahmen des vom Bundesumweltministerium geförder-ten Forschungsvorhabens „BioRegio – Strategien zurnachhaltigen energetischen Nutzung von Biomasse inausgewählten Modellregionen“ wird untersucht, wie einenachhaltige energetische Nutzung von Biomasse inModellregionen initiiert und umgesetzt werden kann so-wie welcher regionale Mehrwert dabei entsteht.1 Dazuwerden die regionalen Biomassestoffströme und derenenergetische Nutzungsmöglichkeiten analysiert und diedamit verbundenen Umwelt-, Beschäftigungs- undKostenwirkungen ausgewertet.

Zur Projektdurchführung wurden sechs Modellregionenausgewählt, die sich in ihrer Charakteristik, u. a. im Be-reich der geographischen, wirtschaftlichen und demo-graphischen Rahmenbedingungen sowie hinsichtlich derrealisierten Bioenergienutzung stark unterscheiden. Diegeografische Verteilung der Modellregionen wird in dernachfolgenden Abbildung veranschaulicht.

Zur regionalen Akteurs- und Politikberatung wurden in„BioRegio“ die im Vorgängerprojekt2 zur Beratung auf

Bundesebene entwickelten Instrumente wie z.B. dieGEMIS-Technologiedatenbank3 unter Berücksichtigungrealer, regionaler Praxisanforderungen weiterentwickeltund angepasst. Die erzielten Erkenntnisse und modifi-zierten Instrumente stehen nun interessierten Regionenzur Verfügung. Zur Verbreitung der damit verbundenenMöglichkeiten sind regelmäßige Biomasse-Regionen-Konferenzen vorgesehen.

Im Hinblick auf die regionale Strategieentwicklungkonnten in „BioRegio“ trotz der unterschiedlichen Aus-gangssituationen in den Modellregionen Schlüssel-aktivitäten bzw. Umsetzungsstufen erkannt werden, diein jeder Region im Rahmen einer strategischen Entwick-lung einer nachhaltigen Bioenergienutzung zu durchlau-fen sind.

Die nachfolgend beschriebenen Stufen dienen dazu, poli-tische Entscheidungsträger aus Kommunen und Regionen,sonstige öffentliche Einrichtungen sowie regionale Akteu-re bei der Vorgehensweise zur Entwicklung von regionalenStrategien zur Bioenergienutzung zu unterstützen.

Sechs Stufen zur Implementierungregionaler Biomassenutzungsstrategien

1 Das BioRegio-Projekt wurde unter Beteiligung folgender Forschungspartner durchgeführt: Fraunhofer Institut für Umwelt-, Sicherheit- undEnergietechnik UMSICHT, Oberhausen / Institut für Energetik und Umwelt gGmbH IE, Leipzig / Institut für angewandtes Stoffstrom-management IfaS, Birkenfeld / Öko-Institut e.V., Darmstadt / die Projekt-Koordination lag bei der IZES gGmbH (Institut fürZukunftsEnergieSysteme), Saarbrücken

2 U. Fritsche, et. al. „Stoffstromanalyse zur nachhaltigen energetischen Nutzung von Biomasse“, , Darmstadt, Mai 20043 Globales Emissionsmodell integrierter Systeme (GEMIS), Version 4.4, Öko-Institut e.V.

Die sechs BioRegio-Regionen

REGION 6K.E.R.N.

REGION 3Emscher-Lippe-Region

REGION 1Naturpark Saar-Hunsrück

REGION 2Südlicher Oberrhein

REGION 4Rügen, Ostvorpommern, Greifswald

REGION 5Mittelsachsen

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Abbildung 1: Landschaftsausschnitt aus der Region

Stufe 1 Aufbau und Erhaltung einesAkteursnetzwerks

Grundsätzlich stellt sich zunächst die Frage, warum undwann Netzwerke entstehen bzw. sie aktiv geschaffen wer-den sollen. Netzwerke sind erforderlich, wenn es umLösungsfindungen für komplexe Aufgabenstellungengeht. Dabei ist eine Grundvoraussetzung für ein mittel-bis langfristig funktionierendes Netzwerk, dass alle Be-teiligten für sich einen Mehrwert durch die Erreichungder Ziele des Netzwerkes erkennen. Es handelt sich somitum ein Instrument im Rahmen einer win-win Strategie.

Im Bereich der Bioenergie sind im Vergleich zu den an-deren erneuerbaren Energien bei der Projektrealisierungkomplexere Aufgabenstellungen zu erfüllen. Dies hängtzum einen an der Vielzahl der möglichen verwertbarenbiogenen Materialien und den unterschiedlichen energe-tischen, aber auch den stofflich konkurrierendenNutzungsmöglichkeiten. Zum anderen ist eine vielfältigeAkteursstruktur vom Anbau / Gewinnung des Brennstof-fes bis hin zur energetischen Nutzung am Markt aktiv.Die Aufgabe eines regionalen Netzwerkes im Rahmen vonBioenergieprojekten besteht nun darin, die entschei-denden Akteure in einer Form zu mobilisieren, in der vonden politischen Rahmenbedingungen bis hin zum poten-ziellen Nutzer die notwendige Unterstützung und Akzep-tanz für die Bioenergienutzung geschaffen wird.

In den sechs BioRegio-Regionen hatte die regional-spezifische Projektentwicklung durchaus unterschiedli-che Grundzüge. Insgesamt lassen sich dabei folgendedrei grundsätzliche Herangehensweisen differenzieren,die nicht nur für die Modellregionen zutreffen, sonderngenerell beobachtet werden können:

■ „basisorientierte“ Vorgehensweise unter Einbindungvielschichtiger Akteure und einer ausgeprägtenInitiative durch externe Experten

■ „multiplikatorenorientierte“ Vorgehensweise unterNutzung starker regionaler Multiplikatoren bzw. Strukturenmit projektrelevanten Zielsetzungen und einer unterstüt-zenden / katalytischen Funktion durch externe Experten

■ „beobachtende/begleitende“ Vorgehensweise bereitsaktivierter regionaler Entwicklungen und einer eherpassiv dokumentierenden bzw. beratenden Funktiondurch externe Experten

Die Initiierung eines Netzwerks muss durch einen„Aktivierer“ (z.B. Wirtschaftsförderung, Vertreter ausWissenschaft, etc.) erfolgen, der Akteure zusammenbrin-gen und Netzwerkkonstellationen moderieren kann. Einegemeinsame Zielvereinbarung bildet dabei die wichtigeorientierende Basis. Für den Erhalt von Netzwerken sind„Kümmerer“ erforderlich, die nicht nur die Termine desNetzwerkes organisieren, sondern auch durch Kommuni-

kation mit allen Akteuren die Netzwerke zusammenhalten.

Der Aufbau und der Erhalt von Netzwerken sind bis zurvollständigen Integration in die generellen Abläufe inder Region und dem Marktgeschehen mit Transaktions-kosten verbunden. Die entstehenden Kosten solltendurch die öffentliche Hand gedeckt werden. Hier mussein Selbstverständnis entwickelt werden, dass diese –analog zu Straßenplanung, Infrastrukturmaßnahmen, Ab-fallentsorgung, etc. – als Vorentwicklungskosten einerregionalen Entwicklungsplanung im Bereich Energie zuverstehen sind.

Stufe 2 Beschreibung einer Region –regionale Identität

Der Begriff „Region“ wird je nach Zusammenhang vielfäl-tig genutzt. Aus diesen Gründen muss vor der Datener-hebung die Betrachtungsregion definiert werden. Wich-tig ist in diesem Zusammenhang, dass der jeweiligeBetrachtungsraum über eine politisch legitimierte Ziel-setzung verfügt (z.B. Leitbild, Verbandsstruktur, Träger-verein, etc.), welche das Thema der Bioenergienutzungauch nachhaltig trägt.

Nachfolgend werden die für eine regionale Strategie-entwicklung relevanten Basiszahlen am Beispiel der„BioRegio-Region“ Mittelsachsen dargestellt:

Die Region „Mittelsachsen“ liegt inmitten des Bundes-landes Sachsen und ist in die Landkreise Mittweida, Dö-beln und Meißen unterteilt.

Hilfreich ist dabei, wenn die Grenzen der Regionauf Landkreisebene gezogen werden, damit not-wendige statistische Daten, z.B. für die Ermitt-lung von Biomassepotenzialen, Energiever-bräuchen, etc. leichter verfügbar sind.

Zur Netzwerkbildung und -erhaltung sind„Aktivierer“, „Kümmerer“, aktive Akteure, einekonkrete Leitbild-Identifikation sowie eine Basis-Finanzierung erforderlich.

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Stufe 3 Ermittlung der regionalenBioenergiepotenziale – aktuelle undzukünftigeIn der Abbildung 2 werden die Systemgrenzen für dieBioenergiepotenzialanalyse aufgezeigt. Die energetischnutzbare Biomasse stammt als Anbaubiomasse oder alsReststoff direkt oder indirekt aus der Land-, Forst- undAbfallwirtschaft sowie aus der Landschaftspflege.

Zur Ermittlung dieser Bioenergiepotenziale müssen in al-len Bereichen eine Vielzahl an Daten aus der Region erho-ben bzw. erfragt werden. Dies erfolgt am effizientestenund mit der größten Praxisnähe gemeinsam mit den Ak-teuren des aufgebauten Netzwerks. Als erste Orientierungist in der Tabelle 2 eine Auswahl der wichtigsten Daten zurErmittlung von Biomassepotenzialen aufgeführt. Die Band-breiten der Potenziale ergeben sich durch regionale Un-terschiede (z.B. keine Strohverfügbarkeit aufgrund 100%stofflicher Nutzung der verbleibenden Menge in Region 3)

Die Einschätzung der zukünftig verfügbaren Potenzialeorientiert sich an einem definierten Betrachtungs-zeitraum (z.B. in den BioRegio-Szenarien bis 2020).Hinsichtlich der Potenzialentwicklung sind dabei folgen-de Einflüsse zu berücksichtigen:

In der Tabelle 1 sind die wichtigsten Basisdaten4 der Region Mittelsachsen aufgeführt:

* Holz im Sektor Haushalte, Kommune, Kleingewerbe** Endenergieverbrauch in Industrie und Gewerbe

Soweit es regionalspezifische Entwicklungsleitlinien z.B. zur Klimapolitik gibt, sind diese ebenso wie bekannte Unter-suchungen z.B. zur Bevölkerungsentwicklung zu berücksichtigen. Für die Region „Mittelsachsen“ lagen solcheregionalspezifischen Untersuchungen, Beschlüsse jedoch nicht vor.

Einwohner

km²

E/km²

Wohneinheiten

GWh/a

kWh/E*a

GWh/a

GWh/a

GWh/a

MWh/a

MWh/a

MWh/a

Bezugsgröße

358.773

1.829

196

178.000

4.784

13.334

2.532

1.085

1.167

15.860

15.638

93.684

Einheit BioRegio „Mittelsachsen“Allgemeine Daten

Bevölkerung

Fläche

Bevölkerungsdichte

Wohnungssituation

Energieverbrauch

Endenergieverbrauch

Spezifischer Endenergieverbrauch

Heizenergieverbrauch

Stromverbrauch

Sonstiger Energieverbrauch**

Energiebereitstellung

Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien

Stromerzeugung durch Biomasse

Wärmebereitstellung durch Biomasse*

4 Diese Daten sind über statistische Landesämter, z.B. StatistischeJahrbücher und Energieversorger zu erhalten. Zum Bereicherneuerbarer Energien sind ggfs. Befragungen durchzuführen.

Tabelle 1: Basisdaten der Region Mittelsachsen

Landwirtschaft Landschaftspflege Forstwirtschaft

Reststoffnutzung

Energiewirtschaft

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>

>

> > >

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Abfallwirtschaft Abfallwirtschaft

Produkte Produkte

Abbildung 2: Systemgrenzen von Bioenergiepotenzialen

■ Bevölkerungsentwicklung und deren Nutzflächenbedarf

■ Flächenbedarf für die Nahrungsmittelproduktion(auch unter Berücksichtigung der Agrarwende)

■ Entwicklung der stofflichen Biomassenutzung und derdamit verbundenen Nutzungskonkurrenzen (z.B.Möbelproduktion und der damit zusammenhängendeAnfall von Nebenprodukten, Lebensmittelproduktion)

■ Zukünftige Mobilisierbarkeit der Biomassen (z.B. „grüne“Tonne, Holzanteil in Abfallmischfraktionen, Privatwald)

■ Akzeptanz neuer Anbaumethoden (z.B. Kurzumtriebs-plantagen)

■ Synergieeffekte zwischen Naturschutz und Bioenergie

■ Entwicklung von Flächennutzungsrestriktionen

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* „Stoffstromanalyse zur nachhaltigen energetischen Nutzung von Biomasse“, U. Fritsche, et. al., Darmstadt, Mai 2004** Daten aus „BioLogio – Entwicklung und Ausbau regionaler Logistikstrukturen zur Förderung der nachhaltigen energetischen Nutzung von

Biomasse“, Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik, April 2007GF: Getreideanbaufläche, LF: landwirtschaftliche Fläche, WF: Waldfläche

Welche Daten? Datenbeispiele Datenherkunft Orientierungsansätzenach BioRegio und ZIP*

LandwirtschaftlicheNutzfläche

z.B. Getreide, Mais,Raps, Dauergrünland

z.B. Kühe, Rinder,Schweine, Hühner

z.B. Mais, Raps

Holzbodenfläche

a) Anteile Staatswald,Gemeindewald,Privatwald

b) Laubbäume, Nadel-bäume

c) z.B. Zuwachs: 7,1Efm/ha*a,Hiebsatz: 4,2Efm/ha*a

d) z.B. Aufarbeitungs-grenze

z.B. Industrieholz inder Spanplatten-industrie

z.B. Bioabfall, kommu-nale Garten- und Park-abfälle, Altholz,Industrierestholz

z.B. Kompostierung,Deponierung,Müllverbrennungsanlage

gras- und holzartigerGrünschnitt

z.B. Kompostierung

Statistisches Landesamt,Landwirtschaftkammer

Statistisches Landesamt,Landwirtschaftkammer, Akteureder Landwirtschaft

Statistisches Landesamt,Landwirtschaftkammer, Akteureder Landwirtschaft

Statistisches Landesamt,Landwirtschaftkammer, Akteureder Landwirtschaft

Forsteinrichtung

Forsteinrichtung (Staatsforst,Gemeinde, Privatwaldbesitzer-verband)

Forsteinrichtung, Holz- undPapierindustrie

öffentlich-rechtlicherEntsorgungsträger, Abfall-wirtschaftsplan

öffentlich-rechtlicherEntsorgungsträger, Abfall-wirtschaftsplan

Straßenmeistereien

Straßenmeistereien

Strohpotenzial:0-38 GJ/haGF*aErnterückstände:0-1 GJ/haLF *a

Gülle/Festmist:2-10 GJ/haLF *a

Anbaubiomasse:0-1,5 GJ/haLF *a

ForstwirtschaftlichesEnergieholz:

6-27 GJ/haWF *a

Bioabfall:0,07-0,14 GJ/EW*aGrünschnitt:0,26-0,4 GJ/EW*aAltholz:1,3-5 GJ/EW*a

Straßenbegleitholz**:35,2 GJ/km*a

Aus der Landwirtschaft

LandwirtschaftlicheGesamtfläche

Feldfrüchte: Anbaufläche,Ertrag, Nutzungsmengefür Lebensmittelprod./Viehfutter

Viehhaltung: Viehanzahl(in Weide und Stall-haltung), Gülle- und Fest-mistmenge

Stilllegungsflächen:Flächengröße, Anbau-früchte, Ertrag

Aus der Forstwirtschaft

Waldfläche

Holzdaten:

a) Waldstruktur,Eigentumsformen

b) Baumartenverteilung

c) Zuwachs, Hiebsatz

d) Nutzungsrestriktionen

Aktuelle Nutzungswege

Aus der Abfallwirtschaft

Abfallfraktionen und-mengen (aus Haushalten/Kleingewerbe, Gewerbe,Industrie)

aktuelle Verwertungs- undEntsorgungswege der Ab-fallfraktionen

Aus der Landschaftspflege

Mengenanfall an Verkehrs-,Wasser- und Schienen-straßen

aktuelle Verwertungs- undEntsorgungswege

Tabelle 2: Datenauswahl zur Ermittlung von Bioenergiepotenzialen

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Das regional ermittelte Biomassepotenzial ist im Hinblickauf die erzielbaren energetischen Erträge den verschie-denen Nutzungsformen zu zuordnen (Stufe 4). Die regio-nale Bedeutung der Biomasse ergibt sich dann aus derRelation zum Endenergiebedarf (vgl. Stufe 2+5).

Stufe 4 Auswahl geeigneterNutzungstechnologien in der RegionEin in „BioRegio“ entwickeltes Instrument zur Technik-implementierung5 unterstützt bei der Bewertung derUmsetzbarkeit einer Nutzungstechnologie im regionalenKontext. Dabei wird aufgezeigt, dass außer der Technikim Rahmen einer angestrebten Umsetzung von Bio-energie-Projekten weitere relevante Aspekte seitens derEntscheidungsträger zu beachten sind. Die dabei entwi-ckelten Kriterien sollen eine orientierende Hilfestellungliefern. Sie sind in ihrer Gewichtung abhängig von regi-onalen Randbedingungen.

Hinsichtlich der Gewichtung der Einzelkriterien wird eineeinfache Zuordnung von Punkten festgelegt. Danach be-kommen die Einzelkriterien je nach Erfüllungsgrad 1, 5,oder 10 Punkte mit folgenden grundsätzlichen Aussagen:

■ 1 Punkt: hemmend / hoher Aufwand zur Implementie-rung verursachend

■ 5 Punkte: unauffällig bzw. nicht relevant

■ 10 Punkte: fördernd / nur geringen Aufwand zurImplementierung verursachend

Das Instrument ist als Ergänzung zu GEMIS zu sehen, umaus der dort vorhandenen Technologievielfalt einen er-gänzenden Hinweis zur Umsetzbarkeit einer Technologieim Vergleich zu anderen zu erhalten.

Mit dem Programm GEMIS lassen sich in der Folge auf derBasis ausgewählter Technologien die Auswirkungen un-terschiedlicher Szenarien betrachten. Dabei ist zum ei-nem die Ausgangssituation in der Region abzubilden(Endenergiebedarf, Gewichtung der unterschiedlichenEnergieträger und –verbrauchergruppen) und zum ande-ren der zukünftige Endenergiebedarf und dessenBereitstellungsmix (umsetzbare Biomassenutzungs-technologien in Ergänzung zu den fossilen und anderenerneuerbaren Energieträgern). Als Ergebnis stehen dieDaten Treibhausgasemissionen, Beschäftigungsbilanzenund Kosteneffekte der erstellten Szenarien für die Regionzur Verfügung.

Durch den Vergleich unterschiedlicher in der Region um-setzbarer Nutzungstechnologien, lassen sich im Rahmender Szenarienabbildung diejenigen mit den bestmögli-chen Auswirkungen auf die Region aussuchen. Dabeikann die Auswahl nach verschiedenen Schwerpunktendurchgeführt werden (siehe auch Stufe 5).

Die Hilfsmittel / Programme zur Unterstützung bei derEntwicklung regionaler Biomassenutzungsszenarien ste-hen unter www.bioregio.info zum Download bereit.

Stufe 5 Entwicklung von regionalenBiomassenutzungsszenarienVor dem Hintergrund der Frage „Wie können die Bio-energiepotenziale in der Region zukünftig optimal genutztwerden und welche Auswirkungen sind damit verbunden?“werden Nutzungsszenarien entwickelt. Um diese jedoch be-urteilen zu können, ist eine Vergleichsbasis zu definieren.

Hierzu eignet sich ausgehend vom IST-Zustand die Dar-stellung eines Zukunfts-Szenarios unter Berücksichti-

Einzelkriterium:

■ Potenzielle Ein-zugsradien(+ Verfügbarkeit)

■ Qualität

■ Akzeptanz desBrennstoffes

■ Preisunsicherheit

Einzelkriterium:

■ AdministrativeAuflagen wie Geneh-migung undEmissionsgrenzen

■ Nahwärmenetze –Wärmenachfrage

■ Sonstiger Infra-strukturbedarf

Einzelkriterium:

■ Netzwerkbedarf

■ Akzeptanz derTechnologie

■ Erfahrungen – Demo-Projekte

■ Vorhandensein vonTechnologie-entwicklern

■ Vorhandensein vonWartungsbetrieben

■ Informationsver-fügbarkeit

Einzelkriterium:

■ Investitionsvolumen

■ Finanzierung(Kreditverfügbarkeit,Zinssätze, Förderung)

■ Fondmodelle

■ Kreditwürdigkeit derTechnik

Akteure Brennstoff AdministrationInfrastruktur Finanzierung

Abbildung 3: Kriterien zur regionalen Technik-Implementierung

5 Das Instrument ist ein Excel-Werkzeug in Form eines Fragebogens, welches als Hilfe z.B. für öffentliche Institutionen und andere Investorengedacht ist, um die Entscheidung zur Umsetzung von Biomasse-Nutzungstechniken zu erleichtern.

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gung allgemeiner Annahmen, wie z.B. der bundesweitenBevölkerungsentwicklung, Energieeffizienz, etc. Jegenauer jedoch regionale Daten eingepflegt werden kön-nen, z.B. für die Bevölkerungsentwicklung oder die be-reitzustellende Endenergie zu einem bestimmten Stütz-zeitpunkt, umso näher liegen die Szenarien an mögli-chen regionalen Entwicklungen.

Grundsätzlich sollen mit den Szenarien die zukünftigenHandlungsspielräume aufgezeigt werden, die durch eineaktive Politik mit einer nachhaltigen Aktivierung derBioenergie im Vergleich zu einem business-as-usual An-satz in der Region möglich sind.

Für die Modellregionen in „BioRegio“ wurden zweiZukunftsszenarien erarbeitet (s.a. Abbildung 4):

■ Referenz-Szenario 2020 (REF 2020)verhaltene Nutzung der Biomassepotenziale mit nurleichten Steigerungsraten bis 2020(„Business as usual“)

■ BiomasseMax-Szenario 2020Nutzung von 100% der nachhaltig verfügbarenBiomassepotenziale bis 2020

Die Staubemissionen gehen im obigen Beispiel zu einemGroßteil von der regionalen Industrie aus, wobei im Ver-gleich der Szenarien IST und REF ein leichter und beiREF und BIO ein deutlicher Rückgang um 50 % zu beob-achten ist. Ursache ist die Substitution von Kohle imIndustriesektor in der gleichen Größenordnung durch al-ternative Brennstoffe.

Die Nutzung von Biomasse ist im Vergleich zur Nutzungfossiler Energieträger mit hoher regionaler Aktivität undWertschöpfung verbunden. Entsprechend konnte in al-len Modellregionen auch hierzu ein positiver Effekt be-obachtet werden.

Die Wertschöpfung, die sich in einer Region durch dieRealisierung von Bioenergieprojekten einstellen kann,wird anhand der Abbildung 6 zur Region Naturpark Saar-Hunsrück verdeutlicht. Ist in einer Region der Anteil derregional hergestellten und genutzten „Stoffströme“ ,wie

Szenario: Szenarienentwicklung in den Regionen

Abbildung 4: Szenarienentwicklung in den Regionen

Welche Auswirkungen haben die Szenarien fürdie Region?Treibende Kraft für den Ausbau der Bioenergie sind die po-sitiven Beiträge zur Erreichung der Klimaschutzziele.Darüber hinaus gibt es aber auch positive Wirkungen aufdie Beschäftigungs- und Kostenbilanzen sowie auf sonstigeUmwelteffekte in der Region. Diese häufig noch vernachläs-sigten Aspekte werden zukünftig entscheidend mit berück-sichtigt werden müssen, um in einer volkswirtschaftlichenBetrachtung die Bioenergie richtig zu bewerten.

Anhand der Region 3 „Emscher-Lippe“ wird hier beispiel-haft der Beitrag zur Reduktion der CO2-, und Staub-emissionen durch die Substitution von fossilen Feuer-ungen mit Biomassefeuerungen gezeigt (s. Abb.5).

0

2.000

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6.000

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IST 2003 REF 2020 BIO 2020

CO2-

Äqui

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[Mio

. kg

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ausserhalb der Region Emscher-Lippe-Region

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IST 2003 REF 2020 BIO 2020

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ausserhalb der Region Emscher-Lippe-Region

Abbildung 5: CO2-und Staubemissionen in der Emscher-LippeRegion

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z.B. die Strom- und Wärmeerzeugung hoch, verbleibenökonomische, ökologische und teilweise soziale Werte ineinem verstärkten Umfang in der Region. Ist der regio-nale Anteil jedoch gering, fließt ein Großteil des Werts,z.B. bei fossilen Brennstoffen, wieder aus der Regionheraus.

Ergänzend zu diesen beispielhaften Ergebnissen werdeneinzelne Erkenntnisse in den Beschreibungen der zweiModellregionen „Naturpark Saar-Hunsrück“ und „Südli-cher Oberrhein“ auf den folgenden Seiten vertiefend be-trachtet.

Stufe 6 Erarbeitung einerHandlungsempfehlung für die RegionMit den Ergebnissen der Biomassenutzungsszenarienkann die Region ihren spezifischen regionalenHandlungskorridor erkennen. Auf dieser Grundlage solltein der Folge von politischer Seite ein klares Bekenntnisin Form eines Leitbildes in den jeweiligen Gremien ver-abschiedet werden.

Bei der Entwicklung eines Leitbildes spielen Kommunen,Landkreise und öffentliche Behörden eine tragende Rol-le. Im Südlichen Oberrhein (Region 2) hat der verant-wortliche Regionalverband z.B. zusammen mit der Hand-werkskammer Freiburg ein regionales Klimaschutzziel for-muliert, mit dem Ziel bis zum Jahr 2020 eine 20-pro-zentige CO2-Reduktion für die Region zu erreichen. Die-ses Leitbild führt zu Handlungsempfehlungen und zukonkreten Schritten zur Erreichung des Ziels. Je mehrAkteure dieses Leitbild unterstützen und dafür werben,umso wahrscheinlicher wird dessen Realisierung.

Da häufig gerade auch die öffentlichen Gebäude undLiegenschaften zu den größeren Energieverbrauchern mitmeist noch ineffizienten Anlagen gehören, kann geradedurch die Umsetzung von (innovativen) Best-Practise-Projekten in Kommunen eine Vorbildfunktion für dieRegion geschaffen werden.

Abbildung 6: Wertschöpfung mit und ohne Bioenergienutzung (Quelle: Institut für angewandtes Stoffstrommanagement, Birkenfeld)

Darüber hinaus sind das Leitbild und die Vorbild-funktion so zu vermarkten, dass eine möglichst hoheNachahmung im privaten Bereich stattfindet. Dies giltinsbesondere dann, wenn es keine ergänzenden kommu-nalen Fördermöglichkeiten gibt. Hierzu kann neben zahl-reichen öffentlichen Veranstaltungen auch die Organi-sation von Wettbewerben gehören. Das Ziel eines Wett-bewerbes könnte z.B. die Prämierung der „aktivsten“Bioenergiekommune in einem Landkreis sein (z.B. Prä-mierung des nachhaltigsten Nutzungskonzepts für Bio-energie in einer Kommune).

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Die Region umfasst sieben Landkreise, in denen insge-samt 560.000 Menschen auf einer Fläche von 3.260 Qua-dratkilometer leben.

Bioenergienutzung – Stärkung überNetzwerkeZu Beginn des BioRegio-Projektes gab es in der RegionNaturpark Saar-Hunsrück keine Akteursnetzwerksstrukturzum Thema „Bioenergienutzung“. Es waren nur vereinzel-te Aktivitäten in diesem Bereich vorhanden.

Aufgrund dessen wurde versucht, durch die Aktivierungund Moderierung von Arbeitsgemeinschaften und durchdie Initiierung eines Bioenergienetzwerks Saar-Hunsrückdie Region hinsichtlich der Bioenergienutzung zu stärkenund im Sinne einer regionalen Identität zu verbinden. Dasentstandene Netzwerk, welches aus Vertretern der Forst-wirtschaft, der Landwirtschaft, des Naturschutzes, denprojektbeteiligten Instituten und einschlägigen Behördenbesteht, erarbeitete zusammen mit den Projektbetreuernaktuelle und zukünftige Biomassepotenziale für die Regi-

on. Es fand ein kontinuierlicher, projektbezogener Aus-tausch statt (= Projektebene des Netzwerks), der von ei-nem Kernteam übergeordnet koordiniert wurde.

Für die Moderation und Organisation des Netzwerkes istein sogenannter Kümmerer in jedem Netzwerk erforder-lich (s.a. S. 38), dessen Finanzierung derzeit immer ab-hängig von Projekten ist. Mit diesem Problem hattenauch die Akteure im Naturpark Saar-Hunsrück zu kämp-fen. Da nach einer 2-jährigen BioRegio-Projektlaufzeitzwar motivierende strategische Ziele und Projektansätzevorlagen, die Finanzierung der Netzwerkkoordinationaber auslief, konnte über die erfolgreiche Beantragungeines INTERREG-Vorhabens RUBIN6 die Grundlage für dieFortführung geschaffen werden.

Neben der Einbindung der Akteure in den Gestaltungs-prozess werden im Naturpark Saar-Hunsrück regelmäßigInformationsveranstaltungen durchgeführt, um jeden in-teressierten Bürger zu erreichen.

Verfügbare BioenergiepotenzialeDas wesentliche Ziel von BioRegio in der Region war, denpolitischen Entscheidungsträgern und den Akteuren einegemeinsam erarbeitete Übersicht vorzulegen, welche Bio-masse-Potenziale die Region mit einer gezielten Politiknachhaltig aktivieren kann und welche ökonomischen undökologischen Effekte damit verbunden sind. In Form vonSzenarien wurde aufgezeigt, welchen Anteil die Biomassebei der regionalen Energieversorgung leisten kann.

Die langfristig nachhaltig verfügbaren Biomasse-potenziale wurden mit den Akteuren den möglichenNutzungsformen zugeordnet. Auf der Grundlage einesmöglichen Szenarios für den regionalen Endenergie-bedarf bis 2020 wurden dabei zwei Bioenergienutzungs-szenarien (Referenz und BiomasseMax) hergeleitet.

Die Bandbreite zwischen den beiden Szenarien zeigt denregionalen Verfügbarkeitskorridor der möglichen Anteileder Bioenergie am Endenergieverbrauch. Während es imReferenz-Szenario nur zu einer verhaltenen Nutzung derBiomasse kommt, setzt das BiomasseMax-Szenario (davonsind 40 Prozent Festbrennstofffeuerungen zur Wärmeer-zeugung, 30 Prozent Biogasanlagen, 28 Prozent Kraft-Wär-me-Kopplungsanlagen auf Festbrennstoffbasis) auf eine wei-testgehende Nutzung aller nachhaltig verfügbaren Biomasse.

Der Verfügbarkeitskorridor für die Bioenergie bewegt sichin Relation zum regionalen Endenergieverbrauch im Jahr2020 zwischen 3 und 18 Prozent (vgl. Abbildung 9).

BioRegio-Region „Naturpark Saar-Hunsrück“

Abbildung 8: Vernetzung von Einzelakteuren auf Projekt- undKoordinationsebene

6 RUBIN – regionale Strategie zur nachhaltigen Umsetzung der Bioenergie-Nutzung; EU-Interreg-Projekt, 2005-2008

Der Naturpark Saar-Hunsrück ist eine länderübergreifende Region zwischen Mosel und Rhein mit Flächenanteilen inden Bundesländern Saarland und Rheinland-Pfalz. Am Dreiländereck von Luxemburg, Frankreich und Deutschland ge-legen, ist der Naturpark landschaftlich geprägt durch die bewaldeten Höhenzüge des Hunsrücks, tief eingeschnitte-ne Bach- und Flusstäler und dem Weinbau an Saar und Mosel.

Abbildung 7: Region Naturpark Saar-Hunsrück (Quelle: NaturparkSaar-Hunsrück e.V.)

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Abbildung 9: Endenergieverbrauch und Bioenergienutzungs-potenziale der Region Naturpark Saar-Hunsrück 2003-2020

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Abbildung 10: Mögliche Entwicklung der CO2-Emissionen in derRegion Naturpark Saar-Hunsrück (Berechnung mit GEMIS 4.4)

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ausserhalb der Region Naturpark Saar-Hunsrück

Regionale Vorteile durch dieBioenergienutzungDie auf der Grundlage der obigen Szenariendurchgeführte Bilanzierung der Treibhausgasemissionenin der Region zeigt, dass im Vergleich zur aktuellenSituation (= IST-Szenario, 2003) im Jahr 2020 knapp 30Prozent der bislang im Bereich der Energieversorgunganfallenden CO2-Emissionen vermieden werden können.

Abbildung 11: Mögliche Entwicklung der Beschäftigungs- undKosteneffekten in der Region Naturpark Saar-Hunsrück(Berechnung mit GEMIS 4.4)

ausserhalb der Region Naturpark Saar-Hunsrück

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Gesamtregion für die Endenergiebereitstellung entstehen,zu verzeichnen. Diese Kostenreduktion ist anteilig durchden prognostizierten reduzierten Energiebedarf und denmittelfristig effizienteren und kostengünstigeren regiona-len Bioenergieanwendungen begründet (s.a. Abb. 11).

Weitere VorgehensweiseNach der wohlwollenden Kenntnisnahme der BioRegioErgebnisse durch die Mitglieder des Vereins NaturparkSaar-Hunsrück e.V. vom 13. März 2007 ist die anstehen-de Aufgabe der Politik und der Akteure nun, die Verab-schiedung eines gemeinsamen Leitbildes für die RegionNaturpark Saar-Hunsrück zu beschliessen.

Um die notwendige Stabilität bei der strategischen Aus-richtung „Ausbau der Bioenergienutzung“ in der Regionzu erlangen, wäre es, aus Sicht der Akteure vorteilhaft,wenn bei der Verwaltung des Naturparks auch der Netz-werk-Kümmerer verankert sei.

AnsprechpartnerNaturpark Saar-Hunsrück e.V.Triererstr. 5154411 HermeskeilTel.: 06503 9214-0e-mail: [email protected]

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ausserhalb der Region Naturpark Saar-Hunsrück

Der Rückgang der CO2-Emissionen innerhalb und außer-halb der Region bis 2020 ist zu je ca. 50 Prozent durchden reduzierten Energiebedarf und durch die Nutzungder Bioenergie in der Region zu begründen.

Neben den Treibhausgasbilanzierungen wurden auch Be-schäftigungs- und Kosteneffekte analysiert. Bei derBeschäftigungsbilanz zeigt sich, welche Vorteile eine Regi-on durch eine verstärkte Bioenergienutzung ausgelöst wird.Während sich beim Referenz-Szenario die Beschäftigungs-zahlen reduzieren, nimmt die regionale Beschäftigungs-bilanz (grüner Bereich, Abb. 11) im BioMax-Szenario über-proportional zu. Im Bereich des Biomasseanbaus, der Auf-bereitung und der Betreuung der dezentralen Anlagen wer-den Arbeitsplätze dabei erhalten und neu geschaffen.

Neben der guten Beschäftigungsbilanz sind auch positiveEffekte bei den direkten jährlichen Kosten, die in der

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Abbildung 13: Energieverbrauch und CO2-Emission in der Region– heute und zukünftig (Quelle: Regionalverband SüdlicherOberrhein)

In Kooperation mit dem Projekt „BioRegio“ wurde dabeifür die Region Südlicher Oberrhein das Gesamtpotenzialregenerativer Energiequellen für das Jahr 2020 von ca.4.900 Gigawattstunden pro Jahr ermittelt. Den Hauptan-teil daran macht die Bioenergie mit 3.124 Gigawatt-stunden pro Jahr aus. Diese Energiemenge entsprichtungefähr 312 Millionen Liter Heizöl.

Strategisch soll das nachhaltig verfügbare Bioenergie-potenzial vorrangig zur stationären Strom- und Wärme-bereitstellung genutzt werden. Bei der favorisierten sta-tionären Energienutzung der Biomassepotenziale werdenin der Region folgende Einsatzschwerpunkte gesehen:

BioRegio-Region „Südlicher Oberrhein“

Abbildung 12: Region Südlicher Oberrhein (Quelle: RegionalverbandSüdlicher Oberrhein)

In der Region Südlicher Oberrhein wird der Nutzung re-generativer Energien seit mehreren Jahren eine besonde-re Bedeutung beigemessen. Zahlreiche Kommunen, Verei-nigungen und Privatpersonen haben vielfältige Initiati-ven ergriffen, um durch konkrete Maßnahmen zum Klima-schutz beizutragen. Der innovative, ökologisch wie öko-nomisch sinnvolle Charakter dieser Maßnahmen hat dabeidas positive Image der Region mit geprägt.

Bioenergie als Macher für die RegionIm Rahmen des vom Regionalverband Südlicher Oberrhein er-stellten „Regionalen Entwicklungskonzeptes zur Nutzungregenerativer Energien und zur Reduktion der CO2-Emis-sionen“ 7 wurden die Strukturen des Energiebedarfs und derEnergienutzung in der Region analysiert und eine Marktab-schätzung für die Bereiche Energieeffizienz, Energieeinspa-rung und Nutzung erneuerbarer Energien vorgenommen. Dar-auf aufbauend konnten die damit verbundenen CO2-Emissio-nen in der Region ermittelt werden.

Derzeit wird der stationäre Energiebedarf 8 der Region von24.000 Gigawattstunden pro Jahr noch hauptsächlich durchdie Energieträger Erdgas (36 Prozent), Strom (29 Prozent)und Öl (28 Prozent) bereitgestellt. Ihre Nutzung verursachteinen CO2-Ausstoß von insgesamt 9,3 Millionen Tonnen proJahr. Dieser CO2-Ausstoß könnte bei maximaler Ausschöpfungder ermittelten Energieeinspar- und Substitutionspotenzialebis zum Jahr 2020 in etwa halbiert werden. Fast 60 Prozentdieser Reduktion ist auf Energieeinsparung und Effizienz-maßnahmen und ca. 40 Prozent auf den Ausbau vonerneuerbaren Energiequellen zurückzuführen.

Das Oberrheingebiet in Baden-Württemberg ist ein eng verflochtener Lebens-, Wirtschafts- und Naturraum miteiner ausgeprägten Grenzlage. Im Westen schließt sich Frankreich an und im Süden liegt die Schweiz. Teil die-ses „Europäischen Verflechtungsraums Oberrhein“ ist die Region Südlicher Oberrhein, die den Ortenaukreissowie die Landkreise Emmendingen, Breisgau-Hochschwarzwald und den Stadtkreis Freiburg mit insgesamt 126Städten und Gemeinden umfasst.

Abbildung 14: Nutzungstechnologien der Bioenergiepotenziale* Gülle, Biomüll, Grünschnitt, Anbaupflanzen** Stroh, Altholz, 50% vom Rest-/Schwachholz, 50% der Pellets*** 50% vom Rest-/Schwachholz, 50% der Pellets

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7 Teil 1: Energieatlas Region Südlicher Oberrhein, Nov 2005, Teil 2: Langfristige Klimaschutz-Strategie für die Region Südlicher Oberrhein, Regionalverband Südlicher Oberrhein, Juni 20078 ohne Verkehr

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Der größte Anteil der Bioenergie wird gemäß dem vonBioRegio empfohlenen Nutzungsszenario in Festbrennstoff-Heizkraftwerken genutzt, in denen Strom und Wärme ausStroh und Holz erzeugt wird. Des Weiteren wird Holz zurWärmeversorgung u.a. von Privathaushalten (zum BeispielPelletkessel) eingesetzt. Der Anteil der Holzwärmeversorgungrepräsentiert dabei rund ein Drittel der zur Verfügung ste-henden Bioenergie. Rund 20 Prozent des regionalen Bio-energiepotenzials wird in Biogasanlagen ebenfalls zu Stromund Wärme umgewandelt.

Die mögliche, jährliche CO2-Einsparung bei der Umset-zung oben genannter Bioenergietechnologien in der Re-gion beläuft sich auf ca. 1.062.500 Tonnen.

UmsetzungsstrategieDie im Rahmen des BioRegio Projektes erarbeitetenNutzungsmöglichkeiten für die Bioenergie fließen ineine Strategie zur Entwicklung und Stärkung der Erneu-erbaren Energien in der Region ein. Dazu gehört vor al-lem das Klimaschutzziel und die Strategische Partner-schaft in der Region Südlicher Oberrhein.

Das höchste politische Entscheidungsgremium des Regional-verbandes Südlicher Oberrhein, die „Verbandsversammlung“,beschloss am 29. März 2007, die landespolitische Zielsetzungeiner 20 prozentigen CO2-Reduktion bis zum Jahr 2020weiterhin aktiv in der Region zu unterstützen.

Um die zielgerichtete, abgestimmte und effiziente Umset-zung eines entsprechenden Maßnahmenkatalogs in dergesamten Region sicherzustellen, wurde bereits im Juli2006 durch den Regionalverband Südlicher Oberrhein unddie Handwerkskammer Freiburg die „Strategische Partner-schaft zur Förderung regenerativer Energien und einer ef-fizienten Energienutzung in der Region Südlicher Ober-rhein“ initiiert. Ziel der Kooperation ist, durch einen in-tensiven und dynamischen Abstimmungsprozess zwischenden maßgeblichen regionalen Akteuren die Abschöpfungökonomischer und ökologischer Potenziale zu erhöhen.

In dieser Partnerschaft verpflichten sich die mittlerweilemehr als 50 angeschlossenen Organisationen, Unterneh-men, Banken und Energieversorger, aktiv u.a. folgendeZiele umzusetzen:

■ Reduzierung des CO2-Ausstoßes in der Region sowieErschließung der Potenziale regenerativer Energienund der Einsparpotenziale

■ Initiierung von wirtschaftlichen Impulsen für dasBau- und Ausbauhandwerk

■ Bereitstellung von umfassenden Informationen zuSanierungsprogrammen und Fördermöglichkeiten fürdie Bürgerinnen und Bürger

■ Weiterentwicklung der Vorreiterrolle der Region durchverstärkte Kooperation unterschiedlicher Akteure undEinbindung öffentlicher und privater Initiativen

Das erste Ergebnis der strategischen Partnerschaft ist dieEntwicklung von konkreten Bausteinen einerUmsetzungsstrategie für die drei Handlungsfelder:

■ Energieeffizienz-Kampagne für private Liegenschaften(Bausteine sind z.B. Vortragsabende, Orts-besichtigungen von „best practices“)

■ Mobilisierung der Energieeinsparpotenziale in kom-munalen Liegenschaften (Bausteine sind z.B. Erstel-lung von Energieberichten, Kommunales Energie-management, Förder- und Finanzierungsmodelle)

■ Ausbau erneuerbare Energien (Bausteine sind z.B. Aus-und Weiterbildung des Handwerks, Beratungsangebote,Initiierung/Umsetzung von Leuchtturmprojekten)

Weiteres Vorgehen

Der Regionalverband Südlicher Oberrhein wird die im re-gionalen Entwicklungskonzept festgelegten Ziele konkre-tisieren und umsetzen. Hierbei wird neben den Maßnah-men zur Effizienzsteigerung die Bioenergie eine ent-scheidende Rolle einnehmen.

Das Handwerk hat sich bereit erklärt, die Fortsetzung desProjekts inhaltlich und personell zu unterstützen.

Die Energieagenturen Regio Freiburg und Ortenau wur-den gebeten, einen Vorschlag für einen jährlichen Be-richt zum Sachstand der Sanierungsmaßnahmen/An-lagenbestand der Region, der getätigten Investitionen/genutzte Fördermittel und der eingesparten CO2-Mengezu unterbreiten.

Ansprechpartner

Regionalverband Südlicher OberrheinReichsgrafenstr. 1979102 FreiburgTel.: 0761 70327-0e-mail: rvso@region-suedlicher-oberrhein.dewww.region-suedlicher-oberrhein.de

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