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Olaf Fritsche Biologie für Einsteiger Prinzipien des Lebens verstehen

Biologie für Einsteiger - spektrum.de · Autor Dr. Olaf Fritsche [email protected] Wichtiger Hinweis für den Benutzer Der Verlag, der Herausgeber und die Autoren haben

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Olaf Fritsche

Biologie für EinsteigerPrinzipien des Lebens verstehen

Fritsche-Titelei.qxd:Kap 20.08.2010 10:38 Uhr Seite III

AutorDr. Olaf [email protected]

Wichtiger Hinweis für den BenutzerDer Verlag, der Herausgeber und die Autoren haben alle Sorgfalt walten lassen, um vollständige und akkurate Informationen in die-sem Buch zu publizieren. Der Verlag übernimmt weder Garantie noch die juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung fürdie Nutzung dieser Informationen, für deren Wirtschaftlichkeit oder fehlerfreie Funktion für einen bestimmten Zweck. Der Verlagübernimmt keine Gewähr dafür, dass die beschriebenen Verfahren, Programme usw. frei von Schutzrechten Dritter sind. DieWiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Buch berechtigt auch ohne besondereKennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als freizu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag hat sich bemüht, sämtliche Rechteinhaber vonAbbildungen zu ermitteln. Sollte dem Verlag gegenüber dennoch der Nachweis der Rechtsinhaberschaft geführt werden, wird dasbranchenübliche Honorar gezahlt.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografischeDaten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

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© Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2010Spektrum Akademischer Verlag ist ein Imprint von Springer

10 11 12 13 14 5 4 3 2 1

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urhe-berrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Überset-zungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Planung und Lektorat: Merlet Behncke-Braunbeck, Dr. Meike BarthRedaktion und Bildredaktion: Andreas HeldSatz: klartext, HeidelbergUmschlaggestaltung: SpieszDesign, Neu-UlmTitelfotografie: Adlerporträt und Blatt: © Andreas Held; Hintergrund: © Sebastian Kaulitzky, Fotolia.comGrafiken: Dr. Martin Lay, Breisach

ISBN 978-3-8274-2096-1

Fritsche-Titelei.qxd:Kap 20.08.2010 10:38 Uhr Seite IV

Eine neue Sicht auf das Phänomen Leben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI

1 Leben – was ist das? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1Wir kennen nur ein Beispiel für Leben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1Eine Checkliste soll helfen, Leben zu erkennen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3Gratwanderungen und Grenzfälle stellen die Regeln auf die Probe . . . . . . . . . . . . . . . 15

Tiere können das Leben vorübergehend anhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15Bakterien überstehen schlechte Zeiten in einer Rettungskapsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16Manche Viren stehen an der Grenze zum Leben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

2 Leben ist konzentriert und verpackt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21Leben muss konzentriert und beweglich sein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

Wasser hat besondere Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22Zufallsbewegungen verteilen Biomoleküle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

Lebewesen müssen verpackt sein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26Lipide haben zwei Gesichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26Lipide bilden spontan Schichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29Fettsäuren bestimmen die Beweglichkeit von Membranen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32Membranen schaffen Funktionsräume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

3 Leben ist geformt und geschützt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41Proteine sind die Universal werkzeuge der Zelle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

Seitenketten geben Aminosäuren Vielfalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41Trotz starrer Bindungen sind Peptidketten flexibel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47Proteine sind auf vier Ebenen strukturiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

Zellen werden von inneren Skeletten gestützt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52Mikrofilamente machen die Membran zäher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53Intermediärfilamente sorgen für Zugfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56Mikrotubuli fangen Druck auf und sind Transportwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

Ein erhöhter Innendruck gibt Zellen Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58Membranen lassen selektiv Wasser durch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58Eingeströmtes Wasser drückt von innen auf die Membran . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

Das Baumaterial für Zell wände sind Kohlenhydrate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62Die räumliche Anordnung macht Monosaccharide vielfältig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63Zwei Monosaccharide können unterschiedliche Disaccharide ergeben . . . . . . . . . . . . . . . 65Polysaccharide können geradlinig oder verzweigt sein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

Inhalt

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Saccharide sind oft mit anderen Verbindungen verknüpft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67Cellulose ist der Hauptbestandteil pflanzlicher Zellwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68Kapseln und Schleime schaffen eine kontrollierte Umgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

4 Leben tauscht aus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75Zellen transportieren selektiv Stoffe durch ihre Membranen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76Konzentrationsgefälle sorgen für einen Nettofluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

Kleine neutrale Moleküle diffundieren ohne Hilfe durch Membranen . . . . . . . . . . . . . . . . 78Hilfsproteine in der Membran erleichtern die Diffusion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79Kanäle bieten Schlupflöcher für passende Teilchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81Transportproteine binden ihre Passagiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

Aktiver Transport wirkt gegen Konzentrationsgradienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86Primärer Transport baut Gradienten auf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88Sekundärer Transport trickst einen Gradienten aus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

Transportvesikel und Membranen gehen ineinander über . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92Die Endocytose schluckt wahllos oder sehr gezielt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92Exocytose räumt auf, kippt aus und liefert nach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94Transcytose ist zellulärer Durchgangsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

Zellen tauschen sich mit ihren Nachbarn im Gewebe aus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96Tight Junctions und Desmosomen halten Zellen zusammen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97Gap Junctions und Plasmodesmen sind Kanäle zwischen den Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . 98

5 Leben transportiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103Diffusion reicht nur für kleine Moleküle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103Das Cytoskelett dient als Schienensystem für Motorproteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

Kinesin und Dynein laufen in entgegengesetzte Richtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105Myosin und Actin stellen ein zweites System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

Signalsequenzen wirken als Adressaufkleber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108Vesikel übernehmen den Massentransport von Proteinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111Tiere und Pflanzen setzen auf Druck und Sog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112

Herzen sind der zentrale Antrieb beim Kreislauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112Pflanzen haben zwei getrennte Leitungssysteme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112

6 Leben wandelt um . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117Der Metabolismus ist ein Netz zahlreicher Abbau- und Aufbauvorgänge . . . . . . . . . . . . 117Enzyme erleichtern biochemische Reaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

Reaktionen werden durch die Aktivierungsenergie gehemmt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119Enzyme wirken doppelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120Die Namen der Enzyme verraten ihre Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123Manche Enzyme nutzen Hilfsmoleküle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124

Im Katabolismus gibt es vier Typen von Reaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125Glucose wird in drei Reaktionsblöcken abgebaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

Die Glykolyse knackt Glucose auf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127Pyruvat wird in Mitochondrien oxidiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130Der Citratzyklus oxidiert Kohlenstoffverbindungen bis zum Kohlendioxid . . . . . . . . . . . . . . 131Beim Glucoseabbau entsteht ein Überschuss an Redoxäquivalenten . . . . . . . . . . . . . . . 133

Andere Abbauwege fließen in den Glucosestoffwechsel ein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134Der Anabolismus baut komplexe Moleküle auf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

Die Gluconeogenese startet mit Pyruvat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135Pflanzen und Mikroorganismen fixieren Kohlenstoff aus der Luft. . . . . . . . . . . . . . . . . . 138Der Citratzyklus ist eine zentrale Drehscheibe des Stoffwechsels . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

Die Aktivität von Enzymen ist streng reguliert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

VI Inhalt

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Es gibt langsam und schnell arbeitende Enzyme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142Enzyme können gehemmt und aktiviert werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144Der Glucosekatabolismus wird an mehreren Stellen reguliert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146

7 Leben ist energiegeladen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153Lichtenergie treibt die gesamte Photosynthese an . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

Die Komplexe der Photosynthese befinden sich in den internen Membranen der Chloroplasten . . 155Chlorophyll fängt das Sonnenlicht ein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156Farbmoleküle reichen die Energie weiter, und das Reaktionszentrum gibt ein Elektron ab . . . . . 157Elektronen wandern vom Wasser zum NADP+ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159Der Fluss von Elektronen und Protonen baut einen elektrochemischen Gradienten auf . . . . . . 163Bei der Photophosphorylierung treiben Protonen die Synthese von ATP an. . . . . . . . . . . . . 163Der zyklische Elektronentransport sorgt für ausgeglichene Verhältnisse . . . . . . . . . . . . . . 165

Der chemische Abbau von Nährstoffen liefert Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167Die oxidative Phosphorylierung ähnelt der Elektronentransportkette der Photosynthese . . . . . 167Die Atmungskette hat zwei Einstiegspunkte für Elektronen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168Die Atmungskette liefert beim Glucoseabbau am meisten ATP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170

8 Leben sammelt Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175Informationen werden in drei Schritten verarbeitet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175Chemische Signale lösen in Zellen Reaktionskaskaden aus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

Zellen besitzen im Wesentlichen vier Typen von Signalrezeptoren . . . . . . . . . . . . . . . . . 178Verschiedene Wege geben das Signal in der Zelle weiter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180Die Zellantwort auf ein Signal kann unterschiedlich schnell und dauerhaft sein . . . . . . . . . . 184

Nerven reagieren schnell und bilden komplexe Verarbeitungszentralen . . . . . . . . . . . . 185Das Auge ist ein optisches Meisterwerk mit Konstruktionsmängeln . . . . . . . . . . . . . . . . 185Die Moleküle des Sehens heißen Rhodopsin und Photopsin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189Nervenzellen stehen unter Spannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191Axone sind die ausgehenden Kommunikationskanäle von Nervenzellen . . . . . . . . . . . . . . 194Neurotransmitter übertragen das Signal zur nächsten Zelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196Nervenzellen entscheiden rechnerisch über ihre Reaktion auf eingehende Signale . . . . . . . . . 197Das periphere Nervensystem übernimmt eine Vorverarbeitung der Signale . . . . . . . . . . . . 198Der Thalamus kontrolliert, was wir zu sehen bekommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199

Die Sinne sammeln eine Vielzahl unterschiedlicher Informationen . . . . . . . . . . . . . . . 202Mechanorezeptoren reagieren auf Verformungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202Temperatursensoren schützen vor Überhitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205Elektrische Sinne verraten die Beute. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205Magnetsinne helfen bei der Orientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207

9 Leben schreitet voran . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211Bakterien haben einen rotierenden Flagellenmotor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211Eukaryoten schlagen mit aktiven Geißeln und Cilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214Actin und Myosin sind die Akteure vieler Bewegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216

Zellen ohne feste Form gleiten amöboid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216Muskeln sorgen für kräftige Bewegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217Skelette sind der Ansatzpunkt für die Kraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219Quallen und Kopffüßer schießen mit dem Rückstoßprinzip durchs Wasser . . . . . . . . . . . . . 220Regenwürmer ändern gezielt ihren Durchmesser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221Wer auf Beinen geht, vermindert den Reibungswiderstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221Tiere verzichten (fast) auf rollende Räder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226Fliegen und Schwimmen sind Spiele mit Strömung und Auftrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226

Inhalt VII

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10 Leben greift an und verteidigt sich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231Die Dramen auf Leben und Tod haben meist drei Akte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231Krankheitserreger gehen im Körper ihrer Wirte auf Jagd . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233

Viren erkennen Oberflächenproteine der Zielzelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234Viren, Bakterien, Einzeller und kleine Vielzeller infizieren Wirtsorganismen. . . . . . . . . . . . . 235

Die Immunabwehr kämpft auf vielfältige Weise gegen Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . 238Mechanische und chemische Barrieren verwehren den Zugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241Oberflächen machen den Unterschied zwischen „selbst“ und „fremd“ aus . . . . . . . . . . . . . 241Nur Immunzellen, die den eigenen Körper schonen, überstehen die Auswahl . . . . . . . . . . . 244Wer den Eindringling entdeckt, schlägt Alarm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247Mit Zellen und Molekülen geht das Immunsystem zum Gegenangriff über . . . . . . . . . . . . . 248Das Immunsystem kann außer Kontrolle geraten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255

Pflanzen wehren sich mechanisch und chemisch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255Pflanzen begrenzen Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256Signalmoleküle warnen entfernte Pflanzenteile und Nachbarn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258Herbivoren werden mit den gleichen Prinzipien abgewehrt wie Pathogene . . . . . . . . . . . . . 258

Beutetiere kämpfen mit raffinierten Tricks ums Überleben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262Sinne lassen sich täuschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262Eine Beute zu sehen, ist leichter, als sie zu erlegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264

Die Populationen von Räuber und Beute hängen voneinander ab . . . . . . . . . . . . . . . . 266

11 Leben speichert Wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271Nucleinsäuren bilden Ketten, Helices und Chromosomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272

DNA ist ein doppelter Molekülstrang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273Die DNA ist in der Zelle dicht gepackt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275

Gene bestimmen den Bau von Proteinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277Die Zelle erstellt Arbeitskopien der Baupläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278

Bakterien achten bei der Transkription auf Effizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280Unterschiedliche Zelltypen und deren Entwicklung verlangen bei Eukaryoten eine genaue Kontrolle der Gene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281Eukaryoten gestalten die RNA nach der Transkription um . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284

Proteine wachsen genau nach Plan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287Der genetische Code hat vier Buchstaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287Transfer-RNAs sind das Bindeglied zwischen Nucleotiden und Aminosäuren . . . . . . . . . . . . 288Ribosomen sind universelle Proteinfabriken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289Proteine wachsen schrittweise heran . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290Nach der Translation erhalten Proteine den Feinschliff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292

Der Genotyp bestimmt weitgehend den Phänotyp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294Die DNA wird in der Replikation verdoppelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296

DNA-Polymerasen verdoppeln beide DNA-Stränge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296Die Zelle korrigiert Fehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299

Mutationen verändern Gene und Proteine. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301Gentechnik greift gezielt ins Erbgut ein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305

Zielsequenzen werden aus dem DNA-Strang geschnitten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305Vektoren bringen Fremd-DNA in die Zelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306Marker verraten den Erfolg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307Gentechnik ist in vielen Bereichen zu finden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307

12 Leben pflanzt sich fort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311Aus eins werden zwei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312

Teilungsbereite Zellen durchlaufen einen Zyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312In der Mitose werden die Chromatiden voneinander getrennt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314

VIII Inhalt

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Während der Cytokinese teilt sich die Zelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316Bakterien haben zaghafte Vorformen von Sex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316

Transformation ist eine Art von zellulärer Leichenfledderei. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317Bei der Transduktion sind Viren unfreiwillige Helfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318Die Konjugation kennt fast schon bakterielle Geschlechter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319

Geschlechtliche Fortpflanzung bringt doppelte Erbschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321Die Meiose mischt und halbiert das Erbgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321Begattung und Befruchtung spiegeln sich im Verhalten wider . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323Mit der Befruchtung beginnt das Individuum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327

Es geht auch ohne Partner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329Gene oder Umwelt legen das Geschlecht fest. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333

Oft haben die Chromosomen das Sagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333Manchmal entscheiden die Umstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334

13 Leben entwickelt sich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339Entwicklung ist ein zeitlich abgestimmtes Aktivieren von Genen . . . . . . . . . . . . . . . . 339

Zellen vermehren sich durch Mitosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339Für die Differenzierung schalten chemische Signalstoffe Gene an und ab . . . . . . . . . . . . . 340Bei der Morphogenese werden mit Signalgradienten Positionen und Achsen festgelegt . . . . . . 342

Tiere bilden Haufen mit wandernden Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346Die Eizelle bringt fast alles für den Start mit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346Furchungen machen aus der Eizelle kugelige Zellhaufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348Drei Keimblätter sind Ursprung aller Gewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349Die Organe separieren sich von ihrer Umgebung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350

Bei Pflanzen müssen die Zellwände mitwachsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352Pflanzen legen eine Pause ein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354Keimung bricht die Samenruhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356Phytohormone steuern das Wachstum der Pflanze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357

14 Leben breitet sich aus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361Lebewesen passen sich an . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361

Die ökologischen Potenzen bestimmen die Größe der Nische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361Umweltfaktoren gestalten sehr unterschiedliche Lebensräume . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363

Neue Umgebungen fordern neue Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368Variabilität bietet Auswahl für neue Herausforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369Mit der Population verändert sich der Genpool . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371Trennung schafft neue Arten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372Stammbäume zeigen Verwandtschaftsverhältnisse an . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374

Abbildungsnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379

Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383

Inhalt IX

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Eine neue Sicht auf das Phänomen Leben

Die ruhigen Zeiten sind vorüber. Die Biologie istdabei, sich zur bestimmenden Wissenschaft des21. Jahrhunderts zu entwickeln. Nach den Epochendes Sammelns, Beschreibens und Analysierens machtsie die ersten Schritte in eine neue Phase: Immer häu-figer greifen Biologen aktiv in die Prozesse des Lebensein, verändern und vernetzen es – ja, manche strebensogar danach, neues Leben zu schaffen.

Zwar hat der Mensch schon zu Beginn aller Zivili-sation durch gezielte Auswahl aus wilden Pflanzenertragreichere Kulturformen gezüchtet, doch erst dieGentechnik erlaubt ihm, Organismen innerhalbeiner einzigen Generation mit völlig neuen Eigen-schaften auszustatten. Dabei überschreitet er Gren-zen, die unter natürlichen Bedingungen nicht zuüberwinden wären, indem er beispielsweise Ziegenund Kartoffeln dazu bringt, das Protein der Spinnen-seide zu produzieren. Andere Forscher belassen dieZellen in ihrem eigenen Zustand, versetzen sie jedochin eine völlig neue Umgebung. So verknüpfen sieNervenzellen mit elektronischen Schaltkreisen underarbeiten Bedingungen, unter denen beide miteinan -der kommunizieren können. Das ehrgeizigste Ziel, andem Biologen derzeit forschen, dürfte aber die Schaf-fung künstlichen Lebens sein. Noch beschränken sichdie Erfolge der Wissenschaftler darauf, die Ausstat-tung natürlicher Zellen auf ein Minimum zu reduzie-ren oder sie mit synthetischem Erbmaterial zu verse-hen. Es bleibt abzuwarten, ob der Sprung von derModifikation bestehenden Lebens zur wirklichenKreation aus unbelebter Materie eines Tages wirklichgelingt. Auf jeden Fall liefern die Ergebnisse schonjetzt wertvolle Informationen für einen ganz anderenneuen Zweig der Biologie. Die Astrobiologie oderExobiologie entwickelt Modelle, wie Leben auf ande-ren Planeten als der Erde aussehen könnte, und Expe-rimente, mit denen es sich nachweisen ließe.

Alle genannten Ansätze – und auch die Abschät-zung, welche Chancen und Risiken mit ihnen verbun-den sind – erfordern ein tiefes Verständnis für diePrinzipien des Lebens. Heutige und mehr noch zu -künftige Biologinnen und Biologen stützen sich weni-ger auf ein umfangreiches Faktenwissen als vielmehrauf einen soliden Überblick, der auch andere Diszi -plinen einschließt. Sie sehen Lebewesen, Zellen undselbst Moleküle nicht mehr als isolierte Systeme an,sondern als Agitatoren in einem komplexen Kontext,in dem sie von ihrer Umgebung beeinflusst werdenund ihrerseits auf die Umgebung einwirken. Um die-ses Wechselspiel und damit die möglichen Folgen vonEingriffen einigermaßen ab schätzen zu können, müs-sen wir die Gründe, weshalb das Leben so ist, wie esist, so weit wie möglich be greifen.

Die Biologie für Einsteiger vermittelt uns darum vor allem die grundlegenden Prinzipien, nach denendie Prozesse des Lebens ablaufen. In dem Buch arbei-ten wir zu Beginn einen Katalog von Eigenschaftenheraus, die das Leben von nichtlebendigen Systemenunterscheiden. Anschließend untersuchen wir Schrittfür Schritt Merkmale des Lebens, die sich fast zwangs-läufig aus diesem Eigenschaftskatalog ergeben. Sofolgt aus der Forderung, dass Leben geordnete Struk-turen benötigt, die Verpackung der Moleküle in eineHülle, in welcher die biochemischen Bausteine inhöherer Konzentration vorliegen können als imUmgebungsmedium. Die Ummantelung darf jedochnicht völlig undurchlässig sein, damit neue Baustoffeaufgenommen und Abfallprodukte abgegeben wer-den können. Dafür sind Transportmechanismen notwendig, die sich bei einfachen Zellen wie auch beikomplexen Vielzellern finden. Die chemischen Um -bauschritte, mit denen aus Nährstoffen eigene Bau-steine werden, bilden zusammen einen Baustoff -wechsel. Da sie häufig nur unter Zufuhr von Energie

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XII Eine neue Sicht auf das Phänomen Leben

ablaufen, ist ein ergänzender Energiestoffwechselnotwendig. Die geeigneten Materialien lassen sich ambesten aufspüren, wenn Sinne Informationen überdie Beschaffenheit der Umgebung liefern und verar-beitende Strukturen diese interpretieren. Kapitel-weise erschließen wir uns das Wissen zu den genann-ten Fähigkeiten sowie Mechanismen, mit denen sichLeben bewegt, verteidigt, Informationen speichertund weitergibt, sich fortpflanzt und als heranwach-sendes Individuum sowie als Art entwickelt. Durchden logischen Aufbau begreifen wir dabei auch kom-plizierte Vorgänge, da sie stets im biologischen Kon-text stehen und direkt zur Lösung eines Problems bei-tragen, vor dem das Leben steht. Auf diese Weise sindviele Aspekte der Ökologie und Evolution, die sonstabstrakt und im Rückblick statisch wirken, bereits aufEbene der Moleküle, Zellen und Organismen inte-griert und erhalten ihre Dynamik zurück.

Durch die konsequente Orientierung an den Prin-zipien des Lebens hat die Biologie für Einsteiger aucheine besondere inhaltliche Struktur, die das Verstehenerleichtert. Herkömmliche Lehrbücher beginnenüblicherweise mit Kapiteln über chemische Grundla-gen, kleine und große Moleküle, gefolgt von einemÜberblick über die Zelle und ihre Bestandteile, woransich Abschnitte zum Stoffwechsel, zur Vererbung undweitere spezielle Kapitel anschließen. Als Folge diesersynthetischen Gliederung nach Hierarchien werdenfunktionell zusammenhängende Inhalte oft ausein-andergerissen und weit voneinander entfernt behan-delt. So ist die Beschreibung des Erbmoleküls DNAetwa in Kapitel 3 zu finden, die Vererbung jedoch erstim Kapitel 11! Würden wir diesen Aufbau auf einBuch zur Funktionsweise von Autos übertragen, gäbees zu Beginn ein Kapitel über Schrauben, danacheines über Ventile, eines zu Kolben und Pleuelstangenund so fort, bis endlich in Kapitel 11 der Motor an dieReihe käme.

Die Biologie für Einsteiger ist hingegen nicht hier-archisch geordnet, sondern funktionell. In ihrenKapiteln begegnen uns alle Strukturen, die zur Erfül-lung einer Aufgabe erforderlich sind – angefangenmit der vorherrschenden Sorte von Molekül über diebeteiligten Zellbestandteile bis hin zu den entspre-chenden Organen höherer Vielzeller. Den Aufbau derDNA finden wir beispielsweise direkt vor ihrer Funk-tion als Informationsspeicher und Erbmolekül ineinem gemeinsamen Kapitel. Dadurch werden Zu -sammenhänge betont und Parallelen zwischen denverschiedenen Hierarchien aufgezeigt, die sonst allzuleicht übersehen werden.

Mit ihrer Konzentration auf die Prinzipienerleichtert uns die Biologie für Einsteiger schließlich

Zusätzliche Informationenfür ein tieferes VerständnisSchwierige Zusammenhänge, weiterführende Informatio-nen oder Wissen aus Nebenfächern wie Chemie und Phy-sik halten diese Kästen bereit. Da manche der Themen imherkömmlichen Lehrbuchstil für sich ganze Kapitel füllenwürden, sind die Texte in diesen Kästen teilweise recht an -spruchsvoll geschrieben. Sie dienen dann mehr der Erin-nerung und Auffrischung des Stoffs aus den entsprechen-den Vorlesungen.

Genauer betrachtet

auch das Faktenlernen für anstehende Prüfungen.Statt Formeln und Strukturen einfach zu reproduzie-ren, können wir zusätzliches Wissen durch Analogienund Anwendung der Prinzipien selbst dann schluss-folgern, wenn wir die eigentliche Information nochnicht nachgelesen oder in der Vorlesung mitbekom-men haben. Bereits im Grundstudium erschließenwir uns auf diese Weise eine Herangehensweise, diesich sonst erst nach jahrelangem intensiven Studiumeinstellt.

Die konsequente Fokussierung auf die Funktion unddie Prinzipien spiegelt sich auch in der Gestaltungder Biologie für Einsteiger wider. Der durchgehendeHaupttext bleibt gut lesbar und leicht verständlich,weil komplexe Aspekte und Zusatzinformationen inKästen ausgelagert sind. Innerhalb der Absätze sindeinzelne Wörter oder Wortgruppen durch Fettdruckhervorgehoben. Sie sind so ausgewählt, dass sie denInhalt des jeweiligen Absatzes knapp ansprechen, underleichtern es dadurch, schnell bestimmte Abschnittewiederzufinden. Schemata im Stil von Pulldown-Menüs bringen Ordnung und Überblick in die Viel-falt der Moleküle, Strukturen und Zellen. Am Endejedes Kapitels sind die wesentlichen Prinzipien desLebens noch einmal in kurzen Sätzen aufgeführt.

Die Kästen sind in verschiedene Typen unterteilt,die sich farblich unterscheiden:

Fachwörterlexikon(dictionary of biological terms)Kurze Beschreibung einiger biolo-gischer Fachbegriffe, die häufig imEnglischen und Deutschen unter-schiedlich sind. Als Übersetzungs-hilfe beim Lesen englischsprachi-ger Bücher und Artikel.

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Weil gerade bei komplexen Themen ein Bild mehrsagt als noch so ausgefeilte Beschreibungen, ist dieBiologie für Einsteiger großzügig mit Zeichnungenund Fotos ausgestattet, wie es sonst nur bei weitumfangreicheren Werken üblich ist. Das Buch setztauch in dieser Hinsicht neue Maßstäbe und ist durchden Wechsel der Elemente erfreulich leicht zu lesen.

Die Biologie für Einsteiger stammt – mit Ausnahmeder Kästen „Köpfe und Ideen“ – aus einer Feder, dochan ihrer Realisierung hat ein ganzes Team äußerstengagiert gearbeitet. Von Spektrum AkademischerVerlag hat Merlet Behncke-Braunbeck als Programm -planerin Life Sciences voll ansteckender Begeisterungzusammen mit mir das neuartige Konzept für dasBuch entworfen. Außerdem hat sie zahlreiche Wis-senschaftler als Autoren für die angesprochenen„Köpfe und Ideen“ gewonnen. Dr. Meike Barth hatdie Biologie für Einsteiger als Lektorin geduldig undmit Elan zugleich betreut und die Arbeitsschrittekoordiniert. Andreas Held hat nicht nur mit kompe-tentem Blick die Suche nach geeigneten Bildern über-nommen und einige besonders schöne Fotos aus seiner eigenen Arbeit als Naturfotograf beigesteuert,sondern auch mit viel Fingerspitzengefühl die Texteredigiert. Die eindrucksvollen Grafiken und Sche-mata hat Dr. Martin Lay erstellt und dabei an denpassenden Stellen sein eigenes Fachwissen einfließenlassen.

Einen wertvollen Blick hinter die Kulissen der wis-senschaftlichen Forschung haben mit ihren Beiträgenfür die Kästen „Köpfe und Ideen“ die folgenden Wis-senschaftler und Wissenschaftlerinnen geleistet: PDDr. Gerrit Begemann (Universität Konstanz), Prof.Dr. Hynek Burda (Universität Düsseldorf), Prof. Dr.Stefan Dübel (Universität Braunschweig), Prof. Dr.Hans-Walter Heldt (Universität Göttingen), Prof. Dr.Brigitte M. Jockusch (Universität Braunschweig), PDDr. Andrea Kruse (Universität Lübeck), Prof. Dr. Birgit Piechulla (Universität Rostock), Prof. Dr. Reinhard Renneberg (The Hongkong University ofScience and Technology), Prof. Dr. Helge Ritter (Uni-versität Bielefeld), Prof. Dr. Peter H. Seeberger (Max-Planck-Institute of Colloids and Interfaces, Potsdam-Golm), Prof. Dr. Ernst Wagner (UniversitätMünchen) und Prof. Dr. Michael Thomm (Univer-sität Regensburg).

Zur fachlichen Richtigkeit des Textes haben fol-gende Wissenschaftler aus Forschung und Wissen-schaftskommunikation durch Hinweise und Vor-schläge beigetragen: PD Dr. Björn Brembs (FreieUniversität Berlin), Prof. Dr. Hynek Burda (Univer-sität Düsseldorf), Prof. Dr. Stefan Dübel (UniversitätBraunschweig), Dr. Birgit Eschweiler (Medical Wri-

Eine neue Sicht auf das Phänomen Leben XIII

Menschen und Gedanken hinter dem WissenDas Wissen aus einem Lehrbuch ist nicht vom Himmelgefallen – es wurde in hartnäckiger Forschung, durch geni-ale Experimente und manch plötzlichen Geistesblitz vonWissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern entdeckt undgeschaffen. In den Boxen „Köpfe und Ideen“ stellen einigevon ihnen selbst ihre eigenen Ergebnisse oder die Arbeitvon Kollegen vor. Ihre Erzählungen machen die Forschunglebendig und geben der Wissenschaft ein Gesicht.

Köpfe und Ideen

Ziele für die ZukunftDie Wissenschaft ist kein fertiges Denkgebäude, sonderneine ständige Baustelle von Modellen, Experimenten undTheorien. Gerade das Leben ist ein so komplexer Prozess,dass wir viele Abläufe und Zusammenhänge noch nichtkennen. Unter „Offene Fragen“ sprechen wir einige davonkurz an – als Beispiel für lohnenswerte Forschungsgebietezukünftiger Wissenschaftler.

Offene Fragen

Ebenen des LebensIn der Regel stehen alle Arten von Lebewesen – vom ein-zelligen Bakterium bis zum Menschen – vor den gleichenHerausforderungen, die sie be wältigen müssen, um amLeben zu bleiben. Häufig finden sie dabei trotz ihrer unter-schiedlichen Komplexität die gleichen Lösungen. Der Kas-tentyp „1 für alle“ zeigt einige der Parallelen zwischen denunterschiedlichen Ebenen des Lebens auf.

1 für alle

4Prinzip verstanden?

Die Biologie für Einsteiger vermittelt zwar eine Menge Fakten, der Schwerpunkt liegt aber auf den grundlegendenPrinzipien, nach denen das Leben funktioniert. Inwieweitdiese verstanden sind, lässt sich am besten mit Fragestel-lungen testen, deren Antworten nicht einfach im jeweiligenKapitel stehen, sondern ein wenig spielerische Überlegungerfordern.

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ting Services, Lage), Dr. Jürgen R. Hoppe (UniversitätUlm), PD Dr. Andrea Kruse (Universität Lübeck), Dr.Katja Reuter (Communications Manager, Universityof California, San Francisco, und Buchautorin), Dr.Olaf Schmidt (Wissenschaftsjournalist, Essen) undProf. Dr. Uwe Sonnewald (Universität Erlangen-Nürnberg).

Allen Genannten möchte ich an dieser Stelle ganzherzlich für ihren Einsatz, ihr Engagement und ihreUnterstützung danken! Ohne sie wäre dieses Buch

nicht möglich gewesen! Danke auch an alle nichtnamentlich aufgeführten Helfer in den Sekretariaten,im Außendienst und im Marketing!

Mein ganz besonderer Dank gilt meiner EhefrauStefanie, die das gesamte Projekt von der ersten Ideebis hin zur letzten Durchsicht der Druckfahne in rou-tiniert konstruktiver Weise begleitet und jedes ein-zelne Kapitel kritisch gelesen hat, bevor es als Manu-skript an die weiteren Teammitglieder ging. Wiedereinmal ist ein Text durch ihre Hilfe sehr viel lockererund lesbarer geworden.

Gewidmet ist die Biologie für Einsteiger allen Ler-nenden und Lehrenden an den Schulen, Hochschu-len und Universitäten sowie allen interessiertenLaien, die voller Enthusiasmus über die Rätsel desLebens nachdenken und vielleicht einmal mit ihrereigenen Forschung ein weiteres Geheimnis aufdeckenwerden.

Dr. Olaf Fritsche Heidelberg, Juni 2010

XIV Eine neue Sicht auf das Phänomen Leben

Eines Nachts im Labor für synthetische Biologie

Internet-Adressen abzutippen ist mühselig und fehleranfäl-lig. Darum sind alle Web-Tipps des Buches auch als Link zufinden unter www.spektrum-verlag.de/978-3-8274-2096-1.

1 für alle

Die Grafiken der Biologie für Einsteiger sind für Unter-richtszwecke auch auf DVD erhältlich.ISBN 978-3-8274-2750-2

Genauer betrachtet

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1 Leben – was ist das?

Die Biologie ist die Wissenschaft vom Leben – und weiß dennoch nicht genau, was„Leben“ eigentlich ist. Daher behilft sie sich mit Auflistungen der Eigenschaften, dielebendige von unbelebten Systemen unterscheiden sollen. Doch nicht immer ist dieGrenze wirklich eindeutig zu ziehen.

In der Wissenschaft sind die naheliegendsten Fragenmanchmal am schwierigsten zu beantworten. Was istLeben? ist so eine Frage. Und sie ist keineswegs neu.Spätestens Thales von Milet machte sich um 600 v. Chr. Gedanken über den besonderen Zustand,den wir Leben nennen. Aber obwohl wir 2600 Jahrespäter die Bausteine dieses Lebens mit atomarer Auf-lösung darstellen, ihre Bewegungen in Zeiträumenvon Milliardstel Sekunden bis Milliarden Jahren ver-folgen und die Baupläne vieler Lebewesen gezielt verändern können, haben wir noch immer keineDefinition des Lebens. Mehr noch – je detaillierterunser Wissen ist und je allgemeiner wir Biologiebetreiben, umso unsicherer werden wir bei der Be -antwortung dieser Grundfrage. Denn in neuerer Zeitfordert die Exobiologie, die nach Lebensformen aufanderen Planeten als der Erde sucht, universelle Kri-terien, nach denen sie zwischen unbelebter Chemie

und echtem Le benunterscheiden kann.Gleichzeitig entstehenin technischen Labo-ratorien künstlicheirdische Systeme, dieso komplex sind, dasssie in nicht mehr allzuferner Zukunft Eigen-schaften zeigen wer-den, die wir heute nurvon Lebewesen ken-nen.

Wir kennen nur ein Beispiel für Leben

Eines der zentralen Probleme beim Aufstellen einerDefinition besteht darin, dass wir nur ein einzigesBeispiel für Leben kennen – nämlich das Leben aufder Erde. Dessen Formen sind zwar sehr vielfältigund erscheinen auf den ersten Blick äußerst varian-tenreich, doch die Unterschiede schwinden, sobaldwir unter dem Mikroskop und mit biochemischenund biophysikalischen Methoden die grundlegendenBausteine betrachten. Dann zeigt sich, dass allebekannten irdischen Lebensformen – vom schwefel-atmenden Tiefseebakterium bis zum AfrikanischenElefanten – prinzipiell gleich aufgebaut sind.

• Die kleinste Einheit des Lebens ist bei allen Lebe-wesen die Zelle. Es handelt sich dabei um ein abge-grenztes Volumen, das von einer Hülle umgeben ist und in dem die essenziellen Bestandteile desLebens angesammelt sind. Relativ einfach aufge-baute Organismen bestehen nur aus einer einzigenZelle, wohingegen ein Mensch aus etwa 70 BillionenZellen aufgebaut ist. Leben unterhalb des Zellni -veaus ist hingegen nicht bekannt. Verliert eine Zelleihre Hülle und damit den Zusammenhalt, stirbt sie.

• Die Strukturen der verschiedenen Zellen sind stetsaus den gleichen Sorten von Molekülen aufge-baut. Im Wesentlichen bestehen sie aus Lipiden,Proteinen, Kohlenhydraten und Nucleinsäuren.Jede dieser Molekülgruppen übernimmt in allenLebewesen die gleichen Funktionen. So sindimmer Lipide am Aufbau der Zellhülle beteiligt,und Proteine halten in allen Zellen den Stoffwech-sel in Schwung.

System (system)Eine gedachte Gesamtheit aus mehre-ren Einzelelementen, die miteinanderin einer bestimmten Beziehung ste-hen. Ein System wird je nach Frage-stellung festgelegt und als Einheitbetrachtet. In der Biologie untersu-chen wir beispielsweise Systeme aufden Ebenen von Molekülen, Molekül-komplexen, Zellbestandteilen, Zellen,Zellverbänden, Geweben, Organen,Lebewesen, Gemeinschaften undÖkosystemen.

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2 1 Leben – was ist das?

• Die Information für den Aufbau und die Organi-sation des Lebens ist bei allen Lebewesen in Formlangkettiger Nucleinsäuren gespeichert. Chemischbetrachtet gibt es eine Vielfalt dieser Moleküle,aber Lebewesen nutzen lediglich fünf Varianten.Ihre Erbinformation steckt sogar in der Reihen-folge von nur vier verschiedenen Nucleinsäuren.Sie ist nach den Regeln des genetischen Codes ver-schlüsselt, der wiederum mit geringen Abwei-chungen in allen Lebensformen gleich ist.

Wenn vom Sandfloh bis zum Mammutbaum alleOrganismen solche grundsätzlichen Merkmale ge -meinsam haben, liegt der Schluss nahe, dass sämt -liches Leben auf der Erde einen einzigen gemeinsa-men Ursprung hat (Abbildung 1.4). Wäre es hinge-gen unabhängig voneinander mehrfach entstanden,sollten wir erwarten, dass die verschiedenen Formenauch unterschiedliche Lösungen entwickelt hätten,um erfolgreich in ihrer unbelebten Umgebung zubestehen. Wie wir in den folgenden Kapiteln sehenwerden, entwickeln sich zwar einige Eigenschaften

1.1 Trotz der Vielfalt des irdischen Lebens gehen alle Formen auf einen gemeinsamen Ursprung zurück und sind deshalb im Grundenur verschiedene Varianten eines einzigen Beispiels für das Phänomen Leben. Hier sind das Bakterium Campylobacter, als Pflanzeein Buschwindröschen, als Vertreter der Pilze ein Flaschenstäubling und der Tiere eine Garten-Bänderschnecke gezeigt.

genetischer Code

Moleküle

Zellen

Gemeinsamkeiten

1.2 Die grundlegenden Ähnlichkeiten aller Lebensformen lassenden Schluss zu, dass sie einen gemeinsamen Ursprung haben.

von Leben fast zwangsläufig – etwa die Organisationin einer umhüllten Zelle. Andere Probleme ließensich aber durchaus auf ganz andere Art lösen, als wires vom irdischen Leben kennen. Die Erbinformationkönnte beispielsweise wie bei einem Computerebenso gut mit nur zwei anstelle von vier Symbolencodiert werden. Prinzipiell könnte sie auch in beson-deren Proteinen, Kohlenhydraten oder ganz anderenMolekülen abgelegt sein. Selbst wenn es aus einemunbekannten Grund unbedingt Nucleinsäuren sein

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Eine Checkliste soll helfen, Leben zu erkennen 3

1.3 Die Zelle ist die kleinste Einheit des Lebens. Alle bekann-ten Lebewesen bestehen aus mindestens einer Zelle (hier zusehen: Paramecium). Große und komplexe Organismen sindsogar aus vielen Billionen Zellen aufgebaut.

müssten, gäbe es immer noch eine ungeheure Viel-zahl von Kombinationsmöglichkeiten, sodass es ex -trem unwahrscheinlich wäre, dass alle Neuschöpfun-gen des Lebens zufällig den gleichen Code wählen.

4Prinzip verstanden?

1.1 In Science-Fiction-Abenteuern kommen häufigLebensformen aus reiner Energie vor. Vor welchenProblemen stünde ein derartiges „Wesen ausLicht“?

Vermutlich geht deshalb das gesamte bekannte Lebenauf einen einzigen Entstehungsvorgang zurück. Daprinzipiell aber unter den gleichen Bedingungen auchanders organisierte Lebensformen hätten entstehenkönnen und in anderen Umgebungen wiederumnoch andere Varianten, ist das singuläre irdische Bei-spiel eine eher magere Basis für eine allgemeingültigeDefinition von Leben. Das Dilemma der Biologie be -steht nun darin, dass wir leider gegenwärtig keinzweites Beispiel zur Verfügung haben.

Eine Checkliste soll helfen,Leben zu erkennen

Dieser Sackgasse versucht die Biologie zu entfliehen,indem sie anstelle einer abstrakten Definition ganzpraktische Listen von Eigenschaften erstellt und sichbemüht, damit Leben und nicht lebende Systemevoneinander zu unterscheiden. Um als lebend zu gel-ten, muss ein System zumindest auf Zellebene einige,nach Möglichkeit aber alle der folgenden Kriterienzeitweilig oder dauerhaft erfüllen (Tabelle 1.1, Abbil-dung 1.5).

• Eines der wesentlichen Merkmale von Lebewesenist ihr hoher Organisationsgrad. Er wird durcheinen Begriff aus der Thermodynamik und statis-

Tabelle 1.1 Leben zeichnet sich durch eine Kombination besonderer Eigenschaften aus, die auch bei nicht lebendenSystemen vorkommen.

Eigenschaft Beispiel bei Lebewesen Beispiel bei nicht lebendigen Systemen

niedrige Entropie strukturierter Aufbau und erhöhte Stoffkonzen-trationen im Zellinnern

regelmäßige Struktur von Kristallen

Energieaustausch Aufnahme von Lichtenergie bei der Photosyn-these und chemischer Energie durch Nahrung;Abgabe von Wärmeenergie

Wärmespeicherung von Gesteinen und Ozeanen am Tag und Wärmeabgabe bei Nacht; Motoren

Stoffwechsel Fixierung von Kohlenstoff und Abgabe von Sauerstoff bei der Photosynthese; Synthese von zelleigenem Material aus Nahrungsstoffen

Verbrennungsprozesse; Oxidation von Metallen

Informationsaufnahme und -verarbeitung

Sinneswahrnehmungen technische Systeme wie Rauchmelder

Wachstum frühe Stadien einer befruchteten Eizelle Kristallwachstum

Fortpflanzung Vermehrung von Hefe Computerviren

Evolution Entwicklung von Landtieren evolutives Design technischer Bauteile mit geringemGewicht und hoher Belastbarkeit am Computer

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tischen Mechanik beschrieben – die Entropie(siehe Kasten „Entropie als Maß der Beliebigkeit“auf Seite 11). Sie gibt an, wie beliebig die Einzel-elemente eines Systems angeordnet sind. So ver -teilen sich die Teilchen eines Tropfens Tinte in

einem Wasserglasweiträumig, weil dieAnzahl der mög-lichen Aufenthalt-sorte in einem Glassehr viel höher istals in einem Tropfen(Abbildung 1.6). AlsAntrieb reicht dabei

die Wärmeenergie der Moleküle aus, die sich aufmikroskopischer Ebene in Zitterbewegungen undzufälligen Wanderungen mit zahlreichen Kollisio-nen manifestiert. Das System strebt dadurch aufeinen Zustand mit maximaler Entropie zu, in demalle beliebigen Verteilungen der Farbmoleküleerlaubt sind. Der umgekehrte Weg – bei dem sichdie verteilten Farbpigmente spontan wieder zueinem Tropfen zusammenballen – ist zwar hypo-thetisch denkbar, in der Realität jedoch so un -wahrscheinlich, dass er praktisch nicht auftritt.Dies beschreibt der 2. Hauptsatz der Ther mo -dynamik, nach welchem die Entropie eines Sys-tems bei realen Abläufen stets zunimmt.

4 1 Leben – was ist das?

Der Ursprung des LebensDie ältesten fossilen Spuren für Leben auf der Erde sindetwa 3,5 Milliarden Jahre alte Sedimentgesteine in Austra-lien, sogenannte Stromatolithen, an deren Bildung vermut-lich bakterienähnliche Mikroorganismen beteiligt waren.Das Leben muss sich demnach schon früh nach der Entste-hung des Planeten vor rund 4,5 Milliarden Jahren entwickelthaben. Allerdings ist unser Wissen über die damaligenBedingungen begrenzt, sodass wir anstelle gut belegbarerTheorien nur Hypothesen über die lebensschaffende chemi-sche Evolution haben, die von wenigen Experimenten undBeobachtungen gestützt werden.

Begonnen hat der Prozess wahrscheinlich mit der Syn-these kleinerer organischer Verbindungen. Viele davonsind bereits im interplanetaren Staub und auf Kometen vor-handen, darunter Methan, Ameisensäure, Methanol, Etha-nol, Essigsäure, Glykolaldehyd und Dihydroxyaceton. SelbstAminosäuren und Basen, wie sie in den Nucleinsäuren DNAund RNA (siehe Kapitel 11 „Leben speichert Wissen“) vor-kommen, haben Forscher in Meteoriten nachgewiesen.

Alternativ oder ergänzend dazu können die Grundbau -steine in den Ur-Ozeanen selbst entstanden sein, angetrie-ben durch die Energie aus Blitzen und der intensiven UV-Strahlung. Bereits 1953 wiesen Stanley Miller und HaroldUrey mit einem Experiment nach, dass aus einer Mischungvon Wasser, Methan, Ammoniak und Wasserstoff eine„Ursuppe“ mit Biomolekülen wie Aminosäuren und Fett-säuren hervorgehen kann. Andere Wissenschaftler erhiel-ten in ähnlichen Versuchen noch weitere organische Sub-stanzen.

Einen dritten Ansatz schlug in den 1980er-Jahren derMünchner Patentanwalt Günter Wächtershäuser vor. Nachseiner Hypothese einer „Eisen-Schwefel-Welt“ fanden dieReaktionen an Mineralien statt, deren Eisen-Schwefel-Verbindungen elementaren Wasserstoff oxidierten und da -

durch die notwendige Energie lieferten, um die Synthese-schritte zu ermöglichen. Die Entdeckung heißer Tiefsee-schlote am Meeresgrund stützt ein derartiges Szenario. Andiesen Schloten dringen Schwefelverbindungen ins umge-bende kühle Wasser und bilden die Grundlage für kleine Öko-systeme. Das Modell erscheint damit plausibel, ob es wirk-lich auf die Entwicklung in der Frühzeit zutrifft, ist dennochweiterhin umstritten.

Noch schwieriger zu erklären ist die Polymerisation derGrundbausteine zu Makromolekülen. Um aus kleinenMolekülen längere Ketten zu bilden, ist ein Katalysator not-wendig, der die energetisch ungünstige Reaktion ermöglicht.Außerdem muss das entstandene Produkt vor der UV-Strah-lung geschützt werden, die ansonsten alle Bindungen wiederaufbrechen könnte. Beide Anforderungen sind in Hohlräu-men von Gesteinen mit bestimmten Mineralien oder offen-liegenden Kristalloberflächen erfüllt. Mit ihren elektrisch

Genauer betrachtet

Stromatolithen in Australien

Entropie (entropy)Maß für die Beliebigkeit eines Zu -stands. Die Entropie nimmt bei spon-tan ablaufenden realen Prozessenstets zu. Lebewesen können aber ihreeigene Entropie senken, indem sie dieEntropie ihrer Umgebung erhöhen.

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Für das Leben wäre es allerdings fatal, wenn sichseine Bestandteile zufällig im Raum verteilen wür-den. Es wären keine zielgerichteten Prozesse mehrmöglich, jede Information würde binnen Kurzemverloren gehen und geordnete Strukturen würdenzerfallen. Wie wir in Kapitel 2 „Leben ist konzen-triert und verpackt“ sehen werden, schützt dasLeben sich mit abgrenzenden Membranen vordem Verdünnungstod. Dementsprechend ist dieEntropie von Lebewesen tatsächlich sehr niedrig. Dennoch verstößt das Leben nicht gegen dieRegeln der Thermodynamik. Denn diese beziehensich auf das Gesamtsystem und erlauben lokaleAbweichungen. Ein Lebewesen kann deshalb seine

eigene Entropie niedrig halten, wenn es dafür jeneder Umgebung erhöht. In diesem Entropiehandelfungiert Energie als eine Art „Währung“ – dasLeben nimmt sie auf, setzt damit seine Entropieherab und gibt die Energie in Form von Wärmewieder frei.

4Prinzip verstanden?

1.2 Vermischen wir Wasser und Öl miteinander, tren-nen sich die beiden Stoffe mit der Zeit von selbst. Wielässt sich dies mit steigender Entropie vereinbaren?

Eine Checkliste soll helfen, Leben zu erkennen 5

geladenen Bereichen fixieren diese kleine Moleküle und konzentrieren sie auf. Am Tonmineral Montmorillonit sind soim Experiment bereits Aminosäureketten von mehr als 50 Grundeinheiten gewachsen.

Kristalle wie Calcit, die verschieden gestaltete Oberflä-chen am selben Kristall aufweisen, können außerdem selek-tiv räumliche Varianten von Aminosäuren (die sogenanntenL- und D-Formen) unterscheiden und eine Form bevorzugtbinden. Dank dieser Fähigkeit wäre es möglich, dass nureine Version in die Makromoleküle eingebaut wird – so wieheute in Proteinen nur die L-Variante von Aminosäuren vor-kommt (siehe Kasten „Stereoisomere“ auf Seite 47).

Wie auch immer der Start ausgesehen haben mag,irgendwann muss ein Molekültyp entstanden sein, der einebesondere Eigenschaft besaß – er konnte sich selbst nach-bauen. Ein guter Kandidat für so eine chemische Vorformdes Lebens ist der DNA-Verwandte RNA, von dem sich man-che Versionen tatsächlich selbst replizieren können. Aberauch Peptid-Nucleinsäuren, die teilweise Protein- und teil-weise RNA-Charakter haben, könnten diese Vorreiterrolleübernommen haben.

Damit die chemische Zusammensetzung sich dauerhaftvon der Komposition der Umgebung unterscheiden konnte,müssen schließlich zellartige Strukturen entstanden sein.Für diesen Entwicklungsschritt haben wir bislang nicht mehrals recht unvollkommene Modelle. So hat der russische Bio-chemiker Alexander Oparin festgestellt, dass sich biologi-sche Makromoleküle in Salzwasser zu kleinen, als Coazer-vate bezeichneten Tröpfchen zusammenfinden, in denenchemische Reaktionen ablaufen können. Andere Wissen-schaftler fanden heraus, wie erwärmte Aminosäuren Kettenbilden, die Mikrosphären formen, winzige Hohlkügelchen, indenen ebenfalls ein bescheidener Stoffwechsel stattfindenkann.

Von Lipiden (siehe Kasten „Lipide“ auf Seite 30) istschließlich bekannt, dass sie sich in wässriger Lösung spon-tan zu ebenen Schichten und runden Vesikeln zusammenla-gern. Doch keine dieser Strukturen kann sich gezielt selbstreparieren und vervielfältigen und wäre so über längere Zeithaltbar.

Schwarzer Raucher am Meeresgrund

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6 1 Leben – was ist das?

Craig Venter: Bio-Visionär schafft „Leben“ aus der Retorte Von Reinhard Renneberg

„Kleg Wentel 4 p. m.!“… Nachmeiner ängstlich-besorgtenRück frage stellte sich heraus,dass alle meine chinesischenStudenten in die HongkongerNachbaruni pilgern wollten, umden „Mann mit der goldenenDNA-Nase“ zu sehen: den Gen-pionier, Multimillionär, Weltum-segler und Lebenskreator J.Craig Venter.

Ich traf Craig Venter zumersten Mal. Er hielt einen Show-vortrag vor restlos begeistertenchinesischen Studenten. Ich

hatte ihn mir unglaublich arrogant vorgestellt. An der HongKong University standen die Studenten Schlange wie letztesMal nur bei Stephen Hawking. Venter gab Autogramme,scherzte und signierte einen herangekarrten DNA-Sequen-zierer. Ein Visionär in der Stadt des Geldes! Das Vorbild fürmeine Studenten! Und: Er war jedenfalls ganz einfach nett!Auch so sehen heute Biologen aus!!

Der US-Amerikaner Venter hatte seinerzeit das Rennenum das Humangenom dramatisch beschleunigt, indem ermit privatem Kapital begann, dem staatlichen Projekt vonFrancis Collins Konkurrenz zu machen. Das Ziel seinerFirma Celera war, gefundene menschliche Gene zu paten-tieren.

Das wurde in letzter Minute verhindert. Am 26. Juni 2000verkündete Bill Clinton Arm in Arm mit StaatwissenschaftlerCollins und Privatmann Venter in scheinbarer Harmonieemphatisch das gemeinsame Ergebnis: „Nun verstehen wirdie Sprache, in der Gott das Leben geschrieben hat.“

Venter war zu dieser Zeit der wohl meistgehasste und -bewunderte DNA-Forscher in den USA. Unbestritten ist,dass er die Entschlüsselung des Humangenoms um Jahrebeschleunigte. Dann wurde es stiller um ihn. Nun steht Ven-ter wieder im Rampenlicht, das er so liebt.

Nach dem DNA-Geldregen hatte sich der Millionär undleidenschaftliche Segler zunächst die 90-Foot-SegelyachtSorcerer II („Zauberer II“) gekauft. Im Sommer 2002 unter-nahm Venter mit seiner Crew eine Testfahrt an die Sargas-sosee bei den Bermudainseln. Die Sargassosee, wobekanntlich unsere Aale laichen, ist als „biologische Wüste“

im Meer bekannt. Die erstaunliche Ausbeute: Allein in denersten sechs Proben steckten mehr als 1,2 Millionen neuerGene – fast zehnmal mehr, als bis dahin weltweit bekanntwaren. Darunter fanden sich 782 Photorezeptorgene. Mitderen Hilfe gelingt es winzigen Meeresbewohnern, Energieaus Sonnenlicht zu gewinnen. Immerhin 50 000 Gene für dieVerarbeitung von Wasserstoff wurden entdeckt. „Energieaus Sonnenlicht und Wasser ist ein bislang wenig erfolgrei-ches Projekt … das kann sich ändern!“, meint Venter.

Statt die Mikroben – wie bislang üblich – einzeln zu kulti-vieren (was viele Arten verweigern), fütterten die Forscherdaheim ihre DNA-Sequenzierautomaten mit dem Erbgut, dassie aus etwa 1500 Litern Wasser gefiltert hatten. 70 000Gene waren völlig unbekannt. In vielen Fällen gelang es, ausden unsortierten Einzelstücken die vollständigen Gense-quenzen (Genome) ganzer Organismen zusammenzusetzen.Demnach waren in den Proben mindestens 1800 Arten ver-treten. Obwohl die Sargassosee zu den bestuntersuchtenMeeresregionen zählt, entdeckte Venter gleich 148 neueBakterienarten.

Spezielle Computerprogramme verglichen die neuenSequenzen mit Datenbankinformationen über die Funktionbereits bekannter Gene. Mit der Anwendung hochautomati-sierter genetischer Techniken auf ökologische Fragestellun-gen schlägt Venter eine ganz neue Richtung ein, ÖkologischeMetagenomik. Zunehmend richteten Biologen und spezielldie Genforscher ihren Blick auf die Gene ganzer Lebensge-meinschaften.

Die Yacht Sorcerer II durchpflügte den Ozean vom Nord-atlantik durch den Panamakanal bis zum Südpazifik (nach-vollziehbar im Internet unter www.sorcerer2expedition.org).Kein geringerer als Charles Darwin hatte auf der H.M.S.Beagle und der H.M.S. Challenger ebenfalls Teile dieser Rei-seroute befahren. Das Meer ist eine Goldgrube für Entde-cker und Wissenschaftler!

Venters Analysemittel zum Zweck war die „Schrot-schussmethode“. Sie hatte auch schon beim Humangenom-projekt wertvolle Dienste geleistet. Dabei wird die DNA-Flutzweimal mittels verschiedener Verfahren in kleinere Seg-mente fragmentiert und in Bakterien millionenfach ver-mehrt. Ist dann die Sequenz der einzelnen DNA-Stückchenbekannt, kommt ein Super-Computerprogramm zum Einsatz.Es vergleicht überlappende DNA-Fragmente und rekonstru-iert die Originalreihenfolge.

Köpfe und Ideen

J. Craig Venter

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Eine Checkliste soll helfen, Leben zu erkennen 7

Craig Venter plant bereits das nächste Metagenompro-jekt. Sein neues Ziel ist die Luft über New York.

Doch nun hat Venter die Welt noch einmal geschockt –mit der weltweiten Anmeldung eines Patents auf ein künstli-ches Bakterium. Kann das funktionieren: nach einem eige-nen Bauplan Gen für Gen ein Chromosom zusammenzu-bauen und in eine Bakterienhülle zu stecken? Venter istüberzeugt: „Es“ würde leben! Als Modell dient Mycoplasmagenitalium, ein harmloser Bewohner der menschlichen Harn-wege. Es besitzt nur ein winzig kleines Genom, ein Zehntelder Genanzahl von Escherichia coli, dem Haustier der Gen-techniker. Venter und seine Frau Claire Fraser sequenziertenes bereits 1995.

Venter heute, in aller Bescheidenheit: „… ich glaube, manmuss an den Film Superman denken … Das Ziel ist, den Pla-neten zu retten.“ Die Aufgabe des patent-erheischendenneuen „Mycobacterium laboratorium“ soll nämlich der Abbauvon schädlichem Kohlendioxid und die Produktion von Was-serstoff zur Energieerzeugung sein. Der Totalverzehr allenKohlendioxids auf der Erde würde durch die ausschließlicheLebensfähigkeit in Spezialtanks verhindert. Kann man sichdarauf verlassen?

Venters Vorgehen ist typisch reduktionistisch: Zuerstalles zerlegen, dann die Wechselwirkungen verstehen,schließlich das Ganze nach eigenen Vorstellungen neuzusammenbauen. Doch ist das Verständnis der Lebenspro-zesse noch zu rudimentär, um einen Organismus wirklichplanen zu können.

Venter schlug deshalb auch in Hongkong gut begründeteSkepsis entgegen: die Synthetische Biologie sei eine sehrjunge Disziplin mit nur wenigen echten Meistern. MeisterVenter antwortet, er habe von Bakterien eigentlich keineAhnung, genau deswegen (!) jedoch traue er es sich zu. DenPlan stellte Venter bereits 1999 zur Diskussion und forderte,„die Gesellschaft“ möge sich damit auseinandersetzen,Arten erschaffen zu können – nicht durch Zucht, sonderndurch Design. Diese Auseinandersetzung ist aber offenbarnicht erfolgt.

Also erfolgte am 31.5.07 der Paukenschlag – die Anmel-dung der Patentrechte am synthetischen Bakterium Myco-plasma laboratorium durch das Craig Venter Institute. Daskünstliche Bakterium enthält 101 Gene weniger als seinnatürliches Vorbild.

Vertreter der ETC Group, einer amerikanischen Organisa-tion zur Bewertung von Biowissenschaften, schlugen Alarm:Das Patent sei vor allem der Versuch, sich eine marktbe-herrschende Stellung für kommerzielle Nutzung der Synthe-tischen Biologie zu verschaffen. Tatsächlich beansprucht

Venter den Patentschutz für alle 381 Gene von Mycoplasmalaboratorium sowie für alle Organismen, die auf Basis diesesMinimalgenoms hergestellt werden. Zusätzlich soll derAntrag alle Varianten des natürlichen Bakteriums schützen,die auf mindestens 55 der 101 unbenötigten Gene verzich-ten. Da es über 100 Arten von Mycoplasma-Bakterien gibt,würden auch veränderte Varianten verwandter Formen unterden Patentschutz fallen – für Forscher der Biotech-Konkur-renz ein schwer zu knackendes Monopol.

Ein künstliches Bakterium stellt die Welt vor vollendeteTatsachen: Synthetische Lebensformen würden ohneDebatte durch die Hintertür eingeführt. Wie reagiert die aka-demische Synthetische Biologie darauf? Bis jetzt eher unge-schickt, als Zauberlehrling!

Vom 24. bis zum 26. Juni 2007 traf sich an der ETH dieForschungsgemeinde der Synthetischen Biologie zu ihremDritten Internationalen Kongress. Hier eine Einschätzung: „… wir bekommen es mit der explosiven Mischung vonmächtigen Konzernen, patentgeschützten Monopolen undAllmachtsfantasien zu tun. Es sollte sich niemand wundern,wenn das mehr Ängste als Hoffnungen auslöst.“ Heute gibtes weltweit etwa zwölf Syn-Bio-Firmen. Zudem stellen bei-nahe 100 Firmen synthetische DNA und Gene für den in-dustriellen Gebrauch her. Der Kongress appellierte etwaslahm an die Regierungen, „die Sache zu regulieren und zukontrollieren“.

„In die Ecke, Besen, Besen … sei’s gewesen!“ So klingt esaber nicht. Außerdem müsste es vom Hexenmeister kom-men und nicht vom Zauberlehrling. Und der Meister heißtimmer noch … Craig Venter!

(Unter Verwendung des Vortrags von Venter in Hongkongund eines Interviews der SZ vom 14.10.2009.)

Reinhard Renneberg ist seit1995 Professor für AnalytischeBiotechnologie an der Hong KongUniversity of Science and Tech-nology (www.ust.hk). Er istAutor von Biotechnologie-Sach-und Lehrbüchern, darunter derBiotechnologie für Einsteiger, undUrheber von 20 Patenten. Darü-ber hinaus ist er an zwei Bio-technologiefirmen in Deutsch-land und China beteiligt.

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8 1 Leben – was ist das?

• Nach dem Energieerhaltungssatz und dem 1.Hauptsatz der Thermodynamik kann Energieweder aus dem Nichts erzeugt noch vernichtetwerden. Darum müssen Lebewesen alle Energie,die sie benötigen, von außen aufnehmen. Dafürhaben sie zwei grundlegende Varianten entwickelt:Photosynthetische Organismen absorbieren mitspeziellen Pigmenten die elektromagnetischeEnergie des Lichts, während Lebensformen, diedazu nicht in der Lage sind, chemische Substanzen

aufnehmen und die Bindungsenergie der Nah-rungsmoleküle nutzen. Beide Methoden sind möglich, weil Energie in ver-schiedenen Formen auftritt, die sich ineinanderüberführen lassen. Diese Umwandlungen könnenziemlich komplex sein, wie einige Beispiele inKapitel 7 „Leben ist energiegeladen“ zeigen. Sowird bei der Photosynthese die Energie elektro-magnetischer Wellen zunächst in elektrischeSpannung und dann über mechanische Bewegung

Kohlenstoff als flexibler GrundbausteinAlles bekannte Leben ist an Materie gebunden. Vor allem einchemisches Element kommt in fast allen biologisch wichti-gen Verbindungen vor – der Kohlenstoff. Der Grund dafürliegt in der außerordentlichen Flexibilität seiner Bin-dungselektronen.

Von den vier Außenelektronen eines Kohlenstoffatomsbefinden sich zwei im 2s-Orbital, das damit vollständigbesetzt ist, eines im 2px- und eines im 2py-Orbital, währenddas 2pz-Orbital leer ist. In diesem Zustand könnte das Atomnur mit den beiden halb belegten p-Orbitalen Bindungen ein-gehen. Es wäre so aber lediglich an sechs Elektronen auf derAußenschale beteiligt und würde gegen die Oktettregel ver-stoßen, wonach Atome eine Besetzung mit genau achtElektronen anstreben.

Die Lösung besteht darin, eines der s-Elektronen in dasfreie p-Orbital zu verschieben und dann das 2s-Orbital unddie drei 2p-Orbitale miteinander zu vermischen. Durch dieseHybridisierung entstehen sp-Orbitale, die untereinandergleichwertig sind. Werden beispielsweise alle drei p-Orbitalemit dem s-Orbital hybridisiert, resultieren daraus vier sp3-Orbitale, die in die vier Ecken eines Tretraeders weisen undmit jeweils einem bindungsfreudigen Elektron besetzt sind.Das hybridisierte Atom könnte somit vier Einfachbindun-gen ausbilden und die Oktettregel erfüllen.

Kohlenstoff kann aber noch mehr. Er hat die besondereFähigkeit, die Anzahl der p-Orbitale, die an der Hybridisie-rung teilnehmen, vom jeweiligen Bindungspartner abhängig

C

zu machen. Verlangt dieser – wie beispielsweise Sauerstoff– nach einer Doppelbindung, werden nur das s- und zwei p-Orbitale zu drei sp2-Orbitalen vermischt, die in einer Ebeneangeordnet sind und ebenfalls Einfachbindungen eingehen.Das übrig gebliebene dritte p-Orbital kann gleichzeitig dieDoppelbindung aufbauen.

Sind zwei Doppelbindungen oder gar eine Dreifachbindungerforderlich, stehen nur ein p-Orbital und das s-Orbital fürdie Hybridisierung zur Verfügung. Die beiden sp1-Orbitaleliegen auf einer Achse und weisen in entgegengesetzte Rich-tungen.

Kohlenstoff kann so eine unüberschaubare Vielfalt an Mole-külen aufbauen, wobei er sich mit Vorliebe mit seinesglei-chen verbindet.

Silicium, das manchmal als mögliche alternative Grund-lage für eine Chemie des Lebens genannt wird, steht zwar imPeriodensystem der Elemente direkt unter Kohlenstoff in der4. Hauptgruppe. Ihm fehlt aber die Variabilität bei der Hybri-disierung seiner Orbitale. Deshalb bildet es in allen natür-lichen Stoffen immer nur vier Einfachbindungen aus, die indie Ecken eines Tetraeders weisen. Entsprechend geringerist die Vielfalt der Siliciumverbindungen.

C

C

C

Genauer betrachtet

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Eine Checkliste soll helfen, Leben zu erkennen 9

von Molekülen in chemische Bindungsenergietransformiert. Bei jedem Teilschritt verschwindetdabei ein wenig der ursprünglich aufgenommenenEnergie als Wärme, die der Organismus wieder andie Umgebung abstrahlt. Somit steht Leben ineinem ständigen Energieaustausch mit seinerUmwelt. Die nutzbare Energie verwenden Lebewesen weit-gehend, um ihre Strukturen zu bewegen, zu erhal-

Evolution

Energie

Stoffwechsel

Information

Wachstum

Fortpflanzung

Entropie

Lebenszeichen

1.5 Leben hat besondere Eigenschaften.

ten, zu reparieren, zu modifizieren und neueStrukturen aufzubauen. Sie treiben dafür Prozessean, die ihre Entropie verringern und somit ohneZwang nicht stattfinden würden. Nur durch denEinsatz der von außen gewonnenen Energie ge -lingt es Lebewesen beispielsweise, kleinere Mole-küle zu großen Komplexen zu verbinden und diesedann dort aufzukonzentrieren, wo sie ihre Auf-gabe erfüllen sollen. Fällt die Energiezufuhr nach

grampositive

Bakterien

Aquifex

Thermotoga

Grüne Nichtschwefelbakterien

Deinococcus/Thermus

Spirochäten

Grüne Schwefelbakterien

Flavobacteria

Planctomyces/Pirella

Chlamydia

CyanobakterienProteobacteria

Thermo-

plasma

Halophile

Methanosarcina

Methanobacterium

Methanococcus

Diplomonaden Microsporidien

Trichomonaden

Flagellaten

Ciliaten

Pflanzen TiereAcrasio-

mycetenMyxo-

myceten

Entamoeba ChitinpilzeBasidiomyceten

Ascomyceten

Zygomyceten

Glomeromyceten

Chytridiomyceten

Methano-

pyrus

Pyrolobus

Pyrodictium

marine

Crenarchaeota

Crenarchaeota

Euryarchaeota

Archaea

Eukarya

Korarchaeota

Bacteria

Thermococcus

Thermoproteus

Thermodesulfobacterium

Nitrospira

1.4 Wahrscheinlich ging alles irdische Leben von einer einzigen Urform aus, deren biochemische Grundzüge und zellulärer Aufbaunoch heute in allen Lebensformen zu beobachten sind. Die Unterschiede und die Vielfalt entwickelten sich erst später in einer nochheute andauernden Evolution.

1.6 Die Farbmoleküle von Tinte verteilen sich in Wasser, weildabei die Entropie ansteigt. Lebewesen brauchen Mechanis-men, um ihre Entropie niedrig zu halten und nicht den Verdün-nungstod zu sterben.

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10 1 Leben – was ist das?

dem Tod des Organismus aus, zerstreuen sich dieKomplexe und zerfallen in kleinere Bruchstücke,die sich noch beliebiger verteilen können, wo -durch die Entropie ansteigt. Ein erheblicher Anteil der Energie, die Leben auf-nimmt, ist also in seinen Strukturen gespeichert.Für deren Synthese benötigen Lebewesen aller-dings außer Energie noch eine Zutat – geeigneteBaustoffe.

• Auch das Material für ihre Strukturen nehmenLebewesen aus ihrer Umgebung auf. In den selten-sten Fällen können sie die Substanzen direkt ver-wenden, meistens müssen sie die Stoffe umbauen.Der dafür notwendige Stoffwechsel umfasst selbstbei einfachen Lebensformen eine unübersehbareVielzahl von biochemischen Einzelreaktionen,die strengstens kontrolliert und reguliert sind. In Kapitel 6 „Leben wandelt um“ werden wirjedoch feststel-len, dass sich dieKomplexität aufeine begrenzteAnzahl grundle-gender Prinzi-pien stützt, diedas Verständnisbedeutend erleichtern. Im Wesentlichen können wir die Stoffwechselwegein zwei große Gruppen unterteilen. In den Prozessen des Katabolismus zerlegt ein Orga-nismus die verschiedenen aufgenommenen Sub-stanzen in kleine Grundbausteine, die universelleinsetzbar sind. Aus diesen baut er im Anabo-

1.7 Nur wenigen nicht lebenden Systemen gelingt es, ihre En -tropie herabzusenken. In einem wachsenden Kristall werdendessen Teilchen weitgehend ihrer Beweglichkeit beraubt.Durch die Anlagerung geben sie aber die Moleküle desLösungsmittels frei, das zuvor um sie herum gebunden war undsich nun beliebiger verteilen kann. In der Bilanz ist die Entro-piezunahme des Mediums dadurch größer als die Entropieab-nahme des Kristalls, der somit auf Kosten seiner Umgebungwächst.

1.8 Leben braucht Energie von außen. Bei der Photosynthese nutzt es die elektromagnetische Strahlung der Sonne (links). Tieri-sche Organismen sind vollständig auf die Energie in chemischen Bindungen angewiesen (Mitte). Bakterien haben eine unübertrof-fene Vielzahl unterschiedlicher Energiequellen erschlossen, darunter Rohöl und schweflige Heißwasserquellen (rechts).

Metabolismus (metabolism)Stoffwechsel, bei dem Substanzen alsBausteine für eigenes Material undzur Energiegewinnung aufgenommen,umgewandelt und ausgeschiedenwerden.

Energie Wärme

Reaktionen

Bewegung

...

Energie-stoffwechsel

Informations-

verarbeitung

1.9 Leben nimmt externe Energie auf, um verschiedene Pro-zesse anzutreiben, die von alleine nicht ablaufen würden. Diedabei anfallende Wärme strahlen Organismen wieder an ihreUmgebung ab.

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