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Diplomarbeit Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen eingereicht von Marina Schmiedl zur Erlangung des akademischen Grades Doktorin der gesamten Heilkunde (Dr. med. univ.) an der Medizinischen Universität Graz ausgeführt an der Universitätsklinik für Neurochirurgie unter der Anleitung von a.o. Univ. Prof. Dr. med Klaus A. Leber Graz, am 01.02.2017

Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

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Page 1: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

Diplomarbeit

Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

eingereicht von

Marina Schmiedl

zur Erlangung des akademischen Grades

Doktorin der gesamten Heilkunde

(Dr. med. univ.)

an der

Medizinischen Universität Graz

ausgeführt an der

Universitätsklinik für Neurochirurgie

unter der Anleitung von

a.o. Univ. Prof. Dr. med Klaus A. Leber

Graz, am 01.02.2017

Page 2: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

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Eidesstattliche Erklärung

Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde

Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwende habe und die den

benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich

gemacht habe.

Graz, am 01.02.2017 Schmiedl Marina eh.

Page 3: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

3

Danksagung

Ein herzliches Dankeschön möchte ich hiermit meinem Betreuer, Univ. Prof. Dr. Leber

aussprechen, der mich mit viel Engagement und vor allem Geduld bei dieser Arbeit

begleitet hat. Danke, dass Sie mir bei allen Fragen zur Seite gestanden haben und ein

offenes Ohr für meine Anliegen hatten.

Ebenfalls bedanken möchte ich mich bei Univ. Prof. Dr. Deutschmann für die

Bereitstellung des notwendigen Bildmaterials.

Aus tiefstem Herzen möchte ich mich an dieser Stelle bei meinen Eltern bedanken. Ihr habt

mich von Anfang an in allen meinen Entscheidungen bestärkt und unterstützt und immer

an mich geglaubt. Ihr seid immer für mich und meine Geschwister da und habt uns

beigebracht wie man seine Ziele mit Ehrgeiz und Ehrlichkeit erreicht.

Zu guter Letzt bedanke ich mich bei meinem Lebensgefährten. Du warst mir während des

gesamten Studiums eine große Stütze und hast immer an meine Fähigkeiten geglaubt.

Page 4: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

4

Inhaltsverzeichnis

Danksagung ........................................................................................................................... 3

Inhaltsverzeichnis .................................................................................................................. 4

Glossar und Abkürzungen ..................................................................................................... 6

Abbildungsverzeichnis .......................................................................................................... 7

Tabellenverzeichnis ............................................................................................................... 8

Zusammenfassung ................................................................................................................. 9

Abstract ................................................................................................................................ 10

Einleitung ............................................................................................................................ 11

Subarachnoidalblutung & Aneurysmen .......................................................................... 11

Subarachnoidalblutung – Epidemiologie & Ätiologie ................................................ 11

Aneurysma – Entstehungstheorien, Lokalisation, Nachweis ...................................... 11

SAB – Symptome und Klinik ...................................................................................... 14

Abklärung einer SAB .................................................................................................. 16

Die Therapie intrakranieller Aneurysmen ....................................................................... 17

Rupturierte Aneurysmen.............................................................................................. 17

Nicht rupturierte Aneurysmen ..................................................................................... 19

Wrapping ......................................................................................................................... 20

Geschichte ................................................................................................................... 20

Indikationen zum Wrapping ........................................................................................ 21

Materialien ................................................................................................................... 21

Komplikationen nach Wrapping ...................................................................................... 26

Nachblutung ................................................................................................................ 26

Fremdkörperreaktion ................................................................................................... 27

Methoden & Materialien ..................................................................................................... 32

Ergebnisse ............................................................................................................................ 34

Nebenzielgrößen .............................................................................................................. 37

Page 5: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

5

Postoperative Komplikationen .................................................................................... 37

Persistierende Defizite ................................................................................................. 38

Rest/ Rezidivaneurysmen ............................................................................................ 39

Hauptzielgrößen............................................................................................................... 40

Nachblutung ................................................................................................................ 40

Mortalität ..................................................................................................................... 40

Fremdkörpergranulom ................................................................................................. 40

Diskussion ........................................................................................................................... 48

Nachblutung/Sicherheit ................................................................................................... 48

Mortalität ......................................................................................................................... 49

Zerebrovaskuläre Komplikationen .................................................................................. 50

Fremdgewebsreaktionen .................................................................................................. 52

Fall 1 ............................................................................................................................ 53

Fall 2 ............................................................................................................................ 54

Wrapping vs. Klippen vs. Embolisation .......................................................................... 55

Conclusio ......................................................................................................................... 56

Referenzen ........................................................................................................................... 58

Page 6: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

6

Glossar und Abkürzungen

ACA Arteria cerebri anterior

AcoA Arteria communicans anterior

AcoP Arteria communicans posterior

Anm. Anmerkung

ANV Akutes Nierenversagen

Bzgl. Bezüglich

CARAT Cerebral Aneurysms Rerupture After Treatment

CTA Computertomografie- Angiografie

CCT Kraniale Computertomografie

DW Diffusionsgewichtete Aufnahme

DINDS Delayed ischemic neurological deficit syndrome

DSA Digitale Substraktionsangiografie

Evtl. Eventuell

HOPS Hirnorganisches Psychosyndrom

H&H Hunt und Hess Score

ICB Intrazerebrale Blutung

ISUIA International Study of Unruptured Intracranial Aneurysms

ISAT International subarachnoid aneurysm trial

k.A. Keine Angabe

KKT Körperkerntemperatur

LP Liquorpunktion

MCA Arteria cerebri media

MCP1/CCL2 Monocyte chemoattractant protein 1/ CC- Chemokin Ligand 2

MRA Magnetresonanzangiografie

MRT Magnetresonanztomografie

PEG Perkutane endoskopische Gastrostomie

PICA Arteria cerebelli inferior posterior

SAB Subarachnoidalblutung

TCD Transkranielle Dopllersonografie

Uvm. Und viele mehr

Page 7: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

7

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: „PHASES SCORE“ (6) Nach Summieren der Punkte kann man in der Grafik

rechts das 5-Jahresrupturrisiko ableiten. ............................................................................. 13

Abbildung 2: „Klipp-unterstützte Wrapping Technik“ (29) ............................................... 22

Abbildung 3: Histologisches Ergebnis nach Baumwolle- und Fibrinapplikation: deutliche

Verengung des Lumens durch Intimaproliferation ( ► ) und Ausbildung einer

Bindegewebsformation (↓) um die behandelte Seite (18). .................................................. 25

Abbildung 4: Quantitative Erfassung rupturierter und nicht rupturierter Aneurysmen ...... 34

Abbildung 5: Hunt und Hess Score zum Zeitpunkt der Intervention .................................. 35

Abbildung 6: „Zwei Jahre postoperativ“ ............................................................................. 42

Abbildung 7: „ Drei Jahre postoperativ“ ............................................................................. 43

Abbildung 8: „Präoperative Befundkonstellation“ .............................................................. 46

Abbildung 9: „ Drei Monate postoperativ“ ......................................................................... 47

Page 8: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

8

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Aneurysma Lokalisation (3) ............................................................................... 12

Tabelle 2: WFNS Klassifikation der SAB ........................................................................... 15

Tabelle 3: Hunt und Hess Klassifikation der SAB .............................................................. 15

Tabelle 4: Ergebnisse der CARAT Studie. Die Okklusionsrate korreliert stark mit dem

berechneten kumulativen Rupturrisiko eines behandelten Aneurysmas (16). .................... 18

Tabelle 5: „Muslinom“ in der Bildgebung .......................................................................... 30

Tabelle 6: Behandelte Aneurysmen – Lokalisation - Häufigkeit ........................................ 35

Tabelle 7: Aneurysmagröße................................................................................................. 36

Tabelle 8: Angewandte Methoden und Materialien ............................................................ 36

Page 9: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

9

Zusammenfassung

Die Diagnose „intrakranielles Aneurysma“ wird durch die moderne technisierte Medizin

immer häufiger gestellt. Dieser Fortschritt führt zu einer Zunahme therapeutischer

Interventionen. Das primäre Ziel in der Therapie intrakranieller Aneurysmen besteht in

ihrer Ausschaltung aus der Blutzirkulation. Dafür kommen die klassischen Methoden, wie

das mikrochirurgische Klippen oder die endovaskuläre Embolisation in Frage. Wenn eine

vollständige Elimination aus dem Kreislauf jedoch nicht möglich ist, besteht die Option

ein Aneurysma oder seine Reste von außen zu umhüllen – das Wrapping. Der Zweck

dieser Methode liegt in der Verstärkung der Aneurysmawand von außen, indem eine

entzündliche bindegewebige Reaktion, auf angebrachte Materialien (z.B.: Baumwolle),

ausgelöst wird.

Die Universitätsklinik für Neurochirurgie der Medizinischen Universität Graz hat in den

Jahren 2011 bis 2015, 36 Patienten/Innen mithilfe des Wrappings alleine oder in

Kombination mit dem Klippen oder der Embolisation behandelt. Die gegenständliche

Diplomarbeit untersucht den postoperativen Verlauf der Betroffenen und die Ausbildung

von Fremdgewebsreaktionen durch das eingebrachte Fremdmaterial. Dazu stellen die

MRT/MRA und die CCT/CTA Untersuchungen von 30 Patienten/Innen die Grundlage dar.

Die Restperfusionrate innerhalb der ersten 6 Monate nach dem Einsatz einer kombinierten

Methode (Klipp bzw. Embolisation + Wrap) liegt bei 14,8%. Ich konnte weder

Rezidivaneurysmen, im Sinne von zunehmenden Resten, noch Nachblutungen aus einem

der behandelten Aneurysmen verzeichnen. Im Verlauf kam es bei zwei von dreißig

Personen zur Ausbildung einer Fremdkörperreaktion, das entspricht einer Rate von 6,6%.

Eine Patientin verstarb an den Folgen des Fremdkörpergranuloms (3,34%).

Ausgehend von den Ergebnissen kann das Wrapping intrakranieller Aneurysmen in Bezug

auf das Blutungsrisiko und Größenprogredienz von Aneurysmen als akzeptabel eingestuft

werden. Jedoch besteht ein Risiko eine Bioreaktion auf das eingebrachte Material, mit oder

ohne Symptomatik, zu entwickeln.

Page 10: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

10

Abstract

The diagnosis „intracranial aneurysm“ is increasing due to medical imaging progress.

Hence, more and more interventions are performed to treat these vascular anomalies. There

are two classical treatment options – clipping and coiling of aneurysms. The purpose of

these two methods is to disconnect the aneurysm from the blood circulation. But in some

cases if clipping or coiling is not possible, or if residual aneurysm remains after the

intervention the aneurysm can be wrapped by different materials such as cotton and fibrin

glue. The intention of wrapping is to reinforce the wall of the aneurysms by inducing a

bioreaction against the foreign material.

At the Department of Neurosurgery at Medical University of Graz, we treated 36 patients

by wrapping alone or additional after clipping or coiling in the years from 2011 – 2015. I

retrospectively reviewed their medical records, especially the computed tomographies and

the nuclear magnetic resonance imaging. For evaluation 30/36 patients were included.

We focussed on the appearance of residual perfusion and of reactions, based on the foreign

material. In our population we received a residual rate of 14,8% within the first six months

after a combinated wrapping intervention. Two of thirty patients developed a muslinoma,

equal to a rate of 6,6%. One patient died in consequence of complications caused by the

foreign body reaction (3,34%). Non of the patients suffered from recurrence or rebleeding

from the wrapped aneurysm.

I assume that combined wrapping may be used as an acceptable alternative method related

to rebleeding and recurrence. A minimal risk for foreign body formation persists, that can

cause severe symptoms.

Page 11: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

11

Einleitung

Subarachnoidalblutung & Aneurysmen

Subarachnoidalblutung – Epidemiologie & Ätiologie

Als Subarachnoidalblutung (SAB) bezeichnet man die arterielle Blutung in den mit Liquor

gefüllten Raum zwischen Arachnoidea und Pia mater. Sie tritt mit einer Inzidenz von

8-10 pro 100.000 im Jahr auf. SABs verursachen 5- 10% aller Schlaganfälle. Ursächlich ist

zu etwa 80% die Ruptur eines intrakraniellen Aneurysmas. Das jährliche Rupturrisiko für

Aneurysmaträger liegt bei 1-2% pro Jahr (1,2).

Der Altersgipfel einer spontanen aneurysmatischen SAB liegt zwischen dem 50 – 60.

Lebensjahr, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer.

Die Prognose nach erfolgter Blutung ist abhängig vom Alter, dem Grad der initialen

Bewusstseinsstörung, von der Menge des ausgetretenen Blutes und der Lokalisation des

rupturierten Aneurysmas. Im Allgemeinen ist die Prognose jedoch kritisch: Etwa 15-20%

der Patienten/Innen sterben vor Eintreffen in das Krankenhaus. Die Letalität innerhalb des

ersten Monats nach Aneurysmaruptur liegt bei insgesamt etwa 40%. Ein Drittel der

Überlebenden leiden an einem bleibenden neurologischen Defizit (1).

Aneurysma – Entstehungstheorien, Lokalisation, Nachweis

Zur Erklärung der Genese von intrakraniellen Aneurysmen haben sich zwei Theorien

durchgesetzt: die hereditäre Entstehungstheorie und die Degenerationstheorie. Erstere geht

von angeborenen Defekten der Tunica media ursächlich für die Entstehung eines

Aneurysmas aus. Letztere besagt, dass Aneurysmen dort entstehen, wo Gefäße durch

erworbene Läsionen in der Lamina elastica interna vorgeschädigt sind. Aufgrund der

erforschten Risikofaktoren für das Auftreten von Aneurysmen nimmt man heute eine

Kombination aus beiden Theorien für deren Entstehung an.

Zu den Risikofaktoren zählen mitunter: Angeborene Bindegewebserkrankungen (z.B. das

Ehlers Danlos Syndrom) oder andere genetische Erkrankungen (z.B. die polyzystische

Nierenerkrankung), ein höheres Alter, allgemeine zerebrovaskuläre Risikofaktoren

(Rauchen, Hypertonie, Hypercholesterinämie, Diabetes mellitus) und das Vorliegen von

Gefäßanomalien (2-4).

Page 12: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

12

Aneurysmen treten überwiegend an den arteriellen Teilungsstellen des Circulus arteriosus

Willisii auf. Aufgrund der größeren hämodynamischen Belastung ebendort treten Teile der

Tunica intima durch Schwachstellen der Tunica media, wodurch sich ein zumeist

sackförmiges Aneurysma ausbildet. Der daraus resultierende Blutstrom im Lumen trägt

schließlich zur Größenzunahme bei (2).

Tabelle 1: Aneurysma Lokalisation (3)

Lokalisation Häufigkeit

ACA, AcoA 35 -40%

ACI 30%

ACM 20 – 25%

Hintere Zirkulation 10 – 15%

Zu etwa 85% treten Aneurysmen im Bereich der vorderen Zirkulation auf. In nur 15% der

Fälle im Bereich der hinteren Zirkulation (1).

Das Rupturrisiko eines intrakanielle Aneurysmas hängt von folgenden Faktoren ab:

Alter: Bei einer jährlichen Rupturrate von 1-2%/ Jahr ergibt sich eine höhere

Gefahr für jüngere Aneurysmaträger/Innen im Laufe ihres Lebens eine Ruptur zu

erleiden (=kumulatives Risiko) (5,6).

Stattgehabte Ruptur eines anderen Aneurysmas (3)

Größe: Laut der ISUIA – Studie aus dem Jahr 2003 steigt das Rupturrisiko ab einer

Größe von 7mm signifikant an (7).

Aneurysma – Konfiguration: Unregelmäßig konfigurierte und multilobuläre

Aneurysmen rupturieren häufiger als symmetrische, unilobuläre Formen (2,3).

Größenzunahme des Aneurysmas (2)

Hypertonie (4-6)

Genetische, Familiäre und individuelle Disposition (3)

Rauchen fördert das Wachstum und das Rupturrisiko von Aneurysmen (4,5).

Demografie: In Finnland und Japan ist die Inzidenz rupturierter Aneurysmen höher

als in Mitteleuropa und den USA (6).

Page 13: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

13

Greving hat einen Risiko Score (PHASES) entwickelt, um die Wahrscheinlichkeit einer

Ruptur, bei bekannten Risikofaktoren, vorauszusagen (siehe Abb.1) (6,8). Dabei wurden 6

prospektive Studien miteinander verglichen. 8382 Betroffene, mit 10272 Aneurysmen

konnten in die Analyse eingebunden werden. In 230 Fällen trat eine Ruptur auf. Das

niedrigste Rupturrisiko wurde für Menschen unter 70 Jahren, ohne vaskuläre

Risikofaktoren und Aneurysmen der ACI unter 7mm Durchmesser berechnet (6).

Der PHASES Score kann somit als Entscheidungshilfe, für oder gegen eine Therapie, im

klinischen Alltag dienen.

Abbildung 1: „PHASES SCORE“ (6) Nach Summieren der Punkte kann man in der Grafik

rechts das 5-Jahresrupturrisiko ableiten.

Page 14: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

14

SAB – Symptome und Klinik

Eine SAB ist ein neurologischer Notfall. Als Leitsymptom gilt der Kopfschmerz, welcher

typischerweise „peitschenschlagartig“ eintritt. Betroffene berichten nicht selten bereits

einige Tage zuvor Kopfschmerzen verspürt zu haben, sogenannte Warnkopfschmerzen

(1,3). Dabei liegt eine klinisch mildere SAB vor. Das schwere Krankheitsbild, welches sich

daraufhin einige Tage bis zu zwei Wochen später zeigt, ist das Resultat einer eingetretenen

Nachblutung. Bei bis zu 25% der schweren SABs kommt es vorher zum Auftreten des

Kopfschmerzes als Warnsymptom (1).

Weist ein Patient mit akuten Kopfschmerzen eines oder mehr der sechs folgenden

Charakteristika auf, so besteht der unmittelbare Verdacht auf eine SAB und eine

Abklärung hat unverzüglich zu erfolgen: (9,10)

Alter > 40 Jahre

Nackenschmerzen oder Nackensteifigkeit

eingeschränkte Nackenbeweglichkeit bei der klinischen Untersuchung

Reduktion des Bewusstseinszustands

Auftreten der Kopfschmerzen während oder nach körperlicher Anstrengung

blitzartiges Auftreten des Kopfschmerzes.

Die Kopfschmerzen werden häufig von Symptomen vegetativer Art begleitet. Dazu zählen

mitunter Übelkeit, Erbrechen, Schweißausbrüche, Hypertonie, Veränderungen des Pulses

und der Atmung (1,9).

Innerhalb von vier bis sechs Stunden nach erfolgter SAB bildet sich in der Regel ein

Meningismus aus. Ursächlich dafür sind Blutabbauprodukte im Subarachnoidalraum (1,9).

Der Bewusstseinszustand des/der Betroffenen kann je nach Schwere der SAB

eingeschränkt sein. Möglich ist ein akuter temporärer, bis hin zu einem permanenten

Bewusstseinsverlust, sowie ein anhaltendes Koma, Zeichen der Dezerebration und letzten

Endes der Tod (3). Durch austretendes Blut in den Subarachnoidalraum kommt es zu einer

intrakraniellen Drucksteigerung. Nähert sich der intrazerebrale Druck dem arteriellen

Mitteldruck folgt eine akute Abnahme des zerebralen Perfusionsdrucks, worauf hin der

Patient/ die Patientin das Bewusstsein verliert. Durch die reduzierte Perfusion werden

Gerinnungsvorgänge aktiviert, die zum vorübergehenden Verschluss der Blutungsquelle

Page 15: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

15

führen. Es folgt eine Phase der reaktiven Hyperämie, in der Betroffene ihr Bewusstsein

wieder erlangen können. Ob es zu einem Wiedererreichen des Bewusstseins kommt, hängt

dabei von der Menge und der Lokalisation des Blutes ab (1).

Tabelle 2: WFNS Klassifikation der SAB

WFNS Klassifikation GCS Motorisches Defizit

I 15 Keines

II 13-14 Keines

III 13-14 Vorhanden

IV 7-12 Keines oder Vorhanden

V 3-6 Keines oder Vorhanden

Die klinische Symptomatik der SAB wird seit 1968 nach Hunt und Hess bzw. seit 1988

nach der Einteilung der World Federation of Neurological Surgeons (WFNS) beurteilt (2)

(Tabelle 2/ Tabelle 3).

Die beiden Klassifikationen geben, anhand der Klinik, Auskunft über den Schweregrad

einer SAB und ermöglichen eine grobe Einschätzung der Prognose für den Patienten/ die

Patientin.

Die Hunt und Hess Einteilung fokussiert auf die Beurteilung des Bewusstseinsgrades, auf

mögliche Kopfschmerzsymptomatik, Nackensteifigkeit und fokal neurologische Defizite.

Bei der WFNS Skala wird der GCS als Grundlage zur Beurteilung verwendet und teilt ab

einem GCS 13 bzw. 14 die Prognose in günstig und ungünstig (4).

Tabelle 3: Hunt und Hess Klassifikation der SAB

H&H Symptomatik

0 Nicht rupturiertes Aneurysma, asymptomatisch, inzidentell

1 Asymptomatisch oder nur leichter Kopfschmerz mit diskreter Nackensteifigkeit

1a Fixiertes neurologisches Defizit, ohne meningeale Reizung

2 Moderate bis schwere Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit

kein neurologisches Defizit mit der Ausnahme von Hirnnervenparesen

3 Somnolenz, Verwirrtheit oder leichtes fokales neurologisches Defizit

4 Sopor, moderate bis schwere Hemiparese, beginnende Dezerberation, vegetative

Störung

5 Tiefes Koma manifeste Zeichen der Dezeberation, moribundes Erscheinungsbild

Page 16: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

16

Abklärung einer SAB

In der Akutdiagnostik hat die kraniale Computertomografie (CCT) den größten Stellenwert

eingenommen. Die Sensitivität der Untersuchung hängt dabei von der Menge und

Beschaffenheit des Blutes ab: frisches Blut stellt sich im Rahmen der SAB hyperdens dar

und ist in der Sylvischen Fissur, den kortikalen Sulci und/oder den basalen Zisternen

lokalisiert. Falsch negative Ergebnisse resultieren aus einer geringen Blutungsmenge oder

einem niedrigen Hämoglobin- (unter 10mg/dl) bzw. Hämatokritspiegel (unter 30%).

Falsch positive Befunde werden bei Stase in den subarachnoidalen Venen beschrieben.

Bei der Bildinterpretation kommt außerdem der Zeitspanne zwischen Blutung und

Bildaufnahme erhebliche Bedeutung zu. Mit Verstreichen der Zeit wird das Hämatom

abgebaut und durch die Weiterzirkulation des Liquors ausgewaschen (9,11).

Der Nachweis einer SAB gelingt mittels CCT am Aufnahmetag bei 92%, an Tag zwei bei

86% und am dritten Tag bei 76%. Nach dem fünften Tag ist ein SAB Nachweis in der CCT

nur noch bei 58% der Patienten/Innen möglich (12). Auch wenn die CCT die Möglichkeit

einer Ersteinschätzung bietet, ist ein negatives Ergebnis daher kein Ausschlusskriterium

für eine stattgehabte SAB (1,3).

Bei negativer CCT aber klinischem Verdacht auf eine SAB, ist eine Lumbalpunktion (LP)

indiziert. Zu 95% ist der Liquor bei einer SAB intial blutig. Um eine tatsächliche SAB von

einer artifiziellen Blutbeimengung durch die Punktion zu unterscheiden, wird die 3 Gläser

Probe durchgeführt. Diese dient als grobe Abschätzung, anschließend wird die Probe im

Labor analysiert. Die rote Verfärbung stellt sich bei einer SAB gleichmäßig dar und nimmt

mit Abtropfen des Liquors nicht ab (1).

Im Liquor lassen sich ab drei Stunden nach dem Blutungsereignis Abbauprodukte

nachweisen, dazu gehört das Bilirubin, durch welches sich der Liquor gelblich verfärbt,

man nennt diesen Effekt Xanthochromie. Bei artifizieller Blutbeimengung ist der

Überstand nach Zentrifugieren klar, bei erfolgter Blutung xanthochrom. Dieser Effekt ist

bis zu zwei Wochen nach SAB nachweisbar. Makrophagen mit Eiseneinschluss

(Siderophagen) sind zytologisch bis zu 4 Wochen nach dem Ereignis im Liquor als

Hinweis auf eine SAB feststellbar (1,3).

Page 17: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

17

Die Therapie intrakranieller Aneurysmen

In der Therapie intrakranieller Aneurysmen werden im Wesentlichen drei Grundpfeiler

unterschieden: Observanz, chirurgische Interventionen und endovaskuläre

Behandlungsformen.

Rupturierte Aneurysmen

Nach Ruptur eines Aneurysmas liegt das Risiko eine Rezidivblutung zu erleiden innerhalb

der ersten sieben Tage bei 2% täglich. Im ersten Monat nach Blutung beläuft sich das

kumulative Risiko auf 25%, für die ersten sechs Monate nach dem Ereignis liegt das

kumulative Risiko bei 50% und beträgt danach kumulativ bei 2% pro Jahr. Die Letalität

bei einer Rezidivblutung liegt bei 70%. Daraus schlussfolgernd ergibt sich die

Ausschaltung der Blutungsquelle selbst, als primäres Ziel nach einer SAB (1-4,13).

Welche Methode zur Behandlung gewählt wird ist von unterschiedlichen Faktoren

abhängig. Zahlreiche Studien vergleichen die einzelnen Behandlungsmodalitäten.

Für die ISAT Studie (1994) wählte man circa 2000 Patienten/Innen, mit einem

angiografisch nachgewiesenem rupturierten Aneurysma und teilte sie in etwa zu gleichen

Teilen auf die beiden Interventionsgruppen Klippen und endovaskuläres Coiling auf.

Veröffentlicht wurden die 1-Jahres Ergebnisse und im Jahr 2015 die Langzeitergebnisse

aus einem Beobachtungszeitraum von 10 – 18,5 Jahren. Ein Jahr nach Intervention schnitt

das Coiling in Bezug auf Tod und Morbidität besser ab, jedoch kam es zu einer höheren

Anzahl an Re-Interventionen. Die Langzeitergebnisse ergaben schließlich eine niedrigere

Mortalität bei Embolisation, mit einem höheren krankheitsfreien Überleben. Allerdings

wiesen die endovaskulär behandelten Patienten/Innen im Langzeitverlauf vermehrt

Nachblutungen aus dem behandelten Aneurysma auf (4,14). An der ISAT Studie wird trotz

ihrer großen Anzahl an Patienten viel Kritik geübt, unter anderem aufgrund ihrer hoch

selektierten Patienten/Innen Auswahl, sowie aufgrund des guten klinischen Zustands der

Patienten/Innen bei der Intervention (Hunt und Hess I-II). Einen weiteren wichtigen

Kritikpunkt stellt die mangelnde Präsenz von MCA Aneurysmen in der ISAT Studie dar.

Diese Aneurysmen sind in der Regel mittels Embolisation schwieriger zu behandeln und

werden daher häufiger geklippt (15).

2008 wurde die CARAT Studie veröffentlicht. Inkludiert wurden 1000 Patienten/Innen.

Etwa 700 von ihnen unterzogen sich einer Operation, die übrigen 300 Patienten/Innen

Page 18: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

18

wurden embolisiert. Die Auswertung der CARAT Studie beschreibt einen starken

Zusammenhang zwischen Grad des Verschlusses und der Anzahl von Re-Rupturen in

einem Untersuchungszeitraum von durchschnittlich 4 Jahren (

Tabelle 4). Ein vollständiger Verschluss durch den Klipp wurde in 92% der Fälle erreicht,

wohingegen die Embolisation in 39% zu einer vollständigen Okklusion des Aneurysmas

führte und somit mit einer höheren Nachblutungsrate assoziiert war (16).

Tabelle 4: Ergebnisse der CARAT Studie. Die Okklusionsrate korreliert stark mit dem

berechneten kumulativen Rupturrisiko eines behandelten Aneurysmas (16).

Okklusionsrate Rupturrisiko

100% 1%

91-99% 3%

70-90% 6%

< 70% 18%

Das Klippen von Aneurysmen wird generell empfohlen bei (4,16):

Aneurysmen mit einer weiten Fundus – Hals – Relation, da ein Prolabieren der

Platinspirale aus dem Fundus, bei fehlendem Widerlager durch den

Aneurysmahals, möglich ist.

Aneurysmen mit abzweigenden Gefäßen aus dem Aneurysmadom, aufgrund der

Gefahr eines Gefäßverschlusses bzw. thromboembolischer Komplikationen.

Aneurysmen der MCA

Patienten/Innen mit intrazerebralem Hämatom, aufgrund der lokalen

Raumforderung, welches entleert werden muss.

Das Coiling eignet sich dagegen vor allem bei (4,16):

älteren Patienten/Innen über 70 Jahren

Patienten/Innen mit einer hohen Anzahl von Komorbiditäten und hohem OP Risiko

Aneurysmen der hinteren Zirkulation

Aneurysmen mit einem günstigen Fundus/Hals Verhältnis (4,16)

Page 19: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

19

Nicht rupturierte Aneurysmen

Beim Vorliegen nicht rupturierter Aneurysmen gibt es grundsätzlich dieselben

Behandlungsmöglichkeiten wie nach Ruptur.

Die Indikation zur Therapie erfolgt jedoch erst nach einer gründlichen Nutzen- Risiko

Abwägung. Dabei wird entschieden inwiefern die Gefahr einer möglichen Ruptur höher

ist, als mögliche Folgen und Komplikationen eines Eingriffs (8).

Thompson hat im Jahr 2015 eine Leitlinie für das Management von Patienten mit nicht

rupturierten intrakraniellen Aneurysmen erstellt. Dabei wird folgendes Vorgehen

vorgeschlagen (17) :

Der Patient/ Die Patientin muss über die möglichen Folgen einer Ruptur informiert

werden.

Raucher/Innen sollen darauf hingewiesen werden, dass ein Fortsetzen das weitere

Wachstum des Aneurysmas fördert und eine Entwöhnung die beste Lösung ist.

Therapie einer bestehenden Hypertonie

Regelmäßige Gefäßdarstellungen mittels CTA oder MRA um ein etwaiges

Wachstum frühzeitig zu erkennen.

Regelmäßige Nachsorgetermine für Patienten/Innen mit stattgehabter SAB.

Patienten/Innen mit Hirnnervenlähmung sollen frühzeitig behandelt werden.

Liegt eine positive Familienanamnese bezüglich SABs vor, kann eine vorzeitige

Behandlung eines nicht rupturierten Aneurysmas in Erwägung gezogen werden.

Page 20: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

20

Wrapping

Das Wrapping, also das Umhüllen eines Aneurysmas, gilt als Alternativmethode in der

Behandlung intrakranieller Aneurysmen. Das Ziel liegt in einer Verstärkung der

Gefäßwand zum Schutz vor Vergrößerung und zuletzt vor einer Ruptur des behandelten

Aneurysmas. Primär erreicht man diesen Effekt durch das Einhüllen des Gefäßes von

außen. Sekundär bildet sich, durch entzündliche Prozesse, eine Fibrose. Durch diese

Bindegewebsanlagerung an die natürliche Gefäßwand soll ein langfristiger Schutz geboten

werden (18). Das Wrapping wird als alleinstehendes Verfahren angewandt oder als Zusatz

zum Klipp. Dabei geht es vor allem darum verbliebene Aneurysmareste, die durch den

Klipp nicht mit erfasst werden konnten bzw. übrige aneurysmatische

Gefäßwandabschnitte, abzusichern. Seltener wird das Wrapping nach endovaskulärer

Embolisation angewandt.

Geschichte

1931 führte ein Arzt namens Norman Dott das erste Wrapping an einem rupturierten

Aneurysma der MCA durch (19-21). Der Patient überlebte elf Jahre ohne eine

Rezidivblutung zu erleiden, er verstarb schließlich an einer kardialen Ursache. Die

Operation von Dott gilt als die erste chirurgische Behandlung eines Aneurysmas. Sein

Hintergedanke war, eine erneute Blutung aus dem Aneurysma zu vermeiden, indem man

die ausgedünnte Wand von außen verstärkt. Dazu benutzte er autologes Muskelgewebe auf

einer Unterlage aus Baumwolle (20,22,23).

1954 schlug ein Chirurg namens Gillingham vor, alle MCA Aneurysmen mittels Wrapping

zu versorgen. 1975 veröffentlichte er dazu eine Studie mit über 81 Patienten/Innen

(rupturierte Aneurysmen), 4 von ihnen verstarben, 65% kehrten wieder in einen normalen

Alltag zurück (24).

Seit dem ersten Wrapping wurden zahlreiche Materialien für diese Methode genutzt. Pool

und Potts empfahlen 1965 in Leinwandbindung gewebte Baumwollfasern für das

Wrapping bei schlecht zu ligierenden bzw. zu klippenden Aneurysmen (19).

Ebenfalls in den 70er und 80er Jahren des 20 Jahrhunderts kamen die medizinischen

Kleber Fibrin und Cyanoacrylat in die chirurgische Praxis und somit starteten Versuche

Aneurysmen auch damit zu versorgen.

Bis in die 1970er Jahre galt das Wrapping als echte Alternative gegenüber dem Klippen, da

die Klipps noch nicht die Vielzahl an Formen aufwiesen, wie wir sie heute kennen (Anm.:

Page 21: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

21

Die erste Klippung fand 1937 durch Walter Dandy statt). Heute ist es in den seltensten

Fällen nötig ein Aneurysma zu „wrappen“, dennoch gibt es Situationen in denen man auf

diese Methode zurückgreift (3,20).

Historisch unterscheidet man in der Neurochirurgie die prä-mikroskopische Ära und die

Zeit nach Einführung des Operationsmikroskops. Mit Beginn der mikrochirurgischen Ära

sank die Nachblutungsrate nach Aneurysmaoperationen wesentlich, da man den Hals des

Aneurysmas plötzlich wesentlich besser darstellen konnte und somit Interventionen unter

Schonung benachbarter Strukturen möglich wurden. (25).

Indikationen zum Wrapping

Kalkablagerungen bzw. atheromatöse Plaques im Bereich des Aneurysmahalses,

mit Unmöglichkeit einen Clip zu verschließen (26,27).

Perforierende Gefäße aus dem Aneurysma, welche durch einen Klipp oder einen

eingebrachten Coil stenosiert bzw. verschlossen werden könnten (26-28).

Aneurysmen, bei welchen aus anatomischen Gründen kein Clip angebracht werden

kann. Zum Beispiel, wenn es technisch unmöglich ist das Aneurysma mit einem

Klipp zu erreichen (20,26,29,30).

Fusiforme Aneurysmen (26)

Sehr kleine „Blister“ –förmige Aneurysmen (31)

Bei intraoperativer Ruptur des Halses als Notfallmaßnahme in ausgewählten

Situationen (30).

Materialien

Das Ausmaß der fibrotischen Reaktion ist ausschlaggebend für die Sicherheit und den

Effekt der Intervention und hängt unter anderem vom angewandten Material ab (19).

Deshalb gelten folgende Anforderungen an die Produkte: Idealerweise sind sie langsam

resorbierbar und hinterlassen durch die induzierten immunologischen Prozesse eine durch

Bindegewebe verstärkte Gefäßwand, ohne dabei die Strukturen der unmittelbaren

Umgebung zu schädigen (18,28). Grob unterscheidet man autologe Gewebe (Muskel, Dura

und Faszie) von Fremdgeweben (z.B.: Baumwolle, Kunststoffe, Silikone) (19,20,26,27).

Beide Gruppen haben ihre Vor- und Nachteile: Autologe Gewebe werden vom

körpereigenen Immunsystem toleriert, haben jedoch die Tendenz innerhalb kurzer Zeit

Page 22: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

22

absorbiert zu werden, wodurch der Schutz für die Gefäßwand evtl. unzureichend ist und

das Risiko einer Ruptur oder Nachblutung steigt.

Fremdgewebe dagegen initiieren entzündliche Prozesse, die neben der gewünschten

Bindegewebsbildung, zu Fremdkörpergranulomen führen können (18).

Zusätzlich zu den Patches mit denen das betroffene Areal umhüllt wird, kann man additive

Substanzen anbringen. So kann der Patch beispielsweise in Papaverin1 getränkt werden,

das eine lokale spasmolytische Wirkung auf die Gefäßmuskulatur hat und somit

prophylaktisch gegen das Auftreten eines Vasospasmus wirken kann (32).

Die flüssigen Bioadhäsive wie Fibrin oder Cyanoacrylat kommen häufiger als Additivum

zur Anwendung, mit der Absicht das anzubringende Material besser an der Gefäßwand zu

fixieren. Gleichzeitig wirken die beiden Substanzen blutstillend. Von Nachteil ist jedoch

die Zelltoxizität der Bioadhäsiva (v.a. bei Cyanoacrylat), wodurch Arterienwände

nekrotisieren und sich in Folge arterielle Verschlüsse bilden können (18,28).

Abbildung 2: „Klipp-unterstützte Wrapping Technik“ (29)

Neben den flüssigen adhäsiven Agentien ist es möglich das Wrapping- Material mithilfe

eines Klipps zu fixieren (Abbildung 2). Dabei liegt die Herausforderung darin den idealen

Druck für das Anbringen des Patches zu finden, sodass weder Stenosen hervorgerufen

werden, noch das Material zu lose um das Gefäß liegt (29).

1 Opium Abkömmling, mit spasmolytischer Wirkung auf glatte Muskulatur, ohne anticholinerge Wirkung

Page 23: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

23

Autologe Materialien:

Muskelgewebe

Schon bei der Erstbeschreibung des Wrappings 1931 wurde ein Teil des Schläfenmuskels

zur Aneurysmaversorgung genutzt. (19-21)

Germanó beschreibt acht Patienten/Innen, welche durch Muskel, ohne zusätzliche

Bioadhäsive, versorgt wurden. Von den acht Patienten/Innen verstarben zwei (Mortalität

25%). Ein Patient aufgrund einer Ischämie durch Vasospamus, ein zweiter wegen einer

Re-Ruptur aus dem behandelten Aneurysma sechs Monate nach Intervention. In der

MR/MRA Bildgebung zeigte sich der Dom des Aneurysmas persistent, jedoch ohne

Größenprogredienz oder Konfigurationsänderung. Entsprechend dem umliegenden

Muskelgewebe bildete sich, nach Kontrastmittelapplikation, in der MRT eine

Signalverstärkung um das Gefäß ab (19).

Es liegen angiografische Untersuchungen von Aneurysmen vor, welche mittels einer

Wrap/Klipp Kombination behandelt wurden. Dabei kam es zu keiner Größenprogredienz

bzw. Konfigurationsänderung der behandelten Aneurysmen (25).

Heterologe Materialien:

Fibrinkleber 2

Angewandt wird Fibrin zur Wundheilung und Blutstillung, beispielsweise beim Verschluss

von Dura mater oder auch im Rahmen von SABs, zur Prävention von Vasospasmen.

Das Material ist gut verträglich. Allergische Reaktionen bis hin zum anaphylaktischen

Schock sind aufgrund der enthaltenen Rinderpoteine jedoch möglich.

Ein Überziehen des Aneurysmas, ein sogenanntes „Coating“, alleine durch Fibrinkleber

wird nicht empfohlen, da dieser von Makrophagen resorbiert wird und somit keine

Verstärkung der Aneurysmawand gewährleistet werden kann (28).

2 Fibrinkleber setzt sich zusammen aus Fibrinogen, Faktor XIII, Aprotinin, Thrombin und Kalziumionen.

Alle Bestandteile, mit Ausnahme von Aprotinin, werden durch Plasmafraktionierung aus menschlichem

Blutplasma gewonnen. Aprotinin hingegen stammt aus der Fermentation von Lungengewebe des Rindes

und anschließender Reinigung durch Gelfiltration.

Page 24: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

24

Cyanoacrylat

Cyanoacrylat ist ein Ester der Cyanacrylsäure und wird aufgrund seiner Fähigkeit zur

anionischen Polymerisation in Kontakt mit Flüssigkeiten als medizinischer Kleber

angewandt. Das Polymer haftet an Oberflächen und ist wasserfest, jedoch kann es durch

mechanische Beanspruchung spröde werden und brechen. Die Anwendung an Gefäßen

führt zu Verdickung der Adventitia durch Bindegewebsproliferation, aber auch zu

Medianekrosen. Aufgrund der Gewebetoxizität von Cyanoacrylat kann der Kleber zu

Entzündung- und Fremdkörperreaktionen führen (28).

Polyglykolsäure

Das Material findet in der Medizin Anwendung als resorbierbares Nahtmaterial.

Zum Wrapping kam es bisher lediglich in tierexperimentellen Studien, in Kombination mit

Fibrinkleber, zum Gebrauch. Positiv fiel dabei auf, dass ein bindegewebiger Ersatz um die

Arterienwand hinterlassen wird, ohne dabei eine Fremdkörperreaktion zu provozieren.

Dabei imponierte vor allem die hohe Affinität zwischen den Materialien und der

Arterienwand, welche mit keinem anderen Material in der Form erreicht werden kann (18).

Dacron

Dacron besteht aus Polyester- Endlosfasern. Es ist flexibel, dicht, antiallergen und

antiadhäsiv und wird in der Herz- und Gefäßchirurgie als Bypass oder Gefäßpatch, sowie

als nicht resorbierbares Nahtmaterial verwendet. In der Arterienchirurgie weist es eine

hohe Stabilität auf. Das erste Mal wurde es 1980 bei kardiovaskulären Eingriffen

eingesetzt, seit 2000 wird es in der Neurochirurgie bei Klipp-unterstützten Wrapping

Techniken verwendet.

Eine belgische Studie aus dem Jahr 2015 beobachtete 16 Patienten/Innen, in einem

Zeitraum von durchschnittlich 45 Monaten. Insgesamt 18 Aneurysmen wurden durch

Klipp unterstütztes Wrapping mittels Dacron behandelt. 16/ 18 Aneurysmen wurden nicht

mehr nachgewiesen, die anderen beiden Aneurysmen verkleinerten sich und blieben

schließlich stabil. Es wurden weder Fremdgewebsreaktionen, noch Gefäßstenosen

nachgewiesen (29). Jedoch wurden in dieser kleinen Population nur sehr kleine

Aneurysmen bis maximal 5mm Durchmesser behandelt, sodass sich nicht feststellen lies,

ob Dacron tatsächlich einen protektiven Effekt auf die Gefäßwand hat.

Page 25: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

25

Gore-Tex

Gore-Tex ist eine mikroporöse Membran aus Polytetrafluoräthylen, die dehnbar und inert

ist. Des Weiteren wird das Material gut vertragen. Bisher wurden keine

Fremdgewebsreaktionen beschrieben. Der Vorteil dieses Materials liegt in der fehlenden

Materialermüdung, der Patch schrumpft nicht und verliert nicht an Elastizität. Bei der

Anwendung an 30 Patienten/Innen in Kombination mit einem tangential angebrachten

Klipp, kam es bei keiner Person zum Tod, zu einer Stenose oder einer Nachblutung. Bei

zwei Patienten/Innen kam es jedoch zu einem Rezidiv des Aneurysmas mit der

Notwendigkeit einer Re-Intervention (33).

Baumwolle/Leinen

Baumwollstoffe werden heute für das Wrapping am häufigsten angewandt. Als

Komplikation wird jedoch die Ausbildung von Fremdkörpergranulomen gefürchtet

(18,20,27,28,31,34).

Histologische Ergebnisse haben gezeigt, dass eine gemeinsame Applikation von

Baumwolle und Fibrin, die am häufigsten angewandte Kombination in der Praxis, zu einer

Proliferation der Intima bei Versuchstieren führt. Diese resultiert in einer zunehmenden

Lumeneinengung. Weiter findet eine erhebliche Fremdkörperreaktion statt, sowie

bindegewebige Veränderungen um das Gefäß. Es herrscht nur loser Kontakt zwischen der

Arterienwand und dem Baumwolle – Fibrin Gemisch. Das Material kann nicht resorbiert

werden (18).

Abbildung 3: Histologisches Ergebnis nach Baumwolle- und Fibrinapplikation: deutliche

Verengung des Lumens durch Intimaproliferation ( ► ) und Ausbildung einer

Bindegewebsformation (↓) um die behandelte Seite (18).

Page 26: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

26

Komplikationen nach Wrapping

Komplikationen nach Wrapping treten in Form von Nachblutungen oder im Rahmen einer

Fremdkörperreaktion auf. Dabei bildet sich ein Granulom, welches der Radiologe in

Anlehnung auf das Baumwollmaterial Musselin, als „Muslinom“ bezeichnet Die Reaktion

kann exzessiv fortschreiten und benachbarte Strukturen schädigen, am häufigsten betroffen

sind der N.opticus, das Chiasma opticum, der Tractus opticus, der N.oculomotorius und die

Hypophyse mit Ausbildung einer Hypothalamus- Hypophysen- Achsen Störung (20,31).

Ebenso sind Stenosen von Aneurysma – Stammgefäßen, aufgrund von Granulomen,

zahlreich erfasst worden (20,27,34).

Nachblutung

Beim Wrapping bleibt das Lumen des Aneurysmas zur Gänze perfundiert, es sei denn es

wird additiv, z.B. bei inkompletten Klippen, eingesetzt.

Perrini und seine Kollegen haben in einem Review aus 2015 eine Nachblutungsrate von

11,9% nach Wrapping beschrieben, die Blutungen fanden innerhalb von 7 Tagen bis zu 15

Jahre nach Intervention statt (27).

Cossu et al berichtete in seiner Arbeit (1993) über 47 Patienten/Innen, mit einer

Nachblutungsrate von 17%. Die Inzidenz einer frühen Nachblutung, innerhalb von 30

Tagen nach Intervention, lag in seiner Studienpopulation bei 6,4% (absolutes Risiko). Das

Risiko einer späteren Nachblutung lag kumulativ bei 0,93%/Jahr (30).

Kommt es zu einer Ruptur aus einem gewrappten Aneurysmam, sollte folgendes Prozedere

erfolgen: Zunächst Durchführung einer MRT bezüglich eines „Muslinoms“ und nach

Möglichkeit Einholen von Information über die durchgeführte Wrapping Operation.

Kenntnisse über das eingebrachte Material, Gründe des Wrappings und Vorkenntnisse über

zuvor vorgefundene anatomische Verhältnisse sind bei einer erneuten Interventionsplanung

hilfreich.

Es ist ratsam die chirurgische Exploration nach Rezidivblutung mit der Dissektion in einer

„jungfräulichen“ Region zu beginnen. Typische „Landmarken“ welche üblicherweise bei

Aneurysma – Operationen aufgesucht werden, wie der N.opticus, können z.B. durch

Fibrose verschleiert sein und zu Schaden kommen. Zur Orientierung folgt man deshalb

primär den Gefäßen des Circulus arteriosus, welche nicht unmittelbar in der Nähe des

behandelten Aneurysmas liegen. Nach Darstellen des Aneurysmas und seiner

unmittelbaren Umgebung, erfolgt eine Re-Evaluation über ein mögliches Klippen.

Page 27: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

27

Ein erneutes Wrapping wird nicht empfohlen und die Ligatur zuführender Gefäße dient

lediglich als Notfallmaßnahme. Ist ein Klippen unmöglich, kann die Anlage eines extra-

intrakraniellen Bypasses erwogen werden (20).

Nachblutungen werden jedoch seltener bei Klipp/Wrap Kombinationen

beobachtet(25,35,36). So liegt beispielsweise eine koreanische Studie vor, bei der 21

Patienten/Innen angiografisch durchuntersucht wurden. Es kam zu keiner Nachblutung aus

dem behandelten Aneurysma, ebenso wurde keine Größenprogredienz oder

Konfigurationsänderung beschrieben (25).

Fremdkörperreaktion

Beim Fremdkörpergranulom handelt es sich um eine Gewebeneubildung, die sich im

Rahmen einer chronischen Entzündungsreaktion um einen Fremdkörper herum

manifestiert. Histologisch zeigen sich Riesenzellen, welche sich um das eingebrachte

Material anordnen (18,28,37).

Prinzipiell ist diese Reaktion zur Stabilisierung der Gefäßwand erwünscht. Als Folge einer

exzessiven entzündlichen Reaktion kann es allerdings zur Ausbildung eines „Muslinoms“

oder einer optochiasmatischen Arachnoiditis kommen (26,38).

Die Inzidenz von „Muslinomen“ bewegt sich zwischen 6,6 % – 18% (24).

Über die pathophysiologischen Hintergründe ist bisher wenig bekannt. Unklarheit herrscht

vor allem darüber, warum manche Patienten/Innen ein „Muslinom" bzw. eine

Arachnoiditis entwickeln, andere wiederum nicht. Einige Autoren vermuten eine „low-

grade Infektion" als Trigger für die Granulombildung (26). So ist in der Literatur ein Fall

beschrieben, bei dem nach operativer Ausräumung des Granuloms, ein Pilz namens

Candida parapsilosis, im mikrobiologischen Labor gefunden wurde. In einem weiteren

Fall kultivierte man das Bakterium Staphylococcus epidermidis (26,37).

Einen neuen Meilenstein bei der Erforschung des Hintergrunds dieser Nebenwirkung

liefert die Molekularbiologie. Das CC- Chemokin CCL2/MCP1 welches bei

inflammatorischen Prozessen von verschiedenen Entzündungszellen (u.a. Makrophagen)

freigesetzt wird führt zur Chemotaxis, zur Fusion von Monozyten und dadurch zur Bildung

von Riesenzellen. Daher wird vermutet, dass dieses Chemokin bei der Entstehung von

Fremdkörpergranulomen eine wichtige Rolle einnimmt. Möglicherweise kommt es bei

einer „low –grade Infektion“ zu einer Überexpression von CCL2/MCP1 und einer daraus

resultierenden überschießenden Fremdgewebsreaktion (26,39,40). In dessen Folge

entwickeln Betroffene Symptome, die abrupt auftreten oder sich langsam, innerhalb von

Page 28: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

28

Tagen bis Monaten, entwickeln und sich ebenso spontan wieder bessern können (26,41).

Die häufigsten Symptome in Zusammenhang mit einem „Muslinom“ sind Fieber, optische

Neuropathien, Okulomotoriusparesen und Hypothalamus- Hypophysen- Achsen Störungen

(26,32).

Spontane Rückbildungen von Fremdköperreaktionen wurden beschrieben. Als

Therapieoption steht ein antiinflammatorisches Therapiekonzept mit Corticosteroiden

und/oder anderen Immunmodulatoren/-suppressiven (z.B.: Cyclophosphamid), zur

Verfügung. Darüber hinaus kann das chirurgische Lösen von Adhäsionen eine

Symptomlinderung herbeiführen (38,41).

Nachweis

Klinisch ist es nicht möglich die Symptome eines „Muslinoms“ von anderen

neurologischen Erkrankungen, wie zum Beispiel von einem ischämischen Schlaganfalls

oder einer tumorösen Veränderung zu differenzieren. Anzeichen einer Entzündung fehlen

zumeist. Erst die Kenntnis der Krankengeschichte des Patienten/der Patientin kann zur

Verdachtsdiagnose führen (41,42).

In der CCT mit Kontrastmittel zeigt sich regelmäßig eine homogene,

kontrastmittelaufnehmende Läsion in der Nähe des behandelten Aneurysmas (32,34,43).

Die Methode der Wahl bei Verdacht auf ein Fremdkörpergranulom stellt eine MRT mit

Kontrastmittel dar. Mehrere Studien haben sich mit dem Auftreten von „Muslinomen“ in

der Bildgebung beschäftigt (Tabelle 5).

Generell zeigt sich bei T1gewichteten Aufnahme nach Kontrastmittelapplikation eine

perianeurysmatische Masse, mit hyperintenser Randbetonung und zentraler Hypointensität

(37 - 40). Differentialdiagnostisch sind Abszesse, Tumore, Strahlennekrosen und Infarkte

in Resorption auszuschließen (43). Da eine Unterscheidung der Entitäten alleine aus der

Bildgebung unmöglich ist, bedarf es der Kenntnis über das Wrapping eines Aneurysmas

(41). In der T2 Wichtung erscheint ein „Muslinom“ als dicht zum Aneurysma angrenzende

Masse mit zentraler Hypointensität oder auch Hyperintensität, mit einem perifokal

ausladenden Hirnödem (43,44).

Yoon beschreibt eine Korrelation zwischen der Ausprägung des Ödems in der Bildgebung

und den Symptomen der Patienten/Innen. Bei Besserung des klinischen Zustands war bei

den Betroffenen das Ödem üblicherweise rückläufig in seiner Ausdehnung. Die

Ausprägung des Hirnödems kann daher als Zeichen einer reaktiven Entzündung angesehen

werden. Yoon konnte bei seinen Patienten/Innen außerdem feststellen, dass ein

Page 29: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

29

gemeinsames Auftreten von Fremdkörpergranulomen, Abszessen und adhäsiver

Arachnoiditis möglich ist. Die Reaktionen unterschieden sich, vor allem in den T2 -

gewichteten und den diffusionsgewichteten (DWI) Sequenzen, voneinander. Granulome

erscheinen mit einer zentralen Hypointensität und mit fehlender Diffusionsreduktion,

Abszesse dagegen weisen zentrale Hyperintensitäten und in der Regel eine eingeschränkter

Diffusion auf (45).

Slater beschreibt zwei asymptomatische Patienten/Innen mit Fremdkörpergranulomen. Sie

wurden über einen Zeitraum von 6 Jahren nachuntersucht. Die Veränderungen waren

dabei persistierend. Das Ödem variierte jedoch in seinem Ausmaß. Slater postuliert daher,

dass es vermutlich öfter als gedacht zum Auftreten dieser Veränderungen kommt, aber die

Diagnose aufgrund fehlender Symptomatik nicht gestellt wird (44).

Page 30: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

30

Tabelle 5: „Muslinom“ in der Bildgebung

Kumar (43) Slater (44) Yoon (45) Brochert (42)

Patienten/Innen 2 2 5 1

CT Hyperdense, lobulierte Masse

mit Randsaum - - -

T1 mit KM

Hypointense lobulierte Masse

mit iso- bis hyperintensem

Randsaum

Randbetonte, lobulierte

Masse um das

Aneurysma mit zenraler

Hypointensität

Randbetonte

lobulierte Masse um

das Aneurysma mit

zentraler

Hypointensität

Randbetonte

Masse um das

Aneurysma mit

zentraler

Hypointesität

T2

Hyperintense Masse mit

Arealen geringerer Signalität

und hypointensem Randsaum

Hyperintense zentrale

Masse mit

hypointensem

Randsaum und

perifokalem Ödem

Hypointense zentrale

Masse mit

perifokalem Ödem

Hypointense

Masse, aber

auch

hyperintense

Signale

beschrieben

DWI

Schwaches Signal, keine

Diffusionsreduktion im

Zentrum, jedoch am Rand

Erhöhtes Signal,

Reduzierte DWI

Sequenz

Schwaches Signal,

keine

Diffusionsreduktion

-

FLAIR Hyperintense Masse mit

hypointensem Rahmen

Perianeurysmatisches

Ödem

Perianeurysmatisches

Ödem -

Perfusionsbildgebung

Reduzierter zerebraler Fluss

im Granulom normalen

Gewebe

- - -

Page 31: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

31

Zerebrovaskuläre Komplikationen

Zerebrovaskuläre Komplikationen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen werden

regelmäßig beschrieben: Dabei kommt es zur Stenose des behandelten Gefäßes mit

resultierender Ischämie (31,33). Ischämien können früh postoperativ auftreten, ähnlich

einem Vasospasmus oder aber im Verlauf entstehen, meist in Verbindung mit dem

Auftreten eines „Muslinoms“ (siehe S.: 50).

Optochiasmale Arachnoiditis

Die optochiasmatische Arachnoiditis ist eine Form der Fremdkörperreaktion. Sie geht mit

Gesichtsfeldeinschränkungen und Visusverlusten einher. Der Nachweis erfolgt mittels

MRT. Bei der Arachnoiditis zeigt sich in der MRT eine zentrale Hyperintensität, sowohl

bei T2 als auch bei DWI Aufnahmen. Eine Hyperintensität entlang des Verlaufs des

N.opticus wird im Rahmen von Neuropathien beobachtet. Fundoskopisch beobachtet man

bei manchen Patienten/Innen eine Optikusatrophie (34,38,41,44). Typischerweise folgen

optische Einschränkungen der Behandlung von ICA Aneurysmen. Dabei liegt die

Zeitspanne vom Wrapping zum Symptombeginn zwischen einem Monat und 4,5 Jahren

(38).

Weitere Komplikationen

Je nach Lokalisation des behandelten Aneurysmas können sich im Rahmen von

Fremdgewebsreaktionen, folgende weitere systemische und neurologische Komplikationen

einstellen:

Kopfschmerzen (38)

Fieber (38)

Bewusstseinseintrübungen (38)

Epilepsie: Auftreten epileptischer Anfälle, ohne morphologisches Korrelat in der

Bildgebung. (32,41)

Endokrinopathien aufgrund des Übergreifens eines Granuloms auf die

Hypophysenregion (32)

Okulomotoriusparesen

Intimaverdickung: Vor allem Baumwollmaterialien in Kombination mit Fibrin

führen zur Proliferation der Intima, die in einer vollständigen Obstruktion des

behandelten Gefäßes enden kann (18).

Page 32: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

32

Methoden & Materialien

Gegenständliche Arbeit stellt eine deskriptive retrospektive Studie dar. Nach Vorliegen des

entsprechenden Ethik Votums, durch die Ethikkommission der medizinischen Universität

Graz, wurde eine Datenabfrage über alle Patienten, welche am Universitätsklinikum für

Neurochirurgie in den Jahren 2011 – 2015 aufgrund eines intrakraniellen Aneurysmas

aufgenommen wurden, gestartet.

Innerhalb der vier untersuchten Jahre wurden 36 Patienten/Innen mittels Wrapping

behandelt, darunter 25 Frauen und 11 Männer. Das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der

Intervention lag bei 55,7 Jahren ( 26 Jahre bis 75 Jahre).

An der Universitätsklinik für Neurochirurgie der medizinischen Universität Graz nutzt man

für das Wrapping intrakranieller Aneurysmen in der Regel eine Kombination aus einem

Baumwollpatch und Fibrin. In seltenen Fällen wird dem M. temporalis autologes

Muskelgewebe entnommen und mittels Fibrin am Aneurysma oder ausgedünnten

Gefäßwandabschnitten fixiert.

Für diese Studie wurden Haupt- und Nebenzielgrößen festgelegt.

Als Hauptzielgrößen wurden das Auftreten von Nachblutungen, die Mortalität und das

Auftreten von Fremdkörpergranulomen nach Wrapping definiert.

Als Nebenzielgröße wurden postoperative Komplikationen, Defizite im Langzeitverlauf

und das Auftreten von Restperfusionen, sowie die Ausbildung von Rezidiven nach Nutzen

einer kombinierten Methode (Klip/Wrap bzw. Embolisation/Wrap) erfasst.

Die benötigten Informationen wurden nach Durchsicht der elektronischen Krankenakten,

der OP – Berichte und der radiologischen Befunde akquiriert, sowie aus der

Gefäßdatenbank, der Klinik gewonnen. Die Gefäßdatenbank ist eine speziell adaptierte

Microsoft Access Datenbank, welche sämtliche Patienten/Innen erfasst, die aufgrund von

Gefäßerkrankungen z.B. Aneurysmen, AVMs, uvm. an der Universitätsklinik für

Neurochirurgie vorstellig werden.

Die Daten wurden unter fortlaufender Nummerierung in eine Microsoft Excel Tabelle

exportiert. Geschlecht und Alter der Probanden, die Lokalisation, Konfiguration und Größe

des Aneurysmas, stattgehabte Rupturen, der Hunt und Hess Score, das Auftreten von

Komplikationen und Defiziten, sowie mögliche Rest- oder Rezidivaneurysmen wurden in

Page 33: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

33

vorgesehenen Kontrollen erfasst. Von besonderer Bedeutung waren in dieser

Untersuchung die MRT Befunde und die Frage nach dem Auftreten von

Fremdkörperreaktionen.

Alle Patienten/Innen, die an unserer Klinik bezüglich eines Aneurysma versorgt werden,

werden regelmäßig ambulant kontrolliert. Dabei wird der neurologische Status der

Patienten/Innen erhoben und das allgemeine Befinden der Betroffenen erfragt.

Routinemäßig findet die erste klinische Kontrolle bei allen Betroffenen am 30.Tag nach

Behandlung statt, ein nächster fest eingeplanter Termin, mit klinischer und radiologischer

Kontrolle, erfolgt 6 - 12 Monate nach Intervention. An der Universitätsklinik für

Neurochirurgie werden bei allen Aneurysmapatienten/Innen, noch während des stationären

Aufenthalts CTA Untersuchungen zur Dokumentation des Behandlungsergebnisses

(Restperfusion, Rezidiv) durchgeführt.

Um evtl. entzündliche Reaktionen nach Wrapping (z.B. in Form einer Blut- Hirn-

Schranken Störung) nachweisen zu können, wird allen Behandelten empfohlen, im

Verlauf ein MRT des Schädels durchführen zu lassen.

Von den 36 Patienten wurde bei 30 zumindest einmal eine MR Bildgebung durchgeführt.

Im Schnitt fand die erste Bildgebung nach 15 Monaten [0,5 – 48 Monate] statt. Somit stellt

diese Studienpopulation die größte dar, welche systematisch auf Fremdkörpergranulome

untersucht wurde. Bei 2 Patientinnen konnte eine Fremdkörperreaktion radiologisch

nachgewiesen werden.

Die Auswertung der Daten erfolgte mittels deskriptiver Statistik, mithilfe des Microsoft

Programm Excel. Für diese Diplomarbeit wurden keine zusätzlichen Mittel verwendet.

Page 34: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

34

Ergebnisse

Die Universiätsklinik für Neurochirurgie der medizinischen Universität Graz behandelte in

den Jahren 2011-2015, 36 Aneurysmen mittels „Wrapping“ oder „Klipping und Wrapping“

oder „Embolisation und Wrapping“. Eine elektive Versorgung erfolgte bei 22

Patienten/Innen. Vierzehn Interventionen erfolgten aufgrund einer SAB aus dem

gewrappten Aneurysma (Abbildung 4).

Abbildung 4: Quantitative Erfassung rupturierter und nicht rupturierter Aneurysmen

Bei Aufnahme betrug der Hunt und Hess Score bei jeweils fünf Patienten/Innen eins bzw.

drei, bei vier Betroffenen betrug er zwei, bei zwei Patienten/Innen betrug der Hunt und

Hess Score bei Aufnahme fünf (Abbildung 5). Die Diskrepanz zwischen 14 Rupturen bei

gewrappten Aneurysmen und 16 Patienten/Innen, die aufgrund einer SAB mittels dem

Hunt und Hess von eins bis fünf gewertet wurden, ergibt sich aus der Tatsache, dass eine

Intervention aufgrund der Ruptur eines anderen Aneurysmas erfolgte und ein weiteres

Aneurysma während der Operation mit behandelt wurde.

Page 35: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

35

Abbildung 5: Hunt und Hess Score zum Zeitpunkt der Intervention

Es fanden sich 22 Aneurysmen der MCA, die somit am häufigsten durch Wrapping

behandelt wurden (Tabelle 6). Das liegt vor allem an der besonderen Angioarchitektur in

diesem Bereich. MCA Aneurysmen bilden sich häufig direkt an der Bifurkation,

gleichzeitig zweigen an dieser Stelle vermehrt Gefäße aus Strukturen des Aneurysmas ab,

wodurch eine Klippung erschwert wird. Häufig zeigt sich die gesamte MCA-Bifurkation

aneurysmatisch aufgetrieben, sodass durch das Setzen des Klipps in diesem Bereich, das

Aneurysma nicht vollständig verschlossen werden kann.

Tabelle 6: Behandelte Aneurysmen – Lokalisation - Häufigkeit

Lokalisation Anzahl Prozentueller Anteil

MCA 22 61,11%

AcoA 6 16,67%

A. pericallosa 2 5,56%

AcoP 2 5,56%

A. basilaris 1 2,78%

PICA 1 2,78%

ICA 1 2,78%

ACA 1 2,78%

Gesamtergebnis 36 100,00%

Page 36: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

36

Im vorgestellten Patientengut wurden 13 Aneurysmen über der, durch die ISUIA Studie

festgelegte „7mm Grenze“ operiert. Neunzehn Aneurysmen maßen unter 7mm. Bei 4

Aneurysmen konnte aus den Daten die Aneurysmagröße nicht evaluiert werden(Tabelle 7).

Tabelle 7: Aneurysmagröße

Ruptur k.A. 9mm 8mm 7mm 6mm 5mm 4mm 3mm 19mm 14mm 12mm Summe Keine R. 1 1 3 2 4 3 4 1 1 1 1 22 Ruptur 3 2 1

2 1 2 2

1 14

Summe 4 3 4 2 6 4 6 3 1 1 2 36

In dieser Studienpopulation nutzte man in 26 Fällen die Klip-Wrap Kombination. Sieben

Mal machte man vom singulären Wrapping Gebrauch.

In drei Fällen wurde das Wrapping zusätzlich zu einer Coil - Embolisation genutzt

(Tabelle 8): Bei einer Patientin erfolgte zunächst ein Wrapping eines rechten ICA

Aneurysmas, aufgrund eines nicht identifizierbaren abgehenden Gefäßes aus dem

Aneurysma. Aus einer anschließenden Funktionsdiagnostik in einer geplanten DSA,

mittels Wada Testung, ging jedoch hervor, dass dieses abgehende Gefäß für die

Hirnversorgung irrelevant war, sodass hier nach 4 Wochen eine anschließende

Embolisation des Aneurysmas erfolgen konnte. Bei zwei weiteren Patienten/Innen wurde

aufgrund von Rezidiven nach Embolisation, das Wrapping angewandt.

Um den Lesefluss nicht zu stören, werden im folgenden zunächst die Nebenzielgrößen und

anschließend die Hauptzielgrößen behandelt.

Tabelle 8: Angewandte Methoden und Materialien

Methoden und Material

Clip+Wrap 26

Leinen + Fibrin 25 Muskel + Fibrin 1

Wrap 7

Leinen + Fibrin 7 Wrap-Embolisation 3

Leinen + Fibrin 2 Muskel + Fibrin 1

Summe 36

Page 37: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

37

Nebenzielgrößen

Postoperative Komplikationen

Fünfzehn von 36 Patienten/Innen (41,67%) wiesen keine Komplikationen während der

Intervention oder des klinischen Aufenthalts auf, die übrigen 21 Patienten/Innen (58,34%)

zeigten folgende Probleme:

Intraoperative Blutung - 8,34% (3/36)

Zebrovaskuläre Komplikationen - 27,78% (10/36)

Sechs Patienten/Innen mit rupturierten Aneurysmen wiesen ischämische

Komplikationen während des stationären Aufenthalts auf.

Eine Patientin mit einem MCA Aneurysma rechts erlitt einen Mediateilinfarkt

rechts, welcher in der CCT festgestellt wurde. Ein Patient erlitt nach Ruptur eines

AcoA Aneurysmas eine Hemiparese rechts, das CCT zeigte eine Hypodensität

linksseitig. Ein Patient erlitt nach Intervention an einem MCA Aneurysma der

linken Seite einen Mediainfarkt ebendort. Ein weiterer Patient erlitt eine

Hemiparese links, auf dem Boden eines Vasospasmus (in der TCD verifiziert),

nach Versorgung eines AcoA Aneurysmas. Bei einer Patientin wurde ein

asymptomatischer Vasospasmus der MCA rechts, nach Versorgung des

Aneurysmas ebendort, in der TCD detektiert. Eine weitere Patientin erlitt

ebenfalls einen Vasospasmus nach Versorgung eines AcoA Aneurysmas.

Aufgrund eines ausgeprägten hirnorganischen Psychosyndroms mit gestörter Tag-

Nacht- Aktivität erhielt die Patientin, eine Angiografie mit anschließender

selektiver Nimotop Applikation in die MCA rechts.

Postoperativ erlitten allerdings auch vier Patienten/Innen mit elektiven Eingriffen

vaskuläre Komplikationen. Zweimal erfolgte die Feststellung eines

asymptomatischen Vasospasmus in der TCD. Bei einer Patientin kam es nach

Intervention an einem rechten MCA Aneurysma zu einer postoperativen

linksseitigen Hemiparese. Eine weitere Patientin erlitt einen lakunären Infarkt nach

Versorgung eines MCA Aneurysmas rechts. Der Infarkt konnte in der CCT

festgestellt werden, jedoch blieb die Ursache unklar.

Page 38: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

38

Insgesamt kam es demnach bei zehn Patienten/Innen zu vaskulären

Komplikationen. Drei Mal wurde in der TCD ein asymptomatischer Vasospasmus

der Stammgefäße detektiert. Bei einer Patientin musste ein symptomatischer

Vasospasmus lysiert werden.

Sechs Patienten/Innen erlitten postoperativ einen ischämischen Insult im

Versorgungsgebiet, des behandelten Aneurysmas.

Posthämorrhagischer Hydrozephalus arresorptivus - 13,89% (5/36)

Vier Patienten erhielten, nach erfolgloser Entwöhnung von der EVD, einen VP-

Shunt.

Hämatocephalus internus - 5,56% (2/36)

Hirnorganisches Psychosyndrom – 11,12% (4/36)

Liquorkissen – 5,56% (2/36)

Bei zwei Patientinnen musste ein Liquorkissen punktiert werden.

Transiente Hyponatriämie – 2,78% (1/36)

Okulomotoriusparese – 2,78% (1/36)

Aufgrund einer Irritation des Nerven während der Operation - eine vollständig

Rückbildung erfolgte.

Ventrikulitis – 5,56% (2/36)

Persistierende Defizite

Von 36 Patienten mussten 6 Patienten aus den Nachsorgeuntersuchungen ausgeschlossen

werden. Gründe hierfür waren schlechte Compliance der Patienten/Innen oder

Komorbiditäten, die einen regelmäßigen Ambulanzbesuch nicht ermöglichten. Eine

Patientin verstarb an einem Malignom, daher wurde der Verlauf zäsiert.

Zwölf Behandelte klagten im Nachbeobachtungzeitsraum über Einschränkungen, die mit

dem Eingriff assoziiert werden konnten. Das entspricht einem Anteil von 40% (12/30) der

verfolgten Patienten/Innen. Sieben Patienten/Innen wiesen bereits postoperativ

Komplikationen auf (siehe Kapitel: Nebenzielgrößen

Postoperative Komplikationen). Neun Betroffene erholten sich demnach restlos von den

postoperativen Komplikationen.

Fünf weitere Patienten/Innen klagten nach symptomloser Entlassung über

Empfindlichkeitsstörungen.

Page 39: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

39

Eine postoperative linksseitige Hemiparese, aufgrund eines Infarkts nach Intervention an

einem MCA Aneurysma rechts, bei einer 44-Jährigen Patientin, bildete sich im Verlauf

nicht zurück. Bei einer 26 –jährigen Patientin, deren AcoA Aneurysma behandelt wurde,

entwickelte sich nach einem komplikationsreichen Aufenthalt mit Vasospasmus,

Hämatocephalus internus und polyurischen Phasen ein Fremdkörpergranulom im Bereich

des gewrappten Aneurysmas und eine sekundäre Amenorrhoe (siehe Fall 1).

Fünf Patienten/Innen entwickelten erst nach Entlassung aus der Klinik

Befindlichkeitsstörungen. Dabei klagten sie z.B. über Lärmempfindlichkeit,

Kopfschmerzen, Gedächtnisstörungen, sowie über Geruchs- und Geschmacksstörungen.

Diese Symptome sind in der Regel mit einfachen Maßnahmen (z.B.: durch Lösen von

Kiefergelenksblockaden, Physiotherapie, usw.) zu bekämpfen, sodass die Betroffenen in

ihrer Lebensqualität wenig eingeschränkt sind.

Schwerwiegendere Komplikationen traten allerdings in zwei Fällen auf. Ein 61-Jähriger

Mann, welcher aufgrund eines MCA Aneurysmas links behandelt wurde, entwickelte etwa

ein Jahr postoperativ epileptische Anfälle, welche mit Levetiracetam behandelt wurden.

Eine 68- Jährige Patientin, mit einem versorgten MCA Aneurysma links (Fall 2) konnte

beschwerdefrei entlassen werden, erschien jedoch drei Monate postoperativ mit einem

Mediateilinfarkt links, ausgelöst durch eine Stenose auf dem Boden eines „Muslinoms“.

Rest/ Rezidivaneurysmen

Da das Nachsorgeprotokoll unserer Patienten/Innen nach erfolgter Therapie intrakranieller

Aneurysmen eine CTA Kontrolle nach zumindest 6 - 12Monaten vorsieht, war es möglich

eine Beurteilung über das Auftreten von Rest- oder Rezidivaneursymen nach Wrapping zu

treffen. Bei zwei Patienten/Innen fand keine anschließende CTA Untersuchung statt.

Gründe hierfür waren unter anderem fehlende Compliance bzw. Transferierungen ins

Heimatkrankenhaus, wodurch die Patienten/Innen für die Untersuchung verloren gingen.

Von den übrigen 27 von 30 Patienten/Innen, welche mittels eines kombinierten Verfahrens

behandelt wurden, wiesen 4 Patienten/innen innerhalb von 6 Monaten nach der

Behandlung eine Restperfusion auf. Zwei von ihnen wurden vor dem Wrapping

embolisiert. Nach Rücksprache mit den Neuroradiologen in der interdisziplinären

Gefäßbesprechung war es nicht nötig, diese reperfundierten Aneurysmen erneut zu

versorgen. In keinem Fall kam es zu einem Rezidiv, das heißt weder ein Wiederauftreten

Page 40: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

40

des Aneurysmas, noch eine Größenprogredienz wurden festgestellt. Somit betrug die

Restperfusionsrate in dieser Studienpopulation für den Einsatz einer kombinierten

Methode innerhalb von 6 Monaten, 14,8%.

In diese Berechnung flossen Patienten/Innen bei denen das Wrapping als alleinige

Methode erfolgte nicht ein, da hier die Okklusionsrate naturgemäß 0% beträgt und das

Aneurysma somit weiterhin durchblutet wird. Rezidive, im Sinne einer

Größenprogredienz, konnten jedoch auch für das singuläre Wrapping nicht erfasst werden.

Hauptzielgrößen

Nachblutung

In unserem Untersuchungszeitraum kam es bei keinem Patienten zu einer Nachblutung aus

dem behandelten Aneurysma.

Mortalität

Die Mortalität in der Studienpopulation beträgt 3,34%. Bei den 30 nachverfolgten

Patienten/Innen gab es einen Todesfall, dessen Ursache in Zusammenhang mit der

Entstehung eines Fremdkörpergranuloms steht und damit in einer kausalen Beziehung zur

Methode Wrappings. Es handelt sich hierbei um eine 68-jährige Frau, deren MCA

Aneurysma links, mittels der Applikation eines Baumwollpatches und Fibrin behandelt

wurde. Sie entwickelte daraufhin ein Fremdkörpergranulom. Dieses führte zu einer

symptomatischen MCA- Stenose mit Ausbildung einer fokalen Epilepsie und motorischer

Teilaphasie. Die Patientin wurde im Anschluss palliativ versorgt und verstarb vier Jahre

postoperativ.

Fremdkörpergranulom

In dieser Studienpopulation entwickelten zwei Patientinnen im Verlauf eine erhebliche

Reaktion im Sinne eines Fremdkörpergranuloms.

Das entspricht einer Rate von 6,6%. Im Folgenden werden die zwei betroffenen

Patientinnen vorgestellt und deren Verlauf dokumentiert.

Page 41: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

41

Fall 1

Im Dezember 2011 wurde eine 26 - jährige Patientin mit einer ausgeprägten SAB, aus einem

rupturierten AcoA Aneurysma, bei einem Hunt und Hess Score von 3 behandelt. Das Klippen

konnte aufgrund perforierender Äste aus dem Aneurysma nicht optimal erfolgen, sodass ein

Restaneurysma verblieb. Dieses wurde daher mit einem Baumwollpatch und Fibrin umkleidet.

Postoperativ entwickelte die Patientin einen Liquorstau und einen Vasospasmus der linken

MCA und ACI. Des Weiteren erlitt sie eine Pneumonie, mit drainagepflichtigem Pleuraerguss.

Zusätzlich bestanden polyurische Phasen, im Sinne eines zentralen Salzverlustsyndroms, welche

mit einem Vasopressinanalogon behandelt wurden. Einen Monat postoperativ wurde die

Patientin mit einem hirnorganischen Psychosyndrom (=HOPS) und intermittierenden

vasomotorischen Symptomen, wie Hitzewallungen und Schweißausbrüchen, an ein auswärtiges

neurologisches Krankenhaus zur weiteren Versorgung entlassen.

In der ersten ambulanten Kontrolle, zwei Monate später, klagte die Patientin über gelegentliche

Kopfschmerzen, verschwommenes Sehen und über eine bestehende sekundäre Amenorrhö. In

der 1-Jahres Kontrolle bildete sich die Visussymptomatik zurück, bezüglich der Amenorrhoe

stand sie in gynäkologischer Behandlung unter Hormontherapie, außerdem konnte sie ihrem

Beruf wieder aufnehmen. In der CTA war keine Restperfusion nachweisbar.

Bei Verdacht auf komplex fokale Anfälle wurde bei der Patientin eine antiepileptische Therapie

eingeleitet. Im Labor zeigten sich immer wieder milde Hypernatriämien und

Hyperchloridämien.

In der ersten MRT Darstellung des Schädels fand sich eine paraselläre Läsion. Mit Verdacht auf

eine reaktiv entzündliche Reaktion nach Wrapping wurde die Patientin, zwei Jahre postoperativ,

wieder an die Universitätsklinik für Neurochirurgie der Medizinischen Universität Graz

transferiert. Unmittelbar dorsal des operierten Aneurysmas bildete sich in der MRT, eine

„inhomogene, wandständig stark kontrastmittelaufnehmende Raumforderung, mit einer

Ausdehnung von 12mm links paramedian und umgebenden Ödem“, ab (Abbildung 6). Der

Verdacht des „Muslinoms“ wurde somit bestätigt. Jedoch erfolgte zu diesem Zeitpunkt noch

keine Therapie. Die Patientin wurde engmaschig observiert.

Page 42: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

42

Abbildung 6: „Zwei Jahre postoperativ“

Die Pfeile markieren ein Muslinom, welches 12mm im Durchmesser misst.

A/B) In der sagittalen und axialen T1 Aufnahme mit Kontrastmittel zeigt sich deutlich die Raumforderung auf den Hypothalamus, mit

ringförmigen Enhancement, unmittelbar dorsal des gewrappten AcoA Aneurysmas.

C) Die T2 Aufnahme zeigt deutlich das perifokale Ödem, welches sich vor allem zur linken Seite hin ausdehnt.

Page 43: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

43

Abbildung 7: „ Drei Jahre postoperativ“

T2 Aufnahme –Das perifokale Ödem, sowie die Größenausdehnung des Muslinoms, von

zuvor 12mm auf 7mm Durchmesser, zeigen sich rückläufig.

Ein Jahr nach der Diagnose „Muslinom“, äußerte die Patientin eine erhebliche Besserung

ihrer Symptomatik. Gleichzeitig erwies sich das Muslinom in der Bildgebung regredient,

von zuvor 12mm auf 7mm Durchmesser. Ebenso verhielt es sich mit dem perifokalen

Ödem. (Abbildung 7)

Nach einem unauffälligen Zeitraum von insgesamt eineinhalb Jahren wurde die Patientin

schließlich mit Gedächtnisstörungen und Verwirrtheit erneut auffällig. Im Routinelabor

stellte man einen Serum - Natrium Spiegel von 165mmol/L, ursächlich für den

Verwirrtheitszustand, fest. Sie wurde daraufhin endokrinologisch durch untersucht, wobei

die Ursache der Hypernatriämie nicht gefunden werden konnte, sodass die Diagnose

„Hypernatriämie unklarer Genese“ lautete.

Eine Therapie mit einem Desmopressin wurde eingeleitet, wodurch sich die Symptomatik

der Patientin besserte. Anfang 2016 wurde nochmals eine MRT/MRA Untersuchung

durchgeführt, bei der sich keine Änderungen in Vergleich zu den Voruntersuchungen

zeigten. Eine Cortisontherapie wurde zu diesem Zeitpunkt erstmals eingeleitet. Die

Patientin konnte ab diesem Zeitpunkt nicht mehr weiter verfolgt werden.

Page 44: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

44

Fall 2

Im Jahr 2011 erfolgte bei einer 68 - jährigen Patientin eine Durchuntersuchung, aufgrund

rezidivierender Drehschwindelattacken und Amaurosis fugax. Dabei wurde ein 4x9mm

großes, verkalktes Aneurysma der MCA links nachgewiesen (Abbildung 8).

Da eine Embolisation aus technischen bzw. anatomischen Gründen nicht möglich war,

folgte die operative Versorgung. Das Klippen des Aneurysmas blieb jedoch, aufgrund des

verkalkten Aneurysmahalses frustran, sodass die Indikation zum Wrapping mit Baumwolle

und Fibrin gestellte wurde. Eine Woche postoperativ wurde die Patientin in einem guten

Allgemeinzustand nach Hause entlassen.

In der ersten Nachunteruntersuchung (30 Tage postoperativ) klagte die Patientin über

intermittierende Kopfschmerzen. Die klinische Untersuchung ergab eine zugangsbedingte

auffallende Stirnastschwäche links. Diese wurde observiert.

Drei Monate postoperativ wurde die Patientin am Univeritätsklinikum für Neurologie der

medizinischen Universität Graz, mit einer ausgeprägten motorischen Dysphasie, vorstellig.

Es zeigte sich in der CCT ein subakuter Media- Teilinfarkts links.

In einer daraufhin durchgeführten MRT/MRA erschienen Ödemzonen um das operierte

Aneurysma. Innerhalb dieses Ödems stellten sich zwei diffusionspositive Bezirke dar,

welche nach Kontrastmittelgabe ein deutlich ringförmiges Enhancement aufwiesen

(Abbildung 9). Die MRA zeigte distal des gewrappten Aneurysmas eine deutliche

Hypoperfusion.

Um einen intrakraniellen Abszess auszuschließen wurden sämtliche

Entzündungsparameter serologisch und liquordiagnostisch untersucht. Alle Ergebnisse

bezüglich eines Abszesses verliefen negativ. Die Diagnose lautete somit „Muslinom“.

Es folgte die Einleitung einer Cortinsontherapie. Die Reaktion zeigte sich in den

Kontrollen persistierend. Die Patientin wurde drei Wochen später, mit leichten

Wortfindungsstörungen, Dysgraphie und Dyslexie, sowie einer sehr diskreten

Halbseitenschwäche rechts in häusliche Pflege entlassen.

Die Patientin wurde ein halbes Jahr postoperativ mit Wortfindungsstörungen erneut

neurologisch vorgestellt. Da weder die durchgeführte CCT, noch eine erneut durchgeführte

MRT hinweisend auf ein ischämisches Geschehen waren, wurde ein EEG abgeleitet.

Dieses bot einen ausgeprägten Herdbefund links fronto – temporal, sodass die

Page 45: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

45

Symptomatik zu einem komplex fokalen Anfall passend erschien. In Folge wurde die

Patientin mit fokal epileptischen Anfällen immer wieder erneut vorstellig und

medikamentös behandelt. Der Erfolg der Behandlung fiel allerdings gering aus.

Eine erneute stationäre Betreuung erfolgte ein Jahr postoperativ. Diesmal aufgrund eines

iatrogenen Cushing Syndroms mit einer Gewichtszunahme von 10kg innerhalb von 6

Monaten.

Die jährlichen MRT/MRA Kontrollen zeigten stets eine unveränderte Darstellung des

kontrastmittelaufnehmenden Muslinoms an der linken Mediabifurkation.

Im August 2015 erlitt die Patientin einen über mehrere Tage anhaltenden fokalen Status

epilepticus mit Aphasie, unter medikamentöser Therapie konnte der Status unterbrochen

werden. Jedoch bestand im Sinne einer postiktal funktionellen Störung eine deutliche

Verschlechterung der vorbestehenden Halbseitenschwäche rechts, sowie eine

Sprachstörung.

Schon im Oktober 2015 musste die Patientin erneut, bei anhaltenden Status epilepticus im

EEG, unter kombinierter antikonvulsiver Therapie, intensivmedizinisch betreut werden.

Dabei erschien sie somnolent. Sie musste aufgrund von Schluckstörungen über eine PEG

Sonde ernährt werden. Trotz intensiver antikonvulsiver Therapie konnte keine Besserung

der Symptomatik erzielt werden, sodass die Patientin nach Rücksprache mit der Familie in

palliative Pflege entlassen wurde. Im Dezember 2015 verstarb die Patientin schließlich.

Page 46: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

46

Abbildung 8: „Präoperative Befundkonstellation“

A) Das CCT zeigt angrenzend zur MCA links temporobasal eine etwa 0,8x 1,1cm verkalkte Läsion.

B) T2 Aufnahme: Signalauslöschung im Bereich der Mediabifurkation links frontopolar.

C) MRA: Ein nach kaudal gerichtetes MCA Aneurysma links, welches in der TOF eine 4mm große Perfusion aufweist, die

Gesamtausdehnung beträgt 9mm.

Page 47: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

47

Abbildung 9: „ Drei Monate postoperativ“

A) T1 Aufnahme mit Kontrastmittel: Die koronare Aufnahme zeigt die Läsion nahe dem gewrapptem MCA Aneurysma links.

B) T2 Aufnahme: Deutlich sichtbar erscheint das Ödem temporobasal um das gewrappte Aneurysma.

C) DWI - Sequenz: Die Spitzen markieren die beiden diffusionspositiven Bezirke in der Ödemzone.

Page 48: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

48

Diskussion

Nachblutung/Sicherheit

In der Literatur schwanken die Angaben der Nachblutungsraten von 0 - 17%. (s.S.: 26)

Ein Vergleich der einzelnen Arbeiten wird durch die Anwendung unterschiedlicher

Materialien (Muskel, Baumwolle, Dacron, usw.) und Kombinationsmöglichkeiten

eingeschränkt. Hinzu kommt noch, dass viele Ergebnisse aus der prämikroskopischen Ära

stammen. Einerseits liegt die Ursache, für die hohe Schwankungsbreite der

Nachblutungsraten, in den heute besseren technischen Möglichkeiten des Klippens durch

zahlreiche unterschiedlich geformte Klipps, als auch an der Entwicklung der

endovaskulären Methoden, wodurch das Wrapping häufiger additiv als singulär eingesetzt

wird. Schließlich gewährt das Operationsmikroskop einen besseren Überblick über das

Operationsgebiet, wodurch die Indikation zum Wrapping generell seltener gestellt wird

(22).

Neuere Analysen untersuchen daher zumeist die Klipp/Wrap Kombination. So werden von

vielen Autoren in kleineren Fallstudien keine Nachblutungen beschrieben (22,25,25,33-

36).

Ebenso ergeben die veröffentlichten Publikationen in Bezug auf das kombinierte

Klipp/Wrap Verfahren, keine angiographisch nachweisbare Größenprogredienz oder

Konfigurationsänderung nach der Behandlung. Dabei fällt auf, dass es keinen Unterschied

macht, ob Muskel oder Baumwolle in Kombination mit dem Klippen angewandt wird

(25,33,35,36), beim Wrapping mit Muskel ohne zusätzliche bioadhäsive Substanzen und

ohne zusätzlichen Klipp, kam es jedoch über berichtete Nachblutungen (19).

In Bezug auf Sicherheit und Komplikationen hat Morioka 78 Patienten/Innen, deren

Aneurysmen mit Baumwoll- Patches versorgt wurden, mit 271 Patienten/Innen, deren

Aneurysmen ausschließlich geklippt wurden, verglichen. Die Inzidenz von

Komplikationen wie Infektionen, Vasospasmus und Hydrozephalus hat sich bei den beiden

Gruppen nicht wesentlich unterschieden. Beide Gruppen wiesen ein ähnliches Ergebnis auf

(46).

In meiner Studienpopulation kam es zu keiner Nachblutung. Aufgrund der geringen

Fallzahl und dem unterschiedlichen Untersuchungszeitrahmen (von Wochen – Jahre nach

Intervention) einzelner Patienten/Innen ist dieses Ergebnis nicht als endgültig zu

Page 49: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

49

betrachten. Nimmt man beispielsweise die Ergebnisse der CARAT Studie als

Orientierungshilfe zur Hand, so betrug die berechnete Rerupturrate innerhalb des ersten

Jahres nach einer Intervention (Klippen oder Embolisation) 2,2%, im zweiten Jahr nach

Intervention lag sie bei 0,2% , anschließend wurden keine Rupturen mehr verzeichnet.(16).

Es besteht daher im Verlauf weiterhin die Gefahr von Blutungen aus behandelten

Aneurysmen.

Obwohl durch das alleinige Wrapping das Aneurysmalumen weiterhin perfundiert wird,

konnte ich keine Größenprogredienz verzeichnen. Natürlich ist eine Abschätzung darüber,

inwiefern sich elektiv behandelte Aneurysmen in ihrem natürlichen Verlauf verhalten

hätten nicht möglich, sodass hier eine klare Stellungnahme bezüglich der Sicherheit nicht

getroffen werden darf.

Beim Wrapping in Kombination mit dem Klippen oder der Embolisation von Aneurysmen,

fand in der untersuchten Population in 4/27 Fällen eine Restperfusion statt. Herunter

gebrochen auf die Kombinationsmöglichkeit lag die Restperfusionsrate bei 8,3% (2/24)

beim zusätzlichen Einsatz während dem Klippen und bei 66% (2/3) in der Kombination

mit der Embolisation. Diese Ergebnisse sind limitiert, da zur Beurteilung der Restperfusion

in meiner Arbeit die CTA Untersuchungen herangezogen wurden. Dieses Verfahren weist

bei Aneurysmen unter 5mm eine geringe Sensitivität auf, sodass die Reperfusionsrate

höher liegen kann. Aus der CARAT Studie geht klar hervor, dass der Behandlungserfolg

in der Aneurysmaversorgung, unmittelbar mit der Okklusionsrate verbunden ist, sodass bei

der untersuchten Studienpopulation weiterhin ein Risiko für spätere Blutungen besteht.(16)

Mortalität

Bei 30 nachuntersuchten Pateinten/Innen wurde ein Todesfall als Komplikationsfolge nach

Wrapping verzeichnet. Das entspricht einer Rate von 3,34%.

Ein Vergleich bezüglich der Mortalität des Wrappings mit anderen Studien ist nur sehr

schwer möglich. Viele Studiendesigns bezüglich des Wrappings untersuchen die

Mortalität nicht (25,35) bzw. sind durch die Einführung des Operationsmikroskops nicht

mehr zeitgemäß. So behandelte Gillingham beispielswiese alle MCA Aneurysmen mittels

alleinigem Wrapping (Baumwollpatch). Er untersuchte ein Patientenkollektiv von 81

Patienten mit rupturierten MCA Aneurysmen, vier Patienten/Innen verstarben (24), somit

ergibt sich eine Mortalität von 4,94%.

Page 50: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

50

Germanó veröffentlichte 2013 eine Studie über acht Patienten/Innen, welche ausschließlich

mittels autologen Muskelgewebe versorgt wurden. Er errechnete eine Mortalitätsrate von

25% (2von 8) (19).

In den Studienpopulationen, bei welchen das Wrapping in Kombination mit Klipping

genutzt wird, werden keine Todesfälle in Bezug auf die Aneurysmatherapie verzeichnet

(33,36).

Aufgrund unterschiedlicher Studiendesigns und Fragestellungen erweist sich hinsichtlich

der Mortalität die Literaturrecherche nicht zielführend. Die große Durchmischung des

Patientenguts bezüglich Alter, angewandten Methode, angewandten Materialien, etc. in

einzelnen Untersuchungen, ermöglicht keine wissenschaftliche Beurteilung über die

Mortalität nach Wrapping bzw. Klip/Wrapping. Die Ergebnisse sind außerdem davon

abhängig, ob bereits eine Ruptur vor Behandlung stattgefunden hat oder nicht, in welcher

Region sich ein Aneurysma befindet und nicht unwesentlich auch von der Erfahrung, die

der Operateur mit dem angewandten Verfahren hat.

Zerebrovaskuläre Komplikationen

Im Zusammenhang mit dem Wrapping, kam es in der untersuchten Population in 27,78%

der Fälle zu zerebrovaskulären Komplikationen. Davon betroffen waren 6 Patienten/Innen

mit rupturierten Aneurysmen und 4 Patienten/Innen, deren Aneurysmen elektiv versorgt

wurden. Obwohl es nicht zur Ruptur gekommen ist, reagierten auch diese vier

Patienten/Innen mit einer Verengung der Stammgefäße (zwei Vasospasmen in der TCD,

zwei ischämische Insulte) im Bereich des behandelten Areals. Wie schon von Beitzke

vermutet, ist es möglich, dass es ich hierbei um eine Reaktion auf das eingebrachte

Fremdmaterial handelt (34).

Beitzke beschreibt eine Rate von 25% (5/20 Patienten) für das Auftreten von Ischämien,

durch Verengung von Stammgefäßen3 nach dem Wrapping mittels Fibrin und Baumwolle.

Dabei traten zwei Schlaganfälle früh postoperativ auf, zwei weitere Patienten/Innen

wurden jeweils einen bzw. zwei Monate nach Intervention vorstellig, dabei wurden mittels

Bildgebung Fremdkörpergranulome im behandelten Areal festgestellt. Bei einem

Patienten, mit massiver Kopfschmerzsymptomatik, konnte ebenfalls eine

Stammgefäßverengung (CTA) festgestellt werden.

3 Definition: Gefäß aus dem das Aneurysma entspringt.

Page 51: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

51

Beitzke konnte bei zwei betroffenen Patienten/innen eine Flusserhöhung des

aneurysmatragenden Gefäßes in TCD feststellen. Dabei fiel auf, dass es zu einer isolierten

fokalen Flussbeschleunigung kam und nicht wie bei einer SAB zu einer eher

generalisierten Reaktion. Möglicherweise weist diese Veränderung auf einen

entzündlichen Prozess hin, mehr als auf einen Vasospasmus als Komplikation einer SAB.

Rein aus der TCD kann ein Vasospasmus nicht von einer Entzündung differenziert werden.

Bei fehlendem Übertritt von Blut in den Subarachnoidalraum und somit bei den meisten

elektiven Eingriffen, kann ein Vasospasmus nahezu ausgeschlossen werden (34). Auch bei

der vorliegenden Studienpopulation kam es bei zwei Patienten/Innen mit elektiven

Eingriffen zu einem Vasospasmus.

Lee beschreibt zwei Fälle, bei denen es nach je einem und sechs Monaten zu

symptomatischen ischämischen Insulten, durch angiografisch nachgewiesene Stenosen,

aufgrund von Fremdgewebsreaktionen, ausgelöst durch Baumwolle, gekommen ist.

Perivaskulär erschien in der MRT eine Signalverstärkung, im Sinne eines entzündlichen

Prozesses. Gegen eine Vaskulitis sprachen die lokale Erscheinung der Veränderungen,

sowie das fehlende Ansprechen (d.h.: keine Besserung der Stenose) auf eine

Corticosteroidtherapie. In Anbetracht dessen schlug Lee vor, dass es sich dabei um einen

chronischen entzündlichen Prozess handelte, der durch Musselin als persistierender Reiz

ausgelöst wurde (31).

Über die therapeutischen Möglichkeiten bei Stenosen aufgrund von

Fremdkörperreaktionen gibt es noch wenige Veröffentlichungen. Sowohl spontane

Besserungen wurden beschrieben, als auch Behandlungen mit Corticosteroiden,

Methothrexat und Thrombozytenfunktionshemmer wurden angeführt. Angioplastische

Verfahren und Stenting wurden bislang noch nicht angewandt, da Bedenken bezüglich der

Verstärkung der Immunreaktion vorherrschen. Mikrovaskuläre Bypässe wurden bisher

erfolgreich eingesetzt. Bei diesem Verfahren kann in einer größeren Distanz zum

behandelten Aneurysma agiert werden, wodurch das Risiko der Verstärkung des

inflammatorischen Prozesses minimiert werden kann (31).

Page 52: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

52

Fremdgewebsreaktionen

In der Bildgebung konnte ich in 2/30 Fällen die Ausbildung eines Fremdkörpergranuloms

nachweisen. Das entspricht einer Rate von 6,6%.

Da die Zeit von der Operation bis zu ersten Bildgebung an der Universitätsklinik für

Neurochirurgie der medizinischen Universität Graz weiten Schwankungen, von 30 Tagen

postoperativ bis zu 48 Monate postoperativ, unterliegt, ist es möglich, dass im Verlauf

weitere Patienten/Innen mit einem Muslinom vorstellig werden.

Den Verdacht von Slater, dass ein Granulom auch asymptomatisch auftreten kann, konnte

ich mit meiner Untersuchungsreihe nicht bestätigen (44). Viel mehr wurden die

Patientinnen aufgrund ihrer Symptome vorstellig und die Diagnose nach anschließender

Bildgebung gestellt.

Im ersten Fall bestand eine hormonelle Beeinträchtigung mit Amenorrhoe und eine

zusätzliche Sehstörung, wobei unklar war ob die Blutung selbst oder die Raumforderung

durch das „Muslinom“ ursächlich für die Symptome war. Im Fall zwei standen

ischämische Infarkte im Versorgungsgebiet des behandelten Aneurysmas und die

Ausbildung einer Epilepsie im Vordergrund.

In der Literatur sind zahlreiche Fälle von Endokrinopathien und Elektrolytstörungen, nach

Behandlung von Aneurysmen in der Nähe der Hypophyse beschrieben, ebenso gibt es viele

Berichte über Stenosen im Bereich von gewrappten Aneurysmen (20,27,31,34).

Histologische Ergebnisse deuten auf eine Stenosierungsneigung bei der Verwendung von

Baumwolle und Fibrin hin. In tierexperimentelle Studien beobachtete man

Intimaproliferationen mit Lumeneinengung unter dieser Materialkombination (siehe S.: 25)

(18).

An der medizinischen Universität Graz wurde 2013 eine Studie in Bezug auf Wrapping

veröffentlicht. Dabei wurden 20 Patienten/Innen, deren Operation von 2006 – 2011

stattgefunden hat, untersucht. Die Diagnose „Muslinom“ konnte zweifach gestellt werden,

wobei unser Fall 2 in dieser Population bereits involviert ist (34). Somit kann man

zusammenfassen, dass von Oktober 2006 bis Ende des Jahres 2015 drei Patienten/Innen

mit Fremdkörpergranulomen am Landeskrankenhaus Graz vorstellig wurden.

Im Folgenden werden die beiden Fälle diskutiert.

Page 53: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

53

Fall 1

Das erste Fall dient als Beispiel dafür, wie unterschiedliche Symptome zu „Fehldiagnosen“

verleiten können. Schon zwei Monate postoperativ klagte die Patientin über Sehstörungen,

die retrospektiv betrachtet mit großer Wahrscheinlichkeit durch ein perifokales Ödem

bedingt waren. Die Krampfanfälle, welche als komplex fokale Anfälle beurteilt wurden,

waren, aus heutiger Sicht, wohl eher das Ergebnis einer ausgeprägten verkannten

Hypernatriämie. Des Weiteren trat bei der Patientin eine sekundäre Amenorrhö auf. Alle

Symptome können der Lokalisation in der Bildgebung nach dem „Muslinom“

zugeschrieben werden Ein Neuroradiologe beschrieb in seinem Befund eine

Kaudalverlagerung des Chiasma opticums mit Linksverkippung des Hypophysenstiels. Als

Folge könnte sich dabei eine Störung der hypothalamischen – hypophysären Achse

entwickelt haben und dadurch zu einer verminderten ADH Ausschüttung geführt haben,

wodurch ein Wassermangel mit resultierender Hypernatriämie entstanden sein könnte. Ob

diese Störung als zentraler Diabetes insipidus zu werten ist, konnte bei dieser Patientin

nicht eindeutig nachvollzogen werden.

Es steht fest, dass Patienten nach neurochirurgischen Eingriffen oder Schädel-Hirn-

Traumata einen Diabetes insipidus entwickeln können. Ob dieser die Ursache der

Symptome Patientin war, bleibt unklar. Sowohl eine Polyurie, eine Polydipsie, als auch

eine Nykturie wurden in den Krankenakten nicht beschrieben. Die Symptomatik bezüglich

Verwirrtheit und Krampfanfällen besserte sich bei der Patientin allerdings nach der

Einleitung einer Desmopressintherapie, sodass ein zentraler Diabetes insipidus durch die

raumfordernde Wirkung des „Muslinoms“ bzw. des umgebenden Ödems, auf den

Hypophysenstiel als wahrscheinlich gilt. Neben der gestörten ADH Ausschüttung

entwickelte die Patientin zusätzlich auch eine Störung in der gonadotropen Achse,

wodurch sie die substitutionspflichtige Amenorrhö erklären lässt. Durch eine

Hormonersatztherapie konnten die pathologischen Werte ausgeglichen werden und die

Patientin war subjektiv beschwerdefrei.

Studien haben gezeigt, dass eine Hypophyseninsuffizienz durch Schädelhirntraumata in

etwa 35% - 55% entsteht. Üblicherweise treten Symptome innerhalb von drei Monaten

nach dem schädigenden Ereignis ein. Die drei häufigsten Störungen betreffen die

somatotrope Achse, gefolgt von der kortikotropen und der gonadotropen Hormonachse.

Die Rückbildung der Störung hängt von der Zahl der betroffenen Hormonsysteme ab, ist

nur ein System betroffen kann sich der Zustand wieder zurückbilden. Bei einer globalen

Page 54: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

54

Hypophyseninsuffizienz ist eine spontane Besserung der Symptomatik jedoch nicht zu

erwarten (47,48).

Im Fall 1 bleibt unklar, ob die Hormonstörung das Resultat der Blutung per se war oder

sich aufgrund der verdrängenden Wirkung des „Muslinoms“ auf die Hypophyse eingestellt

hat. Umso wichtiger war es, die Patientin adäquat zu therapieren. Vor allem in Bezug auf

den sekundären Hypogonadismus erschien, aufgrund des jungen Alters von 26 Jahren, bei

unserer Patientin eine Hormonersatztherapie sinnvoll: Einerseits um ihr einen möglichen

Kinderwunsch erfüllen zu können und weil ein Mangel an Sexualhormonen mit einer

höheren kardiovaskulären, respiratorischen und zerebrovaskulären Mortalität einhergeht

(47).

Außerdem beeinflussen neuroendokrine Störungen die Lebensqualität von Patienten/Innen.

Sie sind assoziiert mit einem höheren Body Mass Index (=BMI), einen größeren

Taillenumfang, einer höheren abdominellen Fettmasse, höheren Triglyzeridspiegeln und

höheren Gesamt und LDL –Cholesterin. Patienten/Innen mit Hypophyseninsuffizienz nach

SHT sind zumeist müde, matt, verlangsamt, apathisch und dadurch eingeschränkt in ihrer

Aktivität (47,49).

Fall 2

Die zweite Patientin entwickelte bedingt durch das Granulom zunächst einen Media

Teilinfarkt links, in weiterer Folge entwickelte sie komplex fokale Anfälle, die sich vor

allem durch Wortfindungsstörungen zeigten. Wie Yoon auch, stellten wir bei abnehmender

Symptomatik, einen Rückgang des umgebenden Ödems fest (45). Die Gefäßverengung

führte zu einer Minderversorgung des zu versorgenden Areals, mit rezidivierenden

Krämpfen und motorischer Aphasie. Die Patientin entwickelte in Folge, vier Jahre nach der

Operation einen anhaltenden Status epilepticus im EEG, welcher nicht mehr unterbrochen

werden konnte. Sie verstarb kurze Zeit später. Trotz Cortisontherapie, welche schon 3

Monate postoperativ eingeleitet wurde, konnte keine Besserung der Symptomatik erzielt

werden, ebenso blieb die Größe der umliegenden Reaktion unverändert.

Dieser Fall ist in seiner Genese eindeutiger. Aufgrund des Fremdkörpers hat sich eine

Entzündungsreaktion in der Gefäßwand eingestellt, die zu einer Stenose und damit zu einer

Schädigung des versorgenden Hirnareals geführt hat. Auch Perrini berichtet in seinem

Review über 2 Patienten/Innen, welche einen Insult im Versorgungsgebiet der MCA nach

Wrapping erlitten. Dabei zeigten sich ebenso Abbrüche der Gefäßversorgung in der MRA

Page 55: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

55

und Kontrastmittel aufnehmende Läsionen um das behandelte Areal (24). Ein ähnliches

Ergebnis erhielt auch Beitzke, bei dem 2/20 Patienten aufgrund eines

Fremdkörpergranuloms einen Insult erlitten (34).

Wrapping vs. Klippen vs. Embolisation

Ein Vergleich des Wrappings mit anderen Behandlungsformen ist aus Gründen die schon

zuvor behandelt wurden, wie Durchmischung des Patientenguts, der Behandlungsformen

und der Materialien, sowie aufgrund der geringen Fallzahlen nicht möglich.

Wie aus der Literatur hervorgeht, stellt bereits der Vergleich zwischen der endovaskulären

Embolisation und dem Klippen von Aneurysmen eine Herausforderung dar.

Gerade die ISAT Studie, repräsentiert ein Paradebeispiel für Beurteilungsfehler. So wurde

zwar eine große Anzahl an Patienten/Innen eingeschleust, jedoch wurden ausschließlich

Patienten/Innen behandelt, deren Aneurysmen von Experten so bewertet wurden, dass

sowohl ein Klippen als auch eine Embolisation des Aneurysmas als zielführend betrachtet

wurde. Daher kann die ISAT Studie nur für etwa 20% der Aneurysmarupturen angewandt

werden. Die statistisch signifikanten Unterschiede bezüglich Mortalität (5-Jahres

Mortalität 13,8% Klippen vs. 10,7% Embolisation) und neurologischem Outcome sind

deswegen für etwa 80% der Pateinten mit rupturierten Aneurysmen nicht anzuwenden.

Hier kann nämlich keine klare Stellungnahme bezüglich der einen oder anderen

Behandlungsmethode bezogen werden (14,15).

Daraus ergibt sich für mich, dass ein Vergleich eines Verfahrens, das heute in den meisten

Fällen additiv zu den etablierten Verfahren gebraucht wird, nicht sinnvoll ist.

Wie schon zuvor erwähnt, konnte ich nur eine vergleichende Studie von Morioka finden

(46). Dabei kam man zum Schluss, dass sich das Wrapping im Vergleich zum Klippen zu

einer ähnlich hohen Rate an Komplikationen und einem vergleichbaren neurologischen

Outcome führt.

Page 56: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

56

Conclusio

Die komplizierten und schweren Verläufe der beiden vorgestellten Fälle sollen den Anstoß

geben, weitere diagnostische Hilfsmittel zu entwickeln, um Fremdkörpergranulome früher

zu erkennen oder vielmehr das Risiko zur Ausbildung eines Granuloms einschätzen zu

können.

Eine neue Möglichkeit wurde mit dem CC- Chemokin CCL2/MCP1 beschrieben, welches

bei einer inflammatorischen Reaktion zur Rekrutierung von Monozyten führt, die sich in

weiterer Folge zu Riesenzellen zusammenfügen.

Das CCL2/MCP1 Chemokin wird im ZNS von den meisten Zelltypen gebildet, sowie an

deren Oberfläche durch den passenden CCR2 Rezeptor gebunden. Die Chemokin –

Rezeptor Interaktion vermittelt zwei Aufgaben: Erstens die Chemotaxis von Immunzellen,

entlang des Chemokin-Gradienten, wodurch die Zellen des Immunsystems direkt in das

Zentrum des inflammatorischen Geschehens gelangen und aktiviert werden. Zweitens

werden die Aktivität und das Überleben von Neuronen durch die Chemokin – Rezeptor

Interaktion gesteuert.

Die Expression dieses Chemokins lässt sich im Liquor und im Serum messen und ist bei

chronisch entzündlichen Erkrankungen des ZNS, wie zum Beispiel bei der Multiplen

Sklerose oder dem Morbus Alzheimer erhöht, auch bei entzündlichen Prozessen nach

einem Schlaganfall erfüllt dieses Chemokin seine inflammatorischen Aufgaben und wird

deshalb in Zusammenhang mit der Entstehung von Fremdkörperreaktionen gebracht

(26,39,40,50).

Prinzipiell bleibt die Frage, warum manche Personen intrakranielle Fremdkörperreaktionen

ausbilden und andere nicht, weiterhin aufrecht. Man weiß aus tierexperimentellen Studien,

dass vor allem der CCR2 Rezeptor eine Fülle von Einzelgenpolymorphismen aufweist,

welche zum Teil neurodegenerative Erkrankungen verursachen (40). Durch die

molekularbiologischen Untersuchungen ist es heute schon möglich einzelne genetische

Variationen zu erfassen und gezielt in Richtung therapeutische Möglichkeiten zu forschen.

So gab es in der Vergangenheit viele Erfolge durch zielgerichtete Therapien, allen voran in

der Onkologie. Beispielweise führte die Erkenntnis über die Überexpression des Her2/neu

Wachstumsfaktorenrezeptors in Mammakarzinomzellen dazu, einen monoklonalen

Antikörper „Trastuzumab“ zu entwickeln, welcher gezielt die veränderten Zellen angreift

und dadurch die Tumorzellproliferation hemmt (51).

Page 57: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

57

Das Wrapping intrakranieller Aneurysmen ist und bleibt, zumindest bis heute, ein mit

Risiken behaftetes Verfahren und sollte wenn möglich gemieden werden. Es ist jedoch

weiterhin eine mögliche Lösung zur Behandlung von Aneurysmen, wenn keine andere

Methode möglich ist. Nutzt man das Wrapping additiv zum Klippen erscheint es zwar

attraktiv ausgedünnte, verbliebene Gefäßwandabschnitte mit einem Baumwollpatch zu

verstärken, vor allem da aus einzelnen Studienergebnissen klar hervorgeht, dass es mithilfe

dieser Methode zu keiner Größenprogredienz oder Konfigurationsänderung kommt. Jedoch

bleibt weiterhin unklar, wie sich die ausgedünnten Gefäßwandabschnitte in ihrem

natürlichen Verlauf verhalten und ob die jährliche, natürliche Rupturrate intrakranieller

Aneurysmen von 1-2%, durch den Einsatz des Wrappings, gesenkt werden kann.

Allerdings sollte an die möglichen Komplikationen, vor allem die Ausbildung von

Stenosen bzw. Fremdkörperreaktionen, gedacht werden. Zudem kommt hinzu, dass eine

gesicherte Behandlungsmöglichkeit bei Patienten/Innen, welche eine Reaktion auf das

eingebrachte Material entwickeln, nicht besteht.

Ich denke, dass in Zukunft bezüglich der angewandten Materialien neue Wege beschritten

werden müssen, sodass das Risiko für schwerwiegende Komplikationen, aufgrund von

Fremdgewebsreaktionen, minimiert werden kann. So wurden bereits gute Ergebnisse bzgl.

inflammatorischer Prozesse, zum Beispiel durch die Verwendung von Dacron oder Gore-

Tex, erzielt (29,33).

Page 58: Bioreaktionen nach Wrapping intrakranieller Aneurysmen

58

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