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Vontobel Private Banking Das Magazin für Privatkunden Ausgabe Frühling 2010 Vontobel Private Banking Das Magazin für Privatkunden Ausgabe Herbst 2010 Zeit Zeit begreifen: Das Wesen der Zeit Fussballzeit: Fast alles in 90 Minuten Makro: Wie sieht die Investment-Landschaft für die kommenden Jahre aus?

BLUE - ZEIT

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blue - das Magazin für Privatkunden

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Vontobel Private Banking Das Magazin für PrivatkundenAusgabe Herbst 2010

Vontobel Private Banking Das Magazin für PrivatkundenAusgabe Frühling 2010

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Vontobel Private Banking Das Magazin für PrivatkundenAusgabe Herbst 2010

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Zeit begreifen:Das Wesen der Zeit

Fussballzeit:Fast alles in 90 Minuten

Makro:Wie sieht die Investment-Landschaft für die kommenden Jahre aus?

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Zeit begreifen:Das Wesen der Zeit

Fussballzeit:Fast alles in 90 Minuten

Makro:Wie sieht die Investment-Landschaft für die kommenden Jahre aus?

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Impressum

Herausgeber Bank Vontobel AGGotthardstrasse 43, CH-8022 Zürich Telefon +41 (0)58 283 71 11

[email protected] www.vontobel.com/blue

Druck Klimaneutral gedruckt durch Schellenberg Druck AG. Erscheint viermal im Jahr in deutscher und englischer Sprache. Nachdruck von Texten ist ohne die schriftliche Bewilligung der Bank Vontobel AG weder ganz noch teilweise gestattet.

Bilder und IllustrationUmschlag und Seiten 18/21/28: Sandro Diener; Fotos Seiten 3/26: Roth und Schmid; Fotos Seiten 5/8: Dieter Müller; Foto Seite 11: Sandro Micha-helles; Fotos Seiten 13/17: Maurice Haas, 13photo; Foto Seite 27: Jonas Kuhn Fotografie, Zürich; Illus-tration Seite 29: Jürgen Willbarth; Seite 30: Erwin Züger/ Pablo Picasso, Wasserkrug und Früchte © 2010 ProLitteris, Zürich

Disclaimer

Diese Broschüre stellt kein Angebot dar und dient einzig

informativen Zwecken. Die Erbringung der in dieser Broschüre

beschriebenen Dienstleistungen richtet sich nach dem mit

dem Leistungsempfänger abgeschlossenen Vertrag. Inhalt,

Umfang und Preise der Dienstleistungen und Produkte können

je nach Land unterschiedlich ausgestaltet sein und jederzeit

ohne Ankündigung geändert werden. Einige Dienstleistungen

und Produkte werden nicht weltweit und nicht durch alle

Gesellschaften der Vontobel-Gruppe angeboten und können

zudem in bestimmten Ländern rechtlichen Einschränkungen

unterworfen sein.

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Banque Vontobel SAPlace de l’Université 6, CH-1205 GenèveTelefon +41 (0)22 809 90 90, Telefax +41 (0)22 809 90 91

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Vontobel Asia Pacific Ltd.2301 Jardine House, 1 Connaught Place, CentralHongkongTelefon +852 3655 3990, Telefax +852 3655 3970

„blue“ erscheint vierteljährlich. www.vontobel.com/blue

„Der wichtigste Unterschied zwischen Zeit und Geld ist, dass sie sich nicht in derselben Weise sparen lassen.“

Nadine Schöneck-Voß, Soziologin

neutralDrucksache

No. 01-10-376181 – www.myclimate.org© myclimate – The Climate Protection Partnership gedruckt bei Schellenberg Druck AG

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Editorial/Inhalt

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Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser

Haben Sie Zeit?

Schauen Sie oft auf die Uhr? Erstellen Sie Zeitpläne, domi-niert der elektronische Kalender auch Ihren Tagesablauf? Werden Sie unruhig, wenn Sie warten müssen? Nehmen Sie sich Zeit für persönliche Gespräche? Haben Sie manch-mal sogar das Gefühl, die Zeit zerrinnt Ihnen zwischen den Fingern?

Jeder Mensch hat sein eigenes Zeitgefühl, und jeder Kultur-kreis interpretiert Zeit auf eigene Weise. Daraus lässt sich eine sogenannte „Landkarte der Zeit“ erstellen. Diese

Landkarte steht in Abhängigkeit von Faktoren wie wirt-schaftliche Stabilität, Wachstum, Dichte der Besiedelung, der Temperatur etc. So werden in unseren nördlichen Breitengraden „Tempo“ und „Termin“ oft als Synonyme für Zeit gebraucht. Es überrascht daher wenig, dass in wirtschaftlich erfolgreichen Netzwerken Zeit mit Geld gleichgesetzt wird. Werden jedoch Menschen, die über genügend Geld verfügen, gefragt, was sie sich am meisten wünschen, lautet die Antwort: „Mehr Zeit!“

Der Umgang mit der Zeit sagt viel über uns selbst aus. Die Zeit unserer Kunden ist kostbar. Wir bei Vontobel nehmen uns Zeit und stellen unsere Uhren im Private Banking nach den Bedürfnissen und Wünschen unserer Kunden.

In der vorliegenden Ausgabe von „blue“ berichten vier Persönlichkeiten über ihre Ansichten und Erfahrungen zum Thema Zeit – ein Begriff, der für sie alle nicht oder nicht mehr mit Geld in Verbindung steht.

Ich freue mich, wenn Sie sich Zeit für das „blue“ nehmen.

Herzlich

Peter FanconiLeiter Private [email protected]

Thema: Zeit ∙ Das Wesen der Zeit 4∙ Fakten zur Zeit 9∙ Der Mensch denkt, die Natur lenkt 10∙ Fast alles in 90 Minuten 12∙ Wo nur die Gegenwart zählt 16

Makro: Wie sieht die Investment-Landschaft für die kommenden Jahre aus? 18

Chancen: E-Mobilität auf der Überholspur 22

Blaue Seiten: Vermischtes aus der Vontobel-Gruppe 26

Care & Share: „Ich war der jüngste Gast im Altersheim“ 28

Kolumne: Zeit haben wir genug 29

Kultur & Genuss: Inside Zürich 30

Inhalt

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Thema

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Der Schriftsteller Elias Canetti hat einmal gesagt: „Es wurde alles rascher, damit mehr Zeit ist. Es ist immer weniger Zeit.“ Dank verschiedensten technischen Hilfs-mitteln hat der Mensch heute so viel Zeit wie nie zuvor. Trotzdem herrscht Zeitdruck allerorten. Wo ist all die gesparte Zeit geblieben? Diese Frage zielt direkt auf den Kern der gesamten moder-nen Zeitthematik: das Auseinanderklaffen von tatsächli-chem Zeitgewinn und subjektiv empfundener Zeitknapp-heit. Der Mensch der Moderne verfügt über unzählige technische Errungenschaften, die sein Leben erleichtern und ihm helfen, Zeit zu sparen. Während ich jetzt mit Ihnen spreche, laufen beispielweise Waschmaschine und Geschirrspüler – ist das nicht praktisch? Und neben all diesen technischen Helfern verfügt der moderne Mensch auch über eine Vielzahl von alltäglichen Zeitumgangstech-niken, um seine Zeitnutzung zu optimieren.

Warum bleibt die Zeit trotzdem immer knapp?Das Problem ist die Unersättlichkeit des Menschen. Es liegt nicht in unserem Wesen, die gesparte Zeit einfach – am besten geniessend – abzusitzen. Wir versuchen, gewonne-ne Zeit mit neuen Beschäftigungen zu füllen, sie sinnvoll zu nutzen.

Dann ist das Problem also hausgemacht?Nehmen Sie zum Beispiel die Kommunikation via E-Mail im Arbeitsleben. Vor noch nicht einmal 20 Jahren kommu-nizierten die Menschen beruflich wie privat per Post. Ein Brief wurde geschrieben, in einen Umschlag gesteckt, fran-kiert und aufgegeben. Eine postalische Antwort konnte man frühestens nach einer Woche erwarten. Der E-Mail-Verkehr hat das alles überflüssig gemacht. Ein eigentlich enormer Zeitgewinn, der unseren Arbeitsalltag zweifellos erleichtert hat. Und was macht der unersättliche Mensch? Er nutzt die gesparte Zeit für eine extreme Steigerung

Zeit ist eine der kostbarsten Ressourcen des modernen Men-schen. „Time is money“ ist das Credo unseres Alltags. Wir ver-suchen, Zeit zu sparen, wo wir nur können. Doch am Ende ist derjenige wahrhaft reich an Zeit, der sie grenzenlos verschwen-det. Ein Gespräch mit der Soziologin Nadine Schöneck-Voß über das Wesen der Zeit.

Das Wesen der Zeit

Interview: Heike Isselhorst

Thema: Zeit begreifen

seiner Kommunikationsaktivitäten. Wir versenden heute viel mehr E-Mails, als wir jemals Briefe geschrieben haben. Dadurch wird der Spareffekt überkompensiert.

So ein Nullsummenspiel wäre ja nicht weiter schlimm. Warum fühlt es sich trotzdem an, als hätten wir immer weniger Zeit?Wegen der Unersättlichkeit des Menschen ist es eben kein Nullsummenspiel. Wir überkompensieren den Zeitgewinn. Darum verbringen wir heute im Endeffekt viel mehr Zeit mit schriftlicher Kommunikation als früher. Und so verhält es sich mit fast allen Aktivitäten der Menschen. Wir haben heute so viel mehr Möglichkeiten, unsere Zeit zu füllen. Früher waren Lebenswege und Handlungsoptionen deut-lich stärker vorgeben. Die wenigsten Menschen hatten zum Beispiel die Wahl, ob sie ihre Zeit für einen Shopping-trip nach Mailand oder London nutzen wollten. Das war schlichtweg ausserhalb ihrer Handlungsoptionen.

Aber in dieser Hinsicht will doch wohl niemand das Rad der Zeit zurückdrehen?Auf keinen Fall. Es ist natürlich wunderbar, all diese Mög-lichkeiten zu haben. Aber das grosse Angebot verführt uns dazu, immer mehr und möglichst viel in ein nach wie vor festes Zeitkontingent zu pressen. So entstehen permanen-te Möglichkeitsüberschüsse, die uns das Gefühl geben, nicht genug Zeit zu haben. Trotz allen Optionen bleibt die Zeit das Nadelöhr.

Hätten wir also mehr Zeit, wenn wir unsere Unersättlich-keit in den Griff bekommen könnten?Nicht unbedingt. Denn auch wenn wir weniger Hand-lungsoptionen wahrnehmen, so müssen wir uns doch für die eine oder andere entscheiden. Und jede einzelne dieser Entscheidungen bindet Energien und braucht Zeit: Wie verbringe ich heute meinen Abend? Gehe ich ins Kino

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oder in ein Restaurant? Treffe ich Freunde oder verbringe ich den Abend allein? Über solche und andere alltäglichen Entscheidungen denken viele Menschen viel und lange nach. In der Summe sind diese eigentlich kleinen Alltags-entscheidungen echte Zeitfresser.

Sie sind Zeitsoziologin. Warum haben Sie sich gerade für die Zeit als Forschungsobjekt entschieden?Zu dieser Entscheidung gab es ein Schlüsselerlebnis. Als junge Studentin mit Anfang zwanzig ging ich für ein Studienjahr in die USA. Bis dato hatte ich in Bochum ein relativ zeitloses Leben von Tag zu Tag geführt. Erst mit dem Eintreffen in Texas wurde mir zum ersten Mal klar, dass mein Aufenthalt an der dortigen Universität begrenzt ist. Diese limitierte Zeit wollte ich auf jeden Fall voll und ganz auskosten. Der Preis dafür war eine riesige Beschleu-nigungswelle, die mein Leben erfasste. Das ruhige Leben

war passé. Ich habe mir dann angewöhnt, nur noch fünf bis sechs Stunden pro Nacht zu schlafen, damit all die Aktivitäten in meinen Tag passten. Zum Glück war ich nie eine echte Langschläferin gewesen. Nach der Rückkehr fand ich allerdings nicht mehr in meinen alten Lebens-rhythmus zurück. Ich war selbst unersättlich geworden, und mein Interesse am Phänomen Zeit war geweckt.

Schon der Kirchenlehrer Augustinus hat die Problematik des Zeitbegriffs erkannt und konstatiert: „Was also ist Zeit? Wenn mich niemand danach fragt, weiss ich es; will ich es einem Fragenden erklären, weiss ich es nicht.“ Was bedeutet Zeit für Sie?Die Konzeption der Zeit ist in der Tat diffus und hängt sehr stark davon ab, wen man fragt. Ob Physiker, Philosophen, Chronobiologen, Schlafphysiologen, Theologen oder eben Soziologen – die Antworten werden immer unter-schiedlich sein. Für mich ist Zeit zum einen die Uhrzeit, die intersubjektiv nachvollziehbare Zeit, die geteilte Zeit, eine Konvention, auf die sich die Menschen geeinigt haben. Der soziale Charakter von Zeit wird auch deutlich, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass es die Zeit, wie wir sie uns als Kontinuum vorstellen, ja nicht unabhängig vom Menschen gibt. Die Einteilung in Minuten, Stunden, Tage, Wochen, Monate und Jahre ist eine künstliche Einteilung, und auch die Linearität der Zeit ist eine sehr systematische Vorstellung, die von Menschen gemacht wurde. In der Na-tur existiert diese Form der Zeiteinteilung nicht. Erst diese soziale Konstruktion von Uhrzeit ermöglicht Koordination und Synchronisation, ein soziales Miteinander.

Wie universell ist diese Zeitkonvention? In andere Kultu-ren scheint Zeit eine ganz andere Rolle zu spielen als zum Beispiel in der Schweiz. Schweizer und sicher auch Deutsche neigen generell zu Pünktlichkeit. Treffen Sie auf Menschen aus anderen

Thema

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„Wegen der unzähligen Handlungs-optionen entstehen permanent Möglich-keitsüberschüsse, die uns das Gefühl geben, nicht genug Zeit zu haben.“

Ländern, kommt es nicht selten zum einen Zusammenprall der Kulturen. Denn nicht nur Pünktlichkeit ist hochgradig kulturell geprägt, sondern der gesamte Umgang mit Zeit. Das Denken über die Zeit und die Relevanz, welche Zeit im Umgang miteinander hat, ist von Gesellschaft zu Ge-sellschaft stark unterschiedlich. Vor allem den Menschen in Westeuropa ist Zeit als kostbare Ressource sehr bewusst, und dies im Alltag vor allem in defizitärer Hinsicht: Die Zeit stellt tendenziell ein Problem dar. Wir haben einen stark ökonomisch geprägten Umgang mit Zeit. Das zeigt sich auch in den vielen Redewendungen in der deutschen Sprache, welche die ständige Knappheit und den damit verbundenen Wert von Zeit thematisieren.

Zum Beispiel „jemandem die Zeit stehlen“.Ja. Zeit stehlen ist ein gutes Beispiel. Es gibt aber noch viele weitere Redewendungen, welche die Zeit im weite-

ren Sinne ökonomisch aufladen: Zeit investieren, Zeit sparen, Zeit gewin-nen, Zeit verlieren – der utilitaristische Charakter der Zeit wird in vielen Redewendungen und Formulierungen sehr deutlich. Wir neigen im Gegen-satz zu anderen Kulturen stark zu einer Ökonomisierung der Zeit.

Wie viel Wahrheit liegt in Benjamin Franklins Ausspruch „Zeit ist Geld“?Es gibt in der Tat eine Reihe von Parallelen zwischen Zeit und Geld.

Beide sind, so betrachten wir es in unserer westlichen Gesellschaft, kostbare, da knappe Güter. Der Ausspruch „Zeit ist Geld“ drückt neben dem Knappheitsaspekt auch das Prinzip der Opportunitätskosten aus. Also die Frage, was ich mit diesem Zeitfenster hätte anfangen können, wenn ich mich nicht mit Ihnen zum Gespräch getroffen hätte. Oder noch deutlicher: Wie viel hätte in dieser Zeit verdient werden können? Vor allem Menschen, die stark leistungsbezogen oder gar auf Provisionsbasis arbeiten, können davon ein Lied singen, dass jede einzelne Minute des Tages einen monetären Gegenwert hat.

Also stimmt es: Zeit ist Geld?Auf den ersten Blick mag das stimmen. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich aber schnell, dass es sehr grosse Unterschiede zwischen Zeit und Geld gibt. Der wichtigste ist, dass sich Geld und Zeit nicht in derselben Weise sparen lassen. Geldreste lassen sich ganz wunderbar sammeln und können zu einem späteren Zeitpunkt genutzt werden. Mit der Zeit geht das nicht. Versuchen Sie einmal, Zeitres-te zu sammeln! Sie gewinnen zwar Zeit, wenn Sie zum Beispiel zu früh an einem Treffpunkt auftauchen, weil vielleicht alles ganz reibungslos gelaufen ist, doch dann haben Sie unter Umständen überhaupt nichts von diesem Zeitgewinn. Denn je nach ihrem Naturell verbietet Ihnen die Höflichkeit Ihren Mitmenschen gegenüber, vor dem vereinbarten Zeitpunkt auf sich aufmerksam zu machen. Sie sind ja schliesslich zu früh da …

Zeitreste sind so gesehen keine gute Anlage? In ganz vielen Fällen stimmt das. Für die meisten Men-schen ist das oft sehr frustrierend. Man hat sich irgend-wo im Tagesablauf mühsam etwas Zeit abgespart oder musste fürchterlich hetzen. Man hat am Morgen vielleicht nicht einmal mehr den Kaffee austrinken können, ist im Laufschritt zum Tram geeilt. Und am Nachmittag ist man

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dann zehn Minuten zu früh an einem Treffpunkt und vergeudet – gefühlsmässig – diese kostbare Zeit, die man ein paar Stunden früher so gut hätte gebrauchen können, mit Warten.

Die meisten Menschen verbringen ihre Zeit sowieso nur sehr ungern mit Warten. In der Tat ist Wartezeit für viele Menschen eine echte Qual. Deswegen kommen einige von uns ganz bewusst immer ein bisschen zu spät zu einem vereinbarten Termin, weil das Warten eine subjektiv so schreckliche Erfahrung ist. Auf jemanden oder etwas warten zu müssen, erzeugt genau diese Zeitreste, mit denen Sie wenig anfangen können.

Kann man einer unverhofften Wartezeit nicht auch Positives abgewinnen?Ob und wie stark Wartezeit als negativ wahrgenommen wird, hängt eng von der Beeinflussbarkeit der Situation ab. Das kann man zum Beispiel im Flugzeug beobachten, wenn es zu einer Verspätung kommt. Das ist eine Situ-ation, die von den Betroffenen nicht beeinflusst werden kann. Sie haben die Verantwortung für ihr Zeitmanage-ment aus der Hand gegeben und können nichts für die Verspätung. In diesem Fall wird die Wartezeit oft sogar dankbar aufgenommen, der Mensch ergibt sich fatalistisch seinem Schicksal. Die eigentlich erzwungene Entschleu-nigung wird so zu einem unverhofften Zeitgeschenk. Viele widmen sich in dieser Situation geradezu genüsslich einer Lektüre oder Beschäftigung, die sie unter normalen, pünktlichen Umständen gar nicht in Betracht gezogen hät-ten. Neben der kalkulierten Flugzeit, die vielleicht schon Verspätungen am Flughafen: Hier wird erzwungene Entschleunigung

oft zum unerwarteten Zeitgeschenk.

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mit allerlei Arbeit verplant war, verfügen sie nun über eine Extrastunde auf dem Rollfeld vor dem eigentlichen Flug. Ein Zeitfenster, das zuvor gar nicht existiert hat.

Wird der Satz „Ich habe keine Zeit“ auch in Zukunft unser Leben bestimmen?Zeitknappheit und keine Zeit zu haben, ist heutzutage für weite Teile der Gesellschaft schick und funktioniert als im-materielles Statussymbol. Wer immer und unbegrenzt Zeit hat, macht sich verdächtig. Stellen Sie sich vor, Sie suchen einen neuen Arzt und hören am Telefon, dass Sie praktisch jederzeit einen Termin haben können – da werden Sie doch stutzig. Wenn Sie hingegen eine Wartezeit von zehn Tagen in Kauf nehmen müssen, dann sind Sie beruhigt: Dieser Arzt hat viele Patienten und ist gefragt. Man kann diese Wertschätzung durch andere aufgrund von Zeit-knappheit auch ganz bewusst steigern.

Indem man nur vorgibt, beschäftigt zu sein?Ja. Das ist auch nicht so unverschämt, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Es ist im Grunde ein soziales Spiel, das viele Menschen beherrschen. Vor allem bei Dingen, die kei-ne hohe Priorität haben, schützen viele gerne Zeitknappheit vor. Das Motiv ist dabei längst nicht immer die Steigerung der Wertschätzung. Weil es in unserer Gesellschaft absolut legitim ist, keine Zeit zu haben, kann man so auch das eige-ne Zeitkontingent, die Eigenzeit, schützen.

Werden wir auch in 50 Jahren noch um unsere Zeit feilschen?Ich gehe davon aus, dass gerade die kommunizierte Zeit-knappheit nicht für immer das Mass der Dinge bleiben wird. Es gibt bereits heute eine gesellschaftliche Avantgarde, die sich dem Zeitdiktat widersetzt. In der Zukunft wird es viel-mehr schick sein, die eigene Zeit im Griff zu haben und sich bewusst Zeit zu nehmen. Ich habe keine genaue Vorstellung, wie lange so ein Wandel braucht. Von heute auf morgen wird das nicht gehen, aber ich bin zuversichtlich, dass wir einen positiven Umgang mit der Zeit finden werden.

Thema

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Nadine Schöneck-Voß ist wissenschaftliche Mitar-beiterin am Lehrstuhl für Politische Soziologie und vergleichende Analyse von Gegenwartsgesellschaft an der Universität Bremen. Bereits als Studentin beschäftigte sie sich mit dem Phänomen Zeit und wurde für ihre Studie „Der getriebene Mensch ... und bin ich normal?“ mit dem Deutschen Studien-preis der Hamburger Körber-Stiftung ausgezeich-net. Als passionierte Marathonläuferin spielt die Zeit für sie auch neben dem Forschungsinteresse eine entscheidende Rolle. Ihre persönliche Bestzeit liegt bei 3:43:56.

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Fakten zur Zeit

Rasante SchweizerDer Soziologe Robert Levine mass für sein Buch „Eine Landkarte der Zeit“ das Tempo bestimmter Tätigkeiten in verschiedenen Ländern. Aufschluss über die Lebens-geschwindigkeit einer Gesellschaft geben die Variablen „Genauigkeit öffentlicher Uhren“, „Fussgängertempo“ und „Zeit, die ein Postangestellter braucht, um eine Brief-marke zu verkaufen“. Die Schweiz ist im internationalen Vergleich rasant und belegt in der Gesamtwertung Platz 1.

Lieber baden als redenEs macht den Anschein, als ob sich viele Schweizer Paare ohne Worte am besten verstehen. Jedenfalls setzen sie pro Jahr im Durchschnitt nur gerade 91,25 Stunden oder 3,8 Tage für Gespräche mit dem Partner oder der Partnerin ein. Deutlich mehr Zeit wenden sie für andere Aktivitäten auf. Die Männer beispielsweise verbringen 6,2 Tage pro Jahr im Bad für die Körperpflege, während es bei den Frauen 7,1 Tage sind.

Die amtliche ZeitAus den Messwerten von über 260 Atomuhren an über 60 weltweit verteilten Instituten legt das Bureau International des Poids et Mesures (BIPM) in Paris die Internationale Atomzeit (TAI) als Referenzzeit fest.

Zeitmanagement hat TraditionSchon vor rund 2000 Jahren hat der römische Philosoph Seneca in seinem Werk „Das Leben ist kurz“ den Kern des modernen Zeitmanagements erfasst und stellte fest: „Man findet niemanden, der sein Geld teilen will, doch mit wie vielen teilt ein jeder sein Leben! Sie sind davon gefesselt, ihr Erbe zusammenzuhalten, sobald es aber um die Ver-schwendung ihrer Zeit geht, sind sie höchst freigebig mit dem, worin allein doch der Geiz ehrenhaft ist.“

Thema mit KonjunkturDie Google-Recherche zum Stichwort „Zeitmanagement“ ergibt mehr als 800’000 Treffer.

Mehr Fun, weniger MalocheViele Schweizerinnen und Schweizer verbringen ihre Arbeitszeit sitzend vor einem Computer. Und sitzend ver-bringen sie auch einen grossen Teil der Freizeit – vor dem TV-Gerät. Im Schnitt sind es 22,3 TV-Stunden pro Woche. Hochgerechnet auf die Lebenszeit eines Menschen, macht dies 9,3 Jahre. Der gesamte Medienkonsum – Internet, Radio, TV, Games, Telefon, DVD etc. – erreicht bei Herrn und Frau Schweizer pro Woche 47,5 Stunden und hat damit die Wochenarbeitszeit längst überholt.

Zeit to goDie älteste Darstellung einer am Körper tragbaren Uhr – eine sogenannte Dosenuhr – findet sich auf dem 1532 entstandenen Gemälde „Der Kaufmann Georg Gisze“ von Hans Holbein dem Jüngeren.

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Wann und wo ist die Beziehung des Städters zum Wein-bau entstanden? Bär erzählt, wie er als junger Anwalt einen südafrikanischen Klienten betreut hat und deshalb ab und zu in die Kaprepublik reiste. Dieser Klient führte ihn häufig in Weingütern herum und weckte so beim Anwalt das Interesse an der Kultur des Rebbaus. Er ermunterte den Schweizer mehrmals, sich doch ein Weingut in Südaf-rika zu erwerben. „Das war mir zu weit weg von Zürich“, sagt Bär. „Ich liebe Herausforderungen, aber sie müssen in einem vernünftigen Verhältnis zu meinen übrigen berufli-chen Aufgaben stehen.“

1990, mit dem Erwerb von Gagliole, war es so weit. Das viel näher gelegene italienische Weingut liess sich in das berufliche Portfolio von Thomas Bär einpassen. Zwar be-anspruchten ihn seine vielfältigen familiären und berufli-chen Verpflichtungen weiterhin intensiv in Zürich, aber ein schrittweiser Ausstieg schien möglich. Und so begann der Einstieg in ein neues Betätigungsfeld.

Die Entdeckung einer neuen WeltWenn Thomas Bär seine Arbeit in Zürich mit jener in Gagliole vergleicht, so fallen ihm mindestens drei Unter-schiede auf. Sein Verhältnis zur Zeit hat sich gewandelt. Als Anwalt, sagt er, sei er ein Zeitverkäufer gewesen und habe seine Zeitplanung beherrscht. Als Winzer sei es gera-de umgekehrt: „Nicht ich herrsche über die Zeit, sondern die Zeit bestimmt über mich.“ Der Zeitablauf der Natur gebe den Takt vor; die Natur und nicht er als Weinbauer bestimme zum Beispiel, wie lange die Reifezeit daure und wann die Traubenlese beginnen könne.

1990 begann Thomas Bär seinen späteren Ausstieg vorzubereiten: Aus dem Zürcher Anwalt und Bankier wurde nach und nach ein Weinproduzent in der Toskana. Ein guter Entscheid, wie sich 20 Jahre später zeigt. Denn er hat Thomas Bärs Leben farbiger gemacht und ihm ein neues Verständnis von Zeit und Natur geschenkt.

Wir treffen uns in der Anwaltskanzlei Bär & Karrer in Zürich. Im modernen, funktionalen Gebäude arbeiten gegen 120 Juristinnen und Juristen. Thomas Bär hat die Kanzlei, die zu den angesehensten und grössten Kanzleien Zürichs zählt, ab 1969 mit seinem Jugendfreund Robert Karrer mitaufgebaut. Doch nicht über diesen Teil seines Lebenswerks wollen wir sprechen. Auch nicht über seine früheren Funktionen in der gleichnamigen Bank, mit welcher der Abkömmling der bekannten Bankierfamilie eng verbunden ist. Nein, im Zen-trum unseres Gespräches steht eine weniger bekannte Seite der vielen Aktivitäten von Thomas Bär – der Weinbau.

Das Paradies hat einen Namen – GaglioleDer 73-jährige, gross gewachsene Mann bewirtschaftet seit zwei Jahrzehnten das Weingut Gagliole in der Toskana. Es liegt mitten im Gebiet des Chianti Classico auf halber Stre-cke zwischen Florenz und Siena. Zehn Hektaren Weinber-ge umfasst das Gut. Sorgsam gefügte Trockensteinmauern zeugen davon, dass hier schon seit Jahrhunderten Rebbau betrieben wird. Zuoberst auf dem Hügel, umkränzt von vielen Reihen Sangiovese-Reben, von silbern schimmern-den Olivenbäumen und hohen Zypressen, befinden sich das Wohnhaus und die Ökonomiegebäude des Weingutes. Keine Frage, Gagliole zählt dank der bevorzugten Lage zu den schönsten Weingütern der Gegend. Kann es da ver-wundern, dass der Langobardenkönig Berengar das Anwe-sen 994 nach Christus seinem Sohn Hildebrand als Lehen gab – wie es heisst, aus Anlass von dessen Hochzeit?

Thomas Bär sieht im Weingut mehr als eine persönliche Liebhaberei von sich und seiner Frau Monika. Für ihn ist es ein generationenübergreifendes Projekt. Ein Weingut zu be-treiben, mache nur dann Sinn, wenn man sicher sein könne, dass die nächste Generation sich ebenfalls dafür engagieren werde. „Was ich heute auf Gagliole mache, mache ich auch für meine Nachkommen“, sagt Thomas Bär. „Es wäre unbe-friedigend, dies nur für mich zu tun.“ Und doch war er es, der sich entschied, 1990 Gagliole zu erwerben, als sich nach einigen gescheiterten Anläufen die Möglichkeit dazu bot.

Der Mensch denkt, die Natur lenkt

Thema: Reifezeit

Text: Johann ThalheimerThema

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Thomas Bär (73) produziert auf dem Weingut Ga-gliole in der Toskana jährlich rund 70’000 Flaschen Wein und etwa 2000 Liter Olivenöl. Beim Wein dominieren die Rotweine, aber es gibt auch einige 1000 Flaschen Weisswein. Der frühere Zürcher An-walt und Bankier legt auf seinem Weingut überall, wo es nötig ist, selber Hand an. Am Morgen meis-tens draussen und am Nachmittag im Büro, wo er sich um das Marketing und den Verkauf kümmert. Die exklusiven Produkte aus Gagliole finden in der Schweiz, in Deutschland, Amerika und Russland Käuferinnen und Käufer.

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ich werde, desto besser kann ich das akzeptieren“, sagt Bär. „Ich bin heute sogar der Meinung, dass es gut ist, wenn wir Menschen nicht alles beeinflussen können.“

Je länger das Gespräch mit Thomas Bär dauert, desto mehr stellt sich der Eindruck ein, dass die ruhige Kraft und die stille Harmonie des alten toskanischen Weingutes im Laufe der Zeit auf seinen Bewohner übergegangen ist – so gelassen und zufrieden wirkt der Gesprächspartner auf seinen Besucher.

Eine letzte Frage an Thomas Bär: Würde er sich nochmals auf das Abenteuer Gagliole einlassen, wenn er um all die Enttäuschungen und Rückschläge wüsste, die es in den vergangenen 20 Jahren auch gegeben hat? „Ja, auf jeden Fall würde ich es wieder wagen“, sagt Thomas Bär ohne zu zögern. „Zwar gab es Enttäuschungen, aber es gab noch mehr Momente der Freude und des Glücks.“ Und nach einer Pause fügt er lachend hinzu: „Meine Familie findet jedenfalls, die Arbeit im Weingut habe einen guten Einfluss auf meine Entwicklung gehabt.“

Mehr Infos: www.gagliole.com

Einen zweiten Unterschied sieht Bär darin, dass er sich als Winzer an sehr grosse Zeiträume gewöhnen musste. „Wer in der Juristerei etwas bewirken will, kann dies häufig in sehr kurzer Zeit vollbringen“, sagt Bär. In der Landwirt-schaft gehe das nicht. Hier müsse man in viel längeren Zeiträumen denken. „Und auch hier bestimmt die Natur, was passiert.“

Den dritten Unterschied sieht der Zürcher darin, dass er sich auf seinem Weingut mit ganz konkreten Dingen auseinandersetzen muss. „Als Anwalt lebte ich in einer virtuellen Welt. Ich konnte selten ganz genau sehen, was meine Arbeit als Jurist eigentlich bewirkte. Im Weingut ist dies anders – ich spüre und sehe die Auswirkungen jeder einzelnen Entscheidung sehr schnell und sehr direkt.“

Wie geht der erfolgsgewohnte Anwalt und Bankier damit um, wenn er als Weinproduzent Einflüssen ausgesetzt ist, die er nicht oder nur minim beeinflussen kann? „Je älter

Als Anwalt konnte Thomas Bär in sehr kurzer Zeit etwas vollbringen.

Im Weinbau hat er gelernt, in viel längeren Zeiträumen zu denken.

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Wenn es in der Schweiz einen zutiefst urban geprägten Fuss-ballklub gibt, dann ist es der Grasshopper Club Zürich. Und doch sucht man – zumindest unter der Woche – die blau-weissen Spieler von GC vergebens auf einem Fussballplatz in der Limmatstadt. Die Grasshoppers haben ihr Trainingsgelän-de weit draussen auf dem Land. In Niederhasli bei Dielsdorf. Und wer in Niederhasli am Bahnhof steht, der stellt fest, dass der GC-Campus noch zwei Kilometer weiter draussen ist – ganz im Grünen, fernab von Zürichs Geschäftigkeit. Auch fernab von der Zeit? Fragen wir den GC-Cheftrainer Ciriaco Sforza (40). Fragen wir ihn, wie ein Trainer, der früher selber ein international bekannter Spieler war, jene 90 Minuten Zeit empfindet, um die sich im Fussball alles dreht.

Wer nach oben will, muss unten beginnenWenn man im Club-Restaurant dem Trainer gegenübersitzt, merkt man schnell: Hier hat einer seine Aufgabe gefunden. „Ja, es gefällt mir bei GC sehr gut“, gesteht Sforza ohne Umschweife ein. „Ich habe eine junge Mannschaft mit einer Perspektive, und ich habe einen Verein, der mir Zeit gibt.“

Zeit. Da ist es bereits – das ominöse Wort. Im Fussball, das weiss jedes Kind, ist Zeit Mangelware. Kaum hat ein Trainer einmal drei, vier Spiele hintereinander verloren, schwebt das Damoklesschwert an einem seidenen Faden über ihm. Noch eine unglückliche Niederlage mehr, und das Schwert fällt und zerschneidet einen Arbeitsvertrag.

Sforza hat mit seinem Team zu Beginn der laufenden Meis-terschaft ein paar Niederlagen kassiert. Während bei vielen seiner Kollegen die Nerven längst flattern würden, sitzt er ruhig und gelassen da. Denn er weiss: GC ist anders, GC gibt ihm jene Zeit, die er braucht, um eines der jüngsten Teams der höchsten Schweizer Liga aufzubauen, zu fördern

und weiterzuentwickeln. Ihn interessiert die langfristige Perspektive, das qualitativ stabile Umfeld und die gute Infrastruktur, die der Verein ihm und dem Team auf dem Campus in Niederhasli bieten. „Hier arbeite ich gerne“, sagt Sforza, „auch wenn ich weiss, dass wir tabellenmässig gegenwärtig nicht dort stehen, wo wir stehen wollen.“

Erstaunlich abgeklärte Worte aus dem Mund des 40-Jäh-rigen, der als Spieler durchaus zur Gattung der heissblü-tigen Fussballer zählte. Zu jenen Ausnahmekönnern, die Emotionalität mit Spielintelligenz zu verbinden wissen. Gut möglich, dass bei dieser explosiven Mischung die italieni-sche Herkunft von Sforza durchschimmert, der 1970 im aargauischen Wohlen geboren wurde und schon als Kind von seinem Vater auf die Fussballplätze der Region mitge-nommen wurde und seine ersten Erfahrungen als Strassen-fussballer sammelte. Als Sechsjähriger spielte Sforza bereits bei den Junioren des FC Villmergen, wechselte später zu Wohlen und von dort gleich in die höchste Schweizer Liga, wo er als 16-Jähriger sein erstes Spiel machte – bei den Grasshoppers notabene, die er heute trainiert.

Spielerzeit: 20 erfolgreiche Jahre als ProfiCiriaco Sforza ist überzeugt, dass ein Spieler sein Talent früher besser entwickeln konnte, weil man ihm mehr Zeit liess. Zwar erinnert er sich noch gut daran, dass es auch ihn sehr jung und mit aller Kraft ins Ausland zog. Doch sein Vater sorgte dafür, dass der Wechsel nicht zu früh erfolgte. „Damals hatte ich deswegen mehr als einmal grosse Konflikte mit meinem Vater“, gibt Sforza zu. „Aber heute weiss ich, dass er recht hatte.“

Die lange und an Höhepunkten reiche Karriere beweist dies eindrücklich: 1991 hatte der 21-jährige Aargauer sei-

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Im Fussball gelten eigene Gesetzmässigkeiten. Ein Klub, der gestern ganz oben war, findet sich nur Monate später unver-hofft weit unten. Ein Spieler, der heute berühmt ist, kann schon übermorgen vergessen sein. Nur wenige halten sich auf Dauer an der Spitze. Ciriaco Sforza gehört zu ihnen – während zweier Jahrzehnte als Spieler, heute als Trainer. Ein Gespräch über die schnelllebige Zeit im Fussball.

Fast alles in 90 Minuten

Text: Johann Thalheimer

Thema: Fussballzeit

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An jenem 22. Juni 1994 stimmte einfach alles. Eine tolle Affiche im ausverkauften Silverdome in Detroit. 55’000 Zuschauer und ein Schweizer Team, dem praktisch alles gelang – nicht zuletzt dank dem unermüdlichen Mittelfeld-Regisseur Ciriaco Sforza.

Der Erfolg, der Schmerz und das Leiden Und negative Erinnerungen? Die muss es doch in einer langen Karriere auch geben? – Sforza bejaht. Am negativs-ten sind für jeden Spieler die Verletzungen. „Auch wenn man es in der Öffentlichkeit nicht zugeben will, bin ich doch überzeugt, dass sich Verletzungen beim Betroffenen richtiggehend im Kopf einbrennen und den Fussballer verändern.“ Sforza erlebte dies selber einmal, als seine Achillessehne riss. „Das war auch ein Zeitriss, denn ich fiel danach wochenlang aus.“

Der Umgang mit einer Verletzungsauszeit ist für einen Spieler psychologisch schwierig. Ähnlich schwierig kann die Zeit sein, die ein Spieler auf der Ersatzbank verbringt. Auf der Bank hat sich der Spieler Sforza zwar eher selten auf-gehalten. Aber die wenigen Male haben ihm genügt, um zu erfahren, wie unglaublich lang einem da die Zeit wird. „Du siehst den Gegner, du siehst die eigene Mannschaft. Du glaubst zu spüren, was du deinem Team in dieser oder jener Situation bringen könntest – aber du kannst es nicht, weil dich der Trainer draussen lässt.“ Eine qualvolle Situ-ation für einen Spieler. Sforza weiss es, und doch kommt auch er als Trainer nicht darum herum, einigen Spielern aus seinem Team diese Rolle zuzumuten. Woche für Woche.

Trainerzeit: Ein Neubeginn mit PerspektivenAls Profi-Fussballer spielte der Aargauer in den Mann-schaften berühmter Trainer wie Roy Hodgson, Otto Reha-gel oder Ottmar Hitzfeld. Von jedem hat Sforza gelernt. „Aber ich glaube, dass bei mir nach und nach etwas ganz Eigenes entstanden ist, das zu mir und meinem Tempe-rament passt.“ Als Spieler wie als Trainer vertraut er sehr stark seinem Instinkt, seinem Bauchgefühl und seiner Fä-higkeit, ein Spiel schneller als andere zu lesen, zu erfassen und daraus die nötigen Entscheidungen abzuleiten.

nen ersten Einsatz in der Schweizer Nationalmannschaft. 1993 folgte der Wechsel von GC zum 1. FC Kaiserslautern. In den folgenden 13 Jahren spielte Sforza immer im Aus-land. Zunächst bei den roten Teufeln auf dem Kaiserslaute-rer Betzenberg, dann bei Bayern München, Inter Mailand und am Schluss wieder bei Kaiserslautern.

Für einen Fussballprofi konzentriert sich die Zeit in einem ganz extremen Mass auf die 90 Minuten eines Spiels. „Plus Nachspielzeit“, ergänzt Sforza und lacht. 90 Minuten sind für einen Fussballer eine lange Zeit. „In jedem Spiel sind Emotionen drin, und zugleich verlangt es vom Spieler höchs- te Konzentration.“ Also passiert es immer wieder, dass aus 60 effektiven Sekunden 120 oder 240 gefühlte Sekunden werden. Ein und dasselbe Spiel wird von den gegnerischen Mannschaften oft ganz unterschiedlich erlebt: Für den Sie-ger ist das Spiel schnell vorbei, während es für den Verlierer eine frustrierend endlose Schinderei sein kann.

Was bleibt aus Hunderten von Spielen?Erinnert sich Sforza an qualvoll lange Spiele oder an solche, die im Nu vorbei waren? Er überlegt eine Weile und schüt-telt dann den Kopf. „Nein, die gefühlte Zeit eines Spiels blieb mir eigentlich nie lange in Erinnerung.“ Es waren andere Momente, die sich ihm einprägten. Zum Beispiel eine gelungene Kombination, die zu einem Tor führte. Ein wichtiges Entscheidungsspiel. Eine konkrete Spielsituation, die wie eine Fotografie im Gedächtnis haften blieb.

Beim 1. FC Kaiserslautern brannte sich ihm jenes Entschei-dungsspiel ein, das dem Verein die deutsche Meisterschaft sicherte. Bei Bayern München war es ein Penaltyschies-sen gegen das spanische Valencia bei einem Spiel in der Champions League. Und vielleicht die schönste Erinne-rung von allen ist jene an das legendäre 4:1 der Schweiz gegen Rumänien an der Weltmeisterschaft in den USA.

Gefühlte Zeit. GC-Trainer Ciriaco Sforza durchlebt während 90

Minuten alle Hochs und Tiefs eines Spiels. Jede Woche neu.

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„Im Ernstfall, bei einem Meisterschaftsspiel, muss ich als Trainer je nach Spielverlauf blitzschnell eingreifen und eine taktische Anweisung geben oder einen Wechsel vorneh-men“, sagt Sforza. „Beim Training unter der Woche kann ich in aller Ruhe beobachten und einen Entscheid reifen lassen.“

Seit seinem Wechsel vom Spieler zum Trainer erfährt Sforza, wie funktionsabhängig das Zeitverständnis im Fuss-ball ist. Ein Spieler, sagt er, denke in aller Regel von Spiel zu Spiel und konzentriere sich ganz auf die 90 Minuten. Als Trainer habe er ein ganz anderes Zeitmass. „Meine Zeitein-heiten gliedern sich nach Tagen, Wochen, Monaten und Saisons.“ Für die Mannschaft muss er langfristig planen: Wochenarbeit, Monatsarbeit, Jahresarbeit. Dabei merkt er, wie er gerade für junge Spieler auch eine Art Zeitgeber ist: „Ich gebe ihnen Zeit, sich zu entwickeln.“ Bei einem reifen Spieler, sagt der GC-Trainer, könne man in der Regel nach ein oder zwei Monaten sagen, ob und wie er sich in die Mannschaft einfügen werde. Bei einem jungen Talent brauche man mindestens eine Saison, um sich ein Urteil zu bilden. Aber diese Zeit nimmt er sich, weil er gerne mit Jun-gen arbeitet und ihnen hilft, ihr Potenzial zu entfalten.

Die Versuchung des schnellen GeldesSforza weiss, dass im heutigen Fussball-Business die Nachwuchsförderung eine höchst ambivalente Angele-genheit ist. Kaum kristallisiert sich bei einem seiner jungen Spieler das Talent heraus, beginnen die Abwerbungs-

versuche finanzkräftiger ausländischer Klubs. „Einerseits freue ich mich darüber, weil es beweist, dass wir mit der Nachwuchsförderung wirklich Erfolg haben“, sagt Sforza, „anderseits schmerzt mich jeder Abgang, weil auch ein junges Talent im Team eine Lücke hinterlässt.“

Talente lassen sich heute kaum mehr halten, wenn ein Angebot aus dem Ausland kommt – selbst wenn die Spieler erst 16, 17 oder 18 Jahre alt sind. „Die Versuchung des schnellen Geldes ist zu gross“, sagt Sforza illusionslos. „Vie-le glauben, wenn sie in der Schweiz drei, vier gute Spiele gezeigt haben, seien sie reif für den grossen Durchbruch im Ausland. Aber das ist reine Einbildung. Es fehlt ihnen in diesem Alter die mentale Stärke. Und nur um bei einem grossen Klub zu trainieren und dann am Wochenende doch nie zu spielen – dafür braucht doch keiner ins Ausland.“ Sforza sagt dies seinen Schützlingen immer wieder – und immer wieder vergeblich. „Sie löschen meine Bedenken schnell von der Festplatte, wenn ein Angebot kommt.“

Doch das ist die Realität. Damit muss ein Trainer leben – und wenn er Sforza heisst, wird er sich den Realitäten auch stellen. Und er wird sich einfach an jenen neuen Gesichtern freuen, die aus dem Nachwuchs in die Lücken nachstossen. Und es gibt einige, die ihm derzeit auf dem GC-Campus Freude machen. Einer davon ist zum Beispiel der 16-jährige Endogan Adili. Dieser zeige schon heute Dinge, die man gar nicht trainieren könne – man hat sie oder man hat sie nicht. „Adili ist wie ein Rohdiamant“, berichtet Sforza. „Alles ist da. Er braucht nur noch den Feinschliff.“ Und den bekommt er jetzt vom Trainer und von seinem Coaching-Team auf dem GC-Campus draussen im ländlichen Nieder-hasli.

Vielleicht ist das der Grund, weshalb der Zürcher Traditions-verein das Trainingsgelände so weit aufs Land verlegt hat – damit die Talentspäher der grossen europäischen Vereine die blauweissen Rohdiamanten nicht so schnell entdecken.

Ciriaco Sforza (40) ist seit 2009 Cheftrainer beim Grasshopper Club Zü-rich. Zuvor trainierte er den FC Luzern während dreier Saisons. Als Spieler brachte er es auf 79 Einsätze in der Schweizer Nationalmannschaft. In der Schweiz spielte er für GC und den FC Aarau, bevor er während 13 Jahren bei deutschen und italienischen Spitzenklubs spielte (Bayern München, Inter Mailand, 1. FC Kaiserslautern). Mit seinen Teams wurde Sforza Schweizer Meister, Cupsieger, zweimal deutscher Meister, Uefa-Pokalsie-ger, Champions-League-Sieger, WM-Teilnehmer. Was will man mehr?

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Thema

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In der westlichen Welt wird die buddhistische Lebenswei-se oftmals mit der Entschleunigung des Lebenstempos gleichgesetzt. Meditation, Rezitationen und Zeremonien – vieles scheint losgelöst von der Hektik des Alltags. Im Kern des Buddhismus geht es um Achtsamkeit, ganz in der Gegenwart, im Hier und Jetzt zu sein. Die Zeit spielt dabei keine Rolle. Auch wenn sich eine wahrhaft achtsa-me Lebensweise nicht von heute auf morgen lernen lässt.

Blickt man auf der Zugfahrt von Zürich nach Bern kurz nach dem Bahnhof Aarau linkerhand aus dem Fenster, nimmt man ein für Schweizer Verhältnisse gar unübliches Gebäude wahr. Das Kloster Srinagarindravararam im solothurnischen Gretzenbach ist spiritueller Anlaufpunkt für viele der rund 10’000 thailändischen Einwohner in der Schweiz. Gebaut im klassischen Stil, ist das Kloster heute Heimat für sechs Mönche und einige Novizen.

Die buddhistische LehreDas Kloster ist der Lehrtradition des Theravada-Buddhis-mus zuzuordnen, die älteste noch existierende Schultradi-tion des Buddhismus. Das Ziel jedes Anhängers des The-ravada ist der Zustand des Nirvana, also das Überwinden und Auslöschen aller an das Dasein bindenden Faktoren. Erst damit kann ein Buddhist den ewigen Kreislauf der Wiedergeburten verlassen. Um diesen inneren Zustand der Erleuchtung zu erreichen, braucht es die zentrale Einsicht, dass alles im Leben leidvoll ist. Alle Wünsche, Erwartun-gen, Hoffnungen und Pläne, alles, was einem Menschen lieb und teuer ist, ist unbeständig und wird eines Tages verloren gehen. Nichts ist von ewiger Dauer und bereitet deswegen irgendwann Leiden.

Phrakrupalad Kongkiat, der stellvertretende Abt des Klosters in Gretzenbach, erklärt: „Die Menschen sind ihr ganzes Leben lang getrieben von Begierden. Sie wollen Geld verdienen und Reichtümer anhäufen. Das Nirwana kennt keine solchen Begierden mehr. Es ist das Erlöschen jeglicher Wünsche und Ärgernisse. Unsere Wünsche wer-den neutralisiert. Wenn alles Unangenehme und Schwie-rige in uns erlöschen, dann ist das Nirwana erreicht.“ Um sich dieser menschlichen Begierden dauerhaft zu entledi-gen, muss der Mensch sich voll und ganz auf das Jetzt und seine gegenwärtigen Handlungen konzentrieren.

Nur die Gegenwart zähltIn der buddhistischen Lehre spielen Vergangenheit und Zukunft kaum eine Rolle auf dem Weg zur Erleuchtung. In welchem Verhältnis stehen sie dann aber zur Gegenwart?

Wo nur die Gegenwart zählt

Text: Heike Isselhorst

Thema: Zeit vergessen

Phrakrupalad Kongkiat gibt die Antwort: „Die Vergangen-heit erteilt uns eine Lehre für unser Handeln in der Gegen-wart, um letztendlich die Zukunft zu verbessern. Alles, was geschieht, findet aber immer und ausschliesslich im Hier und Jetzt statt. An die Vergangenheit erinnern wir uns in der Gegenwart, und auch von der Zukunft machen wir uns nur gegenwärtig eine Vorstellung. Man kann die Zukunft noch nicht anfassen, sie ist noch nicht real, sondern existiert nur in unseren Köpfen. Entscheidend ist nur die Gegenwart.“

Was ist es, das die Fokussierung auf die Jetzt-Zeit so elementar für den Buddhisten macht? Die Antwort ist so überraschend wie einfach: Vergangenheit und Zukunft sind hauptsächlich verantwortlich für die Leiden des Menschen. Der Mönch erklärt weiter: „Viele Menschen beschäftigen sich mit Problemen, die schon weit in der Vergangenheit liegen. Vieles liegt bereits lange Zeit zurück und kann nicht mehr verändert werden. Und trotzdem beschäftigt es die Menschen.“

Wer nicht zum Grübeln über Vergangenes neigt, dem macht die Zukunft allenfalls Probleme. Phrakrupalad Kongkiat sagt: „Wenn der Mensch über die Zukunft nach-denkt, drehen sich seine Gedanken meist um Ziele, Pläne oder Wünsche, die er in seinem Leben erreichen will. Er beschäftigt sich sozusagen mit zukünftigen Problemen und leidet bereits in der Gegenwart.“ Für die Lebensführung eines gläubigen Buddhisten bedeutet dies, sich keinen Zukunftsplänen hinzugeben. Diese Aufgabe ist nicht leicht. Ein Schlüssel zum Erfolg liegt in der Achtsamkeit.

Das Wat Srinagarindravararam im schweizerischen Gretzenbach gilt seit der offiziellen Eröffnung im Juni 1996 als das spirituelle und kulturelle Zentrum für viele Tausende Buddhisten und Thailänder in der Schweiz und den umliegenden Ländern. Vor allem die Wand- und Deckenma-lereien im Ubosoth, ausgeführt von namhaften Künstlern aus Thailand, sorgen für einen fortlaufenden Besucherstrom. Mit der Sonntagsschule macht der Tempel einen wichtigen Schritt in Richtung religiöser Bildung und Erziehung der buddhistischen Gemeinschaft in der Schweiz. Neben dem Fach Religion unterrichten die Mönche mit Unterstützung von Laienhelfern die thailändische Kultur und Sprache. Im Tempel wird auch die Vipassana-Meditations-Lehre unterrichtet. Das Wat ist täglich für die religiösen Besucher geöffnet. Für touristische Besucher ist es von 13.00 bis 18.30 Uhr zugänglich.www.wat-srinagarin.com

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Von den Mönchen lernenAuch immer mehr Menschen in der Schweiz finden Gefal-len an der buddhistischen Lehre und Meditationspraxis. Sie sind auf der Suche nach einem Ausgleich vom hektischen Alltag. Für sie bietet das Kloster entsprechende Kurse an. Die Mönche kennen die Ursachen für diese Suche nach innerer Ruhe: „Der Alltag der Menschen in der Schweiz und auch in anderen westlichen Kulturen ist voll Unruhe und Stress. Die Menschen sind den ganzen Tag in all ihren Handlungen nach aussen gerichtet. Die Meditation ver-schafft ihnen eine Rückzugsmöglichkeit und beruhigt den Geist. Alles, was uns ruhiger werden lässt, ist letztendlich Meditation.“ Sich ganz vom Alltag zu lösen, alle seine Sor-gen und Wünsche zu vergessen und sich ganz der inneren Einkehr zu widmen, fällt vielen schwer. Die Mönche im Kloster Srinagarindravararam haben es zumindest in einer Hinsicht einfacher: In ihrem Alltag ist die innere Einkehr durch Meditation und Rezitation von religiösen Texten ein fester Teil des Tagesablaufs. Und für alles weitere im Klos-terleben sorgt die Einhaltung der 227 Mönchsregeln.

Den Blick nach innen wendenAchtsamkeit bedeutet, ganz in der Gegenwart, im Hier und Jetzt zu sein und sich seiner Gefühle, Gedanken und Hand-lungen in jedem Augenblick voll bewusst zu sein. Laut der buddhistischen Lehre soll die Achtsamkeit zu einer Geistes-haltung werden, die das ganze Leben prägt und durch-dringt. Ein wichtiges Mittel, sich in Achtsamkeit zu üben, liegt in der Meditation. Die gängige westliche Vorstellung von Meditation als Sitzen mit geschlossenen Augen, greift dabei viel zu kurz. Auch der stellvertretende Abt des bud-dhistischen Klosters in Gretzenbach kennt diese verkürzte Vorstellung. „Meditation ist viel mehr als das, was der Westen in vielen Fällen darunter versteht. Es geht darum, sich völlig wertfrei und absichtslos der Gegenwart bewusst zu sein, ohne an Gedanken, Empfindungen oder Gefühlen zu haften.“ Egal, welche der rund 40 verschiedenen Medi-tationsformen praktiziert wird, ein klares Ziel verfolgt keine davon. „Wenn die Meditation ein Ziel hätte, würde sie nicht funktionieren. Denn der Leistungsdruck wäre absolut kontraproduktiv. Je stärker wir uns auf ein Ziel fokussieren, desto länger dauert es, dieses Ziel zu erreichen.“

Für Phrakrupalad Kongkiat, stellvertretender Abt des Klosters in Gretzenbach, heisst Achtsamkeit,

sich der Gegenwart in jedem Augenblick des Lebens vollständig bewusst zu sein. Vergangenheit

und Zukunft spielen keine Rolle.

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Kurvenreich: Der Weg durch die Investment-Landschaft der kom-

menden Monate erfordert ein gutes Augenmass und viel Finger-

spitzengefühl.

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teurer refinanzieren musste. In der Zwischenzeit verzeich-net Griechenland gute Fortschritte bei der Reduktion des Haushaltsdefizits. Die Zinsen sind spürbar gefallen. Dennoch ist die Eurokrise noch lange nicht vorüber, gilt es doch, die enormen Konsolidierungsanstrengungen in Griechenland über viele Jahre aufrechtzuerhalten. Ob sich der damit verbundene soziale Sprengstoff nach Ablauf der Garantie-pakete nicht doch noch entlädt, bleibt abzuwarten.

Die Märkte haben die Schwachpunkte des politischen Pro-jekts „Euro“ schonungslos aufgedeckt und den Wechselkurs auf Talfahrt geschickt. Bereits im April hatten wir in unseren Kundendepots den Anteil an Euros mittels Obligationenver-käufen reduziert. Anstatt jedoch die „Spekulanten“ für die Eurokrise verantwortlich zu machen, sollte erkannt werden, dass der Euro zurzeit auf halbem Weg festgefahren ist und es nun mutige Schritte nach vorne braucht, um den Euro dauerhaft auf Erfolgskurs zu bringen. Allerdings zeigt sich die Europäische Union überraschend visionslos. Die Vorschläge der EU-Kommission, wie in Zukunft solche Krisen frühzeitig verhindert werden können, reichen nicht aus. So müssen die Maastrichtkriterien nicht nur eingehalten, sondern an die

Realität angepasst werden. Beispiels-weise müssen beim Kriterium der Staatsschulden nicht nur die expliziten Staatsschulden, sondern auch die im-pliziten, also jene Schulden, welche die gesamten Sozialversprechen beinhalten, berücksichtigt werden. Im Weiteren ist eine fiskalische Union der Mitgliedslän-der, vergleichbar mit der Schweiz oder den USA, wo die Gliedstaaten zwar eine gewisse fiskalische Unabhängigkeit

geniessen, übergeordnet aber eine zentrale Fiskalhoheit be-steht, unabdingbar. Diese Schritte sollten so rasch als möglich an die Hand genommen werden, ansonsten bleibt der Euro für Rückschläge anfällig.

Geld fliesst nicht in die WirtschaftWie von uns zu Jahresbeginn erwartet, kühlte sich im dritten Quartal die Konjunktur ab, die Arbeitslosigkeit blieb hoch. Der Grund liegt darin, dass die fiskalischen Stimulierungspa-kete, welche 2009 von den meisten Regierungen beschlossen wurden, langsam auslaufen und die privaten Haushalte noch

Makro

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Ein ereignisreiches Jahr neigt sich dem Ende entgegen. Im Mai eskalierte die bereits schwelende Eurokrise durch den Beinahe-Bankrott Griechenlands und führte zu einer beschleunigten Aufwertung des Schweizer Frankens. In der zweiten Jahreshälfte setzte die von uns zum Jahresbeginn erwartete Wirtschaftberuhigung ein und brachte die Zinsen für Obligationen auf historische Tiefststände. Die konjunk-turelle Schwäche und die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit in den USA führten zur Ankündigung der US-Notenbank, erneut die Notenpresse in Betrieb zu nehmen und Wert-papiere zu kaufen, was zu einer deutlichen Abschwächung des Dollars und zu einem Anstieg des Goldpreises führte. In diesem Umfeld, gekennzeichnet durch historische Tiefststände der Zinsen, durch wachsende Staatsschulden und durch eine zunehmende West-Ost-Machtverschie-bung, sind tragfähige Anlagestrategien für die kommenden Jahre gesucht. Wir stellen unseren Lösungsansatz hier vor.

Als sich im Mai 2010 abzeichnete, dass Griechenland nicht mehr in der Lage sein würde, seinen unmittelbaren Zah-lungsverpflichtungen nachzukommen, wurde das Undenk-

bare, nämlich die Zahlungsunfähigkeit eines Mitgliedstaates des Euroraumes, Realität. Die zuständigen Behörden in Europa waren unvorbereitet und wurden von den Ereig-nissen überrumpelt. Entsprechend lang dauerte es, bis zuerst der auf drei Jahre angelegte 110 Milliarden schwere Schutzschirm für Griechenland gespannt und anschliessend das 750 Milliarden schwere Paket für die anderen gefährde-ten EU-Länder geschnürt wurde. Die zeitliche Verzögerung war insofern ungünstig, als die griechischen Zinsen in der Zwischenzeit rasch anzogen, die Obligationenbesitzer in der Folge vermeidbare Verluste verbuchten und der Staat sich

Wie sieht die Investment-Landschaft für die kommenden Jahre aus?

Makro: Jahresrückblick 2010 und Ausblick

Text: Dr. Thomas Steinemann, Chefstratege der Vontobel-Gruppe

„Wir sollten aufhören, die Spekulanten für die Eurokrise verantwortlich zu machen.“

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immer ihre Schulden tilgen und somit wenig konsumieren. Während die Europäer ihre Haushaltsdefizite bereits jetzt reduzieren wollen und somit sparen, haben die Amerika-ner diesbezüglich eine andere Haltung. Zwar wird es auch im Land der unbegrenzten Möglichkeiten politisch immer schwieriger, neue Gelder zur Konjunkturstimulierung loszu-eisen, dafür will die US-Notenbank eine umstrittene zweite Runde des sogenannten Quantitative Easing (QE), also des Aufkaufens von Wertpapieren mittels Notenpresse, starten. Während die erste QE-Runde zum Höhepunkt der Finanzkri-se richtig und notwendig war, ist eine zweite QE-Runde aus konjunktureller Sicht überflüssig, ja sogar schädlich. Denn die Zinsen sind ohnehin schon auf Tiefstständen, und das neu geschaffene Geld fliesst gar nicht in die Wirtschaft. Das beweisen die anhaltend hohen Geldbestände, die Banken bei der Notenbank halten (Notenbankgeldmenge in der Abgren-zung M0). Wird nun noch mehr Geld „gedruckt“, so erhöht sich die Geldmenge noch mehr und macht eine „Exitstrate-gie“, also die Rückführung der expansiven Geldpolitik, noch schwieriger. Der kurzfristige Effekt auf die Finanzmärkte dürfte sein, dass Gold weiter steigt, die Obligationenrenditen

noch weiter fallen und der US-Dollar weiter zur Schwäche neigt. Möglicherweise liegt aber gerade beim US-Dollar der Schlüssel zum Verständnis der US-Notenbank.

Kommt es zum globalen Währungskrieg? Seit Langem versuchen die USA, China von einer deutlichen Aufwertung des chinesischen Yuan zu überzeugen, was die Chinesen ebenso lang schon ablehnen. Diese Situation zeigt, dass ein fester Wechselkurs genauso zum Gegenstand von Streitereien werden kann wie flexible Wechselkurse. Als der Franken im Sommer diesen Jahres infolge der Eurokrise aufwertete, griff die Schweizerische Nationalbank ebenfalls zum Mittel der Notenpresse und intervenierte mit Eurokäu-fen gegen den Franken. Im Herbst dieses Jahres folgte Japan mit Interventionen gegen den Yen und Brasilien mit solchen gegen den Real. Die nun angekündigte zweite QE-Runde könnte die amerikanische Antwort auf den sich abzeich-nenden Währungsabwertungswettlauf sein, bei dem es nur Verlierer geben wird. Denn ungleich den Währungsabkom-men von 1985, dem Plaza-Accord und 1987 dem Louvre-Accord, als sich alle gemeinsam auf eine Währungsstrategie festlegten, arbeitet heute jeder gegen jeden. Wenn aber alle gleichzeitig abzuwerten versuchen, bleibt bei den Wechsel-kursen alles beim Alten, jedoch zum Preis von viel zu tiefen Zinsen und unnötig aufgeblähten Geldmengen.

Auswirkungen auf die Investment-Landschaft der kommenden Jahre Die oben skizzierten Rahmenbedingungen werden sich nachhaltig auf die Finanzmärkte und somit auf die sinn-vollerweise zu treffenden Massnahmen in unseren Depots auswirken. Die Obligationenzinsen haben nach einem ein-

zigartigen, zwanzigjährigen Rallye ihren Tiefpunkt erreicht. Davon haben die Investoren stark profitiert. Obwohl wir der Auffassung sind, dass die Zinsen noch einige Zeit tief bleiben werden, erscheint es richtig, jetzt Vorkehrungen für die Zeit danach zu treffen. Zwei Massnahmen dürften ziel-führend sein. Erstens eine Senkung der Obligationenquote zugunsten von Edelmetallen und Rohwaren. Zweitens eine breitere Diversifikation des Obligationenteils, indem in Ob-ligationen von aufstrebenden Ländern, die trotz geringen Staatsschulden höhere Zinsen aufweisen, investiert und der Anteil Obligationen der entwickelten Länder reduziert wird. Bei den Aktien ist schliesslich dem immer deutlicher werdenden Aufstieg der Emerging Markets Rechnung zu tragen – beträgt doch die Marktkapitalisierung der Emerging Markets im Weltaktienmarkt bereits über 10% − sodass eine entsprechende Gewichtung im Bereich der Aktien angezeigt ist.

Ausblick 2011: Im Zeichen des „Deleveraging“Die in der zweiten Jahreshälfte 2010 eingetretene Kon-junkturberuhigung dürfte sich ins Jahr 2011 fortsetzen. Der

Wille der meisten Länder zu erneuten Fiskalprogrammen mit entsprechen-den negativen Auswirkungen auf die Staatshaushalte scheint nicht mehr vorhanden. Bei der Geldpolitik zeigen sich allenfalls die Amerikaner dazu bereit, die bereits bestehende Nullzins-Politik durch „Quantitatives Easing“ noch weiter auszureizen. Damit scheint die Wirtschaft weitgehend sich selbst überlassen zu sein. Die privaten Haus-halte haben zwar Fortschritte beim Abbau ihrer Schulden – auch „Dele-

veraging“ genannt − gemacht, der Prozess ist aber noch nicht abgeschlossen. Deshalb kann von den Haushalten im kommenden Jahr noch nicht allzu viel erwartet werden. Hoffnung geht von den Emerging Markets und somit von der Exportseite aus, vorausgesetzt, der Währungskonflikt macht keinen Strich durch die Rechnung, und von den Investitionen. Wir erwarten somit keinen Rückfall in eine Rezession, aber ein klar unter den Möglichkeiten liegen-des globales Wirtschaftswachstum. Deshalb ist auch von keiner raschen Straffung der Geldpolitik auszugehen – wir erwarten erste Schritte, wenn überhaupt, frühestens in der zweiten Jahreshälfte − sodass die Zinsen vorderhand noch relativ tief bleiben bzw. nur leicht ansteigen werden. Für die Aktienmärkte ist entscheidend, wann sie von einem Ende der Finanzkrise und somit von einem abgeschlossenen Schuldenabbau ausgehen. Ungefähr sechs bis neun Monate vorher dürfte dann die Trendwende zu einem stabilen, nachhaltigen Aufwärtstrend gegeben sein. 2011 wird somit erneut ein Jahr des Umbruchs und des Übergangs werden.

Makro

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„Wir erwarten keinen Rückfall in eine Rezession, aber ein klar unter den Möglichkeiten liegendes globales Wirtschaftswachstum.“

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Inflation oder Deflation: Ein Leitfaden für AnlegerDie neuste Vontobel-Studie der Reihe „Investors’s Insight“ befasst sich mir der Frage, ob die aktuell ex-pansiven Geldpolitiken der wichtigen Notenbanken eine starke Inflation hervorrufen wird oder nicht und was

die Auswirkungen auf die wichtigsten Anlageklassen sind. Das Strategie-Team um Dr. Thomas Steinemann argumentiert, dass die Geldmenge nicht der entschei-dende Bestimmungsgrund der Inflation ist, da das durch die Notenbanken geschaffene Kapital nicht in die Wirtschaft fliesst, sondern durch die Banken bei der No-tenbank zu einem Vorteilszins gehalten wird. Der Grund hierfür liegt darin, dass der Privatsektor noch immer wenig Kapital in Form von Krediten nachfragt und die

Dr. Thomas Steinemann, Chefstratege der Vontobel-Gruppe

Banken das nicht nachgefragte Geld bei den Zentral-banken anlegen. Eine Inflationsgefahr besteht demzu-folge erst dann, wenn die privaten Haushalte ihre noch immer hohen Schulden auf ein angemessenes Niveau reduziert haben und wieder Kredite nachfragen. Dann müssen die Notenbanken eine beherzte Exit-Strategie umsetzen und die geschaffene Liquidität abschöpfen. Eine Inflationsgefahr besteht also nur bei zukünftigen geldpolitischen Fehlern. Die sogenannte „Taylor-Regel“ zeigt nämlich an, dass die derzeitige expansive Geldpoli-tik dem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld durchaus angemessen ist.

Sollte nun aufgrund von Fehlern in der Geldpolitik den-noch eine starke Inflation – definiert als Werte über 5% − auftreten, stellt sich die Frage, welche Anlageklassen in solchen Zeiten eine positive reale Rendite liefern und welche nicht. Interessant ist, dass in inflationären Zeiten Aktien real die höchste Rendite liefern, gefolgt von Roh-waren und Immobilien. Meiden sollte man Obligationen und Bargeld. In inflationären Zeiten liefern also „Real-werte“ – wozu durchaus auch Aktien gehören – den besten Inflationsschutz. In jenen Jahren, in denen die Inflation jeweils den Höchststand erreicht, sind Aktien allerdings zu meiden, und nur Rohwaren und Immo-bilien sind noch werterhaltend. Es zeigt sich, dass eine passive Anlagestrategie diese Erkenntnisse nicht umzu-setzen vermag, ein aktiver Vermögensverwaltungsansatz hingegen schon. Die detaillierte Studie können Sie mit der Antwortkarte am Ende des Heftes bestellen.

„Interessant ist, dass in inflationären Zeiten Aktien real die höchste Rendite liefern, gefolgt von Rohwaren und Immobilien.“

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Die voranschreitende Ablösung des Verbrennungsmotors führt zu tief greifenden Veränderungen innerhalb der Automobilbranche. War bisher die Motoren-Technologie Kernkompetenz der Autobauer, so ist es künftig die Batte-rie. Der dadurch neue entstandene Lithium-Ionen-Batte-rie-Markt soll von den aktuellen 8 Milliarden US-Dollar bis im Jahr 2020 auf sage und schreibe 50 bis 70 Milliarden US-Dollar anwachsen und bis 2030 sogar auf über 100 Milliarden US-Dollar. Fortschrittlichen Unternehmen bieten sich hier traumhafte Wachstumsperspektiven. Die besten Karten dabei haben einige asiatische Anbieter, die bereits Erfahrungen im Batteriebau für die Elektronikbranche sam-meln konnten. Darunter befinden sich beispielsweise der führende Batteriehersteller Sanyo oder auch Panasonic, die bereits Autobatterien für den Toyota Prius produziert haben. Ebenfalls aussichtsreich sind das Joint Venture Samsung/Bosch und die Kooperation des französischen Anbieters Saft mit Johnson Controls zu beurteilen.

Kleiner und leichter lautet die DeviseNeben leistungsfähigen Batterien suchen die Autobauer auch fieberhaft nach neuen Lösungen zur Erhöhung der Energieeffizienz. Die Energie, die verloren geht, ist nach wie vor beträchtlich. Lediglich 12 Prozent der Energie werden fürs Fahren genutzt. Ganze 60 Prozent gehen im Motor durch Reibung, Lärm und Wärme verloren. Satte 17 Prozent werden eingebüsst, wenn das Auto stillsteht, beispielsweise vor einer Ampel. Beim Bremsen gehen weitere 6 Prozent der Energie verloren. Neue Lösungsansätze hat nun BorgWarner entwickelt. Das amerikanische Unternehmen steigert die Effizienz von Motoren mit sogenannten Turboladern. Diese pressen, vereinfacht gesagt, Luft in den Motor. Mehr Luft in

Chancen

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Es dürfte noch Jahre dauern, bis elektrisch betriebene Automo-bile ihre konventionellen Pendants auf den Strassen ablösen. Hinter den Kulissen bringen sich Unternehmen mit zukunftswei-senden Technologien in Position, um vom sich abzeichnenden Paradigmawechsel im Transportsektor zu profitieren. Welche Unternehmen als Sieger hervorgehen und welche Innovationen sich durchsetzen, ist für Anleger in der Regel schwer zu beur-teilen. Höchste Zeit also für eine Standortbestimmung.

E-Mobilität auf der ÜberholspurChancen: Trends frühzeitig erkennen

Text: Pascal Dudle, Portfoliomanager Aktien International, Vontobel Asset Management

den Zylindern bedeutet auch mehr Benzin und somit mehr Leistung bei der Verbrennung. Dadurch wird es möglich, kleinere und leichtere Motoren mit gleicher Leistung zu bauen. Als einer der führenden Hersteller von Turboladern profitiert BorgWarner stark vom Downsizing-Trend der Bran-che und weist dabei höhere Wachstumsraten auf.

Ultrakondensatoren: Verkäufe sollen in drei Jahren um das Zehnfache zunehmenWeitere Ansätze zum Energiesparen bieten die Start-Stopp-Technologie oder die Rückgewinnung der Energie, die beim Bremsvorgang verloren geht. Zwar beanspruchen beide Technologien aufgrund des häufigen Ladens und Entladens die Autobatterie übermässig, Abhilfe schaffen können aber sogenannte Ultrakondensatoren, die Energie speichern und problemlos Millionen von Lade- und Ent-ladezyklen überdauern. Das kalifornische Unternehmen Maxwell Technologies verfügt über grosse Erfahrung in diesem Bereich und wurde kürzlich vom Autozuliefer-betrieb Continental als Lieferant ausgewählt. Maxwell rechnet damit, dass die Verkäufe von Ultrakondensatoren alle 2 bis 3 Jahre um das Zehnfache zunehmen sollen.

Elektromotoren ersetzen zunehmend hydraulische SystemeBei den Autokomponenten zeichnet sich ebenfalls ein neuer Trend ab. Steuerrad, Bremsen oder Klimaanlage wer-den teilweise immer noch durch ineffiziente hydraulische Systeme gesteuert. Dafür müssen Flüssigkeiten mechanisch durch das Fahrzeug gepumpt werden. Dabei geht viel Energie verloren. Ersetzt man nun die hydraulischen Syste-me durch kleine, elektrische Motoren, könnte die Effizienz alleine beim Steuerrad um 3 bis 5 Prozent erhöht werden.

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Für modernste Elektromotor-Technologie steht der leistungsstarke

Tesla-Roadster. Er erfüllt höchste Ansprüche an Design und Umwelt.

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Die Kosten sind minimal und betragen schätzungsweise 130 Schweizer Franken. Vor diesem Hintergrund erstaunt es, dass die Durchdringungsrate erst bei 30 Prozent liegt. Ähnliches gilt auch für Bremsen und Klimaanlagen. Füh-render Hersteller solcher Elektromotoren ist der japanische

Anbieter Nidec. Das Unternehmen weist ein beeindrucken-des Wachstum auf. Es konnte bereits früher als erwartet Entwicklungsaufträge für Elektromotoren für Hybrid- und Elektro-Fahrzeuge gewinnen. Darüber hinaus versprechen

Chancen

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die zahlreichen Einsatzmöglichkeiten solcher Elektromoto-ren auch im Heimbereich weiteres Potenzial.

Enorme Wachstumsperspektiven durch UmweltschutzUm die Effizienz im Transportsektor zu erhöhen, sind

innovative Unternehmen gefordert. Die tief greifenden Veränderungen, die ge-genwärtig in der Autoindustrie vor sich gehen, locken mit selten dagewesenen Wachstumsperspektiven. Gewinnen können aber nur die Unternehmen, deren Technologie sich durchzusetzen vermag. Es gilt deshalb, den Markt aufmerksam zu beobachten und die aussichtsreichsten Unternehmen zu identifizieren. Anleger, die nicht über die hierfür notwendige Expertise ver-fügen, können über Fonds mit einem

entsprechenden Fokus auf saubere und effiziente Lösungen, die eine umweltfreundlichere Industrialisierung und Urbani-sierung ermöglichen, von den enormen Wachstumsperspek-tiven, die sich abzeichnen, profitieren.

Die tief greifenden Veränderungen, die gegenwärtig in der Autoindustrie vor sich gehen, locken mit selten dagewe-senen Wachstumsperspektiven.

Der amerikanische Erfinder Thomas A. Edison sitzt in einem 1882

gebauten Elektroauto, das zum Zeitpunkt der Aufnahme noch

fahrtauglich war.

AnfängeElektrofahrzeuge sind keineswegs eine Erfindung der letzten Jahre, in denen der Klimawandel die öffentliche Diskussion und die Wahrnehmung von erdölgetriebener Mobilität intensiv bestimmt hat – vielmehr gab es schon weit vor dem Otto-Verbrennungsmotor erste Versuche, Fahrzeuge elektrisch anzutreiben. Dabei stand anfangs nicht der heute dominierende ökologische Gedanke im Vordergrund, sondern die grössere Effizienz des Elektro-motors im Vergleich zum Verbrennungsmotor. Reichen die E-Motoren in ihren Wirkungsgraden nahe an 100%, kommen Dieselmotoren auf gerade einmal 40% und Benziner gar nur auf 30% Wirkungsgrad.

Grundprinzip des ElektromotorsDer Elektromotor existiert zwar in unterschiedlichen Bauformen, das Grundprinzip ist stets identisch. So be-ruht das Grundprinzip des elektromagnetischen Wand-lers darauf, dass elektrische in mechanische Energie umgewandelt wird. Der E-Motor ist somit das Gegen-stück zum Generator, der aus Bewegungsenergie Strom erzeugt. Dabei wird die Kraft, die von einem Magnet-feld auf einen stromdurchflossenen Leiter einer Spule ausgeübt wird (Lorentzkraft), in Bewegung umgesetzt. Das so erzeugte Drehmoment kann beispielsweise für die Fortbewegung eines Fahrzeugs genutzt werden. Ein Gleichstrommotor wird mit Gleichstrom betrie-ben und setzt sich aus einem unbeweglichen, dem meistens äusseren Teil (Stator) und dem Rotor oder Anker zusammen. Der Stator fungiert hier wie da als Magnet, mit dessen Hilfe das Magnetfeld erzeugt wird. In einem Fahrzeug gibt es viele Gleichstrommotoren, die nicht für den Antrieb zuständig sind (Fensterheber, Scheibenwischer etc.). Gleichstrommotoren nehmen den Gleichstrom von der Autobatterie. Sie polen den Gleichstrom bei jeder Umdrehung um, wodurch sich eine fortlaufende Drehbewegung ergibt. Bei modernen Gleichstrommotoren sorgt eine Elektronik für das Um-polen – der Kollektor für das Umpolen entfällt.

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Die Tage der klassischen Zapfsäule sind gezählt. E-Auto-Besitzer

werden ihre Fahrzeuge künftig an Strom-„Tankstellen“ aufladen.

UmweltvorteileDie Treiber der eMobilität lassen sich gliedern in Faktoren aus Umwelt, Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Infrastruktur und Technik. Dabei sind alle Bereiche in einem Beziehungsgeflecht inhaltlich verzahnt. Der Klimawandel und die Bedingungen bei fossilen Res-sourcen (eingeschränkte Verfügbarkeit, Preis) führen zu einer Veränderung der Klima- und Energiepolitik und zu Veränderungen in der Gesellschaft. Elektromobili-tät hilft dabei, nationale wie internationale Vorgaben bei Emissions-Grenzwerten zu erfüllen. Dazu tragen technische Vorteile wie der hohe Wirkungsgrad und Energierückgewinnung (Rekuperation) bei. Vor diesem Hintergrund sind die Umweltvorteile der Elektromobili-tät ein wesentlicher Treiber der Elektromobilität.

ZukunftWelche Antriebe oder Mobilitätskonzepte sich durch-setzen, aber auch welche Nationen sich künftig zu den neuen Vorreitern in der Entwicklung alternativer Mobilität aufschwingen werden, ist offen. Sicher ist nur, die Weichen werden bereits heute gestellt. Unterneh-men und Entwickler, die dabei rechtzeitig mit Inno-vationen in die Marktentwicklung eingreifen, können sich langfristig gute Chancen in einem wachsenden Leitmarkt erstreiten. So dominieren heute nicht allein die hochkomplexen Fragen einer geeigneten Lade-Infrastruktur oder die Entwicklung reichweitenstarker Energiespeicher, bereits in der Grundlagenforschung und in Etablierung bestehender Konzepte und Modell-reihen liegt Potenzial. Dies zu erschliessen und langfris-tig auszubauen, ist Aufgabe und Herausforderung für Politik und Wirtschaft.

Turbolader pressen Luft in den Motor. Mehr Luft in den Zylindern

bedeutet mehr Benzin und somit mehr Leistung bei der Verbrennung.

So wird es möglich, leichtere Motoren mit gleicher Leistung zu bauen.

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Bank Vontobel (Liechtenstein) AG feiert 10-Jahr-JubliäumAm 1. Oktober 2000 startete die Bank Vontobel (Liechten-stein) AG ihre produktive Tätigkeit in Vaduz. Dieses Jahr feiert das 14-köpfige Team unter der Leitung von Ruth Egeter das zehnjährige Bestehen. Die offizielle Jubiläums-feier findet am 9. Juni 2011 im Rahmen des 10. Finanzfo-rums statt, welches von der Bank Vontobel organisiert wird.

Auszeichnung für das beste Produkt des JahresDie Zeitschrift „Der AKTIONÄR“ hat die Bank Vontobel in der Kategorie „Bestes Produkt des Jahres“ mit dem 1.

Platz beehrt. Das „REITs Low Volatility Index Zertifikat“,

welches auf schwankungs-arme, hochkapitalisierte Immobilien-Aktien setzt, überzeugte insbesondere durch seine Performance und die niedrige Vola-

tilität.

Nationaler Zukunftstag 2010Am 11. November jährt sich der ehemalige „Tochtertag“ zum zehnten Mal. Bereits zum fünften Mal bietet auch die Bank Vontobel den Kindern ihrer Mitarbeiter die Möglich-keit, die Arbeitswelt in einer Bank und geschlechtsuntypi-sche Berufe kennenzulernen. Mädchen und Jungen der 5. bis 7. Klasse begleiten ihren Vater, ihre Mutter oder eine nahe Bezugspersonen einen Tag bei der Arbeit.

Aktuelle Schriftenreihe der Vontobel-StiftungSeit über einem halben Jahrhundert hält der Nahe Osten sich selbst und die Welt in Atem; die aktuelle Schriftenrei-he der Vontobel-Stiftung steht unter dem Titel „Krisen-region Nahost“. Ein Essay von Rainer Hermann, Nahost-korrespondent der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, mit Karten von Christian Kleeb. Unentgeltliche Bestellung unter www.vontobel-stiftung.ch.

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Vermischtes aus der Vontobel-Gruppe

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Eröffnungsfeier der Niederlassung in BernAm 18. August 2010 wurde die neue Niederlassung an der Spitalgasse 40 in Bern in exklusivem Rahmen eröffnet. Das seit Jahren eingespielte Beraterteam begleitet die Kund-schaft in Bern und im Espace Mittelland in Vermögens-fragen. Bern ist neben Zürich, Genf, Luzern und Basel der fünfte Schweizer Standort.

Dr. Hans Vontobel, Ehrenpräsident des Verwaltungsrats, bezeichnete die Eröffnung in seiner Festrede als neues Kapitel im Buch der Bank Vontobel, welche 1924 in Zürich gegründet wurde. Er sprach über die Herausforderungen des Finanzplatzes und strich gleichzeitig heraus, dass dieser neben dem Bankgeheimnis auch über andere Qualitäten verfüge. So zum Beispiel die gute Finanzlage der öffentlichen Hand sowie die politische Stabilität. Er glaube weiterhin an den Schweizer Finanzplatz und insbesondere an die Stärken der eigenen Bank, die durch ihre umsichtige Geschäftspolitik und ein starkes Familienaktionariat auch in der Krise Stabilität bewiesen hat.

Das Berner Team: Adrian Zbinden, Renate Aebersold, Catherine

Cherpillod, Urs Frutig (Leiter der Niederlassung), Barbara Gerber,

Roland Bart, Angela Frutiger, Roger Jaeggi (von links nach rechts)

Platz beehrt. Das „REITs Low Volatility Index Zertifikat“,

welches auf schwankungs

Dr. Hans Vontobel

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Das neue derinet.ch: Finden statt suchenDer Weg von der Idee zum Investment ist kürzer geworden. Die neue Homepage des Vontobel Investment Bankings derinet.ch vereinfacht die Suche nach der passenden Anla-gelösung. Einerseits bietet die Webseite eine Übersicht von aktuellen Investmentthemen, andererseits ermöglicht die intuitive Suchfunktion, das passende Hebel- oder Anlage-produkt zielorientiert zu finden. Weitere Informationen unter: www.derinet.ch und www.vontobel-zertifikate.de.

Vontobel an der World Expo Im August hatten die Bank Vontobel und ihre Tochterge-sellschaft Vontobel Asia Pacific Ltd. ausgewählte VIP-Gäste zu einem exklusiven Tag auf der Shanghai World Expo 2010 eingeladen. Die VIPs besuchten mehrere Pavillons, genossen anschliessend im luxuriösen Schweizer Pavillon Schweizer Wein- und Käsespezialitäten und nahmen als besonderes Highlight an einer Kaviar-Probe teil. In vielen persönlichen Gesprächen erläuterte das Team der Bank Vontobel ihren Gästen die Vorteile eines traditionsbewussten Schweizer Privatbankhauses.

Vontobel FundNet:

Umfassende Fonds-

Informationen auf

einen Klick

Vontobel Asset Management lanciert per Anfang

Dezember die Fonds-Informationsplattform

FundNet. FundNet bietet einen Überblick zu

allen Vontobel-Anlagefonds. Der Nutzer erhält

direkten Zugang zu ausführlichen Investmentda-

ten, zu Publikationen und zu Fonds-spezifischen

Informationen. www.vontobel.com

CEO Herbert J. Scheidt Im Zeichen der Kontinuität: Als Präsident des Verwaltungsrats nominiertDer Verwaltungsrat schlägt der Generalversammlung vom 3. Mai 2011 den amtierenden CEO der Vontobel-Gruppe, Herbert J. Scheidt (58), als neuen Präsidenten des Verwal-tungsrats vor. Herbert J. Scheidt folgt auf Dr. Urs Widmer, dessen Amtszeit aufgrund der im Organisationsreglement festgelegten Altersgrenze endet. Über die Neubesetzung der CEO-Position entscheidet der Verwaltungsrat bis im Frühjahr 2011.

In den Verwaltungsrat der Schweizerischen Bankiervereinigung berufen Zudem wurde Herbert J. Scheidt Ende September 2010 in den Verwaltungsrat der Schweizerischen Bankierver-einigung berufen. Damit ist nach zehn Jahren wieder ein Vertreter der Bank Vontobel in diesem renommierten Gremium vertreten.

Aktuelle StudienInflation versus DeflationIm aktuellen Investor's Insight „Inflation versus Deflation: Ein Leitfaden für Anleger“ erläutern die Vontobel-Anlagestrategen die wesentlichen Treiber und zeigen die Inflationserwartungen der nächsten Jahre auf. Sie analysie-ren zudem die Renditen verschiedener Anlageklassen in inflationären und deflationären Zeiten und bieten wertvolle Anregungen für Anleger.

Das Anlegerverhalten im Schweizer Markt für Strukturierte ProdukteBereits zum zweiten Mal hat die Bank Vontobel das Institut für schwei-zerisches Bankwesen der Universität Zürich beauftragt, den Schweizer Markt für Strukturierte Produkte zu analysieren. Die repräsentative Stu-die gibt einerseits Auskunft über den Wissensstand, das Anlageverhalten sowie die Entscheidungskriterien der Investoren und zeigt andererseits auf, wie diese sich informieren und ihre Transaktionen abwickeln.

Bestellen Sie beide Studien mit der Antwortkarte am Ende des Heftes.

Dr. Hans Vontobel

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Mit welchen Themen beschäftigen Sie sich vorwiegend?Heute sind wir im Alter auf den ersten Blick sehr gut aufgehoben. Auf den zweiten Blick jedoch sind viele ältere Menschen einsam und isoliert. Unsere Welt dreht sich immer schneller, mehr und mehr passiert im Sekundentakt. Seniorinnen und Senioren jedoch leben und handeln eher im Stundentakt. Dass dies auch in der heutigen Gesell-schaft noch Platz hat, dafür setzen wir uns ein. Zu unseren Themen gehören zum Beispiel Selbstständigkeit, Arbeit im Alter, Altersdiskriminierung oder Sterbeethik, aber auch ganz praktische Themen wie seniorenfreundliche Produkte und Dienstleistungen.

Was treibt Sie an?Mein Engagement galt eh und je dem, was ich bis heute mache: der generationenfreundlichen Gesellschaft. Dabei war ich mir immer bewusst, dass ich alleine nicht alles ändern kann. Das ist aber für mich kein Grund aufzuhören. Wir müssen im Kleinen anfangen, wenn wir etwas bewegen wollen. Vor 50 Jahren haben zehn junge Menschen einen älteren Menschen finanziert, in 20 Jahren wird das Verhält-nis noch 2:1 betragen. Es ist jetzt unsere Pflicht, für die äl-teren Menschen Wege zu schaffen, damit sie auch nach der Pensionierung in adäquater Weise im Arbeitsprozess und in der Gesellschaft integriert bleiben. Das Wichtigste für mich ist, dass jeder spürt: „Auf mich kommt es an.“

René Künzli ist Präsident des Stiftungsrats der terzStiftung, die sich zum Ziel gesetzt hat, Seniorinnen und Senioren die Wertschätzung zu vermitteln, die ihnen gebührt. Nicht nur, weil deren Erfahrungsschatz ein kostbares Gut für die Ge-sellschaft, sondern auch weil eine sinnvolle Beschäftigung auch nach der Pensionierung im Interesse aller ist.

Herr Künzli, weshalb setzen Sie sich für Menschen im dritten Lebensabschnitt ein?Meine Eltern haben erfolgreich ein Altersheim geführt. Dadurch bin ich mit betagten Menschen aufgewachsen – sozusagen in einer intergenerativen Grossfamilie. Ich war der jüngste Gast im Altersheim. Später bin ich in die Fussstapfen meiner Eltern getreten und habe zusammen mit meiner Frau Silvia in der ganzen Schweiz Altersresiden-zen aufgebaut. Vor zwei Jahren dann gründeten wir die terzStiftung, um Themen aufzugreifen, die in Wirtschaft und Politik oft nur am Rande diskutiert werden.

terzStiftungDie gemeinnützige terzStiftung setzt sich ein für Selbst-ständigkeit und Sicherheit im dritten Lebensabschnitt. Sie ist Interessenvertreterin und Fürsprecherin in Politik und Wirtschaft. Hierfür testet, aktiviert, integriert und fördert sie generationenverträgliche Projekte; ein Beispiel dafür ist die „Blib fit“-Kampagne, im Rahmen derer Aktionstage für körperliche und geistige Bewegung und Ernährung stattfinden. Die terzStiftung ist aber auch Ansprechpart-nerin für alle Fragen vor und nach der Pensionierung. Sie berät und vermittelt ihre Gönner rund um die Uhr zu den Themen Prävention und Gesundheit, Leben und Wohnen, Finanzen und Recht oder Mobilität und Aktivität.

Kontakt: [email protected], www.terzblog.ch

Care & Share

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„Ich war der jüngste Gast im Altersheim“

Care & Share: Für eine generationenfreundliche Zukunft

Text: Renata Fäh

Als Präsident der terzStiftung liegt René Künzli die Selbstständigkeit

und Sicherheit im dritten Lebensabschnitt ganz besonders am Her-

zen. René Künzli ist verheiratet, hat drei Kinder und vier Enkelkinder.

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Dr. phil. Manuel Bachmann

ist Dozent und Studienleiter des

Executive-Masterprogramms

„Philosophie und Management“

an der Universität Luzern sowie

Referent an der Universität St.

Gallen. Er ist Autor des monatlich

erscheinenden e-Magazins für

Entscheidungsträger „absolutum“.

zu tun gibt. In anderer Wendung heisst das: Nur was sich abkürzen lässt, ist es wert, erledigt zu werden. Die anderen Möglichkeiten gehen sonst verloren. In diesen Formulierungen wird deutlich, wie verlustorientiert unsere Zeitlogik wirklich ist.

Die Philosophie kennt noch eine ganz andere Zeitlogik, eine positive. Nach Platon ist die Zeit die fortschreitende Entladung einer Energie. Sie ist kein knappes Gut, son-dern, als Energie, die alles hervorbringt, unerschöpflich und insofern der Ewigkeit entsprungen. Sie ist sozusagen der Drang des Unversuchten. Diese Energie brauchen wir, um uns verwirklichen zu können. Damit unsere Ideen, Ziele, Pläne und Strategien Wirklichkeit werden, versehen wir sie mit Terminen. Der Termin ist damit definitiv keine „deadline“, sondern die Linie der Energie des Lebens, auf der Ideen, Ziele, Pläne und Strategien real werden. In der Umgangssprache hat sich Platons Zeitlogik gehalten, wenn wir sagen: Die Dinge reifen.

Deshalb gibt es keine „tote Zeit“. Zeit kann weder un-genutzt verstreichen noch unwiederbringlich verloren gehen. Man kann gar nichts abkürzen, das seine Zeit braucht. Das erfordert, Planabweichungen und Verzö-gerungen neutral zu beurteilen. Wer zu spät kommt, wäre früher gar nicht gekommen. Die Zeit verwirklicht, indem etwas dauert. Es dauert, und darauf kommt es an. Und deshalb gibt es für alles, was sich verwirklichen soll, einen günstigen Zeitpunkt. Geothe nannte ihn den „glücklichen Augenblick“. Dieser ist unerbittlich und nur für denjenigen glücklich, der ihn beachtet. Alle an-deren werden mehr oder weniger Probleme, Mehrauf-wand und Misserfolge erleiden. Wer weiss, dass es auf den glücklichen Augenblick ankommt, der wird auch nicht ständig agieren. Er lässt sich Zeit – bis der Mo-ment gekommen ist. Gerade die Erfolgreichsten agieren nicht ständig, aber im entscheidenden Moment.

Wenn man sich trotzdem unter Zeitdruck fühlt, dann sollte man eines versuchen: die Konzentration auf das Jetzt. Schopenhauer hat in diesem Sinne Platon modern formuliert: „In der Vergangenheit hat kein Mensch ge-lebt, und in der Zukunft wird nie einer leben; sondern die Gegenwart allein ist die Form alles Lebens, ist aber auch sein sicherer Besitz, der ihm nie entrissen werden kann.“ Man kann das auch so verstehen: Wir haben keine Zeit, sondern wir sind Zeit. Und weil wir Zeit sind, haben wir genug Zeit.

Zeit haben wir genugKolumne: Dr. phil. Manuel Bachmann

Alle wollen keine Zeit verschwenden – um mehr Zeit zu haben. Was dabei seltsam ist: Diejenigen, die Zeit sparen, sind meistens besonders gestresst. Zeitsparer kultivieren ein verlustorientiertes Verhältnis zur Zeit. Sie sagen: Wir haben nicht viel Zeit, und deshalb dürfen wir keine Zeit verlieren. Sie fixieren sich darauf, dass die Zeit vergeht und deshalb

immer knapp ist. Dahinter steht eine schwindsüchtige Zeitlogik: Die Zeit nimmt ab und geht verloren – als wäre die Zeit in einem undichten Reservoir aufbewahrt. Folgerichtig versteht man Termine als Drohung des Vergehens, als sich unabwendbar nähernder Nullpunkt, in dem die Zeit unwie-derbringlich aufgebraucht ist, als sogenannte „deadline“. So wird die Zeit zu dem, als was sie in Mythos und Kunst immer wieder anschaulich dargestellt wurde: zum fürchterlichen Gott Chronos, der seine eigenen Kinder verschlingt.

Die Globalisierung spitzt diese negative Zeitlogik noch zu. Über i-phone, CNN und Multitasking will man an einer weltweiten Gleichzeitigkeit teilnehmen. Sie entspringt einer tief sitzenden Versäumnisangst. Nichts darf zu viel Zeit in Anspruch nehmen, weil es doch noch so vieles anderes

„Erfolgreich kann nur sein, wer sich Zeit lässt – bis der Moment gekommen ist.“

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KonzertAndrás SchiffJohann Sebastian Bach, Goldberg-Variationen BWV 988Tonhalle Zürich, Sonntag, 5. Dezember 2010, 11.15 UhrBillettkasse Tel. +41 (0)44 206 34 34, www.tonhalle.chSchiff mit Bach zu hören, gehört gegenwärtig zum Faszi-nierendsten, was man auf einem Konzertpodium erleben kann. Zeitlebens hat sich der Künstler mit den Goldberg-Variationen auseinandergesetzt – und zu immer neuen faszinierenden Interpretationen gefunden.

Restaurant Restaurant Da AngelaHohlstrasse 449, 8048 Zürich, Tel. +41 (0)44 492 29 31, www.daangela.chDie perfekte Verführung auf Italienisch. Marisa Odermatt-Rota bringt im „Da Angela“ ihre grossen gastgeberischen Qualitäten ein, Antonio Sturiale sorgt in der Küche mit 14 Gault-Millau-Punkten für die kulinarischen Höhepunkte. „Essen wie bei Nonna“ ist hier wörtlich zu nehmen – im Angebot sind nebst den Klassikern Rezepte von Bianca Rota, Marisas Mutter.

Kunst Hommage an Pablo Picassos erste RetrospektiveKunsthaus Zürich, 15. Oktober 2010 bis 30. Januar 2011Tel. +41 (0)44 253 84 84, www.kunsthaus.chDas Kunsthaus Zürich widmet sich der ersten Museumsaus-stellung von Pablo Picasso. Diese hatte er 1932 selbst kuratiert und eigenhändig alle Werke dafür ausgesucht. Im grossen Ausstellungssaal treffen nun über 70 Originale aus den berühmtesten internationalen Sammlungen zusammen. Ein einmaliges Ereignis, das nur in Zürich zu sehen ist.

Kultur & Genuss

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Inside ZürichKultur & Genuss: November 2010 bis Januar 2011

Veranstaltungen Expovina – Zürcher WeinausstellungBürkliplatz Zürich, 4. November bis 18. November 2010, Tel. +41 (0)44 752 33 66, www.expovina.chDie Expovina ist die grösste öffentliche Weindegustations-messe der Schweiz. An Bord von zwölf Schiffen, die beim Bürkliplatz ankern, haben die Besuchenden Gelegenheit, gegen 4000 Weine aus 22 Ländern und 5 Kontinenten zu verkosten. In sechs Spezialitäten-Restaurants werden die Gäste zusätzlich kulinarisch verwöhnt.

Zürcher SilvesterlaufZürcher Innenstadt, Sonntag, 12. Dezember 2010, www.silvesterlauf.chDer traditionelle Silvesterlauf führt durch die weihnächtlich dekorierte und für einmal autofreie Zürcher Innenstadt. Über 16’000 Teilneh-mende legen Distanzen von 1,4 bis 8,6 km zurück.

NZZ PodiumNZZ Foyer, Falkenstrasse 11, 8008 ZürichDonnerstag, 11. November 2010, 18.30 UhrTickets: zwei Wochen vor Podium, Tel. +41 (0)44 258 17 80, www.nzzpodium.chDeutschland, ein Situationsbericht – Ein Brückenland zwischen Normalität und Dauererregtheit. Mit Eric Gujer, Auslandkorrespondent der „Neuen Zürcher Zeitung“.

Partner: Bank Vontobel, Swiss Re. Moderiert von Dr. Martin Meyer.

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Impressum

Herausgeber Bank Vontobel AGGotthardstrasse 43, CH-8022 Zürich Telefon +41 (0)58 283 71 11

[email protected] www.vontobel.com/blue

Druck Klimaneutral gedruckt durch Schellenberg Druck AG. Erscheint viermal im Jahr in deutscher und englischer Sprache. Nachdruck von Texten ist ohne die schriftliche Bewilligung der Bank Vontobel AG weder ganz noch teilweise gestattet.

Bilder und IllustrationUmschlag und Seiten 18/21/28: Sandro Diener; Fotos Seiten 3/26: Roth und Schmid; Fotos Seiten 5/8: Dieter Müller; Foto Seite 11: Sandro Micha-helles; Fotos Seiten 13/17: Maurice Haas, 13photo; Foto Seite 27: Jonas Kuhn Fotografie, Zürich; Illus-tration Seite 29: Jürgen Willbarth; Seite 30: Erwin Züger/ Pablo Picasso, Wasserkrug und Früchte © 2010 ProLitteris, Zürich

Disclaimer

Diese Broschüre stellt kein Angebot dar und dient einzig

informativen Zwecken. Die Erbringung der in dieser Broschüre

beschriebenen Dienstleistungen richtet sich nach dem mit

dem Leistungsempfänger abgeschlossenen Vertrag. Inhalt,

Umfang und Preise der Dienstleistungen und Produkte können

je nach Land unterschiedlich ausgestaltet sein und jederzeit

ohne Ankündigung geändert werden. Einige Dienstleistungen

und Produkte werden nicht weltweit und nicht durch alle

Gesellschaften der Vontobel-Gruppe angeboten und können

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„blue“ erscheint vierteljährlich. www.vontobel.com/blue

„Der wichtigste Unterschied zwischen Zeit und Geld ist, dass sie sich nicht in derselben Weise sparen lassen.“

Nadine Schöneck-Voß, Soziologin

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Vontobel Private Banking Das Magazin für PrivatkundenAusgabe Herbst 2010

Vontobel Private Banking Das Magazin für PrivatkundenAusgabe Frühling 2010

Ich bin interessiert. Bitte senden Sie mir unverbindlich:

Zukünftige Ausgaben von „blue“ (erscheint viermal im Jahr)

Weitere Informationen zu den Global Trend Funds

Investor’s Insight „Inflation versus Deflation. Ein Leitfaden für Anleger“

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