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semaphor Klassiker der Eisenbahnen CHF 26.50 / e 22.– Herbst 2014 Bahntrajekt Bodensee Zu Vaters Zeit: 1955/1956 als Wagenführer im Oberaargau Ae 8/14: Die «vergessene» Hermann-Liechty-Gelenklok 1929: Sécheron-Lokomotiv- Projekte für den Gotthard

Bodensee - Semaphor

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Page 1: Bodensee - Semaphor

semaphorKlassiker der Eisenbahnen

CHF

26.5

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22.–

Her

bst

2014

Bahntrajekt Bodensee

Zu Vaters Zeit: 1955/1956 alsWagenführer im Oberaargau

Ae 8/14: Die «vergessene»Hermann-Liechty-Gelenklok

1929: Sécheron-Lokomotiv-Projekte für den Gotthard

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Poster, Seiten 28/29

Perfekt «choreographierter»Fototermin mit dem Gotthard-Giganten Ae 8/14 11852 inder SLM Winterthur, inszeniertDezember 1938/Januar 1939:Wenige Monate später musstedie Maschine optisch fertigge-stellt an der Landesausstellungin Zürich glänzen – Eröffnungwar am 6. Mai 1939. Rechts«spitzt» noch die BLS-Ae 6/8205 oder 206 ins Bild.Foto SLM-Archiv/SBB Historic

Titelbilder

17. März 1966 – die Jungfern-fahrt der «Rorschach» be-scherte dem gleichnamigenOrt einen Besuch mit Promi-nenz und spezieller Ladung.Auf der Trajektfähre stehen:– CIWL-Speisewagen 2857

(den Ital. Staatsb. zugeteilt)– SBB-Salonwagen As 2802– SBB-Speisewagen WR4ü

10225 oder 10226– SBB-Heizwagen– Niederbordwagen.Foto SBB Historic

Die drei kleinen Bilder stam-men von Hans Schneeberger,Christian Zellweger und derFa. SAAS/Archiv Pierre Courci.

Letzthin stellte mir ein liebevoll besorgter Nachbar die Frage,ob ich denn keine Angst davor hätte, dass meiner «…docheher exotischen Zeitschrift» irgendwann, vielleicht einmal,die Themen ausgehen würden. Ich konnte ihm, und kannauch Ihnen versichern, dass dies nie der Fall sein wird. Dafürgarantieren gleich mehrere Faktoren:– Alltagsthemen wandeln sich mit der Zeit «automatisch» in

historische Themen um. So löste der Artikel «SBB Cargo;mintgrüne Re 4/4 II, Re 6/6, Re 460 und Wagen», ab-gedruckt in unserer Ausgabe «Sommer 2014», folgendeReaktionen aus:• «Was, so lange ist das bereits her?» Na ja; seit damals sind

erst/schon – je nach Optik – 15 Jahre vergangen!• «Wou, diese Farb-Epoche von SBB Cargo hatte ich doch

glatt schon vergessen!» – ging mir genauso!– «Keine Geschichte kann je ganz zu Ende geschrieben

werden. Oftmals tauchen im Laufe der Zeit neue, bisdato unbekannte Fakten auf, welche das bis anhin bereitsbekannte Wissen verändern und vervollständigen.» …Sobeginnt in dieser Semaphor-Ausgabe ein Beitrag über zwei1929 bei der Firma SAAS in Genf-Sécheron entstandeneZeichnungen von Gotthard-Lokomotiven des Typs Ae 8/12.Die Offerten blieben jedoch Offerten und versanken baldim Dunkel irgendwelcher Schränke oder Schubladen, wosie umgehend in Vergessenheit gerieten – «zum Glück»(!);«zum Glück» deshalb, weil jetzt, 85 Jahre später, DanielAmmann daraus eine Geschichte «weben» konnte. EineGeschichte übrigens, die, Irrtum vorbehalten, noch nie,auch nicht ansatzweise, jemals veröffentlicht worden ist.Darauf sind wir, bin ich, schon etwas stolz – ab Seite 30

– Genauso unbekannt sind die von Hans Schneeberger imJahre 1956 gezeichneten Triebwagen-Entwürfe, welcheer als ETH-Student im Rahmen seiner Semester- undDiplom-arbeit für die Langenthal–Jura-Bahn (LJB), dieLangenthal–Melchnau-Bahn (LMB) und die Solothurn–Niederbipp-Bahn (SNB) auf Papier brachte. Ergänzt wirdder Beitrag mit Bildern, welche Hans Schneeberger imRahmen seiner studentischen Nebentätigkeit als Aushilfs-Triebwagenführer anfertigte. Die meisten davon sind nochnie publiziert worden – ab Seite 18

– Noch ein Beispiel: Haben Sie gewusst, dass zwei für denBau des BLS-Trassees verwendete Dampflokomotiven anno1921 ins St. Galler Rheintal gelangten? Und dass beideMaschinen (un-)sinnigerweise sogar den gleichen Namentrugen? Wenn auch Sie mit «Nein» antworten müssen,empfehle ich Ihnen die vertiefte Konsultation des Beitragsvon Anton Heer – ab Seite 46

– Anton Heer zeichnet übrigens auch für den Hauptartikeldieser Semaphor-Ausgabe verantwortlich – gleich gegen-über, ab Seite 3

Ich wünsche viel Lese- und Betrachtungsvergnügen

Redaktor und Herausgeber

EditorialInhaltsverzeichnis

Eisenbahntrajekt Bodensee:Reminiszenzen zur Verkehrs-Geschichte (Teil 2) Seite 3

Zu meines Vaters Zeit: Bei den«Oberaargauischen Schmal-spurbahnen» (Teil 1) Seite 18

Poster Seiten 28 und 29

Unrealisiert gebliebeneSécheron-Projekte fürGotthard-Loks … Seite 30

Die «vergessene» Gelenkloko-motive nach Liechty Seite 38

Literatur-Hinweise Seite 43

Damals und heute:Bahnhof Winterthur Seite 44

«LOETSCHBERG»-SpurenSeite 46

Nebenbahn-Pendelzüge derBauart EAV – zwei Nachträge

Seite 50

Das besondere Bild Seite 54

Vorschau Seite 55

Impressum Seite 55

Zugschluss Seite 56

Semaphor im Internet

BeachtenSieunsere Homepagewww.semaphor.chmitsamt den Rubriken:- Aktuelle historische Bahnen- Inhaltsverzeichnis 2005–2013

Was, Wann, Wo?

• www.voev.ch/Service/Agenda/öV-Agenda

• www.sbbhistoric.ch,«Events»• www.rhb.ch, «Reisen»/

«Erlebnisfahrten»• www.sgeg.ch

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Eisenbahntrajekt Bodensee:Reminiszenzen zurVerkehrs-Geschichte (Teil2)

Ab etwa 1890 kündigte sich auf dem Bodensee die Zeit der Verbrennungsmotoren an– und damit einhergehend der allmähliche Niedergang des Dampfbetriebs. Vorerst ge-langten Benzin- und Petrolmotoren geringer Leistung (unter 10 PS) zum Einsatz – diesfür einige exklusive private Ausflugsboote und verschiedene Lastschiffe (ehemaligeGütersegelschiffe). Der Dampfantrieb blieb aber noch bis in die 20er-Jahre für grössereSchiffseinheiten vorherrschend. Trotzdem erscheint der Erste Weltkrieg in doppelterHinsicht als Zäsur für den Trajektverkehr. Ab 1918 beschränkte sich der Trajektverkehrauf die Verbindungen Romanshorn–Friedrichshafen sowie Romanshorn–Lindau.

Weiter waren nun, durch die kriegsbedingte technische Entwicklung getrieben,sowohl leistungsfähige als auch genügend zuverlässige Dieselmotoren verfügbar. 1926erfolgte die Motorisierung des einst antriebslosen Trajektkahns B der SBB: Je 100 PSleisteten die beiden Sulzer Schiffsdieselmotoren. In die Jahre 1926 bis 1928 fielen auchdie ersten Schiffsneubauten mit Dieselantrieben im Leistungsbereich von 200–400 PS.Der Motorisierung des SBB-Trajektkahns B, der neu den Doppelnamen «M.Tr.1» und«Romanshorn» trug, darf also eine Pionierleistung unterstellt werden.

Der lange Abschied vom Dampfbetrieb

Im Laufe der 1930er-Jahre folgten weitere Umbauten, sodass die SBB ab 1934 über dreimotorisierte Trajektkähne verfügten. 1929 setzte die «Deutsche Reichsbahn» mit Inbe-triebnahme der Bodenseefähre «Schussen» neue Massstäbe: Sie liess sich gleichermassenfür den Transport von Automobilen wie für den Eisenbahn-

Die Bodensee-Trajekt-schifffahrt wurde nachdem Ersten Weltkrieggeprägt durch das Ver-schwinden der deutschenLänderbahnen und denSiegeszug des Diesel-motors. Die dem ZweitenWeltkrieg folgende Wirt-schaftsblüte führte zurFlottenerneuerung durchdie SBB. Trotzdem liesssich das Ende des Eisen-bahntrajekts langfristignicht mehr abwenden.

Romanshorn in den 1930er-Jahren: Soeben läuft der beladene SBB-Trajektkahn «M.Tr.2» im Hafen ein. Foto SBB Historic

(Fortsetzung auf Seite 13)

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Zu meines Vaters Zeit:Bei den«Oberaargauischen Schmalspurbahnen

1955–1956 war HansSchneeberger Aus-hilfstriebwagenführerfür die Langenthal–Jura-Bahn sowieder Langenthal–Melchnau-Bahn. DiesePraxiserfahrungennutzte er auch fürseine ETH-Semester-und -Diplomarbeit,welche im Entwurfeines neuen Trieb-wagens gipfelten.

Mein Vater besass eine Gabe, stets das Angenehme mit dem Nützlichen zu kombinieren. Soerstaunt es kaum, dass er sowohl für seine Semesterarbeit als auch für seine zum Abschlussdes Elektroingenieurstudiums notwendige Diplomarbeit je ein Thema wählte, welches ihnnicht nur begeisterte, sondern das er auch mit seiner nebenberuflichen Tätigkeit als Aushilfs-triebwagenführer auf den «Oberaargauischen Schmalspurbahnen» verbinden konnte. Folge-richtig erhielt er deshalb von ETH-Professor Sachs den Auftrag, die finanziell und technischin argen Nöten steckenden Privatbahnen in der Region Langenthal «betr. technischer Ver-besserung und Erneuerung für den Fall einer Fusionierung» zu untersuchen.

Basierend auf den in seiner Semesterarbeit vom Sommer 1956 angestellten Analysenentwickelte Hans Schneeberger daraufhin in seiner Diplomarbeit vom Dezember 1956, undzum Abschluss seiner Studien, einen «Gleichstrom-Triebwagen Typ BFe 4/4 für die «Ober-aargauischen Schmalspurbahnen» LJB, LMB und SNB».

Nebenbahnromantik pur!Am 9. Juni 1955 sind dieTriebwagen Ce 2/2 Nr.11,CFe 4/4 Nr. 6 und Ce 2/2Nr.12 aus Melchnau bzw.Niederbipp im BahnhofLangenthal angekommen.Die Fahrgäste sind bereitsaus- oder umgestiegen undsowohl das mitgeführteGepäck als auch das Eilgutist ausgeladen sowie ab-transportiert – das gibt demWagenführer SchneebergerGelegenheit, die beschau-liche Szenerie auch nochfotografisch festzuhalten.Foto Hans Schneeberger

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den«Oberaargauischen Schmalspurbahnen» (Teil1)

In diesem Beitrag, in Teil 1 und Teil 2,verwendete Abkürzungen:

BTI Biel–Täuffelen–InsCJ Chemins de fer du JuraESZ Elektrische Strassenbahn im

Kanton Zug (1.11.1951 nochin ZVB umbenannt)

ETH Eidgenössische TechnischeHochschule, Zürich

LJB Langenthal–Jura-BahnLMB Langenthal–Melchnau-BahnOJB Oberaargau–Jura-Bahnen (1958

entstanden aus der Fusion vonLJB und LMB)

OSB «Oberaargauische Schmalspur-bahnen» (1956 vorgesehenerName für die zu fusionierendenLJB, LMB und SNB)

SNB Solothurn–Niederbipp-BahnVBZ Verkehrsbetriebe ZürichZVB Zugerland Verkehrsbetriebe

(bis 31.10.1951 ESZ) HS

Die Bezeichnung «Oberaargauische Schmalspurbahnen» wurde 1956 als Arbeitstitelfür die geplante Fusion der LJB, LMB und SNB genutzt, setzte sich aber nicht durch.Wir verwenden den Begriff «Oberaargauische Schmalspurbahnen» deshalb mit An-führungszeichen und verzichten auf den Gebrauch der nie offiziellen Initialen OSB.

Student und Triebwagenführer

Die Söhne Hans und Paul des Pfarrers Schneeberger in Langenthal waren seit jeher inihrer Freizeit meistens am Bahnhof zu finden. Als kontaktfreudige und wissbegierigejunge Eisenbahnfreunde schlossen sie dort Bekanntschaft mit dem Betriebsleiter Sta-delmann sowie dem Depotvorarbeiter Wymann der LJB/LMB und versuchten sichim Betrieb nützlich zu machen. Wohl auch dank dieser intensiven Kontaktpflege botman den beiden an, zukünftig als Aushilfstriebwagenführer bei Extraleistungen be-

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Unrealisiert gebliebene Sécheron-Projekte für Gotthard-Loks

Verschiedentlich habenwir schon darauf hin-gewiesen,dass es kaummöglich ist, zu Themenim Bereich «Bahnge-schichte» jemals einendefinitiven Schluss-punkt zu setzen– denBeweis dazu liefertDaniel Ammann imfolgenden Beitrag.

Wie im Editorial auf Seite 3 und hier im Vorspann zu diesem Beitrag bereits angetönt, ver-treten wir in unserer Zeitschrift die These, dass keine Geschichte je ganz zu Ende geschrie-ben werden kann. Oftmals tauchen im Laufe der Zeit nämlich neue, bis dato unbekannteFakten auf, die das bis anhin bereits bekannte Wissen verändern und vervollständigen –hier ein weiteres Beispiel, welches unsere Sichtweise stützt…

Eine Vorgeschichte – zum besseren Verständnis

Anno 1931 publizierten die Schweizerischen Bundesbahnen in ihrem damaligen Nachrich-tenblatt, Ausgabe «Dezember», den 16-seitigen Beitrag «Die neuen Gotthardlokomotiven».Stolz präsentierte man sechs teilweise völlig unterschiedliche Entwürfe grosser Gelenk-lokomotiven. 1995 und 1998 erschienen die Zeichnungen erneut in Publikationen, welcheden Werdegang der Ae 8/14 11801, 11851 und 11852 dokumentierten. Weil jedoch nicht je-der unserer Leser eine oder alle dieser Druckschriften in seiner Bibliothek griffbereit stehenhat, veröffentlichen wir die sechs Skizzen noch einmal – 1:1 auf Seite 33.

SBB-Lokomotiv-Giganten, offeriert 1929 von der Firma Sécheron

Nun tauchten, völlig unerwartet, zwei bis anhin gänzlich unbekannte Projekte des West-schweizer Herstellers Société Anonyme des Ateliers de Sécheron (SAAS) auf. Allgemein,und besser bekannt ist die Firma unter dem Namen «Sécheron». Wir stellen die beiden imFrühling 1929 entstandenen SAAS-Entwürfe hiermit unserer Leserschaft vor – exklusiv.

Betrachtet werden sollten beide Zeichnungen vor folgendem Hintergrund: Im Februardes Jahres 1929 luden die SBB dazu ein, Entwürfe für eine Lokomotive hoher Leistung,einsetzbar auf der Gotthardlinie, auszuarbeiten und einzureichen. Die bekannte undgeschätzte Firma Sécheron stieg erwartungsgemäss auch ins «Rennen» ein: wahrscheinlichmit zwei Entwürfen. Aufgetaucht sind neulich jedenfalls die folgenden, bis heute gänzlichunbekannten SAAS-Projekte L 611131 und L 611132. (Fortsetzung auf Seite 34)

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-Projekte für Gotthard-Loks…

Typenskizze oben: Der Sécheron-Entwurf «L 611131», respektive die «Variante 1» zeigt eine Doppellokomotive mit der Achsfolge2’Do+Do2’ und wurde mit «15. IV. 29» datiert. Was sofort ins Auge springt, ist die Verwandtschaft mit den Be 6/8 der BLS, insbe-sondere im Frontbereich und beim gewählten SAAS-Antriebssystem. Dokument SAAS/Archiv Pierre Courci

Typenskizze unten: Die Sécheron-Zeichnung der Be 6/8 201 und 202 offenbart deren frappierende Ähnlichkeit mit dem Entwurf«L 611131» einer Sécheron-Gotthard-Doppellokomotive vom «15. IV. 29». Dokument SAAS/Slg. Daniel Ammann

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Die «vergessene»Gelenklokomotive nach Liechty

Weitgehend in Ver-gessenheit geratenist das Projekt einerdreiteiligen Gelenk-lokomotive vom TypAe 8/14, welcheHermann Liechty imJahre 1939 propagier-te. Wir haben recher-chiert und stellen hierdas Ergebnis unsererNachforschungen vor.

Dem Ingenieur Hermann Liechty (*1871 †1952) waren diegrossen Seitenkräfte von Eisenbahnrädern, ganz speziell inKurven, ein Dorn im Auge. Daher entwarf er das im Jahre1931 patentierte «bewegliches Fahrgestell» mit indirekterGleisführung, welches aus zwei (oder mehr) beweglichenSchwenkrahmen mit jeweiligem Zwischengestell bestand.In diesem Sinne unterstützte er auch die damals unter denHerstellern von Schienenfahrzeugen weit verbreitete Ansicht,dass jede schnell fahrende Lokomotive zwingend Vor- undNachlaufachsen zur besseren Kurvenführung benötigte.

Der Ae 8/14-Entwurf nach System Liechty

In einer im Hinblick auf die «Landi», die SchweizerischeLandesausstellung 1939, herausgegebenen Druckschrift stellteHermann Liechty verschiedene eigene Fahrzeug-Projekte vor.Als Grundlage fast aller darin enthaltenen Entwürfe dientenallerdings bereits bestehende Lokomotiven, welche er dannnach seinen Ideen und Patente umwandelte. Dazu gehörtauch die hier abgebildete, dreiteilige Gelenklokomotive,welche er aus der bereits bestehenden, 1932 in Betrieb ge-nommenen SBB-Doppellokomotive Ae 8/14 11851 ableitete.

Mag der Grundsatz des «beweglichen Fahrgestells» nachSystem Liechty an sich zwar interessant erscheinen, jedenfallsauf den ersten Blick, so stellt er sich bei näherem Betrachtenals kaum umsetzbar heraus. Und zwar aus folgendem Grund:In erster Linie ging es Hermann Liechty um ein möglichstkurvengängiges Laufwerk, hingegen liess er die Notwendig-keit der Laufachsen zur Gewichtsverteilung ausser Acht.So dienten seiner Ansicht nach die sechs Laufachsen der zurAbleitung herangezogenen SBB-Ae 8/14 11851 lediglich derbesseren Führung in Kurven.

Linke Seite, oben: Zeichnungder 1939 von HermannLiechty propagierten drei-teiligen Gelenklokomotive:Dass er sich optisch dabei ander «Landi-Lok» Ae 8/1411852 orientierte ist of-fensichtlich. Wäre LiechtysMaschine je gebaut worden,hätte sie, wie die SBB-Nrn.11801, 11851 und 11852,auch als Ae 8/14 gegolten.VRL/Slg. Daniel Ammann

Rechte Seite, oben: Datiertist diese Typenskizze derAe 8/14 11852 mit «März1938», ihr Erscheinungsbildentspricht weitgehend schonder später gebauten Lok.Anzahl, Form und Anordnungder Jalousien weichen aller-dings noch von der endgülti-gen Version ab – vergleichemit Bild unten. Unrealisiertblieb zudem die im Grundrisseingezeichnete Stirntüre.SLM-Archiv/Slg. SBB Historic

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Damals und heute:Bahnhof Winterthur

Bild oben:Das Lichtsignal rechts ist «offen» (grün) und die Weichenlaternen machen klar, dass dem «Krokodil» Be 6/8 IINr.13256 eine Fahrt über Ablenkung bevorsteht. Der Weg des Güterzuges führt in den Rangierbahnhof (RB)Winterthur, wo damals eine weitere «Krokodil»-Lokomotive, eine Rangier-Ce 6/8 II, Dienst leistete – sieheSemaphor-Ausgabe «Frühling 2008», Seite 43, Rubrik «Damals und heute».Zum Zeitpunkt, als diese Aufnahme hier entstand, am 27. August 1976, waren von einstmals 13 Be 6/8 IIgerade noch vier Maschinen nicht ausrangiert und standen, sofern einsatzfähig, den SBB zur Verfügung: Ihrweiterer «Lebensweg» verlief wie folgt:– 13254: ausrangiert im Mai 1982 und Überfuhr ins Verkehrshaus, Luzern– 13255: ausrangiert im Dezember 1978 und Abbruch– 13256: ausrangiert im November 1980 und Abbruch– 13257: ausrangiert im August 1978 und abgegeben an Österreichische Bundesbahnen (siehe auch Semaphor-

Ausgabe «Sommer 2008», Seiten 51/52).«Überlebt» hatte, zumindest indirekt, auch die Be 6/8 II 13253, entstand 1975/1976 doch aus ihr die in derSBB-Hauptwerkstätte Bellinzona revidierte und anschliessend im Depot Erstfeld beheimatete Museumsloko-motive Ce 6/8 II 14253. Das «gute Stück» gehört heute der Stiftung SBB Historic, ist betriebsfähig und gelangtab und zu vor Extrazügen zum Einsatz.Die Tage respektive Monate und Jahre der Be 6/8 II 13256 waren somit bereits gezählt, als sie am Freitag,27. August 1976, in Richtung RB Winterthur strebte.Beim vergleichsweise kleinen Depot mit drei Toren – mittig im Hintergrund – handelt es sich um dasjenigeder Schweizerischen Nordostbahn (NOB), erbaut «tief» im 19. Jahrhundert: anno 1859 respektive 1875. ImGegensatz zur 1920 in Betrieb genommenen Be 6/8 II 13256 existiert das Depotgebäude auch heute noch.Markante und teilweise einschneidende Veränderungen durchlief ausserdem das Umfeld in der Zeitspannevon 1976 bis 2014:– gedeckte Güterwagen, wie der rechts ins Blickfeld «fahrende» Gklm-v 20 85 114 4 720-2 (früher K2 mit

elektrischer Heizleitung), stehen keine mehr im planmässigen Einsatz – höchstens als Nostalgiefahrzeuge– Auch die das Bild dominierende Signalbrücke samt den zwei markanten «Sagböcken» (Rangiersignale) und

den Lichtsignalen älterer Bauform mit abgerundeten «Ecken», welche es vorwiegend im Raume Winterthurgab, ist verschwunden

– Den eingangs erwähnten Rangierbahnhof beraubte man eines Teils seiner Gleise und Fahrleitungen, denRest nutzen die SBB heute nicht mehr zum Rangieren, sondern zum Abstellen von kaum mehr benötigtenFahrzeugen, insbesondere von Güterwagen

– Die «Industrie-Landschaft» im Hintergrund existiert mehrheitlich noch, die Gebäude hat man oft aber «aus-gehöhlt», umgebaut und einem neuen Zweck zugeführt

– Früher hier produzierende und tonangebende Firmen von Weltruf wie Sulzer und SLM (fusionierte 1961 mitSulzer) sind teilweise entweder in «Filetstücke» zerteilt und verkauft oder «an die Wand gefahren» unddann geschlossen worden

– Der den SBB gehörende Bahnhof Winterthur – im Rücken des Fotografen – präsentiert sich im Jahre 2014 inmassiv modernisierter Form.

Bild unten:Donnerstag, 14. August 2014, wenige Augenblicke nach 16.19 Uhr: Der von München via Lindau, Bregenz,St. Gallen nach Zürich HB verkehrende EuroCity (EC) 194 verlässt Winterthur und strebt Zürich Flughafenentgegen. Als «Zugpferd» steht die Re 421 392-2 der SBB-Division Cargo im Einsatz. Übernommen hat sie dieWagen im deutschen Lindau und brachte sie via das österreichische Bregenz in unser Land. Der hintere Strom-abnehmer trägt eine breitere Wippe, welche den Einsatz unter Fahrleitungen nach DB- und ÖBB-Norm zulässt.Zudem verfügt die Lok über alle für diese Dreiländer-Tour notwendigen Zugsicherungssysteme. Beim «ange-schnittenen» EC-Wagen handelt es sich um den Bpm 61 85 20-90 318-7. Fotos Christian Zellweger

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«LOETSCHBERG»-Spuren

Auf die vor 101Jahrengefeierte Einweihungder Lötschbergbahnfolgte die Odysse desBauinventars undeiner beachtlichenReihe von Baulokomo-tiven der Dienstbahn.Dergestalt fanden diebeiden DreikupplerLOETSCHBERG No.7 u.LOETSCHBERG No.8den Weg von der BLSins St.Galler Rheintal.

Mit dem anno 1892 zwischen Österreich und der Schweiz ab-geschlossenen Staatsvertrag über die Regulierung des Alpen-rheins zwischen der Illmündung und dem Bodensee wurdenim Rheintal immense wasserbauliche Eingriffe fällig. Die Tal-schaft sollte damit vor weiteren Überschwemmungen und derfortschreitenden Versumpfung bewahrt werden. Nach demim Jahre 1900 eröffneten Fussacher Durchstich nahm mandie Vorbereitungsarbeiten für denjenigen bei Diepoldsau andie Hand. Letzterer hatte es allerdings in sich, musste dochein künstlicher Flusslauf durch ein tiefliegendes und wenigtragfähiges Torfgebiet aufgebaut werden. Dabei gelangtedie Dienstbahn der IRR (Internationale Rheinregulierung)für den Transport riesiger Kiesmengen aus dem Altlauf undder weiter oben liegenden Flussabschnitte zum Einsatz. DieSpurweite betrug 750 mm.

Ein besonderer Effort war sodann in der Zeit unmittelbarvor der Öffnung des Diepoldsauer Durchstichs zu leisten –das sollte sich als ideales neues Arbeitsfeld für die schwerenDreikupplermaschinen der einstigen Dienstbahn der BLS(Bern–Lötschberg–Simplon) erweisen!

Auf «LOETSCHBERG»-Spurensuchein zahlreichen Archiven

Die Quellen der IRR berichteten fürs Jahr 1921 über die Be-schaffung von schweren Baulokomotiven. Viel mehr war fürsErste nicht zu erfahren.

Inventarbücher, Quervergleiche diverser Unterlagen undein erster Fotofund erhellten dann aber peu à peu die anfäng-

Bild oben: Eine sichtlich stol-ze Mannschaft posiert vorder «LOETSCHBERG»No. 7, einer kräftigen drei-achsigen Dampflokomotive.Aber auch zwei Männer imHintergrund – oben auf demDamm stehend – wollen mitaufs Bild!Foto Slg. Anton Heer

Lageplan rechte Seite: DieZeichnung dokumentiertdie enorme Ausdehnung derGleisanlagen der IRR-Dienst-bahnen vor der Einmündungdes Alpenrheins in denBodensee.Zeichnung Anton Heer

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Nebenbahn-Pendelzüge derBauart EAV– zwei Nachträge

Semaphor-Beiträgewerden jeweils genau-estens studiert. Fallsvorhanden, erreichenuns dann aus demLeserkreis zusätzli-che, bis anhin unbe-kannte Informationenoder Bilder. So auchgeschehen zur fünf-teiligen Serie über die«EAV-Pendelzüge der1960er-Jahre».

Bild oben: Typenbild desRVT-Steuerwagens Bt 201,aufgenommen in Fleurier am26. Januar 1965: Beachtens-wert ist, dass in den zweigrossen, unteren Lampen-fassungen je eine kleineLampe steckt. Bei näheremBetrachten fällt zudem auf,dass das üblicherweise sonstdurchs Frontfenster sichtba-re Steuerpult ebenso fehltwie auch die Kupplungsdoseder Vielfachsteuerleitung.Foto Georges-André Schetty

Auf das Thema «Nebenbahn-Pendelzüge der Bauart EAV»sind wir in der Vergangenheit schon mehrmals, und jeweilsausführlich in folgenden Semaphor-Ausgaben, eingegangen:– «Frühling 2013», Mittelthurgau-Bahn (MThB)– «Sommer 2013», Martigny–Orsières (MO)– «Herbst 2013», Régional du Val de Travers (RVT)– «Winter 2013», Gruyère–Fribourg–Morat (GFM)– «Frühling 2014», Wohlen–Meisterschwanden (WM)Im Anschluss an diese fünfteilige Serie sind uns zusätzlicheInformationen und Ergänzungen übermittelt worden, welchewir Ihnen nicht vorenthalten möchten. Wir drucken sie nach-folgend ab, fallweise ergänzt mit passenden Bildern.

Kleines Bild: Am 6. Juli 1965verlässt ein RVT-PersonenzugTravers in Richtung Fleurier.Die Komposition setzt sichwie folgt zusammen:– Be 4/4 1 der RVT– K2 der SBB– Z 89 der PTT– Bt 203 der RVT (noch als

Personenwagen genutzt)– Leichtstahl-AB 3745 der

SBB (als Mietwagen)– DZ2 26 der RVT.Foto Georges-André Schetty

Page 12: Bodensee - Semaphor

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Impressum

«Semaphor» – Klassiker der Eisenbahnen; 10. Jahrgang 2014

Erscheint 5x: März, Juni, August, Oktober und Dezember

Herausgeber Christian Zellweger

Verlag/Redaktion Semaphor GmbHFalkenriedweg 37, CH-3032 HinterkappelenHomepage: www.semaphor.chMail: [email protected]: +41 (0)31 901 31 76

Redaktion Christian ZellwegerMail: [email protected]

Abonnemente Dietschi Print&Design AGZiegelfeldstrasse 60, CH-4601 OltenTelefon: +41 (0)62 205 75 75 (Zentrale)Mail: [email protected]

Grafik Peter Merz

Layout, Satz, Bild Walter Hunn

Druck Dietschi Print&Design AG, Olten

Abonnementspreis Schweiz CHF 99.–; Europäische Union e 82.–

Einzelnummer Schweiz CHF 26.50; Europäische Union e 22.–

ISSN-Nr. 1661-576X

Filme, Dias und Fotos altern je nach Produkt und Lagerung unterschiedlich.Wir korrigieren die Farben lediglich dann, wenn das Sinn macht – undnur sanft. Aus Gründen der Authentizität belassen wir in der Regel auchalterungsbedingte Fehler wie rote Punkte in der Filmschicht u.ä.

Nachdrucke, Reproduktionen oder sonstige Vervielfältigungen – auch aus-zugsweise und mit Hilfe elektronischer Datenträger – sind nur mit vorherigerschriftlicher Zustimmung der Redaktion sowie des Autors oder Inhabers derSammlung, aus der das Dokument stammt, möglich.

Zudem bitten wir um Verständnis dafür, dass wir keine Originalabzüge oderdigitale Daten der abgedruckten Bilder oder die Adressen des Fotografen/Sammlers liefern können.

Ab 1956/1957 setzten die SBB auf ihrer mit Gleichstrombetriebenen Linie Genf–La Plaine zwei Triebwagen vom TypBFe 4/4 II (seit 1963 BDe 4/4 II) ein, samt dazu passendenSteuerwagen der Bauart ABt (seit 1976 Bt). Ihre Zeit endete1994, als sie den Gleichstrom-Gelenktriebwagen Bem 550Nrn. 000–004 Platz machen mussten. Im Sommer 2014,lediglich 20 Jahre nach deren Indienststellung, schloss sichnun auch dieses Kapitel. Wir halten Rückschau auf SBB-Fahrzeuge die zeitlebens nie gross im Rampenlicht standen.

In die «Winter»-Ausgabe einer Eisenbahn-Zeitschrift gehörenauch Bilder aus der kalten Jahreszeit – so richtig fröstelnsoll es den Betrachter beim Fotos anschauen! Unser Beitragführt westwärts, hin in die verschneite Romandie. Dank deruns zur Verfügung stehenden Sammlung eines Fotografenkönnen wir Ihnen stimmige und seltene Farbaufnahmen prä-sentieren. Entstanden sind sie zu Beginn des Jahres 1963, alsauch noch Lokomotiven mit Stangenantrieb sowie zwei- unddreiachsige Personenwagen zum Alltagsbild unserer Eisen-bahnen gehörten – «steigen Sie ein», kommen Sie mit!

Winterbilder aus derWestschweiz – farbigfotografiert vor etwasmehr als 50 Jahren

Genf–La Plaine: DieGleichstrom-Epocheder SBB ist passé:Wir blicken zurück

In der vorliegenden Semaphor-Ausgabe berichteten wir überdie Tätigkeit von Hans Schneeberger in den Jahren 1954 bis1957 bei der Langenthal–Jura-Bahn (LJB), der Langenthal–Melchnau-Bahn (LMB) und der Solothurn–Niederbipp-Bahn(SNB). Der angehende ETH-Ingenieur wirkte damals abernicht «nur» als Wagenführer, sondern fertigte sowohl einebahnbezogene Semester- als auch eine ebensolche Diplom-arbeit an. Zudem «schoss» er im Laufe der Zeit zahlreicheFotos. Seinem Sohn liegt somit genügend Material vor, umdamit einen Erlebnisbericht in zwei Teilen zu verfassen.

Zu meines Vaters Zeit:Wagenführer undKonstrukteur bei den«Oberaargau–Jura-Bahnen» (Teil2)

Vorschau aufSemaphor Winter 2014Erscheint Mitte Dezember 2014