Upload
bodo-strassenmagazin
View
228
Download
2
Embed Size (px)
DESCRIPTION
Die August-Ausgabe des Straßenmagazins.
Citation preview
1
1.80 EuroAugust 2011 | 90 Cent für den Verkäufer
08 | 107 Kilometer | Von Quelle bis Mündung die Emscher entlang
28 | Grundwasser in Gefahr ? | Der Streit um »Fracking«
14 | Hinunter ins dunkle Nass | Vier Blinde beim Schnuppertauchen
21 | 12 Verlosungen | z.B. Zeltfestival Ruhr 2011 – Patrice & The Supowers
Das Straßenmagazin
bodo
THEMA WASSER
2
EDITORIAL
BODO E.V. – SO ERREICHEN SIE UNS
Herausgeber und Verleger:
bodo e.V.
Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund
Postanschrift:
Postfach 100543 | 44005 Dortmund
Redaktionsleitung und V.i.S.d.P.:
Bastian Pütter | [email protected]
0231 – 98 22 98 18 | Fax 88 22 527
Redaktionsanschrift:
Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund
Veranstaltungskalender:
Benedikt von Randow (bvr) | [email protected]
engel und agenten | [email protected]
Layout, Satz, Produktion:
Andre Noll | Büro für Kommunikationsdesign
0231 – 106 38 31 | [email protected]
Anzeigenleitung:
Bastian Pütter | [email protected]
0231 – 98 22 98 18 | Fax 88 22 527
Autoren:
Bianka Boyke (bb), derhank, Volker Dorne-
mann (vd), Wolfgang Kienast (wk), Maike,
Nina Mühlmann (nm), Bastian Pütter (bp),
Marcus Preis (mp), Rosi, Benedikt von Randow
(bvr), Dr. Birgit Rumpel (biru), Sebastian Sell-
horst (sese), Veronika Simmering
Fotos: Claudia Siekarski (S.2,3,4,5,7,12,13,
18,34,35,36), Bianka Boyke (S.14,15,16),
Sebastian Sellhorst (S.6,19), Wolfgang
Kienast (8,9,10,11,38), Maria Gomez Mojeda
(S.20), Oskar e.V. (S.39)
Andre Noll (alle Wasser-Hintergrundfotos)
Titelbild: Claudia Siekarski
Zeichnungen und Cartoon: Volker Dornemann
Druck: Gebr. Lensing GmbH & Co. KG.
Auflage | Erscheinungsweise:
11.000 Exemplare
Bochum, Dortmund und Umgebung
Redaktions- und Anzeigenschluss:
für die September-Ausgabe 10.08.2011
Anzeigen:
Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 7
gültig ab 01.03.2009
Vertriebe:
Mallinckrodtstraße 274 | 44135 Dortmund
0231 – 98 22 97 96
Stühmeyerstraße 33 | 44787 Bochum
Der Abdruck von Veranstaltungshinweisen ist kos-
tenfrei, aber ohne Gewähr. Für unaufgefordert ein-
gesandte Fotos oder Manuskripte wird keine Haftung
übernommen. Das Recht auf Kürzung bleibt vorbehal-
ten. Abdruck und Vervielfältigung von redaktionellen
Beiträgen und Anzeigen bedürfen der ausdrückli-
chen Genehmigung der Redaktion. Leserbriefe und
namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht
unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Vereinssitz:
Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund
Post: Postfach 10 05 43 | 44005 Dortmund
Internet:
www.bodoev.de | www.facebook.com/bodoev
Vorstand:
Nicole Hölter | Brunhilde Dörscheln |
Andre Noll | [email protected]
Geschäftsleitung | Verwaltung:
Tanja Walter | [email protected]
0231 – 98 22 97 96 | Fax 88 22 527
Redaktion | Öffentlichkeitsarbeit:
Bastian Pütter | [email protected]
0231 – 98 22 98 18 | Fax 88 22 527
Transporte | Haushaltsauflösungen:
Michael Tipp | [email protected]
0231 – 88 22 825 | Fax 88 22 527
bodos Bücher online:
Gordon Smith | 0231 – 88 22 833
bodos Bücher | Modernes Antiquariat:
Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund
Mo. – Fr. 11 – 18 Uhr
Second-Hand-Laden Dortmund:
Brunhilde Dörscheln | [email protected]
0231 – 98 22 97 96
Mallinckrodtstraße 274 | 44147 Dortmund
Di. – Do. 10 – 17 Uhr
Verkäufercafé Dortmund:
Mallinckrodtstraße 274 | 44147 Dortmund
Mo. u. Fr. 10 – 13 Uhr | Di. – Do. 11 – 18 Uhr
Anlaufstelle Bochum:
Stühmeyerstraße 33 | 44787 Bochum
Mo. u. Fr. 14 – 17 Uhr | Di. u. Do. 11 – 18 Uhr
Spendenkonten:
Stadtsparkasse Dortmund
BLZ: 440 501 99, Kto. 104 83 76
Sparkasse Bochum
BLZ: 430 500 01, Kto. 10 406 254
IMPRESSUM
02
Liebe Leserinnen und Leser,
willkommen zu unserem Themenheft Wasser.
Was hat denn „Wasser“ mit einer Straßenzeitung zu
tun, werden Sie vielleicht fragen. Manchmal grup-
pieren sich Geschichten, die wir erzählen wollen,
wie von selbst um ein Thema. Für unsere Hochsom-
merausgabe ist es das kühle Nass, ob fließend oder
stehend – Hauptsache nicht „von oben“, ergänzen
wir mit Blick auf den verregneten Juli.
Vom Wasser ausgehend sind Porträts, Reportagen
und Geschichten entstanden, die zu uns passen: Es
geht um die Region, um Kultur und Soziales. Wir
radeln von der Emscherquelle zu ihrer Mündung,
porträtieren den Macher des Kneipenschiffs „Herr
Walter“ und den Stahl-Künstler Frank Bartecki im
Dortmunder Hafen, gehen mit blinden Menschen
„Schnuppertauchen“, besuchen den Gebrauchtboot-
markt in Unna, lassen uns erklären was Fracking
ist und erzählen die Geschichte von Otto, der ohne
Obdach aber mit einem Boot nach Dortmund kam.
Zu den Themen, die uns als Verein betreffen,
hätten wir allein ein ganzes Heft machen können,
denn es ist unglaublich viel passiert in den letz-
ten Wochen: Wir waren drei Tage zelten – auf der
Wiese vor dem Dortmunder Rathaus und das gleich
mit 100 von Künstlern gestalteten Zelten und
einem großartigen Bühnenprogramm. Wir waren in
Bochum beim Alternativen Medienfestival unter
Freunden, gemeinsam mit bsz, bo-alternativ,
den Ruhrbaronen und vielen AktivistInnen und
Initiativen.
Auch das Thema der Roma-Zuwanderung hält uns in
Atem. Ich durfte eine denkwürdige Veranstaltung im
Dortmunder Depot moderieren, bei der gleich 30 der
neuen Zuwanderer über ihr Leben und ihre Sorgen
sprachen. Menschen, die uns Stadt und Tagespresse
bisher als unnahbare Kriminelle verkauft haben.
Wir sind zuversichtlich, dass es nun weitergeht und
eine private Vereinsgründung die Ansprechpartner
schafft, die bisher fehlten.
Der Grund, warum ich dieses Editorial „auf den
letzten Drücker“ schreibe, ist ebenfalls ein positi-
ver. Vielleicht ist Ihnen das Logo links unten auf
dieser Seite aufgefallen. bodo ist endlich Mitglied
im Internationalen Verband der Straßenzeitungen
(INSP) und damit Teil eines Netzwerks, das mit
einer Auflage von 6 Millionen in 114 Ländern (!) so
manchen Medienriesen in die Tasche steckt. Ende
Juli war ich auf meiner ersten INSP-Konferenz in
Glasgow und bin immer noch überwältigt von der
Vielzahl an tollen Ideen, den neuen internationa-
len Kontakten, vor allem aber von der Wertschät-
zung, die uns von Institutionen wie der BBC, der
Stadt Glasgow und von international renommierten
Journalisten entgegengebracht wurde.
Allein die Prominenz der Laudatoren bei der ab-
schließenden Galaveranstaltung der INSP Awards,
bei der Preise für beste Reportagen, bestes Design
usw. verliehen wurden, konnte stolz machen, zur
Familie der „Street Papers“ zu gehören. Mehr davon
in dieser bodo.
Ich wünsche Ihnen gute Unterhaltung mit unserem
Wasser-Heft.
Viele Grüße von bodo,
Bastian Pütter – [email protected]
3
INHALT 03
02 Editorial | Impressum
04 Menschen Oliver Buschmann von Marcus Preis
„Schon seit Kind bin ich absoluter Wasserfreak. Ich habe so ziemlich alle
Segelscheine. Außer den Schein für dieses Schiff, denn da braucht man
ein Kapitänspatent.“ Der Macher der „Herr Walter“ erzählt uns, wieso er
als Wasserratte immer noch gerne in Dortmund beheimatet ist und warum
Gammeln vor Herzinfarkt schützt.
06 Neues von bodo
07 Maikes Verkäufertagebuch
08 Straßenleben Die Emscher entlang von Wolfgang Kienast
„Das Prinzip aller Dinge ist das Wasser, denn Wasser ist alles und ins
Wasser kehrt alles zurück.“ Von ihrer Quelle in Holzwickede bis zu ihrer
Mündung in den Rhein bei Duisburg folgen wir dem Lauf der Emscher und
entdecken dabei malerische Schlösser, passieren die Emscherinsel und
erfahren, wer schon alles versuchte, Friedrich den Großen von einer Schiff-
barmachung zu überzeugen.
12 Kultur Das Stahlbiotop von DERHANK
29 Meter lang und über 9 Meter breit liegt im Dortmunder Hafen die SG-92,
ein vor der Verschrottung geretteter und umgebauter Schwimmgreifer.
Ausgerüstet mit Kombüse unter Deck und allem was man zur Metallverar-
beitung benötigt, ist er jetzt die Werkstatt und das Atelier, in dem Frank
Bartecki die Grenzen zwischen Schlosser und Künstler verschwimmen lässt.
12 Zum Haare raufen Landungsbrücken bis Teufelsbrück von Nina Mühlmann
Hamburger Touristen versperren den Blick auf eine klare Zukunft.
13 Wilde Kräuter Kamille von Wolfgang Kienast
Diesen Monat mit den Marktanteilen von SUVs, deren Klimabilanz und
einem leckeren Rezept für Sommerbowle aus Kamille.
14 Soziale Reportage Hinunter ins dunkle Nass von Bianka Boyke
„Einfach nur wahnsinnig gespannt“ ist Dirk Hülsey auf seinen ersten
Tauchgang. Nicht selten sind Menschen mit Handicap von Sportarten
ausgeschlossen. Dem versucht Bernd Jahn zusammen mit dem Dortmunder
Sehbehindertenverein entgegenzuwirken und veranstaltete ein Schnupper-
tauchen für Blinde im Schwimmbad Eving.
17 Der Kommentar Verbietet die Thiergalerie von Bastian Pütter
17 News | Skotts Seitenhieb
18 Kultur Unbehaust – 100 Zelte von Bastian Pütter
Wildes Campen in der Innenstadt? Mitnichten. Was hier so bunt und fröh-
lich aussah, hatte einen ernsten Hintergrund.
19 Neues von bodo Mein Praktikum bei bodo von Veronika Simmering
19 Neues von bodo Im Ghetto von Bastian Pütter
Planerladen e.V. und Sweetsixteen Kino luden zum Film „Im Ghetto – Die
Roma von Stolipinowo“ mit anschließender Diskussion. bodo moderierte.
20 Porträt Otto von Bastian Pütter
Auf dem Kanal falsch abgebogen und in Dortmund gelandet. Damit fing das
ganze Dilemma an. Aber keine Sorge – die Geschichte mit Otto und seinem
Boot endet gut.
20 Kinotipp Herzensbrecher im endstation.kino
21 Veranstaltungskalender | Verlosungen | CD-Tipps | von Benedikt von Randow
28 Umwelt Echt unterirdisch: Fracking von Dr. Birgit Rumpel
Die Erdgasgewinnung aus konventionellen Lagerstätten ist rückläufig, die
Ressourcen sind begrenzt. Jetzt ist eine Fördermethode auf dem Vor-
marsch, mit der Erdgas aus nicht konventionellen Vorkommen gewonnen
werden soll: Hydraulic Fracturing, kurz Fracking.
32 Kreuzworträtsel | Sudoku
33 Eselsohr Atlantis von Volker Dornemann
34 Die Reportage Der Gebrauchtbootmarkt von Wolfgang Kienast
„Von privat an privat, sonst würde die Sache nicht funktionieren.“ Für
gewerbliche Anbieter ist er tabu, alle anderen finden auf Deutschlands
größtem Gebrauchtbootmarkt in Unna vom günstigen Einsteigerboot bis
zum professionellen Sportgerät alles, was das Paddlerherz begehrt.
36 Neues von Rosi | von bodo-Verkäuferin Rosi
38 bodo geht aus Santa Monika besucht von Wolfgang Kienast
„Das erste Schiff hat mein Großvater 1967 gekauft.“ Zwei weitere kamen
im Lauf der Jahre noch dazu. Jetzt sind die drei Schiffe der Santa-Monika-
Flotte die erste Adresse, wenn es um klassisches Kaffeetrinken auf den
Kanälen des Ruhrgebiets geht.
39 Leserbriefe | Cartoon
Unser Titelbild der August-Ausgabe:
Mambo Kurt
Live beim Zeltfestival Ruhr am 28. August.
Foto: Claudia Siekarski
28201204 14
4
Phoe
nix-
See
Dort
mun
d |
08.0
7. 2
011
| 17
:08
h |
51˚2
9'24
.83"
N |
7˚3
0'49
.49"
ETHEMA WASSER MENSCHEN | von Marcus Preis | Fotos: Claudia Siekarski04
Ui, ui, ui! Zwei Stunden später und das wäre es gewesen mit sonnigen Bildern auf dem Deck der „Herr Walter“. Irgendwie kommt der Sommer in diesem Jahr nicht so recht aus dem Quark. Sehr zum Leidwesen von Szenegastronom Oliver Buschmann. Sein jüngstes Projekt ist erst ein paar Wochen alt. Und damit er mit seiner neuen, sehr einladenden Location nicht gleich baden geht, braucht er endlich mal ein bisschen Son-ne. Die Kachelmann-Kollegen verheißen nichts Gutes für die nächsten Tage, doch heute haben wir erst mal Glück mit dem Wetter.
Oliver Buschmann ist noch nicht da, als wir die
„Herr Walter“ betreten. „Der kommt gleich“, infor-
miert uns eine Mitarbeiterin an der Theke im Bauch
des Frachters. Dort, wo früher Schüttgut durch die
Weltgeschichte transportiert wurde, gibt es jetzt
eine Bar mit Tanzfläche, und an den Wochenenden
Oliver BuschmannMüßiggang am Wasser
rocken DJs und Livebands. Wir beschließen, so lan-
ge ein Kaltgetränk zu uns zu nehmen. „Den habe
ich aber eben noch in der Saarlandstraße gese-
hen“, ruft eine andere Servicekraft.
Wir gehen die steile Treppe wieder nach oben, um
auf dem Sonnendeck die luftige Atmosphäre zu ge-
nießen. „Herr Walter“ ist ein ehemaliges Fracht-
schiff und mit seinen 110 Jahren knapp älter als
Johannes Heesters. Hochbetagt hat sich der Grand
Senior vom Museumshafen Greifswald an der Ost-
see noch mal auf den Weg gemacht und ist nun der
neue Hingucker im Dortmunder Hafenpanorama.
Einige Minuten später erfahren wir, warum Oliver
Buschmann im Straßenverkehr nicht zu übersehen
ist. Mit einem schwarzen Mercedes mit Heckflos-
se fährt er vor. Kaum aus dem Oldtimer gestiegen,
wird er von Mitarbeitern aufgehalten: „Machen wir
die Fischbude heute auf oder nicht?“ Schließlich
kommt er auf uns zu und begrüßt uns mit den Wor-
ten: „Wir sind sicher verabredet.“ Damit wir für
unser Gespräch ungestört bleiben, führt er uns
achtern ins „Séparée“.
Um es gleich auf den Punkt zu bringen, fragen wir
ihn nach seiner Affinität zum Wasser. „Schon von
Kind an bin ich absoluter Wasserfreak. Ich habe
so ziemlich alle Segelscheine. Außer den Schein
für dieses Schiff, denn da braucht man ein Kapi-
tänspatent.“ „Herr Walter“ ist bereits sein drittes
Gastronomieprojekt am Wasser. „Wobei: Das ,Ku-
ckuck‘ damals im Dortmunder Westend lag mehr so
am Bach.“
Oliver Buschmann wird 1959 in Dortmund in eine
Musikerfamilie hineingeboren, „Mein Vater war da-
mals Musiker und Präsident vom Jazzclub Domicil.
Ich wurde da quasi schon als Zehnjähriger reinge-
schoben.“ Und da er damals noch sehr klein war,
stellte man ihn auf eine Bierkiste, damit er besser
an den Zapfhahn kam. „Ich konnte das wohl ziem-
lich gut, und deswegen haben die mich da nicht
mehr losgelassen.“
Obwohl er auch einige Instrumente spielte, ist er
mehr in den Verwaltungs- und Organisationsbe-
reich gerutscht. Buschmann ist ein Macher und –
gelernter Krankenpfleger: „Diese Ausbildung war
mir sehr wichtig, schon im Umgang mit meinen
5
Oliver BuschmannMüßiggang am Wasser
Großeltern, wo ich gelernt und erlebt habe, die
auf Töpfe zu setzen. Besonders menschlich waren
diese Erfahrungen für mich sehr wertvoll, ich kann
nur jedem empfehlen, mal etwas in diesem Bereich
zu machen.“
Doch warum lebt man als Wasserfan nicht in Ham-
burg oder an der Ostsee? „Das ist der einzige Vor-
wurf, den ich meinen Eltern immer gemacht habe,
dass meine Geschwister und ich nicht am Wasser
aufgewachsen sind. Den Absprung hätte ich vor
20, 30 Jahren machen müssen.“ Doch Buschmann
ist fest in Dortmund verwurzelt. Einen Grund da-
für verrät die schwarz-gelbe Fahne, die am Bug der
„Herr Walter“ flattert. Seit ewigen Zeiten hat er
eine Dauerkarte und alle vierzehn Tage fährt er mit
dem Fahrrad ins Stadion. „Das ist zum Beispiel et-
was, was mir keine andere Stadt bieten kann. Man
ist hier ganz nah dran. Für mich ist das immer ein
großes Cabaret-Erlebnis, wir müssen nicht immer
gewinnen, aber es ist eine fantastische Atmosphä-
re im Stadion.“ Buschmann unterhält enge Kontak-
te zum BVB, bereits zweimal durfte er als Gast mit
ins Trainingslager. Auch auf diesem Boot ist unter
dem Motto „BVB Total“ eine monatliche Veranstal-
tung mit Norbert Dickel geplant.
05
„Ich finde, die Leute müssen mehr rausgehen und
kommunizieren, als nur noch vor ihrem Fernseher
oder dem PC zu sitzen. Deswegen reizt es mich
immer, besondere Orte zu schaffen, wo man sich
begegnen kann und gesunde Kommunikation mög-
lich ist“, beschreibt Buschmann die Motivation für
seine Arbeit. Auch diesmal hat er wieder viel Herz-
blut in sein Projekt gesteckt, hat neben Planung
und Organisation auch selbst Hand angelegt. Stolz
zeigt er uns „den größten Balkon Dortmunds“, wie
er die Fläche an Land vor dem Schiff nennt. Neben
reichlich maritimer Dekoration wie Palmen und al-
ten Booten gibt es zur Abkühlung der Füße einen
kleinen Pool, gebaut aus 700 Bierkästen. Ein alter
Kutter wurde zu einer Fischbude umgebaut. In ei-
ner Ecke im Sand ein Bücherregal, dessen Erstaus-
stattung übrigens in bodos nahe gelegenem Buch-
laden gekauft wurde.
Wenn er über sich selbst etwas lesen müsste, würde
er sich wünschen, dass dort stehen würde, dass er
ein ruhiger, entspannter und angenehmer Mensch
sei. Auf einmal wird unser Gespräch nachdenklich
und intim. Am Pool zitiert er seinen Lieblings-
spruch, den er zu seinem Lebensmotto gemacht
hat: „Nicht nur Ruhm und Reichtum sammeln, dann
und wann mal richtig gammeln, hält dich froh, ge-
sund und stark. Gammeln schützt vor Herzinfarkt!“
Früher nahm er sich in seinem Leben nicht genug
Zeit zum Entspannen. Da hatte er oft mehrere Pro-
jekte gleichzeitig am Laufen. Doch dann gab es ei-
nen Wendepunkt in seinem Leben. Ein Unfall. Auf
einer Karnevalsparty. Plötzlich stand er in Flam-
men, an einer brennenden Kerze hatte sein Kostüm
Feuer gefangen. Doch er hatte Glück: „Ich bekam
ein zweites Leben geschenkt. Gesundheit ist für
mich das höchste Gut.“
Zum Gammeln braucht er nur Sonne, dann zieht es
ihn immer nach Südspanien oder zu einem Freund
nach Ibiza. „Man kann mich dort an einem Ort
absetzen. Während andere zehn Städte besuchen,
bleibe ich an der gleichen Stelle sitzen. Mit einem
Buch und einem Glas Wein, und es geht mir wun-
derbar.“ (mp)
INFOHerr Walter | Speicherstraße 90 | 44147 Dortmund
Tel. 0231 – 14 24 10 | www.herr-walter.de
Bei unbeständigem Wetter bitte die aktuellen
Öffnungszeiten auf der Website beachten!
6
BODO-PRAXIS-ABO
Ja, ich möchte das bodo Straßenmagazin
für meinen Wartebereich abonnieren.
Praxis
Straße
Plz, Ort
Praxis-Förder-Abo
Ich überweise 60 Euro jährlich auf das
Konto Nr. 1048376, Sparkasse Dortmund,
BLZ 44050199. Bitte senden Sie mir eine
Spendenbescheinigung.
Praxis-Standard-Abo
Ich überweise 28 Euro jährlich auf das
Konto Nr. 1048376, Sparkasse Dortmund,
BLZ 44050199. Bitte senden Sie mir eine
Spendenbescheinigung.
Ort, Datum
Unterschrift
BODO-FÖRDER-ABO
Ja, ich möchte bodo durch ein Förder-Abo in
Höhe von mindestens 60 Euro jährlich unter-
stützen. Ich erhalte 12 Ausgaben frei Haus
und eine Zuwendungsbescheinigung.
Name
Straße
Plz, Ort
Ich bin einverstanden, dass bodo e.V.
jährlich Euro (mindestens 60 Euro) von
meinem Konto abgebucht.
Konto Nr.
Institut
BLZ
Ich überweise Euro (mindestens
60 Euro) jährlich auf das Konto Nr. 10406254,
Sparkasse Bochum, BLZ430 50001
Ort, Datum
Unterschrift
Mit einem Abonnement helfen Sie, unsere
Arbeit für Menschen in sozialen Notlagen
finanziell abzusichern.
bodo e.V.Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund
Vereinsregister Dortmund: Nr. 4514
06 NEUES VON BODO | www.bodoev.de | www.facebook.com/bodoev
Anfang Juli fand in der Rotunde des Alten Bahn-hofs, Bochums zur Zeit spannendster Location, das Alternative Medienfestival statt. Um es vorwegzu-nehmen: eine großartige Veranstaltung, kompetent organisiert von der Bochumer Stadt- und Studieren-denzeitung bsz, dem Journalisten-Blog Ruhrbarone und der Internetplattform bo-alternativ.
bodo war nicht nur mit einem Buch- und Infostand
vertreten, sondern saß auch in Gestalt von Redak-
tionsleiter Bastian Pütter gemeinsam mit der Berli-
ner Bloggerin Anne Roth, Ruhrbaron Stefan Laurin,
bo-alternativ-Gründer Martin Budich und bsz-Autor
Carsten Marc Pfeffer auf dem Podium. Moderiert
von Mag Wompel (Labournet) ging es hier natürlich
auch um das jeweils „alternative“ unserer Medien,
aber auch um Öffentlichkeit und Repression – z.B.
die Klagen und Abmahnungen gegen Blogs und in
unserem Fall um das Schwinden öffentlichen Raums.
Sonst stand das Festival ganz im Zeichen des Aus-
tauschs einer wie auch immer alternativen Öffent-
lichkeit. 20 Initiativen und Gruppen hatten Stände
aufgebaut, es gab Workshops mit Rolf von Raden
Öffentlichkeit selbst gemacht
schafft Chancenbodo
Haushaltsauflösungen
Transporte und Umzugshilfen
[email protected] | 0231 – 88 22 825
ANZEIGE
(Pressearbeit für politisch Aktive) und Stefan Lau-
rin (Macht und Filz im Ruhrgebiet) und ein Gespräch
mit Anne Roth zum Thema „Bloggen gegen Über-
wachung“. Anne Roth hatte als Partnerin des unter
Terrorverdacht verhafteten Berliner Stadtsoziologen
Andrej Holm ein vielbeachtetes Blog über ihren lü-
ckenlos überwachten Alltag gestartet. Inzwischen
ist Andrej Holm, drei Jahre nach seiner ersten Ver-
haftung, freigesprochen.
Kunst gab‘s auch: Hannes Oberlindober und Matthias
Schamp lasen und sprachen, Max Kühlem und Boris
Gott sangen, Selectamood rockten und über hundert
Gäste in der Rotunde freuten sich.
Bei schönstem Sommerwetter quatschten Ruhr-
barone mit Antifas, die neugegründete Bochumer
Greenpeace-Gruppe mit altgedienten Journalisten,
BloggerInnen mit lokalen Initiativen. Eine gut ge-
machte, erstaunlich harmonische Veranstaltung, der
letzteres nicht zum Vorwurf zu machen ist: Manch-
mal ist es genau richtig, nicht zu streiten, sondern
einander zuzuhören. (bp)
7
07
Hallo, liebe Leute es „bodot“ sehr! Mal
Trauriges, mal Lustiges, mal Nachdenkli-
ches. Schönes, aber auch ernste Themen
werden in dieser Ausgabe von bodo, das
Straßenmagazin zu lesen sein.
2. Juni Ja, so ein…! Wollte heute Zei-
tungen verkaufen und was war? Ein Feier-
tag. Da habe ich mir einen guten Roman
zum Lesen genommen und mir vorher
eine bodo-Zeitung in Ruhe durchgelesen.
Wirklich viele interessante Themen drin.
Diese Zeitung ist es wert zu lesen.
Pfingsten habe ich keine Lust gehabt zur
Pfingstkirmes zu bummeln, wie ich eigent-
lich vorhatte. Da bin ich dann zu Hause
geblieben und habe halt gearbeitet.
17. Juni Eine Neuigkeit jagt die nächs-
te. In Kirchlinde wurde wegen der vielen
Festaktivitäten die Hauptverkehrskreu-
zung für die Kirchlinder Woche gesperrt
und da die Busse Umleitungen fahren,
wollte ich halt mit U-Bahn und Bus
über Westerfilde fahren. Wie? Was? Geht
nicht. Auch das noch! Wie, ich spreche
in Rätseln?! Wegen Bombenfund auf der
ehemaligen Kokerei Hansa wurden 500
Meter um diese Zeche zum Sperrgebiet
erklärt. Dadurch konnten Bahn und Stra-
ßenverkehr nur durch Umleitungen nach
Westerfilde gelangen. Am Nachmittag
war wenigstens diese Aktion „Bomben-
fund“ Vergangenheit.
23. Juni Heute ist Fronleichnam mit
Prozessionen. Irgendwie bin ich davon
abgekommen, hier diese Prozession in
Kirchhilde mit zu feiern. Echt schade.
Was nicht ist, kann ja noch werden.
27. Juni Wollte mir eigentlich noch Zei-
tungen holen, habe es dann doch gelas-
sen, da diese Woche oder diesen Monat
der Juni zu Ende geht. Da habe ich ver-
sucht, was im Haushalt zu tun.
30. Juni So! Nun heißt es wieder Über-
weisungen bei der Bank tätigen für Mo-
nat Juli. Mit Einkäufen zusammen war
ein halber Tag vorbei. Nun aber ab ins
Bett. Morgen ist Verkäuferversammlung
und da möchte man doch ausgeruht sein.
Es grüßt Euch, Eure Nordseekrabbe Maike
MAIKES VERKÄUFERTAGEBUCH
Der INSP, Weltverband der sozialen Straßenzei-tungen, hatte zur 16. Jahreskonferenz nach Glas-gow geladen. bodo schickte Bastian Pütter und der war begeistert.
114 Zeitungen sind inzwischen Mitglied des INSP
mit Sitz in Glasgow. Sie erreichen eine monatliche
Leserschaft von ca. sechs Millionen pro Ausgabe(!)
und sind damit ein mehr als ernst zu nehmender
Akteur in der Presselandschaft. Und doch sind wir
mehr als Zeitungen: Seit 1994 haben die „Street
Papers“ mehr als 200.000 Menschen, die auf der
Straße und in Armut leben, geholfen, ihr Leben zu
verbessern.
Die jährlichen Konferenzen des Verbandes sind ne-
ben der Arbeit in Workshops und dem Vertiefen von
Kontakten auch dazu da, diese Erfolge zu feiern.
In Glasgow trafen sich jetzt 80 Delegierte aus 29
Ländern zu einer Konferenz, die wirklich dreierlei
war. Erstens: Der offizielle Auftritt eines weltwei-
ten Medien- und Hilfsnetzwerks – inklusive eines
Empfangs in den gold- und stuckverzierten Glasgow
City Chambers und einer, ja, glamourösen Verleihung
der INSP-Awards am letzten Abend.
Die Jury bestand aus Stars der Branche: vom ameri-
kanischen Fotojournalisten David Burnett, über den
Chef der Herald & Times Group Tom Thompson bis
zum ehemaligen Reuters-Chefredakteur David Schle-
singer (jetzt Ehrenpräsident des INSP).
Internationale Konferenz der Straßenzeitungen
Lebendige Fotografie
Familie
Porträt | Bewerbung
Hochzeit | Feier
draußen + zu Hause
Claudia Siekarski | 0234 – 23 99 505 | www.fotografie-siekarski.de
Baby | Schwangerschaft
ANZEIGEN
Kerstin Schraft – Ergotherapie am Bethanien
Neurologie · PsychiatrieOrthopädie · PädiatrieFür alle Kassen zugelassen
Virchowstr. 1 · 44263 DortmundTel.: 0231 – 476 08 19 0178 – 232 17 34
Mo. – Fr. 8.00 bis 19.00 Uhrund nach Vereinbarung – Hausbesuche möglichWir freuen uns auf Sie!
Wir waren Ehrengäste im Gebäude der BBC Scotland
und vom Bürgermeister der Stadt bis zu den einge-
ladenen Experten erfuhren wir eine Wertschätzung,
die wir aus unserer täglichen Arbeit als kleine lokale
Akteure eher nicht kennen.
Zweitens: Ein Arbeitstreffen mit unabhängigen
Experten. Ob es um den Ausbau unserer internati-
onalen Text- und Fotoplattform „Street News Ser-
vice“, um gemeinsame Kampagnenarbeit, die Roma
in Europa oder um die Überführung der Straßen-
zeitungsidee ins digitale Zeitalter ging: Wir haben
eine Menge gearbeitet und diskutiert. Und das ein
oder andere Ergebnis wird sich sicher bald auch in
bodo finden.
Und drittens: Ein hochspannender Ideen- und Mei-
nungsaustausch mit großartigen Leuten, ob aus der
Ukraine oder aus Zimbawbe, die überall auf der Welt
genau das gleiche machen wie wir – nur anders.
Ob Blattgestaltung, Marketingideen, passgenaue
Hilfen für unsere Verkäufer oder Kooperationen:
Für den z.B. schwedisch-österreichisch-tschechisch-
südafrikanischen Austausch mussten wir sogar die
Sperrstunde der Hotelbar aushebeln, weil wir kein
Ende fanden. Auch hier wird sich die eine oder an-
dere Idee der KollegInnen bei uns wiederfinden und
vielleicht ein bodo-Tipp in Südamerika fruchten. Wir
werden sehen. Spätestens im nächsten Jahr, bei der
17. INSP-Konferenz. (bp)
8
Har
pene
r Bac
h B
ochu
m |
12.
07. 2
011
| 15
:18
h |
51˚2
8'24
.33"
N |
7˚1
7'13
.94"
ETHEMA WASSER STRASSENLEBEN | von Wolfgang Kienast | Fotos: Wolfgang Kienast08
Am Lazarus unter den FließgewässernVon Quelle bis Mündung die Emscher entlang
Wildpferde grasen im Emscherbruch, die Landbevölkerung an den Ufern des mäan-dernden Wiesenflüsschens bestellt Felder, fischt Karpfen, fängt Krebse und erzählt sich abends am Feuer in den Kotten Geschichten von Werwölfen und Nixen, die in der Nachbarschaft hausen sollen. Eine extrem idealisierende Vorstellung, keine Frage, das Leben rechts und links des noch unbedeutenden Gewässers war nicht idyllisch, es war hart.
Leichter wurde es für die ansässigen Menschen im
Zuge der Industrialisierung nicht unbedingt, sonst aber sollte sich ab Mitte des 19. Jahr-
hunderts alles ändern. Das Los der drei bestimmenden Gewässer im Revier lässt sich dabei,
stark verkürzt, auf folgenden Nenner bringen: Der Ruhr den Ruhm, der Lippe die Ruhe und der
Emscher den Dreck. Doch an deren Ufern tut sich derzeit viel. Die Emscher wird renaturiert.
Die Emscher entspringt ländlich, im Keller eines Fachwerkhauses in sanft gewellter Feld- und
Wiesenlandschaft vor Holzwickede. Am Quellhof beginnt auch der Emscherweg, ein 107 Kilo-
meter langer Fuß- und Radwanderweg, der, meist in unmittelbarer Nähe zum Wasser verlau-
fend, den Fluß bis Dinslaken, bis zur Mündung in den Rhein begleitet. Wer ihn nimmt, erhält
faszinierende Einblicke in die bewegte Geschichte einer Region, deren von Kohle und Stahl ge-
prägte Ära sich rasant ihrem Ende nähert. „Das Prinzip aller Dinge ist das Wasser, denn Wasser
ist alles und ins Wasser kehrt alles zurück“ zitiert eine Holzplanke an der Quelle den griechi-
schen Philosophen Thales von Milet. Diesen vor mehr als 2500 Jahren formulierten Gedanken
noch im Kopf, dass es Konstanten gibt, die jeden Trubel überdauern, passiert man bereits nach
wenigen hundert Metern ein erstes Denkmal der Industriegeschichte, einen Wetterschacht der
1857 in Dortmund Sölde gegründeten und am 15. Juni 1926 stillgelegten Zeche Margarethe.
9
09
Nach Aplerbeck mit hübschem Schloß (Haus Rodenberg) kommen
bald Hörde und Phönix See, um welchen das Flüsschen jedoch
einen Bogen macht. „Es gibt eine Gemeidesatzung, nach der ste-
hende von Fließgewässern getrennt werden müssen. Prinzipiell
wäre die Emscher sauber genug, den See zu speisen”, erklärt Herr
Abawi, Sprecher der Emschergenossenschaft. Hinter Hörde hat das
Flussbett mit kleinen Windungen und Schwällen bereits einen in
etwa natürlichen Verlauf, bis man sich einer Baustelle nähert, wo
momentan Bagger und anderes schweres Gerät die Rückkehr der
Natur auf den nächsten Kilometern vorbereiten. Emscher und -weg
trennen sich an dieser Stelle, der Weg führt über Hombruch, Barop
und die Dortmunder Universität, verläuft über eine Anhöhe mit
teils prima Fernsichtmöglichkeiten, um zwischen A40 und Deusener
Kläranlage ins Tal zurückzukehren.
Hier sieht die Emscher aus, wie man sie kennt und erwartet, eine
schnurgerade Rinne aus Beton. Ungeregelte Abwassereinleitungen
hatten den Fluss im 19. Jahrhundert zu einer stinkenden Kloake
werden lassen, weswegen 1899 mit der Emschergenossenschaft der
erste deutsche Wasserwirtschaftsverband gegründet wurde. Um den
Dreck aus Industrie und Haushalten des ungezügelt wachsenden
Reviers möglichst schnell und ungehindert loszuwerden, wurde bis
1927 unter Federführung der Genossenschaft der kurvenreiche Fluss
von ursprünglich 110 auf 72 Kilometer verkürzt und eingedeicht. Das
machte ihn nicht sauberer, verhinderte aber ein weiteres Eskalieren
der Situation.
Dass man mittlerweile „sauber“ und „Emscher“ widerspruchsfrei in einem Satz unterbringen
kann, liegt an dem von der Genossenschaft initiierten erneuten Umbau ihrer Existenzgrund-
lage. Das erklärte Ziel der europaweit größten wasserwirtschaftlichen Infrastrukturmaß-
nahme lautet, die berüchtigte Kloake in einen lebendigen Fluss rückzuverwandeln. Eine
Auferstehungsgeschichte unter der unabdingbaren Voraussetzung, dass zukünftig jede Form
10
Teic
h im
Sta
dtpa
rk B
ochu
m |
25.
07. 2
011
| 13
:46
h |
51˚2
9'31
.67"
N |
7˚1
3'26
.25"
ETHEMA WASSER10
von Abwasser aus der Emscher herauszuhalten ist. Deswegen werden bis zum Jahr 2020
insgesamt 350 Kilometer Flusslandschaft renaturiert und parallel dazu 400 Kilometer Kanal-
rohre unterirdisch verlegt. Erst mit dem Ende des Bergbaus und dem damit zu erwartenden
Ausbleiben weiterer Bergsenkungen ist dieses Rohrsystem realisierbar geworden.
„Die Deiche können wir allerdings nicht wieder einebnen, wir haben ja den Hochwasser-
schutz zu gewährleisten“, sagt Herr Abawi. „Auch die Pumpwerke werden weiter pumpen
müssen. Von einer Renaturierung im klassischen Sinn können wir gar nicht sprechen. Die
Emscher wird aber innerhalb der Deiche ausreichend Platz für ein annähernd natürliches
Flussbett haben. Wie das später einmal aussehen könnte, können Sie schon jetzt am Borbe-
cker Mühlenbach bei Essen sehen, wo unsere Umbauarbeiten bereits abgeschlossen sind.“
Bei Henrichenburg unterquert die Emscher den Rhein-Herne-Kanal, zur Zeit wird an einem
neuen Durchlass gearbeitet. An der Wasserkreuzung beginnt die sogenannte Emscherinsel
mit dem Fluss auf der einen, dem Kanal auf der gegenüberliegenden Seite. 33 Kilometer
misst sie in der Länge, keine vierzig Meter breit ist sie an der schmalsten Stelle, zu errei-
chen ist der sprichwörtliche Strich in der Landschaft nur über Brücken. Der Weg führt jetzt
mal an der Emscher lang, mal am RHK und hin und wieder auch ein wenig ab vom Wasser.
Man kann etliche der großen und kleinen Dinge erfahren, die das Revier ausmachen, seine
hübschen und die weniger schönen Seiten sehen. Der Emscherweg ist ehrlich, präsentiert
mitnichten nur gebügelte Touristenperspektive.
Ob man persönlich an Industriegeschichte interessiert ist, an zeitgenössischer Kunst und
Kultur, an Flora und Fauna oder an der Art und Weise, wie sich die Bewohner in dieser wi-
dersprüchlichen Gegend eingerichtet haben, spielt keine Rolle, es gibt für jeden etwas zu
entdecken. Halden, den Nordsternpark bei Gelsenkirchen, Kunstwerke aus RUHR.2010, das
Schutzgebiet Emscherbruch, das Niederrheinstadion, Kanalschleusen und Kleingärten. Die
getroffene Auswahl ist beliebig wie die Reihenfolge.
Bei Oberhausen, kurz hinter dem imposanten Gasometer, führt der Kanal weiter Richtung
Duisburg. Der RHK ist dabei auch posthume Genugtuung für frühe Visionäre. Es waren die
Herren Friedrich Wilhelm von Bessel (als Präsident der Kriegs- und Domänenkammer zu
Cleve, 1750), Ludwig Freiherr von Hagen (als preußischer Minister, 1766) und Johann von
11
11
Oven (als Steuereinnehmer, 1767 und 1773),
die unabhängig voneinander versucht hat-
ten, Friedrich den Großen von den Vorteilen
einer Schiffbarmachung der Emscher zu über-
zeugen. Ihnen war es darum gegangen, den
Handel in und mit den westlichen Provinzen
Preußens voranzutreiben, doch waren sämt-
liche Pläne im Dickicht der Verwaltung, teils
auch wegen ungelöster Kostenfragen hän-
gengeblieben. Sich Lastschiffe ausgerechnet
auf der Emscher zu denken, mag aus heutiger
Sicht eine skurrile Vorstellung sein. Allein
die Tatsache, dass es den 1914 fertiggestell-
ten Rhein-Herne-Kanal gibt, belegt, dass
diese regionale Anbindung später als sehr
sinnvoll erachtet wurde.
Anders als der Kanal knickt die Emscher in
Oberhausen nördlich ab. Das war nicht im-
mer so. Mehrfach wurde ihr Unterlauf ver-
legt. Sie mündete ursprünglich bei Alsum,
nachdem sie Beeck passiert hatte, einen Duisburger Vorort, ein Gebiet, das sich
infolge von Bergschäden stark abgesenkt hatte. Um Überschwemmungen zu verhindern,
verlegte man die Mündung zunächst nach Walsum. Dieser zwischen 1906 und 1910 reali-
sierte Schritt reichte nach weiteren Bergsenken nicht aus, eine noch weiter rheinabwärts
gelegene Lösung musste gefunden werden. Seit 1949 fließt die Emscher bei Dinslaken-Stapp
in den Rhein, mehr als neun Kilometer nördlich von Alsum.
Noch stürzt das Emscherwasser an der Mündung aus der inzwischen mehreren Genera-
tionen vertrauten Betonrinne in ein Tosbecken, schäumt auf, riecht unverkennbar. In
ein paar Jahren soll das Vergangenheit sein. Nicht nur Nixen und Werwölfe würden sich
freuen. (wk)
INFO
In alten Dokumenten und Karten wird die Emscher zunächst Embisc-
cara, später abgeleitet Imbster, Emster oder Emsche genannt. Embi-
sccara, ein Name mit eventuell vorgermanischen Wurzeln, lässt sich
mit „Wasser“ oder „Fluss“ übersetzen.
Je nachdem, wer wann was gemessen hat, lassen sich diverse Anga-
ben über die Länge der Emscher finden. Nach Auskunft der Emscher-
genossenschaft ist der Fluss (derzeit) offiziell 81 Kilometer lang.
Der Emscherweg, nicht zu verwechseln mit dem Emscher Park Radweg,
ist über weite Strecken gut ausgeschildert. Allerdings sind manche
Schilder klein, so dass sie beim Radfahren eventuell zu übersehen
sind. Für den Fall, dass man sich verfährt, hilft fragen, ein GPS-Gerät
oder die Karte „RadTour, Mittleres Ruhrgebiet“, herausgegeben vom
Regionalverband Ruhr.
Nennenswerte Steigungen gibt es nicht. Der Belag ist fest. Autostra-
ßen werden nur ausnahmsweise genutzt, reine Wohngebiete selten
durchquert. Gastronomische Einrichtungen sind vorhanden, es dürf-
ten jedoch gern weitere eröffnen.
12
Mat
hies
hafe
n Do
rtm
und
| 28
.07.
201
1 |
11:4
4 h
| 51
˚31'
32.6
3" N
| 7
˚28'
34.4
5" E
THEMA WASSER KULTUR | von DERHANK | Foto: Claudia Siekarski
Im Hardenberghafen liegt der Werkstattponton von Frank Bartecki: die SG-92, ein vor der Verschrottung geretteter, auf der Hafenwerft um- und hier ausgebauter Schwimmgrei-fer. 29 Meter lang, neuneinhalb Meter breit, unter Deck die Kombüse und alles, was der Mensch braucht, und oben Werk-bänke, Ambosse, Trennjäger, Schweißgeräte. Überall Eisen, Stahl und Staub und ein heilsames Chaos, dem nichts zuviel ist. Oder auch: verwunschen wie im Märchen.
Die SG-92 ist nur ein Schiff von vielen. Schiffe, die keiner mehr
will, die nichts mehr abwerfen, die unnütz sind. Schiffsschrott.
So was gibt’s bei ebay und anderswo. Kutter, Frachter, Fahr-
gastschiffe; Schlepper und Barkassen, ein Kommen und Gehen
in diesem Jungbrunnen für alte Pötte, deren zweiter (dritter,
vierter, fünfter) Frühling hier beginnt.
Wie für das ehemalige Kirchenschiff „St. Nikolaus“ vom Ober-
rhein oder das ausgediente Dienstboot des Wasser- und Schiff-
fahrtsamtes. Manchmal ist es dann doch zu spät. Letztes Jahr
musste die „Alter Storch“ dem Schweißbrenner geopfert wer-
den; trotz spektakulärer Heimholung aus Huckarde, wo sie eini-
ge Jahre auf einem Berg (!) vor sich hingerostet ist. Geholt mit
einem Radlader-Oldtimer der Marke Zettelmeyer, samstagnach-
mittags über Land, als keiner guckte.
Doch der Rost war stärker. Die „Alter Storch“ wurde wie ein
Fisch in zwei Hälften zerlegt, filetiert und ... dann doch nicht
verschrottet. Am Ende fand man auch für sie einen Ehrenplatz:
Im frischen Lack flankieren Bug und Heck nun den Vorplatz der
„Herr Walter“. Der ist allerdings eine Erfolgsgeschichte: „Herr
Walter“, ein 110 Jahre alter Kahn, wurde aus dem Altersheim
geholt und begrüßt uns nun, nach seiner Komplettsanierung,
als Kneipen- und Partyschiff im Schmieding-Hafen.
Das StahlbiotopFrank Bartecki macht aber nicht nur in Schiffen, sondern alles
(alles!), was mit Stahl machbar ist. Seien es der Windspielbrun-
nen beim Depot, die Emscherquelle in Holzwickede, Rastplätze
für Wanderer, Solarbrunnen in Scharnhorst oder Volksbänke in
Detmold, Frank Bartecki ist das Missing Link zwischen (Mär-
chen-) Schloss und Kunst; will sagen: zwischen Schlosser und
Künstler. Frank Bartecki schweißt, schleift, schneidet, biegt
und formt Objekte, Skulpturen, Möbel, Gegenstände. Im Auf-
trag, aus Spaß, von selbst oder nur so.
Dabei lebt er in Symbiose (Stahlsymbiose, wenn es so was gibt)
mit dem Hafenbecken, dem Schrottplatz der RRD und den Schlo-
ten der Gasrußwerke, zwischen Wasser und Land (oder muss es
Wasser und Luft heißen?), inmitten einer künstlichen Kulisse
aus Stahl, inmitten eines scheinbaren Zerfalls, dem man nur mit
Schweißgerät und Flex zu Leibe rücken kann.
Zerfall? Von wegen! Eisenerz – Hochofen – Stahl, man kennt das
aus der Schule, und dann? Hier werden verbrauchte Rohre, Autos
und Kochtöpfe zerkleinert, gepresst und schiffbar gemacht. Be-
vor es zur Verflüssigung in die Gießerei geht – und zur Reinkar-
nation: als Kochtopf, Auto oder Rohr. Stahl kennt kein Grab. Das
Stahlgeschäft boomt, Schrott lohnt, und das Geschäft der RRD ist
lukrativ. Da ist man heilfroh über diesen Zaungast, der auf Zuruf
kaputte Sprengbunker, Brennhauben oder Fallwerke repariert.
Frank Bartecki hat ein Idyll geschaffen. Ein Biotop aus Eisen,
Rost und Wildwuchs, aus Bizarrem und Blumen, ein Spund-
wandgarten mit Blick aufs Meer, wäre es denn dort, auf jeden
Fall mit Blick in die Ferne, übers weite Wasser. Am Horizont,
hinter friedlich grasenden Verladekränen: der Dortmund-Ems-
Kanal. Und der schmiedeeiserne Stuhl, auf dem man sitzt, ist
ein Thron. Wie im Märchen. (DERHANK)
12
13
13WILDE KRÄUTER | von Wolfgang Kienast
zu bleiben um die verabreichte Medizin
allgemach wirken zu lassen. Medizin,
also Kräuter. Die bekannteste und un-
umstrittene Heilpflanze ist noch immer
die Echte Kamille. Ihre Inhaltsstoffe
wirken beruhigend, antibakteriell gegen
Streptokokken, entzündungshemmend,
krampflösend und bei Bauchweh. Bei
teewiki.org belegt sie den ersten Platz,
vor grünem Tee (Rang 6) und Hibiskus
(Rang 3).
Wer Kamille sammeln möchte, sollte auf
den kegelförmigen, hohlen Blütenboden
achten, denn die zahlreichen Verwandten,
die Hunds- oder Strandkamillen, sind un-
giftig, von daher also unbedenklich, aber
auch ohne nachweisbare Wirkung. Auf
reine Placeboeffekte würde ich beim Tee-
trinken nicht hoffen.
Kamille wird im Schatten getrocknet. In
braunen Apothekergläsern lassen sich die
trockenen Blüten lichtgeschützt lagern.
Ein bis zwei Teelöffel pro Tasse nimmt
man im Bedarfsfall und übergießt sie mit
heißem Wasser, lässt sie zehn Minuten
ziehen, seiht ab und drückt sie aus, um
möglichst viel der enthaltenen ätheri-
schen Öle mitzunehmen.
Leckerer ist eine Sommerbowle aus Ka-
mille, ein noch relativ unbekannter Trost
für alle, die das viel zu kurze Zeitfenster
zur Bereitung einer Maibowle aus (nicht
blühendem) Waldmeister beklagen. Da-
bei legt man zwei bis drei Handvoll fri-
scher Blüten in einen leichten, halbtro-
ckenen Weißwein (1 Flasche) und stellt
den Aufguss für zwei Stunden an einen
kühlen Ort. Anschließend entfernt man,
mit Ausnahme einiger Köpfchen aus rein
dekorativen Motiven, die Blüten, gibt
Sekt (1 Piccolo) zu und, je nach
Lust und Vorhandensein,
Walderdbeeren.
À votre santé. (wk)
wildkraeuter.bodo/08_kamille/
An der (gedachten) Küstenlinie zwischen
(heute) Mülheim und Hörde schlappen
die Wellen des kreidezeitlichen Mee-
res. Saurier bestimmen die Szenerie,
Kleefarn und Wasserähre wachsen, wo
es nass genug ist. An Land entwickeln
sich erste blütenbildende Pflanzen. Das
Ruhrgebiet vor ca. 70 Millionen Jahren,
noch ohne Ruhr, noch ohne Menschen.
Bei ausbleibenden tektonischen Verwer-
fungen werden Bochum und Dortmund
mittelfristig kaum in Strandnähe liegen,
wird man nicht den Queller, eine seltsa-
me, salzliebende Sukkulente finden kön-
nen, die nach Artischocke schmecken soll,
auch wenn die Menschheit mit Macht dar-
an arbeitet, den Meeresspiegel steigen zu
lassen. Selbst der frühere UN-Klimachef
Yvo de Boer sieht den Geist von Kyoto
schwinden, da Länder wie USA, Russland,
Japan und Kanada das Klimaabkommen
für sich als nicht bindend betrachten.
In Deutschland, das sich in Emissionsan-
gelegenheiten gern in Vorreiterrolle sieht,
scheinen wichtige Vertreter für wichtig
genommener Industriezweige der Entwick-
lung gelassen entgegenzuzusehen. Abwar-
ten und Tee trinken, und Hauptsache, die
Bürger kaufen weiterhin fleißig SUVs. Diese
automobilen Dinosaurier mit verheerender
Klimabilanz sind nützlich, weil sie selbst
offroad im Stadtpark nicht liegenbleiben.
Sie bilden deswegen mit derzeit 13,4%
Marktanteil bei einer jährlichen Wachs-
tumsrate von 15% das am schnellsten zu-
nehmende Segment auf unseren Straßen.
Dabei ist, vom Ursprung her betrach-
tet, sprichwörtliches Abwarten und Tee
trinken eine sehr gesunde Sache. Sei-
ne Wurzeln liegen in präantibiotischen
Zeiten, es lässt sich herleiten
vom Ratschlag damaliger
Ärzte an ihre Patienten, zu-
nächst einmal im Bett
ZUM HAARE RAUFEN | von Nina Mühlmann
Sommer, meine freie Zeit. Sortiere Gedanken
als Bilder auf einer Bootstour. Das Schiff legt
an den Landungsbrücken ab, meine Gedanken
legen los.
Was war das? Warum habe ich mich auf eine
wissenschaftliche Stelle beworben und das
ausgerechnet in Frankfurt? Ab Herbst in Frank-
furt, oder was? Immer noch besser als in Frank-
furt/Oder, oder?
Hin zum Ruhrgebiet. Wie doch die Working-
Class-Mentalität bei Studierten so durch-
schlägt! Aber Kohle bringt es keine! Aber auch
klar, Kohleabbau ist vorbei! Weiß doch jedes
Kind: Gibt keine Kohle mehr im Ruhrgebiet!
Also, weg da! Bin ich doch schon! Jetzt, hier
in Hamburg. Warum nochmal? Weiter Schiff
fahren, weiter denken – auf nach Teufelsbrück!
Zurückziehen ins Ruhrgebiet, oder was? Kinder
kriegen, oder was? Nach Italien abhauen, oder
was? Haus kaufen, oder was!? Wie der Vertrei-
bung durch Immobilienhaie entgehen? Kann
man die Elbe nicht besser in den Pott verlegen?
Ach nee, sagt der Name ja, da ist schon die Ruhr!
Ob ich verrückt bin? Nein. Habe zu Hause ge-
lernt, dass ich nicht alles nachmachen soll!
Umstieg auf anderes Schiff am Bootsanleger
Teufelsbrück! Was machen die Touristen hier?
Drängeln sich vor! Wollen oben an Deck den bes-
ten Platz ergattern. Rennen einen fast um, mich
auch. Ja, spinnen die denn!? Wo kommen die
her? Wo wollen die hin? Wo bin ich? Warum stö-
ren sie mich, meinen Gedanken nachzuhängen?
Die Touristen, dieses Denken! Kann man Ge-
danken ausschalten? Will ich das? Höre immer:
„Du denkst zu viel!“ Leute: „Viel denken er-
zeugt keinen Mangel!“ Will hier nicht weiter
von gestörten Touristen gestört werden! Zer-
splittern laut ausrufend meine Blaupause:
„Das ist mein Platz! Ich war zuerst da!“ Jetzt
hocken sie endlich an Deck. Haben sie ja nicht
mehr alle, aber selbst geschmierte Ausflugs-
Brote mit dabei. Schließe die Augen, wünsche
ihnen ganz fest trockene Ausflugs-Brote und
dazu Regen! Ich sitze unter Deck, da ist Ruhe.
Bin ja auch nur ich, hier. Endlich wieder Bilder
– ganz ungestörte. Mit Blick auf die Elbe, auf
glitzerndes Aquamarin. (nm)
*beliebte Fährverbindung in Hamburg, vor allem von Touristen genutzt
Landungsbrücken bis Teufelsbrück*
14
Hinunter ins dunkle NassVier Blinde beim Schnuppertauchen
Üm
min
ger S
ee B
ochu
m |
12.
07. 2
011
| 15
:06
h |
51˚2
8'10
.78"
N |
7˚1
7'21
.35"
ETHEMA WASSER SOZIALE REPORTAGE | von Bianka Boyke | Fotos: Bianka Boyke14
Ganz langsam geht Dirk Hülsey die acht Stufen ins Wasser hinunter. Rechts hält er sich am Ge-länder fest, seine linke Hand liegt locker auf dem Arm von Tauchlehrer Thomas Heitkamp. Die beiden Männer tasten sich vorsichtig vor bis ins Schwimmbecken, gehen langsam zum Rand. Dort findet Dirk Hülsey erstmal wieder Halt und kann sich orientieren. Doch schon gleich nimmt der Blinde seine erste Tauchstun-de. Aufgeregt ist er nicht. „Einfach nur wahn-sinnig gespannt“, sagt der 46jährige.
Gemeinsam mit Volker, Claus und Michael vom
Dortmunder Sehbehindertenverein ist der Rheiner
heute ins Evinger Schwimmbad gekommen, um an
einem Schnuppertauchen teilzunehmen.
Doch bevor es losgehen kann, müssen sich die vier
Männer erstmal die Geräte erklären lassen. Dirk
Hülsey nimmt gerade das Mundstück vom Lungen-
automat in den Mund, betastet die sogenannten
Beißwarzen. „Mit deinen Zähnen musst du genau
dahinter“, erklärt Thomas Heitkamp. Dirk Hülsey
nimmt das Mundstück zwischen die Zähne und
sieht dabei ein bisschen wie jemand aus, der sich
zu viel Essen in den Mund gestopft hat. Er hält
sich die Nase zu und beginnt ganz entspannt ein-
und auszuatmen. Schon nach wenigen Probezügen
fühlt er sich gut vorbereitet. Thomas Heitkamp
„zeigt“ ihm die Sauerstoffflasche mit dem anhän-
genden Jackett, lässt den Blinden alles erfühlen.
„Im Grunde wie mein Rucksack“, meint Dirk Hül-
sey. „Den trage ich oft und gerne, um die Hände
freizuhaben. Das ist wichtig für uns Blinde.“
Nur eine Frage hat Dirk Hülsey noch, bevor er sich
ins Wasser begeben will: „Woran merke ich denn,
dass ich nicht genug Luft bekomme?“ „Das ist wie
beim normalen Atmen über Wasser. Dir fehlt ein-
fach der Sauerstoff“, sagt Thomas Heitkamp und
Dirk Hülsey ist beruhigt. Wenn es nach ihm gin-
ge, könnte es jetzt sofort losgehen. Doch Thomas
Heitkamp hat noch einen Hinweis: „Das Wichtigste
sind deine Ohren. Du wirst einen Druck verspü-
¬
Die Teilnehmer müssen erst
einmal ihre Angst überwin-
den. Ruhe und Einfühlungs-
vermögen sind da wichtig.
Zur Vorbereitung sind die
Tauchlehrer mit zugeklebten
Augen ins Wasser gegangen.
15
ren und da müssen wir gegenarbeiten.“ Wolfgang
Lohf kommt zu Hilfe, streichelt Dirk Hülsey über
den linken Arm: „Das ist ähnlich wie beim Nase
putzen. Du musst dir einfach die Nase leicht zu-
halten und gegendrücken.“
Der 45jährige erlernte das Tauchen vor 20 Jah-
ren beim VfL Kemminghausen. Als Organisator
Bernd Jahn ihn jetzt um seine Unterstützung
bat, sagte der Tauchlehrer mit einer Zusatzaus-
bildung für Taucher mit Handicap sofort zu. „Mir
macht das Tauchen selbst so viel Spaß, dass ich
mich über jeden Einzelnen freue, der es erlernen
möchte“, so Lohf.
Große Unterschiede gebe es nicht, egal ob man
mit Blinden oder anderen Anfänger die ersten
Übungsstunden mache. Natürlich habe man ande-
re Unterwasserzeichen und es sei besonders wich-
tig, immer Körperkontakt zu behalten. Außerdem
gehe man zu dritt unter Wasser, damit immer ei-
ner im Notfall Hilfe holen kann. „Natürlich ist es
ideal, wenn die Taucher aufeinander abgestimmt
sind“, so Lohf. „Das Vertrauen spielt eine sehr
große Rolle“, ergänzt Thomas Heitkamp.
Damit hat Dirk Hülsey überhaupt keine Proble-
me. Er ist der Erste, dem die einfachen Übungen
im Schwimmbecken zu langweilig werden, der
umhertauchen will und auch schon – schwupps
– verschwindet. Erst Minuten später sieht man
ihn für einen kurzen Augenblick am Beckenende
wieder auftauchen, bevor er wieder für längere
Zeit verschwindet. Erst nach einer knappen hal-
ben Stunde kommt Dirk Hülsey zum ersten Mal aus
dem Becken. Euphorisch ist er nicht, aber stolz
auf das, was er geschafft hat.
„Dirk war vollkommen relaxed. Als würde er
gerade auf der Couch sitzen“, sagt Tauchlehrer
Thomas Heitkamp und ist von seinem Schützling
ganz begeistert. „Er hat so ruhig geatmet, dass
er nur sehr wenig Luft aus der Flasche verbraucht
hat.“ Für einen durchschnittlichen Anfänger rei-
chen die 10-Liter-Flaschen gute 30 Minuten, so
Heitkamp. Dirk Hülseys Flasche ist nach seinem
allerersten Tauchgang hingegen noch immer
halb voll. „Wenn mir jemand sympathisch ist und
alles gut erklärt, kann ich mich recht schnell auf
ihn verlassen. Aber ein bisschen habe ich mich
auch selbst überrascht“, sagt Dirk Hülsey und lä-
chelt Thomas Heitkamp an.
Der Tauchlehrer kam durch seinen Sohn zum
Tauchsport. Der war beim VfL in der Wettkampf-
mannschaft. Inzwischen ist der 50jährige regel-
recht „süchtig nach Tauchen und möchte seinen
Spaß am liebsten jedem vermitteln“. Darum mel-
dete er sich auch sofort als Helfer, als er von dem
Schnuppertauchen erfuhr.
Etwas unsicher hingegen fühlte sich Michael Höl-
scher im Wasser. Dabei scheint es auch der 54jäh-
rige Dortmunder gerne mal extrem zu mögen. So
nahm er im letzten Jahr gemeinsam mit dem Seh-
und Blindensportverein an einem Segelfliegen teil
und hatte eine Menge Spaß. „Aber da konnte ich
auch nicht mehr aussteigen“, sagt Michael Höl-
scher und lacht. „Na, vielleicht sollte ich dann mit
15
16
Har
pene
r Tei
ch B
ochu
m |
12.
07. 2
011
| 13
:27
h |
51˚2
9'26
.19"
N |
7˚1
7'26
.02"
ETHEMA WASSER 16
dir heute auch sofort ins Tiefe gehen“, antwortet
Tauchlehrer Bernd Müller und schmunzelt. Organi-
sator Bernd Jahn steckte den erfahrenen Tauchleh-
rer und Michael Hölscher bewusst in eine Gruppe.
„Ich bilde bereits seit 1982 aus, da merke ich ganz
schnell, wenn etwas nicht stimmt“, so Müller.
Als Michael Hölscher unter Wasser begann, nicht
mehr sicher zu atmen, versuchte der 56jährige
zunächst ihn zu beruhigen, gab verschiedene An-
weisungen. „Doch dann sind wir lieber erstmal
raus gegangen“, so Müller. „Aber ich will es auf
jeden Fall nochmal probieren“, sagt Hölscher, als
er sich auf die warme Steinbank setzt und erstmal
kräftig durchatmet. „Das ganze Wasser um mich
herum hat mir einfach irgendwie Angst gemach“,
sagt er und versucht, die ungewöhnliche Situati-
on zu beschreiben.
Doch auf solche Situationen waren die freiwilligen
Helfer des VfL Kemminghausen gut vorbereitet. Die
Taucher hatten sich schon vor Wochen mit Tauchlehrer
Wolfgang Lohf getroffen. „Erstmal habe ich allen die
Augen verklebt“, sagt Lohf und grinst. „Das fanden
die meisten ganz schön unheimlich und haben sofort
die Orientierung verloren.“ Die Teilnehmer mussten
lernen, ihre Angst zu überwinden. Auch Organisator
Bernd Jahn, der beim Schnuppertauchen lieber über
Wasser blieb, ließ sich diese Erfahrung nicht nehmen:
„Ein irres Gefühl.“ Aber nur so konnten die freiwilli-
gen Helfer ganz leicht verstehen, wie wichtig es zum
Beispiel ist, das Taucherequipment ganz ordentlich
und vor allem immer gleich aufzustellen. „Und alle
haben gemerkt, dass Blinde viel mehr Mut aufbringen
müssen, um unterzutauchen“, so Jahn.
„Mut – genau der fehlt mir“, sagt Roswitha Stein-
mann vom Dortmunder Blinden- und Sehbehin-
dertenverein. Die stellvertretende Vorsitzende
war sofort begeistert, als Mitglied Rita Müller den
Schnuppertauchkurs vorschlug. „Aber ich habe
leider zu viel Angst. Allein schon die Geräusche,
wenn die Luft aus den Flaschen abgelassen wird,
ist mir unheimlich“, so die 57jährige.
Rita Müller hingegen hatte andere Gründe, das
Schwimmbecken im Evinger Hallenbad an diesem
Abend den Männern zu überlassen. Die 60jähri-
ge tauchte früher selbst leidenschaftlich gerne.
„Doch jetzt, wo ich nichts mehr sehe, ist das Tau-
chen für mich nicht mehr so interessant“, sagt
sie und sieht dabei etwas traurig aus. Aber den
Mitgliedern des Vereins wollte sie ihren Lieblings-
sport dennoch unbedingt einmal näher bringen.
Mit Erfolg. Auf die Frage, ob er es sich vorstellen
könne regelmäßig zu tauchen, um sich auch mal
ins offene Gewässer zu wagen, fängt Dirk Hülsey
an zu lächeln, und man sieht, wie er zu träumen
beginnt. (bb)
INFOGenerell kann jeder das Tauchen erlernen, mit und
ohne Handicap, Kinder und Erwachsene. „Es ist
nie zu spät. Auch ich bin mit meinen inzwischen
55 Jahren ein Spätentwickler, habe erst vor acht
Jahren mit dem Tauchen begonnen“, so Bernd
Jahn. Interessierte können sich direkt bei ihm
melden: [email protected]
Homepage: www.vfl-kemminghausen-e-v.de
¬
Immer Körperkontakt
halten und immer zu dritt
unter Wasser. Sicherheit ist
das oberste Gebot.
17
Verbietet die Thier-Galerie!
In Dortmund eröffnet der Konzern ECE im
September die „Thier-Galerie“, ein gigan-
tisches Einkaufszentrum. Weil ECE weiß,
welchen Schaden das Center der Innen-
stadt zufügen wird, werden schon vorab
alternative Schuldige benannt: Wenn‘s mit
Dortmund bergab geht, sind Bettler und
beklebte Mülleimer schuld. Geht‘s noch?
Einen Aufschrei der Empörung löste der
Forderungskatalog des Konzerns, der un-
ter anderem ein Bettelverbot beinhaltet,
in unserer Redaktion aus. Shopping Malls
vernichten öffentlichen Raum. Die Grund-
idee der europäischen Stadt, der für jeden
offene Marktplatz, wird von ihnen zerstört
und durch ein hochselektives System von
Überwachung und Ausschluss ersetzt. Die
Center bespitzeln Kunden und Mitarbeiter
und lassen ihre Sicherheitsdienste ent-
scheiden, wer so frei ist, die simulierte
Wirklichkeit zu betreten.
Die Zerstörung öffentlichen Raums allein ist
immens politisch. Immer schon gehörte die
Stadt auch denen, die nichts kaufen konn-
ten. Und immer schon gehörte zur Stadt die
Chance, solchen Menschen zu begegnen. Ein
demokratisches Gemeinwesen lebt davon.
ECE tritt das mit Füßen. Mit der Einmi-
schung in die Ordnungspolitik der Stadt
zeigen sich Anspruch und Demokratie-
verständnis eines Konzerns, der weiß,
wer eigentlich die Entscheidungen trifft.
Schon mit ihrem Einfall in eine Stadt ist
der Kampf ein ungleicher: Den Laien in den
Stadträten werden von knallharten Profis
seriell erstellte Studien präsentiert und
schließlich Bedingungen diktiert, damit
der Konzern den Teufel „Kaufkraftabfluss“
banne. Dabei erpresst ECE die Städte mit
seinen eigenen Centern. Dortmund brauch-
te eins, um Kunden nicht an den Limbecker
Platz in Essen zu verlieren, Bochum wird
eins bekommen, damit die Bochumer nicht
in der Thier-Galerie einkaufen.
Profitieren wird am Ende allein ECE. Die
Bereiche um die Center veröden, so wie
in Essen oder Leverkusen wird es auch in
Dortmund und Bochum kommen: die inner-
städtischen Shopping Malls sind Citykiller.
Ökonomisch wie politisch. (bp)
NEWS | von Sebastian Sellhorst 17DER KOMMENTAR | von Bastian Pütter
SKOTTS SEITENHIEB
UN kritisiert Sozialpolitik
Jedes vierte Kind geht in Deutsch-
land morgens ohne Frühstück aus
dem Haus, es fehlt an umfas-
senden Armutsbekämpfungspro-
grammen und die Grundsicherung
durch Hartz IV gewähre „keinen
angemessenen Lebensstandard“.
Diese und 31 weitere Punkte kriti-
siert der Ausschuss für wirtschaft-
liche, soziale und kulturelle Rech-
te der Vereinten Nationen.
In der Analyse, die nach einer
Pause von vier Jahren erneut
aufgelegt wurde, äußert der Aus-
schuss seine Besorgnis darüber
„dass der Vertragsstaat auf seine
Empfehlung von 2001, über den
Umfang und die Ursachen der
Wohnungslosigkeit im Vertrags-
staat Bericht zu erstatten und
Maßnahmen und Programme zur
Lösung dieses Problems zu entwi-
ckeln nicht eingegangen ist“.
Darüber hinaus kritisiert der
Ausschuss, dass in Deutschland
weiterhin 13 Prozent der Bevöl-
kerung unter der Armutsgrenze
leben und ein solcher Stand „in
Anbetracht der sozialen Siche-
rungssysteme möglicherweise auf
eine unzureichende Leistungshö-
he hindeutet“.
Mord an Obdachlosem
Essen. Am Morgen des 6. Juli
wurde die Polizei und Feuerwehr
zu einer verletzten Person in den
Westpark an der Hildesheimer
Straße gerufen. Ein Obdachloser
erlitt schwere Brandverletzungen
und wurde mit einem Helikopter
in eine Spezialklinik geflogen. Das
Opfer erlag im Verlauf des Abends
seinen schweren Verletzungen.
Presseberichten zufolge wurde
der Obdachlose zuvor von einem
68-jährigen Rentner eingela-
den sich in dessen Wohnung das
Fußballspiel Deutschland gegen
Frankreich anzusehen, wobei es
zum Streit kam. Später kaufte der
Rentner an einer Tankstelle einen
Liter Benzin. Laut Angaben einer
Tankstellenmitarbeiterin sei der
Mann „irre“ gewesen und habe
gegenüber fremden Passanten
angekündigt „den stell' ich zur
Rede, den zünd' ich an“. Gegen
den Rentner wurde Haftbefehl
wegen Mordes erlassen.
Bei diesem Verbrechen handelt
es sich nicht um einen Einzel-
fall. Immer wieder kommt es zu
Gewaltverbrechen gegen Obdach-
lose, teils mit rechtsextremen
Motiven.
Fußball-WM der Obdachlosen
In der Zeit vom 21. bis zum 28.
August findet in Paris die Fuß-
ballweltmeisterschaft der Ob-
dachlosen statt. 64 Mannschaf-
ten aus aller Welt treten nach
offiziellen Streetsoccer-Regeln
gegeneinander an.
Die 2001 auf der INSP-Konferenz
in Kapstadt vom Herausgeber der
Straßenzeitung „Megaphon“ Mel
Young und „The Big Issue“ Chef-
redakteur Harald Schmied vorge-
stellte Idee einer Obdachlosen-
Weltmeisterschaft würde 2003
das erste Mal in Graz umgesetzt.
Mittlerweile findet das Turnier
zum neunten Mal statt und wird
von namhaften Unternehmen aus
der Sport- und Medienbranche
unterstützt.
Ziel der Veranstaltung es ist,
motiviert durch den sportlichen
Wettkampf, die Spieler dazu zu er-
mutigen, ihre Lebenssituation zu
ändern und sie so aus der Obdach-
losigkeit zurück in ein geregeltes
Wohnverhältnis zu bringen. Laut
Angaben des Veranstalters änder-
ten über 70 Prozent der Teilneh-
mer der Weltmeisterschaft 2005 in
Edinburgh ihre Lebensgewohnhei-
ten nachhaltig.
18
Auch wenn Dortmunds Stadtgarten nun nicht als offizieller Zeltplatz bekannt ist, so hatten Initiator Daniel Kasselmann, das Dortmunder Schauspielhaus und wir, bodo, trotzdem zum Zelten eingeladen.
Unter dem Titel „Unbehaust – 100 Zelte Kunst“ ge-
stalteten Künstler, Schulen und Einrichtungen der
Wohnungslosenhilfe 100 Igluzelte und verwandel-
ten die Wiese hinter Dortmunds Rathaus zu einem
riesigen Gesamtkunstwerk mitten im öffentlichen
Raum. Ziel der Veranstaltung war es, einen Diskurs
zum Thema Ausgrenzung und politischen und kul-
turellen Ausschlüssen anzustoßen.
Eröffnet wurde die Veranstaltung am Freitag dem
1. Juli um 17 Uhr mit einer großen Vernissage.
Während eines Rundganges durch die Zeltstadt,
geführt von Schauspielintendant und Schirmherr
Kay Voges, konnte man sich einen ersten Eindruck
von den unterschiedlichen Gestaltungstechniken
machen, die bei den Zelten zur Anwendung ge-
kommen waren. Angefangen bei einem Zelt, das
zur Camera obscura umgebaut wurde, über einen
18 KULTUR | von Sebastian Sellhorst | Fotos: Claudia Siekarski
Unbehaust – 100 Zelte Kunst
Schriftsteller, dem sein Zelt als Futter für seine
Schreibmaschine diente, bis hin zu einem komplett
zubetoniertem Zelt konnte man die unterschied-
lichsten kreativen Ideen bestaunen.
Auf der Bühne sorgte das gesamte Wochenende ein
bunt gemischtes Programm aus Livemusik, Lese-
bühne, Impro-Theater und Diskussionen für Unter-
haltung. Einen Höhepunkt der Veranstaltung stell-
te sicherlich der Auftritt der Performance-Theater
Gruppe Grotest Maru aus Berlin dar. Das Duo, das
bereits mit seinen Inszenierungen im öffentlichen
Raum internationale Erfolge feiern konnte, lies am
Samstagabend im Institut des Schauspielhauses
die Grenzen zwischen Inszenierung und Realität
verschwimmen.
Zum Abschluss der Veranstaltung fand am Sonntag
ein großer „Brunch für alle“ statt, bei dem noch
angeregt über das erlebte an diesem Wochenende
diskutiert wurde. Anschließend begann die Ver-
steigerung der Zelte, deren Erlös der Kana Dort-
munder Suppenküche, dem Gast-Haus und uns,
bodo, zugute kam. Die von anderen Zelten der
Wohnungslosenhilfe gestalteten Zelte wurden zu
deren Gunsten versteigert.
Wir blicken zurück auf ein aufregendes Wochenen-
de, mit spannenden Menschen und tollen Gesprä-
chen und bedanken uns bei allen die geholfen ha-
ben das möglich zu machen. (sese)
19
Für das Sozialpraktikum, dass alle Neuntklässer am Neuen Gymnasium Bochum machen müssen, habe ich mich für das Straßenmagazin bodo entschieden. Ich war darauf gekommen, weil ich schon öfter bodo-Verkäufer in der Innenstadt gesehen und auch schon das eine oder andere Mal die Zeitung gelesen hatte.
Die zwei Wochen vergingen recht schnell, und ich
habe Einblicke und Eindrücke von bodo bekommen,
einerseits von der Arbeit im Sozialen Bereich und
andererseits auch von der Arbeit bei einer Zeitung
oder in einem Bücherladen, da ich mir alle Bereiche
von bodo einmal angucken sollte.
Das machte die Zeit natürlich abwechslungsreich und
immer wieder aufs Neue interessant. Besonders span-
nend fand ich den Kontakt zu einigen Verkäufern. Als
ich an einem Tag an der Ausgabestelle zusammen mit
einem Mitarbeiter Zeitungen ausgab, war auch etwas
Zeit für kurze Gespräche. An einem anderen Tag gin-
gen wir durch Bochum, um noch mehr bodo-Verkäufer
„anzuwerben“. Ich war überrascht, wie aufgeschlos-
sen und freundlich viele auf das Angebot reagierten
und auch von sich aus noch weiter werben wollten.
Da bodo am Donnerstag, dem 7. Juli, auf dem Alter-
nativen Medienfestival einen Stand betrieb, hatte
ich die Möglichkeit, Öffentlichkeitsarbeit für bodo
mitzumachen. An unserem Informations-Stand gab
es die Möglichkeit, kostenlose Leseproben der Zei-
tung oder Infomaterial zu bekommen oder Bücher
zu erwerben. Obwohl am Stand nicht so viel los
war, wie ich erwartet hatte, fand ich die Veranstal-
tung trotzdem sehr interessant.
Ich hatte auch die Möglichkeit, ein paar Einblicke
in die Redaktion einer Zeitung zu bekommen, wäh-
rend einer Sitzung wurde der Inhalt der nächsten
bodos besprochen bzw. diskutiert.
Das Praktikum hat mir sehr viel Spaß gemacht, weil
es interessante Tätigkeiten gab und weil beim bodo-
Team eine lockere und freundliche Atmosphäre war.
Ich bin mir sicher, dass ich mir jetzt jeden Monat die
bodo kaufen werde. (Veronike Simmering)
In den letzten Monaten sind die in der Dortmunder Nordstadt lebenden Roma im-mer weiter in den Mittelpunkt der medialen Berichterstattung gerückt. Viele Probleme des Stadtteils, die teils schon seit Jah-ren bestehen, wurden plötzlich den neu-en Nachbarn angelastet. Schlagwörter wie „Ekelhäuser“ und „Bulgarenstrich“ fanden inflationär Verwendungen in den Über-schriften der Tagespresse.
Mit dem Ziel diesen vorurteilsbehafteten, ein-
seitigen Diskurs zu verändern, hatte der Pla-
nerladen e.V. und das sweetSixteen-Kino zu
einer Vorführung des Films „Im Ghetto – Die
Roma von Stolipinowo“ mit anschließender Po-
diumsdiskussion eingeladen. Moderiert wurde
die Veranstaltung von bodo-Redaktionsleiter
Bastian Pütter.
Der Film von Andreas Kraus und Hermann
Peseckas zeigt das Leben in Stolipinowo, ei-
nem Stadtteil der bulgarischen Stadt Plow-
diw. Mit etwa 45.000 Einwohner ist Stoli-
pinowo eine der größten Roma-Siedlungen
der Balkanhalbinsel. Die Menschen dort
leben unter schwierigsten Bedingungen, da
seit Ende der sozialistischen Ära 1989 kaum
noch in die Infrastruktur des Stadtteiles in-
vestiert wurde.
Auf dem Podium saßen Andreas Kraus, Dreh-
buchautor des Films, Orhan Jasarovski vom
Landesverband der Sinti und Roma e.V., Tülin
Kabis-Staubach vom Planerladen e.V. und Rai-
ner Stücker, Geschäftsführer des Mieterverein
Dortmund und Umgebung e.V.
Noch wichtiger: Ebenfalls gekommen war eine
Gruppe von 30 neuen Zuwanderern, die nach
dem Film von ihren Problemen erzählten, höf-
lich Fragen stellten und ihre Situation erklär-
ten. Seit Jahren kommt angeblich niemand mit
„diesen Menschen“ ins Gespräch – die Veran-
stalter hatten sie einfach eingeladen.
Dies war nicht die erste Veranstaltung dieses
Formats. Bereits am 21. Juni zeigte bodo im
sissikingkong den Film „Hotel Rai“ von Sophia
Tavella gezeigt. Am 13. Juli meldeten sich die
Roma, über die schon so viel gesprochen wur-
de, dann erstmals selbst zu Wort. Im Rahmen
einer Diskussionsveranstaltung des „Bündnis
Dortmund gegen Rechts“ schilderten einige
Romni, so die korrekte Bezeichnung für weibli-
che Roma, erstmals die Umstände ihrer Flucht
nach Deutschland und ihrer aktuellen Le-
benssituation. Schockiert von den tragischen
Erlebnissen dieser Frauen wurden erstmals
Stimmen laut, die die Gründung eines Vereins
anregten, der sich speziell in Dortmund für die
Rechte und Belange der bulgarischen und ru-
mänischen NeubürgerInnen einsetzt. (bp)
INFOEin erstes Vorbereitungstreffen ist für den
7. September angesetzt. Zeit und Ort stehen
noch nicht fest. Interessierte können sich per
Mail mit uns in Verbindung setzen:
Wir vermitteln gerne den Kontakt.
NEUES VON BODO | Fotos: Sebastian Sellhorst 19
Im Ghetto – Die Roma von StolipinowoVeronika SimmeringDiskussion mit ZuwanderInnen im depotMein Sozialpraktikum bei bodo
Auf dem Podium im SweetSixteen Kino im depot (v.r.): Rainer Stücker (Mieterverein Dortmund und Umgebung
e.V.), Tülin Kabis-Staubach (Planerladen e.V.), Orhan Jasarovski (Landesverband der Deutschen Sinti und
Roma NRW), Andreas Kraus (Drehbuchautor) und Moderator Bastian Pütter (bodo).
20
Teic
h de
r Grü
nanl
age
„An
den
Teic
hen“
Dor
tmun
d-Ev
ing
| 28
.07.
201
1 |
12:2
2 h
| 51
˚32'
40.0
5" N
| 7
˚28'
34.4
5" E
THEMA WASSER PORTRÄT | von Bastian Pütter | Foto: Maria Gomez Mojeda20
Francis und Mary, jung und stilsicher, sind
beste Freunde. Stets auf der Suche nach
einem Abenteuer schlängeln sie sich sou-
verän durch die Szene Montreals. Bis sie ei-
nes abends auf einer Party Nick begegnen,
hübsch, blonde Locken – ein herabgestiege-
ner Botticelli-Engel, Michelangelos David in
fleischlicher Form. Mit einer Mischung aus
kindlicher Neugier, Intellekt, reserviertem
Flirten und einem hinreißenden Lächeln ver-
zaubert der schöne Jüngling sowohl Francis
als auch Mary, die in einem amourösen Duell
heimlich versuchen, sich gegenseitig auszu-
stechen. Vorbei mit der ganzen Coolness: Sie
sind Nick hilflos ausgeliefert, der die zweifa-
che Aufmerksamkeit durchaus genießt, wäh-
rend sich Mary und Francis auf charmante
Art die Blöße geben...
Auf formaler Ebene sind eindeutige Anspie-
lungen an cineastische Vorbilder wie Fran-
çois Ozon oder Wong Kar-Wai ein Teil des
Erfolgsrezepts des erst 22jährigen franko-
kanadischen Filmemachers und Schauspie-
lers Xavier Dolan, der auch für das Drehbuch,
den Schnitt sowie Kostüme und Ausstattung
verantwortlich zeichnet. Mit „Herzensbre-
cher“ präsentiert er ein komödiantisches
Doppelportait des Verliebtseins in die Liebe,
frech und stilbewusst in knalligen Farben,
mit pointierten Songs und Anspielungen an
Kunst- und Kulturgeschichte.
Do 11. bis Mi 17.8. um 19.30 Uhr
Do 18. bis Mi 24.8. um 21.15 Uhr
So 21.8. nur um 17.30 Uhr!
alle Vorstellungen im französischen
Original mit deutschen Untertiteln
Endstation Kino im Bahnhof Langendreer
Wallbaumweg 108, 44894 Bochum
Telefon 0234 – 68 71 620
www.endstation-kino.de
endstation.kino & bodo präsentieren:Herzensbrecher
KINOTIPP | von endstation.kino
Der Text war schon geschrieben: Eine so traurige wie wütend machende Geschichte über fehlenden Respekt und die Schutzlo-sigkeit, die es bedeutet, einer „Randgruppe“ anzugehören. Doch dann kam alles anders.
Von vorn: Otto ist Berber. Das sagt er stolz. Er sei keiner der Obdachlo-
sen, er sei unterwegs. 51 ist er und mit wettergegerbter Haut, Vollbart
und Wollmütze sieht er aus wie ein Seemann. Durch einen Zufall war er
die letzten Monate genau das.
Als Otto die Geschichte erzählt, fährt er immer wieder durch seinen
Bart als könne er es selbst kaum glauben. Vom „Flußwandern“ habe er
immer geträumt und in Heidelberg sei der Traum wahr geworden. Der
örtliche Kanuklub habe ihm den „Pirat“ geschenkt, einen alten Kana-
dier, „im selben Jahr gebaut wie ich“.
Und Otto macht sich auf den Weg: „Alles eingepackt und los, dann
ab Mannheim den Rhein runter“. Das wage Ziel: Die See. „Ein Boot
gehört ins Wasser – je mehr Wasser, desto mehr Platz“, erklärt er, als
wir uns das erste Mal treffen und malt die weitere Route aus: Bremen,
Hamburg, Kiel.
Und auf dem Weg: Dortmund. Die mehrmonatige Reise verläuft ohne
Zwischenfälle. Ärger gibt es erst hier. Zuerst mit der Hafenmeisterei.
„Wasserwanderrastplatz“ ist ein kompliziertes Wort und kompliziert
sind auch die Regeln für Nutzer von Wasserstraßen, die Gebühren-
ordnungen usw. Die kennt Otto inzwischen ebenso wie die Kollegen
vom Ordnungsamt und ihre Sanktionen. Die Botschaft kommt an: Will-
kommen ist er nicht. In allen Städten auf seiner Route sei das anders
gewesen, brummt er. Doch es kommt schlimmer: Eines Tages ist sein
Boot weg. Als es gefunden wird, ist es zerstört und all sein Hab und
Gut verschwunden.
Ich schreibe den so traurigen wie wütenden Text. Wir bieten Otto
Hilfe an und machen ihm Mut, versprechen ihm einen Spendenaufruf
in diesem Heft. Doch kurz bevor wir in Druck gehen, entdecken die
Mainstream-Medien die Geschichte, die Rundschau schreibt über unse-
re geplante Spendenaktion, Radio und Fernsehen folgen – das Telefon
steht nicht mehr still. Um es kurz zu machen: Private Spender haben
Geld für einen neuen Kanadier gesammelt und den Transport organi-
siert. Noch ist das Boot nicht hier, aber wir wissen: diese Geschichte
wird gut ausgehen. (bp)
OttoDiese Geschichte wird gut ausgehen
21
Zeltfestival Ruhr 2011* präsentiert
Patrice & The Supowers
Mittwoch 24. August 2011 um 20.30 Uhram Kemnader See Bochum
bodo verlost 3 x 2 Karten
VERANSTALTUNGEN AUGUST 2011 | VERLOSUNGEN | CD-TIPPS | zusammengestellt von Benedikt von Randow 21
Auch diesmal gibt es wieder Bücher und Karten für tolle Veranstaltungen zu gewinnen.Senden Sie uns eine Email mit dem Betreff „bodo-Verlosung“ und der Angabe Ihres Wunschgewinns an:
[email protected] schicken Sie uns eine frankierte Postkarte mit Ihrem Wunsch, Absender und Telefonnummer an:
bodo e.V., Postfach 100 543, 44005 Dortmund
Unter allen Emails und eingesandten Postkarten entscheidet das Losverfahren.
Alle Gewinner werden rechtzeitig telefonisch oder per Email benachrichtigt.
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
13.08. | Sharon Jones & The Dap Kings | FZW, Dortmund | 2 x 2 Karten
20.08 | Danube's Banks | Bahnhof Langendreer, Bochum | 3 x 2 Karten
24.08. | Zeltfestival Ruhr: Patrice | Kemnader See, Bochum | 3 x 2 Karten
28.08. | Roberto Capitoni | Zauberkasten, Bochum | 3 x 2 Karten
11. – 24.08. | Herzensbrecher | endstation.kino, Bochum | 1 x 2 Karten
Viel Glück wünscht Ihr bodo-Team!
* Das Zeltfestival Ruhr findet vom 19. August bis zum 4. September statt.
Das Gelände mit „Markt der Möglichkeiten“ und „Schlemmer-Gastronomie“
ist täglich von 17 bis 24 Uhr, Sa. und So. ab 12 Uhr, geöffnet.
Mehr Infos zu den mehr als 40 Veranstaltungen unter www.zeltfestivalruhr.de.
22
eifernder Missionar verhält, sondern behutsam, als wäre
es etwas Alltägliches und als wäre er noch skeptisch ge-
genüber der plötzlichen Lebensbejahung. Michael Lip-
pold bot eine knappe Stunde konzentriertes Schauspiel,
das in seiner Intensität Lust macht auf mehr von diesen
solistischen Kabinettstückchen.“ (WAZ)
Rottstr5 Theater, Bochum, 21 Uhr
Kleinkunst | Obel Obering
Im Kinofilm „Das Wunder von Bern“ war er der legen-
däre Radioreporter Herbert Zimmermann - auf der
Bühne spielt er selbst den tödlichen Pass, weit hinein
in den Zuschauerraum. Er erzählt von unserer Welt,
jedoch aus seiner eigenen Sicht: Obel Earth. Er lässt
die Zuschauer teilhaben an den wichtigen Dingen der
Welt, zeigt auf, warum Krümel keine Kekse mehr fres-
sen darf, erzählt die Schöpfungsgeschichte völlig neu,
bemerkt, dass seine Finanzkrise schon über vierzig
Jahre dauert, aber auch dass ein Libero erst ein freier
Mann ist, wenn er keinen Verein mehr hat. „Alles rund“
steht in der Tradition des Vorgängerprogramms „Auf
Asche“. „Meisterhafter Nonsens um Show-, Sport- und
Politprominenz.“ „Alles rund“ ist nicht die Quadratur
des Kreises, sondern die Würfelatur des Balles, ein
Kabarettprogramm mit Spaßelementen – eben eine
Comedyshow mit unendlich vielen Ecken.
Zauberkasten, Bochum, 20.30 Uhr
Workshop | Heath Bunting: The Status Project
Heath Buntings „Status Project“ zeigt, wie leicht und
nahezu vollständig unsere Bewegungen und Aktivitäten
aufgezeichnet werden können, wenn wir vermeintlich
harmlose Daten wie Name, e-mail- und Postadresse, Kre-
ditkarten- und Bankkontonummer usw. angeben, um z.B.
einen Bibliotheksausweis oder eine Bahncard zu bean-
tragen, einen Handyvertrag abzuschließen oder etwas
im Internet zu kaufen. Durch Abgleich und Kombination
verschiedener Datenbanken wird jeder Person ein sozialer
Status zugeordnet, der sich aus allen über diese Person
verfügbaren Daten generiert – meistens ohne dass diese
Person davon weiß. Das Status Project, begonnen 2004,
ist ein Expertensystem zur Veränderung von Identität
und besteht aus einer auf der Webseite irational.org
zugänglichen Datenbank mit über 5.000 Einträgen ver-
schiedener Identitätsmerkmale. Aus deren Beziehungen
untereinander generiert Bunting unter bestimmten Fra-
gestellungen Karten von Netzwerken, die jeweils einen
bestimmten sozialen Status dokumentieren – so derzeit
zu sehen in der Ausstellung „Gone to Croatan – Strategi-
en des Verschwindens“, HMKV im Dortmunder U (bis 14.
August 2011). Der zweitägige Workshop des HMKV bietet
eine Anleitung zur Konstruktion einer neuen Identität.
Dies ist in Großbritannien erlaubt – solange diese nicht
zu illegalen Zwecken verwendet wird.
Anmeldung über www.hmkv.de.
HMKV im U, Dortmund, 11 Uhr (auch 07.08.)
SO 07 | 08 | 11
Kleinkunst | Immi & Lollo – Die zwei vonne Südtribüne
Es hat Zeiten gegeben, da haben die Borussen in der
Champions League gespielt, bis in Madrid das Tor umfiel.
Es gab Zeiten, da waren sie Deutscher Meister. Es gab
Zeiten, da sind sie knapp am Abstieg und an der Insol-
venz vorbeigeschrammt, und es gab Zeiten im grauen
Mittelmaß der Liga, Niederlagen gegen „das Gesindel
aus Herne-West“ mussten verkraftet werden, und es
gibt eine Zeit, da spielen sie Fußball vom anderen Stern.
Immi und Lollo, „die zwei vonne Südtribüne“, waren und
sind immer dabei mit Leib und Seele, mit ganzem Herzen
01 | 08 | 11 Bryan Ferry
22 VERANSTALTUNGEN AUGUST 2011
FEDERICO AUBELE | Berlin 13 (ESL / Warner)
„Nach Berlin zu ziehen war keine leichte, aber eine großartige Erfahrung für mich. Ich musste mich meinen Dä-
monen stellen.“ Es hört sich so an, als musste Federico Aubele, der Musiker aus Buenos Aires, eine schwere Krise
durchleben. Dafür hat er sich Berlin ausgesucht, und die 13 im Titel ist auf die Tarotkarte zurückzuführen, die für
Tod, aber auch für Transformation oder Erneuerung steht. Dies alles erklärt wohl den leicht düsteren Touch, den
dieses Album prägt, das wieder einmal auf dem Label der Thievery Corporation erscheint. Der Latino-Jack-Johnson
ist diesmal definitiv nicht happy-peppi und seine Songs nicht einfach locker-flockig. Eine tiefe, aber schöne Melan-
cholie zieht sich durch alle Tracks, ein bisschen wie beim Tango. Allerdings wirken hier trippige Down-Beats, dub-
bige Reggae-Bässe, argentinische Geigen-Stimulanzien, eine sanfte Bariton-Stimme und natürlich die akustische
Gitarre. Insgesamt plätschert „Berlin 13“ aber trotzdem so ein wenig dahin. Was immer der argentinische Musiker
für Dämonen zu bekämpfen hatte, beim Hörer hinterlässt das nicht das eindringlichste Bild. Aber das Album lässt
sich trotzdem angenehm hören, abgehangen bis geschmeidig und eher herbstlich, was wiederum perfekt zu die-
sem gruseligen Sommer 2011 passt, dessen Tristesse mir gerade (es ist Mitte Juli) durchs Fenster „leuchtet“. (BvR)
CD-TIPP
03 | 08 | 11 Grubenklang Reloaded
MO 01 | 08 | 11
Musik | Bryan Ferry
Bryan Ferry, eine der Stil-Ikonen der 70er-Jahre
und Kopf der Band Roxy Music kehrt im Rahmen
der Dortmunder Music Week zurück auf die Büh-
ne. Mit Hits wie u.a. „Slave to love“, dem Sound-
track zum Film „9 ½ Wochen“ oder „Don’t stop
the dance“ wurde Bryan Ferry auch als Solokünstler
gefeiert. Nach nunmehr 13 Soloalben und zahlreichen
Single-Auskopplungen kann sich Bryan Ferry wohl
weiter seiner andauernden Beliebtheit bei seinen
Fans sicher sein. Der Mann, der mit Roxy Music Welt-
ruhm erlangte, ist und bleibt Kult und Trendsetter. Ein
Trendsetter, der auch mit den Jahren nichts von dem
verloren hat, was ihn ausmacht: Coolness und Gelas-
senheit. Seine Anhänger erinnern sich gerne an die
70er Jahre, in denen Ferry den populärmusikalischen
Zeitgeist genau traf und mit seiner Band die Antwort
auf die aufkommende Punk-Bewegung lieferte.
Westfalenhallen Open Air, Dortmund, 20 Uhr
MI 03 | 08 | 11
Vernissage | Grubenklang Reloaded
Zum Auftakt der 17. Jazztage Dortmund präsentieren
die Wittener Fotografen Walter Jonat und Kurt Rade Im-
pressionen zu „Grubenklang Reloaded“, dem regionalen
Projekt von Ruhr2010 im Dortmunder domicil. Die Foto-
grafen zeichnen Projekte, Auftritte und Proben vor allem
des Grubenklang-Orchesters um Georg Graewe nach und
dokumentieren die verschiedenen Projektreihen. Der
Eintritt zur Ausstellungseröffnung ist frei.
Werkstatt, Witten, 19 Uhr
SA 06 | 08 | 11
Theater | Traum eines lächerlichen Menschen
„Michael Lippold gibt dem lächerlichen Menschen Profil,
ohne dessen (von Dostojewski nur angedeutete) Seelen-
landschaft allzu heftig zu durchpflügen. Dieser Mann
beschließt introvertiert und leise seinen Selbstmord
und erlebt seinen Traum als ruhig Hinschauender. Fol-
gerichtig, dass er sich bei der Verkündigung des neuen
Bandes, das ihn mit der Welt verknüpft, nicht wie ein
23
13 | 08 | 11 DJ-Picknick mit Kosta Kostov & DJ Daferwa
und einer Kiste Bier. Seit 14 Jahren stehen die beiden
(Franziska Mense-Moritz & Martin Eickmann) auf der
Bühne des Dortmunder Kultkarnevals „Geierabend“ und
kehren ihre schwarz-gelbe Seele nach außen. Dieser lan-
ge Weg über all die Jahre zur Meisterschaft 2011 war ge-
pflastert mit Leid, Tränen, Niederlagen, mit Hoffnungen,
Nackenschlägen, Neuanfängen und unzähligen Bieren.
In ihrem Programm „Die letzte Viererreihe“ wird dieser
lange, steinige Weg noch einmal gegangen. Mit allen
teils hochphilosophischen und biergetränkten Holz- und
Abwegen. „Neh'm wa noch ein‘? Ja sicha!“
Spiegelzelt am U, Dortmund, 20 Uhr (auch 12. & 14.08.)
MI 10 | 08 | 11
Comedy | Moses W.
Der Mann – Krone der Schöpfung, Geniestreich der
Evolution. Er geht aufrecht, rasiert sich nass, be-
rechnet Flugbahnen von Kometen, war schon auf dem
Mond und will bald auf den Mars. Super! Die Frau –
Laune der Natur, Feuerwerk der Sinnlichkeit. Sobald
Sie mit den Hüften wackelt, lässt Er alles stehen
und liegen, fängt an zu sabbern und vergisst, wie er
heißt. Er macht sich zum Affen und merkt es nicht.
Frage: Machen Frauen doof? Männer meckern gerne
über Frauen. Das macht Spaß, kommt gut an im Sport-
verein, sorgt aber für Stress in der Beziehung. Moses
W., die alte Friedenspfeife, dreht den Spieß um und
betrachtet die Männer. Und zeigt, wie sie sind, wie sie
ticken, mit welchen Hürden und Hindernissen sie zu
kämpfen haben beim Versuch, ein Weib zu ergattern.
Wie erkennt man die Richtige? Am Geruch? Am Gehalt?
Am Gewicht? Und wenn man die Richtige gefunden
hat – wie sagt man es ihr? Es bleibt schwierig – Moses
W. bleibt mit seinem Programm „Er Sie Ex“ dran.
Zauberkasten, Bochum, 20.30 Uhr
DO 11 | 08 | 11
Musik | Bonsai-Festival Vol IV
Ein Abend im Zeichen der magischen Ziffer Drei: Egal,
ob drei Kämpfer oder Dreikäsehoch, ob drei oder drei-
unddreißig Akkorde, ob Trio, Duo oder Uno. Denn be-
kanntlich sind ja aller guten Dinge drei. Initiator und
Ruhrstadt-Barde Daddy Weyland eröffnet den Abend
mit drei eigenen Songs und lädt herzlichst ein, sein
Live-Triumvirat aus Musikern in der charmanten Bar
zu genießen. Bei der inzwischen sechsten Ausgabe
des Bonsai-Festivals gibt es wieder mal ein Debüt:
Die junge Pianistin und Sängerin Lena Danai hat zwar
schon bei dem einen oder anderen Projekt an Tasten
und Mikrofon gewirkt, doch ihr eigenes Soul-Pop-Pro-
gramm wird hier – von Cello und Gitarre begleitet –
erstmals auf die Bühne gebracht. Kaputte Drumloops,
teils schrebbelige Akustik-Gitarren, kratzig gesampel-
te Sound- und Sprachzitate sowie die Abwesenheit
von Bass liefern das Fundament für Aniyo Kore. Darü-
ber schwebt eine Stimme, die den Vergleich mit ganz
großen R’n’B-Sängerinnen nicht scheuen muss. Ganz
anders wiederum präsentiert sich der Singer/Songwri-
ter Jan Röttger mit seinen Rock-Songs: Melodiös und
so melancholisch-herzschmerzend, dass man einfach
mitleiden muss. Der Eintritt ist frei.
Subrosa, Dortmund, 19.30 Uhr
Vernissage | Gine Selle
Früher posierten die Menschen vor der Kamera oder es
wurde ein wertvoller Schnappschuss auf Papier aufge-
zogen. Heute sind diese Personen die Protagonisten
neuer Alltags- und Familienszenen. Durch vergrößerte
Collagen auf Holz kaschiert und akzentuierte Farben
entwickelt die Künstlerin Gine Selle eine umfangreiche
Bildersammlung, die als begehbares Fotoalbum prä-
sentiert wird. Neue Wahrheiten entstehen, die in dem
Besucher Irritationen, Fantasien und Erinnerungen we-
cken. Die Bildinstallation „Damals waren alle da“ von
Gine Selle kann man nach dieser Ausstellungseröffnung
vom 12. bis 21.08. Mi, Do, Fr., Sa zwischen 17 und 20
Uhr in der Galerie Dieter Fischer im Depot sehen.
Theater im Depot, Dortmund, 19 Uhr
SA 13 | 08 | 11
BODO VERLOSUNG | Sharon Jones & The Dap Kings
Dafür kann man Amerika sogar echt lieb haben, für
die Musik, die es aus seinem Schweiß und Blut ge-
boren hat: den Soul und den Gos-
pel. Natürlich nicht den glatten
Hitparaden-Soul (obwohl, vielleicht
irgendwie auch den), sondern den
warmen, rauen Funk-Soul. Die Musik
einer Aretha Franklin, eines James
Brown und: einer Sharon Jones. Die-
se ist – obschon im reifen Mittfünf-
zigeralter – hierzulande so gut wie unbekannt. Aber
auch in ihrer Heimat USA war Miss Jones keineswegs
ein Durchstarter, nein, „she learned the hard way“
(so war 2010 passenderweise auch ihr letztes Album
betitelt). Seit sie zusammen mit den Dap-Kings auf
Tour geht, stellte sich der Erfolg ihres druckvollen,
warmen Souls auch ein. Als besondere Auszeichnung
riss sich Amy Winehouse die großartigen Dap-Kings
unter den Nagel, um ihr ebenso großartiges „Back
to Black“ einzuspielen. Mit ihnen tourt Frau Jones
06 | 08 | 11 Traum eines lächerlichen Menschen 18 | 08 | 11 Acoustic Open Talentschuppen
weiter um die Welt und präsentiert sich auf ihre be-
scheidene Weise als ganz lebendige Königin einer
schon fast untergegangenen Musik: des echten Soul.
FZW, Dortmund, 20 Uhr
bodo verlost 2 x 2 Karten.
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
Musik | DJ-Picknick mit Kosta Kostov & DJ Daferwa
Balkan Beat meets Cumbia bei den „Summersounds
Dortmund.“ Wenn die Funkhaus Europa DJs Kosta
Kostov und DJ Daferwa beim DJ-Picknick am Stade-
wäldchen (Am Südbad von 16 bis 22 Uhr) aufeinan-
der treffen, ist der urbane Styleclash programmiert.
Während Kostov mit seinem Balkan Express durch die
Lande zieht, fühlt sich der aus Mexiko stammende
Daferwa vor allem den aktuellen Rhythmen Südame-
rikas verpflichtet. Gemeinsam versprechen die bei-
den Global Player eine spannende Mischung aktueller
World-Beats. Der Eintritt ist frei, und im sportlichen
Rahmenprogramm findet noch ein Streetkick mit dem
Fanprojekt Dortmund statt.
Stadewäldchen, Dortmund, 16 Uhr
DO 18 | 08 | 11
Musik | Acoustic Open Talentschuppen
Unter Dem Motto „Zeig‘, was Du kannst!“ haben hier
Nachwuchskünstler, jung gebliebene Altmusikanten
und heimliche wie wirkliche Stars auf der offenen
Bühne der Hafenschänke die Möglichkeit, sich dem ge-
neigten Publikum zu präsentieren. Solisten wie ganze
Bands können Neues ausprobieren, Altes wiederentde-
cken, sich selbst testen und die Bretter, die die Welt
bedeuten können, ertasten und erobern. Musikalisch
ist dabei alles möglich, solange es nicht zu laut wird
und atmosphärisch bleibt: „No Death Metal, please“.
Die Zuhörerschaft wählt am Ende den „Liebling des
Abends“ und bittet somit zur Zugabe. Musiker, die teil-
nehmen wollen, melden sich um 19 Uhr. Bands werden
gebeten, sich schon im Vorfeld per E-Mail an info@
hafenschaenke.de zu wenden. Als „Anheizer“ spielt
im Vorprogramm der Singer/Songwriter Thor Braarvig
handgemachte Acoustic-Pop-Songs mit sanfter Stimme
a la Jack Johnson oder Jason Mraz. Der Eintritt ist frei.
Subrosa, Dortmund, 19.30 Uhr
SA 20 | 08 | 11
Erzählcafé | Lieblingsstücke aus Dortmund
Ob der vom ersten Gehaltsvorschuss erworbene
„Schneewittchensarg“ genannte Plattenspieler der
Firma Braun oder das bei einem Preisausschreiben
24
HANS NIESWANDT | Hans Is Playing House ( Bureau B / Indigo)
Hans Nieswandt ist nicht nur ein Hansdampf der deutschen Clubszene, er ist zudem ein Botschafter intel-
ligenter, deutscher Clubmusik in der ganzen Welt. So sind seine Tracks und unzähligen Remixe auch nie
charttauglich (einzige Ausnahme: „From Disco To Disco“ als Whirlpool Productions), weil sie immer etwas
Hirn voraussetzen und mehr wollen, als einfach nur ekstatisch und willenlos zu feiern. Klar, Hans Nieswandt
ist ja auch sozusagen der Eierkopp der deutschen Housemusik. Von daher findet er logischerweise für sein
neuestes Remixalbum auch selber die besten Worte: „Das Einzige, was ich kann, ist Disco (und House – aber
das ist für mich eigentlich das Gleiche). Ein Remixauftrag bedeutet für mich, die Discoversion eines Songs zu
erstellen. Aus welcher Ecke das Stück auch kommen mag, ich discofiziere es, ich house es. Am aufregendsten
ist natürlich, ,es‘ mit einem Song zu tun, der von selbst nie auf den Gedanken gekommen wäre, Disco zu sein.
Darin liegt vielleicht der Grund, dass ich in letzter Zeit so viele Stücke mit schlauen deutschen Texten ge-
remixt habe. Was die Welt heute braucht, ist Disco mit smarten deutschen Reimen. In aller Bescheidenheit,
das ist die Art von Disco, die ich hier liefere. Willkommen bei mir zu House.“ (BvR)
CD-TIPP
gewonnene Rot-Weiß-Essen-Trikot von Horst Hru-
besch – jedes Lieblingsstück hat einen Grund,
weswegen es die Zeit überdauert hat und nun
in der Ausstellung „Lieblingsstücke aus Dort-
mund. Erinnerungen an die langen 1960er Jahre“
zu sehen ist. Das Erzählcafé gibt diesmal unter
fachkundiger Moderation (Dr. Marion Grob, WDR-
Journalistin) die Gelegenheit, über die eigenen
Erinnerungen an die Zeit zwischen 1957 und 1976 bei
Kaffee und Kuchen zu plaudern. Der Eintritt ist frei.
Museum für Kunst und Kulturgeschichte, DO, 15 Uhr
BODO VERLOSUNG | Danube‘s Banks
Danube‘s Banks verspricht „energetischen Gypsy
Swing mit Tanzgarantie“. Die Musik Django Reinhardts
wird von den Hamburger Musikern
mit Elementen aus Klezmer, Balkan-
Beats und HipHop gewürzt. Als Stra-
ßenband waren sie europaweit unter-
wegs und wurden so zu einer Einheit
geformt. Mit einer zeitgemäßen Vari-
ante des Hot Jazz bringen sie nun am
liebsten tanzwütiges Publikum zum
Schwitzen, egal ob auf dem Kopfsteinpflaster, im Club
oder im Zirkuszelt. In diesem Jahr gewannen sie den
„creole Wettbewerb“ für „globale Musik aus Deutsch-
land“. Bei diesem Konzert nun stellen sie ihr neues
Album „Hot Gypsy Fire“ vor.
Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr
bodo verlost 3 x 2 Karten.
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
Musik | DJ-Picknick mit Jazzanova
Zu ihrem Abschluss laden die sommerlichen DJ-Pick-
nicks „Summersounds“ von 16 bis 22 Uhr noch ein
letztes Mal in den Dortmunder Fredenbaum Park. An
den Plattentellern bringt das international gefragte
DJ- und Produzenten-Kollektiv Jazzanova verschiede-
ne Musikstile, wie Nu Jazz, Soul, Deep House, Latin
Jazz und Broken Beats, auf einen stimmigen, tanzba-
ren wie auch entspannten Nenner. Der Eintritt ist frei.
Wer sich im Vorfeld gerne einen musikalischen Ein-
druck verschaffen möchte, wie sich so ein entspann-
tes Jazzanova-DJ-Picknick anhören könnte, der kann
prima auf die gerade erschienene CD der empfehlens-
werten Reihe „Coming Home“ des Labels Stereo Deluxe
zurückgreifen. Dort präsentiert das DJ-Kollektiv „eine
eklektische Soundwelt, in der wir uns wohl fühlen, mit
Stücken, die wir (auch) gerne selber zu Hause hören.“
Fredenbaumpark, Dortmund, 16 Uhr
Party | La Boum
Beat'n'BoogieBalkanSwing&Rock'n'RollGalore – „La
Boum“ ist ein Klassiker im Dortmunder Nachtleben.
Wer Vergleichbares sucht, wird weit fahren müssen.
La Boum mit Timmi und Martini als Timmi Twister DJ-
Set an den Plattentellern und ihrem furiosen Stilmix
im Retrogewand. Beat und Soul und Rock‘n‘Roll wird
seit Jahren bescheiden angekündigt, in Wahrheit ex-
plodiert regelmäßig der Dancefloor im Keller unterm
Sissikingkong. Eine Achterbahnfahrt aus raren Origi-
nalen, abenteuerlichen Coverversionen und obskurem
Edeltrash. Ein Feuerwerk mit Hits aus mehr als zehn
Jahrzehnten Tanzgeschichte. Ein Quodlibet, das süch-
tig macht. Infizierte markieren den Tag im Kalender,
Novizen staunen sprachlos, bevor sie sich ins Getüm-
mel stürzen. Und einzigartig wie die Party ist auch
regelmäßig das Finale: Wenn am frühen Morgen die
Partycrowd die „Nordstadthymne“ anstimmt und sich
wildfremde Menschen erschöpft in den Armen liegen,
neigt sich die schier unglaubliche Nacht ihrem Ende zu.
Sissikingkong, Dortmund, 22 Uhr
DI 23 | 08 | 11
Musik | Zeltfestival Ruhr: Beady Eye (Ex-Oasis)
Sie sind das Ergebnis eines jahrelangen Streits unter
Brüdern: Beady Eye – 2010 nach der Auflösung von Oasis
und der Trennung der Gallagher-Brüder Liam und Noel
gegründet – stellt die musikalische Komponente wieder
eindeutig in den Vordergrund: „Wir lieben Musik“, sagt
Leadsänger Liam Gallagher. „Wir haben tolle Songs, also
24 VERANSTALTUNGEN AUGUST 2011
20 | 08 | 11 DJ-Picknick mit Jazzanova 20 | 08 | 11 La Boum
ziehen wir los und spielen sie auch. Wir brennen, wir sind
motiviert – nicht etwa, weil wir meinen, der Welt zeigen
zu müssen, dass wir auch ohne ihr-wisst-schon-wen be-
stehen können; nein, wir brennen, weil es ums Musikma-
chen geht.“ Das Grand der Fans ist sich einig: Beady Eye
ist ein würdiger Oasis-Nachfolger. Musikalisch bleiben
sich die Jungs treu: mitreißende Songs zwischen purem
Rock’n’Roll und klassischem (Brit-)Pop. Live scheint die
Band ihr Image etwas überarbeitet zu haben – Presse
und Fans fanden nach dem Kölner Konzert, dass die Band
jetzt durchaus Lust auf Auftritte zu haben scheint.
Kemnader See, Bochum, 20.30 Uhr
MI 24 | 08 | 11
BODO VERLOSUNG | Zeltfestival Ruhr: Patrice & The Supowers
„Die Bühne hat für mich etwas von Heimat. Heimat
ist für mich der Ort, an dem ich mich finde. Ich kann
mich auch in einem Lied finden, in
einem anderen Menschen, in einer
Idee oder Weltanschauung“, soweit
Patrice. Seine unverwechselbare
Gesangsstimme ist zwar typisch Reg-
gae, seiner Musik allerdings ist die-
ses Korsett zu eng. Intelligenter Pop
mit viel Soul, etwas feiner HipHop,
NuFolk mit Einflüssen aus aller Welt trifft es schon
ein wenig besser. Mal mehr ruhig bis melancholisch,
mal fröhlich groovend zum Mitwippen und -schnip-
pen. Positive Vibrations die sich wunderbar auf den
Hörer übertragen. Und seine tiefgründigen Texte
mit dem Oberthema „Verantwortung“ bieten einer-
seits viel Stoff zum Nachdenken, taugen allerdings
in Kombination mit seiner eindringlichen Stimme
und der facettenreichen Musik ebenso für ein cooles
Konzerterlebnis. Nun präsentiert er live zusammen
25
23 | 08 | 11 Zeltfestival Ruhr: Beady Eye 26 | 08 | 11 25 Jahre Bahnhof Langendreer – Chupacabras 26 | 08 | 11 Zeltfestival Ruhr: Dieter Thomas Kuhn
mit seiner Band The Supowers die neue Platte „One“
(Besprechung in bodo 10/2010) und natürlich viele
seiner bisherigen Hits und Lieblingssongs.
Kemnader See, Bochum, 20.30 Uhr
bodo verlost 3 x 2 Karten.
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
FR 26 | 08 | 11
Musik | Zeltfestival Ruhr: Dieter Thomas Kuhn
Als 2009 das Zeltfestival Ruhr eines Abends plötzlich
ein ganz neues Gesicht bekam, als die Deko in den
Hintergrund trat und man stattdessen viele bunte
Menschen sah, ahnte man schon, dass sich an diesem
Abend etwas Besonderes abspielen würde. Kostümiert,
bunt geschminkt, ob Mann oder Frau, das hatte man nur
einem zu verdanken: Dieter Thomas Kuhn. Das will man
auch 2011 wieder sehen. „Dieter Thomas Kuhn & Band
machen süchtig“, meint Manager Marc Oßwald. „Wer
einmal da war, kommt nicht mehr los davon.“ Manche
„leiden“ seit 18 Jahren an dieser Sucht. Sie leben sie
aus mit knallbunten Klamotten, Plateauschuhen und
überdimensionalen Sonnenblumen. Sag mir quando,
sag mir wann ... sag mir quando, quando, quando.
Kemnader See, Bochum, 19.30 Uhr
Geburtstagsfeier | 25 Jahre Bahnhof Langendreer
1908 wurde das in der Zwischenzeit denkmalgeschütz-
te Empfangsgebäude des Bahnhofs Langendreer er-
baut. 1982 von der Bahn geschlossen, dem Verfall
ausgesetzt und zum Abriss vorgesehen, erreichte
1984 ein Bündnis von Bürgern aus Langendreer und
Umgebung, Teilen der Bochumer Fabrikbesetzersze-
ne und dem Städtebauministerium NRW, dass das
Gebäude unter Denkmalschutz gestellt wurde. Nach
zwei Jahren zum Teil abenteuerlicher Sanierungs- und
Renovierungsarbeiten wurde 1986 dann das Kultur-
zentrum Bahnhof Langendreer eröffnet. Nun soll dies
auch mit Poetry Slam, Live-Musik, Filmen, zwei fetten
Partys und lecker Grillen amtlich bei freiem Eintritt
gefeiert werden. Nach dem gemeinsamen Grillen und
Klönen wird Torsten Sträter den kulturellen Reigen mit
seiner Leseshow „Der David ist dem Goliath sein Tod“
eröffnen. Gleichzeitig zeigt das Endstation Kino ein
ausgewähltes Filmprogramm. Dann geht es mit Chu-
pacabras musikalisch weiter. Die Multi-Kulti-Combo
präsentiert ihren „ChupaStyle“, ein Crossover von
fetten urbanen Beats und lateinamerikanischer Folk-
lore mit eingebauter Tanzgarantie. Und wenn dann eh
schon alle dancen, geht es weiter mit einer Auswahl
von beliebten Bahnhof-Partys: Da eröffnet in der Hal-
le die „Globalibre“, gefolgt von „La Schmoov“ meets
„ROCKS!“. Und im Studio treffen „Swing'n'Roll“ auf
„funky'n'electric“. Die insgesamt neun DJs werden da
bestimmt mächtig abgehen und die Geburtstagsgäste
zum Grooven bringen.
Bahnhof Langendreer, Bochum, ab 18 Uhr
ANZEIGE
26
SA 27 | 08 | 11
Musik | Reggaeville Weekender
Keinesfalls in einem ländlichen „Village“, sondern
mitten im belebten Dortmund findet dieses Jahr
erstmalig der „Reggaeville Weekender“ statt. Und
wenn eine der eifrigsten Reggae-Websites der letzten
Jahre und die Stadt des neuen Deutschen Meisters
zusammenkommen, ist eine dicke Party eigentlich ga-
rantiert. Gegen Ende der Festivalsaison gibt es mitten
im Pott also noch einmal ein Highlight, für das sich
internationale Stars wie Alpha Blondy, Toots & The
Maytals, Luciano oder Mr. Vegas angekündigt haben.
Aber auch auf deutsche Hochkaräter wie Sebastian
Sturm, Ganjaman oder Uwe Banton darf sich gefreut
werden. Zudem startet am Samstagabend noch die
legendäre „Soundsystem Night“ mit Sound Quake &
Friends, die bis in die frühen Morgenstunden gehen
wird. All das findet mitten in der City, im und ums
neue FZW statt.
FZW, Dortmund, 16 Uhr (auch 28.08.)
Musik | Daniel & Friends
Daniel Gogolla ist ein junger Musiker aus Recklinghau-
sen, der den Erlös dieses Konzertes an den wohltäti-
gen Verein „Kinderlachen“ spenden wird. Seine Musik
ist eine Mischung aus poppigen, rockigen und klassi-
schen Songs. Für Daniel und seine Freunde wird es be-
stimmt ein unvergessliches Ereignis, da es ihr erstes
eigenes Konzert sein wird. Erfahrung konnte der junge
Musiker dennoch bereits bei einigen Auftritten sam-
meln. So durfte er unter anderem im Jahr 2010 bei der
Fußball-WM, in der Westfalenhalle beim Public-View-
ing performen. Einige kennen Daniel vielleicht auch
durch seine Model- und Schauspiel-Tätigkeiten. Erst
kürzlich war er in dem offiziellen Formel-1-Werbespot
auf RTL zu sehen.
Westfalenhalle, Dortmund, 20 Uhr
Comedy | Zeltfestival Ruhr: Der Gernsehclub
Der Gernsehclub – Deutschlands erster TV-Live-Club
– gastiert mit einer exklusiven Sondervorstellung im
„Late Night Special“ auf dem Zeltfestival Ruhr. Die
TV-Comedy-Protagonisten Oliver Kalkofe und Basti-
an Pastewka stehen einen Abend lang selbst an der
Fernbedienung und wollen ihrem Publikum auf großer
Leinwand das Beste ihrer TV-Kultserien präsentieren.
Die beiden Humorfreunde springen gemeinsam durch
die DVD-Menüs und zeigen unter dem Motto „Großes
Gernsehen“ ausgewählte Lieblingsfolgen, berichten
von den Dreharbeiten und bieten Einblicke hinter die
Kulissen. Wenn Oliver Kalkofe, „das eitrige Furunkel
am Arsch der Unterhaltung“ (Stern) und TV-Profi Bas-
tian Pastewka zum humoresk-sarkastischen Schlag
gegen deutsches Verblödungs-Fernsehen ausholen,
bleibt garantiert kein Auge trocken.
Kemnader See, Bochum, 22 Uhr
Mischmasch | CSD Dortmund – Queer im Revier
Zum 15. Mal findet in diesem Jahr der Dortmunder
Christopher Street Day (CSD) auch in Dortmund un-
ter dem Titel: „Queer im Revier“ statt. Mit dieser
Veranstaltung will SLADO e.V. für Gleichberechti-
gung von Lesben, Schwulen und Transidenten so-
wie gegen Homophobie und Transphobie einstehen.
Die Veranstaltung steht in diesem Jahr unter der
Schirmherrschaft der Ministerpräsidentin des Lan-
des NRW, Frau Hannelore Kraft. Die CSD Woche findet
vom 21. August 2011 bis zum 27. August 2011 statt.
Der Höhepunkt ist das Straßenfest am 27. August
rund um die Dortmunder Reinoldikirche, es beginnt
um 12 Uhr und das Bühnenprogramm wird um 14 Uhr
vom Landesminister Guntram Schneider eröffnet. Ab
22 Uhr heißt es dann im Boots Club (Bornstraße)
„Feiern bis in die Nacht“ auf der offiziellen CSD Af-
ter Show Party. Weitere Informationen findet man
unter: www.csd-dortmund.de.
City, Dortmund, 12 Uhr
SO 28 | 08 | 11
BODO VERLOSUNG | Roberto Capitoni
Italiener weinen nicht – außer bei Geburtstagen,
Hochzeiten und beim Fußball. Manchmal auch bei
Tierbabys, leeren Kühlschränken
und beim Zwiebelschneiden. Eher
selten bei französischem Essen, Ein-
schulungen und beim Achterbahn-
fahren. In seinem neuen Solopro-
gramm begibt sich Roberto Capitoni
auf die Suche nach seinen Wurzeln
und letztlich sich selbst. Dabei
muss er feststellen, dass sich selbst ein gestandener
Halb-italiener mit zunehmendem Alter immer häu-
figer fragt: Wer bin ich? Ein Italiener gefangen in
einem deutschen Körper? Oder umgekehrt? Berlus-
coni oder Beck? Der spendable und zu jeder Feier
bereite Südländer oder der penible und ordnungslie-
bende Schwabe? Spätzle al dente, oder doch lieber
Spaghetti mit Roter Bete? Ein Einwanderer, der nach
Deutschland kam, oder ein Auswanderer aus Italien?
Eine aberwitzige Reise durch zwei Kulturen, die doch
viel mehr gemeinsam haben als man vielleicht denkt
und wirklich wahrhaben will.
Zauberkasten, Bochum, 18.30 Uhr
bodo verlost 3 x 2 Karten.
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
Musik | Swingparty mit der Jazz Fazz Big Band
Neben den zahlreichen Comedy- und Kabarett-Ver-
anstaltungen bei „RuhrHochDeutsch 2011“ finden an
drei Sonntagen Tanzevents der besonderen Art statt.
Jazz Fazz ist die Big Band des Geierabends und un-
ter Führung des Drummers Andreas Ruhnke soll das
26 VERANSTALTUNGEN AUGUST 2011
27 | 08 | 11 Reggaeville Weekender – Alpha Blondy 27 | 08 | 11 CSD Dortmund – Queer im Revier
NICOLAS JUNCKER | Die drei Musketiere (Carlsen Comics)
Geprägt durch Hörspielplatten und zahlreiche Verfilmungen war ich eigentlich mit dem Thema „Die drei Musketiere“ durch.
Die Story kann ich mitbeten, und was Neues wird mir bestimmt auch nicht mehr erzählt. Vielleicht geht es dem einen oder
anderen ähnlich. Trotzdem hat es diese Comic-Graphic-Novel geschafft, mich zu interessieren und meine Aufmerksamkeit
wach zu halten. Mit einem einfachen Zeichenstrich in klarer Kolorierung, irgendwo zwischen seriösem Erwachsenencomic
und funny Cartoon, gibt der französische Comiczeichner Nicolas Juncker sich Mühe, die bekannte Geschichte recht genau
zu erzählen. Alles aus der Sicht von D‘Artagnan, immer wieder mit kurzen, tagebuchartigen Exkursen (in schwarz-weiß), die
einen Sachverhalt oder Gedankengang skizzieren und erhellen. Mir persönlich sind die Gesichtszüge ein wenig zu dünn und
nicht sehr aussagekräftig. Das erinnert eher an japanische Zeichentrickfilme, und ich bin kein Fan von diesen ausdrucks-
schwachen Manga-Gesichtern. Insgesamt schafft es Juncker aber, das man Dumas‘ Musketiere wieder ein stückweit neu
entdeckt und voller Spannung ihre Geschichte(n) und Abenteuer um politische Intrigen, den Schrecken des Krieges, dem
Kampf um Gerechtigkeit wie Moral und natürlich um „wahre Männerfreundschaft“ erlebt. (BvR)
COMIC-TIPP
27
29 | 08 | 11 Fight Club27 | 08 | 11 Zeltfestival Ruhr: Der Gernsehclub
Spiegelzelt wieder seiner ursprünglichen Bedeutung,
der des Tanzsaals zugeführt werden. Die Jazz Fazz
Big Band verfügt über ein komplett tanzbares Musik-
repertoire. Schwerpunkt sind Standards und Swing-
tänze wie Lindy Hop, Jive, Foxtrott, Boogie Woogie
und Rock’n'Roll. Musik der großen Swing Bands eines
Glen Miller, Artie Shaw, Bobby Darin, Louis Prima,
aber auch moderne Swingarrangements von z.B. den
Cherry Poppin’ Daddys bestimmen das Programm, das
von Swing und Jive über Latin und Blues reicht. Be-
reichert mit Highlights der Latin-Pop-Musik mit Ti-
teln von JLo, den Pussycat Dolls und Tito Puente u.a.
erwartet den Zuhörer und Tänzer ein facettenrei-
ches, temperamentvolles Big-Band-Tanz-Programm.
Vor Tanzbeginn geben Lehrer von Lindypott einen
kostenlosen einstündigen Lindy-Hop-Schnupperkurs
für alle Interessierten.
Spiegelzelt am U, Dortmund, 14 Uhr
MO 29 | 08 | 11
Musik | Blonde Redhead
Blonde Redhead haben sich 1993 gegründet. Ihr
erstes Album wurde von Sonic Youth Drummer Steve
Shelley aufgenommen und 1995 auf dessen Label ver-
öffentlicht. Seit den späten Neunzigern wandelt sich
der Sound der Band von sperrigen Noise-Attacken
kontinuierlich hin zu sphärischeren und zugängliche-
ren Sounds, die auch von elektronischer Musik beein-
flusst sind. „I landed in snowy slippery Stockholm...“
erzählt Sängerin Kazu Mazino in Bezug auf ihr neues,
in New York und Stockholm aufgenommenes Album
„Penny Sparkle“. „I fell in love with the music like
falling for someone you've known for a long time. It
was dreamy and sometimes was very stormy.“ Schil-
lernd, dunkel, schön. Der Herbst kann kommen.
FZW, Dortmund, 20 Uhr
Musik | Zeltfestival Ruhr: OMD
Paul Humphreys, Andy McCluskey und Paul Collister
gründen das Orchestral Manoeuvres In The Dark 1978
in Liverpool. Schon knapp zwei Jahre später gelingt
mit ihrer Hit-Single „Enola Gay“ der Sprung in die
oberen Regionen der Charts, den sie mit „Maid of Or-
leans“ 1981 sogar noch einmal toppen. Neben Bands
wie Human League, Soft Cell, Ultravox oder Depeche
Mode gehören OMD zum Feinsten, das die britische
New Wave-Cuisine in jenen Tagen auf der Speisekar-
te führt. 2007 dann überraschend das Comeback in
alter Besetzung und sie tourten wieder. Drei Jahre
später folgte mit „History Of Modern“ sogar ein neu-
es Studioalbum. Unter der Regie von Producer Mike
Crossey (Arctic Monkeys, Razorlight) gelingt die
Fortführung des typischen OMD-Sounds in die tech-
nischen Möglichkeiten der Gegenwart. Kühle Techno-
Beats gepaart mit hymnischen Synthie-Flächen: eine
mittlerweile zeitlose Kombination, die McCluskey
und Humphreys immer noch beherrschen, und die für
Acts wie LCD Soundsystem oder The Killers explizit
genannte Vorbilder bedeuten.
Kemnader See, Bochum, 20 Uhr
Theater | Fight Club
„Theater, das in den Bauch tritt und eine Diagnose
über die Gegenwart ins Unterbewusstsein verlegt. So
sehen wir am Ende in die fasziniert in den Schre-
cken starrenden Gesichter, wenn die Welt vor Terror
erbebt. Frenetischer Applaus für abgebrüht clevere
Kunst.“ (WAZ) „Nicht nur die drei Hauptdarsteller
überzeugen durch ein intensives und authentisches
Spiel. Auch die Dramaturgie und der Einsatz von
Musik, die Jacks düstere Innenwelt perfekt unter-
streicht, glänzen an dem Abend. Packend und in-
tensiv spielte sich der Fight Club in die Köpfe der
Zuschauer. Regisseur Oliver Paolo Thomas bewies
bei seinem Debüt ein gutes Händchen: Schauspieler,
Dramaturgie und Musik hätten kaum besser sein kön-
nen.“ (Ruhr Nachrichten)
Rottstr.5 Theater, Bochum, 19.30 Uhr
DI 30 | 08 | 11
Lesung | 1+1= 11 oder 11 Jahre Ekamina
Ein Künstler, Tobias Rauh aka Tobi Katze und noch ein
Künstler, Rainer Holl, lesen gemeinsam zu elf Jahre
Ekamina. Elf gute Jahre, elf gute Gründe. Beispiel,
Freispiel, Glücksspiel, Heimspiel, Hörspiel, Mitspiel,
Rückspiel, Schauspiel, Trinkspiel, Wortspiel, Zuspiel.
Was macht man zum Elften? Sich selbst ein Geschenk
zu machen, ist bestimmt nicht verwerflich. Und da-
bei immer an die Gäste denken. Die Herren Holl und
Rauh haben in den letzten zwölf Monaten mit jeweils
einer gelungenen Lesung ihr Publikum am elektri-
schen Kamin erfreut, so dass es überhaupt keinen
guten Grund gab, die beiden nicht zu fragen, ob sie
nicht zum Geburtstag auch mal gemeinsam am elek-
trischen Kamin lesen würden.
Sissikingkong, Dortmund, 21 Uhr
29 | 08 | 11 Zeltfestival Ruhr: OMD
Adressen | Bochum (0234)Bahnhof Langendreer, Wallbaumweg 108, 687 16 10
Christuskirche, An der Christuskirche 1, 338 74 62
Endstation Kino, Wallbaumweg 108, 687 16 20
Eve Bar, Königsallee 15, 333 354 45
Freilichtbühne Wattenscheid, Parkstraße, 61 03-0
HalloDu-Theater, Lothringer Str. 36c, 87 65 6
Jahrhunderthalle, Gahlensche Str. 15, 369 31 00
Kulturhaus Oskar, Oskar-Hoffmann-Straße 25
Kulturrat Bochum, Lothringer Straße 36, 862 012
Museum, Kortumstraße 147, 51 60 00
Mus. Zentrum der RUB, Universitätsstr. 150, 322 28 36
Prinz-Regent-Theater, Prinz-Regent-Str. 50 – 60, 77 11 17
Riff, Konrad-Adenauer-Platz 3, 150 01
RuhrCongress, Stadionring 20, 610 30
Schauspielhaus, Königsallee 15, 333 30
Stadthalle Wattenscheid, Saarlandstraße 40, 610 30
Thealozzi, Pestalozzistraße 21, 175 90
Varieté et Cetera, Herner Straße 299, 130 03
Zauberkasten, Lothringer Straße 36c, 86 62 35
Zeche, Prinz-Regent-Straße 50-60, 977 23 17
Zeche Lothringen, Lothringer Straße 36c, 876 56
Zwischenfall, Alte Bahnhofstraße 214, 28 76 50
Adressen | Dortmund (0231)Auslandsgesellschaft, Steinstraße 48, 838 00 00
Cabaret Queue, Hermannstraße 74, 41 31 46
DASA, Friedrich-Henkel-Weg 1 – 25, 90 71 24 79
Dietrich-Keuning-Haus, Leopoldstr. 50 – 58, 502 51 45
domicil, Hansastraße 7 – 11, 862 90 30
Fletch Bizzel, Humboldtstraße 45, 14 25 25
F.-Henßler-Haus, Geschw.-Scholl-Str. 33 – 37, 502 34 72
FZW, Ritterstraße 20, 17 78 20
Galerie Torhaus, Haupteingang Rombergpark, 50 23 194
Konzerthaus, Brückstraße 21, 22 69 62 00
Museum f. Kunst u. Kulturgesch., Hansastr. 3, 502 55 22
Piano Musiktheater, Lütgendortmunder Str. 43, 604 206
Rasthaus Fink, Nordmarkt 8, 999 876 25
Reinoldikirche, Ostenhellweg 1, 52 37 33
Schauspielhaus, Hiltropwall, 502 55 47
Sissikingkong, Landwehrstraße 17, 728 25 78
Strobels, Strobelallee 50, 999 50 60
Subrosa, Gneisenaustraße 56, 82 08 07
SweetSixteen Kino im Depot, Immermannstr. 29, 910 66 23
Theater im Depot, Immermannstraße 29, 98 21 20
U, Leonie–Reygers-Terrasse, 50 247 23
Westfallenhallen, Rheinlanddamm 200, 120 40
Westfalenpark, An der Buschmühle 3, 35 02 61 00
Zeche Zollern, Grubenweg 5, 696 12 11
Adressen | Herne (02323)Flottmann-Hallen, Flottmannstr. 94, 16 29 52
Mondpalast, Wilhelmstraße 26, 58 89 99
Adressen | Witten (02302)Saalbau, Bergerstraße 25, 581 24 24
Werkstadt, Mannesmannstraße 2, 94 89 40
Der Druck dieser Seite wurde ermöglicht durch Spenden der Besucher des Geierabend 2011.
28
Kem
nade
r Sta
usee
Boc
hum
| 2
5.07
. 201
1 |
15:1
8 h
| 51
˚25'
20.2
7" N
| 7
˚15'
33.7
0" E
THEMA WASSER UMWELT | von Dr. Birgit Rumpel28
Echt unterirdisch: FrackingGefährdet „unkonventionelle Erdgasgewinnung“ unser Grundwasser?
Die Erdgasgewinnung aus konventionellen La-gerstätten ist rückläufig, die Ressourcen sind begrenzt. Jetzt ist eine Fördermethode auf dem Vormarsch, mit der Erdgas aus nicht konventionel-len Vorkommen gewonnen werden soll: Hydraulic Fracturing, kurz Fracking. Doch diese Methode ist heftig umstritten, es formiert sich Widerstand.
„Als ich zum ersten Mal von einem Arbeitskollegen
aus dem Münsterland etwas über Fracking hörte,
war ich interessiert, habe aber gedacht, das be-
trifft uns nicht,“ erinnert sich Christian Krumkamp
von der Bürgerinitiative gegen Gasbohren (BIGG)
in Werne. „Doch dann erfuhr ich, dass auch hier
in der Nähe Bohrungen geplant sind, außerdem ist
mir klar geworden, dass unser Trinkwasser bedroht
ist, selbst wenn nicht direkt vor der eigenen Haus-
tür gebohrt wird.“ Also trug der 42jährige IT-Sys-
temingenieur sein Anliegen dem Bürgermeister vor,
gründete die Bürgerinitiative und erreichte unter
Einsatz der Lokalpresse, dass dem Thema auch in
Werne Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Die Bezeichnung „unkonventionelle Erdgasge-
winnung“ klingt harmlos, die Fördermethode, die
hierbei zum Einsatz kommt, ist jedoch alles ande-
re als das. Mit dem „Fracking“ (sprich: Fräcking)
wird Gas gefördert, das nicht wie „normales“ Erd-
gas in unterirdischen Blasen gesammelt, sondern
in verschiedenen Gesteinsschichten diffus verteilt
ist. Hierzu werden Bohrungen bis mehrere hundert
Meter tief und dann weiter horizontal in die Erde
getrieben, in die Bohrlöcher wird unter hohem
Druck eine Frackflüssigkeit aus Wasser, Sand und
Chemikalien gepumpt. Dadurch kommt es quasi zu
unterirdischen Sprengungen, das Gestein wird auf-
gebrochen, das Gas strömt mit der Frackingflüssig-
keit an die Oberfläche (s. Infografik).
Bilder und Berichte aus den Vereinigten Staa-
ten zeigen, wie gefährlich die dortige Praxis ist.
Frackflüssigkeit enthält zahlreiche giftige und
teils krebserregende Substanzen, der Großteil des
Frackwassers bleibt im Boden und findet zusammen
mit dem freigesetzten Gas den Weg in das Grund-
und schließlich ins Trinkwasser. Bilder von ent-
flammbarem Wasser, das aus einer Küchenarmatur
sprudelt, zeigen am deutlichsten, wie wenig unter
Kontrolle ist. Anwohner in der Nachbarschaft von
Bohrstellen klagen über gesundheitliche Probleme.
Hiesige Experten wiegeln ab und halten den Ver-
gleich mit den amerikanischen Verhältnissen für un-
zutreffend. Hierzulande würde in ganz anderen Tiefen
gebohrt, die geologischen Verhältnisse seien andere,
ebenso die eingesetzten Chemikalien, zudem gebe es
in Deutschland viel strengere Umweltschutzauflagen.
Hier könnten die modernsten Bohrmethoden ange-
wendet werden, die sich bereits im Bergbau und bei
Geothermiebohrungen bewährt hätten.
So war es bei einem Expertengespräch zu hören, zu
dem Regierungspräsident Dr. Gerd Bollermann Ende
März eingeladen hatte und das auf der Website der
Bezirksregierung Arnsberg einzusehen ist. Die Ex-
perten unterschiedlicher Fachrichtungen wurden
nicht müde, die Technik an sich als erprobt und
beherrschbar einzustufen, zeigten sich nur teilwei-
se skeptisch, ob die Fördermethode in Deutschland
wirtschaftlich sinnvoll einsetzbar ist. Hundertpro-
zentige Sicherheit konnte naturgemäß niemand
garantieren, die Frage, welcher größtmögliche
Unfall denkbar sei und welche Maßnahmen dann
zu treffen seien, blieb unbeantwortet. Als hätte
es Fukushima und Deepwater Horizon nie gegeben.
Die Wasserversorger in NRW sind alarmiert. DEW21
und die Stadtwerke Bochum verweisen auf die Stel-
lungnahme des Vorstandsvorsitzenden der Gelsen-
wasser AG, Dr. Manfred Scholle, der sich sehr deutlich
zum Thema äußert: „Die Frage, ob die heimischen
Erdgasvorkommen erschlossen werden sollen, ist ja
berechtigt. … Aber so, wie die eingesetzte Fracking-
Methode heute funktioniert, ist sie nicht zu vertre-
ten. Das Wasser ist im Höchstmaß gefährdet.“
Ω
Nach Zwischenfällen
mit der dort prakti-
zierten Fracking-Tech-
nik gehen US-Bürger
endlich auf die Straße.
29
29
Mitte Juli reiste Scholle mit einer Gruppe von Was-
serexperten nach Pennsylvania, um sich vor Ort zu
informieren. Ulrich Peterwitz, Geschäftsführer der
Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke an der Ruhr
(AWWR), war dabei. „Wir haben gesehen, dass ins-
besondere die Frage der Abwasserentsorgung nicht
geklärt ist. Das Abwasser wird in die kommunalen
Kläranlagen entsorgt, die aber gar nicht dafür aus-
gelegt sind. Noch wichtiger ist uns der Schutz des
Wassers, denn das Trinkwasser ist unser kostbarstes
Lebensmittel, das wir durch nichts ersetzen können.“
Einhellig fordern sie die Änderung des Bergrechts
dahingehend, dass Umweltverträglichkeitsprüfungen
bei allen Bohrungen vorgeschrieben werden.
Fracking in den USABereits seit den 1950er Jahren werden verschie-
dene Fracking-Verfahren eingesetzt, lange Zeit
nur in gut erreichbaren Lagerstätten. Erst mit der
fortgeschrittenen Bohrtechnik wurde die unkon-
ventionelle Erdgasförderung wirtschaftlich inter-
essant. Den letzten Kick gab schließlich eine Ge-
setzeslücke (Halliburton Loophole), die während
der Bush-Regentschaft von Vizepräsident Dick
Cheney lanciert wurde, und den Energiekonzernen
in den USA seit 2005 freistellt, ohne Rücksicht
auf das zentrale Wasserschutzgesetz Fracking in
großen Tiefen anzuwenden. Dadurch kam es zu
einem enormen Anstieg der Bohrungen und För-
dermengen. ExxonMobile kaufte 2009 für 41 Milli-
arden US-Dollar die auf unkonventionelle Erdgas-
förderung spezialisiert XTO-Energy.
Erst nachdem es vermehrt Berichte über verunrei-
nigtes Trinkwasser und Gesundheitsprobleme von
Anwohnern gab, wurde das Thema im US-Kongress
diskutiert und die US-Umweltschutzbehörde EPA
2010 mit einer Studie über die Auswirkungen des
Fracking beauftragt, die jedoch erst 2012 abge-
schlossen sein wird.
Fracking in EuropaAuch hier versuchen global agierende Energiekon-
zerne, sich die aussichtsreichsten Vorkommen zu
sichern. In Frankreich gab es nach heftigen Pro-
testen im Juni eine Gesetzesinitiative zum sofor-
tigen Stop von Fracking. In Großbritannien und
den Niederlanden wird bereits gefrackt. In Polen
werden riesige Vorkommen vermutet, seit 2010
führen unter anderen ExxonMobile die ersten Er-
kundungsbohrungen durch, man erhofft sich ei-
nen enormen wirtschaftlichen Schub und träumt
bereits von norwegischen Verhältnissen.
FrackingBeim sogenannten „Hydraulic Fractu-ring“ oder auch „Fracking“ wird eine Mischung aus Millionen Litern Wasser, Sand und Chemikalien mit einem Druck von bis zu 1000 bar durch das Bohrloch in die in mehreren tausend Meter Tiefe liegende Lagerstätte gepumpt. Dadurch werden Risse ins Gestein gesprengt.Durch diese Risse fließt das Gas zum Bohrloch. Das Sand-Chemie-Gemisch verhindert, dass sich die Risse sofort wieder schließen.
Grundwasserspiegel
Lastwagen bringen Material für den Bohrplatz, Bohrmit-tel und Wasser.
Pumpen pressen das Sand-Wasser-Chemie-Gemischins Bohrloch.
Das Erdgas strömt aus dem Bohrloch.
Benutztes Fracking-Wasser wird gespeichert und dann entsorgt.
Das Gas wird insGasnetz eingespeist
Sand hält dieRisse geöffnet
Gas strömt mit dem Frackingwasser aus den Rissen in die Bohröffnung
Bohröffnung
Grube
Speichertanks
Risse
Riss
Zementmantel
Wasser-Sand-Chemie-Gemisch
Bohrung wird im Bereich der Lagerstätte horizontal weitergetrieben.
Gestein wird durch den hohen Druck gebrochen. Es entstehen Risse.
Graf
ik:
Al G
ranb
erg
/ Pr
oPub
lica
30
Hen
gste
ysee
Sch
wer
te |
28.
07. 2
011
| 14
:53
h |
51˚2
4'56
.03"
N |
7˚2
8'42
.10"
ETHEMA WASSER 30
Fracking in DeutschlandAm weitesten fortgeschritten ist das Fracking in
Niedersachsen, wo ExxonMobil schon seit Jahren
fördert. In Vechta liegt eine Bohrstelle sogar
mitten in einem Trinkwasserschutzgebiet. Erst in
jüngerer Zeit und nachdem es durch Leckagen zur
Verunreinigungen der Böden kam, regt sich Wi-
derstand.
Fracking in NRWEtliche Energiekonzerne haben sich seit 2005
die in Frage kommenden Flächen reserviert: Fast
ganz NRW ist in „Aufsuchungsfelder“ geteilt, in
denen grundsätzlich nach Erdgas gesucht wer-
den darf. Im Feld „Ruhr“, das sich vom Sauerland
bis zur niederländischen Grenze erstreckt und
in dem mehrere Wasserwerke liegen, plant die
BASF-Tochter Wintershall erste Probebohrungen.
Diese müssen zunächst beantragt und geneh-
migt werden. Wenn das Unternehmen den Ein-
druck hat, dass sich die Förderung lohnen wird,
beantragt es die Genehmigung zur Förderung.
Nach derzeitigem Bergrecht muss es dazu nur
dann eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)
durchführen, wenn die geplante tägliche Förder-
menge 500.000 Kubikmeter Erdgas pro Bohrung
übersteigt.
Dies ist einer der Gründe, warum auch der zustän-
dige Regierungspräsident in Arnsberg, Dr. Gerd
Bollermann, eine Änderung des Bergrechts drin-
gend fordert, denn es ist auf die damals gängigen
Abbaumethoden ausgelegt, nicht aber auf Metho-
den, die derartig in den Untergrund eingreifen wie
das Fracking. Hierzu hat die NRW-Landesregierung
im Juni eine Bundesratsinitiative gestartet, denn
Bergrecht ist Sache des Bundes. Das NRW-Umwelt-
ministerium hat die Erstellung eines Gutachtens
ausgeschrieben.
Nachdem seit Ende 2010 vermehrt in den Medien
über Fracking berichtet wird, sind die zuständigen
Behörden aufgewacht. Das bereits erwähnte Exper-
tengespräch im März stand unter dem Motto „Erst
informieren, dann entscheiden“, das Medieninter-
esse wurde vom Regierungspräsidenten ausdrück-
lich begrüßt, man bemüht sich um Transparenz.
Ende Mai gab es eine Anhörung im Ausschuss für
Wirtschaft, Mittelstand und Energie des Landtags,
das Protokoll ist abrufbar. Hat man von Stuttgart21
gelernt? Christian Krumkamp und die anderen gut
vernetzten Bürgerinitiativen in NRW werden jeden-
falls noch genug zu tun bekommen. (biru)
INFO
Wie entsteht Erdgas?Während der letzten 500 Millionen Jahre der Erd-
geschichte wurde abgestorbenes pflanzliches Ma-
terial zersetzt, immer wieder von Sediment überla-
gert, und unter Luftabschluss kam es zur Bildung
von Torf, Kohle, Erdöl und Erdgas. Je nach den geo-
logischen Verhältnissen konnte sich das Gas in un-
terirdischen Blasen sammeln (konventionelles Gas)
≈
Die gelben Bereiche be-
zeichnen die Aufsuchungs-
felder rund ums Ruhrgebiet.
Hier darf grundsätzlich nach
Erdgas gesucht werden.
31
oder es befindet sich fein verteilt in verschiedenen
Gesteinsschichten, wie zum Beispiel in Tonstein
(Schiefergas, shale gas) oder in Kohlevorkommen
(colebed methane, CBM).
Wie wird gefördert?Bei der konventionellen Erdgasförderung werden
die Gasblasen angebohrt, sodass das enthaltene
Gas entweicht. Alle anderen Gasvorkommen kön-
nen nur durch Fracking erschlossen werden. Boh-
rungen, die sich nach unten auf ca. 10 cm Durch-
messer verjüngen, werden unterschiedlich tief in
die Erde geführt und dort horizontal weiter getrie-
ben. Jede Bohrung wird mit einem umgebenden
Zementmantel verfestigt. Unter hohem Druck wird
anschließend eine Frackflüssigkeit in die Lager-
stätte gepresst, es bilden sich feine unterirdische
Risse, sodass die Oberfläche für den Gasaustausch
vergrößert wird. In diese Risse dringt die Frack-
flüssigkeit ein und spült das Gas heraus. Die ein-
gesetzten Chemikalien haben dabei unterschiedli-
che Funktionen, sie sollen u.a. die Löslichkeit des
Gases in Wasser verbessern und dafür sorgen, dass
sich die Risse nicht umgehend wieder zusetzen.
Kontrolliert werden kann der Frackvorgang durch
seismische Messungen an der Erdoberfläche, die
Rissbildung kann mit einer Verzögerung von we-
nigen Stunden gestoppt werden, indem der Über-
druck abgeschaltet wird.
ProFür das Fracking gibt es energiepolitische und wirt-
schaftliche Argumente. In der aktuell diskutierten
Neuausrichtung der Energieversorgung gilt Erdgas
als wichtigste Energiequelle, die während des Aus-
baus regenerativer Energie die Versorgungssicher-
heit gewährleistet. Die Importabhängigkeit von
den klassischen Gasförderländern wird geringer und
schließlich wird auf die vorhandene Kompetenz am
Technologiestandort Deutschland verwiesen.
ContraGegen das Fracking sprechen etliche Risikofakto-
ren. Die Bohrungen werden durch Grundwasser-
schichten geführt, die eingesetzten Chemikalien
werden von den Unternehmen nicht vollständig of-
fengelegt, die Spätfolgen durch den ausgedehnten
Eingriff im Untergrund sind nicht absehbar. Kriti-
ker bezweifeln, dass das eingesetzte Frackwasser
vollständig wieder an die Oberfläche geholt und
vorschriftsmäßig entsorgt wird. Risiken an der
Oberfläche: Flächenverbrauch für die Bohrstand-
orte, Umweltbelastung durch Versorgungsverkehr,
Gefahr von Unfällen und Leckagen, bei denen
Frackflüssigkeit in die Umgebung und ins Grund-
wasser gelangen. Aus tiefen Gesteinsschichten
wird radioaktives Material mit an die Oberfläche
befördert, das auch an der Bohrausrüstung und den
Leitungen verkrustet.
ANZE
IGEN
Optik Meier
Ihr Fachgeschäft für Brillen und Kontaktlinsen
Neustraße 4 · 44623 HerneTelefon 0 23 23 – 5 04 63
Öffnungszeiten
Mo. – Fr.: 9 Uhr – 18.30 Uhr
Sa.: 9 Uhr – 14 Uhr
Termine nach Absprache von 8 Uhr – 20 Uhr
32
32
In K
oope
rati
on m
it w
ww
.sud
oku-
aktu
ell.
de
RÄTSEL
schafft Chancenbodo
120 qm Modernes Antiquariat
bodos Bücher
Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund
Mo. bis Fr. 11 bis 18 Uhr | 0231 – 982 297 96
Belletristik | Sach- und Fachbücher | Raritäten
bodos Bücher online
»Bücher schaffen Stellen«
www.bodoev.de
Rätsel-Lösung: FINNE
33
Tief unten im Meer spielt Bodo König Neptun. Ob er dabei Atlantis entdeckt? Du musst allerdings etwas anderes entdecken, nämlich die 10 Unterschiede, die sich im rechten Bild befinden. Viel Spaß dabei!
ESELSOHR | von Volker Dornemann
Fehlersuchbild – Lösung:
1) Bodo-Ratten-Neptun fehlen die
Nagezähne, 2) er trägt eine Arm-
banduhr am Handgelenk, 3) sein
Dreizack ist unten kürzer, 4) im
Fischschwarm fehlt ein Fisch, 5)
der kleine Tintenfisch ist plötzlich
gelb, 6) Bodo trägt einen Kristall
statt einer Muschel an seiner Kette,
7) aus dem Schnorchel des Tauchers
kommen keine Luftblasen, 8) der
gelbe Fisch hat drei Brustflossen,
9) die Brustflosse des Hais ist zu
kurz und 10) rechts unten tummelt
sich ein Seestern.
33
Hochkultur, während Talawaitichqua
von einer hauptsächlich kriegeri-
schen Nation bevölkert war – eine
erstaunliche Ähnlichkeit mit den
Berichten Platos.
Interessant ist auch, dass es in
zahlreichen Kulturen Legenden von
einer Sintflut gibt - dass also die
Welt von Wasser überflutet wurde.
So z.B. die biblische Geschichte von
Noahs Arche. Da die Überlieferung
einer Sintflut in den verschie-
densten Teilen der Welt existiert,
könnte man hieraus schlussfolgern,
sie könnte möglicherweise von
dem Ort, an dem die Katastrophe
passierte, durch die Überlebenden,
die sich auf die anderen Kontinente
retteten, überliefert worden sein
und dass dieser eine Ort vielleicht
Atlantis gewesen sei.
Bei allen Theorien ist nur eines si-
cher: Gefunden wurde Atlantis bisher
noch nicht. Es existieren also keiner-
lei archäologische Beweise für seine
Existenz – aber auch keine Beweise,
die sie widerlegen würden. Was
bleibt, sind die Legenden – bis Atlan-
tis vielleicht eines Tages tatsächlich
doch noch gefunden wird. (vd)
Sicher habt Ihr schon von dieser
sagenumwobenen Stadt gehört,
die in grauer Vorzeit im Meer
versunken sein soll. Manche
sprechen sogar von einem ganzen
Kontinent, der von den Fluten des
Ozeans verschlungen worden sein
soll. Es heißt, Atlantis habe eine
hoch entwickelte Kultur besessen,
die mit dem Untergang in Verges-
senheit geriet.
Die unterschiedlichsten Geschichten
ranken darum und sind seit der
Antike immer wieder erzählt worden.
Die meisten Geschichten vermuten,
Atlantis habe inmitten des Atlanti-
schen Ozeans gelegen, einige halten
jedoch auch ganz andere Orte für
möglich. Was aber ist tatsächlich
dran an der Legende von Atlantis?
Sind es bloß erfundene Geschichten
oder haben sie einen wahren Kern?
Namentlich als erster erwähnte der
griechische Philosoph Plato (427
bis 347 v. Chr.) Atlantis. Es sei
eine starke Seemacht gewesen, die
verschiedene Länder Europas und
Afrikas erobert haben soll. Um 9600
v. Chr. soll sie schließlich durch eine
Naturkatastrophe untergegangen
sein. Andere Legenden berichten
davon, dass die Atlanter sich nach
dem Untergang ihrer Heimat auf die
verschiedenen Kontinente der Erde
gerettet haben und auf diese Weise
ein Teil der Atlantischen Kultur zum
Bestandteil der Kulturen der Völker
der Welt geworden sei.
Aus einer ganz anderen Ecke der
Welt stammt eine fast identische
Legende, in der die versunkene
Insel jedoch nicht Atlantis, sondern
Talawaitichqua hieß. In den Legen-
den der Hopi-Indianer taucht diese
neben dem ebenfalls versunkenen
Kontinent Kasskara auf. Talawai-
tichqua lag angeblich, wie Atlantis,
im Atlantik, und soll aufgrund einer
Naturkatastrophe an einem Tag
im Meer versunken sein. Kasskara
dagegen lag im Pazifischen Ozean
und war der eigentliche Ursprung der
34
Teic
h am
Wes
tfal
enpa
rk D
ortm
und
| 18
.07.
201
1 |
15:2
2 h
| 51
˚29'
54.0
1" N
| 7
˚28'
40.0
0" E
THEMA WASSER DIE REPORTAGE | von Wolfgang Kienast | Fotos: Claudia Siekarski34
Händler müssen draußen bleiben
Wo bitte geht s denn hier zum Wasser? An zwei Samstagen im Jahr kann man auf den Autobahnen und Bundesstraßen rund um Unna den Eindruck gewinnen, die Bördestadt läge nicht am Hellweg, sondern an der Ardèche, an den Mecklenburger Seen oder zumindest an der Weser, ganz bestimmt aber in ei-nem der Paddelparadiese auf diesem Planeten. Nicht zu über-sehen sind an diesen Tagen Autos mit Bootsanhängern oder speziell geformten Dachgepäckträgern, beladen oder leer. Dann ist Gebrauchtbootmarkt bei Schröer. Am 30. April fand er in der mittlerweile 55. Ausgabe statt, der Herbsttermin ist bereits in den Kalendern der Kanuten notiert.
Unna, Massener Straße. Eine typische Stadtrandlage mit Kleinge-
werbe und obligatorischem Autohandel, Zurbrüggen ist das größte
Geschäft am Platz. Alleebäume säumen den Straßenrand, mit rot-
weiß gestreiftem Flatterband ist ein schmaler Bereich für Fußgän-
ger abgeteilt. Das hat sich bewährt, es wäre sonst vermutlich jeder
Meter zugeparkt. Unser Ziel, wie das der meisten Menschen um uns
herum, ist eine Wiese neben Sport Schröer, Hausnummer 137, und
dort der Gebrauchtbootmarkt. Improvisierten Wegweisern folgen
wir zunächst zu einem großen, früh schon gut gefüllten Parkplatz.
Laut unserer Information beginnt der Markt stets um 9 Uhr, später
erfahren wir, dass heuer bereits um 7 Uhr die ersten Stände aufge-
baut waren. Es soll auch vorgekommen sein, dass auf dem Gelände
gezeltet wurde. Nach vorheriger Anmeldung, versteht sich.
Wir stellen den Wagen ab, steigen aus und nehmen die allgemeine
Richtung. Ein junger Mann kommt uns entgegen, professionell ge-
schultert trägt er ein rotes Wildwasserboot. „Schon fündig gewor-
den?” frage ich. „Haargenau, was ich gesucht habe”, antwortet er.
Wer so bestimmt weiß, was er braucht, kennt die Vielseitigkeit beim
Kanusport. Paddeln ist mentalitätsübergreifend. Adrenalinjunkies
oder Naturfreunde, Familienmenschen oder Individualisten, es gibt
eine Menge Differenzierungen und so viele Bootstypen wie Vorlieben.
Wer neugierig ist, kann erste Erfahrungen bei einem kommerziellen
Verleiher machen. Oder in einem Verein. Wer Blut geleckt hat, träumt
früher oder später vom eigenen Boot. Die Grundausrüstung, beste-
hend aus Kanu, Paddel und Bekleidung, ist gar nicht so teuer, doch
kann gerade ein Einsteiger viel Geld sparen, indem er sich nicht für
das billigste Neue, sondern für gutes Gebrauchtes entscheidet.
In dieser Hinsicht besteht kein Unterschied zu vielen anderen
Sportarten. Das sagt auch Herr Schröer. „Der erste Gebraucht-
bootmarkt fand Anfang der 80er Jahre statt. Im Grunde war das
nicht einmal unsere Idee. Wir hatten von einer ähnlichen Ver-
anstaltung im Wintersportbereich gehört. Wir dachten, was bei
Skiern geht, könnte auch mit Kanus funktionieren. Und bereits
der erste Versuch gab uns recht.”
Um sich als Anbieter in einer zunehmend discountorientierten
Warenwelt behaupten zu können, muss ein Betrieb der Kategorie
familiengeführter Fachhandel kreativ sein. Ein Pfund, mit dem er
Von privat an privat lautet die Spielregel auf Deutschlands größtem Gebrauchtbootmarkt
dabei wuchern kann, ist eine meist enge Kundenbeziehung. Ver-
mutlich hat sich die Schröersche Offerte durchsetzen können, weil
vor dreißig Jahren auch die Mund-zu-Mund-Propaganda funktio-
niert hat. Jedenfalls ist der Unnaer Gebrauchtbootmarkt nicht nur
der erste seiner Art in Deutschland, sondern auch der größte, viel-
leicht sogar der größte in ganz Europa, wie bisweilen zu hören ist.
Den Verkäufern und Käufern auf dem Grün neben dem Ladenlokal
dürften solche Rekorde egal sein. Für sie ist wichtig, dass von der
jeweils anderen Fraktion möglichst viele Vertreter zugegen sind.
Und sie freuen sich über das unkomplizierte Regelwerk. Kein Ein-
tritt, keine Standgebühr, keine prozentuale Beteiligung.
„Von privat und an privat. Sonst würde die Sache nicht funktionie-
ren“, erklärt Herr Schröer und erzählt, wie trotzdem immer wieder
versucht werde, dieses Prinzip zu unterlaufen. „Ich gehe, um das
Angebotene zu kontrollieren, selbst zwischen den Ständen her.
Einmal ist mir jemand aufgefallen, der hatte ein gebrauchtes Boot
dabei. Ein Kunde zeigt sich interessiert, da holt der einen ganzen
Stapel Fotos aus der Tasche und sagt, er könne bei ihm auch so et-
was oder so etwas oder so etwas bekommen. Keine Frage, das war
ein professioneller Händler. Der durfte seinen Kram sofort zusam-
menpacken.” Auch werde oft versucht, Dinge zu veräußern, die mit
Booten nichts zu tun hätten. Freizeitmode zum Beispiel. „Wenn
einer versucht, seinen alten Neoprenanzug zu verkaufen, ist das
okay, das fällt noch unter Zubehör. Wenn aber jemand kommt und
baut einen Stand mit Jeans und T-Shirts auf, geht das eben nicht.
Dann würde der Markt sofort seinen Charakter verlieren.”
35
35
36
Teic
h im
Rom
berg
park
Dor
tmun
d |
28.0
7. 2
011
| 14
:23
h |
51˚3
1'40
.05"
N |
7˚2
8'34
.45"
ETHEMA WASSER 36
Wir können am 30. April zum Glück nur Privatleute mit gebrauchten Ka-
jaks, Canadiern und tatsächlichem Zubehör entdecken. An einem Stand
wird lebhaft über den Originalzustand eines betagten Klepper-Faltboots
debattiert. Wer Informationen sucht, wird immer fündig. Wenige Me-
ter entfernt hat sich Herr Jochum positioniert. Er bietet ein Schlauch-
kajak an, welches er sich während eines Urlaubs in Kanada zugelegt
hatte. Leicht und auf extrem geringes Volumen zusammenfaltbar, sagt
er, sei es eine prima Alternative auf längeren Reisen mit begrenztem
Stauraum. Vor allem, wenn eher gemütliches als sportliches Paddeln im
Vordergrund stehe. Ein anderer Verkäufer will sich von einem familien-
tauglichen Canadier trennen. Problemlos fänden zwei Erwachsene, vier
Kinder, ein Hund und Gepäck darin Platz. Leider fühle sich der Nach-
wuchs inzwischen für weiteres Urlauben unter Aufsicht zu erwachsen.
Als passionierter Paddler möchte er möglichst bald ein Wanderkajak für
sich selber kaufen, finanziert durch den Erlös aus dem Canadier.
Baghy, gebürtiger Ungar und praktizierender Landarzt am Möhnesee, ist
gemeinsam mit einem Kumpel zum Gebrauchtbootmarkt gekommen. Er
strahlt. Soeben hat er ein Rennkajak erstanden, aus edlem Holz gefertigt,
bildschön und in ausgezeichnetem Zustand. „Das ist mein Ding, das weiß
ich”, schwärmt er und lässt uns sofort an seiner guten Laune teilhaben.
„Ich bin Mitglied in einem Sportverein am See, da wird Wasserski gefah-
ren. Das macht Spaß, ich liebe Geschwindigkeit. Aber ich will paddeln.
Ich habe mir mal ein Seekajak geborgt. Viel zu langsam. Klar, anfangs
werde ich aus einem Rennkajak rausfallen, immer wieder, aber das gehört
dazu. Ich muss nur üben, dann wird mir das über kurz oder lang nicht
mehr passieren. Ich freue mich schon jetzt auf den Sommer.”
Wer als reiner Schnäppchenjäger nach Unna kommt, sollte allerdings
nicht zuviel erwarten. Zwar ist das Angebot groß, doch die meisten
Verkäufer wissen, was sie aufrufen können. In etwa liegen die Preise
auf ebay-Niveau. „Jeder muss selbst wissen, was er verlangen kann
oder auszugeben bereit ist”, sagt Herr Schröer. „Manchmal staune ich
nur. In Vorwendezeiten hatten Faltboote von Pouch in Westdeutsch-
land einen guten Ruf. Sie galten als robust und preiswert. 500 bis 600 DM
haben die hier gekostet. Wenn ich jetzt sehe, dass jemand 400 Euro
für so eine alte Kiste haben will, wundert es mich nicht, wenn er sein
Boot wieder mit nach Hause nimmt. Dann habe ich gesehen, dass je-
mand ein PE-Boot mit kaputtem Süllrand gekauft hatte. Im Prinzip ein
Totalschaden. ,Ich hoffe, du hast für den Schrott nicht mehr als für ne
Kiste Bier hingeblättert‘, habe ich gesagt. ,Keine Sorge, 10,- Euro‘, hat
er geantwortet und gemeint, dass er das wieder hinbekommen würde.
Na, wenn er meint...”
Damit die oft sperrige Ware nicht mühsam zwischen Parkplatz und Wie-
se hin und her geschleppt werden muss, wurde vor einigen Jahren sogar
ein Shuttleservice eingerichtet, der den Transport für Verkäufer und
Käufer übernimmt. Doch es gibt die ganz Schlauen, die sich den Weg
zum eigentlichen Markt sparen und auf dem Parkplatz lauern. Dort fan-
gen sie, erspähen sie ein Objekt ihrer Begierde, den potenziellen Ver-
käufer beim Abladen der Boote ab. Aber das sind Ausnahmen, handels-
einig wird man sich meist auf der Wiese. Außerdem macht hier allein das
Gucken und Zuhören schon Spaß. Und Kaffee gibt es auch. (wk)
INFODer 56. Gebrauchtbootmarkt findet am 24.9. statt.
Er beginnt um 9 Uhr – oder früher.
Sport Schröer | Massener Straße 137 | Unna.
NEUES VON ROSI | von bodo-Verkäuferin Rosi
Hallo liebe Leserinnen und Leser!
in letzter Zeit hatten wir viel zu tun. Kirschen
einkochen oder Marmelade kochen. Mit dem Ge-
lier-Zucker zum Kochen und nicht Kochen geht
heute alles viel schneller. Das Entkernen der Kir-
schen macht zwar viel Arbeit, aber es schmeckt
auch viel besser.
Jetzt, während der heißen Tage, koche ich viel
rote Grütze aus Mischobst. Abends, mit einer
Butter-Schnitte und der Kaltschale ergibt das
einen wunderbaren Leckerbissen. Leider ist der
Sommer im Moment nicht so schön. Dieses Auf
und Ab macht mich richtig krank. Aber was soll
es, wir müssen es so nehmen wie es kommt.
Leider habe ich über mich in letzter Zeit viel Ne-
gatives gehört, was mich sehr traurig stimmt. Ich
stehe nicht dort, weil ich Lust und Laune habe,
sondern weil ich mir was dazu verdienen möchte.
Wenn ich genug davon hätte, würde ich mich nicht
dort hinstellen. Ich glaube kaum, dass die Leute,
die über mich reden, von 150 Euro im Monat leben
könnten. Aber glauben Sie mir auch, dass ich sehr
viele nette Kunden habe, die anders über die Sa-
che denken. Nur so viel zu meinem Verkauf.
Damit verabschiede ich mich, Ihre Rosi.
ANZEIGE
37
ANZEIGE
38
Teic
h im
Fre
denb
aum
park
Dor
tmun
d |
28.0
7. 2
011
| 12
:06
h |
51˚3
2'40
.05"
N |
7˚2
8'42
.10"
ETHEMA WASSER BODO GEHT AUS | von Wolfgang Kienast | Fotos: Wolfgang Kienast38
Um es gleich am Anfang klarzustellen, die Santa Monika gibt es nicht. Drei Fahrgastschiffe tragen den Namen, Santa Mo-nika I, II und III, sie bilden eine weiße Flotte mit Heimatha-fen Hamm und sind auf Rhein-Herne-, Dortmund-Ems- oder Wesel-Datteln-Kanal zu Hause.
Das umfangreiche Programm reicht von gemütlichen Kaffee-
fahrten bis zur Halloween-Party, von der kurzen Hafenrunde bis
zum Tagesausflug ins Münsterland, mal geht es lauschig zu und
manchmal wird es laut an Bord, mal wird der Tagträumer ange-
sprochen und mal das Feierbiest. Die Redaktion schickte mich
kaffeetrinkenfahren. Ganz klassisch. Es hat mir gut gefallen.
Die Tour vom Hafen raus nach Henrichenburg haben wohl alle Dort-
munder schon gemacht, früh als Kind mit Oma und Opa, spätestens
aber bei einer der ungezählten Partyfahrten. Santa Monika ist Kult
in der Stadt. Das ist, um in Wassernähe zu bleiben, wie mit Ham-
burg und Fischmarkt. Da der Mensch nie stehenbleiben soll, lasse
ich mich für bodo auf ein neues Abenteuer ein. Auf eine, wie sie im
Programmheft offiziell genannt wird, Rhein-Herne-Kanal-Schleu-
sen-Kreuzfahrt mit Start in Gelsenkirchen. Der Unterschied bleibt
marginal. Ich genieße den leicht verbeulten Charme alter Schiffe,
die Geräuschkulisse von Wasser und Metall und das beruhigende
Tuckern des Dieselaggregats. Die Landschaft, die langsam an den
Fenstern vorbeizieht, ist ebenfalls nicht fremd. Revierkulisse, wie
sie typischer nicht sein kann.
„Das erste Schiff hat mein Großvater 1967 gekauft“, verrät Chris
Janssen, Juniorchef, dritte Generation im Familienbetrieb. „Es ist
1878 als Lastkahn vom Stapel gelaufen und wurde von ihm für die
Personenschifffahrt umgebaut. 1968 und 1974 kamen die beiden
anderen dazu. Sie wurden auf gleiche Weise renoviert. An der Ein-
richtung haben wir später nicht mehr viel verändert.“ Zum Glück.
Santa Monika ist eine stimmige schwimmenden Zeitblase mit Son-
nendeck draußen und drinnen dunkler Holzvertäfelung, ein wenig
maritimer Dekoration, schlichtrustikalen Bänken und Tischen. Die
Blumenvasen auf letzteren sind neu. Das stört nicht weiter.
Außer mir sind zwei familiär auftretende Kleingruppen und an
die sechzig Seniorinnen aus Bottrop an Bord, welche den Service
auf Trab halten. Wehe, Kaffee und Kuchen kommen in anderer
Reihenfolge als bestellt. Das Personal bedient flink, bewahrt
Übersicht und Freundlichkeit. Da der Kapitän nicht sofort mit
dem Ablegemanöver erklärt, was links und rechts am Ufer zu se-
hen ist, meldet sich die Damenriege auch diesbezüglich. Laut-
sprecher knarzen, dann erfahren wir Passagiere alles Wesentliche
über den Kanal, seine Schiffe, Schleusen, Brücken und die wei-
teren Sehenswürdigkeiten zwischen Gelsenkirchener Stadthafen
und Essen-Dellwig.
Ganz frei von Sentimentalität kann eine Kreuzfahrt im Pott nicht
sein: „Rechts sehen Sie den Stinnes-Hafen. Das war ein großer
Umschlagplatz nicht nur für Kohle und Erz. Aber seit dreißig Jah-
ren wird dort nichts mehr bewegt. Und dort stehen die Gebäude
von Ruhrglas. Ruhrglas gibt es heute auch nicht mehr.” Sollten
noch immer Sympathiepunkte seitens der Seniorinnen fehlen, un-
ser Kapitän erringt sie, als er die Größe des Hafens von Bottrop
herausstellt: „Ein Welthafen!” Anerkennendes Raunen.
Derweil bestelle ich eine Käseplatte (5,20 Euro) und zum Nach-
tisch ein Stück Schwarzwälder Kirsch (2,60 Euro) mit einem
Kännchen Kaffee (3,20 Euro). Zu fairen Preisen bietet die kleine
Speisekarte von Salat über Hühnerbrühe mit Einlage, Riesen-
bockwurst und diverse Schnitzel alles, was zur traditionellen
deutschen Ausflugsküche gehört. Da auf Santa Monika häufig ge-
feiert wird, ist die Auswahl an Getränken groß. Softdrinks, Biere
(0,3 für 2,10 Euro), Sekt, Wein, Longdrinks, etliche Spirituosen
und ein paar Cocktails. An Bord eines Schiffes darf Grog nicht
fehlen. Ein Glas kostet 2,80 Euro.
Kurz vor Oberhausen wendet der Kapitän. Er hat gesagt, was zu
sagen ist. Jetzt erklingt leise die Bordmusik; Nordseewellen rau-
schen an den Strand, die kleine Möwe fliegt nach Helgoland. (wk)
INFODas komplette Fahrtenprogramm finden Sie im Netz unter
www.santamonika.de
Kreuzfahrt mit einem noch sehr lebendigen Fossil
Santa Monika auf den Kanälen
39
CARTOON | Idee und Zeichnung: Volker Dornemann
39LESERSEITE
kann ich ganz klar voraussehen. Und zwar nur deswegen, weil
ich mich mal mit Geschichte beschäftigt habe. Wer die Ver-
gangenheit kennt, kennt die Zukunft? Bastians Idee ist doch
gut! Es gibt genügend Einkaufszentren!
Und schön zu wissen, dass die Betreiber von Einkaufszentren
gewissen Minderheiten gegenüber so unduldsam sind. Das
hat meine Meinung zu Einkaufszentren negativ beeinflusst.
Weg mit denen! Mindestens aber keine zusätzlichen!
Helmut Junge (Kommentar zu „Einkaufszentren: Straßenma-
gazin bodo für Citykiller-Verbot“ auf www.ruhrbarone.de)
Liebe bodos,
ich wollte euch mal kurz schreiben, wie toll ich es finde,
dass ihr in Dortmund inzwischen so viel macht. Ich finde
es wichtig, dass bodo und seine Anliegen so sichtbar in der
Stadt sind. Das Künstler-Zelten am Rathaus fand ich klasse,
auch wenn ich nur kurz vorbeikommen konnte. Weiter so!
LG, Sarah
LESERBRIEF
Liebe bodo-Redaktion,
als wir am Montag durch die Bochumer Innenstadt schlen-
derten, kaufte wir uns mal wieder eine bodo. Eure Verkäu-
ferin war soooo zuckersüß und hat uns sooo herzlich einen
schönen Sommer, einen schönen Tag und eine schöne Woche
gewünscht, das wir sie hätten knuddeln können.
Da wir länger nicht in der Stadt waren, dauerte unser Bum-
mel so ca. vier Stunden In dieser Zeit trafen wir Sie drei
Mal. Ganz im Ernst: Sie war jedes Mal (vielleicht ja auch weil
wir sie anlächelten) so freundlich und meinte beim letzten
Treffen „Schön, dass ich euch getroffen habe!“
Wir waren uns einig, denn uns ging es genauso. Sie hat uns
den Tag versüßt mit Ihrer menschlichen Herzlichkeit, die es
unserer Meinung nach viel zu selten gibt.
Wir wünschen der Redaktion und allen Mitarbeitern einen
schönen schönen Sommer und alles Liebe.
Andreas Kruse und Rabea Wysny
Erst mussten die Roma weg, jetzt sollen die Bettler weg, dann
natürlich die Alkoholiker, Drogenabhängige sowieso, dann an-
dere Minderheiten, usw. Später dann auch die SPD? Vielleicht
auch nicht. Ich bin kein Prophet, aber das als Möglichkeit
Schreiben Sie uns Ihre Meinung!
bodo e.V. | Postfach 100543 | 44005 Dortmund
oder eMail an: [email protected]
Ein neuer Kooperationspartner in Bochum ist Oskar e.V. Leute mit tollen Ideen: Im Rahmen der Ausstellung „Wohntunnelwelt
– Erobere deinen Raum“ Anfang Juli, veranstaltet vom Stadtverwalter e.V., wurde die Fußgängerunterführung zwischen Bo-
chum Ehrenfeld und dem Bermudadreieck für ein Wochenende zur Bühne für Kunst und Kultur. Oskar e.V. richtete eine „Küche“
ein und veranstaltete bis in die frühen Morgenstunden Konzerte und Lesungen.
bodo dankt: Sparkasse Bochum
Dr. Josef Balzer, Alexander Barbian-Steinfort, Micha-
el Buddenberg, Helmut Buscha, Christian Chammings,
Angelika Engelberg, Paul Engelen, Fabian Fluhme, Rolf
Geers, Matthias Grigo, Grünbau GmbH, Britta Richter,
Manfred Kater, Almuth Keller, Jutta Kemper, Helga
Koester-Wais, Birgit Kuehn, Otfried Ladwig, Nicola
Steinstrass, Wulfhild Tank, Felix Zulechner, Ingeborg
Schumacher, Brigitte Sonntag, Gabriele Steinbrecher,
Gabriela Schaefer, Hermann Schroeder, Christoph Ro-
eper, Susanne Mildner, Barbara Meyer, Ute Michler,
Ludwig Seitz, Bärbel Bals, Kerstin Bals, Karl Bonbardt,
Das Grafikhaus/O. Schäfer, Ralf Finke, Michael Stan-
ge, Nicole Goralski, Jörg Gruda, Erika Janssen, Marlis
Lange, Arne Malmsheimer, Wolfgang Neuhaus, Ursula
Remer, Daniela Schmitz, Nadja Schramm, Rainer Stü-
cker, Thomas Terbeck, Linda Wotzlaw, Heinz Schildheu-
er, Thomas Schröder, Snezka Barle, Ute Börner, Bernd
Ewers, Regina Höbel, Sandra und Friedrich Laker, Heike
Pannitz, Frank Siewert, Ilona Zarnowski, Rainer Biel,
Udo Bormann, R. Dammer, Anita Diehn-Driessler, Chris-
tine Ferreau, Udo Greif, Rüdiger Haag, Elsbeth Heiart,
Astrid Kaspar, Annette Krtizler, Ursula Machatschek,
Lieselotte Markgraf, Thorsten Matern, Jutta Meklen-
borg, Marlies und Eberhard Piclum, Sandra Rettemeyer,
Inge Schaub, Dorothea Bomnüter, Petra Bloch, Ina und
Arno Georg, Edith Link, Annemarie Meiling, Christain
Scheer, Roswitha Wolf, Ulrike Bornemann, Hans-Georg
Schwinn, Isabell Bikowski-Gauchel, Peter Buning, A.
und M. Dietz, Klaus-M. Kinzel, Annegret Malessa, Else
Stockert, Christine Weber, Monika Bender, Petra Ben-
der, Eberhard Garburg, Jutta Haring, Lieselotte Koch,
Katrin Lichtenstein, Ulrike Märkel, Gerd Pelzer, Rena-
te Krökel, Klaus Kwetkat, Stefan Meyer, Carsten klink,
Thomas Olschowny, Daniela Gerull, Dieter Schibilski,
Martin Scholz, Karl-Heinz Schwieger, Barbara Bokel,
Sandra Wortmann, Annabell Preusler, Birgitt Kuhl-
mann, Dieter Zawodniak, Elisabeth Heymann-Roeder,
Friederike Jansen, Dirk Schmiedeskamp, Sebastian Po-
schadel, Schmidt, Oliver Stiller, Heinz Heitland, Ilse
Granzow, Wolf Stammnitz, Volker Schaika, Ingeborg,
Seibstein, Elsemarie Bork, Peter Lasslop, Christina
Kolivopoulos, Jutta und Wido Wagner, Marianne Lin-
nenbank, Klara Lehmann, Sabine Raddatz, Charlotte
Steinke, Petra Danielsen-Hardt, Silke Harborth, Dolf
Mehring, Hildegard Reinitz, Timo Zimmermann, Anne
Jentgens, Ruth Hanke, Ute Soth Dykgers, Dorothee
Pischke, Annette Duee
40