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1.80 Euro August 2011 | 90 Cent für den Verkäufer 08 | 107 Kilometer | Von Quelle bis Mündung die Emscher entlang 28 | Grundwasser in Gefahr ? | Der Streit um »Fracking« 14 | Hinunter ins dunkle Nass | Vier Blinde beim Schnuppertauchen 21 | 12 Verlosungen | z.B. Zeltfestival Ruhr 2011 – Patrice & The Supowers Das Straßenmagazin bodo THEMA WASSER

bodo August 2011

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Die August-Ausgabe des Straßenmagazins.

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Page 1: bodo August 2011

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1.80 EuroAugust 2011 | 90 Cent für den Verkäufer

08 | 107 Kilometer | Von Quelle bis Mündung die Emscher entlang

28 | Grundwasser in Gefahr ? | Der Streit um »Fracking«

14 | Hinunter ins dunkle Nass | Vier Blinde beim Schnuppertauchen

21 | 12 Verlosungen | z.B. Zeltfestival Ruhr 2011 – Patrice & The Supowers

Das Straßenmagazin

bodo

THEMA WASSER

Page 2: bodo August 2011

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EDITORIAL

BODO E.V. – SO ERREICHEN SIE UNS

Herausgeber und Verleger:

bodo e.V.

Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund

Postanschrift:

Postfach 100543 | 44005 Dortmund

Redaktionsleitung und V.i.S.d.P.:

Bastian Pütter | [email protected]

0231 – 98 22 98 18 | Fax 88 22 527

Redaktionsanschrift:

Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund

Veranstaltungskalender:

Benedikt von Randow (bvr) | [email protected]

engel und agenten | [email protected]

Layout, Satz, Produktion:

Andre Noll | Büro für Kommunikationsdesign

0231 – 106 38 31 | [email protected]

Anzeigenleitung:

Bastian Pütter | [email protected]

0231 – 98 22 98 18 | Fax 88 22 527

Autoren:

Bianka Boyke (bb), derhank, Volker Dorne-

mann (vd), Wolfgang Kienast (wk), Maike,

Nina Mühlmann (nm), Bastian Pütter (bp),

Marcus Preis (mp), Rosi, Benedikt von Randow

(bvr), Dr. Birgit Rumpel (biru), Sebastian Sell-

horst (sese), Veronika Simmering

Fotos: Claudia Siekarski (S.2,3,4,5,7,12,13,

18,34,35,36), Bianka Boyke (S.14,15,16),

Sebastian Sellhorst (S.6,19), Wolfgang

Kienast (8,9,10,11,38), Maria Gomez Mojeda

(S.20), Oskar e.V. (S.39)

Andre Noll (alle Wasser-Hintergrundfotos)

Titelbild: Claudia Siekarski

Zeichnungen und Cartoon: Volker Dornemann

Druck: Gebr. Lensing GmbH & Co. KG.

Auflage | Erscheinungsweise:

11.000 Exemplare

Bochum, Dortmund und Umgebung

Redaktions- und Anzeigenschluss:

für die September-Ausgabe 10.08.2011

Anzeigen:

Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 7

gültig ab 01.03.2009

Vertriebe:

Mallinckrodtstraße 274 | 44135 Dortmund

0231 – 98 22 97 96

Stühmeyerstraße 33 | 44787 Bochum

Der Abdruck von Veranstaltungshinweisen ist kos-

tenfrei, aber ohne Gewähr. Für unaufgefordert ein-

gesandte Fotos oder Manuskripte wird keine Haftung

übernommen. Das Recht auf Kürzung bleibt vorbehal-

ten. Abdruck und Vervielfältigung von redaktionellen

Beiträgen und Anzeigen bedürfen der ausdrückli-

chen Genehmigung der Redaktion. Leserbriefe und

namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht

unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Vereinssitz:

Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund

Post: Postfach 10 05 43 | 44005 Dortmund

Internet:

www.bodoev.de | www.facebook.com/bodoev

Vorstand:

Nicole Hölter | Brunhilde Dörscheln |

Andre Noll | [email protected]

Geschäftsleitung | Verwaltung:

Tanja Walter | [email protected]

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Redaktion | Öffentlichkeitsarbeit:

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Transporte | Haushaltsauflösungen:

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bodos Bücher online:

Gordon Smith | 0231 – 88 22 833

bodos Bücher | Modernes Antiquariat:

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Mo. – Fr. 11 – 18 Uhr

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Di. – Do. 10 – 17 Uhr

Verkäufercafé Dortmund:

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Mo. u. Fr. 10 – 13 Uhr | Di. – Do. 11 – 18 Uhr

Anlaufstelle Bochum:

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Stadtsparkasse Dortmund

BLZ: 440 501 99, Kto. 104 83 76

Sparkasse Bochum

BLZ: 430 500 01, Kto. 10 406 254

IMPRESSUM

02

Liebe Leserinnen und Leser,

willkommen zu unserem Themenheft Wasser.

Was hat denn „Wasser“ mit einer Straßenzeitung zu

tun, werden Sie vielleicht fragen. Manchmal grup-

pieren sich Geschichten, die wir erzählen wollen,

wie von selbst um ein Thema. Für unsere Hochsom-

merausgabe ist es das kühle Nass, ob fließend oder

stehend – Hauptsache nicht „von oben“, ergänzen

wir mit Blick auf den verregneten Juli.

Vom Wasser ausgehend sind Porträts, Reportagen

und Geschichten entstanden, die zu uns passen: Es

geht um die Region, um Kultur und Soziales. Wir

radeln von der Emscherquelle zu ihrer Mündung,

porträtieren den Macher des Kneipenschiffs „Herr

Walter“ und den Stahl-Künstler Frank Bartecki im

Dortmunder Hafen, gehen mit blinden Menschen

„Schnuppertauchen“, besuchen den Gebrauchtboot-

markt in Unna, lassen uns erklären was Fracking

ist und erzählen die Geschichte von Otto, der ohne

Obdach aber mit einem Boot nach Dortmund kam.

Zu den Themen, die uns als Verein betreffen,

hätten wir allein ein ganzes Heft machen können,

denn es ist unglaublich viel passiert in den letz-

ten Wochen: Wir waren drei Tage zelten – auf der

Wiese vor dem Dortmunder Rathaus und das gleich

mit 100 von Künstlern gestalteten Zelten und

einem großartigen Bühnenprogramm. Wir waren in

Bochum beim Alternativen Medienfestival unter

Freunden, gemeinsam mit bsz, bo-alternativ,

den Ruhrbaronen und vielen AktivistInnen und

Initiativen.

Auch das Thema der Roma-Zuwanderung hält uns in

Atem. Ich durfte eine denkwürdige Veranstaltung im

Dortmunder Depot moderieren, bei der gleich 30 der

neuen Zuwanderer über ihr Leben und ihre Sorgen

sprachen. Menschen, die uns Stadt und Tagespresse

bisher als unnahbare Kriminelle verkauft haben.

Wir sind zuversichtlich, dass es nun weitergeht und

eine private Vereinsgründung die Ansprechpartner

schafft, die bisher fehlten.

Der Grund, warum ich dieses Editorial „auf den

letzten Drücker“ schreibe, ist ebenfalls ein positi-

ver. Vielleicht ist Ihnen das Logo links unten auf

dieser Seite aufgefallen. bodo ist endlich Mitglied

im Internationalen Verband der Straßenzeitungen

(INSP) und damit Teil eines Netzwerks, das mit

einer Auflage von 6 Millionen in 114 Ländern (!) so

manchen Medienriesen in die Tasche steckt. Ende

Juli war ich auf meiner ersten INSP-Konferenz in

Glasgow und bin immer noch überwältigt von der

Vielzahl an tollen Ideen, den neuen internationa-

len Kontakten, vor allem aber von der Wertschät-

zung, die uns von Institutionen wie der BBC, der

Stadt Glasgow und von international renommierten

Journalisten entgegengebracht wurde.

Allein die Prominenz der Laudatoren bei der ab-

schließenden Galaveranstaltung der INSP Awards,

bei der Preise für beste Reportagen, bestes Design

usw. verliehen wurden, konnte stolz machen, zur

Familie der „Street Papers“ zu gehören. Mehr davon

in dieser bodo.

Ich wünsche Ihnen gute Unterhaltung mit unserem

Wasser-Heft.

Viele Grüße von bodo,

Bastian Pütter – [email protected]

Page 3: bodo August 2011

3

INHALT 03

02 Editorial | Impressum

04 Menschen Oliver Buschmann von Marcus Preis

„Schon seit Kind bin ich absoluter Wasserfreak. Ich habe so ziemlich alle

Segelscheine. Außer den Schein für dieses Schiff, denn da braucht man

ein Kapitänspatent.“ Der Macher der „Herr Walter“ erzählt uns, wieso er

als Wasserratte immer noch gerne in Dortmund beheimatet ist und warum

Gammeln vor Herzinfarkt schützt.

06 Neues von bodo

07 Maikes Verkäufertagebuch

08 Straßenleben Die Emscher entlang von Wolfgang Kienast

„Das Prinzip aller Dinge ist das Wasser, denn Wasser ist alles und ins

Wasser kehrt alles zurück.“ Von ihrer Quelle in Holzwickede bis zu ihrer

Mündung in den Rhein bei Duisburg folgen wir dem Lauf der Emscher und

entdecken dabei malerische Schlösser, passieren die Emscherinsel und

erfahren, wer schon alles versuchte, Friedrich den Großen von einer Schiff-

barmachung zu überzeugen.

12 Kultur Das Stahlbiotop von DERHANK

29 Meter lang und über 9 Meter breit liegt im Dortmunder Hafen die SG-92,

ein vor der Verschrottung geretteter und umgebauter Schwimmgreifer.

Ausgerüstet mit Kombüse unter Deck und allem was man zur Metallverar-

beitung benötigt, ist er jetzt die Werkstatt und das Atelier, in dem Frank

Bartecki die Grenzen zwischen Schlosser und Künstler verschwimmen lässt.

12 Zum Haare raufen Landungsbrücken bis Teufelsbrück von Nina Mühlmann

Hamburger Touristen versperren den Blick auf eine klare Zukunft.

13 Wilde Kräuter Kamille von Wolfgang Kienast

Diesen Monat mit den Marktanteilen von SUVs, deren Klimabilanz und

einem leckeren Rezept für Sommerbowle aus Kamille.

14 Soziale Reportage Hinunter ins dunkle Nass von Bianka Boyke

„Einfach nur wahnsinnig gespannt“ ist Dirk Hülsey auf seinen ersten

Tauchgang. Nicht selten sind Menschen mit Handicap von Sportarten

ausgeschlossen. Dem versucht Bernd Jahn zusammen mit dem Dortmunder

Sehbehindertenverein entgegenzuwirken und veranstaltete ein Schnupper-

tauchen für Blinde im Schwimmbad Eving.

17 Der Kommentar Verbietet die Thiergalerie von Bastian Pütter

17 News | Skotts Seitenhieb

18 Kultur Unbehaust – 100 Zelte von Bastian Pütter

Wildes Campen in der Innenstadt? Mitnichten. Was hier so bunt und fröh-

lich aussah, hatte einen ernsten Hintergrund.

19 Neues von bodo Mein Praktikum bei bodo von Veronika Simmering

19 Neues von bodo Im Ghetto von Bastian Pütter

Planerladen e.V. und Sweetsixteen Kino luden zum Film „Im Ghetto – Die

Roma von Stolipinowo“ mit anschließender Diskussion. bodo moderierte.

20 Porträt Otto von Bastian Pütter

Auf dem Kanal falsch abgebogen und in Dortmund gelandet. Damit fing das

ganze Dilemma an. Aber keine Sorge – die Geschichte mit Otto und seinem

Boot endet gut.

20 Kinotipp Herzensbrecher im endstation.kino

21 Veranstaltungskalender | Verlosungen | CD-Tipps | von Benedikt von Randow

28 Umwelt Echt unterirdisch: Fracking von Dr. Birgit Rumpel

Die Erdgasgewinnung aus konventionellen Lagerstätten ist rückläufig, die

Ressourcen sind begrenzt. Jetzt ist eine Fördermethode auf dem Vor-

marsch, mit der Erdgas aus nicht konventionellen Vorkommen gewonnen

werden soll: Hydraulic Fracturing, kurz Fracking.

32 Kreuzworträtsel | Sudoku

33 Eselsohr Atlantis von Volker Dornemann

34 Die Reportage Der Gebrauchtbootmarkt von Wolfgang Kienast

„Von privat an privat, sonst würde die Sache nicht funktionieren.“ Für

gewerbliche Anbieter ist er tabu, alle anderen finden auf Deutschlands

größtem Gebrauchtbootmarkt in Unna vom günstigen Einsteigerboot bis

zum professionellen Sportgerät alles, was das Paddlerherz begehrt.

36 Neues von Rosi | von bodo-Verkäuferin Rosi

38 bodo geht aus Santa Monika besucht von Wolfgang Kienast

„Das erste Schiff hat mein Großvater 1967 gekauft.“ Zwei weitere kamen

im Lauf der Jahre noch dazu. Jetzt sind die drei Schiffe der Santa-Monika-

Flotte die erste Adresse, wenn es um klassisches Kaffeetrinken auf den

Kanälen des Ruhrgebiets geht.

39 Leserbriefe | Cartoon

Unser Titelbild der August-Ausgabe:

Mambo Kurt

Live beim Zeltfestival Ruhr am 28. August.

Foto: Claudia Siekarski

28201204 14

Page 4: bodo August 2011

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ETHEMA WASSER MENSCHEN | von Marcus Preis | Fotos: Claudia Siekarski04

Ui, ui, ui! Zwei Stunden später und das wäre es gewesen mit sonnigen Bildern auf dem Deck der „Herr Walter“. Irgendwie kommt der Sommer in diesem Jahr nicht so recht aus dem Quark. Sehr zum Leidwesen von Szenegastronom Oliver Buschmann. Sein jüngstes Projekt ist erst ein paar Wochen alt. Und damit er mit seiner neuen, sehr einladenden Location nicht gleich baden geht, braucht er endlich mal ein bisschen Son-ne. Die Kachelmann-Kollegen verheißen nichts Gutes für die nächsten Tage, doch heute haben wir erst mal Glück mit dem Wetter.

Oliver Buschmann ist noch nicht da, als wir die

„Herr Walter“ betreten. „Der kommt gleich“, infor-

miert uns eine Mitarbeiterin an der Theke im Bauch

des Frachters. Dort, wo früher Schüttgut durch die

Weltgeschichte transportiert wurde, gibt es jetzt

eine Bar mit Tanzfläche, und an den Wochenenden

Oliver BuschmannMüßiggang am Wasser

rocken DJs und Livebands. Wir beschließen, so lan-

ge ein Kaltgetränk zu uns zu nehmen. „Den habe

ich aber eben noch in der Saarlandstraße gese-

hen“, ruft eine andere Servicekraft.

Wir gehen die steile Treppe wieder nach oben, um

auf dem Sonnendeck die luftige Atmosphäre zu ge-

nießen. „Herr Walter“ ist ein ehemaliges Fracht-

schiff und mit seinen 110 Jahren knapp älter als

Johannes Heesters. Hochbetagt hat sich der Grand

Senior vom Museumshafen Greifswald an der Ost-

see noch mal auf den Weg gemacht und ist nun der

neue Hingucker im Dortmunder Hafenpanorama.

Einige Minuten später erfahren wir, warum Oliver

Buschmann im Straßenverkehr nicht zu übersehen

ist. Mit einem schwarzen Mercedes mit Heckflos-

se fährt er vor. Kaum aus dem Oldtimer gestiegen,

wird er von Mitarbeitern aufgehalten: „Machen wir

die Fischbude heute auf oder nicht?“ Schließlich

kommt er auf uns zu und begrüßt uns mit den Wor-

ten: „Wir sind sicher verabredet.“ Damit wir für

unser Gespräch ungestört bleiben, führt er uns

achtern ins „Séparée“.

Um es gleich auf den Punkt zu bringen, fragen wir

ihn nach seiner Affinität zum Wasser. „Schon von

Kind an bin ich absoluter Wasserfreak. Ich habe

so ziemlich alle Segelscheine. Außer den Schein

für dieses Schiff, denn da braucht man ein Kapi-

tänspatent.“ „Herr Walter“ ist bereits sein drittes

Gastronomieprojekt am Wasser. „Wobei: Das ,Ku-

ckuck‘ damals im Dortmunder Westend lag mehr so

am Bach.“

Oliver Buschmann wird 1959 in Dortmund in eine

Musikerfamilie hineingeboren, „Mein Vater war da-

mals Musiker und Präsident vom Jazzclub Domicil.

Ich wurde da quasi schon als Zehnjähriger reinge-

schoben.“ Und da er damals noch sehr klein war,

stellte man ihn auf eine Bierkiste, damit er besser

an den Zapfhahn kam. „Ich konnte das wohl ziem-

lich gut, und deswegen haben die mich da nicht

mehr losgelassen.“

Obwohl er auch einige Instrumente spielte, ist er

mehr in den Verwaltungs- und Organisationsbe-

reich gerutscht. Buschmann ist ein Macher und –

gelernter Krankenpfleger: „Diese Ausbildung war

mir sehr wichtig, schon im Umgang mit meinen

Page 5: bodo August 2011

5

Oliver BuschmannMüßiggang am Wasser

Großeltern, wo ich gelernt und erlebt habe, die

auf Töpfe zu setzen. Besonders menschlich waren

diese Erfahrungen für mich sehr wertvoll, ich kann

nur jedem empfehlen, mal etwas in diesem Bereich

zu machen.“

Doch warum lebt man als Wasserfan nicht in Ham-

burg oder an der Ostsee? „Das ist der einzige Vor-

wurf, den ich meinen Eltern immer gemacht habe,

dass meine Geschwister und ich nicht am Wasser

aufgewachsen sind. Den Absprung hätte ich vor

20, 30 Jahren machen müssen.“ Doch Buschmann

ist fest in Dortmund verwurzelt. Einen Grund da-

für verrät die schwarz-gelbe Fahne, die am Bug der

„Herr Walter“ flattert. Seit ewigen Zeiten hat er

eine Dauerkarte und alle vierzehn Tage fährt er mit

dem Fahrrad ins Stadion. „Das ist zum Beispiel et-

was, was mir keine andere Stadt bieten kann. Man

ist hier ganz nah dran. Für mich ist das immer ein

großes Cabaret-Erlebnis, wir müssen nicht immer

gewinnen, aber es ist eine fantastische Atmosphä-

re im Stadion.“ Buschmann unterhält enge Kontak-

te zum BVB, bereits zweimal durfte er als Gast mit

ins Trainingslager. Auch auf diesem Boot ist unter

dem Motto „BVB Total“ eine monatliche Veranstal-

tung mit Norbert Dickel geplant.

05

„Ich finde, die Leute müssen mehr rausgehen und

kommunizieren, als nur noch vor ihrem Fernseher

oder dem PC zu sitzen. Deswegen reizt es mich

immer, besondere Orte zu schaffen, wo man sich

begegnen kann und gesunde Kommunikation mög-

lich ist“, beschreibt Buschmann die Motivation für

seine Arbeit. Auch diesmal hat er wieder viel Herz-

blut in sein Projekt gesteckt, hat neben Planung

und Organisation auch selbst Hand angelegt. Stolz

zeigt er uns „den größten Balkon Dortmunds“, wie

er die Fläche an Land vor dem Schiff nennt. Neben

reichlich maritimer Dekoration wie Palmen und al-

ten Booten gibt es zur Abkühlung der Füße einen

kleinen Pool, gebaut aus 700 Bierkästen. Ein alter

Kutter wurde zu einer Fischbude umgebaut. In ei-

ner Ecke im Sand ein Bücherregal, dessen Erstaus-

stattung übrigens in bodos nahe gelegenem Buch-

laden gekauft wurde.

Wenn er über sich selbst etwas lesen müsste, würde

er sich wünschen, dass dort stehen würde, dass er

ein ruhiger, entspannter und angenehmer Mensch

sei. Auf einmal wird unser Gespräch nachdenklich

und intim. Am Pool zitiert er seinen Lieblings-

spruch, den er zu seinem Lebensmotto gemacht

hat: „Nicht nur Ruhm und Reichtum sammeln, dann

und wann mal richtig gammeln, hält dich froh, ge-

sund und stark. Gammeln schützt vor Herzinfarkt!“

Früher nahm er sich in seinem Leben nicht genug

Zeit zum Entspannen. Da hatte er oft mehrere Pro-

jekte gleichzeitig am Laufen. Doch dann gab es ei-

nen Wendepunkt in seinem Leben. Ein Unfall. Auf

einer Karnevalsparty. Plötzlich stand er in Flam-

men, an einer brennenden Kerze hatte sein Kostüm

Feuer gefangen. Doch er hatte Glück: „Ich bekam

ein zweites Leben geschenkt. Gesundheit ist für

mich das höchste Gut.“

Zum Gammeln braucht er nur Sonne, dann zieht es

ihn immer nach Südspanien oder zu einem Freund

nach Ibiza. „Man kann mich dort an einem Ort

absetzen. Während andere zehn Städte besuchen,

bleibe ich an der gleichen Stelle sitzen. Mit einem

Buch und einem Glas Wein, und es geht mir wun-

derbar.“ (mp)

INFOHerr Walter | Speicherstraße 90 | 44147 Dortmund

Tel. 0231 – 14 24 10 | www.herr-walter.de

Bei unbeständigem Wetter bitte die aktuellen

Öffnungszeiten auf der Website beachten!

Page 6: bodo August 2011

6

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Ja, ich möchte das bodo Straßenmagazin

für meinen Wartebereich abonnieren.

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und eine Zuwendungsbescheinigung.

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meinem Konto abgebucht.

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60 Euro) jährlich auf das Konto Nr. 10406254,

Sparkasse Bochum, BLZ430 50001

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Arbeit für Menschen in sozialen Notlagen

finanziell abzusichern.

bodo e.V.Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund

Vereinsregister Dortmund: Nr. 4514

06 NEUES VON BODO | www.bodoev.de | www.facebook.com/bodoev

Anfang Juli fand in der Rotunde des Alten Bahn-hofs, Bochums zur Zeit spannendster Location, das Alternative Medienfestival statt. Um es vorwegzu-nehmen: eine großartige Veranstaltung, kompetent organisiert von der Bochumer Stadt- und Studieren-denzeitung bsz, dem Journalisten-Blog Ruhrbarone und der Internetplattform bo-alternativ.

bodo war nicht nur mit einem Buch- und Infostand

vertreten, sondern saß auch in Gestalt von Redak-

tionsleiter Bastian Pütter gemeinsam mit der Berli-

ner Bloggerin Anne Roth, Ruhrbaron Stefan Laurin,

bo-alternativ-Gründer Martin Budich und bsz-Autor

Carsten Marc Pfeffer auf dem Podium. Moderiert

von Mag Wompel (Labournet) ging es hier natürlich

auch um das jeweils „alternative“ unserer Medien,

aber auch um Öffentlichkeit und Repression – z.B.

die Klagen und Abmahnungen gegen Blogs und in

unserem Fall um das Schwinden öffentlichen Raums.

Sonst stand das Festival ganz im Zeichen des Aus-

tauschs einer wie auch immer alternativen Öffent-

lichkeit. 20 Initiativen und Gruppen hatten Stände

aufgebaut, es gab Workshops mit Rolf von Raden

Öffentlichkeit selbst gemacht

schafft Chancenbodo

Haushaltsauflösungen

Transporte und Umzugshilfen

[email protected] | 0231 – 88 22 825

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(Pressearbeit für politisch Aktive) und Stefan Lau-

rin (Macht und Filz im Ruhrgebiet) und ein Gespräch

mit Anne Roth zum Thema „Bloggen gegen Über-

wachung“. Anne Roth hatte als Partnerin des unter

Terrorverdacht verhafteten Berliner Stadtsoziologen

Andrej Holm ein vielbeachtetes Blog über ihren lü-

ckenlos überwachten Alltag gestartet. Inzwischen

ist Andrej Holm, drei Jahre nach seiner ersten Ver-

haftung, freigesprochen.

Kunst gab‘s auch: Hannes Oberlindober und Matthias

Schamp lasen und sprachen, Max Kühlem und Boris

Gott sangen, Selectamood rockten und über hundert

Gäste in der Rotunde freuten sich.

Bei schönstem Sommerwetter quatschten Ruhr-

barone mit Antifas, die neugegründete Bochumer

Greenpeace-Gruppe mit altgedienten Journalisten,

BloggerInnen mit lokalen Initiativen. Eine gut ge-

machte, erstaunlich harmonische Veranstaltung, der

letzteres nicht zum Vorwurf zu machen ist: Manch-

mal ist es genau richtig, nicht zu streiten, sondern

einander zuzuhören. (bp)

Page 7: bodo August 2011

7

07

Hallo, liebe Leute es „bodot“ sehr! Mal

Trauriges, mal Lustiges, mal Nachdenkli-

ches. Schönes, aber auch ernste Themen

werden in dieser Ausgabe von bodo, das

Straßenmagazin zu lesen sein.

2. Juni Ja, so ein…! Wollte heute Zei-

tungen verkaufen und was war? Ein Feier-

tag. Da habe ich mir einen guten Roman

zum Lesen genommen und mir vorher

eine bodo-Zeitung in Ruhe durchgelesen.

Wirklich viele interessante Themen drin.

Diese Zeitung ist es wert zu lesen.

Pfingsten habe ich keine Lust gehabt zur

Pfingstkirmes zu bummeln, wie ich eigent-

lich vorhatte. Da bin ich dann zu Hause

geblieben und habe halt gearbeitet.

17. Juni Eine Neuigkeit jagt die nächs-

te. In Kirchlinde wurde wegen der vielen

Festaktivitäten die Hauptverkehrskreu-

zung für die Kirchlinder Woche gesperrt

und da die Busse Umleitungen fahren,

wollte ich halt mit U-Bahn und Bus

über Westerfilde fahren. Wie? Was? Geht

nicht. Auch das noch! Wie, ich spreche

in Rätseln?! Wegen Bombenfund auf der

ehemaligen Kokerei Hansa wurden 500

Meter um diese Zeche zum Sperrgebiet

erklärt. Dadurch konnten Bahn und Stra-

ßenverkehr nur durch Umleitungen nach

Westerfilde gelangen. Am Nachmittag

war wenigstens diese Aktion „Bomben-

fund“ Vergangenheit.

23. Juni Heute ist Fronleichnam mit

Prozessionen. Irgendwie bin ich davon

abgekommen, hier diese Prozession in

Kirchhilde mit zu feiern. Echt schade.

Was nicht ist, kann ja noch werden.

27. Juni Wollte mir eigentlich noch Zei-

tungen holen, habe es dann doch gelas-

sen, da diese Woche oder diesen Monat

der Juni zu Ende geht. Da habe ich ver-

sucht, was im Haushalt zu tun.

30. Juni So! Nun heißt es wieder Über-

weisungen bei der Bank tätigen für Mo-

nat Juli. Mit Einkäufen zusammen war

ein halber Tag vorbei. Nun aber ab ins

Bett. Morgen ist Verkäuferversammlung

und da möchte man doch ausgeruht sein.

Es grüßt Euch, Eure Nordseekrabbe Maike

MAIKES VERKÄUFERTAGEBUCH

Der INSP, Weltverband der sozialen Straßenzei-tungen, hatte zur 16. Jahreskonferenz nach Glas-gow geladen. bodo schickte Bastian Pütter und der war begeistert.

114 Zeitungen sind inzwischen Mitglied des INSP

mit Sitz in Glasgow. Sie erreichen eine monatliche

Leserschaft von ca. sechs Millionen pro Ausgabe(!)

und sind damit ein mehr als ernst zu nehmender

Akteur in der Presselandschaft. Und doch sind wir

mehr als Zeitungen: Seit 1994 haben die „Street

Papers“ mehr als 200.000 Menschen, die auf der

Straße und in Armut leben, geholfen, ihr Leben zu

verbessern.

Die jährlichen Konferenzen des Verbandes sind ne-

ben der Arbeit in Workshops und dem Vertiefen von

Kontakten auch dazu da, diese Erfolge zu feiern.

In Glasgow trafen sich jetzt 80 Delegierte aus 29

Ländern zu einer Konferenz, die wirklich dreierlei

war. Erstens: Der offizielle Auftritt eines weltwei-

ten Medien- und Hilfsnetzwerks – inklusive eines

Empfangs in den gold- und stuckverzierten Glasgow

City Chambers und einer, ja, glamourösen Verleihung

der INSP-Awards am letzten Abend.

Die Jury bestand aus Stars der Branche: vom ameri-

kanischen Fotojournalisten David Burnett, über den

Chef der Herald & Times Group Tom Thompson bis

zum ehemaligen Reuters-Chefredakteur David Schle-

singer (jetzt Ehrenpräsident des INSP).

Internationale Konferenz der Straßenzeitungen

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[email protected]

Mo. – Fr. 8.00 bis 19.00 Uhrund nach Vereinbarung – Hausbesuche möglichWir freuen uns auf Sie!

Wir waren Ehrengäste im Gebäude der BBC Scotland

und vom Bürgermeister der Stadt bis zu den einge-

ladenen Experten erfuhren wir eine Wertschätzung,

die wir aus unserer täglichen Arbeit als kleine lokale

Akteure eher nicht kennen.

Zweitens: Ein Arbeitstreffen mit unabhängigen

Experten. Ob es um den Ausbau unserer internati-

onalen Text- und Fotoplattform „Street News Ser-

vice“, um gemeinsame Kampagnenarbeit, die Roma

in Europa oder um die Überführung der Straßen-

zeitungsidee ins digitale Zeitalter ging: Wir haben

eine Menge gearbeitet und diskutiert. Und das ein

oder andere Ergebnis wird sich sicher bald auch in

bodo finden.

Und drittens: Ein hochspannender Ideen- und Mei-

nungsaustausch mit großartigen Leuten, ob aus der

Ukraine oder aus Zimbawbe, die überall auf der Welt

genau das gleiche machen wie wir – nur anders.

Ob Blattgestaltung, Marketingideen, passgenaue

Hilfen für unsere Verkäufer oder Kooperationen:

Für den z.B. schwedisch-österreichisch-tschechisch-

südafrikanischen Austausch mussten wir sogar die

Sperrstunde der Hotelbar aushebeln, weil wir kein

Ende fanden. Auch hier wird sich die eine oder an-

dere Idee der KollegInnen bei uns wiederfinden und

vielleicht ein bodo-Tipp in Südamerika fruchten. Wir

werden sehen. Spätestens im nächsten Jahr, bei der

17. INSP-Konferenz. (bp)

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ETHEMA WASSER STRASSENLEBEN | von Wolfgang Kienast | Fotos: Wolfgang Kienast08

Am Lazarus unter den FließgewässernVon Quelle bis Mündung die Emscher entlang

Wildpferde grasen im Emscherbruch, die Landbevölkerung an den Ufern des mäan-dernden Wiesenflüsschens bestellt Felder, fischt Karpfen, fängt Krebse und erzählt sich abends am Feuer in den Kotten Geschichten von Werwölfen und Nixen, die in der Nachbarschaft hausen sollen. Eine extrem idealisierende Vorstellung, keine Frage, das Leben rechts und links des noch unbedeutenden Gewässers war nicht idyllisch, es war hart.

Leichter wurde es für die ansässigen Menschen im

Zuge der Industrialisierung nicht unbedingt, sonst aber sollte sich ab Mitte des 19. Jahr-

hunderts alles ändern. Das Los der drei bestimmenden Gewässer im Revier lässt sich dabei,

stark verkürzt, auf folgenden Nenner bringen: Der Ruhr den Ruhm, der Lippe die Ruhe und der

Emscher den Dreck. Doch an deren Ufern tut sich derzeit viel. Die Emscher wird renaturiert.

Die Emscher entspringt ländlich, im Keller eines Fachwerkhauses in sanft gewellter Feld- und

Wiesenlandschaft vor Holzwickede. Am Quellhof beginnt auch der Emscherweg, ein 107 Kilo-

meter langer Fuß- und Radwanderweg, der, meist in unmittelbarer Nähe zum Wasser verlau-

fend, den Fluß bis Dinslaken, bis zur Mündung in den Rhein begleitet. Wer ihn nimmt, erhält

faszinierende Einblicke in die bewegte Geschichte einer Region, deren von Kohle und Stahl ge-

prägte Ära sich rasant ihrem Ende nähert. „Das Prinzip aller Dinge ist das Wasser, denn Wasser

ist alles und ins Wasser kehrt alles zurück“ zitiert eine Holzplanke an der Quelle den griechi-

schen Philosophen Thales von Milet. Diesen vor mehr als 2500 Jahren formulierten Gedanken

noch im Kopf, dass es Konstanten gibt, die jeden Trubel überdauern, passiert man bereits nach

wenigen hundert Metern ein erstes Denkmal der Industriegeschichte, einen Wetterschacht der

1857 in Dortmund Sölde gegründeten und am 15. Juni 1926 stillgelegten Zeche Margarethe.

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Nach Aplerbeck mit hübschem Schloß (Haus Rodenberg) kommen

bald Hörde und Phönix See, um welchen das Flüsschen jedoch

einen Bogen macht. „Es gibt eine Gemeidesatzung, nach der ste-

hende von Fließgewässern getrennt werden müssen. Prinzipiell

wäre die Emscher sauber genug, den See zu speisen”, erklärt Herr

Abawi, Sprecher der Emschergenossenschaft. Hinter Hörde hat das

Flussbett mit kleinen Windungen und Schwällen bereits einen in

etwa natürlichen Verlauf, bis man sich einer Baustelle nähert, wo

momentan Bagger und anderes schweres Gerät die Rückkehr der

Natur auf den nächsten Kilometern vorbereiten. Emscher und -weg

trennen sich an dieser Stelle, der Weg führt über Hombruch, Barop

und die Dortmunder Universität, verläuft über eine Anhöhe mit

teils prima Fernsichtmöglichkeiten, um zwischen A40 und Deusener

Kläranlage ins Tal zurückzukehren.

Hier sieht die Emscher aus, wie man sie kennt und erwartet, eine

schnurgerade Rinne aus Beton. Ungeregelte Abwassereinleitungen

hatten den Fluss im 19. Jahrhundert zu einer stinkenden Kloake

werden lassen, weswegen 1899 mit der Emschergenossenschaft der

erste deutsche Wasserwirtschaftsverband gegründet wurde. Um den

Dreck aus Industrie und Haushalten des ungezügelt wachsenden

Reviers möglichst schnell und ungehindert loszuwerden, wurde bis

1927 unter Federführung der Genossenschaft der kurvenreiche Fluss

von ursprünglich 110 auf 72 Kilometer verkürzt und eingedeicht. Das

machte ihn nicht sauberer, verhinderte aber ein weiteres Eskalieren

der Situation.

Dass man mittlerweile „sauber“ und „Emscher“ widerspruchsfrei in einem Satz unterbringen

kann, liegt an dem von der Genossenschaft initiierten erneuten Umbau ihrer Existenzgrund-

lage. Das erklärte Ziel der europaweit größten wasserwirtschaftlichen Infrastrukturmaß-

nahme lautet, die berüchtigte Kloake in einen lebendigen Fluss rückzuverwandeln. Eine

Auferstehungsgeschichte unter der unabdingbaren Voraussetzung, dass zukünftig jede Form

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ETHEMA WASSER10

von Abwasser aus der Emscher herauszuhalten ist. Deswegen werden bis zum Jahr 2020

insgesamt 350 Kilometer Flusslandschaft renaturiert und parallel dazu 400 Kilometer Kanal-

rohre unterirdisch verlegt. Erst mit dem Ende des Bergbaus und dem damit zu erwartenden

Ausbleiben weiterer Bergsenkungen ist dieses Rohrsystem realisierbar geworden.

„Die Deiche können wir allerdings nicht wieder einebnen, wir haben ja den Hochwasser-

schutz zu gewährleisten“, sagt Herr Abawi. „Auch die Pumpwerke werden weiter pumpen

müssen. Von einer Renaturierung im klassischen Sinn können wir gar nicht sprechen. Die

Emscher wird aber innerhalb der Deiche ausreichend Platz für ein annähernd natürliches

Flussbett haben. Wie das später einmal aussehen könnte, können Sie schon jetzt am Borbe-

cker Mühlenbach bei Essen sehen, wo unsere Umbauarbeiten bereits abgeschlossen sind.“

Bei Henrichenburg unterquert die Emscher den Rhein-Herne-Kanal, zur Zeit wird an einem

neuen Durchlass gearbeitet. An der Wasserkreuzung beginnt die sogenannte Emscherinsel

mit dem Fluss auf der einen, dem Kanal auf der gegenüberliegenden Seite. 33 Kilometer

misst sie in der Länge, keine vierzig Meter breit ist sie an der schmalsten Stelle, zu errei-

chen ist der sprichwörtliche Strich in der Landschaft nur über Brücken. Der Weg führt jetzt

mal an der Emscher lang, mal am RHK und hin und wieder auch ein wenig ab vom Wasser.

Man kann etliche der großen und kleinen Dinge erfahren, die das Revier ausmachen, seine

hübschen und die weniger schönen Seiten sehen. Der Emscherweg ist ehrlich, präsentiert

mitnichten nur gebügelte Touristenperspektive.

Ob man persönlich an Industriegeschichte interessiert ist, an zeitgenössischer Kunst und

Kultur, an Flora und Fauna oder an der Art und Weise, wie sich die Bewohner in dieser wi-

dersprüchlichen Gegend eingerichtet haben, spielt keine Rolle, es gibt für jeden etwas zu

entdecken. Halden, den Nordsternpark bei Gelsenkirchen, Kunstwerke aus RUHR.2010, das

Schutzgebiet Emscherbruch, das Niederrheinstadion, Kanalschleusen und Kleingärten. Die

getroffene Auswahl ist beliebig wie die Reihenfolge.

Bei Oberhausen, kurz hinter dem imposanten Gasometer, führt der Kanal weiter Richtung

Duisburg. Der RHK ist dabei auch posthume Genugtuung für frühe Visionäre. Es waren die

Herren Friedrich Wilhelm von Bessel (als Präsident der Kriegs- und Domänenkammer zu

Cleve, 1750), Ludwig Freiherr von Hagen (als preußischer Minister, 1766) und Johann von

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Oven (als Steuereinnehmer, 1767 und 1773),

die unabhängig voneinander versucht hat-

ten, Friedrich den Großen von den Vorteilen

einer Schiffbarmachung der Emscher zu über-

zeugen. Ihnen war es darum gegangen, den

Handel in und mit den westlichen Provinzen

Preußens voranzutreiben, doch waren sämt-

liche Pläne im Dickicht der Verwaltung, teils

auch wegen ungelöster Kostenfragen hän-

gengeblieben. Sich Lastschiffe ausgerechnet

auf der Emscher zu denken, mag aus heutiger

Sicht eine skurrile Vorstellung sein. Allein

die Tatsache, dass es den 1914 fertiggestell-

ten Rhein-Herne-Kanal gibt, belegt, dass

diese regionale Anbindung später als sehr

sinnvoll erachtet wurde.

Anders als der Kanal knickt die Emscher in

Oberhausen nördlich ab. Das war nicht im-

mer so. Mehrfach wurde ihr Unterlauf ver-

legt. Sie mündete ursprünglich bei Alsum,

nachdem sie Beeck passiert hatte, einen Duisburger Vorort, ein Gebiet, das sich

infolge von Bergschäden stark abgesenkt hatte. Um Überschwemmungen zu verhindern,

verlegte man die Mündung zunächst nach Walsum. Dieser zwischen 1906 und 1910 reali-

sierte Schritt reichte nach weiteren Bergsenken nicht aus, eine noch weiter rheinabwärts

gelegene Lösung musste gefunden werden. Seit 1949 fließt die Emscher bei Dinslaken-Stapp

in den Rhein, mehr als neun Kilometer nördlich von Alsum.

Noch stürzt das Emscherwasser an der Mündung aus der inzwischen mehreren Genera-

tionen vertrauten Betonrinne in ein Tosbecken, schäumt auf, riecht unverkennbar. In

ein paar Jahren soll das Vergangenheit sein. Nicht nur Nixen und Werwölfe würden sich

freuen. (wk)

INFO

In alten Dokumenten und Karten wird die Emscher zunächst Embisc-

cara, später abgeleitet Imbster, Emster oder Emsche genannt. Embi-

sccara, ein Name mit eventuell vorgermanischen Wurzeln, lässt sich

mit „Wasser“ oder „Fluss“ übersetzen.

Je nachdem, wer wann was gemessen hat, lassen sich diverse Anga-

ben über die Länge der Emscher finden. Nach Auskunft der Emscher-

genossenschaft ist der Fluss (derzeit) offiziell 81 Kilometer lang.

Der Emscherweg, nicht zu verwechseln mit dem Emscher Park Radweg,

ist über weite Strecken gut ausgeschildert. Allerdings sind manche

Schilder klein, so dass sie beim Radfahren eventuell zu übersehen

sind. Für den Fall, dass man sich verfährt, hilft fragen, ein GPS-Gerät

oder die Karte „RadTour, Mittleres Ruhrgebiet“, herausgegeben vom

Regionalverband Ruhr.

Nennenswerte Steigungen gibt es nicht. Der Belag ist fest. Autostra-

ßen werden nur ausnahmsweise genutzt, reine Wohngebiete selten

durchquert. Gastronomische Einrichtungen sind vorhanden, es dürf-

ten jedoch gern weitere eröffnen.

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THEMA WASSER KULTUR | von DERHANK | Foto: Claudia Siekarski

Im Hardenberghafen liegt der Werkstattponton von Frank Bartecki: die SG-92, ein vor der Verschrottung geretteter, auf der Hafenwerft um- und hier ausgebauter Schwimmgrei-fer. 29 Meter lang, neuneinhalb Meter breit, unter Deck die Kombüse und alles, was der Mensch braucht, und oben Werk-bänke, Ambosse, Trennjäger, Schweißgeräte. Überall Eisen, Stahl und Staub und ein heilsames Chaos, dem nichts zuviel ist. Oder auch: verwunschen wie im Märchen.

Die SG-92 ist nur ein Schiff von vielen. Schiffe, die keiner mehr

will, die nichts mehr abwerfen, die unnütz sind. Schiffsschrott.

So was gibt’s bei ebay und anderswo. Kutter, Frachter, Fahr-

gastschiffe; Schlepper und Barkassen, ein Kommen und Gehen

in diesem Jungbrunnen für alte Pötte, deren zweiter (dritter,

vierter, fünfter) Frühling hier beginnt.

Wie für das ehemalige Kirchenschiff „St. Nikolaus“ vom Ober-

rhein oder das ausgediente Dienstboot des Wasser- und Schiff-

fahrtsamtes. Manchmal ist es dann doch zu spät. Letztes Jahr

musste die „Alter Storch“ dem Schweißbrenner geopfert wer-

den; trotz spektakulärer Heimholung aus Huckarde, wo sie eini-

ge Jahre auf einem Berg (!) vor sich hingerostet ist. Geholt mit

einem Radlader-Oldtimer der Marke Zettelmeyer, samstagnach-

mittags über Land, als keiner guckte.

Doch der Rost war stärker. Die „Alter Storch“ wurde wie ein

Fisch in zwei Hälften zerlegt, filetiert und ... dann doch nicht

verschrottet. Am Ende fand man auch für sie einen Ehrenplatz:

Im frischen Lack flankieren Bug und Heck nun den Vorplatz der

„Herr Walter“. Der ist allerdings eine Erfolgsgeschichte: „Herr

Walter“, ein 110 Jahre alter Kahn, wurde aus dem Altersheim

geholt und begrüßt uns nun, nach seiner Komplettsanierung,

als Kneipen- und Partyschiff im Schmieding-Hafen.

Das StahlbiotopFrank Bartecki macht aber nicht nur in Schiffen, sondern alles

(alles!), was mit Stahl machbar ist. Seien es der Windspielbrun-

nen beim Depot, die Emscherquelle in Holzwickede, Rastplätze

für Wanderer, Solarbrunnen in Scharnhorst oder Volksbänke in

Detmold, Frank Bartecki ist das Missing Link zwischen (Mär-

chen-) Schloss und Kunst; will sagen: zwischen Schlosser und

Künstler. Frank Bartecki schweißt, schleift, schneidet, biegt

und formt Objekte, Skulpturen, Möbel, Gegenstände. Im Auf-

trag, aus Spaß, von selbst oder nur so.

Dabei lebt er in Symbiose (Stahlsymbiose, wenn es so was gibt)

mit dem Hafenbecken, dem Schrottplatz der RRD und den Schlo-

ten der Gasrußwerke, zwischen Wasser und Land (oder muss es

Wasser und Luft heißen?), inmitten einer künstlichen Kulisse

aus Stahl, inmitten eines scheinbaren Zerfalls, dem man nur mit

Schweißgerät und Flex zu Leibe rücken kann.

Zerfall? Von wegen! Eisenerz – Hochofen – Stahl, man kennt das

aus der Schule, und dann? Hier werden verbrauchte Rohre, Autos

und Kochtöpfe zerkleinert, gepresst und schiffbar gemacht. Be-

vor es zur Verflüssigung in die Gießerei geht – und zur Reinkar-

nation: als Kochtopf, Auto oder Rohr. Stahl kennt kein Grab. Das

Stahlgeschäft boomt, Schrott lohnt, und das Geschäft der RRD ist

lukrativ. Da ist man heilfroh über diesen Zaungast, der auf Zuruf

kaputte Sprengbunker, Brennhauben oder Fallwerke repariert.

Frank Bartecki hat ein Idyll geschaffen. Ein Biotop aus Eisen,

Rost und Wildwuchs, aus Bizarrem und Blumen, ein Spund-

wandgarten mit Blick aufs Meer, wäre es denn dort, auf jeden

Fall mit Blick in die Ferne, übers weite Wasser. Am Horizont,

hinter friedlich grasenden Verladekränen: der Dortmund-Ems-

Kanal. Und der schmiedeeiserne Stuhl, auf dem man sitzt, ist

ein Thron. Wie im Märchen. (DERHANK)

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13WILDE KRÄUTER | von Wolfgang Kienast

zu bleiben um die verabreichte Medizin

allgemach wirken zu lassen. Medizin,

also Kräuter. Die bekannteste und un-

umstrittene Heilpflanze ist noch immer

die Echte Kamille. Ihre Inhaltsstoffe

wirken beruhigend, antibakteriell gegen

Streptokokken, entzündungshemmend,

krampflösend und bei Bauchweh. Bei

teewiki.org belegt sie den ersten Platz,

vor grünem Tee (Rang 6) und Hibiskus

(Rang 3).

Wer Kamille sammeln möchte, sollte auf

den kegelförmigen, hohlen Blütenboden

achten, denn die zahlreichen Verwandten,

die Hunds- oder Strandkamillen, sind un-

giftig, von daher also unbedenklich, aber

auch ohne nachweisbare Wirkung. Auf

reine Placeboeffekte würde ich beim Tee-

trinken nicht hoffen.

Kamille wird im Schatten getrocknet. In

braunen Apothekergläsern lassen sich die

trockenen Blüten lichtgeschützt lagern.

Ein bis zwei Teelöffel pro Tasse nimmt

man im Bedarfsfall und übergießt sie mit

heißem Wasser, lässt sie zehn Minuten

ziehen, seiht ab und drückt sie aus, um

möglichst viel der enthaltenen ätheri-

schen Öle mitzunehmen.

Leckerer ist eine Sommerbowle aus Ka-

mille, ein noch relativ unbekannter Trost

für alle, die das viel zu kurze Zeitfenster

zur Bereitung einer Maibowle aus (nicht

blühendem) Waldmeister beklagen. Da-

bei legt man zwei bis drei Handvoll fri-

scher Blüten in einen leichten, halbtro-

ckenen Weißwein (1 Flasche) und stellt

den Aufguss für zwei Stunden an einen

kühlen Ort. Anschließend entfernt man,

mit Ausnahme einiger Köpfchen aus rein

dekorativen Motiven, die Blüten, gibt

Sekt (1 Piccolo) zu und, je nach

Lust und Vorhandensein,

Walderdbeeren.

À votre santé. (wk)

wildkraeuter.bodo/08_kamille/

An der (gedachten) Küstenlinie zwischen

(heute) Mülheim und Hörde schlappen

die Wellen des kreidezeitlichen Mee-

res. Saurier bestimmen die Szenerie,

Kleefarn und Wasserähre wachsen, wo

es nass genug ist. An Land entwickeln

sich erste blütenbildende Pflanzen. Das

Ruhrgebiet vor ca. 70 Millionen Jahren,

noch ohne Ruhr, noch ohne Menschen.

Bei ausbleibenden tektonischen Verwer-

fungen werden Bochum und Dortmund

mittelfristig kaum in Strandnähe liegen,

wird man nicht den Queller, eine seltsa-

me, salzliebende Sukkulente finden kön-

nen, die nach Artischocke schmecken soll,

auch wenn die Menschheit mit Macht dar-

an arbeitet, den Meeresspiegel steigen zu

lassen. Selbst der frühere UN-Klimachef

Yvo de Boer sieht den Geist von Kyoto

schwinden, da Länder wie USA, Russland,

Japan und Kanada das Klimaabkommen

für sich als nicht bindend betrachten.

In Deutschland, das sich in Emissionsan-

gelegenheiten gern in Vorreiterrolle sieht,

scheinen wichtige Vertreter für wichtig

genommener Industriezweige der Entwick-

lung gelassen entgegenzuzusehen. Abwar-

ten und Tee trinken, und Hauptsache, die

Bürger kaufen weiterhin fleißig SUVs. Diese

automobilen Dinosaurier mit verheerender

Klimabilanz sind nützlich, weil sie selbst

offroad im Stadtpark nicht liegenbleiben.

Sie bilden deswegen mit derzeit 13,4%

Marktanteil bei einer jährlichen Wachs-

tumsrate von 15% das am schnellsten zu-

nehmende Segment auf unseren Straßen.

Dabei ist, vom Ursprung her betrach-

tet, sprichwörtliches Abwarten und Tee

trinken eine sehr gesunde Sache. Sei-

ne Wurzeln liegen in präantibiotischen

Zeiten, es lässt sich herleiten

vom Ratschlag damaliger

Ärzte an ihre Patienten, zu-

nächst einmal im Bett

ZUM HAARE RAUFEN | von Nina Mühlmann

Sommer, meine freie Zeit. Sortiere Gedanken

als Bilder auf einer Bootstour. Das Schiff legt

an den Landungsbrücken ab, meine Gedanken

legen los.

Was war das? Warum habe ich mich auf eine

wissenschaftliche Stelle beworben und das

ausgerechnet in Frankfurt? Ab Herbst in Frank-

furt, oder was? Immer noch besser als in Frank-

furt/Oder, oder?

Hin zum Ruhrgebiet. Wie doch die Working-

Class-Mentalität bei Studierten so durch-

schlägt! Aber Kohle bringt es keine! Aber auch

klar, Kohleabbau ist vorbei! Weiß doch jedes

Kind: Gibt keine Kohle mehr im Ruhrgebiet!

Also, weg da! Bin ich doch schon! Jetzt, hier

in Hamburg. Warum nochmal? Weiter Schiff

fahren, weiter denken – auf nach Teufelsbrück!

Zurückziehen ins Ruhrgebiet, oder was? Kinder

kriegen, oder was? Nach Italien abhauen, oder

was? Haus kaufen, oder was!? Wie der Vertrei-

bung durch Immobilienhaie entgehen? Kann

man die Elbe nicht besser in den Pott verlegen?

Ach nee, sagt der Name ja, da ist schon die Ruhr!

Ob ich verrückt bin? Nein. Habe zu Hause ge-

lernt, dass ich nicht alles nachmachen soll!

Umstieg auf anderes Schiff am Bootsanleger

Teufelsbrück! Was machen die Touristen hier?

Drängeln sich vor! Wollen oben an Deck den bes-

ten Platz ergattern. Rennen einen fast um, mich

auch. Ja, spinnen die denn!? Wo kommen die

her? Wo wollen die hin? Wo bin ich? Warum stö-

ren sie mich, meinen Gedanken nachzuhängen?

Die Touristen, dieses Denken! Kann man Ge-

danken ausschalten? Will ich das? Höre immer:

„Du denkst zu viel!“ Leute: „Viel denken er-

zeugt keinen Mangel!“ Will hier nicht weiter

von gestörten Touristen gestört werden! Zer-

splittern laut ausrufend meine Blaupause:

„Das ist mein Platz! Ich war zuerst da!“ Jetzt

hocken sie endlich an Deck. Haben sie ja nicht

mehr alle, aber selbst geschmierte Ausflugs-

Brote mit dabei. Schließe die Augen, wünsche

ihnen ganz fest trockene Ausflugs-Brote und

dazu Regen! Ich sitze unter Deck, da ist Ruhe.

Bin ja auch nur ich, hier. Endlich wieder Bilder

– ganz ungestörte. Mit Blick auf die Elbe, auf

glitzerndes Aquamarin. (nm)

*beliebte Fährverbindung in Hamburg, vor allem von Touristen genutzt

Landungsbrücken bis Teufelsbrück*

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Hinunter ins dunkle NassVier Blinde beim Schnuppertauchen

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ETHEMA WASSER SOZIALE REPORTAGE | von Bianka Boyke | Fotos: Bianka Boyke14

Ganz langsam geht Dirk Hülsey die acht Stufen ins Wasser hinunter. Rechts hält er sich am Ge-länder fest, seine linke Hand liegt locker auf dem Arm von Tauchlehrer Thomas Heitkamp. Die beiden Männer tasten sich vorsichtig vor bis ins Schwimmbecken, gehen langsam zum Rand. Dort findet Dirk Hülsey erstmal wieder Halt und kann sich orientieren. Doch schon gleich nimmt der Blinde seine erste Tauchstun-de. Aufgeregt ist er nicht. „Einfach nur wahn-sinnig gespannt“, sagt der 46jährige.

Gemeinsam mit Volker, Claus und Michael vom

Dortmunder Sehbehindertenverein ist der Rheiner

heute ins Evinger Schwimmbad gekommen, um an

einem Schnuppertauchen teilzunehmen.

Doch bevor es losgehen kann, müssen sich die vier

Männer erstmal die Geräte erklären lassen. Dirk

Hülsey nimmt gerade das Mundstück vom Lungen-

automat in den Mund, betastet die sogenannten

Beißwarzen. „Mit deinen Zähnen musst du genau

dahinter“, erklärt Thomas Heitkamp. Dirk Hülsey

nimmt das Mundstück zwischen die Zähne und

sieht dabei ein bisschen wie jemand aus, der sich

zu viel Essen in den Mund gestopft hat. Er hält

sich die Nase zu und beginnt ganz entspannt ein-

und auszuatmen. Schon nach wenigen Probezügen

fühlt er sich gut vorbereitet. Thomas Heitkamp

„zeigt“ ihm die Sauerstoffflasche mit dem anhän-

genden Jackett, lässt den Blinden alles erfühlen.

„Im Grunde wie mein Rucksack“, meint Dirk Hül-

sey. „Den trage ich oft und gerne, um die Hände

freizuhaben. Das ist wichtig für uns Blinde.“

Nur eine Frage hat Dirk Hülsey noch, bevor er sich

ins Wasser begeben will: „Woran merke ich denn,

dass ich nicht genug Luft bekomme?“ „Das ist wie

beim normalen Atmen über Wasser. Dir fehlt ein-

fach der Sauerstoff“, sagt Thomas Heitkamp und

Dirk Hülsey ist beruhigt. Wenn es nach ihm gin-

ge, könnte es jetzt sofort losgehen. Doch Thomas

Heitkamp hat noch einen Hinweis: „Das Wichtigste

sind deine Ohren. Du wirst einen Druck verspü-

¬

Die Teilnehmer müssen erst

einmal ihre Angst überwin-

den. Ruhe und Einfühlungs-

vermögen sind da wichtig.

Zur Vorbereitung sind die

Tauchlehrer mit zugeklebten

Augen ins Wasser gegangen.

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ren und da müssen wir gegenarbeiten.“ Wolfgang

Lohf kommt zu Hilfe, streichelt Dirk Hülsey über

den linken Arm: „Das ist ähnlich wie beim Nase

putzen. Du musst dir einfach die Nase leicht zu-

halten und gegendrücken.“

Der 45jährige erlernte das Tauchen vor 20 Jah-

ren beim VfL Kemminghausen. Als Organisator

Bernd Jahn ihn jetzt um seine Unterstützung

bat, sagte der Tauchlehrer mit einer Zusatzaus-

bildung für Taucher mit Handicap sofort zu. „Mir

macht das Tauchen selbst so viel Spaß, dass ich

mich über jeden Einzelnen freue, der es erlernen

möchte“, so Lohf.

Große Unterschiede gebe es nicht, egal ob man

mit Blinden oder anderen Anfänger die ersten

Übungsstunden mache. Natürlich habe man ande-

re Unterwasserzeichen und es sei besonders wich-

tig, immer Körperkontakt zu behalten. Außerdem

gehe man zu dritt unter Wasser, damit immer ei-

ner im Notfall Hilfe holen kann. „Natürlich ist es

ideal, wenn die Taucher aufeinander abgestimmt

sind“, so Lohf. „Das Vertrauen spielt eine sehr

große Rolle“, ergänzt Thomas Heitkamp.

Damit hat Dirk Hülsey überhaupt keine Proble-

me. Er ist der Erste, dem die einfachen Übungen

im Schwimmbecken zu langweilig werden, der

umhertauchen will und auch schon – schwupps

– verschwindet. Erst Minuten später sieht man

ihn für einen kurzen Augenblick am Beckenende

wieder auftauchen, bevor er wieder für längere

Zeit verschwindet. Erst nach einer knappen hal-

ben Stunde kommt Dirk Hülsey zum ersten Mal aus

dem Becken. Euphorisch ist er nicht, aber stolz

auf das, was er geschafft hat.

„Dirk war vollkommen relaxed. Als würde er

gerade auf der Couch sitzen“, sagt Tauchlehrer

Thomas Heitkamp und ist von seinem Schützling

ganz begeistert. „Er hat so ruhig geatmet, dass

er nur sehr wenig Luft aus der Flasche verbraucht

hat.“ Für einen durchschnittlichen Anfänger rei-

chen die 10-Liter-Flaschen gute 30 Minuten, so

Heitkamp. Dirk Hülseys Flasche ist nach seinem

allerersten Tauchgang hingegen noch immer

halb voll. „Wenn mir jemand sympathisch ist und

alles gut erklärt, kann ich mich recht schnell auf

ihn verlassen. Aber ein bisschen habe ich mich

auch selbst überrascht“, sagt Dirk Hülsey und lä-

chelt Thomas Heitkamp an.

Der Tauchlehrer kam durch seinen Sohn zum

Tauchsport. Der war beim VfL in der Wettkampf-

mannschaft. Inzwischen ist der 50jährige regel-

recht „süchtig nach Tauchen und möchte seinen

Spaß am liebsten jedem vermitteln“. Darum mel-

dete er sich auch sofort als Helfer, als er von dem

Schnuppertauchen erfuhr.

Etwas unsicher hingegen fühlte sich Michael Höl-

scher im Wasser. Dabei scheint es auch der 54jäh-

rige Dortmunder gerne mal extrem zu mögen. So

nahm er im letzten Jahr gemeinsam mit dem Seh-

und Blindensportverein an einem Segelfliegen teil

und hatte eine Menge Spaß. „Aber da konnte ich

auch nicht mehr aussteigen“, sagt Michael Höl-

scher und lacht. „Na, vielleicht sollte ich dann mit

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ETHEMA WASSER 16

dir heute auch sofort ins Tiefe gehen“, antwortet

Tauchlehrer Bernd Müller und schmunzelt. Organi-

sator Bernd Jahn steckte den erfahrenen Tauchleh-

rer und Michael Hölscher bewusst in eine Gruppe.

„Ich bilde bereits seit 1982 aus, da merke ich ganz

schnell, wenn etwas nicht stimmt“, so Müller.

Als Michael Hölscher unter Wasser begann, nicht

mehr sicher zu atmen, versuchte der 56jährige

zunächst ihn zu beruhigen, gab verschiedene An-

weisungen. „Doch dann sind wir lieber erstmal

raus gegangen“, so Müller. „Aber ich will es auf

jeden Fall nochmal probieren“, sagt Hölscher, als

er sich auf die warme Steinbank setzt und erstmal

kräftig durchatmet. „Das ganze Wasser um mich

herum hat mir einfach irgendwie Angst gemach“,

sagt er und versucht, die ungewöhnliche Situati-

on zu beschreiben.

Doch auf solche Situationen waren die freiwilligen

Helfer des VfL Kemminghausen gut vorbereitet. Die

Taucher hatten sich schon vor Wochen mit Tauchlehrer

Wolfgang Lohf getroffen. „Erstmal habe ich allen die

Augen verklebt“, sagt Lohf und grinst. „Das fanden

die meisten ganz schön unheimlich und haben sofort

die Orientierung verloren.“ Die Teilnehmer mussten

lernen, ihre Angst zu überwinden. Auch Organisator

Bernd Jahn, der beim Schnuppertauchen lieber über

Wasser blieb, ließ sich diese Erfahrung nicht nehmen:

„Ein irres Gefühl.“ Aber nur so konnten die freiwilli-

gen Helfer ganz leicht verstehen, wie wichtig es zum

Beispiel ist, das Taucherequipment ganz ordentlich

und vor allem immer gleich aufzustellen. „Und alle

haben gemerkt, dass Blinde viel mehr Mut aufbringen

müssen, um unterzutauchen“, so Jahn.

„Mut – genau der fehlt mir“, sagt Roswitha Stein-

mann vom Dortmunder Blinden- und Sehbehin-

dertenverein. Die stellvertretende Vorsitzende

war sofort begeistert, als Mitglied Rita Müller den

Schnuppertauchkurs vorschlug. „Aber ich habe

leider zu viel Angst. Allein schon die Geräusche,

wenn die Luft aus den Flaschen abgelassen wird,

ist mir unheimlich“, so die 57jährige.

Rita Müller hingegen hatte andere Gründe, das

Schwimmbecken im Evinger Hallenbad an diesem

Abend den Männern zu überlassen. Die 60jähri-

ge tauchte früher selbst leidenschaftlich gerne.

„Doch jetzt, wo ich nichts mehr sehe, ist das Tau-

chen für mich nicht mehr so interessant“, sagt

sie und sieht dabei etwas traurig aus. Aber den

Mitgliedern des Vereins wollte sie ihren Lieblings-

sport dennoch unbedingt einmal näher bringen.

Mit Erfolg. Auf die Frage, ob er es sich vorstellen

könne regelmäßig zu tauchen, um sich auch mal

ins offene Gewässer zu wagen, fängt Dirk Hülsey

an zu lächeln, und man sieht, wie er zu träumen

beginnt. (bb)

INFOGenerell kann jeder das Tauchen erlernen, mit und

ohne Handicap, Kinder und Erwachsene. „Es ist

nie zu spät. Auch ich bin mit meinen inzwischen

55 Jahren ein Spätentwickler, habe erst vor acht

Jahren mit dem Tauchen begonnen“, so Bernd

Jahn. Interessierte können sich direkt bei ihm

melden: [email protected]

Homepage: www.vfl-kemminghausen-e-v.de

¬

Immer Körperkontakt

halten und immer zu dritt

unter Wasser. Sicherheit ist

das oberste Gebot.

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Verbietet die Thier-Galerie!

In Dortmund eröffnet der Konzern ECE im

September die „Thier-Galerie“, ein gigan-

tisches Einkaufszentrum. Weil ECE weiß,

welchen Schaden das Center der Innen-

stadt zufügen wird, werden schon vorab

alternative Schuldige benannt: Wenn‘s mit

Dortmund bergab geht, sind Bettler und

beklebte Mülleimer schuld. Geht‘s noch?

Einen Aufschrei der Empörung löste der

Forderungskatalog des Konzerns, der un-

ter anderem ein Bettelverbot beinhaltet,

in unserer Redaktion aus. Shopping Malls

vernichten öffentlichen Raum. Die Grund-

idee der europäischen Stadt, der für jeden

offene Marktplatz, wird von ihnen zerstört

und durch ein hochselektives System von

Überwachung und Ausschluss ersetzt. Die

Center bespitzeln Kunden und Mitarbeiter

und lassen ihre Sicherheitsdienste ent-

scheiden, wer so frei ist, die simulierte

Wirklichkeit zu betreten.

Die Zerstörung öffentlichen Raums allein ist

immens politisch. Immer schon gehörte die

Stadt auch denen, die nichts kaufen konn-

ten. Und immer schon gehörte zur Stadt die

Chance, solchen Menschen zu begegnen. Ein

demokratisches Gemeinwesen lebt davon.

ECE tritt das mit Füßen. Mit der Einmi-

schung in die Ordnungspolitik der Stadt

zeigen sich Anspruch und Demokratie-

verständnis eines Konzerns, der weiß,

wer eigentlich die Entscheidungen trifft.

Schon mit ihrem Einfall in eine Stadt ist

der Kampf ein ungleicher: Den Laien in den

Stadträten werden von knallharten Profis

seriell erstellte Studien präsentiert und

schließlich Bedingungen diktiert, damit

der Konzern den Teufel „Kaufkraftabfluss“

banne. Dabei erpresst ECE die Städte mit

seinen eigenen Centern. Dortmund brauch-

te eins, um Kunden nicht an den Limbecker

Platz in Essen zu verlieren, Bochum wird

eins bekommen, damit die Bochumer nicht

in der Thier-Galerie einkaufen.

Profitieren wird am Ende allein ECE. Die

Bereiche um die Center veröden, so wie

in Essen oder Leverkusen wird es auch in

Dortmund und Bochum kommen: die inner-

städtischen Shopping Malls sind Citykiller.

Ökonomisch wie politisch. (bp)

NEWS | von Sebastian Sellhorst 17DER KOMMENTAR | von Bastian Pütter

SKOTTS SEITENHIEB

UN kritisiert Sozialpolitik

Jedes vierte Kind geht in Deutsch-

land morgens ohne Frühstück aus

dem Haus, es fehlt an umfas-

senden Armutsbekämpfungspro-

grammen und die Grundsicherung

durch Hartz IV gewähre „keinen

angemessenen Lebensstandard“.

Diese und 31 weitere Punkte kriti-

siert der Ausschuss für wirtschaft-

liche, soziale und kulturelle Rech-

te der Vereinten Nationen.

In der Analyse, die nach einer

Pause von vier Jahren erneut

aufgelegt wurde, äußert der Aus-

schuss seine Besorgnis darüber

„dass der Vertragsstaat auf seine

Empfehlung von 2001, über den

Umfang und die Ursachen der

Wohnungslosigkeit im Vertrags-

staat Bericht zu erstatten und

Maßnahmen und Programme zur

Lösung dieses Problems zu entwi-

ckeln nicht eingegangen ist“.

Darüber hinaus kritisiert der

Ausschuss, dass in Deutschland

weiterhin 13 Prozent der Bevöl-

kerung unter der Armutsgrenze

leben und ein solcher Stand „in

Anbetracht der sozialen Siche-

rungssysteme möglicherweise auf

eine unzureichende Leistungshö-

he hindeutet“.

Mord an Obdachlosem

Essen. Am Morgen des 6. Juli

wurde die Polizei und Feuerwehr

zu einer verletzten Person in den

Westpark an der Hildesheimer

Straße gerufen. Ein Obdachloser

erlitt schwere Brandverletzungen

und wurde mit einem Helikopter

in eine Spezialklinik geflogen. Das

Opfer erlag im Verlauf des Abends

seinen schweren Verletzungen.

Presseberichten zufolge wurde

der Obdachlose zuvor von einem

68-jährigen Rentner eingela-

den sich in dessen Wohnung das

Fußballspiel Deutschland gegen

Frankreich anzusehen, wobei es

zum Streit kam. Später kaufte der

Rentner an einer Tankstelle einen

Liter Benzin. Laut Angaben einer

Tankstellenmitarbeiterin sei der

Mann „irre“ gewesen und habe

gegenüber fremden Passanten

angekündigt „den stell' ich zur

Rede, den zünd' ich an“. Gegen

den Rentner wurde Haftbefehl

wegen Mordes erlassen.

Bei diesem Verbrechen handelt

es sich nicht um einen Einzel-

fall. Immer wieder kommt es zu

Gewaltverbrechen gegen Obdach-

lose, teils mit rechtsextremen

Motiven.

Fußball-WM der Obdachlosen

In der Zeit vom 21. bis zum 28.

August findet in Paris die Fuß-

ballweltmeisterschaft der Ob-

dachlosen statt. 64 Mannschaf-

ten aus aller Welt treten nach

offiziellen Streetsoccer-Regeln

gegeneinander an.

Die 2001 auf der INSP-Konferenz

in Kapstadt vom Herausgeber der

Straßenzeitung „Megaphon“ Mel

Young und „The Big Issue“ Chef-

redakteur Harald Schmied vorge-

stellte Idee einer Obdachlosen-

Weltmeisterschaft würde 2003

das erste Mal in Graz umgesetzt.

Mittlerweile findet das Turnier

zum neunten Mal statt und wird

von namhaften Unternehmen aus

der Sport- und Medienbranche

unterstützt.

Ziel der Veranstaltung es ist,

motiviert durch den sportlichen

Wettkampf, die Spieler dazu zu er-

mutigen, ihre Lebenssituation zu

ändern und sie so aus der Obdach-

losigkeit zurück in ein geregeltes

Wohnverhältnis zu bringen. Laut

Angaben des Veranstalters änder-

ten über 70 Prozent der Teilneh-

mer der Weltmeisterschaft 2005 in

Edinburgh ihre Lebensgewohnhei-

ten nachhaltig.

Page 18: bodo August 2011

18

Auch wenn Dortmunds Stadtgarten nun nicht als offizieller Zeltplatz bekannt ist, so hatten Initiator Daniel Kasselmann, das Dortmunder Schauspielhaus und wir, bodo, trotzdem zum Zelten eingeladen.

Unter dem Titel „Unbehaust – 100 Zelte Kunst“ ge-

stalteten Künstler, Schulen und Einrichtungen der

Wohnungslosenhilfe 100 Igluzelte und verwandel-

ten die Wiese hinter Dortmunds Rathaus zu einem

riesigen Gesamtkunstwerk mitten im öffentlichen

Raum. Ziel der Veranstaltung war es, einen Diskurs

zum Thema Ausgrenzung und politischen und kul-

turellen Ausschlüssen anzustoßen.

Eröffnet wurde die Veranstaltung am Freitag dem

1. Juli um 17 Uhr mit einer großen Vernissage.

Während eines Rundganges durch die Zeltstadt,

geführt von Schauspielintendant und Schirmherr

Kay Voges, konnte man sich einen ersten Eindruck

von den unterschiedlichen Gestaltungstechniken

machen, die bei den Zelten zur Anwendung ge-

kommen waren. Angefangen bei einem Zelt, das

zur Camera obscura umgebaut wurde, über einen

18 KULTUR | von Sebastian Sellhorst | Fotos: Claudia Siekarski

Unbehaust – 100 Zelte Kunst

Schriftsteller, dem sein Zelt als Futter für seine

Schreibmaschine diente, bis hin zu einem komplett

zubetoniertem Zelt konnte man die unterschied-

lichsten kreativen Ideen bestaunen.

Auf der Bühne sorgte das gesamte Wochenende ein

bunt gemischtes Programm aus Livemusik, Lese-

bühne, Impro-Theater und Diskussionen für Unter-

haltung. Einen Höhepunkt der Veranstaltung stell-

te sicherlich der Auftritt der Performance-Theater

Gruppe Grotest Maru aus Berlin dar. Das Duo, das

bereits mit seinen Inszenierungen im öffentlichen

Raum internationale Erfolge feiern konnte, lies am

Samstagabend im Institut des Schauspielhauses

die Grenzen zwischen Inszenierung und Realität

verschwimmen.

Zum Abschluss der Veranstaltung fand am Sonntag

ein großer „Brunch für alle“ statt, bei dem noch

angeregt über das erlebte an diesem Wochenende

diskutiert wurde. Anschließend begann die Ver-

steigerung der Zelte, deren Erlös der Kana Dort-

munder Suppenküche, dem Gast-Haus und uns,

bodo, zugute kam. Die von anderen Zelten der

Wohnungslosenhilfe gestalteten Zelte wurden zu

deren Gunsten versteigert.

Wir blicken zurück auf ein aufregendes Wochenen-

de, mit spannenden Menschen und tollen Gesprä-

chen und bedanken uns bei allen die geholfen ha-

ben das möglich zu machen. (sese)

Page 19: bodo August 2011

19

Für das Sozialpraktikum, dass alle Neuntklässer am Neuen Gymnasium Bochum machen müssen, habe ich mich für das Straßenmagazin bodo entschieden. Ich war darauf gekommen, weil ich schon öfter bodo-Verkäufer in der Innenstadt gesehen und auch schon das eine oder andere Mal die Zeitung gelesen hatte.

Die zwei Wochen vergingen recht schnell, und ich

habe Einblicke und Eindrücke von bodo bekommen,

einerseits von der Arbeit im Sozialen Bereich und

andererseits auch von der Arbeit bei einer Zeitung

oder in einem Bücherladen, da ich mir alle Bereiche

von bodo einmal angucken sollte.

Das machte die Zeit natürlich abwechslungsreich und

immer wieder aufs Neue interessant. Besonders span-

nend fand ich den Kontakt zu einigen Verkäufern. Als

ich an einem Tag an der Ausgabestelle zusammen mit

einem Mitarbeiter Zeitungen ausgab, war auch etwas

Zeit für kurze Gespräche. An einem anderen Tag gin-

gen wir durch Bochum, um noch mehr bodo-Verkäufer

„anzuwerben“. Ich war überrascht, wie aufgeschlos-

sen und freundlich viele auf das Angebot reagierten

und auch von sich aus noch weiter werben wollten.

Da bodo am Donnerstag, dem 7. Juli, auf dem Alter-

nativen Medienfestival einen Stand betrieb, hatte

ich die Möglichkeit, Öffentlichkeitsarbeit für bodo

mitzumachen. An unserem Informations-Stand gab

es die Möglichkeit, kostenlose Leseproben der Zei-

tung oder Infomaterial zu bekommen oder Bücher

zu erwerben. Obwohl am Stand nicht so viel los

war, wie ich erwartet hatte, fand ich die Veranstal-

tung trotzdem sehr interessant.

Ich hatte auch die Möglichkeit, ein paar Einblicke

in die Redaktion einer Zeitung zu bekommen, wäh-

rend einer Sitzung wurde der Inhalt der nächsten

bodos besprochen bzw. diskutiert.

Das Praktikum hat mir sehr viel Spaß gemacht, weil

es interessante Tätigkeiten gab und weil beim bodo-

Team eine lockere und freundliche Atmosphäre war.

Ich bin mir sicher, dass ich mir jetzt jeden Monat die

bodo kaufen werde. (Veronike Simmering)

In den letzten Monaten sind die in der Dortmunder Nordstadt lebenden Roma im-mer weiter in den Mittelpunkt der medialen Berichterstattung gerückt. Viele Probleme des Stadtteils, die teils schon seit Jah-ren bestehen, wurden plötzlich den neu-en Nachbarn angelastet. Schlagwörter wie „Ekelhäuser“ und „Bulgarenstrich“ fanden inflationär Verwendungen in den Über-schriften der Tagespresse.

Mit dem Ziel diesen vorurteilsbehafteten, ein-

seitigen Diskurs zu verändern, hatte der Pla-

nerladen e.V. und das sweetSixteen-Kino zu

einer Vorführung des Films „Im Ghetto – Die

Roma von Stolipinowo“ mit anschließender Po-

diumsdiskussion eingeladen. Moderiert wurde

die Veranstaltung von bodo-Redaktionsleiter

Bastian Pütter.

Der Film von Andreas Kraus und Hermann

Peseckas zeigt das Leben in Stolipinowo, ei-

nem Stadtteil der bulgarischen Stadt Plow-

diw. Mit etwa 45.000 Einwohner ist Stoli-

pinowo eine der größten Roma-Siedlungen

der Balkanhalbinsel. Die Menschen dort

leben unter schwierigsten Bedingungen, da

seit Ende der sozialistischen Ära 1989 kaum

noch in die Infrastruktur des Stadtteiles in-

vestiert wurde.

Auf dem Podium saßen Andreas Kraus, Dreh-

buchautor des Films, Orhan Jasarovski vom

Landesverband der Sinti und Roma e.V., Tülin

Kabis-Staubach vom Planerladen e.V. und Rai-

ner Stücker, Geschäftsführer des Mieterverein

Dortmund und Umgebung e.V.

Noch wichtiger: Ebenfalls gekommen war eine

Gruppe von 30 neuen Zuwanderern, die nach

dem Film von ihren Problemen erzählten, höf-

lich Fragen stellten und ihre Situation erklär-

ten. Seit Jahren kommt angeblich niemand mit

„diesen Menschen“ ins Gespräch – die Veran-

stalter hatten sie einfach eingeladen.

Dies war nicht die erste Veranstaltung dieses

Formats. Bereits am 21. Juni zeigte bodo im

sissikingkong den Film „Hotel Rai“ von Sophia

Tavella gezeigt. Am 13. Juli meldeten sich die

Roma, über die schon so viel gesprochen wur-

de, dann erstmals selbst zu Wort. Im Rahmen

einer Diskussionsveranstaltung des „Bündnis

Dortmund gegen Rechts“ schilderten einige

Romni, so die korrekte Bezeichnung für weibli-

che Roma, erstmals die Umstände ihrer Flucht

nach Deutschland und ihrer aktuellen Le-

benssituation. Schockiert von den tragischen

Erlebnissen dieser Frauen wurden erstmals

Stimmen laut, die die Gründung eines Vereins

anregten, der sich speziell in Dortmund für die

Rechte und Belange der bulgarischen und ru-

mänischen NeubürgerInnen einsetzt. (bp)

INFOEin erstes Vorbereitungstreffen ist für den

7. September angesetzt. Zeit und Ort stehen

noch nicht fest. Interessierte können sich per

Mail mit uns in Verbindung setzen:

[email protected].

Wir vermitteln gerne den Kontakt.

NEUES VON BODO | Fotos: Sebastian Sellhorst 19

Im Ghetto – Die Roma von StolipinowoVeronika SimmeringDiskussion mit ZuwanderInnen im depotMein Sozialpraktikum bei bodo

Auf dem Podium im SweetSixteen Kino im depot (v.r.): Rainer Stücker (Mieterverein Dortmund und Umgebung

e.V.), Tülin Kabis-Staubach (Planerladen e.V.), Orhan Jasarovski (Landesverband der Deutschen Sinti und

Roma NRW), Andreas Kraus (Drehbuchautor) und Moderator Bastian Pütter (bodo).

Page 20: bodo August 2011

20

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THEMA WASSER PORTRÄT | von Bastian Pütter | Foto: Maria Gomez Mojeda20

Francis und Mary, jung und stilsicher, sind

beste Freunde. Stets auf der Suche nach

einem Abenteuer schlängeln sie sich sou-

verän durch die Szene Montreals. Bis sie ei-

nes abends auf einer Party Nick begegnen,

hübsch, blonde Locken – ein herabgestiege-

ner Botticelli-Engel, Michelangelos David in

fleischlicher Form. Mit einer Mischung aus

kindlicher Neugier, Intellekt, reserviertem

Flirten und einem hinreißenden Lächeln ver-

zaubert der schöne Jüngling sowohl Francis

als auch Mary, die in einem amourösen Duell

heimlich versuchen, sich gegenseitig auszu-

stechen. Vorbei mit der ganzen Coolness: Sie

sind Nick hilflos ausgeliefert, der die zweifa-

che Aufmerksamkeit durchaus genießt, wäh-

rend sich Mary und Francis auf charmante

Art die Blöße geben...

Auf formaler Ebene sind eindeutige Anspie-

lungen an cineastische Vorbilder wie Fran-

çois Ozon oder Wong Kar-Wai ein Teil des

Erfolgsrezepts des erst 22jährigen franko-

kanadischen Filmemachers und Schauspie-

lers Xavier Dolan, der auch für das Drehbuch,

den Schnitt sowie Kostüme und Ausstattung

verantwortlich zeichnet. Mit „Herzensbre-

cher“ präsentiert er ein komödiantisches

Doppelportait des Verliebtseins in die Liebe,

frech und stilbewusst in knalligen Farben,

mit pointierten Songs und Anspielungen an

Kunst- und Kulturgeschichte.

Do 11. bis Mi 17.8. um 19.30 Uhr

Do 18. bis Mi 24.8. um 21.15 Uhr

So 21.8. nur um 17.30 Uhr!

alle Vorstellungen im französischen

Original mit deutschen Untertiteln

Endstation Kino im Bahnhof Langendreer

Wallbaumweg 108, 44894 Bochum

Telefon 0234 – 68 71 620

www.endstation-kino.de

endstation.kino & bodo präsentieren:Herzensbrecher

KINOTIPP | von endstation.kino

Der Text war schon geschrieben: Eine so traurige wie wütend machende Geschichte über fehlenden Respekt und die Schutzlo-sigkeit, die es bedeutet, einer „Randgruppe“ anzugehören. Doch dann kam alles anders.

Von vorn: Otto ist Berber. Das sagt er stolz. Er sei keiner der Obdachlo-

sen, er sei unterwegs. 51 ist er und mit wettergegerbter Haut, Vollbart

und Wollmütze sieht er aus wie ein Seemann. Durch einen Zufall war er

die letzten Monate genau das.

Als Otto die Geschichte erzählt, fährt er immer wieder durch seinen

Bart als könne er es selbst kaum glauben. Vom „Flußwandern“ habe er

immer geträumt und in Heidelberg sei der Traum wahr geworden. Der

örtliche Kanuklub habe ihm den „Pirat“ geschenkt, einen alten Kana-

dier, „im selben Jahr gebaut wie ich“.

Und Otto macht sich auf den Weg: „Alles eingepackt und los, dann

ab Mannheim den Rhein runter“. Das wage Ziel: Die See. „Ein Boot

gehört ins Wasser – je mehr Wasser, desto mehr Platz“, erklärt er, als

wir uns das erste Mal treffen und malt die weitere Route aus: Bremen,

Hamburg, Kiel.

Und auf dem Weg: Dortmund. Die mehrmonatige Reise verläuft ohne

Zwischenfälle. Ärger gibt es erst hier. Zuerst mit der Hafenmeisterei.

„Wasserwanderrastplatz“ ist ein kompliziertes Wort und kompliziert

sind auch die Regeln für Nutzer von Wasserstraßen, die Gebühren-

ordnungen usw. Die kennt Otto inzwischen ebenso wie die Kollegen

vom Ordnungsamt und ihre Sanktionen. Die Botschaft kommt an: Will-

kommen ist er nicht. In allen Städten auf seiner Route sei das anders

gewesen, brummt er. Doch es kommt schlimmer: Eines Tages ist sein

Boot weg. Als es gefunden wird, ist es zerstört und all sein Hab und

Gut verschwunden.

Ich schreibe den so traurigen wie wütenden Text. Wir bieten Otto

Hilfe an und machen ihm Mut, versprechen ihm einen Spendenaufruf

in diesem Heft. Doch kurz bevor wir in Druck gehen, entdecken die

Mainstream-Medien die Geschichte, die Rundschau schreibt über unse-

re geplante Spendenaktion, Radio und Fernsehen folgen – das Telefon

steht nicht mehr still. Um es kurz zu machen: Private Spender haben

Geld für einen neuen Kanadier gesammelt und den Transport organi-

siert. Noch ist das Boot nicht hier, aber wir wissen: diese Geschichte

wird gut ausgehen. (bp)

OttoDiese Geschichte wird gut ausgehen

Page 21: bodo August 2011

21

Zeltfestival Ruhr 2011* präsentiert

Patrice & The Supowers

Mittwoch 24. August 2011 um 20.30 Uhram Kemnader See Bochum

bodo verlost 3 x 2 Karten

VERANSTALTUNGEN AUGUST 2011 | VERLOSUNGEN | CD-TIPPS | zusammengestellt von Benedikt von Randow 21

Auch diesmal gibt es wieder Bücher und Karten für tolle Veranstaltungen zu gewinnen.Senden Sie uns eine Email mit dem Betreff „bodo-Verlosung“ und der Angabe Ihres Wunschgewinns an:

[email protected] schicken Sie uns eine frankierte Postkarte mit Ihrem Wunsch, Absender und Telefonnummer an:

bodo e.V., Postfach 100 543, 44005 Dortmund

Unter allen Emails und eingesandten Postkarten entscheidet das Losverfahren.

Alle Gewinner werden rechtzeitig telefonisch oder per Email benachrichtigt.

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

13.08. | Sharon Jones & The Dap Kings | FZW, Dortmund | 2 x 2 Karten

20.08 | Danube's Banks | Bahnhof Langendreer, Bochum | 3 x 2 Karten

24.08. | Zeltfestival Ruhr: Patrice | Kemnader See, Bochum | 3 x 2 Karten

28.08. | Roberto Capitoni | Zauberkasten, Bochum | 3 x 2 Karten

11. – 24.08. | Herzensbrecher | endstation.kino, Bochum | 1 x 2 Karten

Viel Glück wünscht Ihr bodo-Team!

* Das Zeltfestival Ruhr findet vom 19. August bis zum 4. September statt.

Das Gelände mit „Markt der Möglichkeiten“ und „Schlemmer-Gastronomie“

ist täglich von 17 bis 24 Uhr, Sa. und So. ab 12 Uhr, geöffnet.

Mehr Infos zu den mehr als 40 Veranstaltungen unter www.zeltfestivalruhr.de.

Page 22: bodo August 2011

22

eifernder Missionar verhält, sondern behutsam, als wäre

es etwas Alltägliches und als wäre er noch skeptisch ge-

genüber der plötzlichen Lebensbejahung. Michael Lip-

pold bot eine knappe Stunde konzentriertes Schauspiel,

das in seiner Intensität Lust macht auf mehr von diesen

solistischen Kabinettstückchen.“ (WAZ)

Rottstr5 Theater, Bochum, 21 Uhr

Kleinkunst | Obel Obering

Im Kinofilm „Das Wunder von Bern“ war er der legen-

däre Radioreporter Herbert Zimmermann - auf der

Bühne spielt er selbst den tödlichen Pass, weit hinein

in den Zuschauerraum. Er erzählt von unserer Welt,

jedoch aus seiner eigenen Sicht: Obel Earth. Er lässt

die Zuschauer teilhaben an den wichtigen Dingen der

Welt, zeigt auf, warum Krümel keine Kekse mehr fres-

sen darf, erzählt die Schöpfungsgeschichte völlig neu,

bemerkt, dass seine Finanzkrise schon über vierzig

Jahre dauert, aber auch dass ein Libero erst ein freier

Mann ist, wenn er keinen Verein mehr hat. „Alles rund“

steht in der Tradition des Vorgängerprogramms „Auf

Asche“. „Meisterhafter Nonsens um Show-, Sport- und

Politprominenz.“ „Alles rund“ ist nicht die Quadratur

des Kreises, sondern die Würfelatur des Balles, ein

Kabarettprogramm mit Spaßelementen – eben eine

Comedyshow mit unendlich vielen Ecken.

Zauberkasten, Bochum, 20.30 Uhr

Workshop | Heath Bunting: The Status Project

Heath Buntings „Status Project“ zeigt, wie leicht und

nahezu vollständig unsere Bewegungen und Aktivitäten

aufgezeichnet werden können, wenn wir vermeintlich

harmlose Daten wie Name, e-mail- und Postadresse, Kre-

ditkarten- und Bankkontonummer usw. angeben, um z.B.

einen Bibliotheksausweis oder eine Bahncard zu bean-

tragen, einen Handyvertrag abzuschließen oder etwas

im Internet zu kaufen. Durch Abgleich und Kombination

verschiedener Datenbanken wird jeder Person ein sozialer

Status zugeordnet, der sich aus allen über diese Person

verfügbaren Daten generiert – meistens ohne dass diese

Person davon weiß. Das Status Project, begonnen 2004,

ist ein Expertensystem zur Veränderung von Identität

und besteht aus einer auf der Webseite irational.org

zugänglichen Datenbank mit über 5.000 Einträgen ver-

schiedener Identitätsmerkmale. Aus deren Beziehungen

untereinander generiert Bunting unter bestimmten Fra-

gestellungen Karten von Netzwerken, die jeweils einen

bestimmten sozialen Status dokumentieren – so derzeit

zu sehen in der Ausstellung „Gone to Croatan – Strategi-

en des Verschwindens“, HMKV im Dortmunder U (bis 14.

August 2011). Der zweitägige Workshop des HMKV bietet

eine Anleitung zur Konstruktion einer neuen Identität.

Dies ist in Großbritannien erlaubt – solange diese nicht

zu illegalen Zwecken verwendet wird.

Anmeldung über www.hmkv.de.

HMKV im U, Dortmund, 11 Uhr (auch 07.08.)

SO 07 | 08 | 11

Kleinkunst | Immi & Lollo – Die zwei vonne Südtribüne

Es hat Zeiten gegeben, da haben die Borussen in der

Champions League gespielt, bis in Madrid das Tor umfiel.

Es gab Zeiten, da waren sie Deutscher Meister. Es gab

Zeiten, da sind sie knapp am Abstieg und an der Insol-

venz vorbeigeschrammt, und es gab Zeiten im grauen

Mittelmaß der Liga, Niederlagen gegen „das Gesindel

aus Herne-West“ mussten verkraftet werden, und es

gibt eine Zeit, da spielen sie Fußball vom anderen Stern.

Immi und Lollo, „die zwei vonne Südtribüne“, waren und

sind immer dabei mit Leib und Seele, mit ganzem Herzen

01 | 08 | 11 Bryan Ferry

22 VERANSTALTUNGEN AUGUST 2011

FEDERICO AUBELE | Berlin 13 (ESL / Warner)

„Nach Berlin zu ziehen war keine leichte, aber eine großartige Erfahrung für mich. Ich musste mich meinen Dä-

monen stellen.“ Es hört sich so an, als musste Federico Aubele, der Musiker aus Buenos Aires, eine schwere Krise

durchleben. Dafür hat er sich Berlin ausgesucht, und die 13 im Titel ist auf die Tarotkarte zurückzuführen, die für

Tod, aber auch für Transformation oder Erneuerung steht. Dies alles erklärt wohl den leicht düsteren Touch, den

dieses Album prägt, das wieder einmal auf dem Label der Thievery Corporation erscheint. Der Latino-Jack-Johnson

ist diesmal definitiv nicht happy-peppi und seine Songs nicht einfach locker-flockig. Eine tiefe, aber schöne Melan-

cholie zieht sich durch alle Tracks, ein bisschen wie beim Tango. Allerdings wirken hier trippige Down-Beats, dub-

bige Reggae-Bässe, argentinische Geigen-Stimulanzien, eine sanfte Bariton-Stimme und natürlich die akustische

Gitarre. Insgesamt plätschert „Berlin 13“ aber trotzdem so ein wenig dahin. Was immer der argentinische Musiker

für Dämonen zu bekämpfen hatte, beim Hörer hinterlässt das nicht das eindringlichste Bild. Aber das Album lässt

sich trotzdem angenehm hören, abgehangen bis geschmeidig und eher herbstlich, was wiederum perfekt zu die-

sem gruseligen Sommer 2011 passt, dessen Tristesse mir gerade (es ist Mitte Juli) durchs Fenster „leuchtet“. (BvR)

CD-TIPP

03 | 08 | 11 Grubenklang Reloaded

MO 01 | 08 | 11

Musik | Bryan Ferry

Bryan Ferry, eine der Stil-Ikonen der 70er-Jahre

und Kopf der Band Roxy Music kehrt im Rahmen

der Dortmunder Music Week zurück auf die Büh-

ne. Mit Hits wie u.a. „Slave to love“, dem Sound-

track zum Film „9 ½ Wochen“ oder „Don’t stop

the dance“ wurde Bryan Ferry auch als Solokünstler

gefeiert. Nach nunmehr 13 Soloalben und zahlreichen

Single-Auskopplungen kann sich Bryan Ferry wohl

weiter seiner andauernden Beliebtheit bei seinen

Fans sicher sein. Der Mann, der mit Roxy Music Welt-

ruhm erlangte, ist und bleibt Kult und Trendsetter. Ein

Trendsetter, der auch mit den Jahren nichts von dem

verloren hat, was ihn ausmacht: Coolness und Gelas-

senheit. Seine Anhänger erinnern sich gerne an die

70er Jahre, in denen Ferry den populärmusikalischen

Zeitgeist genau traf und mit seiner Band die Antwort

auf die aufkommende Punk-Bewegung lieferte.

Westfalenhallen Open Air, Dortmund, 20 Uhr

MI 03 | 08 | 11

Vernissage | Grubenklang Reloaded

Zum Auftakt der 17. Jazztage Dortmund präsentieren

die Wittener Fotografen Walter Jonat und Kurt Rade Im-

pressionen zu „Grubenklang Reloaded“, dem regionalen

Projekt von Ruhr2010 im Dortmunder domicil. Die Foto-

grafen zeichnen Projekte, Auftritte und Proben vor allem

des Grubenklang-Orchesters um Georg Graewe nach und

dokumentieren die verschiedenen Projektreihen. Der

Eintritt zur Ausstellungseröffnung ist frei.

Werkstatt, Witten, 19 Uhr

SA 06 | 08 | 11

Theater | Traum eines lächerlichen Menschen

„Michael Lippold gibt dem lächerlichen Menschen Profil,

ohne dessen (von Dostojewski nur angedeutete) Seelen-

landschaft allzu heftig zu durchpflügen. Dieser Mann

beschließt introvertiert und leise seinen Selbstmord

und erlebt seinen Traum als ruhig Hinschauender. Fol-

gerichtig, dass er sich bei der Verkündigung des neuen

Bandes, das ihn mit der Welt verknüpft, nicht wie ein

Page 23: bodo August 2011

23

13 | 08 | 11 DJ-Picknick mit Kosta Kostov & DJ Daferwa

und einer Kiste Bier. Seit 14 Jahren stehen die beiden

(Franziska Mense-Moritz & Martin Eickmann) auf der

Bühne des Dortmunder Kultkarnevals „Geierabend“ und

kehren ihre schwarz-gelbe Seele nach außen. Dieser lan-

ge Weg über all die Jahre zur Meisterschaft 2011 war ge-

pflastert mit Leid, Tränen, Niederlagen, mit Hoffnungen,

Nackenschlägen, Neuanfängen und unzähligen Bieren.

In ihrem Programm „Die letzte Viererreihe“ wird dieser

lange, steinige Weg noch einmal gegangen. Mit allen

teils hochphilosophischen und biergetränkten Holz- und

Abwegen. „Neh'm wa noch ein‘? Ja sicha!“

Spiegelzelt am U, Dortmund, 20 Uhr (auch 12. & 14.08.)

MI 10 | 08 | 11

Comedy | Moses W.

Der Mann – Krone der Schöpfung, Geniestreich der

Evolution. Er geht aufrecht, rasiert sich nass, be-

rechnet Flugbahnen von Kometen, war schon auf dem

Mond und will bald auf den Mars. Super! Die Frau –

Laune der Natur, Feuerwerk der Sinnlichkeit. Sobald

Sie mit den Hüften wackelt, lässt Er alles stehen

und liegen, fängt an zu sabbern und vergisst, wie er

heißt. Er macht sich zum Affen und merkt es nicht.

Frage: Machen Frauen doof? Männer meckern gerne

über Frauen. Das macht Spaß, kommt gut an im Sport-

verein, sorgt aber für Stress in der Beziehung. Moses

W., die alte Friedenspfeife, dreht den Spieß um und

betrachtet die Männer. Und zeigt, wie sie sind, wie sie

ticken, mit welchen Hürden und Hindernissen sie zu

kämpfen haben beim Versuch, ein Weib zu ergattern.

Wie erkennt man die Richtige? Am Geruch? Am Gehalt?

Am Gewicht? Und wenn man die Richtige gefunden

hat – wie sagt man es ihr? Es bleibt schwierig – Moses

W. bleibt mit seinem Programm „Er Sie Ex“ dran.

Zauberkasten, Bochum, 20.30 Uhr

DO 11 | 08 | 11

Musik | Bonsai-Festival Vol IV

Ein Abend im Zeichen der magischen Ziffer Drei: Egal,

ob drei Kämpfer oder Dreikäsehoch, ob drei oder drei-

unddreißig Akkorde, ob Trio, Duo oder Uno. Denn be-

kanntlich sind ja aller guten Dinge drei. Initiator und

Ruhrstadt-Barde Daddy Weyland eröffnet den Abend

mit drei eigenen Songs und lädt herzlichst ein, sein

Live-Triumvirat aus Musikern in der charmanten Bar

zu genießen. Bei der inzwischen sechsten Ausgabe

des Bonsai-Festivals gibt es wieder mal ein Debüt:

Die junge Pianistin und Sängerin Lena Danai hat zwar

schon bei dem einen oder anderen Projekt an Tasten

und Mikrofon gewirkt, doch ihr eigenes Soul-Pop-Pro-

gramm wird hier – von Cello und Gitarre begleitet –

erstmals auf die Bühne gebracht. Kaputte Drumloops,

teils schrebbelige Akustik-Gitarren, kratzig gesampel-

te Sound- und Sprachzitate sowie die Abwesenheit

von Bass liefern das Fundament für Aniyo Kore. Darü-

ber schwebt eine Stimme, die den Vergleich mit ganz

großen R’n’B-Sängerinnen nicht scheuen muss. Ganz

anders wiederum präsentiert sich der Singer/Songwri-

ter Jan Röttger mit seinen Rock-Songs: Melodiös und

so melancholisch-herzschmerzend, dass man einfach

mitleiden muss. Der Eintritt ist frei.

Subrosa, Dortmund, 19.30 Uhr

Vernissage | Gine Selle

Früher posierten die Menschen vor der Kamera oder es

wurde ein wertvoller Schnappschuss auf Papier aufge-

zogen. Heute sind diese Personen die Protagonisten

neuer Alltags- und Familienszenen. Durch vergrößerte

Collagen auf Holz kaschiert und akzentuierte Farben

entwickelt die Künstlerin Gine Selle eine umfangreiche

Bildersammlung, die als begehbares Fotoalbum prä-

sentiert wird. Neue Wahrheiten entstehen, die in dem

Besucher Irritationen, Fantasien und Erinnerungen we-

cken. Die Bildinstallation „Damals waren alle da“ von

Gine Selle kann man nach dieser Ausstellungseröffnung

vom 12. bis 21.08. Mi, Do, Fr., Sa zwischen 17 und 20

Uhr in der Galerie Dieter Fischer im Depot sehen.

Theater im Depot, Dortmund, 19 Uhr

SA 13 | 08 | 11

BODO VERLOSUNG | Sharon Jones & The Dap Kings

Dafür kann man Amerika sogar echt lieb haben, für

die Musik, die es aus seinem Schweiß und Blut ge-

boren hat: den Soul und den Gos-

pel. Natürlich nicht den glatten

Hitparaden-Soul (obwohl, vielleicht

irgendwie auch den), sondern den

warmen, rauen Funk-Soul. Die Musik

einer Aretha Franklin, eines James

Brown und: einer Sharon Jones. Die-

se ist – obschon im reifen Mittfünf-

zigeralter – hierzulande so gut wie unbekannt. Aber

auch in ihrer Heimat USA war Miss Jones keineswegs

ein Durchstarter, nein, „she learned the hard way“

(so war 2010 passenderweise auch ihr letztes Album

betitelt). Seit sie zusammen mit den Dap-Kings auf

Tour geht, stellte sich der Erfolg ihres druckvollen,

warmen Souls auch ein. Als besondere Auszeichnung

riss sich Amy Winehouse die großartigen Dap-Kings

unter den Nagel, um ihr ebenso großartiges „Back

to Black“ einzuspielen. Mit ihnen tourt Frau Jones

06 | 08 | 11 Traum eines lächerlichen Menschen 18 | 08 | 11 Acoustic Open Talentschuppen

weiter um die Welt und präsentiert sich auf ihre be-

scheidene Weise als ganz lebendige Königin einer

schon fast untergegangenen Musik: des echten Soul.

FZW, Dortmund, 20 Uhr

bodo verlost 2 x 2 Karten.

Teilnahmebedingungen auf Seite 21.

Musik | DJ-Picknick mit Kosta Kostov & DJ Daferwa

Balkan Beat meets Cumbia bei den „Summersounds

Dortmund.“ Wenn die Funkhaus Europa DJs Kosta

Kostov und DJ Daferwa beim DJ-Picknick am Stade-

wäldchen (Am Südbad von 16 bis 22 Uhr) aufeinan-

der treffen, ist der urbane Styleclash programmiert.

Während Kostov mit seinem Balkan Express durch die

Lande zieht, fühlt sich der aus Mexiko stammende

Daferwa vor allem den aktuellen Rhythmen Südame-

rikas verpflichtet. Gemeinsam versprechen die bei-

den Global Player eine spannende Mischung aktueller

World-Beats. Der Eintritt ist frei, und im sportlichen

Rahmenprogramm findet noch ein Streetkick mit dem

Fanprojekt Dortmund statt.

Stadewäldchen, Dortmund, 16 Uhr

DO 18 | 08 | 11

Musik | Acoustic Open Talentschuppen

Unter Dem Motto „Zeig‘, was Du kannst!“ haben hier

Nachwuchskünstler, jung gebliebene Altmusikanten

und heimliche wie wirkliche Stars auf der offenen

Bühne der Hafenschänke die Möglichkeit, sich dem ge-

neigten Publikum zu präsentieren. Solisten wie ganze

Bands können Neues ausprobieren, Altes wiederentde-

cken, sich selbst testen und die Bretter, die die Welt

bedeuten können, ertasten und erobern. Musikalisch

ist dabei alles möglich, solange es nicht zu laut wird

und atmosphärisch bleibt: „No Death Metal, please“.

Die Zuhörerschaft wählt am Ende den „Liebling des

Abends“ und bittet somit zur Zugabe. Musiker, die teil-

nehmen wollen, melden sich um 19 Uhr. Bands werden

gebeten, sich schon im Vorfeld per E-Mail an info@

hafenschaenke.de zu wenden. Als „Anheizer“ spielt

im Vorprogramm der Singer/Songwriter Thor Braarvig

handgemachte Acoustic-Pop-Songs mit sanfter Stimme

a la Jack Johnson oder Jason Mraz. Der Eintritt ist frei.

Subrosa, Dortmund, 19.30 Uhr

SA 20 | 08 | 11

Erzählcafé | Lieblingsstücke aus Dortmund

Ob der vom ersten Gehaltsvorschuss erworbene

„Schneewittchensarg“ genannte Plattenspieler der

Firma Braun oder das bei einem Preisausschreiben

Page 24: bodo August 2011

24

HANS NIESWANDT | Hans Is Playing House ( Bureau B / Indigo)

Hans Nieswandt ist nicht nur ein Hansdampf der deutschen Clubszene, er ist zudem ein Botschafter intel-

ligenter, deutscher Clubmusik in der ganzen Welt. So sind seine Tracks und unzähligen Remixe auch nie

charttauglich (einzige Ausnahme: „From Disco To Disco“ als Whirlpool Productions), weil sie immer etwas

Hirn voraussetzen und mehr wollen, als einfach nur ekstatisch und willenlos zu feiern. Klar, Hans Nieswandt

ist ja auch sozusagen der Eierkopp der deutschen Housemusik. Von daher findet er logischerweise für sein

neuestes Remixalbum auch selber die besten Worte: „Das Einzige, was ich kann, ist Disco (und House – aber

das ist für mich eigentlich das Gleiche). Ein Remixauftrag bedeutet für mich, die Discoversion eines Songs zu

erstellen. Aus welcher Ecke das Stück auch kommen mag, ich discofiziere es, ich house es. Am aufregendsten

ist natürlich, ,es‘ mit einem Song zu tun, der von selbst nie auf den Gedanken gekommen wäre, Disco zu sein.

Darin liegt vielleicht der Grund, dass ich in letzter Zeit so viele Stücke mit schlauen deutschen Texten ge-

remixt habe. Was die Welt heute braucht, ist Disco mit smarten deutschen Reimen. In aller Bescheidenheit,

das ist die Art von Disco, die ich hier liefere. Willkommen bei mir zu House.“ (BvR)

CD-TIPP

gewonnene Rot-Weiß-Essen-Trikot von Horst Hru-

besch – jedes Lieblingsstück hat einen Grund,

weswegen es die Zeit überdauert hat und nun

in der Ausstellung „Lieblingsstücke aus Dort-

mund. Erinnerungen an die langen 1960er Jahre“

zu sehen ist. Das Erzählcafé gibt diesmal unter

fachkundiger Moderation (Dr. Marion Grob, WDR-

Journalistin) die Gelegenheit, über die eigenen

Erinnerungen an die Zeit zwischen 1957 und 1976 bei

Kaffee und Kuchen zu plaudern. Der Eintritt ist frei.

Museum für Kunst und Kulturgeschichte, DO, 15 Uhr

BODO VERLOSUNG | Danube‘s Banks

Danube‘s Banks verspricht „energetischen Gypsy

Swing mit Tanzgarantie“. Die Musik Django Reinhardts

wird von den Hamburger Musikern

mit Elementen aus Klezmer, Balkan-

Beats und HipHop gewürzt. Als Stra-

ßenband waren sie europaweit unter-

wegs und wurden so zu einer Einheit

geformt. Mit einer zeitgemäßen Vari-

ante des Hot Jazz bringen sie nun am

liebsten tanzwütiges Publikum zum

Schwitzen, egal ob auf dem Kopfsteinpflaster, im Club

oder im Zirkuszelt. In diesem Jahr gewannen sie den

„creole Wettbewerb“ für „globale Musik aus Deutsch-

land“. Bei diesem Konzert nun stellen sie ihr neues

Album „Hot Gypsy Fire“ vor.

Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr

bodo verlost 3 x 2 Karten.

Teilnahmebedingungen auf Seite 21.

Musik | DJ-Picknick mit Jazzanova

Zu ihrem Abschluss laden die sommerlichen DJ-Pick-

nicks „Summersounds“ von 16 bis 22 Uhr noch ein

letztes Mal in den Dortmunder Fredenbaum Park. An

den Plattentellern bringt das international gefragte

DJ- und Produzenten-Kollektiv Jazzanova verschiede-

ne Musikstile, wie Nu Jazz, Soul, Deep House, Latin

Jazz und Broken Beats, auf einen stimmigen, tanzba-

ren wie auch entspannten Nenner. Der Eintritt ist frei.

Wer sich im Vorfeld gerne einen musikalischen Ein-

druck verschaffen möchte, wie sich so ein entspann-

tes Jazzanova-DJ-Picknick anhören könnte, der kann

prima auf die gerade erschienene CD der empfehlens-

werten Reihe „Coming Home“ des Labels Stereo Deluxe

zurückgreifen. Dort präsentiert das DJ-Kollektiv „eine

eklektische Soundwelt, in der wir uns wohl fühlen, mit

Stücken, die wir (auch) gerne selber zu Hause hören.“

Fredenbaumpark, Dortmund, 16 Uhr

Party | La Boum

Beat'n'BoogieBalkanSwing&Rock'n'RollGalore – „La

Boum“ ist ein Klassiker im Dortmunder Nachtleben.

Wer Vergleichbares sucht, wird weit fahren müssen.

La Boum mit Timmi und Martini als Timmi Twister DJ-

Set an den Plattentellern und ihrem furiosen Stilmix

im Retrogewand. Beat und Soul und Rock‘n‘Roll wird

seit Jahren bescheiden angekündigt, in Wahrheit ex-

plodiert regelmäßig der Dancefloor im Keller unterm

Sissikingkong. Eine Achterbahnfahrt aus raren Origi-

nalen, abenteuerlichen Coverversionen und obskurem

Edeltrash. Ein Feuerwerk mit Hits aus mehr als zehn

Jahrzehnten Tanzgeschichte. Ein Quodlibet, das süch-

tig macht. Infizierte markieren den Tag im Kalender,

Novizen staunen sprachlos, bevor sie sich ins Getüm-

mel stürzen. Und einzigartig wie die Party ist auch

regelmäßig das Finale: Wenn am frühen Morgen die

Partycrowd die „Nordstadthymne“ anstimmt und sich

wildfremde Menschen erschöpft in den Armen liegen,

neigt sich die schier unglaubliche Nacht ihrem Ende zu.

Sissikingkong, Dortmund, 22 Uhr

DI 23 | 08 | 11

Musik | Zeltfestival Ruhr: Beady Eye (Ex-Oasis)

Sie sind das Ergebnis eines jahrelangen Streits unter

Brüdern: Beady Eye – 2010 nach der Auflösung von Oasis

und der Trennung der Gallagher-Brüder Liam und Noel

gegründet – stellt die musikalische Komponente wieder

eindeutig in den Vordergrund: „Wir lieben Musik“, sagt

Leadsänger Liam Gallagher. „Wir haben tolle Songs, also

24 VERANSTALTUNGEN AUGUST 2011

20 | 08 | 11 DJ-Picknick mit Jazzanova 20 | 08 | 11 La Boum

ziehen wir los und spielen sie auch. Wir brennen, wir sind

motiviert – nicht etwa, weil wir meinen, der Welt zeigen

zu müssen, dass wir auch ohne ihr-wisst-schon-wen be-

stehen können; nein, wir brennen, weil es ums Musikma-

chen geht.“ Das Grand der Fans ist sich einig: Beady Eye

ist ein würdiger Oasis-Nachfolger. Musikalisch bleiben

sich die Jungs treu: mitreißende Songs zwischen purem

Rock’n’Roll und klassischem (Brit-)Pop. Live scheint die

Band ihr Image etwas überarbeitet zu haben – Presse

und Fans fanden nach dem Kölner Konzert, dass die Band

jetzt durchaus Lust auf Auftritte zu haben scheint.

Kemnader See, Bochum, 20.30 Uhr

MI 24 | 08 | 11

BODO VERLOSUNG | Zeltfestival Ruhr: Patrice & The Supowers

„Die Bühne hat für mich etwas von Heimat. Heimat

ist für mich der Ort, an dem ich mich finde. Ich kann

mich auch in einem Lied finden, in

einem anderen Menschen, in einer

Idee oder Weltanschauung“, soweit

Patrice. Seine unverwechselbare

Gesangsstimme ist zwar typisch Reg-

gae, seiner Musik allerdings ist die-

ses Korsett zu eng. Intelligenter Pop

mit viel Soul, etwas feiner HipHop,

NuFolk mit Einflüssen aus aller Welt trifft es schon

ein wenig besser. Mal mehr ruhig bis melancholisch,

mal fröhlich groovend zum Mitwippen und -schnip-

pen. Positive Vibrations die sich wunderbar auf den

Hörer übertragen. Und seine tiefgründigen Texte

mit dem Oberthema „Verantwortung“ bieten einer-

seits viel Stoff zum Nachdenken, taugen allerdings

in Kombination mit seiner eindringlichen Stimme

und der facettenreichen Musik ebenso für ein cooles

Konzerterlebnis. Nun präsentiert er live zusammen

Page 25: bodo August 2011

25

23 | 08 | 11 Zeltfestival Ruhr: Beady Eye 26 | 08 | 11 25 Jahre Bahnhof Langendreer – Chupacabras 26 | 08 | 11 Zeltfestival Ruhr: Dieter Thomas Kuhn

mit seiner Band The Supowers die neue Platte „One“

(Besprechung in bodo 10/2010) und natürlich viele

seiner bisherigen Hits und Lieblingssongs.

Kemnader See, Bochum, 20.30 Uhr

bodo verlost 3 x 2 Karten.

Teilnahmebedingungen auf Seite 21.

FR 26 | 08 | 11

Musik | Zeltfestival Ruhr: Dieter Thomas Kuhn

Als 2009 das Zeltfestival Ruhr eines Abends plötzlich

ein ganz neues Gesicht bekam, als die Deko in den

Hintergrund trat und man stattdessen viele bunte

Menschen sah, ahnte man schon, dass sich an diesem

Abend etwas Besonderes abspielen würde. Kostümiert,

bunt geschminkt, ob Mann oder Frau, das hatte man nur

einem zu verdanken: Dieter Thomas Kuhn. Das will man

auch 2011 wieder sehen. „Dieter Thomas Kuhn & Band

machen süchtig“, meint Manager Marc Oßwald. „Wer

einmal da war, kommt nicht mehr los davon.“ Manche

„leiden“ seit 18 Jahren an dieser Sucht. Sie leben sie

aus mit knallbunten Klamotten, Plateauschuhen und

überdimensionalen Sonnenblumen. Sag mir quando,

sag mir wann ... sag mir quando, quando, quando.

Kemnader See, Bochum, 19.30 Uhr

Geburtstagsfeier | 25 Jahre Bahnhof Langendreer

1908 wurde das in der Zwischenzeit denkmalgeschütz-

te Empfangsgebäude des Bahnhofs Langendreer er-

baut. 1982 von der Bahn geschlossen, dem Verfall

ausgesetzt und zum Abriss vorgesehen, erreichte

1984 ein Bündnis von Bürgern aus Langendreer und

Umgebung, Teilen der Bochumer Fabrikbesetzersze-

ne und dem Städtebauministerium NRW, dass das

Gebäude unter Denkmalschutz gestellt wurde. Nach

zwei Jahren zum Teil abenteuerlicher Sanierungs- und

Renovierungsarbeiten wurde 1986 dann das Kultur-

zentrum Bahnhof Langendreer eröffnet. Nun soll dies

auch mit Poetry Slam, Live-Musik, Filmen, zwei fetten

Partys und lecker Grillen amtlich bei freiem Eintritt

gefeiert werden. Nach dem gemeinsamen Grillen und

Klönen wird Torsten Sträter den kulturellen Reigen mit

seiner Leseshow „Der David ist dem Goliath sein Tod“

eröffnen. Gleichzeitig zeigt das Endstation Kino ein

ausgewähltes Filmprogramm. Dann geht es mit Chu-

pacabras musikalisch weiter. Die Multi-Kulti-Combo

präsentiert ihren „ChupaStyle“, ein Crossover von

fetten urbanen Beats und lateinamerikanischer Folk-

lore mit eingebauter Tanzgarantie. Und wenn dann eh

schon alle dancen, geht es weiter mit einer Auswahl

von beliebten Bahnhof-Partys: Da eröffnet in der Hal-

le die „Globalibre“, gefolgt von „La Schmoov“ meets

„ROCKS!“. Und im Studio treffen „Swing'n'Roll“ auf

„funky'n'electric“. Die insgesamt neun DJs werden da

bestimmt mächtig abgehen und die Geburtstagsgäste

zum Grooven bringen.

Bahnhof Langendreer, Bochum, ab 18 Uhr

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Page 26: bodo August 2011

26

SA 27 | 08 | 11

Musik | Reggaeville Weekender

Keinesfalls in einem ländlichen „Village“, sondern

mitten im belebten Dortmund findet dieses Jahr

erstmalig der „Reggaeville Weekender“ statt. Und

wenn eine der eifrigsten Reggae-Websites der letzten

Jahre und die Stadt des neuen Deutschen Meisters

zusammenkommen, ist eine dicke Party eigentlich ga-

rantiert. Gegen Ende der Festivalsaison gibt es mitten

im Pott also noch einmal ein Highlight, für das sich

internationale Stars wie Alpha Blondy, Toots & The

Maytals, Luciano oder Mr. Vegas angekündigt haben.

Aber auch auf deutsche Hochkaräter wie Sebastian

Sturm, Ganjaman oder Uwe Banton darf sich gefreut

werden. Zudem startet am Samstagabend noch die

legendäre „Soundsystem Night“ mit Sound Quake &

Friends, die bis in die frühen Morgenstunden gehen

wird. All das findet mitten in der City, im und ums

neue FZW statt.

FZW, Dortmund, 16 Uhr (auch 28.08.)

Musik | Daniel & Friends

Daniel Gogolla ist ein junger Musiker aus Recklinghau-

sen, der den Erlös dieses Konzertes an den wohltäti-

gen Verein „Kinderlachen“ spenden wird. Seine Musik

ist eine Mischung aus poppigen, rockigen und klassi-

schen Songs. Für Daniel und seine Freunde wird es be-

stimmt ein unvergessliches Ereignis, da es ihr erstes

eigenes Konzert sein wird. Erfahrung konnte der junge

Musiker dennoch bereits bei einigen Auftritten sam-

meln. So durfte er unter anderem im Jahr 2010 bei der

Fußball-WM, in der Westfalenhalle beim Public-View-

ing performen. Einige kennen Daniel vielleicht auch

durch seine Model- und Schauspiel-Tätigkeiten. Erst

kürzlich war er in dem offiziellen Formel-1-Werbespot

auf RTL zu sehen.

Westfalenhalle, Dortmund, 20 Uhr

Comedy | Zeltfestival Ruhr: Der Gernsehclub

Der Gernsehclub – Deutschlands erster TV-Live-Club

– gastiert mit einer exklusiven Sondervorstellung im

„Late Night Special“ auf dem Zeltfestival Ruhr. Die

TV-Comedy-Protagonisten Oliver Kalkofe und Basti-

an Pastewka stehen einen Abend lang selbst an der

Fernbedienung und wollen ihrem Publikum auf großer

Leinwand das Beste ihrer TV-Kultserien präsentieren.

Die beiden Humorfreunde springen gemeinsam durch

die DVD-Menüs und zeigen unter dem Motto „Großes

Gernsehen“ ausgewählte Lieblingsfolgen, berichten

von den Dreharbeiten und bieten Einblicke hinter die

Kulissen. Wenn Oliver Kalkofe, „das eitrige Furunkel

am Arsch der Unterhaltung“ (Stern) und TV-Profi Bas-

tian Pastewka zum humoresk-sarkastischen Schlag

gegen deutsches Verblödungs-Fernsehen ausholen,

bleibt garantiert kein Auge trocken.

Kemnader See, Bochum, 22 Uhr

Mischmasch | CSD Dortmund – Queer im Revier

Zum 15. Mal findet in diesem Jahr der Dortmunder

Christopher Street Day (CSD) auch in Dortmund un-

ter dem Titel: „Queer im Revier“ statt. Mit dieser

Veranstaltung will SLADO e.V. für Gleichberechti-

gung von Lesben, Schwulen und Transidenten so-

wie gegen Homophobie und Transphobie einstehen.

Die Veranstaltung steht in diesem Jahr unter der

Schirmherrschaft der Ministerpräsidentin des Lan-

des NRW, Frau Hannelore Kraft. Die CSD Woche findet

vom 21. August 2011 bis zum 27. August 2011 statt.

Der Höhepunkt ist das Straßenfest am 27. August

rund um die Dortmunder Reinoldikirche, es beginnt

um 12 Uhr und das Bühnenprogramm wird um 14 Uhr

vom Landesminister Guntram Schneider eröffnet. Ab

22 Uhr heißt es dann im Boots Club (Bornstraße)

„Feiern bis in die Nacht“ auf der offiziellen CSD Af-

ter Show Party. Weitere Informationen findet man

unter: www.csd-dortmund.de.

City, Dortmund, 12 Uhr

SO 28 | 08 | 11

BODO VERLOSUNG | Roberto Capitoni

Italiener weinen nicht – außer bei Geburtstagen,

Hochzeiten und beim Fußball. Manchmal auch bei

Tierbabys, leeren Kühlschränken

und beim Zwiebelschneiden. Eher

selten bei französischem Essen, Ein-

schulungen und beim Achterbahn-

fahren. In seinem neuen Solopro-

gramm begibt sich Roberto Capitoni

auf die Suche nach seinen Wurzeln

und letztlich sich selbst. Dabei

muss er feststellen, dass sich selbst ein gestandener

Halb-italiener mit zunehmendem Alter immer häu-

figer fragt: Wer bin ich? Ein Italiener gefangen in

einem deutschen Körper? Oder umgekehrt? Berlus-

coni oder Beck? Der spendable und zu jeder Feier

bereite Südländer oder der penible und ordnungslie-

bende Schwabe? Spätzle al dente, oder doch lieber

Spaghetti mit Roter Bete? Ein Einwanderer, der nach

Deutschland kam, oder ein Auswanderer aus Italien?

Eine aberwitzige Reise durch zwei Kulturen, die doch

viel mehr gemeinsam haben als man vielleicht denkt

und wirklich wahrhaben will.

Zauberkasten, Bochum, 18.30 Uhr

bodo verlost 3 x 2 Karten.

Teilnahmebedingungen auf Seite 21.

Musik | Swingparty mit der Jazz Fazz Big Band

Neben den zahlreichen Comedy- und Kabarett-Ver-

anstaltungen bei „RuhrHochDeutsch 2011“ finden an

drei Sonntagen Tanzevents der besonderen Art statt.

Jazz Fazz ist die Big Band des Geierabends und un-

ter Führung des Drummers Andreas Ruhnke soll das

26 VERANSTALTUNGEN AUGUST 2011

27 | 08 | 11 Reggaeville Weekender – Alpha Blondy 27 | 08 | 11 CSD Dortmund – Queer im Revier

NICOLAS JUNCKER | Die drei Musketiere (Carlsen Comics)

Geprägt durch Hörspielplatten und zahlreiche Verfilmungen war ich eigentlich mit dem Thema „Die drei Musketiere“ durch.

Die Story kann ich mitbeten, und was Neues wird mir bestimmt auch nicht mehr erzählt. Vielleicht geht es dem einen oder

anderen ähnlich. Trotzdem hat es diese Comic-Graphic-Novel geschafft, mich zu interessieren und meine Aufmerksamkeit

wach zu halten. Mit einem einfachen Zeichenstrich in klarer Kolorierung, irgendwo zwischen seriösem Erwachsenencomic

und funny Cartoon, gibt der französische Comiczeichner Nicolas Juncker sich Mühe, die bekannte Geschichte recht genau

zu erzählen. Alles aus der Sicht von D‘Artagnan, immer wieder mit kurzen, tagebuchartigen Exkursen (in schwarz-weiß), die

einen Sachverhalt oder Gedankengang skizzieren und erhellen. Mir persönlich sind die Gesichtszüge ein wenig zu dünn und

nicht sehr aussagekräftig. Das erinnert eher an japanische Zeichentrickfilme, und ich bin kein Fan von diesen ausdrucks-

schwachen Manga-Gesichtern. Insgesamt schafft es Juncker aber, das man Dumas‘ Musketiere wieder ein stückweit neu

entdeckt und voller Spannung ihre Geschichte(n) und Abenteuer um politische Intrigen, den Schrecken des Krieges, dem

Kampf um Gerechtigkeit wie Moral und natürlich um „wahre Männerfreundschaft“ erlebt. (BvR)

COMIC-TIPP

Page 27: bodo August 2011

27

29 | 08 | 11 Fight Club27 | 08 | 11 Zeltfestival Ruhr: Der Gernsehclub

Spiegelzelt wieder seiner ursprünglichen Bedeutung,

der des Tanzsaals zugeführt werden. Die Jazz Fazz

Big Band verfügt über ein komplett tanzbares Musik-

repertoire. Schwerpunkt sind Standards und Swing-

tänze wie Lindy Hop, Jive, Foxtrott, Boogie Woogie

und Rock’n'Roll. Musik der großen Swing Bands eines

Glen Miller, Artie Shaw, Bobby Darin, Louis Prima,

aber auch moderne Swingarrangements von z.B. den

Cherry Poppin’ Daddys bestimmen das Programm, das

von Swing und Jive über Latin und Blues reicht. Be-

reichert mit Highlights der Latin-Pop-Musik mit Ti-

teln von JLo, den Pussycat Dolls und Tito Puente u.a.

erwartet den Zuhörer und Tänzer ein facettenrei-

ches, temperamentvolles Big-Band-Tanz-Programm.

Vor Tanzbeginn geben Lehrer von Lindypott einen

kostenlosen einstündigen Lindy-Hop-Schnupperkurs

für alle Interessierten.

Spiegelzelt am U, Dortmund, 14 Uhr

MO 29 | 08 | 11

Musik | Blonde Redhead

Blonde Redhead haben sich 1993 gegründet. Ihr

erstes Album wurde von Sonic Youth Drummer Steve

Shelley aufgenommen und 1995 auf dessen Label ver-

öffentlicht. Seit den späten Neunzigern wandelt sich

der Sound der Band von sperrigen Noise-Attacken

kontinuierlich hin zu sphärischeren und zugängliche-

ren Sounds, die auch von elektronischer Musik beein-

flusst sind. „I landed in snowy slippery Stockholm...“

erzählt Sängerin Kazu Mazino in Bezug auf ihr neues,

in New York und Stockholm aufgenommenes Album

„Penny Sparkle“. „I fell in love with the music like

falling for someone you've known for a long time. It

was dreamy and sometimes was very stormy.“ Schil-

lernd, dunkel, schön. Der Herbst kann kommen.

FZW, Dortmund, 20 Uhr

Musik | Zeltfestival Ruhr: OMD

Paul Humphreys, Andy McCluskey und Paul Collister

gründen das Orchestral Manoeuvres In The Dark 1978

in Liverpool. Schon knapp zwei Jahre später gelingt

mit ihrer Hit-Single „Enola Gay“ der Sprung in die

oberen Regionen der Charts, den sie mit „Maid of Or-

leans“ 1981 sogar noch einmal toppen. Neben Bands

wie Human League, Soft Cell, Ultravox oder Depeche

Mode gehören OMD zum Feinsten, das die britische

New Wave-Cuisine in jenen Tagen auf der Speisekar-

te führt. 2007 dann überraschend das Comeback in

alter Besetzung und sie tourten wieder. Drei Jahre

später folgte mit „History Of Modern“ sogar ein neu-

es Studioalbum. Unter der Regie von Producer Mike

Crossey (Arctic Monkeys, Razorlight) gelingt die

Fortführung des typischen OMD-Sounds in die tech-

nischen Möglichkeiten der Gegenwart. Kühle Techno-

Beats gepaart mit hymnischen Synthie-Flächen: eine

mittlerweile zeitlose Kombination, die McCluskey

und Humphreys immer noch beherrschen, und die für

Acts wie LCD Soundsystem oder The Killers explizit

genannte Vorbilder bedeuten.

Kemnader See, Bochum, 20 Uhr

Theater | Fight Club

„Theater, das in den Bauch tritt und eine Diagnose

über die Gegenwart ins Unterbewusstsein verlegt. So

sehen wir am Ende in die fasziniert in den Schre-

cken starrenden Gesichter, wenn die Welt vor Terror

erbebt. Frenetischer Applaus für abgebrüht clevere

Kunst.“ (WAZ) „Nicht nur die drei Hauptdarsteller

überzeugen durch ein intensives und authentisches

Spiel. Auch die Dramaturgie und der Einsatz von

Musik, die Jacks düstere Innenwelt perfekt unter-

streicht, glänzen an dem Abend. Packend und in-

tensiv spielte sich der Fight Club in die Köpfe der

Zuschauer. Regisseur Oliver Paolo Thomas bewies

bei seinem Debüt ein gutes Händchen: Schauspieler,

Dramaturgie und Musik hätten kaum besser sein kön-

nen.“ (Ruhr Nachrichten)

Rottstr.5 Theater, Bochum, 19.30 Uhr

DI 30 | 08 | 11

Lesung | 1+1= 11 oder 11 Jahre Ekamina

Ein Künstler, Tobias Rauh aka Tobi Katze und noch ein

Künstler, Rainer Holl, lesen gemeinsam zu elf Jahre

Ekamina. Elf gute Jahre, elf gute Gründe. Beispiel,

Freispiel, Glücksspiel, Heimspiel, Hörspiel, Mitspiel,

Rückspiel, Schauspiel, Trinkspiel, Wortspiel, Zuspiel.

Was macht man zum Elften? Sich selbst ein Geschenk

zu machen, ist bestimmt nicht verwerflich. Und da-

bei immer an die Gäste denken. Die Herren Holl und

Rauh haben in den letzten zwölf Monaten mit jeweils

einer gelungenen Lesung ihr Publikum am elektri-

schen Kamin erfreut, so dass es überhaupt keinen

guten Grund gab, die beiden nicht zu fragen, ob sie

nicht zum Geburtstag auch mal gemeinsam am elek-

trischen Kamin lesen würden.

Sissikingkong, Dortmund, 21 Uhr

29 | 08 | 11 Zeltfestival Ruhr: OMD

Adressen | Bochum (0234)Bahnhof Langendreer, Wallbaumweg 108, 687 16 10

Christuskirche, An der Christuskirche 1, 338 74 62

Endstation Kino, Wallbaumweg 108, 687 16 20

Eve Bar, Königsallee 15, 333 354 45

Freilichtbühne Wattenscheid, Parkstraße, 61 03-0

HalloDu-Theater, Lothringer Str. 36c, 87 65 6

Jahrhunderthalle, Gahlensche Str. 15, 369 31 00

Kulturhaus Oskar, Oskar-Hoffmann-Straße 25

Kulturrat Bochum, Lothringer Straße 36, 862 012

Museum, Kortumstraße 147, 51 60 00

Mus. Zentrum der RUB, Universitätsstr. 150, 322 28 36

Prinz-Regent-Theater, Prinz-Regent-Str. 50 – 60, 77 11 17

Riff, Konrad-Adenauer-Platz 3, 150 01

RuhrCongress, Stadionring 20, 610 30

Schauspielhaus, Königsallee 15, 333 30

Stadthalle Wattenscheid, Saarlandstraße 40, 610 30

Thealozzi, Pestalozzistraße 21, 175 90

Varieté et Cetera, Herner Straße 299, 130 03

Zauberkasten, Lothringer Straße 36c, 86 62 35

Zeche, Prinz-Regent-Straße 50-60, 977 23 17

Zeche Lothringen, Lothringer Straße 36c, 876 56

Zwischenfall, Alte Bahnhofstraße 214, 28 76 50

Adressen | Dortmund (0231)Auslandsgesellschaft, Steinstraße 48, 838 00 00

Cabaret Queue, Hermannstraße 74, 41 31 46

DASA, Friedrich-Henkel-Weg 1 – 25, 90 71 24 79

Dietrich-Keuning-Haus, Leopoldstr. 50 – 58, 502 51 45

domicil, Hansastraße 7 – 11, 862 90 30

Fletch Bizzel, Humboldtstraße 45, 14 25 25

F.-Henßler-Haus, Geschw.-Scholl-Str. 33 – 37, 502 34 72

FZW, Ritterstraße 20, 17 78 20

Galerie Torhaus, Haupteingang Rombergpark, 50 23 194

Konzerthaus, Brückstraße 21, 22 69 62 00

Museum f. Kunst u. Kulturgesch., Hansastr. 3, 502 55 22

Piano Musiktheater, Lütgendortmunder Str. 43, 604 206

Rasthaus Fink, Nordmarkt 8, 999 876 25

Reinoldikirche, Ostenhellweg 1, 52 37 33

Schauspielhaus, Hiltropwall, 502 55 47

Sissikingkong, Landwehrstraße 17, 728 25 78

Strobels, Strobelallee 50, 999 50 60

Subrosa, Gneisenaustraße 56, 82 08 07

SweetSixteen Kino im Depot, Immermannstr. 29, 910 66 23

Theater im Depot, Immermannstraße 29, 98 21 20

U, Leonie–Reygers-Terrasse, 50 247 23

Westfallenhallen, Rheinlanddamm 200, 120 40

Westfalenpark, An der Buschmühle 3, 35 02 61 00

Zeche Zollern, Grubenweg 5, 696 12 11

Adressen | Herne (02323)Flottmann-Hallen, Flottmannstr. 94, 16 29 52

Mondpalast, Wilhelmstraße 26, 58 89 99

Adressen | Witten (02302)Saalbau, Bergerstraße 25, 581 24 24

Werkstadt, Mannesmannstraße 2, 94 89 40

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THEMA WASSER UMWELT | von Dr. Birgit Rumpel28

Echt unterirdisch: FrackingGefährdet „unkonventionelle Erdgasgewinnung“ unser Grundwasser?

Die Erdgasgewinnung aus konventionellen La-gerstätten ist rückläufig, die Ressourcen sind begrenzt. Jetzt ist eine Fördermethode auf dem Vormarsch, mit der Erdgas aus nicht konventionel-len Vorkommen gewonnen werden soll: Hydraulic Fracturing, kurz Fracking. Doch diese Methode ist heftig umstritten, es formiert sich Widerstand.

„Als ich zum ersten Mal von einem Arbeitskollegen

aus dem Münsterland etwas über Fracking hörte,

war ich interessiert, habe aber gedacht, das be-

trifft uns nicht,“ erinnert sich Christian Krumkamp

von der Bürgerinitiative gegen Gasbohren (BIGG)

in Werne. „Doch dann erfuhr ich, dass auch hier

in der Nähe Bohrungen geplant sind, außerdem ist

mir klar geworden, dass unser Trinkwasser bedroht

ist, selbst wenn nicht direkt vor der eigenen Haus-

tür gebohrt wird.“ Also trug der 42jährige IT-Sys-

temingenieur sein Anliegen dem Bürgermeister vor,

gründete die Bürgerinitiative und erreichte unter

Einsatz der Lokalpresse, dass dem Thema auch in

Werne Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Die Bezeichnung „unkonventionelle Erdgasge-

winnung“ klingt harmlos, die Fördermethode, die

hierbei zum Einsatz kommt, ist jedoch alles ande-

re als das. Mit dem „Fracking“ (sprich: Fräcking)

wird Gas gefördert, das nicht wie „normales“ Erd-

gas in unterirdischen Blasen gesammelt, sondern

in verschiedenen Gesteinsschichten diffus verteilt

ist. Hierzu werden Bohrungen bis mehrere hundert

Meter tief und dann weiter horizontal in die Erde

getrieben, in die Bohrlöcher wird unter hohem

Druck eine Frackflüssigkeit aus Wasser, Sand und

Chemikalien gepumpt. Dadurch kommt es quasi zu

unterirdischen Sprengungen, das Gestein wird auf-

gebrochen, das Gas strömt mit der Frackingflüssig-

keit an die Oberfläche (s. Infografik).

Bilder und Berichte aus den Vereinigten Staa-

ten zeigen, wie gefährlich die dortige Praxis ist.

Frackflüssigkeit enthält zahlreiche giftige und

teils krebserregende Substanzen, der Großteil des

Frackwassers bleibt im Boden und findet zusammen

mit dem freigesetzten Gas den Weg in das Grund-

und schließlich ins Trinkwasser. Bilder von ent-

flammbarem Wasser, das aus einer Küchenarmatur

sprudelt, zeigen am deutlichsten, wie wenig unter

Kontrolle ist. Anwohner in der Nachbarschaft von

Bohrstellen klagen über gesundheitliche Probleme.

Hiesige Experten wiegeln ab und halten den Ver-

gleich mit den amerikanischen Verhältnissen für un-

zutreffend. Hierzulande würde in ganz anderen Tiefen

gebohrt, die geologischen Verhältnisse seien andere,

ebenso die eingesetzten Chemikalien, zudem gebe es

in Deutschland viel strengere Umweltschutzauflagen.

Hier könnten die modernsten Bohrmethoden ange-

wendet werden, die sich bereits im Bergbau und bei

Geothermiebohrungen bewährt hätten.

So war es bei einem Expertengespräch zu hören, zu

dem Regierungspräsident Dr. Gerd Bollermann Ende

März eingeladen hatte und das auf der Website der

Bezirksregierung Arnsberg einzusehen ist. Die Ex-

perten unterschiedlicher Fachrichtungen wurden

nicht müde, die Technik an sich als erprobt und

beherrschbar einzustufen, zeigten sich nur teilwei-

se skeptisch, ob die Fördermethode in Deutschland

wirtschaftlich sinnvoll einsetzbar ist. Hundertpro-

zentige Sicherheit konnte naturgemäß niemand

garantieren, die Frage, welcher größtmögliche

Unfall denkbar sei und welche Maßnahmen dann

zu treffen seien, blieb unbeantwortet. Als hätte

es Fukushima und Deepwater Horizon nie gegeben.

Die Wasserversorger in NRW sind alarmiert. DEW21

und die Stadtwerke Bochum verweisen auf die Stel-

lungnahme des Vorstandsvorsitzenden der Gelsen-

wasser AG, Dr. Manfred Scholle, der sich sehr deutlich

zum Thema äußert: „Die Frage, ob die heimischen

Erdgasvorkommen erschlossen werden sollen, ist ja

berechtigt. … Aber so, wie die eingesetzte Fracking-

Methode heute funktioniert, ist sie nicht zu vertre-

ten. Das Wasser ist im Höchstmaß gefährdet.“

Ω

Nach Zwischenfällen

mit der dort prakti-

zierten Fracking-Tech-

nik gehen US-Bürger

endlich auf die Straße.

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29

Mitte Juli reiste Scholle mit einer Gruppe von Was-

serexperten nach Pennsylvania, um sich vor Ort zu

informieren. Ulrich Peterwitz, Geschäftsführer der

Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke an der Ruhr

(AWWR), war dabei. „Wir haben gesehen, dass ins-

besondere die Frage der Abwasserentsorgung nicht

geklärt ist. Das Abwasser wird in die kommunalen

Kläranlagen entsorgt, die aber gar nicht dafür aus-

gelegt sind. Noch wichtiger ist uns der Schutz des

Wassers, denn das Trinkwasser ist unser kostbarstes

Lebensmittel, das wir durch nichts ersetzen können.“

Einhellig fordern sie die Änderung des Bergrechts

dahingehend, dass Umweltverträglichkeitsprüfungen

bei allen Bohrungen vorgeschrieben werden.

Fracking in den USABereits seit den 1950er Jahren werden verschie-

dene Fracking-Verfahren eingesetzt, lange Zeit

nur in gut erreichbaren Lagerstätten. Erst mit der

fortgeschrittenen Bohrtechnik wurde die unkon-

ventionelle Erdgasförderung wirtschaftlich inter-

essant. Den letzten Kick gab schließlich eine Ge-

setzeslücke (Halliburton Loophole), die während

der Bush-Regentschaft von Vizepräsident Dick

Cheney lanciert wurde, und den Energiekonzernen

in den USA seit 2005 freistellt, ohne Rücksicht

auf das zentrale Wasserschutzgesetz Fracking in

großen Tiefen anzuwenden. Dadurch kam es zu

einem enormen Anstieg der Bohrungen und För-

dermengen. ExxonMobile kaufte 2009 für 41 Milli-

arden US-Dollar die auf unkonventionelle Erdgas-

förderung spezialisiert XTO-Energy.

Erst nachdem es vermehrt Berichte über verunrei-

nigtes Trinkwasser und Gesundheitsprobleme von

Anwohnern gab, wurde das Thema im US-Kongress

diskutiert und die US-Umweltschutzbehörde EPA

2010 mit einer Studie über die Auswirkungen des

Fracking beauftragt, die jedoch erst 2012 abge-

schlossen sein wird.

Fracking in EuropaAuch hier versuchen global agierende Energiekon-

zerne, sich die aussichtsreichsten Vorkommen zu

sichern. In Frankreich gab es nach heftigen Pro-

testen im Juni eine Gesetzesinitiative zum sofor-

tigen Stop von Fracking. In Großbritannien und

den Niederlanden wird bereits gefrackt. In Polen

werden riesige Vorkommen vermutet, seit 2010

führen unter anderen ExxonMobile die ersten Er-

kundungsbohrungen durch, man erhofft sich ei-

nen enormen wirtschaftlichen Schub und träumt

bereits von norwegischen Verhältnissen.

FrackingBeim sogenannten „Hydraulic Fractu-ring“ oder auch „Fracking“ wird eine Mischung aus Millionen Litern Wasser, Sand und Chemikalien mit einem Druck von bis zu 1000 bar durch das Bohrloch in die in mehreren tausend Meter Tiefe liegende Lagerstätte gepumpt. Dadurch werden Risse ins Gestein gesprengt.Durch diese Risse fließt das Gas zum Bohrloch. Das Sand-Chemie-Gemisch verhindert, dass sich die Risse sofort wieder schließen.

Grundwasserspiegel

Lastwagen bringen Material für den Bohrplatz, Bohrmit-tel und Wasser.

Pumpen pressen das Sand-Wasser-Chemie-Gemischins Bohrloch.

Das Erdgas strömt aus dem Bohrloch.

Benutztes Fracking-Wasser wird gespeichert und dann entsorgt.

Das Gas wird insGasnetz eingespeist

Sand hält dieRisse geöffnet

Gas strömt mit dem Frackingwasser aus den Rissen in die Bohröffnung

Bohröffnung

Grube

Speichertanks

Risse

Riss

Zementmantel

Wasser-Sand-Chemie-Gemisch

Bohrung wird im Bereich der Lagerstätte horizontal weitergetrieben.

Gestein wird durch den hohen Druck gebrochen. Es entstehen Risse.

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ETHEMA WASSER 30

Fracking in DeutschlandAm weitesten fortgeschritten ist das Fracking in

Niedersachsen, wo ExxonMobil schon seit Jahren

fördert. In Vechta liegt eine Bohrstelle sogar

mitten in einem Trinkwasserschutzgebiet. Erst in

jüngerer Zeit und nachdem es durch Leckagen zur

Verunreinigungen der Böden kam, regt sich Wi-

derstand.

Fracking in NRWEtliche Energiekonzerne haben sich seit 2005

die in Frage kommenden Flächen reserviert: Fast

ganz NRW ist in „Aufsuchungsfelder“ geteilt, in

denen grundsätzlich nach Erdgas gesucht wer-

den darf. Im Feld „Ruhr“, das sich vom Sauerland

bis zur niederländischen Grenze erstreckt und

in dem mehrere Wasserwerke liegen, plant die

BASF-Tochter Wintershall erste Probebohrungen.

Diese müssen zunächst beantragt und geneh-

migt werden. Wenn das Unternehmen den Ein-

druck hat, dass sich die Förderung lohnen wird,

beantragt es die Genehmigung zur Förderung.

Nach derzeitigem Bergrecht muss es dazu nur

dann eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)

durchführen, wenn die geplante tägliche Förder-

menge 500.000 Kubikmeter Erdgas pro Bohrung

übersteigt.

Dies ist einer der Gründe, warum auch der zustän-

dige Regierungspräsident in Arnsberg, Dr. Gerd

Bollermann, eine Änderung des Bergrechts drin-

gend fordert, denn es ist auf die damals gängigen

Abbaumethoden ausgelegt, nicht aber auf Metho-

den, die derartig in den Untergrund eingreifen wie

das Fracking. Hierzu hat die NRW-Landesregierung

im Juni eine Bundesratsinitiative gestartet, denn

Bergrecht ist Sache des Bundes. Das NRW-Umwelt-

ministerium hat die Erstellung eines Gutachtens

ausgeschrieben.

Nachdem seit Ende 2010 vermehrt in den Medien

über Fracking berichtet wird, sind die zuständigen

Behörden aufgewacht. Das bereits erwähnte Exper-

tengespräch im März stand unter dem Motto „Erst

informieren, dann entscheiden“, das Medieninter-

esse wurde vom Regierungspräsidenten ausdrück-

lich begrüßt, man bemüht sich um Transparenz.

Ende Mai gab es eine Anhörung im Ausschuss für

Wirtschaft, Mittelstand und Energie des Landtags,

das Protokoll ist abrufbar. Hat man von Stuttgart21

gelernt? Christian Krumkamp und die anderen gut

vernetzten Bürgerinitiativen in NRW werden jeden-

falls noch genug zu tun bekommen. (biru)

INFO

Wie entsteht Erdgas?Während der letzten 500 Millionen Jahre der Erd-

geschichte wurde abgestorbenes pflanzliches Ma-

terial zersetzt, immer wieder von Sediment überla-

gert, und unter Luftabschluss kam es zur Bildung

von Torf, Kohle, Erdöl und Erdgas. Je nach den geo-

logischen Verhältnissen konnte sich das Gas in un-

terirdischen Blasen sammeln (konventionelles Gas)

Die gelben Bereiche be-

zeichnen die Aufsuchungs-

felder rund ums Ruhrgebiet.

Hier darf grundsätzlich nach

Erdgas gesucht werden.

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oder es befindet sich fein verteilt in verschiedenen

Gesteinsschichten, wie zum Beispiel in Tonstein

(Schiefergas, shale gas) oder in Kohlevorkommen

(colebed methane, CBM).

Wie wird gefördert?Bei der konventionellen Erdgasförderung werden

die Gasblasen angebohrt, sodass das enthaltene

Gas entweicht. Alle anderen Gasvorkommen kön-

nen nur durch Fracking erschlossen werden. Boh-

rungen, die sich nach unten auf ca. 10 cm Durch-

messer verjüngen, werden unterschiedlich tief in

die Erde geführt und dort horizontal weiter getrie-

ben. Jede Bohrung wird mit einem umgebenden

Zementmantel verfestigt. Unter hohem Druck wird

anschließend eine Frackflüssigkeit in die Lager-

stätte gepresst, es bilden sich feine unterirdische

Risse, sodass die Oberfläche für den Gasaustausch

vergrößert wird. In diese Risse dringt die Frack-

flüssigkeit ein und spült das Gas heraus. Die ein-

gesetzten Chemikalien haben dabei unterschiedli-

che Funktionen, sie sollen u.a. die Löslichkeit des

Gases in Wasser verbessern und dafür sorgen, dass

sich die Risse nicht umgehend wieder zusetzen.

Kontrolliert werden kann der Frackvorgang durch

seismische Messungen an der Erdoberfläche, die

Rissbildung kann mit einer Verzögerung von we-

nigen Stunden gestoppt werden, indem der Über-

druck abgeschaltet wird.

ProFür das Fracking gibt es energiepolitische und wirt-

schaftliche Argumente. In der aktuell diskutierten

Neuausrichtung der Energieversorgung gilt Erdgas

als wichtigste Energiequelle, die während des Aus-

baus regenerativer Energie die Versorgungssicher-

heit gewährleistet. Die Importabhängigkeit von

den klassischen Gasförderländern wird geringer und

schließlich wird auf die vorhandene Kompetenz am

Technologiestandort Deutschland verwiesen.

ContraGegen das Fracking sprechen etliche Risikofakto-

ren. Die Bohrungen werden durch Grundwasser-

schichten geführt, die eingesetzten Chemikalien

werden von den Unternehmen nicht vollständig of-

fengelegt, die Spätfolgen durch den ausgedehnten

Eingriff im Untergrund sind nicht absehbar. Kriti-

ker bezweifeln, dass das eingesetzte Frackwasser

vollständig wieder an die Oberfläche geholt und

vorschriftsmäßig entsorgt wird. Risiken an der

Oberfläche: Flächenverbrauch für die Bohrstand-

orte, Umweltbelastung durch Versorgungsverkehr,

Gefahr von Unfällen und Leckagen, bei denen

Frackflüssigkeit in die Umgebung und ins Grund-

wasser gelangen. Aus tiefen Gesteinsschichten

wird radioaktives Material mit an die Oberfläche

befördert, das auch an der Bohrausrüstung und den

Leitungen verkrustet.

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Rätsel-Lösung: FINNE

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Tief unten im Meer spielt Bodo König Neptun. Ob er dabei Atlantis entdeckt? Du musst allerdings etwas anderes entdecken, nämlich die 10 Unterschiede, die sich im rechten Bild befinden. Viel Spaß dabei!

ESELSOHR | von Volker Dornemann

Fehlersuchbild – Lösung:

1) Bodo-Ratten-Neptun fehlen die

Nagezähne, 2) er trägt eine Arm-

banduhr am Handgelenk, 3) sein

Dreizack ist unten kürzer, 4) im

Fischschwarm fehlt ein Fisch, 5)

der kleine Tintenfisch ist plötzlich

gelb, 6) Bodo trägt einen Kristall

statt einer Muschel an seiner Kette,

7) aus dem Schnorchel des Tauchers

kommen keine Luftblasen, 8) der

gelbe Fisch hat drei Brustflossen,

9) die Brustflosse des Hais ist zu

kurz und 10) rechts unten tummelt

sich ein Seestern.

33

Hochkultur, während Talawaitichqua

von einer hauptsächlich kriegeri-

schen Nation bevölkert war – eine

erstaunliche Ähnlichkeit mit den

Berichten Platos.

Interessant ist auch, dass es in

zahlreichen Kulturen Legenden von

einer Sintflut gibt - dass also die

Welt von Wasser überflutet wurde.

So z.B. die biblische Geschichte von

Noahs Arche. Da die Überlieferung

einer Sintflut in den verschie-

densten Teilen der Welt existiert,

könnte man hieraus schlussfolgern,

sie könnte möglicherweise von

dem Ort, an dem die Katastrophe

passierte, durch die Überlebenden,

die sich auf die anderen Kontinente

retteten, überliefert worden sein

und dass dieser eine Ort vielleicht

Atlantis gewesen sei.

Bei allen Theorien ist nur eines si-

cher: Gefunden wurde Atlantis bisher

noch nicht. Es existieren also keiner-

lei archäologische Beweise für seine

Existenz – aber auch keine Beweise,

die sie widerlegen würden. Was

bleibt, sind die Legenden – bis Atlan-

tis vielleicht eines Tages tatsächlich

doch noch gefunden wird. (vd)

Sicher habt Ihr schon von dieser

sagenumwobenen Stadt gehört,

die in grauer Vorzeit im Meer

versunken sein soll. Manche

sprechen sogar von einem ganzen

Kontinent, der von den Fluten des

Ozeans verschlungen worden sein

soll. Es heißt, Atlantis habe eine

hoch entwickelte Kultur besessen,

die mit dem Untergang in Verges-

senheit geriet.

Die unterschiedlichsten Geschichten

ranken darum und sind seit der

Antike immer wieder erzählt worden.

Die meisten Geschichten vermuten,

Atlantis habe inmitten des Atlanti-

schen Ozeans gelegen, einige halten

jedoch auch ganz andere Orte für

möglich. Was aber ist tatsächlich

dran an der Legende von Atlantis?

Sind es bloß erfundene Geschichten

oder haben sie einen wahren Kern?

Namentlich als erster erwähnte der

griechische Philosoph Plato (427

bis 347 v. Chr.) Atlantis. Es sei

eine starke Seemacht gewesen, die

verschiedene Länder Europas und

Afrikas erobert haben soll. Um 9600

v. Chr. soll sie schließlich durch eine

Naturkatastrophe untergegangen

sein. Andere Legenden berichten

davon, dass die Atlanter sich nach

dem Untergang ihrer Heimat auf die

verschiedenen Kontinente der Erde

gerettet haben und auf diese Weise

ein Teil der Atlantischen Kultur zum

Bestandteil der Kulturen der Völker

der Welt geworden sei.

Aus einer ganz anderen Ecke der

Welt stammt eine fast identische

Legende, in der die versunkene

Insel jedoch nicht Atlantis, sondern

Talawaitichqua hieß. In den Legen-

den der Hopi-Indianer taucht diese

neben dem ebenfalls versunkenen

Kontinent Kasskara auf. Talawai-

tichqua lag angeblich, wie Atlantis,

im Atlantik, und soll aufgrund einer

Naturkatastrophe an einem Tag

im Meer versunken sein. Kasskara

dagegen lag im Pazifischen Ozean

und war der eigentliche Ursprung der

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THEMA WASSER DIE REPORTAGE | von Wolfgang Kienast | Fotos: Claudia Siekarski34

Händler müssen draußen bleiben

Wo bitte geht s denn hier zum Wasser? An zwei Samstagen im Jahr kann man auf den Autobahnen und Bundesstraßen rund um Unna den Eindruck gewinnen, die Bördestadt läge nicht am Hellweg, sondern an der Ardèche, an den Mecklenburger Seen oder zumindest an der Weser, ganz bestimmt aber in ei-nem der Paddelparadiese auf diesem Planeten. Nicht zu über-sehen sind an diesen Tagen Autos mit Bootsanhängern oder speziell geformten Dachgepäckträgern, beladen oder leer. Dann ist Gebrauchtbootmarkt bei Schröer. Am 30. April fand er in der mittlerweile 55. Ausgabe statt, der Herbsttermin ist bereits in den Kalendern der Kanuten notiert.

Unna, Massener Straße. Eine typische Stadtrandlage mit Kleinge-

werbe und obligatorischem Autohandel, Zurbrüggen ist das größte

Geschäft am Platz. Alleebäume säumen den Straßenrand, mit rot-

weiß gestreiftem Flatterband ist ein schmaler Bereich für Fußgän-

ger abgeteilt. Das hat sich bewährt, es wäre sonst vermutlich jeder

Meter zugeparkt. Unser Ziel, wie das der meisten Menschen um uns

herum, ist eine Wiese neben Sport Schröer, Hausnummer 137, und

dort der Gebrauchtbootmarkt. Improvisierten Wegweisern folgen

wir zunächst zu einem großen, früh schon gut gefüllten Parkplatz.

Laut unserer Information beginnt der Markt stets um 9 Uhr, später

erfahren wir, dass heuer bereits um 7 Uhr die ersten Stände aufge-

baut waren. Es soll auch vorgekommen sein, dass auf dem Gelände

gezeltet wurde. Nach vorheriger Anmeldung, versteht sich.

Wir stellen den Wagen ab, steigen aus und nehmen die allgemeine

Richtung. Ein junger Mann kommt uns entgegen, professionell ge-

schultert trägt er ein rotes Wildwasserboot. „Schon fündig gewor-

den?” frage ich. „Haargenau, was ich gesucht habe”, antwortet er.

Wer so bestimmt weiß, was er braucht, kennt die Vielseitigkeit beim

Kanusport. Paddeln ist mentalitätsübergreifend. Adrenalinjunkies

oder Naturfreunde, Familienmenschen oder Individualisten, es gibt

eine Menge Differenzierungen und so viele Bootstypen wie Vorlieben.

Wer neugierig ist, kann erste Erfahrungen bei einem kommerziellen

Verleiher machen. Oder in einem Verein. Wer Blut geleckt hat, träumt

früher oder später vom eigenen Boot. Die Grundausrüstung, beste-

hend aus Kanu, Paddel und Bekleidung, ist gar nicht so teuer, doch

kann gerade ein Einsteiger viel Geld sparen, indem er sich nicht für

das billigste Neue, sondern für gutes Gebrauchtes entscheidet.

In dieser Hinsicht besteht kein Unterschied zu vielen anderen

Sportarten. Das sagt auch Herr Schröer. „Der erste Gebraucht-

bootmarkt fand Anfang der 80er Jahre statt. Im Grunde war das

nicht einmal unsere Idee. Wir hatten von einer ähnlichen Ver-

anstaltung im Wintersportbereich gehört. Wir dachten, was bei

Skiern geht, könnte auch mit Kanus funktionieren. Und bereits

der erste Versuch gab uns recht.”

Um sich als Anbieter in einer zunehmend discountorientierten

Warenwelt behaupten zu können, muss ein Betrieb der Kategorie

familiengeführter Fachhandel kreativ sein. Ein Pfund, mit dem er

Von privat an privat lautet die Spielregel auf Deutschlands größtem Gebrauchtbootmarkt

dabei wuchern kann, ist eine meist enge Kundenbeziehung. Ver-

mutlich hat sich die Schröersche Offerte durchsetzen können, weil

vor dreißig Jahren auch die Mund-zu-Mund-Propaganda funktio-

niert hat. Jedenfalls ist der Unnaer Gebrauchtbootmarkt nicht nur

der erste seiner Art in Deutschland, sondern auch der größte, viel-

leicht sogar der größte in ganz Europa, wie bisweilen zu hören ist.

Den Verkäufern und Käufern auf dem Grün neben dem Ladenlokal

dürften solche Rekorde egal sein. Für sie ist wichtig, dass von der

jeweils anderen Fraktion möglichst viele Vertreter zugegen sind.

Und sie freuen sich über das unkomplizierte Regelwerk. Kein Ein-

tritt, keine Standgebühr, keine prozentuale Beteiligung.

„Von privat und an privat. Sonst würde die Sache nicht funktionie-

ren“, erklärt Herr Schröer und erzählt, wie trotzdem immer wieder

versucht werde, dieses Prinzip zu unterlaufen. „Ich gehe, um das

Angebotene zu kontrollieren, selbst zwischen den Ständen her.

Einmal ist mir jemand aufgefallen, der hatte ein gebrauchtes Boot

dabei. Ein Kunde zeigt sich interessiert, da holt der einen ganzen

Stapel Fotos aus der Tasche und sagt, er könne bei ihm auch so et-

was oder so etwas oder so etwas bekommen. Keine Frage, das war

ein professioneller Händler. Der durfte seinen Kram sofort zusam-

menpacken.” Auch werde oft versucht, Dinge zu veräußern, die mit

Booten nichts zu tun hätten. Freizeitmode zum Beispiel. „Wenn

einer versucht, seinen alten Neoprenanzug zu verkaufen, ist das

okay, das fällt noch unter Zubehör. Wenn aber jemand kommt und

baut einen Stand mit Jeans und T-Shirts auf, geht das eben nicht.

Dann würde der Markt sofort seinen Charakter verlieren.”

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ETHEMA WASSER 36

Wir können am 30. April zum Glück nur Privatleute mit gebrauchten Ka-

jaks, Canadiern und tatsächlichem Zubehör entdecken. An einem Stand

wird lebhaft über den Originalzustand eines betagten Klepper-Faltboots

debattiert. Wer Informationen sucht, wird immer fündig. Wenige Me-

ter entfernt hat sich Herr Jochum positioniert. Er bietet ein Schlauch-

kajak an, welches er sich während eines Urlaubs in Kanada zugelegt

hatte. Leicht und auf extrem geringes Volumen zusammenfaltbar, sagt

er, sei es eine prima Alternative auf längeren Reisen mit begrenztem

Stauraum. Vor allem, wenn eher gemütliches als sportliches Paddeln im

Vordergrund stehe. Ein anderer Verkäufer will sich von einem familien-

tauglichen Canadier trennen. Problemlos fänden zwei Erwachsene, vier

Kinder, ein Hund und Gepäck darin Platz. Leider fühle sich der Nach-

wuchs inzwischen für weiteres Urlauben unter Aufsicht zu erwachsen.

Als passionierter Paddler möchte er möglichst bald ein Wanderkajak für

sich selber kaufen, finanziert durch den Erlös aus dem Canadier.

Baghy, gebürtiger Ungar und praktizierender Landarzt am Möhnesee, ist

gemeinsam mit einem Kumpel zum Gebrauchtbootmarkt gekommen. Er

strahlt. Soeben hat er ein Rennkajak erstanden, aus edlem Holz gefertigt,

bildschön und in ausgezeichnetem Zustand. „Das ist mein Ding, das weiß

ich”, schwärmt er und lässt uns sofort an seiner guten Laune teilhaben.

„Ich bin Mitglied in einem Sportverein am See, da wird Wasserski gefah-

ren. Das macht Spaß, ich liebe Geschwindigkeit. Aber ich will paddeln.

Ich habe mir mal ein Seekajak geborgt. Viel zu langsam. Klar, anfangs

werde ich aus einem Rennkajak rausfallen, immer wieder, aber das gehört

dazu. Ich muss nur üben, dann wird mir das über kurz oder lang nicht

mehr passieren. Ich freue mich schon jetzt auf den Sommer.”

Wer als reiner Schnäppchenjäger nach Unna kommt, sollte allerdings

nicht zuviel erwarten. Zwar ist das Angebot groß, doch die meisten

Verkäufer wissen, was sie aufrufen können. In etwa liegen die Preise

auf ebay-Niveau. „Jeder muss selbst wissen, was er verlangen kann

oder auszugeben bereit ist”, sagt Herr Schröer. „Manchmal staune ich

nur. In Vorwendezeiten hatten Faltboote von Pouch in Westdeutsch-

land einen guten Ruf. Sie galten als robust und preiswert. 500 bis 600 DM

haben die hier gekostet. Wenn ich jetzt sehe, dass jemand 400 Euro

für so eine alte Kiste haben will, wundert es mich nicht, wenn er sein

Boot wieder mit nach Hause nimmt. Dann habe ich gesehen, dass je-

mand ein PE-Boot mit kaputtem Süllrand gekauft hatte. Im Prinzip ein

Totalschaden. ,Ich hoffe, du hast für den Schrott nicht mehr als für ne

Kiste Bier hingeblättert‘, habe ich gesagt. ,Keine Sorge, 10,- Euro‘, hat

er geantwortet und gemeint, dass er das wieder hinbekommen würde.

Na, wenn er meint...”

Damit die oft sperrige Ware nicht mühsam zwischen Parkplatz und Wie-

se hin und her geschleppt werden muss, wurde vor einigen Jahren sogar

ein Shuttleservice eingerichtet, der den Transport für Verkäufer und

Käufer übernimmt. Doch es gibt die ganz Schlauen, die sich den Weg

zum eigentlichen Markt sparen und auf dem Parkplatz lauern. Dort fan-

gen sie, erspähen sie ein Objekt ihrer Begierde, den potenziellen Ver-

käufer beim Abladen der Boote ab. Aber das sind Ausnahmen, handels-

einig wird man sich meist auf der Wiese. Außerdem macht hier allein das

Gucken und Zuhören schon Spaß. Und Kaffee gibt es auch. (wk)

INFODer 56. Gebrauchtbootmarkt findet am 24.9. statt.

Er beginnt um 9 Uhr – oder früher.

Sport Schröer | Massener Straße 137 | Unna.

NEUES VON ROSI | von bodo-Verkäuferin Rosi

Hallo liebe Leserinnen und Leser!

in letzter Zeit hatten wir viel zu tun. Kirschen

einkochen oder Marmelade kochen. Mit dem Ge-

lier-Zucker zum Kochen und nicht Kochen geht

heute alles viel schneller. Das Entkernen der Kir-

schen macht zwar viel Arbeit, aber es schmeckt

auch viel besser.

Jetzt, während der heißen Tage, koche ich viel

rote Grütze aus Mischobst. Abends, mit einer

Butter-Schnitte und der Kaltschale ergibt das

einen wunderbaren Leckerbissen. Leider ist der

Sommer im Moment nicht so schön. Dieses Auf

und Ab macht mich richtig krank. Aber was soll

es, wir müssen es so nehmen wie es kommt.

Leider habe ich über mich in letzter Zeit viel Ne-

gatives gehört, was mich sehr traurig stimmt. Ich

stehe nicht dort, weil ich Lust und Laune habe,

sondern weil ich mir was dazu verdienen möchte.

Wenn ich genug davon hätte, würde ich mich nicht

dort hinstellen. Ich glaube kaum, dass die Leute,

die über mich reden, von 150 Euro im Monat leben

könnten. Aber glauben Sie mir auch, dass ich sehr

viele nette Kunden habe, die anders über die Sa-

che denken. Nur so viel zu meinem Verkauf.

Damit verabschiede ich mich, Ihre Rosi.

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Page 38: bodo August 2011

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ETHEMA WASSER BODO GEHT AUS | von Wolfgang Kienast | Fotos: Wolfgang Kienast38

Um es gleich am Anfang klarzustellen, die Santa Monika gibt es nicht. Drei Fahrgastschiffe tragen den Namen, Santa Mo-nika I, II und III, sie bilden eine weiße Flotte mit Heimatha-fen Hamm und sind auf Rhein-Herne-, Dortmund-Ems- oder Wesel-Datteln-Kanal zu Hause.

Das umfangreiche Programm reicht von gemütlichen Kaffee-

fahrten bis zur Halloween-Party, von der kurzen Hafenrunde bis

zum Tagesausflug ins Münsterland, mal geht es lauschig zu und

manchmal wird es laut an Bord, mal wird der Tagträumer ange-

sprochen und mal das Feierbiest. Die Redaktion schickte mich

kaffeetrinkenfahren. Ganz klassisch. Es hat mir gut gefallen.

Die Tour vom Hafen raus nach Henrichenburg haben wohl alle Dort-

munder schon gemacht, früh als Kind mit Oma und Opa, spätestens

aber bei einer der ungezählten Partyfahrten. Santa Monika ist Kult

in der Stadt. Das ist, um in Wassernähe zu bleiben, wie mit Ham-

burg und Fischmarkt. Da der Mensch nie stehenbleiben soll, lasse

ich mich für bodo auf ein neues Abenteuer ein. Auf eine, wie sie im

Programmheft offiziell genannt wird, Rhein-Herne-Kanal-Schleu-

sen-Kreuzfahrt mit Start in Gelsenkirchen. Der Unterschied bleibt

marginal. Ich genieße den leicht verbeulten Charme alter Schiffe,

die Geräuschkulisse von Wasser und Metall und das beruhigende

Tuckern des Dieselaggregats. Die Landschaft, die langsam an den

Fenstern vorbeizieht, ist ebenfalls nicht fremd. Revierkulisse, wie

sie typischer nicht sein kann.

„Das erste Schiff hat mein Großvater 1967 gekauft“, verrät Chris

Janssen, Juniorchef, dritte Generation im Familienbetrieb. „Es ist

1878 als Lastkahn vom Stapel gelaufen und wurde von ihm für die

Personenschifffahrt umgebaut. 1968 und 1974 kamen die beiden

anderen dazu. Sie wurden auf gleiche Weise renoviert. An der Ein-

richtung haben wir später nicht mehr viel verändert.“ Zum Glück.

Santa Monika ist eine stimmige schwimmenden Zeitblase mit Son-

nendeck draußen und drinnen dunkler Holzvertäfelung, ein wenig

maritimer Dekoration, schlichtrustikalen Bänken und Tischen. Die

Blumenvasen auf letzteren sind neu. Das stört nicht weiter.

Außer mir sind zwei familiär auftretende Kleingruppen und an

die sechzig Seniorinnen aus Bottrop an Bord, welche den Service

auf Trab halten. Wehe, Kaffee und Kuchen kommen in anderer

Reihenfolge als bestellt. Das Personal bedient flink, bewahrt

Übersicht und Freundlichkeit. Da der Kapitän nicht sofort mit

dem Ablegemanöver erklärt, was links und rechts am Ufer zu se-

hen ist, meldet sich die Damenriege auch diesbezüglich. Laut-

sprecher knarzen, dann erfahren wir Passagiere alles Wesentliche

über den Kanal, seine Schiffe, Schleusen, Brücken und die wei-

teren Sehenswürdigkeiten zwischen Gelsenkirchener Stadthafen

und Essen-Dellwig.

Ganz frei von Sentimentalität kann eine Kreuzfahrt im Pott nicht

sein: „Rechts sehen Sie den Stinnes-Hafen. Das war ein großer

Umschlagplatz nicht nur für Kohle und Erz. Aber seit dreißig Jah-

ren wird dort nichts mehr bewegt. Und dort stehen die Gebäude

von Ruhrglas. Ruhrglas gibt es heute auch nicht mehr.” Sollten

noch immer Sympathiepunkte seitens der Seniorinnen fehlen, un-

ser Kapitän erringt sie, als er die Größe des Hafens von Bottrop

herausstellt: „Ein Welthafen!” Anerkennendes Raunen.

Derweil bestelle ich eine Käseplatte (5,20 Euro) und zum Nach-

tisch ein Stück Schwarzwälder Kirsch (2,60 Euro) mit einem

Kännchen Kaffee (3,20 Euro). Zu fairen Preisen bietet die kleine

Speisekarte von Salat über Hühnerbrühe mit Einlage, Riesen-

bockwurst und diverse Schnitzel alles, was zur traditionellen

deutschen Ausflugsküche gehört. Da auf Santa Monika häufig ge-

feiert wird, ist die Auswahl an Getränken groß. Softdrinks, Biere

(0,3 für 2,10 Euro), Sekt, Wein, Longdrinks, etliche Spirituosen

und ein paar Cocktails. An Bord eines Schiffes darf Grog nicht

fehlen. Ein Glas kostet 2,80 Euro.

Kurz vor Oberhausen wendet der Kapitän. Er hat gesagt, was zu

sagen ist. Jetzt erklingt leise die Bordmusik; Nordseewellen rau-

schen an den Strand, die kleine Möwe fliegt nach Helgoland. (wk)

INFODas komplette Fahrtenprogramm finden Sie im Netz unter

www.santamonika.de

Kreuzfahrt mit einem noch sehr lebendigen Fossil

Santa Monika auf den Kanälen

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CARTOON | Idee und Zeichnung: Volker Dornemann

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kann ich ganz klar voraussehen. Und zwar nur deswegen, weil

ich mich mal mit Geschichte beschäftigt habe. Wer die Ver-

gangenheit kennt, kennt die Zukunft? Bastians Idee ist doch

gut! Es gibt genügend Einkaufszentren!

Und schön zu wissen, dass die Betreiber von Einkaufszentren

gewissen Minderheiten gegenüber so unduldsam sind. Das

hat meine Meinung zu Einkaufszentren negativ beeinflusst.

Weg mit denen! Mindestens aber keine zusätzlichen!

Helmut Junge (Kommentar zu „Einkaufszentren: Straßenma-

gazin bodo für Citykiller-Verbot“ auf www.ruhrbarone.de)

Liebe bodos,

ich wollte euch mal kurz schreiben, wie toll ich es finde,

dass ihr in Dortmund inzwischen so viel macht. Ich finde

es wichtig, dass bodo und seine Anliegen so sichtbar in der

Stadt sind. Das Künstler-Zelten am Rathaus fand ich klasse,

auch wenn ich nur kurz vorbeikommen konnte. Weiter so!

LG, Sarah

LESERBRIEF

Liebe bodo-Redaktion,

als wir am Montag durch die Bochumer Innenstadt schlen-

derten, kaufte wir uns mal wieder eine bodo. Eure Verkäu-

ferin war soooo zuckersüß und hat uns sooo herzlich einen

schönen Sommer, einen schönen Tag und eine schöne Woche

gewünscht, das wir sie hätten knuddeln können.

Da wir länger nicht in der Stadt waren, dauerte unser Bum-

mel so ca. vier Stunden In dieser Zeit trafen wir Sie drei

Mal. Ganz im Ernst: Sie war jedes Mal (vielleicht ja auch weil

wir sie anlächelten) so freundlich und meinte beim letzten

Treffen „Schön, dass ich euch getroffen habe!“

Wir waren uns einig, denn uns ging es genauso. Sie hat uns

den Tag versüßt mit Ihrer menschlichen Herzlichkeit, die es

unserer Meinung nach viel zu selten gibt.

Wir wünschen der Redaktion und allen Mitarbeitern einen

schönen schönen Sommer und alles Liebe.

Andreas Kruse und Rabea Wysny

Erst mussten die Roma weg, jetzt sollen die Bettler weg, dann

natürlich die Alkoholiker, Drogenabhängige sowieso, dann an-

dere Minderheiten, usw. Später dann auch die SPD? Vielleicht

auch nicht. Ich bin kein Prophet, aber das als Möglichkeit

Schreiben Sie uns Ihre Meinung!

bodo e.V. | Postfach 100543 | 44005 Dortmund

oder eMail an: [email protected]

Ein neuer Kooperationspartner in Bochum ist Oskar e.V. Leute mit tollen Ideen: Im Rahmen der Ausstellung „Wohntunnelwelt

– Erobere deinen Raum“ Anfang Juli, veranstaltet vom Stadtverwalter e.V., wurde die Fußgängerunterführung zwischen Bo-

chum Ehrenfeld und dem Bermudadreieck für ein Wochenende zur Bühne für Kunst und Kultur. Oskar e.V. richtete eine „Küche“

ein und veranstaltete bis in die frühen Morgenstunden Konzerte und Lesungen.

bodo dankt: Sparkasse Bochum

Dr. Josef Balzer, Alexander Barbian-Steinfort, Micha-

el Buddenberg, Helmut Buscha, Christian Chammings,

Angelika Engelberg, Paul Engelen, Fabian Fluhme, Rolf

Geers, Matthias Grigo, Grünbau GmbH, Britta Richter,

Manfred Kater, Almuth Keller, Jutta Kemper, Helga

Koester-Wais, Birgit Kuehn, Otfried Ladwig, Nicola

Steinstrass, Wulfhild Tank, Felix Zulechner, Ingeborg

Schumacher, Brigitte Sonntag, Gabriele Steinbrecher,

Gabriela Schaefer, Hermann Schroeder, Christoph Ro-

eper, Susanne Mildner, Barbara Meyer, Ute Michler,

Ludwig Seitz, Bärbel Bals, Kerstin Bals, Karl Bonbardt,

Das Grafikhaus/O. Schäfer, Ralf Finke, Michael Stan-

ge, Nicole Goralski, Jörg Gruda, Erika Janssen, Marlis

Lange, Arne Malmsheimer, Wolfgang Neuhaus, Ursula

Remer, Daniela Schmitz, Nadja Schramm, Rainer Stü-

cker, Thomas Terbeck, Linda Wotzlaw, Heinz Schildheu-

er, Thomas Schröder, Snezka Barle, Ute Börner, Bernd

Ewers, Regina Höbel, Sandra und Friedrich Laker, Heike

Pannitz, Frank Siewert, Ilona Zarnowski, Rainer Biel,

Udo Bormann, R. Dammer, Anita Diehn-Driessler, Chris-

tine Ferreau, Udo Greif, Rüdiger Haag, Elsbeth Heiart,

Astrid Kaspar, Annette Krtizler, Ursula Machatschek,

Lieselotte Markgraf, Thorsten Matern, Jutta Meklen-

borg, Marlies und Eberhard Piclum, Sandra Rettemeyer,

Inge Schaub, Dorothea Bomnüter, Petra Bloch, Ina und

Arno Georg, Edith Link, Annemarie Meiling, Christain

Scheer, Roswitha Wolf, Ulrike Bornemann, Hans-Georg

Schwinn, Isabell Bikowski-Gauchel, Peter Buning, A.

und M. Dietz, Klaus-M. Kinzel, Annegret Malessa, Else

Stockert, Christine Weber, Monika Bender, Petra Ben-

der, Eberhard Garburg, Jutta Haring, Lieselotte Koch,

Katrin Lichtenstein, Ulrike Märkel, Gerd Pelzer, Rena-

te Krökel, Klaus Kwetkat, Stefan Meyer, Carsten klink,

Thomas Olschowny, Daniela Gerull, Dieter Schibilski,

Martin Scholz, Karl-Heinz Schwieger, Barbara Bokel,

Sandra Wortmann, Annabell Preusler, Birgitt Kuhl-

mann, Dieter Zawodniak, Elisabeth Heymann-Roeder,

Friederike Jansen, Dirk Schmiedeskamp, Sebastian Po-

schadel, Schmidt, Oliver Stiller, Heinz Heitland, Ilse

Granzow, Wolf Stammnitz, Volker Schaika, Ingeborg,

Seibstein, Elsemarie Bork, Peter Lasslop, Christina

Kolivopoulos, Jutta und Wido Wagner, Marianne Lin-

nenbank, Klara Lehmann, Sabine Raddatz, Charlotte

Steinke, Petra Danielsen-Hardt, Silke Harborth, Dolf

Mehring, Hildegard Reinitz, Timo Zimmermann, Anne

Jentgens, Ruth Hanke, Ute Soth Dykgers, Dorothee

Pischke, Annette Duee

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