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bodo DAS STRASSENMAGAZIN Juni 2014 Sabine Heinrich | „Nicht jammern, machen!“ What the Heck? | Dortmunds wilde Rinder Brazil vs. Brazil | Protest und Fußball 2.50 Euro | 1,25 Euro für den Verkäufer

bodo Juni 2014

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Die Juni-Ausgabe des Straßenmagazins.

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Page 1: bodo Juni 2014

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bodoDAS STRASSENMAGAZIN

Juni 2014

Sabine Heinrich | „Nicht jammern, machen!“ What the Heck? | Dortmunds wilde Rinder

Brazil vs. Brazil | Protest und Fußball

2.50 Euro | 1,25 Euro für den Verkäufer

Page 2: bodo Juni 2014

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„Nicht ärgern. Beraten lassen.“

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Page 3: bodo Juni 2014

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Brazil vs. BrazilWenn am 16. Juni die Fußball-WM beginnt, haben FIFA und brasiliani-

sche Regierung eine Niederlage bereits erlitten: Das Hochglanzbild der teuersten

WM aller Zeiten zeigt durch die sozialen Proteste gegen Zwangsräumungen und

staatliche Gewalt deutliche Kratzer.

Von Manuel Cullen

03 Inhalt | Editorial

07 Straßenleben | Schach für bodo

07 Impressum

08 Neues von bodo

16 Kultur | Die Schönheit der großen Straße

16 Recht | Private Videoüberwachung

17 Wilde Kräuter | Holunder

20 Reportage | Angriff aufs Rathaus

22 Kommentar | Syrien und die politische Schönheit

22 News

23 Die Zahl | Das Foto

24 Netzwelt | www.nachrichtenleicht.de

24 Kinotipp | Suzanne

25 Veranstaltungskalender | Verlosungen

32 bodo geht aus | Zur Schwarzen Kuhle

33 Verkäuferporträt | Tomasz

38 Reportage | Europa, Deine Armen!

42 Reportage | Die Vagabundenbewegung

45 Rätsel

46 Leserpost

Sabine HeinrichSie hat als „Frau Heinrich“ eigene Sendungen in Radio und Fernsehen

und gehört zum Reporterteam von „Zimmer frei“. Wir treffen sie bei einer Lesung

ihres Romandebüts, bei der sie auch als krisenfeste Haustechnikerin glänzt, getreu

ihrem Motto: „Nicht jammern, machen!“

Von Antje Mosebach

Onur Güntürkün Seine Arbeiten zur Hirnforschung sind vielfach ausgezeichnet, vor allem

ist der Bochumer Professor jedoch ein begnadeter Vermittler komplexer Wissenschaft.

Ein Gespräch über das Einparken, rechtsdrehende Tauben und eine Kuss-Studie.

Von Antje Mosebach

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34

Heckrinder in Dortmund„Aufpassen!“ heißt es in Dortmunds größtem Naturschutzge-

biet Siesack. Auf einer ehemaligen Abraumhalde zwischen Emscher und

Dortmund-Ems-Kanal lebt eine Herde Heckrinder, alles andere als zahme

Neuzüchtungen des ausgestorbenen Auerochsen.

Von Wolfgang Kienast

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INHALT | EDITORIAL

Liebe Leserinnen und Leser,

Sammelkarten an der Supermarktkasse, Autofahnen, Gratis-Spiel-

pläne in allen Formaten, abgehalfterte Fußballer in Würstchen- und

Elektronikwerbung, tägliche Nullberichterstattung aus dem Campo

Bahia – es ist wieder Weltmeisterschaft.

Das kann einen mit Vorfreude, müder Gleichgültigkeit oder genervter

Gereiztheit erfüllen – so zumindest die Stimmungsbandbreite in unserer Redaktion. Die

einen richten ihren Terminkalender der nächsten Wochen auf den Spielplan aus und jus-

tieren ihren Tag-Nacht-Rhythmus (Schwierig: 15.6., Elfenbeinküste – Japan, Anpfiff 3 Uhr).

Andere denken ans temporäre Exil in einem Nicht-Teilnehmerland.

Einig sind wir uns nur darin, dass wir der Vermarktungsmaschinerie nicht viel hinzuzufü-

gen haben. Also: eine bodo ohne WM-Planer und exklusives Marco-Reus-Interview. Statt-

dessen schauen wir – auch auf die Gefahr, dass es die gute Stimmung vielleicht trübt – aus

Straßenzeitungsperspektive auf die Spiele. Auch in Rio und São Paulo arbeiten KollegInnen

von uns, machen mit OCAS ein wunderbares Magazin und sind mit einem Ausmaß an

Armut und vor allem mit einer Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich konfrontiert,

die aus europäischer Perspektive kaum vorstellbar ist.

„Nebenan“, in Argentinien, erscheint die Straßenzeitung „Hecho en Buenos Aires“, die für uns

die sozialen Proteste in den brasilianischen Metropolen analysiert: Brazil vs. Brazil (S.18).

Der Rest des Heftes ist allerdings ganz bodo, aber sehen Sie selbst.

Viele Grüße von bodo, Bastian Pütter – [email protected]

bodoSCHAFFT CHANCEN

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„Nicht jammern, machen!“Sabine Heinrich:

MENSCHEN

„,Heimat‘ nenne ich das Ruhrgebiet. ‚Zuhause‘ ist Köln – beides Orte, an denen

klare Worte gesprochen werden.“

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Sie hat als „Frau Heinrich“ eigene Sendungen in Radio und Fernsehen, gehört zum Reporterteam von „Zim-mer frei“ und ist mit dem Deutschen Radiopreis aus-gezeichnet worden. Jetzt hat die WDR-Moderatorin Sabine Heinrich ihr erstes Buch veröffentlicht, eine Art Roadmovie über Lebensentscheidungen.

von Antje Mosebach | Fotos: Daniel Sadrowski

Im Radio, erzählt sie später, sei das die

Situation, in der sie ganz viel Musik spiele.

Geht hier natürlich nicht. Noch besteht die

Hoffnung, dass der Fehler schnell zu beheben

ist. Nur weiß keiner, wie. Der Belegschaft ist

die Situation sichtlich unangenehm, aber

Sabine Heinrich bleibt charmant, checkt die

Lage – und packt an. Technik ist eigentlich

nicht ihrs. Aber sie versucht’s einfach –

eine weitere Lebensmaxime der Heinrich.

Zunächst erfolglos. Ganz kurz breitet sich

Verzweiflung aus, ihr Gesamtkonzept der

Lesung droht zu platzen: Sie hat Fotos und

Filmeinspieler mitgebracht. Dann greift eben

dieses Heinrichsche Familienprinzip: Nicht

jammern, machen. Und sie legt los – tatkräf-

tig, mal gucken, was passiert.

Sie ist nicht fies vor Staub und unbekann-

ten Knöpfen („Wenn ich hier draufdrücke,

geht die Putzbeleuchtung im Erdgeschoss

an?!“). Sie bastelt an Kabeln rum und

untersucht Zusammenhänge – und beweist

dabei immer noch Humor. Wir haben

Stift und Fotoapparat zur Seite gelegt

und basteln mit. Zwischendurch blickt sie

Sabine Heinrichs Terminkalender ist ziemlich

voll. Erstens moderiert sie vormittags in Köln

ihre vierstündige Radiosendung „Frau Hein-

rich“. Zweitens ist sie gerade auf ellenlanger

Lesetour, um ihr erstes Buch vorzustellen,

„Sehnsucht ist ein Notfall“. Trotzdem sagt sie

sofort „ja, klar“, als wir sie um ein Interview

bitten. Es passt auch alles: An diesem Abend

will sie ihr Buch in der Mayerschen Buch-

handlung in Dortmund vorstellen. Für 19 Uhr

sind wir dort verabredet.

Sabine Heinrich kommt sofort offen,

natürlich und gut gelaunt auf uns zu. Das

„Du“ ist selbstverständlich. Sie lächelt:

„Schön, dass es geklappt hat“. Erst noch

den Soundcheck, „das geht meistens ganz

schnell“. Sabine Heinrich kennt sich aus,

es ist nicht ihre erste Lesung. Aber es wird

die erste, bei der die Technik komplett

versagt. Das Mikrofon funktioniert nicht,

die Lautsprecher nicht, der Beamer nicht,

irgendwie gar nichts. Ein Notfall, mit

Sehnsucht nach rechtzeitiger Behebung.

Stammt aus: Kamen-Heeren Lebt in: KölnBeruf: Moderatorin und BuchautorinSternzeichen: SteinbockFamilienstand: Single

kurz auf und meint entschuldigend: „Das

habt ihr euch anders vorgestellt, was?“

Ja, haben wir. Aber diese Perspektive auf

Sabine Heinrich ist spannend: Stresssitu-

ationen offenbaren viel Persönlichkeit.

Diese hier ist angenehm handfest. Das hat

die Wahlkölnerin wohl aus ihren Wurzeln

gezogen. Geboren in Unna, aufgewachsen

in Kamen-Heeren, abends in Dortmund

abgehangen – z. B. im „Keller“, der zumin-

dest namentlich in ihrem Roman auftaucht

– gejobbt bei lokalen Zeitungen im Umkreis

und Politikwissenschaften studiert in

Duisburg-Essen. Eben Ruhrgebietsfrau.

Oder doch Kölnerin? Was nun? Die Frage,

sinniert sie, stelle sie sich wirklich oft. „Das

hat mit meiner eigenen Glaubwürdigkeit

zu tun“ Eine kleine Pause. „‚Heimat‘ nenne

ich das Ruhrgebiet. ‚Zuhause‘ ist Köln“.

Und sie ist gerne Kölnerin. „Ich mag das

Lebensgefühl. Du bist immer willkommen,

und ähnlich wie im Ruhrgebiet wird hier

sehr klar gesprochen“.

Das kennt sie von zu Hause. Da wurde im-

mer und wird heute noch heftig diskutiert.

Besonders leidenschaftlich beim Fußball.

„Im Radio darf ich das nicht mehr – das po-

larisiert so“. Aber in der Heimat, in Heeren,

mit ihrer Familie. Zwangsläufig. Denn im

Hause Heinrich treffen Welten aufein-

ander: Sabine und Bruder Thomas sind

BVB-Fans, „so richtig“. Ihre Mutter gehört

„einer niederrheinischen Randgruppe“ an

(für Nicht-Eingeweihte: Borussia Mönchen-

gladbach), und Vater Heinrich ist einge-

fleischter Schalker, der nennt sogar seine

Hühner nach den Blauweißen. Da kann es

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MENSCHEN

passieren, „dass kurzfristig Familienbande

gekappt werden“. Wenn irgend möglich, geht

Frau Heinrich auch ins Stadion – wenn ihr

Bruder sie mitnimmt. Was ihm allerdings

meist zu peinlich ist, denn Sabine Heinrich

schläft ein. Gleich in der ersten Halbzeit. „Ein,

zwei Bierchen vorher und ich werde immer so

müde…“, seufzt sie.

Klare Worte sind ihr besonders wichtig bei

Lebensentscheidungen. Die erhofft sie sich

von ihren Freunden, sehr wichtigen, engen

Freunden. Von denen gibt es vier, schon über

Jahrzehnte. Und bei denen geht es nicht um

Bauchpinselei: „Eine Entscheidung ist ja eigent-

lich was sehr Einsames, die musst du alleine

treffen. Aber wie du da hinkommst, da gibt es

viele Wege. Aber ich weiß, dass ich mir selbst

nur die bequemsten Fragen stelle, die bringen

mich aber nicht weiter“, weiß Sabine Heinrich

um ihren Knackpunkt. „Dann gucke ich bei

meinen Freunden, wer könnte mir an der Stelle

Contra geben. Nur so kann ich die Unwägbar-

keiten sehen“.

Lebensentscheidungen sind auch das Thema

ihres Buches, das sie nach über einer Stunde

tatkräftigen und erfolgreichen Einsatzes als

„Buchhandlungs-Haustechnikerin“ endlich

vorstellen kann, auf lockere und amüsante

Weise, ganz nah am Publikum. Es ist ein

leichter, schöner und witziger Roman, der im

Ruhrgebiet und in Köln anfängt und in Italien

endet; der erzählt, dass man Entscheidun-

gen in jedem Alter treffen kann, wenn sich

im Leben etwas bewegen soll. Und es egal

ist, ob man 79 Jahre alt ist, wie Oma, oder

Anfang 30, wie Eva. Geht ganz einfach: Nicht

jammern, machen. (amos)

„Bei Fußballdiskussionen kann es sein, dass kurzfristig

Familienbande gekappt werden.“

Sabine Heinrich | Sehnsucht ist ein Notfall

Kiepenheuer & Witsch Paperback

ISBN 978-3462046212

288 Seiten broschiert | 14,99 Euro

Page 7: bodo Juni 2014

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Herausgeber, Verleger, Redaktion:bodo e.V. , Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20

Redaktionsleitung und V.i.S.d.P.:Bastian Pütter, [email protected] – 950 978 12, Fax 950 978 20

Layout und Produktion:Andre Noll, Büro für Kommunikationsdesign 0231 – 106 38 31, [email protected]

Veranstaltungskalender:Petra von Randow, [email protected]

Anzeigenleitung: Susanne Schröder, [email protected] – 950 978 0, Fax 950 978 20

Vertriebsleitung: Oliver Philipp, [email protected] – 950 978 0, Fax 950 978 20 Autoren dieser Ausgabe:René Boyke (rb), Brigitte, Manuel Cullen, Martin Idem (mi), Wolfgang Kienast (wk), Volker Macke, Antje Mose-bach (amos), Heinrich Peuckmann, Bastian Pütter (bp), Petra von Randow, Sebastian Sellhorst (sese)

Titelfoto: Daniel Sadrowski Fotos: Bianka Boyke (16), Fritz-Hüser-Institut (42, 43, 44), Markus Gierse (10), Hecho en Buenos Aires (18), Dr. Pou-ya Majdpour (7), pixelio.de (22), [REUTERS: Ana Carolina (20), Tony Gentile (39), Pilar Olivares (18), Jon Nazca (40), Alessia Pierdomenico (38), Susana Vera (41)], Sabrina Richmann (16), Daniel Sadrowski (3, 4, 5, 6, 12, 13, 14, 15, 32, 35, 36), Oliver Schaper (2), Screenshot: www.kindertrans-porthilfe-des-bundes.de (22), Sebastian Sellhorst (9, 10,11, 33, 46), Claudia Siekarski (11), StandOut (11, 25, 29), John Stanmeyer (23), Stefan Tuschy, Bande – für Gestaltung (17)

Cartoon: Volker Dornemann

Druck: LN Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien

Auflage, Erscheinungsweise:20.000 Exemplare (BO, DO und Umgebung)

Redaktions- und Anzeigenschluss: für die Juli-Ausgabe 10.06.2014

Anzeigen: Es gilt Anzeigenpreisliste Nr. 8, Juli 2012

Der Abdruck von Veranstaltungshinweisen ist kos-tenfrei, aber ohne Gewähr. Für unaufgefordert einge-sandte Fotos oder Manuskripte wird keine Haftung übernommen. Das Recht auf Kürzung bleibt vorbehal-ten. Abdruck und Vervielfältigung von redaktionellen Beiträgen und Anzeigen bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung der Redaktion. Leserbriefe und nament-lich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Verein: bodo e.V. ist als gemeinnützig eingetragen im Vereinsregister Dortmund Nr. 4514 Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund, 0231 – 950 978 0www.bodoev.de, facebook.com/bodoev

Vorstand: Andre Noll, Nicole Hölter, Marcus Parzonka [email protected]

Geschäftsleitung, Verwaltung:Tanja Walter, 0231 – 950 978 0, [email protected]

Öffentlichkeitsarbeit:Bastian Pütter, 0231 – 950 978 12 , [email protected]

Transporte, Haushaltsauflösungen:Brunhilde Dörscheln, 0231 – 950 978 0, [email protected]

bodos Bücher, Modernes Antiquariat: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund0231 – 950 978 0, Mo. – Fr. 10 – 18 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr

Anlaufstelle und Vertrieb Dortmund:Schwanenwall 36 – 38, 44135 DortmundMo. – Fr. 10 – 18 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr

Anlaufstelle und Vertrieb Bochum:Stühmeyerstraße 33, 44787 BochumMo. bis Do. 10 – 13 Uhr, Fr. 14 – 17 Uhr

Spendenkonto: Bank für SozialwirtschaftBLZ: 370 205 00, Konto-Nr.: 722 39 00

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Beim Simultan-Schach treten mehrere Spie-

ler mit mittleren Fähigkeiten gegen einen

Spieler aus der oberen Liga an. Für beide

Seiten eine spannende Angelegenheit. Wäre

es in einer normalen Partie fast nicht mög-

lich, gegen einen Großmeister zu gewinnen,

besteht beim Simultan-Schach immerhin

eine gewisse Chance. Die Herausforderung

für den Großmeister trotz immenser Spiel-

erfahrung ist nämlich: Seine Gegenspieler

haben ein Vielfaches an Zeit, über ihren

nächsten Zug nachzudenken.

Darin hat der aktuelle Dortmunder Stadt-

meister Eckhard Schmittdiel allerdings

hinreichend Routine. An diesem Samstag

wird er an 15 Tischen gleichzeitig spielen.

Eckhard Schmittdiel ist schon seit über

20 Jahren in den Spitzenligen zu Hause

und zog vor einigen Jahren zurück in

seine Geburtsstadt Dortmund. Die beiden

Initiatoren Marcus Parzonka, bodo-Vor-

standsmitglied, und der Pressesprecher

des Schachclubs Hansa Dortmund e.V., Dr.

Pouya Majdpour, konnten den Gewinner

Schachturnier für bodoAm Samstag, dem 28. Juni, findet ein großes Simultan-Schach-turnier in unserem Buchladen am Dortmunder Schwanenwall statt. Gemeinsam mit dem Schachclub Hansa Dortmund e.V. laden wir alle Begeisterten ein, gegen den Schachgroßmeister Eckhard Schmittdiel zu spielen.

von Martin Idem | Foto: Dr. Pouya Majdpour

STRASSENLEBEN IMPRESSUM

internationaler Preise für das Benefiz-

Turnier begeistern.

Mit von der Partie beim Schachturnier

werden unter anderem auch einige mutige

bodo-Verkäufer sein, die ihr Können auf den

64 Feldern testen möchten. Wenn auch Sie

schon immer mal gegen einen Großmeister

spielen wollten, sind Sie herzlich eingela-

den, für eine Startgebühr von 10 Euro an

unserem Turnier teilzunehmen.

Sicherlich steht an diesem Samstag nicht

nur der Wettkampf im Vordergrund.

Es wird auch gefachsimpelt, es werden

Ratschläge gegeben, Erfahrungen ausge-

tauscht und natürlich wird Kaffee getrun-

ken. Nicht zu vergessen: Jeder Teilnehmer

erhält eine Urkunde. (mi)

Schach für bodo

am 28. Juni 2014 von 14 – 16 Uhr

Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund

Anmeldungen bitte unter

[email protected] oder 0231 – 950 98 70

Page 8: bodo Juni 2014

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NEUES VON BODO

2. Freitag: Hatton CrossGuerilla Days Bochum

An jedem zweiten Freitag im Monat wird

unser Buchladen am Dortmunder Schwa-

nenwall zum Kulturort.

„2. Freitag“ lautet entsprechend der ein-

prägsame Titel der Benefiz-Reihe, bei der

wir statt um Eintrittsgeld um Spenden für

unsere Beratungsangebote bitten. Im Juni

ist die Band „Hatton Cross“ zu Gast.

„Hatton Cross“ spielen Balladen, Angejazz-

tes und Rockiges mit Bass und zwei Gitarren

– und ohne Schlagzeug. Kreative Interpre-

tationen von Songs aus den Sechzigern bis

heute stehen auf dem Programm, gespielt

mit viel Herzblut und einem Gespür für die

Situation und das Publikum.

Das Trio fand sich übrigens tatsächlich an der

namensgebenden Londoner U-Bahn-Station

und macht am 13. Juni Halt am Schwanen-

wall, Beginn ist um 19.30 Uhr. Auch die nächs-

ten zweiten Freitage sind schon geplant: Am

11. Juli besuchen uns „unter anderem Max“,

die Band unseres Redaktionskollegen Max

Kühlem, und am 8. August spielen unsere

Freunde Murat Kayi und Hannes Weyland.

„Zigeuner. Begegnungen mit einem unge-

liebten Volk“ heißt Rolf Bauerdicks vieldis-

kutiertes Buch. Gemeinsam mit Auslands-

gesellschaft NRW e.V. und Planerladen e.V.

veranstaltet bodo am 17. Juni eine Lesung

des Autors mit Foto-Vortrag und Diskussion.

Rolf Bauerdicks „Begegnungen mit einem

ungeliebten Volk“ sind glänzend geschrie-

bene Reisereportagen aus den Dörfern,

Städten, Ghettos in Rumänien, Bulgarien,

in Polen, Tschechien, der Slowakei oder

der Dortmunder Nordstadt. Bauerdick be-

Lesung: Rolf Bauerdick

Unser Beschäftigungsprojekt „Transport“

unter Leitung von Brunhilde Dörscheln

(Foto) freut sich auf Ihren Auftrag.

Mit einem rund zehnköpfigen Team von

Langzeitarbeitslosen – immer auch mit Woh-

nungslosen und ehemaligen Verkäufern des

Straßenmagazins – erledigt das bodo-Pro-

jekt Haushaltsauflösungen, Umzugshilfen

und Transporte. Knapp 300 Aufträge werden

es am Ende des Jahres wieder sein.

Unser Ziel – neben der Zufriedenheit unserer

Kunden natürlich – ist es, Menschen, die sich

in der Arbeitsgesellschaft „abgeschrieben“

fühlen, zurückzubringen in den ersten Ar-

beitsmarkt. Wir beraten und unterstützen bei

Bewerbungen und im Kontakt mit den Jobcen-

tern. Auch Unternehmen haben inzwischen

erkannt: Wer bei uns mitarbeitet, hat vielleicht

Lücken im Lebenslauf, ist aber fähig und willig,

eine anstrengende Arbeit auszuführen.

Wenn Sie sich selbst davon überzeugen wol-

len und einen Auftrag für uns haben: Rufen

Sie uns an und vereinbaren Sie einen Termin

für einen Kostenvoranschlag. 0231 – 950 978 0

Starke Arme gesucht?

schreibt Begegnungen mit Familien traditi-

oneller Kesselflicker, mit Roma-Aktivisten,

Schrottsammlern oder Profi-Bettlern, mit

Politikern, Forschern und Sozialarbeitern,

getrieben von der tiefen Liebe zu dem

„ungeliebten Volk“ der Ziganen, das auch

in seinen Beschreibungen wenig Einheit-

liches hat. Bauerdick ist so nah dran wie

ein Gadscho, ein Fremder, nur sein kann

und schildert Leben und Alltag grundver-

schiedener Gemeinschaften und Menschen

– aber auch vom Scheitern, von Armut und

von familiärer Gewalt.

Die Rückeroberung des öffentlichen Raumes

durch Kunst und Kultur: Vom 4. bis zum 8. Juni

geht Bochum mit künstlerischen, sozialen und

interaktiven Interventionen auf die Straße.

Im Rahmen des Zukunftsprojektes n.a.t.u.r.

wird es Kunstaktionen, Poetry-Slams, ein

Crossboccia-Turnier und Workshops von Tanz

bis Seed-Bomb-Bau geben.

Und: Wir sind dabei. Die monatliche soziale

Stadtführung durch bodo-Verkäufer wird

ihr Anliegen, Unsichtbares sichtbar zu

machen, in einer neuen Form präsentieren.

Am Donnerstag, dem 5. Juni, begeben sich

unsere Stadtführer auf ihre zweistündige

Tour durch das andere Bochum, diesmal be-

gleitet von der Brass-Institution „schwarz/

rot Atemgold 09“. Zwischen den Stationen

der Tour spielen die Atemgoldler ihren „Ur-

ban Skajazzworldbrass“ mit hypnotischem

Schlagwerk und treibenden Bläsersätzen.

Treffpunkt ist bei bodo, unterwegs sind alle

Passanten herzlich eingeladen, mitzuziehen.

Laute soziale Stadtführung, 5. Juni, 17 Uhr,

bodo-Anlaufstelle, Stühmeyerstraße 33

8

Page 9: bodo Juni 2014

9

www.bodoev.de | www.facebook.com/bodoev

Stadträte, Oberbürgermeister, Euro-

paparlament: Der Mai war der große

Wahlmonat, und auch die VerkäuferInnen

des Straßenmagazins haben gewählt:

bodo hat neue Verkäufersprecher.

Während Bochum mit Moni und Marcus,

einem unserer sozialen Stadtführer, auf

ein bewährtes Team setzt, wählte die

Dortmunder Verkäuferschaft drei erst-

malig angetretene Verkäufersprecher.

Stanescu, Tomasz und Klaus (v.l.) vertreten

für ein Jahr die Interessen ihrer Dortmun-

der KollegInnen, informieren, schlichten

und beraten neue VerkäuferInnen. Auf

Seite 33 stellt sich Thomasz – seit Ende

des letzten Jahres bodo-Verkäufer – vor.

Während zuletzt die Verkäuferzahl bei

gut 100 recht stabil blieb, und sich Ab-

und Zugänge die Waage hielten, finden

zurzeit erstaunlich viele neue Mitar-

beiterInnen in unsere Aufnahme- und

Beratungssprechstunden und in unser im

täglichen Wechsel in Bochum und Dort-

mund stattfindendes Verkäufercafé.

bodo hat gewählt

Draußen vor der TürAuch in diesem Monat sind wir in Bochum

und Dortmund unterwegs, um mit Ihnen

ins Gespräch zu kommen, unsere Arbeit vor-

zustellen und um eine Lobby zu sein für die

Menschen „am Rand“.

Am Donnerstag, dem 5. Juni, findet nicht

nur „Die laute soziale Stadtführung“ mit der

Brass-Band „schwarz/rot Atemgold 09“ statt

(siehe S. 8). Am Abend werden wir auch unser

Konzept des „Journalismus für die Straße“ bei

der „Creative Stage“ in Bochum vorstellen. In-

wieweit wir wirklich zur Kreativwirtschaft der

Region gehören, werden wir in unserem Kurz-

vortrag versuchen zu klären. Wer uns zuhören

will: Informationen auf www.bodoev.de

Tags drauf, am Freitag, können Sie uns an un-

serem monatlichen Info- und Buchstand in der

Bochumer Innenstadt (Husemannplatz) tref-

fen. Am Samstag, 7. Juni, sind wir mit einem

schönen Stand Gast des Klangvokalfestivals,

an der Bühne direkt am Dortmunder Rathaus.

Und schließlich, nach „2. Freitag“, Geierabend

und einigen von Gruppen gebuchten sozialen

Stadtführungen, nehmen wir am 28. Juni ab

13 Uhr am Aktionstag des „Bochumer Bündnis

für Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ auf dem

Husemannplatz teil.

Wir freuen uns, Sie zu treffen, wenn nicht

draußen, dann vielleicht bei uns am Schwa-

nenwall in Dortmund oder in der Stühmeyer-

straße in Bochum.

Oder Sie rufen uns an oder schreiben uns:

0231 – 950 978 0, [email protected]

Gleichzeitig attackiert Bauerdick die

akademischen Antiziganismusforscher,

den Zentralrat der Sinti und Roma, die

Political Correctness der angeblichen

Denk- und Sprachverbote, auch auf die

Gefahr hin, den Beifall von der falschen

Seite zu bekommen. Wir freuen uns auf

eine engagierte Diskussion.

Am 17. Juni um 19 Uhr

Auslandsgesellschaft NRW

Steinstraße 48, 44147 Dortmund

Großer Saal 3. Ebene, der Eintritt ist frei.

9

Nach langer schwerer Krankheit bin ich jetzt endlich wieder auf den

Beinen. Eine Zeit lang stand es gar nicht gut um mich. Wäre mein Le-

bensgefährte Adolf nicht so schnell und geistesgegenwärtig gewesen,

gäbe es mich wahrscheinlich nicht mehr. Dafür möchte ich mich ganz

herzlich bei ihm bedanken.

Auch wenn die Ärzte mir erst keine guten Chancen ausgerechnet haben, habe ich

eine lange und anstrengende Reha hinter mich gebracht und bin jetzt wieder auf den Beinen.

Jeden Tag ermahnt mich Adolf, dass ich alle meine Übungen mache, damit ich wenigstens die

alltäglichen Aufgaben schnell wieder alleine hinbekomme. Noch bin ich auf einen Rollator

angewiesen, aber ich sehe täglich kleine Fortschritte.

Nun freue ich mich auf den Sommer und darauf, langsam wieder mit dem Verkauf zu be-

ginnen. Auch an die Leserinnen und Leser der bodo und das ganze bodo-Team, das an mich

geglaubt und mich unterstützt hat, einen herzlichen Dank.

Viel Spaß beim Lesen der neuen bodo, Ihre Brigitte

Brigitte, bodo-Verkäuferin in Dortmund

Page 10: bodo Juni 2014

10

Durch eigenes Tun und unsere Begleitung,

mit neuem Selbstwertgefühl und Vertrauen

in die eigene Leistungsfähigkeit in ein ge-

ordneteres Leben zu starten, darum geht es

bei bodo. Mit Ihrer Spende helfen Sie helfen.

Nicht große Unternehmensspenden tragen

unsere Arbeit, sondern die vielfache Unter-

stützung der Bürgerinnen und Bürger der

Region. Bezeichnenderweise ist die größte

Einzelspende, die bodo in diesem Jahr er-

halten hat, ebenfalls zusammengesetzt aus

Hunderten Einzelspenden. Die BesucherIn-

nen des Dortmunder Geierabend verzichte-

ten zu unseren Gunsten auf den Umtausch

ihrer übriggebliebenen Wertmarken, und so

wurde vielen kleinen Gesten eine große Hilfe.

Mit Ihrer Unterstützung machen Sie unsere

Arbeit erst möglich. Durch den sparsamen

Umgang mit unseren Mitteln gelingt es

uns, den Spendenbedarf relativ gering

zu halten, trotzdem sind Bereiche wie die

Betreuung und Beratung unserer mehr

als 100 Verkäufer allein auf Ihre Mithilfe

angewiesen. bodo ist als gemeinnützig und

mildtätig anerkannt.

Nachhaltig helfen

Es gibt viele Wege, durch eine regelmäßige

Unterstützung unsere Arbeit planbarer

zu machen und auf Dauer sicherzustellen.

Werden Sie Fördermitglied und unterstüt-

zen Sie uns mit einem monatlichen oder

jährlichen Betrag. Oder schließen Sie für

Ihre Firma, Ihre Praxis oder Ihre Mitarbeiter

bodo-Abos ab, die Ihr Verkäufer zum Mo-

natsanfang vorbeibringt. Vielleicht möch-

ten Sie auch im Straßenmagazin werben?

Sprechen Sie uns an, wir freuen uns.

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BLZ: 370 205 00

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Helfen Sie helfen!

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Page 11: bodo Juni 2014

11

NEUES VON BODO

Geierabend Open Air

Die Geier verlassen ihr Nest und ziehen

gen Norden zum Sommer-Open Air im

Biergarten „Tante Amanda“ in Dortmund-

Westerfilde.

Für das dreitägige Comedy-Spektakel bringt

das Ensemble, inklusive Neuzugang Murat

Kayi (demnächst bei unserem „2. Freitag“

zu Gast am Schwanenwall), die schönsten

Nummern des aktuellen Programms „Späß-

chen in der Grube“ auf die Bühne.

So können sich Fans der „Zwei vonne Südtri-

büne“ auf neue Weisheiten der bierseligen

Fußballphilosophen und auf ein Wiedersehen

mit der impulsiven Hartz-IV-Mutter Jessika

Schmotke freuen. Mit dabei ist – natürlich

– auch der „Steiger“, der auf der Bühne den

Grill anwerfen und neben bissigen Seitenhie-

ben die eine oder andere Wurst ans Publikum

austeilen wird. Im Anschluss gibt es am

Freitag und Samstag eine rockige Zugabe:

Geierabend-Lieblings-Songs aus 60 Jahren

Rock’n’Roll-Geschichte.

13. – 14. Juni, 19 Uhr, 15. Juni, 18 Uhr

Biergarten Tante Amanda, Mosselde 149,

44357 Dortmund, www.geierabend.de

bodo-Blattkritik

BIKENFÜR

BODODie Studierendenzeitung „pflichtlektüre“

ist ein Ausbildungsprojekt des Instituts für

Journalistik der Technischen Universität

Dortmund. Ende Mai stattete uns die Lehr-

redaktion einen Besuch ab, um über unser

Magazin zu sprechen.

Im Februar hatte bodo-Redaktionsleiter

Bastian Pütter die Studierenden an der TU

besucht, eingeladen von Sigrun Rottmann,

Leiterin der „pflichtleküre“-Redaktion. In

großer Runde wurden Heftkonzeption,

Gestaltung und inhaltliche Ausrichtung der

Studierendenzeitung diskutiert.

Beim Gegenbesuch ließ sich nun die bodo-

Redaktion von den angehenden Bachelor-

und Master-Journalisten beraten. Neben

allgemeinem Lob hatten die gut vorberei-

teten Nachwuchs-Blattmacher kritische

Fragen, hilfreiche Anregungen und konkrete

Verbesserungsvorschläge im Gepäck.

Unser Fazit: Ein so angenehmer wie er-

kenntnisreicher Nachmittag. Wir freuen

uns schon auf eine Wiederholung mit der

nächsten „Generation“ der „pflichtlektüre“-

Lehrredaktion.

bodo ist für Sie da

Geschäftsleitung Tanja [email protected]

Redaktion undÖffentlichkeitsarbeitBastian Pü[email protected]

VertriebOliver [email protected]

bodos BücherSuzanne Prä[email protected]

bodos Bücher OnlineGordon [email protected]

Transporte und SachspendenBrunhilde Dörscheln [email protected]

montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr unter dieser zentralen Rufnummer:

0231 – 950 978 0

Mail: [email protected]: 0231 – 950 978 20

Oder Sie besuchen uns:

Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund Mo. bis Fr. 10 – 18 UhrSa. 10 – 14 Uhr

Stühmeyerstraße 33, 44787 BochumMo. bis Do. 10 – 13 UhrFr. 14 – 17 Uhr

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3. Charity-Ausfahrt für bodo

Sonntag, den 13. Juli 2014Treffen um 12 Uhr am

Schwanenwall 36 – 3844135 Dortmund

Anmeldungen unter:facebook/biken-für-bodoinfo@biken-für-bodo.de

Page 12: bodo Juni 2014

12

Es wäre wohl besser, jetzt zügig zum Fahrzeug zurückzukeh-ren, rät Dirk Lehmhaus. Wir hatten uns eh nicht sonderlich weit von dem kleinen, geländetauglichen Lastwagen entfernt. Mitt-

lerweile aber hat sich das Leittier der Herde bis auf wenige Meter genähert, hält den Kopf gesenkt, und angesichts der langen,

spitzen Hörner möchten wir es auf eine Konfrontation nicht an-kommen lassen. Also treten wir den geordneten Rückzug an und

beobachten von nun an durch das geschlossene Seitenfens-ter. Ein Safarierlebnis im Dortmunder Nordwesten. „Den Tieren

könnte ich stundenlang zuschauen“, sagt ihr langjähriger Wärter.

von Wolfgang Kienast | Fotos: Daniel Sadrowski

Aufpassen!Die Heckrindherden im Siesack

REPORTAGE

12

Page 13: bodo Juni 2014

13

„Willkommen im schönsten Landstrich, den Dort-

mund zu bieten hat”, begrüßt uns Herr Lehmhaus

etwa zwei Stunden vor dieser Begegnung der be-

sonderen Art. Allein das lässt erstaunt aufhorchen,

mit landschaftlicher Schönheit verbindet man

in Dortmund, wenn überhaupt, eher die südli-

chen Randbezirke. Auf keinen Fall aber Mengede.

Wir werden eines Besseren belehrt. Das Natur-

schutzgebiet „Im Siesack“, zwischen Emscher und

Dortmund-Ems-Kanal gelegen, ist mit annähernd

170 ha das größte der Stadt.

Das abwechslungsreiche Areal mit Wäldchen,

Buschwerk, Hecken und Hainen, Grünland, Streu-

obstwiesen, Kopfweiden, sumpfigen Flächen,

Teichen und Bachläufen lässt heute noch den

vielseitigen Charakter der ehemaligen Kulturland-

schaft im Emscherbruch erkennen. Die Ackerflä-

chen werden von einem in Bochum ansässigen

Biohof bewirtschaftet. Zum Schutzgebiet gehört

zudem eine Abraumhalde aus Bergbauzeiten. Sie

ist Lebensraum zweier Heckrindherden. Vom Ka-

naluferweg, Nähe Schwieringhauser Brücke, sieht

man gelegentlich die größere am Fuß der Halde

weiden, der kleineren gehört der obere Hang.

Gezüchtet wurden Heckrinder erstmals in den

1920er Jahren von den Brüdern Heinz und Lutz Heck.

Unabhängig voneinander kreuzten die beiden Leiter

der Tiergärten in Berlin und München mehrere

europäische Rinderrassen untereinander mit dem

Ziel, den im 17. Jahrhundert ausgerotteten Aueroch-

sen wiederzubeleben. Bei einigen Merkmalen ihrer

Neuzüchtungen sind Ähnlichkeiten mit dem wilden

historischen Vorbild nicht von der Hand zu weisen. Zu

nennen wären die nahezu weiße Mehlschnauze, der

helle Aalstrich auf dem Rücken und mit Einschrän-

kungen die Form der Hörner.

Vom aktuellen Wissensstand aus betrachtet muss

man jedoch erhebliche Unterschiede zum Aueroch-

sen konstatieren. Das gilt vor allem für Größe und

Proportionen. Bei einer Widerristhöhe von 180 cm

brachte so ein Bulle bis zu drei Tonnen auf die Waage,

ein männliches Heckrind ist 30 cm kleiner und wiegt

kaum ein Drittel. Auerochsen hatten eine massige

13

Page 14: bodo Juni 2014

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Schulterpartie und schlanke Taille, das Heckrind dagegen ist von

vergleichsweise tonnigem Körperbau. Auch verfolgten die Gebrüder

Heck keine strengen Selektionskriterien, was eine große Heteroge-

nität innerhalb der Rasse zur Folge hat – in puncto Fellfarbe zum

Beispiel kann es vorkommen, dass ein schwarzbunt geflecktes Kalb in

eine dunkle Herde geboren wird.

Heckrinder gelten von daher nicht als Wild-, sondern als Haustier-

rasse. Allerdings als eine robuste. „Prinzipiell könnten die Tiere

auf der Halde gut ohne menschliche Hilfe überleben“, sagt Herr

Lehmhaus. „Wir füttern im Winter zwar zu, aber nur, damit sie

nicht auf die Idee kommen, aus der Umzäunung auszubrechen.

Temperaturen von bis zu minus zwanzig Grad machen ihnen nichts

aus, einen Stall benötigen sie nicht und auch keinen Unterstand. Es

gibt zwar einen, weil der Tierschutz das so will, den suchen sie aber

nie auf. Da hätten sie Angst, weil sie ihre Umgebung nicht im Blick

haben. Es ist auch vorgeschrieben, sie regelmäßig zu untersuchen,

aber obwohl wir ihnen keinerlei Medikamente verabreichen, sind

ihre Blutwerte immer tipptopp.“

Einige Zuchtvereine und -initiativen haben sich eine weiterge-

hende Verwilderung der Rasse als Ziel gesetzt. Im Neandertal

wird daran gearbeitet, in Holland lebt eine sehr große Herde bei

Lelystad am IJsselmeer. Dort soll natürliche Auslese langfristig zu

einem auerochsenähnlichen Erscheinungsbild führen. Aber was

genau ist „wild“ und wer definiert das? „Entweder Haustier oder

Wildtier. Ein Zwischending gibt es nicht. Ich habe mit Züchtern

gesprochen, die sehen bereits in der vorgeschriebenen Kennzeich-

nung mit Ohrmarken ein Problem. Wir haben hierzulande strenge

Gesetze. Die Holländer gehen damit ein bisschen anders um. Das

Gebiet bei Lelystad ist mehr als 6.000 ha groß. Neben Heckrindern

gibt es dort Rotwild und Wildpferde, und alles wird sich selbst

überlassen. Was aber auch heißt, dass in extrem kalten Wintern

einige Tiere verhungern. Darüber kann man denken, wie man will,

in Deutschland wäre es so jedenfalls nicht möglich. Im Grunde

fehlen Wölfe als Regulativ. Unberührte Natur gibt es nicht mehr.

Hat der Mensch einmal eingegriffen, ist es vorbei damit.“

Neugierig geworden, möchten wir jetzt endlich zu den Rindern.

Herr Lehmhaus sagt zwar, er könne nicht garantieren, dass wir

sie tatsächlich zu Gesicht bekommen, aber optimistisch sind wir

ebenfalls und dann steigen wir in den grün lackierten Wagen.

Über rumpelige Wirtschaftswege fahren wir bis zu einem verrie-

gelten Tor an der Halde. Dahinter geht es steil bergauf. „Hier gibt

es viele seltene Tiere. Mehrere Fledermausarten, Reptilien, Kröten

und Vögel wie Schleiereulen und den Neuntöter. Der frisst Insek-

ten und die sind wegen der Kuhfladen hier.” Kuhfladen sehen wir,

als wir am Rand einer Wiese auf halber Höhe aussteigen. Auch

Hufabdrücke. Aber keine Rinder. Dafür Windräder. „Die Herde

hier oben wird von der Stadt mit Geldmitteln finanziert, die für

ökologische Ausgleichsmaßnahmen beim Bau der Windkraftanla-

gen geflossen sind“, sagt Herr Lehmhaus.

REPORTAGE

14

Page 15: bodo Juni 2014

15

Wir laufen ein wenig herum. Fladen, Hufspuren, die Fahrt geht

weiter. „Bis vor fünfzehn Jahren, bevor es die Heckrinder gab, war

das Gelände bei Motocrossfahrern beliebt, und Spaziergänger

haben ihre Hunde frei herumlaufen lassen. Die scheuen Tiere

kehren zurück, seit die Rinder Wache halten”, erklärt uns Herr

Lehmhaus die Bedeutung der Herde für das Naturschutzgebiet.

„Eigentlich sollten sie auch die Kanadische Goldrute fressen. Die

hat sich stark verbreitet, aber die mögen sie wohl nicht. Sie tram-

peln darauf herum, das hilft ein wenig. Und sie halten sich an

Birken. Das sieht wirklich toll aus. Mit ihren Hörnern drehen sie

die Stämme so weit nach unten, bis sie an die dünnen Äste und

Blätter kommen. Neu aufschlagende Birken haben überhaupt

keine Chance, dadurch bleibt der offene Charakter der Landschaft

erhalten. Sonst wäre das hier bald ein Wald.“

Wir sind am höchsten Punkt der Halde angelangt. Eine Wiese,

umgeben von Weiß- und Sanddorn. Und vor der dichten Hecke,

in etwa hundert Metern Entfernung, stehen die Rinder. Zwei

Kälbchen sind dabei, Jungtiere haben ein deutlich helleres Fell als

ausgewachsene Exemplare. Herr Lehmhaus lockt mit trockenem

Brot. Eine Kuh löst sich von der Gruppe und kommt auf uns zu, die

übrigen folgen gemächlich. Sie bilden eine eindrucksvolle Forma-

tion. „Das Leittier ist immer eine Kuh. Die Bullen sehen imposan-

ter aus, haben aber nicht viel zu melden. Die leisten ihre Dienste

und gut ist. Wenn man angegriffen werden sollte, dann immer

von einer Kuh. Da muss man auf der Hut sein. Die sind nicht ohne,

vor allem, wenn sie Nachwuchs haben.“

Die älteren Heckrinder stellen sich auf, als wüssten sie um mög-

lichst fotogene Posen, ihre Kälbchen tollen herum. Unterdessen

ist uns die Chefin so nah gekommen, dass Herr Lehmhaus schließ-

lich meint, es wäre ratsam, sich in den Wagen zurückzuziehen. Sie

beobachtet uns, wir beobachten die Kuh. Das dauert eine Weile,

dann dreht sie ab. Mag sein, dass ihr langweilig wurde – wir

fanden es spannend.

Die Herde trabt Richtung Buschwerk. Wir schauen ihr nach, bis das

letzte Tier verschwunden ist. „Ich bin von diesen Tieren begeistert“,

sagt Herr Lehmhaus. „Wie die manchmal herumspringen, da spürt

man eine solche Lebensfreude. Die haben einen unglaublichen Be-

wegungsdrang. Wenn man dann an die engen Boxen der konventio-

nellen Stallhaltung denkt, und so groß ist der Unterschied zwischen

Milchkühen und Heckrindern auch wieder nicht, da fragt man sich

ernsthaft, was der Mensch glaubt, sich leisten zu können.“

Wer Interesse an einer Exkursion zu den Heckrindern hat, sollte mit

dem Umweltamt der Stadt Dortmund in Kontakt treten, für das

Dirk Lehmhaus arbeitet. In Planung ist eine Aussichtsplattform, von

wo aus man einen Blick auf das betreffende Areal hat. Auch sollen

demnächst Schautafeln aufgestellt werden, die über das Heckrind-

projekt im Naturschutzgebiet Siesack informieren. (wk)

15

Page 16: bodo Juni 2014

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KULTUR

Wer Angst vor seinen Nachbarn hat,

sollte besser auf die Polizei vertrauen als

auf eigene Schutzmaßnahmen in Form ei-

nes Videotürspions – dies meint jedenfalls

das Amtsgericht München. Bei weniger

schwerwiegenden Vorfällen rät es, sich

selbst so zu verhalten, dass eine Eskalation

vermieden wird. Das Gericht verurteilte

die Mieterin folgerichtig zur Entfernung

ihres digitalen Videotürspions.

Aus Angst vor ihren Nachbarn hatte

eine Mieterin statt eines herkömmlichen

Türspions nämlich einen solchen mit Vi-

deofunktion eingesetzt. Das Videobild

wurde durch einen installierten Bild-

schirm wiedergegeben. Nachts wurde das

Hausflurgeschehen aufgezeichnet.

In Anbetracht fast allgegenwärtiger

Überwachung des eigenen Verhaltens

ist die Entscheidung des Gerichts bemer-

kenswert. Zwar ließe sich theoretisch an

vielen Orten verhindern, dass das eige-

ne Verhalten durch Videokameras auf-

gezeichnet wird – wenn entsprechend

überwachte Orte gemieden werden.

Praktisch zwar eine Freiheitsbeschrän-

kung – zulässig ist Videoüberwachung

in sehr vielen Fällen dennoch.

Im vorliegenden Fall vermochte das

Gericht allerdings keine Rechtfertigung

für den Einsatz eines solchen Türspions

erkennen. Vielmehr sah es durch diesen

Türspion die Privatsphäre der Mitmieter

und Besucher verletzt. Diese hätten das

Recht, Wohnung und Haus zu verlassen

oder zu betreten, ohne dass ein Mitmie-

ter dies stets überwacht oder jederzeit

feststellen könne. Ebenfalls hätten Mit-

mieter das Recht, ungestört und ohne

Überwachung Besuch zu empfangen.

Ein Nachbarschaftsstreit stelle kei-

ne Ausnahme dar, da der Türspion nicht

nur zur Abwehr eines „unmittelbar be-

vorstehenden Angriffs“ auf die Mieterin

eingesetzt wurde. Wie man mit einem

solchen Gerät allerdings überhaupt

einen „unmittelbar bevorstehenden

Angriff“ abwehren könnte, erklärte das

Gericht leider nicht.

www.kanzlei-boyke.de

„Die A40 ist durch eine brutale Aktion ent-

standen“, sagt Martin Ambach. „Man hat die

B1 zur Autobahn vergrößert, um Nachschub-

wege für die Industrie zu sichern. Die Straße

wurde durch die Städte und die vorhandenen

Strukturen praktisch durchgeprügelt. Norma-

lerweise gibt es beidseitig an Autobahnen eine

Anbauverbotszone von vierzig Metern Breite.

Eigentlich darf da nichts sein, im Ruhrgebiet

wohnen da 500.000 Leute. Die leben gewisser-

maßen in einer nur halb legalen Situation. Mit

den Problemen, die damit einhergehen, hat

man sie allerdings allein gelassen.“

2010 wurde das Ruhrgebiet zur Kulturhaupt-

stadt erklärt. Es ging in erster Linie darum, nach

außen zu tragen, wie grün alles und wie sauber

die Luft inzwischen ist, wie eindrucksvoll und

Die Schönheit der großen StraßeFür das Programm im Kultur-hauptstadtjahr 2010 hatte Mar-tin Ambach zum ersten Mal das Ausstellungsprojekt „B1/A40 – Die Schönheit der gro-ßen Straße“ kuratiert. In diesem Sommer geht die Ausstellung in ihre zweite Runde. Im Mit-telpunkt steht dabei nicht die Hauptverkehrsader des Reviers an sich, sondern der Stadtraum rechts und links der Trasse und wie sich die Menschen mit den besonderen Verhältnissen dort arrangieren. Wir sprachen mit dem Kurator. Von Wolfgang Kienast | Foto: Sabrina Richmann

ästhetisch die Kathedralen der Industrie doch

sind, wie großartig sie sich als Museum nutzen

lassen. Eine Imagekampagne, die bei Teilen der

Bevölkerung gezündet haben könnte. Das Aus-

stellungsprojekt von Martin Ambach freilich

schaut nicht auf das Intendierte. Leuchttürmen

wie Zeche Zollverein gegenüber ist er kritisch

eingestellt. „Die repräsentieren eine Epoche,

die vergangen ist. Und für viele Menschen

RECHT: Private Videoüberwachung – zulässig oder nicht? von Rechtsanwalt René Boyke

Page 17: bodo Juni 2014

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hier ist das sehr ambivalent. Die haben sich

dort körperlich ruiniert, das kann man ja auch

mal sagen. Die tatsächlichen Qualitäten des

Ruhrgebiets sehe ich woanders, nämlich in

einer Kultur der Praxis, mit der die Menschen

den wahnsinnig schwierigen Raum trotzdem in

einer positiven Weise nutzen, ihn umwidmen

und umschreiben. Ich will das Ruhrgebiet zei-

gen, wie es wirklich ist und damit auch die reale

Schönheit dieser Orte. Die liegt natürlich nicht in

den Räumen selbst, sondern darin, wie die Leute

in diesen Räumen handeln.“

Schauplätze, die man nicht im Vorbeifahren aus

dem Autofenster sieht. Man muss sie gezielt

ansteuern, anhalten und aussteigen. Diese

Möglichkeit ist an sechs Positionen zwischen

Duisburg und Dortmund gegeben, insgesamt

zwanzig Arbeiten und Projekte werden präsen-

tiert. Das Spektrum ist groß. Bildende Kunst,

darstellende Kunst, Objekte, die selbsterklärend

jederzeit zu besichtigen sind und solche, zu

denen der Zugang nur zu bestimmten Zeiten

möglich ist. Ambach nennt Ausstellungsorte:

ein Zirkuszelt, eine Modellautorennstrecke,

einen Bauernhof in Mülheim, ein Haus in

Essen-Frillendorf, eine Windkraftanlage an der

Dortmunder Schnettkerbrücke. Alles an einem

Tag anzuschauen, wäre kaum möglich, dafür

lägen die Exponate zu weit auseinander. Aber

die Ausstellung läuft bis zum 7. September; Zeit

genug also für mehrere Ausflüge an die A40,

die der Kurator mit seinem Projekt zu einem

Landschaftspark erklärt. In Duisburg, Mülheim

und Dortmund wurden sogar Wanderwege

angelegt mit Schildern an den jeweiligen Stre-

cken, welche die teils sehr verschiedenartigen

Landschaften erklären.

„Insgesamt ist das eine sehr schöne Mischung aus

Hoch- und Alltagskultur“, fasst Martin Ambach

zusammen. „Dabei wendet sich die Ausstellung

nicht in erster Linie an das übliche Kunstpu-

blikum, sondern an die Leute, die hier leben.

Zum Teil machen die ja auch mit. Ich habe die

Menschen als spielerisch aufgeschlossen kennen-

gelernt. Deswegen empfinde ich das Ruhrgebiet,

entgegen aller Unkenrufe, als einen der besten

Orte, Kunst zu machen. Ganz besonders, was

Kunst im öffentlichen Raum betrifft.“ (wk)

WILDE KRÄUTER

HOLUNDER

Jeder Migrationshintergrundvermu-

tung unverdächtig ist... In der Februar-

Ausgabe der bodo habe ich über die

Wilde Möhre geschrieben. Das lag an

sich häufenden rhetorischen Ausfällen

aus dem christsozialen Lager. Ängs-

te schüren, Vorurteile zementieren,

Sündenböcke konstruieren, simple Lö-

sungen anbieten. Was man als Populist

am rechten Rand eben so macht. Dass

der Europawahlkampf als Spielwiese

für derartiges Phrasendreschen genutzt

werden würde, war klar. Ob ein Slogan

aus Reihen der (in alphabetischer

Reihenfolge) AfD, CSU, NPD oder PRO

irgendwas kam, schon nicht mehr.

Kein nur deutsches Phänomen. Wenn

Sie diesen – produktionstechnisch vor

der Wahl geschriebenen – Text lesen,

wird ein nationalistischer Block im

europäischen Parlament sitzen; lauter

Leute, die sich einig sind, die Anderen

doof zu finden. Leider nicht lustig.

Die Ängste sitzen tief. Und das gilt

nicht nur für solche vor dem Fremden,

sondern bisweilen auch davor, Gefahr

zu laufen, den eigentlich als korrekt

empfundenen Weg zu verlassen – und

sei es nur, weil die Sprache Vokabeln

vorgibt, die nun einen entsprechen-

den Beigeschmack haben. Klingt nicht

„Einwanderung“ und „Verdrängung“ so

sehr nach „Ausländer raus!“, dass man

von daher dem Ökologen Josef Reichholf

beipflichten könnte, der das Bekämpfen

invasiver Lebewesen geißelt? In diese

Richtung jedenfalls zielte ein Artikel,

den Autor Helmut Höge Anfang Mai in

der „Tageszeitung“ veröffentlicht hat.

Aufwachen! Die Situation von bei-

spielsweise Roma, die in Bulgarien oder

Rumänien verfolgt unter dem Existenz-

minimum lebten und jetzt versuchen,

sich irgendwie im wohlhabenden

Deutschland durchzuschlagen, ist ein

komplett anderes Ding als die Proble-

me für die einheimische Pflanzenwelt,

die aus dem Umstand resultieren,

dass Japanischer Knöterich vor einigen

Jahrzehnten an Deichen und Flußufern

angepflanzt wurde, um mit seinem

Wurzelwerk selbige zu stabilisieren.

Mittlerweile steht das ausgeuferte

Kraut auf der „Schwarzen Liste“ der

bedrohenden Gewächse. Leider ist es im

Juni zu spät, ihn für die Küche zu ernten.

Stattdessen hier das genaue Gegenteil:

Einheimisch essen – ein Rezept mit dem

jeder Migrationshintergrundvermutung

unverdächtigen Schwarzen Holunder.

Den wusste bereits der deutsche Stein-

zeitmensch zu schätzen. Und das, ob-

wohl er sich noch kein Holunderblüten-

soufflé bereiten konnte. Sie können das.

REZEPT

7 größere Holunderblütendolden mit

500 ml heißer Milch übergießen und

15 Minuten ziehen lassen. 3 Eigelb mit

2 EL Rohrzucker und 1 EL gesiebtem

Mehl schaumig rühren. Die abgeriebe-

ne Schale von 1 Zitrone zugeben und

anschließend die Holunderblütenmilch

angießen. Mit dem Stabmixer schaumig

schlagen, unter Rühren kurz erhitzen

und etwa 10 Minuten abkühlen lassen.

6 Eiweiß zu einem steifen Schnee schla-

gen, eine Hälfte kräftig unter die Masse

rühren, dann die zweite Hälfte vorsich-

tig unterheben. Eine Auflaufform but-

tern und mit einer Mischung aus Zucker

und gemörsertem Anis ausstreuen. Die

Masse in die Form geben und bei 200

Grad circa eine halbe Stunde garen. (wk)

von Wolfgang Kienast

Zur Ausstellung erscheint ein kleines Pro-

grammheft mit Projektbeschreibungen und

einer Karte, damit Besucher von außerhalb

die Orte problemlos ansteuern können.

www.urbanekuensteruhr.de | www.b1a40.de

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Page 18: bodo Juni 2014

18

SOZIALES

1818

Am 16. Juni beginnt die Weltmeister-schaft 2014. Die Brasilianer zeigen jedoch nicht den Enthusiasmus, den man von ihnen erwartet hätte. Der versprochene Ausbau der Infrastruk-tur für WM und die Olympiade 2016 in Rio ging an den Bedürfnissen der Metropolenbewohner vorbei. Trotz des wirtschaftlichen Aufschwungs der letz-ten 10 Jahre sind keine Maßnahmen gegen Wohnungskrise, Gesundheits- und Bildungsnotstand ergriffen wor-den. Stattdessen bestimmen Zwangs-räumungen, Verdrängungen und die Militarisierung der Favelas den Alltag. Das Spiel, das Brasilien mit sich selbst spielen muss, prophezeit viel mehr Ge-gentore als der Auftritt der Seleção.

von Manuel Cullen / Hecho en Buenos Aires

Fotos: REUTERS Pilar Olivares und Ana Carolina

18

Foto: „Eingepflanzte” Fußbälle mit

rotem Kreuz an der Copacabana.

Bereits während der Proteste von

2013 forderte die Organisation

„Rio de Paz“ mit dieser Aktion, das

Bildungs- und Gesundheitswesen

Brasiliens auf den gleichen Standard

zu bringen wie die WM-Stadien.

Page 19: bodo Juni 2014

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Brazil vs. Brazil

Als Brasilien den Zuschlag für die beiden

größten Sportereignisse der Welt erhielt,

war die Freude riesig. „Jetzt zahle ich dafür.

Sieht so die Meisterschaft aus? Soll das der

olympische Geist sein?“ fragt sich Michel,

der von den Zwangsräumungen des Stadt-

teils Restinga in Rio de Janeiro betroffen ist.

Dort, wo das olympische Dorf gebaut wird.

Nach Aussage der Articulación Nacional de

Movimientos Sociales wird das Recht auf

Wohnen auch in den 12 Austragungsorten

der WM verletzt. Man schätzt, dass für beide

Mega-Events etwa 200.000 Personen von

Zwangsräumungen betroffen sind.

Allein in São Paulo werden circa 70.000

Familien aus ihren Wohnungen vertrieben.

Offizielle Zahlen gibt es dazu nicht. Bene-

dito Roberto Barbosa von der Movimientos

por la Vivienda erklärt: „Diese Dynamik der

Enteignung folgt einer globalen Logik: Durch

Gesetzesänderungen und Zwangsräumungen

werden die Interessen der multinationalen

Konzerne und des Finanzkapitals vereint, um

lokale Gebiete mit einer länderübergreifen-

den Logik auszubeuten – auf Kosten der Rech-

te des verletzbarsten Teils der Bevölkerung“.

Copa para Quem? –

Weltmeisterschaft für wen?

Sowohl die Fußball-WM als auch die Olym-

pischen Spiele erschienen als Gelegenheit,

Investitionen zu ermöglichen, die sozialen

Ungleichheiten zu verringern und die

Lebensbedingungen der Bevölkerung zu ver-

bessern. Brasilianische soziale Bewegungen

allerdings beklagen eine eindeutige Verlet-

zung der Menschenrechte. Während die Re-

gierungen, die FIFA, das Olympische Komitee

und die Sponsoren der Spiele die Vorteile

betonten, zeigt nicht nur die internationale

Erfahrung, dass bei sportlichen Großveran-

staltungen keine reellen Verbesserungen

der Lebensbedingungen stattfinden.

Im Gegenteil: Die Spiele brauchen Platz für

ihre Inszenierung von heiler Welt. Die Arti-

culacion de Movimientos Sociales zeigt auf,

dass die Anreize zum Verlassen einer Zone

keine Zweifel offen lassen: Zunächst wird

der Strom abgestellt, dann werden Gerüchte

über Zwangsräumungen verbreitet. Unsi-

cherheit, Drohungen, falsche Informationen,

Sperrung von Basisleistungen, politischer

und psychologischer Druck sind das tägliche

Brot in den Favelas. Auch von fehlenden Be-

kanntmachungen und nächtlichen Abrissen

ist die Rede. Amnesty International spricht

von „sozialen Säuberungen“.

Ropa sucia afuera –

Dreckige Wäsche woanders waschen

Die Zwangsräumungen sind nicht die einzige

Bedrohung für die Einwohner von Rio. Weni-

ger als einen Monat vor der WM haben 2.000

Soldaten den Coplejo da Maré, ein strategisch

wichtiges Gebiet in Rio de Janeiro, in dem

130.000 Menschen in 15 Favela-Siedlungen le-

ben, besetzt. Das Militär wird bis zum 31. Juli

bleiben, um den „sozialen Frieden“ während

der Meisterschaft zu garantieren. Die Bewoh-

ner, die sich an frühere derartige Aktionen

erinnern, sind misstrauisch. „Nichts wird

sich bessern. Schon in anderen Favelas ist die

UPP (Befriedungspolizei) gescheitert“, sagt

ein Händler. 2007 hatte die militärische Be-

setzung des Stadtteils Complejo de Alemán,

im Zusammenhang mit der Vorbereitung

der panamerikanischen Spiele, 41 Tote und 81

Verletzte gefordert. Als im Juni 2013 Millionen

19

Page 20: bodo Juni 2014

20

Menschen in den wichtigsten Städten de-

monstrierten, drang das BOPE (Bataillon für

spezielle Polizeioperationen) in den Stadtteil

Complejo da Maré ein, um sogenannte „klei-

ne Verbrecher“ zu verfolgen. Sie töteten einen

jungen Mann, ein Polizist kam ums Leben.

Kurz darauf kam es zu Massakern. In jener

Nacht starben 10 Menschen. Nur Männer. Nur

Arme. Und fast alle schwarz. Der Älteste war

42, der Jüngste 16 Jahre alt.

Brasilien ist eines der wenigen Länder, in

denen die Militärpolizei den Streitkräften

untersteht. Seit den Juni-Demonstrationen

ist sie wieder in den Fokus der politischen

Debatte gerückt. Mehr als 200 Fälle von

Menschenrechtsverletzungen zählt die Inter-

amerikanische Menschenrechtskommission

OEA seit den Protesten von 2013.

Lex FIFA

Während die Militarisierung der Polizei in

Frage gestellt wird, geht die Regierung in die

entgegengesetzte Richtung. Im Dezember

wurde eine Verordnung des Verteidigungs-

ministeriums verabschiedet, die den Einsatz

der Streitkräfte zur Wahrung des inneren

Friedens vorsieht – im Hinblick auf die Olym-

pischen Spiele und die Weltmeisterschaft. Am

29. März, dem Vorabend der Besetzung des

Complejo da Maré, erließ ein Strafrichter in

Rio eine „kollektive Verordnung“, die die Poli-

zei bevollmächtigt, in Wohnungen einzudrin-

gen. Dieser Erlass ermöglichte in der Folge

den Abriss ganzer Armensiedlungen. In der

Favela do Metrô, 500 Meter vom Maracaña-

Stadion entfernt, walzten Bulldozer die

Häuser von 1.000 Brasilianern nieder, die sich

nach dem Polizeieinsatz 45 Kilometer außer-

halb des Zentrums wiederfanden. Tausende

obdachlos gewordene Bewohner demons-

trierten, seit März kommt es wöchentlich zu

Protesten und Ausschreitungen.

Offiziell kritisiert wird die „kollektive Ver-

ordnung“ als ein juristisches Instrument,

das alle Favela-Bewohner in Verdächtige

verwandle und die Favela als feindliches

Territorium betrachte. Und sich die aktuelle

Sicherheitspolitik darum kümmere, die

Stadt vor den Favelas zu schützen, anstatt

dafür zur sorgen, dass alle, die in Rio leben,

keine Gewalt erleiden müssen. Stattdessen

verletzen die Polizeipraktiken in diesen

Gebieten die Menschenrechte, indem sie

allgemeine Formulierungen wie „auto de

resistencia“ (Widerstand gegen die Autori-

täten) oder „resistencia seguida de muerte“

(Widerstand, auf den der Tod folgt) nutzen.

Noch vor der WM debattierte der Senat den

Gesetzentwurf PL 499, der bis zu 30 Jahre

Haft für schwammig definierte Vergehen

wie „das Auslösen oder das Verbreiten von

Terror und allgemeiner Panik“ vorsieht.

Protestiert zuhause!

Während das Gespenst der Demonstrationen

vom Juni 2013 weiter durch die Regierungs-

flure geistert und die Befürwortung der

WM nur noch bei 52 Prozent liegt, feiern die

Internetaktivisten hingegen ein neues Ge-

setz: das vom Senat verabschiedete „Marco

Civil da Internet“. Ein Gesetz, das als erste

Internet-Verfassung weltweit die Neutralität

und Freiheit des Netzes berücksichtigt. Die

Errungenschaften des Marco Civil machen

allerdings nicht den Kampf für Sicherheit und

Bürgerrechte obsolet, bekräftigt Daniela Silva

von der Vereinigung Transparencia Hacker.

Trotzdem: Der neue Slogan der Weltmeister-

schaft könnte nun lauten: „Protestiert von

zuhause aus und nicht auf den Straßen.“

Es scheint nicht so, als würden die Brasilia-

ner das wichtigste Spiel der Meisterschaft

außer Acht lassen. Das des eigenen Landes.

Manuel Cullen

streetpapers.org / Hecho en Buenos Aires

Übersetzung: Cornelia Woll

SOZIALES

Demonstranten verbrennen eine Karikatur des

Gouverneurs von Rio de Janeiro, Sergio Cabral.

Es scheint ein ganz normaler Wahlabend zu

werden. Nach dem Schließen der Wahllokale

versammeln sich wie jedes Jahr Parteimit-

glieder und interessierte Bürger im Foyer

des Rathauses, um gemeinsam den Hoch-

rechnungen zu folgen. Als klar ist, dass der

vielfach verurteilte Straftäter und beken-

nende Nationalsozialist Borchardt in den

Rat einziehen wird, sammeln sich die ersten

Demonstrierenden: Grüne, Linke, Piraten,

Mitglieder der „Partei“, Antifa-Aktivisten,

Mitglieder des Integrationsrates, engagierte

Bürgerinnen und Bürger.

Vor dem Rathaus weiß man bereits seit dem

früheren Abend, dass sich Neonazis in der

Nordstadt sammeln, auf ihrer Facebook-

Seite hat die „Rechte“ ein Bild des zuschla-

genden Borchardt gepostet, unter der

Überschrift: „Mit einem Schlag ins Rathaus“.

Dazu die Ankündigung: „Jetzt werden wir

den herrschenden Politikern auch auf ihrer

Bühne entgegentreten.“

Wenig später erscheinen die ersten Neonazis

auf dem Friedensplatz, um die Lage zu son-

dieren. Während die Gegendemonstration

Sonntag, 25. Mai. Am Wahl-abend attackieren Dortmun-der Neonazis der Partei „Die

Rechte“ um Neu-Ratsmitglied Siegfried Borchardt („SS-Siggi“)

eine Demonstration unmit-telbar vor dem Dortmunder

Rathaus mit Pfefferspray, Fla-schen, Schlägen und Tritten.

Viele Demonstranten, unter ih-nen Gäste der Wahlparty und

Ratsmitglieder, werden verletzt. Vor Ort ist kein einziger Polizist.

von Bastian Pütter | Foto: Oliver Schaper

Dortmunder Neonazis attackieren Wahlparty

Angriff aufs

Rathaus

Page 21: bodo Juni 2014

21

inzwischen mehr als 100 Menschen umfasst,

geht drinnen die Wahlfeier weiter. Auch als

um 22.15 Uhr die Gruppe von 25 Neonazis den

Friedensplatz stürmt, ist kein Polizist vor Ort.

Die Demonstrierenden, unter ihnen viele

Ratsmitglieder und Mitglieder des Land-

tags, haken sich vor dem Haupteingang des

Rathauses unter, um dem heranstürmen-

den Mob den Zutritt zu verwehren. Ohne

zu zögern greift die Gruppe die Demons-

tration mit Schlägen, Tritten, Flaschen und

Pfefferspray an. Verletzte werden bereits

im Rathaus notdürftig versorgt, als die

ersten wenigen Polizisten erscheinen, die

Bereitschaftspolizei ist erst 45 Minuten

nach dem Angriff vor Ort.

Das scheinbar Unvorhersehbare hat eine

Vorgeschichte. Spätestens als am 1. Mai

500 Neonazis durch Westerfilde, Nette

und Mengede marschierten, konnte allen

Beobachtern klar sein, dass es eine neue

Situation in Dortmund gibt.

Nach den empfindlichen Schlägen der

letzten Jahre haben sich die Neonazis reor-

ganisiert. Der vormalige Polizeipräsident

Wesseler hatte angeordnet, Neonazi-Auf-

märsche nicht mehr zu schützen, sondern

zu bewachen, und SPD-Innenminister Jäger

hatte 2012 die Nazikameradschaften in

Dortmund, Hamm und Aachen nach Ver-

einsrecht verboten, ihr Vermögen eingezo-

gen und ihnen damit die organisatorische

Basis entzogen. Angriffe, Einschüchterun-

gen und Machtdemonstrationen der Nazis

endeten vorerst.

Dass diese Ruhephase nur eine Episo-

de war, zeigte sich in Westerfilde. Die

verbotene Kameradschaft „Nationaler

Widerstand Dortmund“ hat sich unter dem

Schirm einer vom Grundgesetz besonders

geschützten Partei reorganisiert, bundes-

weit übernimmt „Die Rechte“ zunehmend

die Rolle der desolaten, von Intrigen und

Skandalen erschütterten NPD.

Der Spagat zwischen geforderter „Grund-

gesetztreue“ auf der einen, und offener,

gewaltorientierter NS-Ideologie auf der

anderen Seite schien zu gelingen. Knapp

500, im Verlauf der Demonstration

immer aggressiver auftretende Neonazis

skandierten „Nationaler Sozialismus

jetzt“ und, unter den entsetzten oder

wütenden Blicken vieler türkischstämmi-

ger Anwohner etwa in der Kolonie Nette,

„Deutschland den Deutschen, Ausländer

raus“ oder „Ali, Mehmet, Mustafa, geht

zurück nach Ankara“. Gegendemons-

tranten wurden bedroht, Angriffe aus

der Demonstration unterbanden stellen-

weise nicht die überforderten Polizisten,

sondern die eigenen Ordner.

Doch Westerfilde zeigte noch etwas ande-

res. Zum ersten Mal war es gelungen, mit

„BlockaDO“ ein breites zivilgesellschaft-

liches Bündnis zu organisieren, das sich

den Neonazis mit friedlichen Blockaden

entgegenstellte. Das bis dahin bemühte

Konstrukt, Widerstand gegen antidemokra-

tische Gewalttäter als „linksextremistisch“

zu denunzieren, war nicht mehr haltbar.

Die Demonstration vor dem Rathaus war

– spontan und unerwartet – der zweite

erfolgreiche Auftritt dieses Bündnisses.

Das ist die einzige gute Nachricht. (bp)

21

Page 22: bodo Juni 2014

22

160 neuaufgestellte High-Tech-Mülltonnen in Hamburgs In-

nenstadt sorgten für Ärger. Für die Menschen, die sich mit

dem Sammeln von Pfandflaschen ein notwendiges Zubrot

verdienen, ist die Quelle Abfalleimer damit versiegt: Wegen

der integrierten Müllpresse verhindert ein Deckel das Rein-

greifen. „Für mich sieht das so aus, als wollten die Behörden

die Flaschensammler aus der Stadt vertreiben“, sagt Sascha,

Verkäufer des Hamburgs Straßenmagazin Hinz & Kunzt. „Aus

den Augen, aus dem Sinn.“ Der Protest zeigt Wirkung: Die

Hamburger Stadtreinigung lässt sich auf einen „kleinen Ver-

such“ ein, so Pressesprecher Reinhard Fiedler. Man wolle an

zehn Tonnen „Pfandregale“ anbringen.

Der Hamburger Senat erklärte auf Anfrage der Linken, die

neuen Mülltonnen richteten sich nicht gezielt gegen Flaschen-

sammler, jedoch sei „die Sicherung des menschenwürdigen

Existenzminimums für Personen im Transferleistungsbezug

über den notwendigen Lebensunterhalt sichergestellt." Mit

anderen Worten: Flaschensammeln sei überflüssig.

Flaschensammeln unmöglich

DER KOMMENTAR

NEWS

Entgegen allen Vorurteilen: Die meisten deutschsprachigen

Zuwanderer kommunizieren mehr in der deutschen Sprache

als in ihrer Herkunftssprache – und beherrschen sogar noch

eine dritte. Dies zeigt die aktuelle Studie des Meinungsfor-

schungsinstitutes forsa im Auftrag vom Telefonieanbieter

Ortel Mobile. Jeder Zweite ist demnach so vollständig im

deutschen Sprachraum angekommen, dass er die Sprache

seines Herkunftslandes nicht mehr fließend beherrscht und

sogar auf Deutsch träumt. Vier von fünf Befragten sprechen

mit ihrem Partner hauptsächlich Deutsch, mit den eigenen

Kindern hingegen erfolgt eine bewusste Erziehung zur Zwei-

sprachigkeit: Hier wählen nur rund zwei Drittel Deutsch als

Hauptsprache. Auch mit Freunden und Bekannten sprechen

Migranten zum größeren Teil Deutsch, obwohl sie dort ein-

facher in ihre Heimatsprache wechseln könnten. Je nach Na-

tion können zwischen 33 und 93 Prozent eine dritte Sprache,

meist Englisch: Spitzenreiter ist Griechenland, dicht gefolgt

von Südamerika.

Migranten und ihre Sprache

Jugendliche Migranten sind nicht gewalttätiger als Deutsche,

die allermeisten, die in jungen Jahren kriminell geworden

sind, hören bald wieder auf, und: Je härter die Strafe, desto

höher das Rückfallrisiko.

Zu diesen Ergebnissen kommt eine Langzeitstudie der Unis

Münster und Bielefeld. 13 Jahre lang haben Forscher rund 3.400

Jugendliche aus Duisburg jährlich anonym befragt. Gleich

nach Ende der Kindheit steige die Kriminalität zwar sprung-

haft an, doch bereits im Alter von 15 bis 16 Jahren gingen die

Zahlen stark zurück, auch bei den sechs bis acht Prozent Inten-

sivtätern. Voraussetzung dafür seien allerdings stabile soziale

Bindungen, ein Job oder eine Ausbildung.

Nach der Studie begehen rund 84 Prozent der Jungen und 69

Prozent der Mädchen bis zum 18. Lebensjahr mindestens ein-

mal eine meist leichte oder mittelschwere Straftat wie Laden-

diebstahl. „Das meiste regelt sich von selbst – ohne Eingriffe

durch Polizei oder Justiz“, fasst der Münsteraner Kriminologe

Klaus Boers zusammen.

Studie zur Jugendkriminalität

Die Zeit des Wegschauens ist vor-

bei. Die deutsche Bundesfamilien-

ministerin Manuela Schwesig (SPD)

macht einen historischen Vorstoß.

Ab sofort sucht ihr Ministerium

Pflegeeltern für die Aufnahme von

55.000 syrischen Kindern, die so

aus dem vom Bürgerkrieg zerstör-

ten Land gerettet werden sollen.

Fotos auf der Ministeriumsseite

„www.kindertransporthilfe-des-

bundes.de“ zeigen Kinder in Aleppo

mit Schwesig-Fotos und -Transpa-

renten. Nichts davon ist wahr.

Die Künstlergruppe „Zentrum für

politische Schönheit“, ein Zusam-

menschluss von Aktionskünstlern

und Menschenrechtlern, hat diese

schönere Wirklichkeit geschaffen,

wie bei jeder der Aktionen des

Berliner Kollektivs beeindruckend

professionell und so glaubwürdig,

dass bundesweit in Redaktionen,

Partei- und Bundespressestellen

Hektik ausbrach.

Bewerbungsformulare für ein befris-

tetes Pflegeverhältnis, Satzungen zu

Unterhaltsregelungen, Kindergeld,

Zuschüsse, Steuervorteile – alles

sehr deutsch, sehr geregelt unterm

Ministeriumslogo, und doch ist die

Kampagne Kunst: Vision, Emanzi-

pation, Eingriff. „1 aus 100“ heißt die

erlogene Kampagne, der Name er-

innert daran, dass es nach UNICEF-

Angaben 5,5 Millionen Kinder in Sy-

rien sind, die jetzt und schnell Hilfe

benötigen. 55.000 für zwei Jahre

aufzunehmen – beinahe ein Tropfen

auf den heißen Stein, doch selbst den

gibt es nur unter den Bedingungen

politischer Schönheit.

Syrien und die politische Schönheit von Bastian Pütter

Screenshot: www.kindertransporthilfe-des-bundes.de

Page 23: bodo Juni 2014

23

Syrien und die politische Schönheit von Bastian Pütter

DAS FOTO

Mit dem Bild „Signal“, das afrikanische Migranten bei dem Versuch zeigt, an der Küste von Djibouti ein Handysignal

aus dem benachbarten Somalia zu empfangen, gewann der amerikanische Fotograf John Stanmeyer den diesjährigen

„World Press Photo Contest“. Diese und 150 weitere der weltbesten Pressefotografien gibt es vom 12. Juni bis zum 7. Juli

im Dortmunder „depot“ zu sehen.

Die betont wortkargen Dementi,

der Verzicht auf Klagen – wirkli-

che Fehler machte die Regierung

nicht, richtig machen konnte sie

nichts. Obwohl: Ist nicht die Initi-

ative der Familienministerin aus

dem Paralleluniversum genau

das, was von der Leyen, Gauck

oder Steinmeier meinen, wenn

sie von Deutschlands „aktiverer“

Rolle in der Welt fabulieren?

Statt den neuen deutschen Chau-

vinismus zu denunzieren, statt

auf die kläglichen diplomatischen

und militärischen Niederlagen der

neuen deutschen Weltpolitiker

(von der Ukraine bis Afghanistan)

zu verweisen, hat das „Zentrum

für politische Schönheit“ ernst ge-

macht mit „Deutschlands Engage-

ment in der Welt“.

Ein „schlüsselfertiges Hilfspro-

gramm“, das nur noch umgesetzt

werden muss, nennen die Künstler

ihre Aktion. Bereits während der

inszenierten Pressekonferenz mel-

deten sich die ersten Familien, die

bereit sind, Kinder aufzunehmen.

„Europa anzuführen und die Welt

anzuführen" (Steinmeier) – so kann

es gelingen. (bp)

Foto: John Stanmeyer

DIE ZAHL

Euro ist der Wert der genießbaren Lebensmittel, die ein deutscher Vier-Personen-Haushalt pro Jahr auf den Müll wirft.

940

Page 24: bodo Juni 2014

24

endstation.kino & bodo präsentieren:Suzanne

Der Zugang zu Information und Nachrichten ist eine Bedingung für gesellschaftliche

Teilhabe. Doch nicht jeder Mensch ist in der Lage, komplexe Texte und Nachrichtenmel-

dungen zu lesen und zu verstehen. 2011 zählten 7,5 Millionen Erwachsene in Deutsch-

land zu der Gruppe der funktionalen Analphabeten. Sie können zwar einzelne Wörter

und kurze Sätze verstehen, haben aber Probleme damit, längere Texte sinnerfassend

zu lesen. An diese Menschen, aber auch an jeden anderen richtet sich das Angebot des

Nachrichtenportals nachrichtenleicht.de, konzipiert und betrieben vom Deutschland-

funk und der Fachhochschule Köln.

Ein Team von Journalistinnen und Journalisten veröffentlicht auf der Seite einmal in

der Woche Nachrichtentexte in einfacher Sprache. In diesen Texten wird auf komplexe

Satzkonstruktionen und Fremdwörter verzichtet. Lassen sich diese nicht vermeiden,

werden sie im Anschluss an den Text erklärt. „Unser Ziel ist es, im Sinne einer größt-

möglichen Inklusion die sprachlichen Barrieren so niedrig wie möglich zu halten.

Einfache Sprache soll dabei helfen, Informationen besser zu verstehen. In unseren

Texten fallen zum Beispiel oft unsere vielen Binde-Strich-Wörter ins Auge. Diese Binde-

Striche erleichtern Menschen mit Lernschwierigkeiten das Lesen und das Verstehen“,

so Dr. Tanja Köhler vom Deutschlandfunk. Doch nicht nur an Personen mit Verständ-

nisschwierigkeiten richtet sich das Projekt. Auch für Nicht-Muttersprachler, Deutsch-

Lernende und Pädagogen aus dem Ausland können die Texte nützlich sein.

Die Themenfelder, die das Projekt behandelt, unterliegen keinen speziellen Ein-

schränkungen. Von Ukraine-Konflikt bis Mindestlohn wird auf der Webseite über

alle aktuellen Nachrichtenthemen, die auf nationaler und internationaler Ebene von

Bedeutung sind, berichtet. „So leicht, wie sich unsere Nachrich-

ten in einfacher Sprache lesen lassen, sind sie selten zu schrei-

ben. Wenn Komplexität reduziert wird, besteht die Gefahr, dass

Sachverhalte falsch dargestellt werden. Man muss den Dingen

meist noch mehr auf den Grund gehen, um Nachrichten korrekt

wiederzugeben, die in einfache Sprache übersetzt werden“, so

Tanja Köhler. (sese)

www.nachrichtenleicht.de

Soziales, Kultur, Politik – Jeden Monat stellt bodo ein

Online-Projekt vor, das die Welt ein bisschen besser macht:

Dr. Tanja Köhler

Die beiden Schwestern Suzanne und Maria

halten zusammen wie Pech und Schwefel.

Trotz des frühen Todes ihrer Mutter haben

die beiden jungen Frauen eine glückliche

Kindheit verbracht. Nicolas, ihr manchmal

etwas tapsiger, aber sehr liebevoller Vater,

schmeißt den Haushalt, so gut er kann, bis

zu dem Tag, an dem Suzanne ihre Schwan-

gerschaft verkündet.

Mit dem kleinen Charlie vergrößert sich die

Familie und lebt weiterhin einträchtig zu-

sammen, bis Suzanne eines Tages Julien ken-

nenlernt, einen halbseidenen jungen Kerl,

und sich unsterblich in ihn verliebt. Es dauert

nicht lange, bis sie mit ihm davonläuft und

alles hinter sich lässt, auch ihren Sohn.

Regisseurin Katell Quillévéré über ihren

Film: „Suzanne ist von Anfang bis Ende

ein Liebesfilm, mit den ständigen Wider-

sprüchlichkeiten unserer Gefühle und dem

endlosen Hin und Her des Lebens. Ich habe

bei diesem Film versucht, ,loszulassen‘, dem

Zufall, der Realität und den Schauspielern

mehr Raum zu lassen, um einen Film zu

machen, der freier und weniger glatt ist.

Vor allem habe ich versucht, dokumentari-

sches Material zu verwenden, um die fiktive

Handlung in eine realistische Umgebung zu

tauchen. Gleichzeitig stellten wir uns forma-

len Herausforderungen, um dem Film etwas

Lyrisches, Poetisches zu geben, inspiriert von

amerikanischer Fotografie der 1960er Jahre.“

Deutsche Fassung:

Do. 19.06. bis So. 22.06. um 19 Uhr

Franz. Originalfassung mit Untertiteln:

Mo. 23.06. und Di. 24.06. um 19 Uhr

Mi. 25.06. um 21.15 Uhr

Endstation Kino im Bahnhof Langendreer

Wallbaumweg 108, 44894 Bochum

Telefon 0234 – 68 71 620

www.endstation-kino.de

KINOTIPPNETZWELT

24

Page 25: bodo Juni 2014

25

VERANSTALTUNGEN | VERLOSUNGEN15.06. | Geierabend Open Air 2014 | Tante Amanda, Dortmund | 2 x 2 Karten

19. – 25.06. | Suzanne | endstation.kino, Bochum | 1 x 2 Karten

20.06. | „Odisea Negra“ | Klangvokal Musikfestival, Orchesterzentrum NRW,

Dortmund | 3 x 2 Karten

22.06. | Die Hamletmaschine | Studio im Schauspielhaus, Dortmund | 3 x 2 Karten

22.06. | Michelangelo Falvettis „Il Diluvio Universale“ |

Klangvokal Musikfestival, St. Reinoldikirche, Dortmund | 3 x 2 Karten

28.06. | Samba, Segersse, Kalinen und Currywurst | RuhrHOCHdeutsch,

Spiegelzelt, Dortmund | 2 x 2 Karten

29.06. | Buster Shuffle | Bahnhof Langendreer, Bochum | 2 x 2 Karten

Klangvokal Musikfestival Dortmund

„Odisea Negra“ am Freitag, den 20. Juni 2014 um 20 Uhr im Orchesterzentrum NRW in Dortmund

Michelangelo Falvettis „Il Diluvio Universale“ am Sonntag, den 22. Juni 2014 um 19.30 Uhr in der St. Reinoldikirche in Dortmund

bodo verlost jeweils 3 x 2 Karten

Auch diesmal gibt es wieder Karten für tolle Veranstaltungen

zu gewinnen. Senden Sie uns eine Email mit dem Betreff

„bodo-Verlosung“ und der Angabe Ihres Wunschgewinns an:

[email protected]. Oder schicken Sie uns eine frankierte

Postkarte mit Ihrem Wunsch, Absender und Telefonnummer

an: bodo e.V., Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund

Unter allen Emails und eingesandten Postkarten entschei-

det das Losverfahren. Alle Gewinner werden rechtzeitig

telefonisch oder per Email benachrichtigt. Der Rechtsweg

ist ausgeschlossen. Einsendeschluss für Veranstaltungen ist

jeweils zwei Werktage vor dem Termin. Einsendeschluss für

terminunabhängige Verlosungen ist der 25.06.2014

Viel Glück, wünscht Ihr bodo-Team!

VERANSTALTUNGEN JUNI 2014

Page 26: bodo Juni 2014

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SO 01 | 06 | 14

Flohmarkt | Familientrödelmarkt

Ob Kinderspielzeug für die Kleinen, Kleidung,

Kitsch, Rarität oder Kuriosität – hier findet das

Flohmarkt-Herz, was es begehrt. Auf 2.500 qm

überdachter Fläche bieten Privatleute an über

50 Ständen ihre gesammelten Schätze zum

Feilschen und Verkaufen an. Der Eintritt ist frei.

Werkstadt, Witten, 11 – 15 Uhr

Musik | Iyeoka

Frei übersetzt bedeutet Iyeoka „Respektiert

mich!“. Aber das dürfte bei dieser Sängerin

aus Boston mit nigerianischen Wurzeln so-

wieso nicht in Frage stehen. Mit Sadé wird

sie verglichen, auch mit Amy Winehouse oder

Nina Simone, und dies deutet schon einmal

auf die enorme Spannweite ihrer Stimme hin.

Iyeoka Ivie Okoawo komponiert und textet

ihre Lieder selbst. Funk, HipHop und Soul paa-

ren sich mit Eleganz und einer Prise Motown.

Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr

MI 04 | 06 | 14

Kleinkunst | Emscherblut –

„Mittwoch-Special-Improshow“

SchauspielerInnen und ein Musiker stellen

sich dem Unvorhersehbaren und spielen aus

dem Moment heraus nach den Vorschlägen

der Besucher. Es wird gesungen, gereimt,

getanzt oder auch mal Shakespeare aus dem

Stegreif inszeniert. Vor den Augen des Pu-

blikums entstehen spontane Geschichten,

spannende Charaktere und überraschende

Ereignisse – ein Feuerwerk an Geschichten,

Sketchen und Songs. Die Besucher nehmen

immer wieder Einfluss auf das Geschehen

und genießen ungebremste Spielfreude.

Fletch Bizzel, Dortmund, 20 Uhr

DO 05 | 06 | 14

Aktion | Guerilla Days Bochum

Mit den „Guerilla Days“ wird in Bochum vom

4. bis 8. Juni der öffentliche Raum zurücker-

sehserie mit Mathieu Carrière und Ursela

Monn. Anselm Weber bringt diese Geschichte

nun zum ersten Mal auf die Theaterbühne.

Schauspielhaus, Bochum, 19.30 Uhr

(auch 11. & 20.06.)

Kabarett | Kay Ray – Lachen ohne Maulkorb

Kay Rays Humor ist tabu-, aber nie ge-

schmacklos. „Lieber unter Niveau amü-

siert, als über Niveau gelangweilt“ ist ein

oft zitierter Satz der Kay Ray Show. Hinter

all dem offensichtlichen Klamauk verbirgt

sich ein sozialkritischer Mensch, der hinter

greller Maskerade deutlicher als andere

ausdrückt, was ihm stinkt. Till Eulenspiegel

hat mit diesem Trick Könige kritisiert und

amüsiert. Die zahlreichen Dortmunder Kay

Ray-Fans haben nun die Gelegenheit, an

einer garantiert maulkorbfreien Comedy-

Veranstaltung teilzunehmen.

Dietrich-Keuning-Haus, Dortmund, 20 Uhr

Dokumentarfilm | Ekstase und Schock –

Die Fußballhauptstadt Buenos Aires

Alle reden über die Fußball-Weltmeister-

schaft in Brasilien. Doch die Welthauptstadt

des Fußballs liegt woanders. Es ist Buenos

Aires. In keiner anderen Stadt der Welt fin-

det sich so viel Fußball auf so engem Raum.

Über ein Dutzend Erstligisten beheimatet

Buenos Aires – die bekanntesten sind die

Boca Juniors und River Plate – dazu über 50

Stadien. Es ist kein Zufall, dass Argentinien

das Land mit den meisten Profifußballern

im „Auslandseinsatz“ ist: 1.095 waren es im

letzten Jahr. Fußball ist Leidenschaft und

Geschäft, Verheißung auf einen möglichen

sozialen Aufstieg und Freudentaumel im

Stadion. Aber die Freude am Fußball wird

überschattet von Gewalt und Korruption.

In den so genannten „Barras Bravas“ finden

sich die fanatischen, aber auch gewaltberei-

ten Fans zusammen. Viele Vereine kapitulie-

ren. Ihre Spiele finden mittlerweile ohne das

Publikum der jeweiligen Gastmannschaft

statt. Eine Lösung scheint nicht in Sicht.

Kino im U, Dortmund, 20 Uhr

01 | 06 | 14 Iyeoka

obert, das Stadtbild begrünt und verschönert

sowie das Bewusstsein der Bürger für Nach-

haltigkeit geschärft. bodo e.V. ist mit einer

Sozialen Stadtführung der besonderen Art

dabei, begleitet von den Musikern der Brass-

Band „schwarz/rot Atemgold 09“. Druckvoll,

tanzbar, partytauglich spielen sie sich durch

Stile und Szenen: Balkan Beatz im Funkhaus

Europa, Klangexperimente in Industrierui-

nen, Ska im wilden Osten oder Global Pop am

Rhein-Herne-Kanal. Alle Passanten dürfen

mitziehen – und wir schauen, was passiert...

Dauer: ca. 2 Stunden.

ab Stühmeyerstr. 33, Bochum, 17 Uhr

Vortrag | Creative Stage

Frische Ideen und unkonventionelle Projekte

aus dem kreativwirtschaftlichen Bereich der

Region präsentieren sich in einer Mischung

aus Vortrag und Film, Konzert und Lesung,

Modenschau und Vorführung in jeweils max.

8 Minuten auf der Bühne – darunter das Stra-

ßenmagazin bodo. In den Pausen gibt es bei

Snacks und Getränken die Möglichkeit zu ver-

tiefenden Gesprächen, zum Nachfragen und

Kennenlernen. Creative Stage ist ein Format

der Wirtschaftsförderungen Bochum, Essen,

Dortmund, Duisburg und metropoleruhr so-

wie des Kulturbüros Dortmund. Anmeldung

unter creativestageruhr.de

Ottilie-Schönewald-Kolleg, BO, 18.30 Uhr

Theater | Ein Mann will nach oben

Er will Berlin erobern! Nicht mehr und nicht

weniger nimmt sich der 16-jährige Karl Sieb-

recht vor, als er aus seinem Heimatstädtchen

aufbricht in die Hauptstadt. Ehrgeizig und

klug ist er wie auch naiv und weltfremd.

Der Roman von Hans Fallada erzählt die Ge-

schichte von drei jungen Menschen, die in der

Großstadt erwachsen werden und ihren Weg

gehen. Aber es ist auch eine Geschichte über

Deutschland: Sie erzählt von den bewegten

Zeiten zwischen den Kriegen und blickt zu-

rück auf die großen Umwälzungen zu Beginn

des 20. Jahrhunderts. Berühmt wurde dieser

Roman 1978 durch seine Verfilmung als Fern-

04 | 06 | 14 Emscherblut

Page 27: bodo Juni 2014

27

05 | 06 | 14 Guerilla Days – schwarz/rot Atemgold 09

FR 06 | 06 | 14

Theater | Zu spät! Zu spät! Zu spät!

Fünf Frauen und Männer treffen aufeinan-

der. Sie kennen sich nicht. Was sie verbindet:

Sie sind die Heilsmänner und -frauen unserer

Zeit – anerkannte Coaches, die täglich nichts

anderes machen, als Andere zu trainieren,

ihr Leben in den Griff zu kriegen. Jetzt ha-

ben sie dieses Fortbildungsseminar gebucht.

Doch als ihr eigener Dozent nicht erscheint,

zerbricht die vermeintliche Sicherheit. Die

Experten der Selbstbefragung verlieren ihre

Antworten. Die Profis der Selbstoptimierung

werden zurückgeworfen auf ihr eigenes Ich.

Das Theaterprojekt möchte einem der größ-

ten Phänomene unserer Zeit nachspüren:

dem andauernden Gefühl der Überforde-

rung und der Hoffnung, mit professionel-

ler Hilfe diesem Druck beizukommen. Dem

Druck des Alles-schaffen-Müssens und Alles-

erreichen-Könnens. Dem Druck der andau-

ernden Selbstoptimierung. Das Stück erkun-

det die Coaching-Paralleluniversen unserer

Gesellschaft, witzig und mit groteskem Biss.

Rottstr 5 Theater, Bochum, 19.30 Uhr

Aktion | Koch-WM: 32 Nationen – 32 Gerichte

Dass die 32 WM-Nationen nicht nur auf

dem Platz gut sind, sondern auch am Herd,

werden die teilnehmenden Länder bei der

Koch-WM in der Auslandsgesellschaft NRW

beweisen. Jeder teilnehmenden Nation wird

ein kleiner Stand zur Verfügung gestellt, an

06 | 06 | 14 Atmen

dem kleine Portionen landestypischer kuli-

narischer Finessen im Wettbewerb stehen.

Eine Jury (darunter OB Ullrich Sierau) wird

die präsentierten Gerichte bewerten und den

Koch-Weltmeister küren.

Foyer und Außengelände der Auslandsgesell-

schaft, Dortmund, ab 17.30 Uhr

Theater | Atmen

Die Erde ist überbevölkert, die Rohstoffe

werden knapp, Umwelt und Wirtschaft kolla-

bieren. Kann man da noch Kinder in die Welt

setzen? Diese Frage stellt sich ein junges Paar,

beide um die dreißig, beide gut ausgebildet,

beide immer bemüht, das Richtige zu tun,

gute Menschen zu sein: ihren Kaffee kaufen

sie aus fairem Handel, ihr Müll wird akribisch

ANZEIGE

Page 28: bodo Juni 2014

28

05 | 06 | 14 Kay Ray

getrennt, und über die Risiken der globalen

Erwärmung sind sie bestens informiert. Aber

offenbar ticken hier zwei ganz verschiedene

biologische Uhren zugleich: die der über-

bevölkerten Erde und die einer Frau mit

Kinderwunsch. Was wird schneller Schaden

nehmen, die Umwelt oder die Beziehung des

Paares? In einem raffiniert verschachtelten

Dialog verhandelt der junge britische Autor

Duncan Macmillan die großen Daseinsfra-

gen von der Wiege bis zum Grabe. Von Panik

über Euphorie bis zur Ernüchterung reicht

die Bandbreite der Gefühle, die fast jeder aus

eigener Erfahrung kennt.

prinz regent theater, Bochum, 20 Uhr (auch 07.6)

SO 08 | 06 | 14

Musik | Torque Trio

Torque Trio präsentiert Stücke aus dem

neuen Album „Osmosis“. Das Zusammen-

spiel ist noch enger, die Freundschaft noch

tiefgreifender geworden. Das Ausloten der

optimalen Balance zwischen Offenheit, Fle-

xibilität und Stabilität ist deutlich zu hören,

wenn durch spontane Spannungsmomente

die individuelle Entwicklung der einzelnen

Musiker zum Ausdruck kommt. Torque Trio

ist nicht irgendein (Modern Jazz-) Projekt,

sondern eine eigenständige, originäre Band.

HILDE ihr Salon-Cafe, Bochum, 15 Uhr

DI 10 | 06 | 14

Musik | Madame hau mich blau &

Brian Commonwealth

Liebe, Leben, Leiden sind die Farben der Ma-

dame. Sie malt ihre Bilder in Deutsch. Pfad-

finder-Punk. Hier treffen leise Töne auf laute

Worte – für Herzen und Ohren zum liebhaben.

Und mit von der Partie ist an diesem Abend

Brian Commonwealth aus Bremen. Das Duo,

bestehend aus Gesang und Gitarre, hat sich

zum Ziel gesetzt, die perfekte Symbiose aus

Indie und Acoustic mit einer guten Brise Folk

zu schaffen. Mehr dazu verrät das Ohr.

Sissikingkong, Dortmund, 20 Uhr

DO 12 | 06 | 14

Kunst und Kultur | FOODWAYS –

Vom Kulinarischen und seiner Moral

Die Küche hat im Bauen einen besonderen

Stellenwert. Für die meisten Menschen war

sie über Jahrhunderte der einzige beheizba-

re Raum und somit Hauptaufenthalts- und

Schlafbereich, während sie in den großen

adeligen und bürgerlichen Haushalten als

Arbeitsraum der Bediensteten von den Re-

präsentationsräumen abgesondert wurde.

Heute wird die Küche oft als teures Vorzeige-

objekt in den Wohnraum integriert; tatsäch-

lich aber so wenig genutzt wie nie zuvor. Der

Vortrag „Bauen – kochen –essen. Die Küche

als Raum“ von Dr. Ruth Hanisch zeichnet die

Geschichte dieses Raums von der einfachen

Feuerstelle bis zur Hightech-Designikone

nach. Der Eintritt ist frei.

Museum für Kunst und Kulturgeschichte,

Dortmund, 18 Uhr

Musik | Sean Wheeler & Zander Schloss

Sean Wheeler kennt man als charismatischen

Frontman der Band „Throw Rag“, die zwischen

Punkrock, Rockabilly und Rock‘n‘Roll ihren eige-

nen, erfolgreichen Weg geht. Der Multi-Instru-

mentalist Zander Schloss ist bekannt als Bassist

der Hardcorepunk-Legende „Circle Jerks“. Au-

ßerdem musizierte er mit keinem geringeren

als „The Clash“-Frontman Joe Strummer. Mit

Sean Wheeler & Zander Schloss haben sich also

zwei Urgesteine des Punkrock zusammenge-

funden, um gemeinsam neue musikalische

Wege zu beschreiten: Weit ab von Nietengür-

teln, Irokesen und tropfenden Decken in rotzi-

gen Clubs finden wir uns wieder am Lagerfeuer

der amerikanischen Wildnis.

subrosa, Dortmund, 19 Uhr

FR 13 | 06 | 14

Kinderlesung | Leinen los, Seeräubermoses!

Nase im Wind! Erfolgsautorin Kirsten Boie

präsentiert das lang erwartete zweite Aben-

teuer von Seeräubermoses, dem Findelkind,

das von Piraten großgezogen wurde und sich

am Ende des ersten Bandes als waschechte

Prinzessin herausstellte. Doch Moses möchte

gar nicht Prinzessin sein: Sticken und Knick-

sen ist nicht ihre Sache. Immer wieder denkt

sie sehnsüchtig an die Zeit zurück, als sie noch

ein Seeräubermädchen auf der „Wüsten Wal-

li“ und keine vornehme Prinzessin war. Wie

gern würde sie sich auf die Jagd nach dem

gestohlenen Blutrubin machen, aber Prinzes-

sinnen dürfen das nicht. Da trifft es sich fast

günstig, dass gleich zwei Fremde behaupten,

nicht Moses, sondern ihre Töchter seien die

wahre Prinzessin.Mast- und Schotbruch! Da

kann Moses doch gleich wieder Seeräuber

werden! Eine seeräuberstarke Schatzsuche

für Kinder ab 6 Jahre.

Bahnhof Langendreer, Bochum, 18 Uhr

Theater | Verlorene Liebesmüh

Vier Männer – ein Schwur! Prinz Ferdinand

von Navarra und drei seiner Höflinge wollen

sich drei Jahre lang nur geistigen Studien wid-

men. Das bedeutet auch, die Frauen zu mei-

den, sich dem zu widersetzen wäre Hofverrat.

Doch plötzlich naht die Verführung pur in

Gestalt von vier höchst reizvollen Damen. Die

Prinzessin vom Königreich Aquetanien mit ih-

ren Hofdamen reist an – Traum und Albtraum

zugleich! Das jungeensemble 15+ hat sich die

Komödie „Love’s Labour’s Lust“ von Shakes-

peare vorgenommen und beschäftigt sich mit

dem ursprünglichsten Konflikt der Mensch-

heit: mit Liebe, Leid und Lust.

Flottmann-Hallen, Herne, 19 Uhr

(auch 15.06., 17 Uhr)

SA 14 | 06 | 14

Fest | Sommerfest am U

Mit vielen schönen Aktionen für Groß und

Klein vom HMKV wird dieses Jahr das Som-

merfest am Dortmunder U gefeiert – um-

sonst und draußen. Im Stundentakt laden

Kurz- und Kinderführungen dazu ein, die

Ausstellung „World Of Matter“ zu erkunden.

Des Weiteren gibt es Musik, eine Fotoaktion,

05 | 06 | 14 Ekstase und Schock – Die Fußballhauptstadt Buenos Aires

Page 29: bodo Juni 2014

29

12 | 06 | 14 Sean Wheeler & Zander Schloss05 | 06 | 14 Ekstase und Schock – Die Fußballhauptstadt Buenos Aires

eine Kinderrallye, Comics zum Selbstgestal-

ten, und beim Ballonzauber werden Figuren

aus Ballons selbst modelliert.

Dortmunder U, Dortmund, ab 11 Uhr

Party | Nice Up!

Mit „Nice Up!“ präsentiert die Cosmotopia-

Crew regelmäßig eine außergewöhnliche

Roots-Reggae und Dancehall-Party in der

Region. Als Special Guest beehrt diesmal nie-

mand geringerer als Daryl Rodulfo alias D-

One das Club Wohnzimmer. Als Mitglied der

„Herb-A-Lize it“-Crew ist er Teil des bekann-

testen Soundsystems der Niederlande und

zudem Gründer des Reggae-Portals „Jamma-

sters“. Dazu bringen NasAIR, WickedMarcus

& der Radius Old-School Hip Hop, Reggae

Klassiker, Dancehall Riddims, Urban Beats

und Ska auf die Decks. Zutritt ab 21 Jahren.

Großmarktschänke, Dortmund, 22 Uhr

SO 15 | 06 | 14

BODO-VERLOSUNG | Geierabend Open Air 14

Nach einer restlos ausverkauften Session auf

Zeche Zollern II/IV befindet sich der alternative

Ruhrpott-Karneval Geierabend im Anflug auf

das Sommer-Open Air im Biergarten „Tante

Amanda“. Für das dreitägige Comedy-Spek-

takel von Freitag, 13., bis

Sonntag, 15. Juni bringt

das Ensemble inklusive

Neuzugang Murat Kayi

noch einmal die schöns-

ten Nummern des aktuellen Programms

„Späßchen in der Grube“ und viele Klassiker

der vergangenen Jahre auf die Bühne. Der

Geier-Angriff auf die Lachmuskeln besteht also

aus einer hochexplosiven Ruhrpott-Mischung:

Comedy, Kabarett, Satire und Musik. Auch

ganz neue Nummern hält die zweistündige

Show bereit: So können sich Fans der „Zwei

vonne Südtribüne“ anlässlich der WM auf

neue Weisheiten der bierseligen Fußballphi-

losophen freuen. Außerdem gibt es ein Wie-

dersehen mit der „impulsiven Hartz 4-Mutter“

Jessika Schmotke. Der „Steiger“ wiederum will

beweisen, dass sein kohlenschwarzer Humor

nicht nur von der Lore aus zündet – und wird

dafür auf der Bühne den Grill anwerfen und

neben bissigen Seitenhieben auch die eine

oder andere Wurst ans Publikum austeilen. Im

Anschluss an die Vorstellungen am Freitag und

Samstag gibt es noch eine rockige Zugabe: Die

06 | 06 | 14 Zu spät! Zu spät! Zu spät!

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Geier geben ihre Lieblings-Songs aus 60 Jahren

Rock’n’Roll-Geschichte zum Besten. Weitere In-

fos unter: www.geierabend.de.

Tante Amanda, Dortmund, 18 Uhr

bodo verlost 2 x 2 Karten.

Teilnahmebedingungen auf Seite 25.

Musik | Musikschultag

Wie in jedem Jahr öffnet die Musikschule

in diesem Jahr wieder ihre musikalischen

Tore zum traditionellen Musikschultag. Jetzt

zum zweiten Mal mitten in der Dortmunder

Nordstadt, zwischen Dietrich-Keuning-Haus,

Agentur für Arbeit und Musikschule. Die

Schule möchte mit 2.200 Schülerinnen und

Schülern und 200 Lehrenden die Dortmun-

der Nordstadt erklingen lassen. Wie in den

letzten Jahren auch, soll es unterschiedliche

Musikstilrichtungen an vielen verschiedenen

Standorten geben. Vom Flötenensemble bis

zum Boogie-Voodoo-Percussion-Ensemble ist

alles dabei. Für die kleinen Gäste wird es zum

Ausprobieren unterschiedlichster Instrumen-

te eine Musikstraße geben. Ein musikalisches

Erlebnis für Groß und Klein. Nähere Infos un-

ter www.musikschule.dortmund.de

Dietrich-Keuning-Haus, Dortmund, ab 11 Uhr

Umsonst und drauSSenAM 14.06.2014, AB 11UHR

mit:• Minivideostudio• HMKV-Fotoaktion

• Comics selbst erstellen• Ballonzauber

• Salon auf dem Vorplatz

• stündliche Hausführungen sowie durch alle Ausstellungen

• Musik mit jazz in opera & INSIDE THE AMBERROOM• AuSSengastronomie

Page 30: bodo Juni 2014

30

Weitere Infos: www.bus-und-bahn.deMobiles Internet: bub.mobi

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BODO–VERLOSUNG |

Klangvokal Musikfestival: Odisea Negra

Im Meer der Erinnerungen begegnen sich

das Barockensemble La Chimera und Musi-

ker und Sänger aus Ve-

nezuela, dem Senegal

und Kuba. Alles dreht

sich um die Musik, die

aus einem dunklen Ka-

pitel der Geschichte hervorgegangen ist: der

Verschleppung der Afrikaner auf karibische

Plantagen im 17. Jahrhundert. Mit Entdecker-

freude spüren die Musiker und Sänger der

karibischen Musik und ihren europäischen

wie afrikanischen Ursprüngen nach: Bei der

Reise über Kontinente, Zeiten und Stile trifft

Barockmusik auf karibische Lebensfreude,

vermischen sich Werke spanischer Hofkom-

ponisten filigran mit südamerikanischen

Tänzen wie Negrillas, Habaneras und Me-

ringues. Das Konzert findet im Rahmen des

Klangvokal Musikfestivals Dortmund statt,

welches vom 22. Mai bis 22. Juni mit insge-

samt 30 Aufführungen verschiedenster mu-

sikalischer Couleur in Dortmund stattfindet.

Weitere Infos unter www.klangvokal.de.

Orchesterzentrum NRW, Dortmund, 20 Uhr

bodo verlost 3 x 2 Karten.

Teilnahmebedingungen auf Seite 25.

(Mitmach-)Aktion | Public Engineering

Public Engineering ist Ausstellung, Messe

und Symposium zugleich, offen für alle – für

Familien-Ingenieure, Erfinder und Hobby-

Industrielle. An einem Wochenende lädt der

britische Künstler Ross Dalziel aus Liverpool

gemeinsam mit DAS LABOR aus Bochum in

die Rotunde zum „hacken“. Gleichzeitig gibt es

Zeit zu Gesprächen und Austausch. Zusätzlich

werden Workshops für Kinder und Erwachse-

ne angeboten. Hier kann unter Anleitung der

Hacker gelötet, geschraubt und gebastelt wer-

den. Die Rotunde an der Viktoriastraße wird

zum Hackspace, zu einem Raum, in dem Wis-

senschaft und Technologie mit Do-It-Yourself

und digitaler Kunst verschmelzen. Im Rahmen

des Detroit-Projekts. Eintritt frei.

Rotunde, Bochum, 18 – 21 Uhr

(auch 21.06, 12 – 19 Uhr & 22.06., 12 – 18 Uhr)

SA 21 | 06 | 14

Soziales | Stadtführung mit bodo-Verkäufern

Wie verbringen eigentlich Menschen auf der

Straße ihren Tag? Wo halten sie sich auf, wel-

che Angebote und Hilfen gibt es? Wie sieht die

Stadt aus der Sicht der „Menschen am Rand“

aus? Bei bodos sozialer Stadtführung zeigen

auf einem zweistündigen Rundgang Verkäufer

des Straßenmagazins „ihr“ Bochum. Entlang

des Tagesablaufs eines Menschen ohne Woh-

nung besuchen die Stadtführer Orte und Ein-

richtungen, beschreiben eigene Erfahrungen

und liefern Informationen zu den Hilfe- und

Selbsthilfenetzen in der Stadt. Übernachtungs-

stellen, Suppenküchen, Tageseinrichtungen

liegen auf dem Weg. Zum Abschluss gibt es

ein Getränk bei bodo. „Teilnahmegebühr“ ist

der Kauf eines Straßenmagazins bei unserem

Stadtführer. Über eine kleine Spende an den

Verein freut sich bodo. Um telefonische Anmel-

dung wird gebeten: 0231 – 950 978 0

Ab Stühmeyerstr. 33, Bochum, 11 Uhr

SO 22 | 06 | 14

BODO–VERLOSUNG | Die Hamletmaschine

Hamlet, der tragische Held Shakespeares, und

seine ertrunkene Geliebte Ophelia kehren von

den Toten zurück: und weigern sich, ihr Drama

noch einmal zu spielen. Hamlet hat sein Publi-

kum längst verloren – und Ophelia verwandelt

sich in die rächende Elektra. Wütend, politisch,

14 | 06 | 14 Nice Up!13 | 06 | 14 Leinen los, Seeräubermoses!

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Page 31: bodo Juni 2014

31

FR 27 | 06 | 14

Kabarett | Hagen Rether

Die Welt wird immer komplizierter, das Ge-

flecht aus politischen und wirtschaftlichen

Abhängigkeiten zunehmend undurchsichtig:

Vor diesem Hintergrund lässt Rether Strip-

penzieher und Marionetten, Strohmänner

und Sündenböcke aufziehen, versucht den

oft absichtsvoll verborgenen Nutzen von Kli-

schees und Drohkulissen aufzudecken und

so genannte Sensationen als mediale Ab-

lenkungsmanöver zu enttarnen. Während

er die Fäden entwirrt und sich wieder darin

verstrickt, unermüdlich ordnet und ver-

meintlich Wohlsortiertes umwirft, erscheint

dahinter die Eitelkeit der (Ohn-)Mächtigen

und hinter eitlen Politikergefechten der Lob-

byismus – Verkäufer und Verkaufte erkennen

sich für einen kurzen Moment im Spiegel. Es

wäre zum Verzweifeln, wenn die Protagonis-

ten nicht so lächerlich wären... und Hagen

Rether weint und lacht. Und singt.

Fritz-Henßler-Haus, Dortmund, 20 Uhr

SA 28 | 06 | 14

BODO-VERLOSUNG | RuhrHOCHdeutsch:

Samba – Segersse – Kalinen und Currywurst

Man spricht RuhrHOCHdeutsch im histori-

schen Spiegelzelt in Dortmund an der A40/

B1. Dort präsentiert

das Theater Fletch Biz-

zel dreieinhalb Monate

lang ein abwechslungs-

reiches Programm mit

Kabarettisten, Comedians und Musikern aus

der Region und der gesamten Republik. An

109 Tagen gehen 119 Veranstaltungen mit

mehr als 150 Künstlern über die Bühne. Nach

der Eröffnungs-Benefiz-Gala am 26. und dem

Konzert von Konstantin Wecker am 27. Juni

steht RuhrHOCHdeutsch vom Achtelfinale bis

zum Endspiel ganz im Zeichen der Fußball-

WM. In der gepflegten Atmosphäre des Spie-

gelzelts empfangen Gregor Schnittker oder

Peter Großmann exzellente Gäste aus der Welt

von Fußball, Kabarett und Comedy. Am 28.6.

erwartet Gregor Schnittker Lioba Albus, Willi

„Ente“ Lippens & weitere Gäste. Ab 22 Uhr geht

es weiter auf dem grünen Rasen, und die Gäs-

te sind per Großbildleinwand live dabei. Wei-

tere Infos unter: www.ruhrhochdeutsch.de.

Spiegelzelt, Dortmund, 20 Uhr

bodo verlost 2 x 2 Karten.

Teilnahmebedingungen auf Seite 25

Schach | Simultan mit Großmeister

Herausforderung im Spiel der Könige: Seit 25

Jahren spielt der einzige in Dortmund gebo-

rene Schach-Großmeister Eckhard Schmitt-

diel in den Spitzenligen der Welt, an diesem

Samstag für einen guten Zweck bei bodo

simultan – an 15 Brettern. Mitmachen kann

jeder Schachfan gegen eine bodo-Spende

von mindestens 10 Euro. Wird eine Partie be-

endet, so rücken die nachfolgenden Heraus-

forderer nach. Nebenbei kann man natürlich

auch über die Schulter schauen. Anmeldung

bei bodo e.V. unter Tel. 0231 – 950 97 80 oder

per mail an [email protected].

bodo e.V., Dortmund, 14 – 16 Uhr

SO 29 | 06 | 14

BODO-VERLOSUNG | Buster Shuffle

Mit ihrem markanten Piano-Spiel und ihrer Mi-

schung aus Cockney Ska, erdigem Rock‘n‘Roll

und zündenden Feel-Good-

Songs bewegen Buster Shuffle

aus London mit Wucht ihre Fans.

„Buster Shuffle präsentieren

allerfeinsten Ska, wie ihn alt-

bekannte Helden a la Madness

oder Specials nicht besser hin-

kriegen könnten.“ (Westzeit) Und The Sun gab

seine kategorische Empfehlung nach einem

Live Konzert: „Verlass dich drauf, sie rocken“.

Mit im Gepäck haben sie neue, fulminante

Songs aus dem frisch gebackenen Album „You

never can tell“. Veranstaltet von Zwischenfall.2.

Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr

bodo verlost 2 x 2 Karten.

Teilnahmebedingungen auf Seite 25

abgründig in Form und Inhalt: Heiner Müllers

berühmtes Fragment „Die Hamletmaschine“

von 1977 ist eine zerklüf-

tete Schauergeschichte,

eine Liebesgeschichte

zwischen Leben und Tod;

ein Abgesang und eine

Hymne auf das Theater zugleich. In Müllers

Aufzeichnungen finden sich Pläne für eine letzt-

lich nie durchgeführte chorische Umsetzung

des Stücks. Anlässlich des 85. Geburtstags des

berühmten deutschen Dramatikers erarbeitete

Uwe Schmieder nun ein „Hamletmaschinen-

Sprechkonzert“ mit dem Dortmunder Sprech-

chor, zwei Schauspielern und einem Musiker.

Studio im Schauspielhaus, Dortmund, 18 Uhr

bodo verlost 3 x 2 Karten.

Teilnahmebedingungen auf Seite 25.

SO 22 | 06 | 14

BODO–VERLOSUNG | Klangvokal Musikfestival:

Michelangelo Falvettis „Il Diluvio Universale“

Als Abschlusskonzert zeigt das Klangvokal

Musikfestival das von dem Sizilianer Miche-

langelo Falvetti 1682

komponierte Oratorium

„Il diluvio universale“. Er-

weist sich „Die Sintflut“

– so der deutsche Titel

– doch eher als sizilianisch-sinnliche Vollblut-

Oper denn als Oratorium: Wo hätte man sonst

je erlebt, dass ein bleich geschminkter Tod

Tarantella tanzend durch das Kirchenschiff

zieht? Unter dem Taktstock des Südameri-

kaners Leonardo García Alarcón wütet und

stürmt die exquisite Cappella Mediterranea,

stimmgewaltig unterstützt vom Kammer-

chor Namur und den ausgezeichneten Solis-

ten. Das musikalische Naturereignis wurde

erst vor kurzem wiederentdeckt – eine kleine

Sensation, wie dieser virtuose Abend mit sizi-

lianischer Verve bezeugt. Weitere Infos unter

www.klangvokal.de.

St. Reinoldikirche, Dortmund, 19.30 Uhr

bodo verlost 3 x 2 Karten.

Teilnahmebedingungen auf Seite 25.

21 | 06 | 14 Stadtführung mit bodo-Verkäufern 27 | 06 | 14 Hagen Rether

Page 32: bodo Juni 2014

32

Ländliches Ruhrgebiet, für viele Menschen

ein Widerspruch par excellence, findet man

an der Traditionsgaststätte „Zur Schwarzen

Kuhle“. In touristischen Hochglanzbro-

schüren propagierte Industriekulissen mit

Förderturm und Waschkaue sind hier ebenso

fern wie das schicke, urbane Dienstleis-

tungsrevier. In dem alten Fachwerkhaus an

der Recklinghäuser Straße geht es einfach,

ehrlich und hemdsärmlig zu. Rückseitig lockt

zudem ein Biergarten im Schatten einer gro-

ßen Kastanie. Bunt gemischt sind die Gäste,

die das Lokal besuchen.

Unter der Woche machen hier Spediti-

onsfahrer oder mobile Handwerker ihre

Mittagspause. Wer häufig in der Gegend

unterwegs ist, weiß, wo er für kleines Geld

etwas Ordentliches auf die Gabel bekommt.

Die Speisekarte weist klassische Imbiss-

gerichte aus: Pommes, Bratwurst und

Schnitzel mit diversen Saucen, Schaschlik,

Salate und ein wechselndes Tagesgericht,

oft ein Eintopf oder Auflauf. Nachmit-

tags und vor allem an Wochenenden ist

die „Schwarze Kuhle“ Station bei Fahrten

ins Grüne. Zahlreiche Stammkunden aus

Bochum, Dortmund, Lünen oder Gelsenkir-

chen nutzen das gut ausgebaute Rad- und

Wanderwegnetz an Dortmund-Ems- und

Rhein-Herne-Kanal. „Die besichtigen das

Schiffshebewerk, das liegt ja ganz in der

Nähe, und kommen anschließend zu uns“,

sagt Melissa Lennertz. Die junge Frau hat

die Gaststätte seit etwas mehr als einem

Jahr gepachtet, ihre Eltern helfen beim

Tagesgeschäft.

Als wir eintreffen, steht die Mutter in der

Imbissküche am rustikalen Holzkohlegrill.

Wir wählen eine Currywurst „Schwarze Kuh-

le“, ein Schnitzel „extra scharf“ (was nicht

gelogen ist) und dazu je eine Portion „Killer-

Pommes“, welche ihren effektvollen Namen

geschroteten Chilischoten in der dazu

BODO GEHT AUS

gereichten Sauce verdanken. Dann nehmen

wir im Biergarten Platz. „Ihr habt Glück, im

Frühsommer fallen euch noch keine Kastani-

en auf den Kopf“, sagt Melissa Lennertz und

grinst. Wir schauen uns um. Die Rückseite

des Gebäudes verrät, hier wurde im Lauf der

Zeit oft an- und umgebaut. „Wie alt das Haus

ist, kann ich gar nicht genau sagen. Seit un-

gefähr hundert Jahren ist es eine Gaststätte,

vorher hat es einem Schmied gehört. Drinnen

ist ein Gesellschaftsraum, den wir deswegen

,Zur alten Schmiede‘ nennen. Den vermie-

ten wir zum Beispiel bei Familienfesten.

Außerdem trainieren da unsere Darter vom

DT Recklinghausen. Die sind richtig gut und

spielen in der Regionalliga. “

Auch andere Vereine fühlen sich wohl. Regel-

mäßig wird die Kegelbahn im Keller genutzt,

monatlich trifft sich der Trabi-Fanclub Sput-

nik e.V. zum Stammtisch, und als wir nach

dem Essen einen Blick in die Innenräume

werfen, fallen uns Dutzende alter Fotos an

den Wänden auf. Die dokumentieren mehr

als hundert Jahre Vereinsgeschichte und

weisen nebenbei auf lokales Brauchtum hin

von Wolfgang Kienast | Fotos: Daniel Sadrowski

32

Zur Schwarzen Kuhle | Waltrop-OberwieseKiller-Pommes unterm Kastanienbaum

Page 33: bodo Juni 2014

33

Zur Schwarzen Kuhle | Waltrop-Oberwiese

Zur Schwarzen Kuhle

Recklinghäuserstraße 237, 45731 Waltrop

Imbiss täglich 11 – 21 Uhr

Restaurant täglich 17 – 21 Uhr

Tel. 02309 – 760 97 27

www.zur-schwarzen-kuhle.de

wie „Rundgänge mit oder ohne Wurst-

sammeln“ zur Karnevalszeit.

Der Name der Gaststätte basiert auf einer

alten Sage. Ganz in der Nähe, in einem Bu-

chenwald, findet man ein sumpfiges Loch,

im Volksmund „Schwatte Kuhle“ genannt.

Einst soll dort ein Schloss gestanden haben.

Der Schlossherr, ein Kerl von überaus

miesem Charakter, soll seine Untertanen so

schlecht behandelt haben, dass himmlische

Mächte schließlich ein Einsehen hatten

und den Herrensitz bei einem Unwetter

im Boden versinken ließen. Seither mahnt

dunkles Wasser an besagter Stelle, ein gott-

gefälliges Leben zu führen. Unergründlich

tief soll es sein und nachts, so wird erzählt,

treibe sich dort ein Ungeheuer mit glühen-

den Augen herum. (wk)

VERKÄUFERPORTRÄT

Tomasz | Dortmund

„Aufgewachsen bin ich in Lyck, einer

Stadt in Masuren, rund drei Auto-

stunden von Warschau entfernt. Dort

habe ich meine Jugend verbracht. Als

ich sechzehn war, ist mein Vater nach

Deutschland gegangen, um hier Arbeit

zu finden, die es damals bei uns kaum

noch gab. Als ich achtzehn wurde,

bin ich ihm gefolgt. Nach einer Reihe

schlechter Erfahrungen mit Drogen und

acht Monaten Entzug in einer Klinik

in Polen wollte ich unbedingt weg aus

meiner alten Umgebung. Ich hatte

Angst, rückfällig zu werden und wollte

meine Vergangenheit und meinen alten

Freundeskreis hinter mir lassen.

Hier in Deutschland angekommen habe

ich erst mal bei meinem Vater gewohnt.

Der hatte hier mittlerweile einen Job

als Automechaniker gefunden. In der

Zeit habe ich mich mit Aushilfsarbeiten

über Wasser gehalten. Mit 22 bin ich

dann bei meinem Vater ausgezogen und

hab mir eine eigene Wohnung gesucht.

Da ich damals nur mit einem eigenen

Gewerbeschein arbeiten durfte, habe

ich selbst Renovierungsarbeiten und

andere Hilfstätigkeiten per Zeitungs-

annonce angeboten. Das hat anfangs

auch gut funktioniert. Nach drei Jahren

erfolgreicher Selbstständigkeit hatte

ich dann Ärger mit dem Finanzamt, was

mit einer Steuernachzahlung von 8.000

Euro endete. So viel Geld auf einmal

hatte ich natürlich nicht, also musste ich

Konkurs anmelden.

Durch die Schulden konnte ich meine

Miete nicht mehr zahlen, habe meine

Wohnung verloren und musste wieder

bei meinem Vater einziehen. Der arbei-

tete zu der Zeit an einem Reitstall. Eine

zeitlang habe ich dort auch ein wenig

mitgeholfen. Über die Besitzer des

Reitstalls habe ich dann die Möglichkeit

bekommen, als Hausmeister für Feri-

enhäuser auf Borkum zu arbeiten. Da

Mit 28 hat Tomasz schon eine Menge erlebt. Wir haben uns mit ihm an seinem Verkaufsplatz in der Dortmunder Innenstadt getroffen, wo er uns ein bisschen aus seiner bewegten Lebens-geschichte erzählt hat.

Protokolliert von Sebastian Sellhorst | Foto: Sebastian Sellhorst

Page 34: bodo Juni 2014

34

DAS INTERVIEW

Es wurde jedesmal ganz still im Auto. Die Köpfe der Söhne versanken immer tiefer in die Micky-Maus-Hefte,

der Vater schaute intensiv aus dem Fenster in den Himmel. Alle wussten: Ein falsches Wort und es gibt

ein Donnerwetter – Mutter parkte ein. Ist witzig, aber, entgegen allen einschlägigen Bestsellern, ohne wissen-

schaftliche Grundlage. Frauen könnten nämlich sehr wohl einparken, genetisch kein Problem.

von Antje Mosebach | Fotos: Daniel Sadrowski

„Unsere Gene sind nicht unser

Schicksal“

Den Beweis dafür und warum die Gene nicht für alles verantwortlich

gemacht werden können, liefert der betroffene Vater, der Bochumer

Hirnforscher Prof. Dr. Onur Güntürkün – auf eine so spannende,

alltagsnahe und vor allem verständliche Weise, dass wir im Gespräch

sofort verstehen, warum der mehrfache Forschungspreisträger im

Sommer dieses Jahres genau dafür eine Auszeichnung erhält: den

„Communicator-Preis“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)

und des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft.

Es fängt alles nicht besonders rosig an. Der kleine Onur ist vier Jahre

alt, als er Anfang der 1960er Jahre schwer an Kinderlähmung er-

krankt. Er überlebt knapp und kommt zur Behandlung nach Deutsch-

land. Es nutzt nicht viel, Onur bleibt auf den Rollstuhl angewiesen. Er

verbringt fast seine ganze Schulzeit in Süddeutschland, wechselt in

der Oberstufe zurück in die Türkei. Während andere kleine Jungs von

Feuerwehreinsätzen oder Rennwagen träumen, trainiert Onur lieber

Rüsselkäfer und Fische, notiert, welche Fehler sie machen und wie vie-

le. Er will wissen, wie das Denken funktioniert. Er macht bei „Jugend

forscht mit“ und weiß, als er auf dem türkischen Gymnasium das Psy-

chologiebuch in die Hand bekommt: „Das ist mein Fach, das will ich

studieren“. Dazu kommt er wieder nach Deutschland, an die Ruhruni

Der Bochumer Hirnforscher Prof. Onur Güntürkün im Interview

mich hier in Dortmund nichts mehr hielt

und ich hier keine Arbeit fand, habe ich

die Stelle angenommen und bin nach

Borkum gezogen.

Auf Borkum war es eigentlich sehr

schön. Ich hatte genug zu tun, eine ei-

gene Wohnung und habe meine jetzige

Freundin Melanie kennengelernt. Im

Winter war dort zwar nie etwas los und

alle Geschäfte waren schon um fünf Uhr

geschlossen, dafür kamen im Sommer

die Urlauber und es war umso mehr

los. Durch einen dummen Zufall war

ich eines Abends in eine Schlägerei mit

betrunkenen Urlaubern verwickelt. Da

ich Angst vor dem Gerichtstermin hatte,

bin ich nicht zur Verhandlung gegangen

und habe mich mit meiner Freundin

und einem Zelt auf eine Tour durch

Deutschland begeben.

Wieder hier in Dortmund wurde ich

verhaftet und musste sechs Monate ins

Gefängnis. Die Zeit dort war die Hölle.

Zum Glück hatte ich eine Doppelzelle.

Sonst wäre ich verrückt geworden.

Als ich aus dem Gefängnis kam, stand

ich natürlich erst mal ohne Geld und

Wohnung auf der Straße. In Übernach-

tungseinrichtungen wollte ich damals

nicht schlafen, also bin ich bei Freunden

untergeschlüpft. Das war aber natürlich

auch nicht immer einfach.

Ein Kumpel hat mir dann den Tipp

gegeben, dass ich es doch mal bei bodo

versuchen könnte. Das Straßenmaga-

zin verkaufe ich jetzt seit knapp einem

halben Jahr. Fast genau so lange habe

ich jetzt auch wieder eine Wohnung zu-

sammen mit meiner Freundin. Geld vom

Arbeitsamt bekomme ich zurzeit nicht,

wobei ich da eigentlich einen Anspruch

drauf hätte. Ich hoffe aber, dass sich das

bald ändert. Noch besser wäre natürlich,

wenn ich vorher einen richtigen Job fin-

de und mein Leben ab jetzt ein bisschen

ruhiger verläuft.“ (sese)

VERKÄUFERPORTRÄT

Page 35: bodo Juni 2014

3535

Page 36: bodo Juni 2014

36

Gene determiniert werden könnte“. Die

Gene seien dabei nur das ökonomische

Regelsystem. Den größten Einfluss auf

das Gehirn des Menschen nehme die

Umwelt mit ihren Millionen Informatio-

nen. Ein Ergebnis seiner Forschungen „an

Menschen und anderen Tieren“, darunter

seinem Forschungsliebling: die Taube.

„Erstaunlicherweise sind es ausgerechnet

Vögel, die besonders ausgeprägte Links-

Rechts-Unterschiede aufweisen.“ An den

Tauben konnte er preisgekrönt belegen,

dass zwar die Gene die Rechtsdrehung

des Kopfes im embryonalen Stadium

veranlassen, für die restliche Verdrahtung

des Gehirns aber die Umwelt, hier der

Lichteinfall ins Ei auf das rechte Auge,

verantwortlich ist. Entgegen den Unken-

rufen seiner Wissenschaftskollegen hat er

mit seiner Kuss-Studie bewiesen, dass die

Forschungsergebnisse auch für Menschen

gelten. Dafür beobachtete Güntürkün Be-

DAS INTERVIEW

in Bochum. Beinahe hätte Onur Güntürkün

das Fach gewechselt, „weil so ganz wenig

Gehirn und so gar keine Tiere darin vorka-

men“. „Akademisch gerettet“ hat ihn sein

damaliger Professor. Der machte nämlich

alles, was den Studenten Güntürkün schon

interessierte und den heutigen Professor

der Biopsychologie an der Ruhr-Universität

Bochum noch genauso fasziniert: Experi-

mente rund um das Gehirn – mit dem Fo-

kus auf die Asymmetrie der Gehirnhälften,

immer mit der Fragestellung: Warum?

Warum ist nicht in beiden Hälften alles

gleich verankert? Warum sind z.B. die

meisten Aspekte der Sprache links, warum

sitzen Intonation, Musik und Rhythmus

hauptsächlich rechts? Wie entsteht die

Architektur in meinem Hirn? Wozu ist

das gut? „Wir wissen viel zu wenig“,

gibt er zu. Aber klar ist: „Das Gehirn ist

viel zu komplex, als dass es durch die

grüßungs- und Abschiedsszenen auf den

großen Flughäfen der Welt. Und tatsäch-

lich: Beim Lippenkuss wichen zwei Drittel

aller Menschen nach rechts aus. Auch sie

haben die „lebenslange Tendenz“, den

Kopf nach rechts zudrehen – was Einfluss

auf die Händigkeit hat.

„Unsere Gene sind nicht unser Schick-

sal“, ist die Botschaft Prof. Güntürküns.

„Die Leute, die uns einflüstern, ‚du hast

die falschen Gene, du kommst aus der

falschen Kultur‘ – die geben ein Bild, das

wissenschaftlich falsch ist“. Natürlich

habe Intelligenz auch eine genetische

Komponente, aber, so relativiert Gün-

türkün sogleich, deren Einfluss sei bei

Familien, die wirtschaftlich und sozial

„am Tiefpunkt unserer Gesellschaft

stehen, gleich Null. Es ist die Umwelt, die

die Menschen schlau oder dumm werden

lässt.“ Mit diesem Wissen „muss ich z.B.

36

Page 37: bodo Juni 2014

37

die Fähigkeit, unser Leben zu verändern

– egal, wie lange wir nach irgendwel-

chen Mustern gelebt haben. Es ist alles

möglich“, ist Güntürkün überzeugt. „Der

eigentliche Gegner bin ich selbst.“ Das

mangelnde Selbstvertrauen, das bessere

Leistungen verhindert. Auch beim Einpar-

ken. „Seit 21 Jahren wohne ich in Bochum,

seit 21 Jahren parkt meine Frau rückwärts

in einen Carport ein – und es ist, ehrlich

gesagt, keine Lernkurve sichtbar!“ Für den

Forscher völlig unverständlich. „Ich habe

eine wirklich, wirklich hochintelligente,

gebildete, in jeder Hinsicht lebensfähige

Frau; sie kann mit einem Schlagbohrer

besser umgehen als mancher Profi. Aber –

sie kann nicht einparken.“ Warum?

Ein Experiment musste her. Testpersonen

waren zwei Gruppen Männer und Frauen.

Die einen hatten gerade ihren Führer-

schein, die zweite Gruppe schon ein bis

zwei Jahre Fahrerfahrung. Das Ergebnis

war verblüffend. Es bestätigte zwar, dass

Frauen – wenn auch nicht wesentlich –

schlechter einparkten als die Männer,

aber es nur in der Fahranfängergruppe

biologische, also genetische Ursachen

hatte. Da stellten sich die Probanden

nämlich vor, wie das Auto sich räumlich

in die Parklücke bewegt, und das können

Frauen nicht besonders gut. Aber: Diese

Ursache spielte in der zweiten Gruppe

keine Rolle mehr. „Sie könnten jetzt auf-

schließen zu den Männern“, so Güntür-

Prof. Dr. Onur Güntürkün wurde am 18.

Juli 1958 in Izmir/Türkei geboren. Von

1975 bis 1980 studierte er an der Ruhr-

Universität Bochum (RUB) Psychologie

und promovierte 1984 „summa cum

laude“. Er forschte in San Diego, Paris und

Konstanz und wurde 1992 habilitiert. Seit

1993 ist er Professor für Biopsychologie

an der RUB. Er hat die Ehrendoktorwürde

der Universitäten Istanbul und Izmir.

Seine Forschungen wurden mehrfach

ausgezeichnet, ebenso sein Verdienst,

zwischen den Kulturen zu vermitteln. 2013

erhielt er den mit 2,5 Mio. Euro dotierten

Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis für seine

herausragenden Forschungsleistungen;

dafür, wie er sie der breiten Öffentlichkeit

vermittelt, bekommt er am 1. Juli 2014 den

Communicator-Preis, dotiert mit 50.000

Euro. Güntürkün lebt in Bochum, ist ver-

heiratet und hat zwei erwachsene Söhne.

als Politiker in der Dortmunder Nord-

stadt intervenieren, denn ich schaffe als

Politiker die Umwelt dieser Menschen“.

Wissen, das Einsatz fordert.

Auch von Lehrern, mit denen der Forscher

oft spricht. Das Wissen um die Hirnfunkti-

onen verlange danach ein besser organi-

siertes Unterrichtskonzept, „z.B. schnelle

Rückmeldung, nicht stundenlange Eiersu-

che, bis die Kinder wissen, welche Antwort

richtig oder falsch ist. Und: viel testen!

Die mächtigste Lernregel lautet: Das, was

ich gelernt habe, muss ich immer wieder

neu aktivieren und immer wieder in neue

Kontexte einsetzen.“ Denn wenn der Lehrer

das nicht tue, „verzichtet er auf das größte

Zuwachspotenzial der Gedächtnisleistung“.

Für den Menschen selbst hat die Er-

kenntnis, genetisch nicht festgelegt zu

sein, einen weiteren Wert: „Wir haben

kün. Hindernis sei einzig die Angst der

Frauen vor der Parklücke. Als Resultat aus

dem biologischen Faktor zu Beginn, der

Kenntnis um die peinlichen Witze und der

Feststellung, zu dieser belachten Gruppe

zu gehören. „Das baut Druck auf, Versa-

gensängste – und das zieht Kapazität ab

von meiner eigentlichen Leistungsfähig-

keit und dann werde ich auch schlecht.

Die gute Nachricht ist: Wenn es mir als

Frau gelingt, die Angst zu besiegen, bin

ich genauso gut wie die Männer. Es liegt

in der Hand der Frauen.“

Prof. Güntürkün erzählt all das ohne

lateinischen Firlefanz und unverständliche

Fachausdrücke, mit angenehmer Stimme

und bildhaften Erklärungen – Wissen-

schaft, wie man sie sich in der Schule

gewünscht hätte: „Eine Bringschuld gegen-

über dieser Gesellschaft – mein Verständ-

nis von Gerechtigkeit“. Und Dankbarkeit.

„Ich hatte sehr schwierige Startbedingun-

gen und bin doch das geworden, was ich

bin.“ Nicht zuletzt durch die Unterstützung

des Landes, als er als Abiturient nach

Deutschland kommt. Güntürkün muss

schmunzeln: „Man muss sich das mal auf

der Zunge zergehen lassen: Da kommt

ein schwerbehinderter Ausländer nach

Deutschland – und das Land hilft. Nicht,

weil die alle nett waren, sondern weil da

Menschen saßen, die die Gesetze anwen-

den. Also, wenn das kein sozialer, demokra-

tischer Staat ist...“ (amos)

37

Page 38: bodo Juni 2014

38

Anstehen für Essen: 3.000 Menschen warten in einer Schlange in Málaga an der Costa del Sol auf Lebensmittelspenden.

Rund drei Millionen sind in ganz Spanien darauf angewiesen.

REPORTAGE

Armut ist keine Straftat: Die neue Kampagne der europäischen Wohlfahrtsverbände gegen

die zunehmende Kriminalisierung von Bettlern und Obdachlosen. Jedes Jahr beginnt mitt-

lerweile mit einem eigentümlichen EU-Ritual: Die Eurokrise sei so gut wie überwunden, die Wirtschaft erhole sich, Grund zur Zuversicht, versichern Brüsseler Spitzen seit drei Jahren stets aufs Neue im Frühjahr. Und jedes Jahr

aufs Neue steht hinter derlei Sprachregelung allenfalls Wunsch, nicht aber Wirklichkeit.

von Volker Macke

Fotos: REUTERS Alessia Pierdomenico,

Tony Gentile, Jon Nazca und Susana Vera

Europa, deine Armen!

Page 39: bodo Juni 2014

39

Wohnungslosenhilfe, darunter auch die

deutsche Bundesarbeitsgemeinschaft mit

Mitgliedern wie Diakonie, AWO und Caritas.

1,1 Millionen Menschen, so FEANTSA, sind

aktuell europaweit gänzlich obdachlos.

125 Millionen Menschen seien zudem von

Armut bedroht, elf Millionen mehr als im

Jahr 2009. Darunter 26,5 Millionen Kinder.

Düstere Tendenz: steigend. Nicht in jedem

Land ist die Gefahr zu verarmen gleich groß.

Die Unterschiede in Europa sind enorm.

Und die gefährdetsten Länder sind nicht

mal die einschlägig bekannten unter den

Rettungsschirmen, sondern liegen im Osten

Europas: In Bulgarien, Lettland, Rumäni-

en, Litauen und Kroatien ist jeder zweite

bis dritte Einwohner aktuell von Armut

bedroht. Von Armut bedroht: Das bedeu-

tet nach Auskunft der Generaldirektion

Die sieht so aus: In Italien liegt die Arbeits-

losenquote mit 13 Prozent, in Griechenland

mit 28 und in Spanien mit 27 Prozent auf

dem jeweils höchsten Wert seit Beginn

der Krise im Jahr 2009. Noch drastischer

die Jugendarbeitslosigkeit: In Zypern,

Italien und Spanien beispielsweise sind die

Werte auf 40, 42 und 58 Prozent geklettert.

Von einer Beruhigung der angespannten

Situation könne überhaupt nicht die Rede

sein, zumal die Industrie in vielen Staaten

wieder oder immer noch „am Boden“

liege, so analysiert das linker Ideologi-

en gänzlich unverdächtige Münchner

Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung.

Von ganz anderer Seite, aber mit ähnlichem

Fazit, mahnt FEANTSA, die europäische

Dachorganisation nationaler Verbände der

Soziales der Europäischen Kommission, dass

diese Menschen sich weder Waschmaschi-

ne noch Auto oder Telefon leisten können

und dass ihnen auch das Geld für Heizung

oder unvorhergesehene Ausgaben fehlt.

Essen oder Strom

Der internationale Dachverband der

Rotkreuzorganisationen IFRC hat seit 2010

europaweit einen drastischen Anstieg

der Menschen, die auf Lebensmittelspen-

den angewiesen sind, verzeichnet: 75

Prozent Zuwachs auf jetzt 18 Millionen.

Eine hauseigene Studie, durchgeführt in

allen EU-Mitgliedstaaten, zeige deutlich,

dass „mehr Menschen arm und die Armen

ärmer werden, und die soziale Kluft, die

diese überwinden müssen, um zurück

Wohnungslose in Rom vor einer Demonstration gegen die europäische Krisenpolitik.

Page 40: bodo Juni 2014

40

bäude um. Eine ganz neue Generation von

Hausbesetzern entsteht gerade in den Mit-

telmeerländern. Nicht ein anderes Lebens-

gefühl oder politische Ideologie treibt die

Menschen in Barcelona, Lissabon oder Nea-

pel in verlassene Gebäude, sondern Armut.

Vor allem in Frankreich, Italien und Portugal,

aber auch auf dem Balkan wachse diese

neue Spezies Bedürftiger rasant. „Neue

Armut“ heißt das in Brüsseler Papieren.

Dabei hatte die EU im Jahr 2010 doch eine

Dekade zur Reduzierung der Armut in

Europa ausgerufen. Europaweit wollte man

die Zahl der Armen bis zum Jahr 2020 um

20 Millionen reduzieren, so das erklärte

Ziel. Nüchtern betrachtet seien kurz vor der

Halbzeit aber bis auf fünf Länder alle Mit-

gliedstaaten der Europäischen Union vom

Erreichen dieses Ziels meilenweit entfernt,

so die Sozialexperten von FEANTSA in einer

Stellungnahme vom Anfang diesen Jahres.

Nur in Litauen, Lettland, Estland, Polen und

in die Mehrheitsgesellschaft zu klettern,

wächst“, konstatiert Anitta Underlin,

Direktorin der europäischen Sektion des

Internationalen Roten Kreuzes. Noch nie

seit Ende des Zweiten Weltkriegs habe die

Hilfsorganisation in so vielen Ländern des

Kontinents Lebensmittel verteilen müssen.

EU-Einkommensstatistiken zeigen zudem:

Die Mittelschichten in ganz Europa schmel-

zen, mit minus 7 Prozent in rund 15 Jahren

noch moderat in Deutschland, mit bis zu mi-

nus 50 Prozent in anderen Ländern rasant.

Im Gegenzug verzeichnen die Sozialexper-

ten steigende Zahlen so genannter „working

poor“. Menschen, die zum Ende eines jeden

Monats die Einrichtungen der Wohlfahrts-

organisationen aufsuchen, um dort um Un-

terstützung zu bitten. „Entweder Essen oder

Stromrechnung: Beides gleichzeitig können

viele Europäer nicht mehr bezahlen“, warnt

Anitta Underlin. Ganze Familien ziehen, um

die Miete zu sparen, in leerstehende Ge-

Rumänien werden zumindest Anstrengun-

gen und leichter Gebietsgewinn im Kampf

gegen Armut konstatiert. Ansonsten schei-

ne man europaweit die Zielvereinbarung

heimlich längst aufgegeben zu haben, so

die pessimistische Vermutung der Obdach-

losenhilfe-Verbände. Denn in zumindest

15 europäischen Staaten seien die Obdach-

losenzahlen innerhalb der letzten ein bis

fünf Jahre nachweislich angewachsen.

Härtere Gangart

Ideologie oder pure Hilflosigkeit angesichts

der Krise? Auffällig zumindest ist: In vielen

Ländern Europas kommt es zeitgleich zur Fi-

nanzkrise zum Paradigmenwechsel im Um-

gang mit den Ärmsten. Vorneweg Ungarn:

Im September vergangenen Jahres hat das

ungarische Parlament mit großer Mehrheit

ein Gesetz zur Schaffung „obdachlosen-

freier Zonen“ verabschiedet, es verbannt

Wohnungslose von „touristischen“ Plätzen

Mariangela Schiena, 31, lebt mit ihrem Freund in einem leerstehenden Gebäude in Rom, nachdem sie ihren Arbeitsplatz verloren hat

und die Miete nicht mehr zahlen konnte.

REPORTAGE

Page 41: bodo Juni 2014

41

gestellt und mit 500 Euro strafbewehrt.

In niederländischen Großstädten wurde

„nervendes“ Betteln unter Androhung einer

Geldstrafe bis zu 2.500 Euro oder alternativ

drei Monaten Gefängnis verboten. Zuletzt

hat auch Österreich von Hilfe auf Verdrän-

gung umgestellt: Aus dem Stadtpark in

Wien als zentraler Anlaufstelle für zahllose

Obdachlose auch aus Osteuropa werden un-

ter Verweis auf eine „Campierverordnung“

seit einigen Monaten Zelte und Verschläge

kompromisslos entfernt. Ähnliche Berichte

gibt es – ohne Anspruch auf Vollständigkeit

– aus Griechenland, Frankreich, Sloweni-

en, der Slowakei und auch Deutschland.

Solidarität ohne Konjunktur

Gegen die europaweit zunehmende be-

hördliche Drangsalierung von Armen und

Obdachlosen richtet sich deshalb die jüngste

Kampagne von FEANTSA mit dem Titel

„Poverty is not a crime – Armut ist keine

und Straßen. Was auch immer damit

gemeint sein mag – die Definition überlässt

das Gesetz den kommunalen Behörden. Wer

sich regelwidrig in diesen Zonen aufhält,

kann zu gemeinnütziger Arbeit, Geldstrafe

oder Gefängnis verurteilt werden. Zudem

ist es Obdachlosen untersagt, sich Verschlä-

ge zu bauen, um sich im Winter etwa gegen

die Kälte zu schützen. Dabei gibt es im

ganzen Land nur 10.000 Plätze in Obdach-

losenheimen – bei aktuell 35.000 Betrof-

fenen. Seit Jahresbeginn hat auch Spanien

die Gangart gegen Obdachlose verschärft.

Eine „Verordnung über das Zusammenleben

im öffentlichen Raum“ hält Strafen von bis

zu 1.500 Euro für Betteln mit Kind sowie

unerlaubtes Campieren im öffentlichen

Raum bereit. Sogar Autofensterputzer

und Straßenkünstler ohne Lizenz müssen

neuerdings bis zu 750 Euro Strafe zahlen,

wenn sie erwischt werden. In Irland wurde

Betteln vor Schaufenstern oder Bankein-

gängen im Zuge der Eurokrise unter Strafe

Straftat“: „In Zeiten von Wirtschaftskrise und

Sparmaßnahmen ist es einfach empörend,

dass Kommunen und nationale Regierungen

Obdachlosigkeit für illegal erklären wollen“,

sagte FEANTSA-Direktor Freerk Spinnewijn

jüngst in Brüssel. „Die beschlossenen Maß-

nahmen sind nicht nur grausam, sie sind

auch weitgehend unwirksam, weil sie Ob-

dachlosigkeit und Armut nur verstecken“, so

Spinnwijn weiter. „Armut und Ungleichheit

sollten uns nicht zwingen, repressive Maß-

nahmen zu verwenden, stattdessen sollten

wir angeregt werden, Solidarität zu suchen.“

Doch der Zulauf zur Kampagne ist bisher

mager. Einige öffentliche Protestaktionen

aus Brüssel, Lyon, Valladolid und Madrid,

aus Kopenhagen, Budapest, Athen und

Thessaloniki sind vermerkt. Erfolg aber

sieht anders aus. Im Europa der Eurokri-

se hat Solidarität kaum Konjunktur.

www.street-papers.org / Asphalt – Germany

Carmen Castilla, 77, mit dem gesamten Besitz ihrer Familie auf einer Straße in Madrid.

Page 42: bodo Juni 2014

42

REPORTAGE

42

Page 43: bodo Juni 2014

43

Über die Vagabundenbewegung der Weimarer Republik

Zu Pfingsten 1929 fand in Stuttgart ein denkwürdiges Treffen statt. Gut 500 Obdachlose und Tippelbrüder fanden sich zum „Ersten internationalen Vagabundenkongress“ auf dem Stuttgarter Killesberg ein. Gregor Gog, Gärtner, Vagabund und Dichter, vor allem aber Schüler von Gusto Gräser, dessen ökologisch-alternative Vorstellungen die 68er Bewe-gung wiederentdeckte, hatte zu diesem Treffen aufgerufen. Hintergrund war, dass es in Deutschland durch die Weltwirtschaftskrise inzwischen über 450.000 Obdachlose gab.

von Heinrich Peuckmann | Abbildungen: Fritz-Hüser-Institut

In teils pathetischen, teils sachlichen Reden

wurde nicht etwa die Not der Obdachlosen

beschrieben und angeklagt, vielmehr wurde

die Welt der Vagabunden als Alternative

zur erstarrten, spießigen bürgerlichen

Gesellschaft verstanden. Ihr Nein zur Ge-

sellschaft hieß: Keine Bindung, kein System,

keine Autorität, ihr Ja dagegen bedeutete

Selbstverantwortung, Persönlichkeit und

Menschsein in freiem Sinne. Letztlich ist ihre

Ablehnung starrer Landesgrenzen auch eine

Antwort auf den aufkommenden dumpfen

Nationalismus. Die grenzüberschreitende

Freiheit der Tippelbrüder, ihr Internatio-

nalismus also, stand gegen übersteigertes

nationales Denken, dessen Gefährlichkeit

sich bald zeigen sollte. Knut Hamsun und

Sinclair Lewis schickten Grußtelegramme,

Lewis mit der schönen Bemerkung, dass er

gerade in den USA auf Wanderschaft sei und

den Weg bis Stuttgart leider nicht schaffen

könne. Es war ein denkwürdiges Treffen

und der Höhepunkt auch einer sozialen und

künstlerischen Bewegung, die heute leider

völlig zu Unrecht weitgehend vergessen ist.

Gregor Gog hatte zwei Jahre vorher den

„Bund der Vagabunden“ gegründet und mit

ihm eine literarisch-künstlerische Zeit-

schrift, die „Der Kunde“ hieß. Kunde ist ein

Begriff aus dem Rotwelschen und bedeutet

nichts anderes als Landstreicher. Etwa vier-

mal im Jahr erschien diese Zeitschrift und

enthielt Erzählungen, Gedichte und Grafiken

Generalstreik ein Leben lang

Oben: Gruppenfoto zum „Ersten

internationalen Vagabundenkongress“

1929 in Stuttgart.

Unten: Der Dortmunder Maler

Hans Tombrock vor seinem

Bilderzyklus „Lob des Lernens“.

Links: Deckblatt der Mappe

„Vagabunden“ mit 15 Zeichnungen

von Hans Tombrock.

von Künstlern, die sich auf Wanderschaft

befanden. Heute ist sie eine Fundgrube

der sozialen Kunst aus der Endphase der

Weimarer Republik. Selbst Hermann Hesse

hat im „Kunden“ veröffentlicht, dessen

„Knulp“ ja auch eine Vagabundengeschichte

ist, freilich eine ohne soziale Einbettung, die

für die Künstler um Gregor Gog aber typisch

war. Gog tritt darin vor allem als Aphoristi-

ker hervor: „Ob der liebe Gott den Betenden

auch nur Kupfermünzen in den Hut wirft?“

In all seinen theoretischen Äußerungen zum

Vagabundendasein aus jener Zeit wird deut-

lich, dass es Gog und seinen Kampfgefährten

nicht um die Verbesserung des Sozialstaates

geht, der mit Hilfsprogrammen die Obdach-

losen inkludiert, sondern der Staat wird

radikal abgelehnt. Er wird als Institution zur

Sicherung des Reichtums in den Händen des

Kapitals begriffen, Sozialprogramme sind da

nur Augenwischerei. Nicht Inklusion, sondern

Exklusion ist das Programm.

Wichtig aus dem Kreis um Gog war der Dort-

munder Maler Hans Tombrock, der später

vor den Nazis fliehen musste, nach Schwe-

den kam, dort Brecht kennenlernte und mit

ihm Freundschaft schloss. In seinem Arbeits-

journal urteilt Brecht positiv über Tom-

brocks Malerei, die einem expressionistisch-

düsteren Stil verpflichtet ist, gelegentlich bei

Landschaftsbildern, die oft während seiner

Wanderschaft (u.a. auf dem Balkan) ent-

Page 44: bodo Juni 2014

44

Geldes und beeilt sich, den Ort des Grauens

so schnell wie möglich zu verlassen.

Mit Tombrock ist eine Zeitlang sein Dortmun-

der Freund, der Lyriker Paul Polte gewandert.

Polte war später Mitglied in allen Gruppierun-

gen der Arbeiterliteratur (BPRS, Gruppe 61,

Werkkreis) und eine Art proletarischer Erich

Kästner, der Zeit seines Lebens im Dortmunder

Norden lebte, wo er in bester Luthertraditi-

on dem einfachen Volk aufs Maul schaute.

Überhaupt spielten Künstler aus Dortmund

eine beachtenswerte Rolle in der Vagabun-

denbewegung, die Maler Hans Bönnighaus,

Hans Kreutzberger und Fritz Andreas Schubert

kamen aus dieser Stadt. So ist es kein Wunder,

dass das wohl umfangsreichste Material zur

Vagabundenliteratur im hiesigen „Fritz-Hüser-

Institut“ lagert. Eine Wand des Instituts ist

zugehängt mit Bildern von Tombrock.

REPORTAGE

standen, auch helle, fast impressionistische

Züge bekommen können. Auch in Peter Weiß‘

„Ästhetik des Widerstands“ taucht Tombrock

in Diskussionszusammenhängen über den

richtigen Weg gegen den Faschismus auf. Er

hätte viel mehr Beachtung verdient, neulich

aber wurde er in einer Ausstellung in den

neuen Bundesländern endlich mal wieder

gewürdigt. Tombrock schrieb auch kleine

Erzählungen für den „Kunden“, darunter die

bedrückende Geschichte einer hungernden

Familie auf dem Balkan, die dem Tippelbru-

der Tombrock in ihrer Not die kleine, etwa

zehnjährige Tochter zum Kauf anbietet.

Tombrock gibt der Familie die Hälfte seines

Artur Streiter aus Berlin, Maler und Schrift-

steller, muss noch erwähnt werden, weil er

in seiner Berliner Zeit den Bezug zwischen

Vagabundendasein und Boheme herstellte.

Der Vagabund als die radikalste Form des Bohe-

mien, so hat er sich und seine Kampfgefährten

verstanden. Auch der Lyriker Hugo Sonnen-

schein, der sich „Sonka“ nannte, hat literatur-

geschichtliche Bedeutung erlangt. Er ist in fast

jeder Nummer des „Kunden“ vertreten.

Die Vagabunden sind nicht immer „auf

der Platte“ geblieben. Wenn sie sesshaft

wurden, haben sie – wie Streiter – oft in

anarchosyndikalistischer Tradition neue

Lebensformen in Kommunen gesucht.

Streiter gründete die Siedlung „Im roten

Luch“ östlich von Berlin. Gregor Gog nahm

eine andere Entwicklung. Nach einem

längeren Besuch in der Sowjetunion schloss

Adler ApothekeMarkt 4 - seit 1322Telefon 57 26 21www.ausbuettels.de [email protected]

Rezept spätabends einlösen?Arznei spätabends benötigt?

Größtes Arznei-Sortiment in Dortmund

Do-City: Mo - Sa bis 21.00 Uhr geöffnet

Das Fritz-Hüser-Institut für Literatur

und Kultur der Arbeitswelt (FHI) in

Dortmund betreut eine einzigartige

Sammlung zur „Arbeiterliteratur“ und

angrenzender Bereiche, darunter den

Nachlass des Dortmunder Maler Hans

Tombrock und eine Vielzahl von Mate-

rialien der Vagabundenbewegung.

FHI, Grubenweg 5, 44388 Dortmund, Tel.

0231 50-23135, www.fhi.dortmund.de

Heinrich Peuckmann (geb. 1949) lebt in

Kamen, hat mehr als 40 Romane, Krimis,

Erzählbände sowie Kinder- und Jugendbü-

cher veröffentlicht. Peuckmann ist Mitglied

u.a. im PEN und in der Krimiautorenver-

einigung „Das Syndikat”. Sein aktueller

Roman „Angonoka“ – benannt nach einer

Schildkrötenart aus Madagaskar – hat

den Schmuggel von seltenen und vom

Aussterben bedrohten Tieren zum Thema.

„Angonoka“ ist im Leipziger Lychatz-

Verlag erschienen und kostet 9,95 Euro.

www.heinrich-peuckmann.de

ANZEIGEN

Der Kamener Autor Heinrich Peuckmann bei einer Lesung.

Page 45: bodo Juni 2014

45

RÄTSEL

er sich der kommunistischen Bewegung an,

verlor das Interesse an den Landstreichern

und kämpfte nun den Kampf um die soziale

Besserstellung der Arbeiterklasse. Sichtba-

res Zeichen ist die Umbenennung seiner

Zeitschrift, die nicht mehr „Der Kunde“ hieß,

sondern „Der Vagabund“.

Mit Machtergreifung der Nazis wurden die

Vagabunden sofort als „Volksschädlinge“

bekämpft. Schon im September 1933 führten

die Nazis eine „Bettlerrazzia“ durch und ver-

hafteten Tausende Vagabunden, auch Gregor

Gog. Tombrock emigrierte, sein Freund Polte

wollte Dortmund nicht verlassen und fand

sich prompt in der „Steinwache“, dem be-

rüchtigten Gestapogefängnis wieder, wurde

gefoltert, verprügelt, aber nach ein paar

Monaten wieder freigelassen.

Nach seiner Freilassung wegen schwerer

Krankheit (Rückenwirbeltuberkulose) konnte

Gog durch Vermittlung von Johannes R. Becher

in die Sowjetunion fliehen, den Krieg überle-

ben, danach aber nicht mehr zurückkehren.

Nach schwerer Krankheit ist er 1945, gerade

mal 54 Jahre alt, in Taschkent gestorben.

Wer die Geschichte der Vagabunden und

ihrer Kunst kennt, wird die Straßenzei-

tungen heute vielleicht in einem anderen

Licht sehen. Spannende, auch bedrückende

Sozialreportagen kann man dort finden und

auch interessante Buchbesprechungen, oft

aus ganz anderem Blickwinkel als bei bür-

gerlichen Feuilletons. Mit dieser Tradition im

Hinterkopf kann es nicht mehr allein Mitleid

sein, das zum Kauf anregt, sondern – sehr viel

besser – eine gehörige Portion Respekt.

(Heinrich Peuckmann)

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Page 46: bodo Juni 2014

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bodo dankt: Sparkasse Bochum Annette Duee, Gabriele Keppler, Ute Soth-Dyk-gers, Martin Botteck, Timo Zimmermann, Dolf Mehring, Hildegard Reinitz, Silke Harborth, Petra Danielsen-Hardt, Sabine Raddatz, Otto Jochen Ley, Jutta und Wido Wagner, Christina Kolivopoulos, Kathrin Bohr, Gerhard Volpers, Erika Maletz, Thorsten Baulmann, Hannelore Thimm-Rasch, Volker Schaika, Petra Karmain-ski, Jonas Pasche, Sören Kreinberg, Dr. Rinnert Siemssen, Tamara Vorwald-Piepke, Esther Ha-gemann, Oliver Stiller, Gerd Schlitzer, Lieselotte Markgraf, Dr. Sabine Siebel, Kathrin Bohr, Jens-W. Hirche, Antonie Heimeshoff, Petra Nitz, Prof. Dr. H. Laubenthal, Sandra Salvucci, Gerd Hebisch, Veronika Bittner, Marie-Luise Scholz, Dr. Ursula Penner, Johannes Syre, Fatima Haqua, Bärbel Brüggemann, Heike Willingmann, Udo Nagel, Annette und Reiner Kraft , Dr. med. vet. Karen Elisabeth, Doris Doberstein, Olaf Author-sen, Karin Stamm, Barbara Dressel, Herbert Wit-tig, Christa Fuhrlander, Siegmar Welski, Ulrich Grothues, Jochen Vogt, Daniel Böning, Anne Kulemann, Ludwig Maria Schulenkorf, Wulfhild Tank, Ingeborg Schumacher, Nadja Schramm, Christian Scheer, Monika Bender, Lieselotte Koch, Ulrike Märkel , Isabell Bikowski-Gauchel, Heinz Schildheuer, Anita Diehn-Driessler, Dieter Zawodniak, Astrid Kaspar, Gabriele Steinbre-cher, Brigitte Cordes, Annette Kritzler, Christian Chammings, Sandra und Friedrich Laker, Regina Höbel, Arne Malmsheimer, Jörg Gruda, Helmut Buscha, Almuth Keller, Nicole Hölter, Rolf Ge-ers, Grünbau GGmbH, Daniela Gerull, Nicola Steinstrass, Klaus Kwetkat, Renate Krökel, Gerd Pelzer, Angelika Engelberg, Katrin Lichtenstein, Karl-Heinz Schwieger, Gabriela Schäfer, Ilona Zarnowski, Dr. Josef Balzer, Bernd Ewers, Rainer Stücker, Ursula Remer, Ralf Finke, Bärbel Bals, Hermann Schröder, Rainer Biel, Paul Engelen, Susanne Mildner, Thomas Olschowy, Klaus-M. Kinzel, Christine Weber, Petra Bender, Jutta Haring, Annemarie Meiling, Peter Buning, Ina und Arno Georg, Dr. Thilo Skrotzki, Sandra Wort-mann, Udo Greif, Elsbeth Heiart, Rüdiger Haag, Marlis Lange, Jutta Kemper, Frank Siewert, Thomas Schröder, Ute Michler, Udo Bormann, Fabian Fluhme, Snezka Barle, A. und M. Dietz, Michael Buddenberg, Hans-Georg Schwinn, Nicole Goralski, Manfred Kater, Helga Koester-Wais, Roswitha Wolf, Christoph Grueter, Rita Pilenko, Thomas Terbeck, Dirk Schmiedeskamp, Ute Börner, Carsten Klink, Stefan Meyer, Alexan-dra Barbian-Steinfort, Annegret Malessa, Edith Link, Kerstin Bals, Christine Ferreau, Marlies und Eberhard Piclum, Michael Stange, Ludiwg Seitz, Dorothea Bomnüter, Petra Bloch, Erika Janssen, Sandra Rettemeyer, Matthias Grigo, Daniela Schmitz-Häbler, Ulrike Bornemann, Sebastian Poschadel, Margret und Hansjörg Sellhorst, Karl Bongardt, Felix Zulechner, Barbara Meyer, Jut-ta Meklenborg, R. Dammer, Friederike Jansen, Wolfgang Neuhaus

Ein Blick in die bodo-Redaktion (von links oben): Peter Hesse, Susanne Schröder, Schülerpraktikantin

Ina Fendel, Wolfgang Kienast. Martin Idem, Bastian Pütter, Antje Mosebach, Andre Noll.

Liebe Redaktion,

in der Mai- Ausgabe berichten Sie über das Urteil vom

Arbeitsgericht Cottbus, das feststellt, dass auch ein Stun-

denlohn von 1,54 Euro rechtens ist.

Leider gehören zur richtigen Einschätzung des Urteils

ein paar zusätzliche Informationen, die das Ganze in

einem andere Licht erscheinen lassen. Darüber berich-

tet hat die Website „NachDenkSeiten“, die ich bei dieser

Gelegenheit auch empfehlen möchte.

[Im beschriebenen Fall hatte ein Jobcenter einen

Anwalt verklagt, weil der zwei Bürokräfte mit nur

je 100 Euro monatlich entlohnte. Die Recherche des

„NachDenkSeiten“-Autors Lutz Hausstein legt nahe,

dass der verklagte Anwalt die beiden Mitarbeiter „zum

Schutz“ vor als sinnlos empfundenen sog. Maßnah-

men angestellt hatte. Als Anwalt im Sozialrecht habe

er sich beim Jobcenter unbeliebt gemacht und sei des-

halb verklagt worden. Anm.d.Red.]

Es wäre durchaus interessant, dies (und die Methoden

der Jobcenter) vielleicht in einer zukünftigen Ausgabe

nochmals aufzugreifen bzw. die Meldung aus der aktu-

ellen Ausgabe zu vervollständigen.

Mit freundlichen Grüßen, Thomas Rühle

Hallo zusammen,

ich schreibe so gut wie nie Leserbriefe, aber ich muss Ih-

nen einmal ein dickes Kompliment machen. Die bodo im

neuen, hochprofessionellen Layout gefällt mir sehr gut.

Hinzu kommt die hohe journalistische Qualität insge-

samt. Der Artikel über „Doc Müller“ z.B. in der April-bodo

besticht nicht nur durch die exzellenten Photos, sondern

auch durch den engagierten Duktus des Textes, der in-

formativ und gekonnt sein Thema inszeniert. Respekt für

diesen Artikel, v.a. aber auch für die Arbeit des Dr. Müller.

Dies eine Beispiel greife ich heraus, ich könnte viele Bilder,

Texte und Reportagen nennen, die Ihnen hervorragend

gelungen sind. Solche Qualität finde ich oft in weit teu-

reren, renommierten Magazinen nicht.

Ich kaufe und lese bodo von Beginn an, die Entwicklung

ist beachtlich. Weil so viele Menschen davon leben und

die Redaktion eine so gute Arbeit leistet, zahle ich gern

immer das Doppelte. Denn auch damit ist eine solche

Leistung nicht wirklich bezahlt.

Ich wünsche Ihnen weiterhin eine gute Hand für ihr

Blatt und viel Erfolg, v.a. für die obdachlosen Men-

schen unter uns.

Herzlich grüßt Andreas Brenneke

LESERPOST

LESERSEITE

Page 47: bodo Juni 2014

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Der Herr Blatter hat es nicht einfach. Irgendwo muss er seine Weltfußballfestspiele stattfindenlassen. Ein verwaistes Eiland, auf dem man im Wechsel Olympia und WM veranstalten könnte,existiert nicht. Dort gäbe es keine Gesetze und Steuerforderungen, die man erst rüde beiseiteschaffen müsste. Schön wäre es, das blattonische Profitalien oder Kapitalien. Nur die Kunstder Korruption käme zu kurz in einem Staat, der den sportlichen Ränkeschmieden zu hundertProzent gehört.

So aber muss man irgendwo einfallen, sportlich und fair, und dann kommen gleich dieseKritiker. Dabei schafft man Frieden und Wohlstand, wo immer man spektakelt. Erst gab es2012 die Europameisterschaft in der Ukraine, dann zu Jahresbeginn die Winterspiele inSotschi, nur einen Raketenabschuss von der Krim entfernt. Jetzt landet man inBrasilien. Dort tötet man wenigstens keine Straßenhunde. Das war nochein Aufreger im Internet vor zwei Jahren, die Köter von Kiew. In Rio gibtes Straßenkinder, die werden zwar auch manchmal getötet, aberirgendwie findet das Netz die nicht so niedlich.

Schon immer wünschte ich mir ein Panini-Sammelalbum „Spieler-frauen“, einfach so, weil es, klischeebeladen und gemein, vielSpaß verspricht. Nun aber fordere ich ein WM-Sammelheft, indem neben Stürmer, Torwart und Landesflagge auch sozialeDesaster auftauchen. Nationale Defizite könnte man herausstellen.Armut und Elend, die ewige Herrschaft einer kleinen Gruppe,wären dann das Thema für so ein unterentwickeltes Land, fürDeutschland halt.

Wir wollen uns amüsieren. Wir wollen nicht genervt werden oder garboykottieren. Was auch? Amazon vielleicht? Diesen Marketinggagsollte ver.di mal wagen.

Wenn dann am 13. Juli das Turnier zu Ende geht, haben wir viel-leicht in Deutschland unbemerkt längst Hartz V und dieBundeswehr steht in der Ukraine. Was aber schlimmer ist: Wir sind wieder nur Dritter geworden.

Martin Kaysh (Geierabend) schreibt jeden Monat in bodo für die AWO.

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Page 48: bodo Juni 2014

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