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1.80 Euro November 2011 | 90 Cent für den Verkäufer 14 | Aus den Bücherschluchten | Das Antiquariat Ubu 08 | Das ewige Eden | Bochums unabreißbare Hotelruine 28 | Im Schatten der Stille | Kinder und Depression 21 | 21 Verlosungen | z.B. Wise Guys – »Wunschtour«, Jahrhunderthalle Bochum Das Straßenmagazin bodo

bodo November 2011

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Die November-Ausgabe des Straßenmagazins.

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1.80 EuroNovember 2011 | 90 Cent für den Verkäufer

14 | Aus den Bücherschluchten | Das Antiquariat Ubu

08 | Das ewige Eden | Bochums unabreißbare Hotelruine

28 | Im Schatten der Stille | Kinder und Depression

21 | 21 Verlosungen | z.B. Wise Guys – »Wunschtour«, Jahrhunderthalle Bochum

Das Straßenmagazin

bodo

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EDITORIAL

BODO E.V. – SO ERREICHEN SIE UNS

Herausgeber und Verleger:

bodo e.V.

Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund

Postanschrift:

Postfach 100543 | 44005 Dortmund

Redaktionsleitung und V.i.S.d.P.:

Bastian Pütter | [email protected]

0231 – 98 22 98 18 | Fax 88 22 527

Redaktionsanschrift:

Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund

Veranstaltungskalender:

Benedikt von Randow (bvr) | [email protected]

engel und agenten | [email protected]

Layout und Produktion:

Andre Noll | Büro für Kommunikationsdesign

0231 – 106 38 31 | [email protected]

Anzeigenleitung:

Bastian Pütter | [email protected]

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Autoren:

Bianka Boyke (bb), Volker Dornemann (vd),

Peter Erik Hillenbach (perik), Hanno Jentzsch,

Wolfgang Kienast (wk), Maike, Nina Mühlmann

(nm), Marcus Preis (mp), Bastian Pütter (bp),

Benedikt von Randow (bvr), Rosi, Dr. Birgit

Rumpel (biru), Sebastian Sellhorst (sese),

Street News Service

Fotos: Claudia Siekarski (S.2,3,4,5,7,10,12,13,

14,15,29,34,35,37,38), Markus Gierse (S.7) Bir-

te Burgänger (S.18), pixelio.de (S.18), Bianka

Boyke (S.2,28) Thomas Bocian (S.9), Street

News Service (S.11), Pressestelle Bochum (S.8)

Titelbild: Claudia Siekarski

Zeichnungen und Cartoon: Volker Dornemann

Druck: Gebr. Lensing GmbH & Co. KG.

Auflage | Erscheinungsweise:

11.000 Exemplare

Bochum, Dortmund und Umgebung

Redaktions- und Anzeigenschluss:

für die Dezember-Ausgabe 10.11.2011

Anzeigen:

Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 7

gültig ab 01.03.2009

Vertriebe:

Mallinckrodtstraße 274 | 44135 Dortmund

0231 – 98 22 97 96

Stühmeyerstraße 33 | 44787 Bochum

Der Abdruck von Veranstaltungshinweisen ist kos-

tenfrei, aber ohne Gewähr. Für unaufgefordert ein-

gesandte Fotos oder Manuskripte wird keine Haftung

übernommen. Das Recht auf Kürzung bleibt vorbehal-

ten. Abdruck und Vervielfältigung von redaktionellen

Beiträgen und Anzeigen bedürfen der ausdrückli-

chen Genehmigung der Redaktion. Leserbriefe und

namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht

unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Vereinssitz:

Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund

Post: Postfach 10 05 43 | 44005 Dortmund

Internet:

www.bodoev.de | www.facebook.com/bodoev

Vorstand:

Nicole Hölter | Brunhilde Dörscheln |

Andre Noll | [email protected]

Geschäftsleitung | Verwaltung:

Tanja Walter | [email protected]

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Redaktion | Öffentlichkeitsarbeit:

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Transporte | Haushaltsauflösungen:

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bodos Bücher online:

Gordon Smith | 0231 – 88 22 833

bodos Bücher | Modernes Antiquariat: Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund

Mo. – Fr. 11 – 18 Uhr

Second-Hand-Laden Dortmund:Brunhilde Dörscheln | [email protected]

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Mallinckrodtstraße 274 | 44147 Dortmund

Di. – Do. 10 – 17 Uhr

Verkäufercafé Dortmund:Mallinckrodtstraße 274 | 44147 Dortmund

Mo. u. Fr. 10 – 13 Uhr | Di. – Do. 11 – 18 Uhr

Anlaufstelle Bochum:Stühmeyerstraße 33 | 44787 Bochum

Mo., Mi. und Fr. von 14 – 17 Uhr

Di. und Do. von 10 – 13 Uhr

Spendenkonten: Stadtsparkasse Dortmund

BLZ: 440 501 99, Kto. 104 83 76

Sparkasse Bochum

BLZ: 430 500 01, Kto. 10 406 254

IMPRESSUM

02

Liebe Leserinnen und Leser,

herzlich willkommen zu unserer November-Ausgabe,

die diesmal einen ausgesprochenen Bochum-Schwer-

punkt hat. Das freut uns, denn die Themen aus dem

größeren und lauteren Dortmund, das ja auch Sitz

des Vereins und der Redaktion ist, sind allzu oft

dominant, auch hier im Straßenmagazin.

In diesem Monat haben wir mit dem Theater Rottstr5,

der benachbarten ewigen Ruine des Hotels Eden und

dem wirklich unglaublichen Antiquariat Ubu gleich

drei große Bochumer Geschichten im Heft.

Apropos Antiquariat: Jetzt, wo mit der dunklen

Jahreszeit auch die Leselust wieder steigt, muss

ich mal ein bisschen Werbung machen für unser

Buch-Projekt, das sich sehr gut entwickelt. Mit

inzwischen zwei Auszubildenden, Vermittlungser-

folgen in Ausbildung und Arbeitsmarkt (Alles Gute,

Lothar!) und einem immer besseren Angebot sind

wir auf dem richtigen Weg.

Durch Ihre Buchspenden und Ihre Buchkäufe bei uns

am Hafen sowie online sind wir in der Lage, Men-

schen eine Perspektive zu geben, auch ohne große

Fördermittel in Anspruch zu nehmen. Unser Ziel,

einen möglichst großen Teil unserer Kosten in den

Projekten selbst zu erwirtschaften, trägt auch zum

individuellen Erfolg unserer Arbeit bei. Wer weiß,

dass er gebraucht wird und aktiv am Fortbestand un-

seres Vereins mitarbeitet, ist motivierter und besser

vorbereitet auf den ersten Arbeitsmarkt.

Naturgemäß sind wir als gemeinnütziger Träger mit

einem solchen Konzept auf Unterstützung angewie-

sen. Wir sind stolz auf den geringen Spendenanteil

an unserer Finanzierung, trotzdem sind Geld- und

Sachspenden weiterhin eine Bedingung für den

Fortbestand unserer Arbeit.

Wir freuen uns aber auch, wenn Sie uns und un-

sere „Produkte“ empfehlen. Verschenken Sie doch

einen unserer Buchgutscheine oder ein bodo-

Förderabo oder werben Sie für Ihr Unternehmen

im Straßenmagazin.

Wenn Sie Menschen treffen, die betteln müssen

oder die Flaschen sammeln, erzählen Sie ihnen von

unserem Angebot: Jeder Bedürftige, der zu uns

kommt, erhält einen Verkaufsplatz, einen Verkäu-

ferausweis und 10 bodos als Geschenk – 18 Euro für

einen Neuanfang.

Diese Empfehlung gilt übrigens auch für die Men-

schen, die mit Straßenzeitungsimitaten immer mehr

zum Problem für unsere Arbeit werden. Um Sankti-

onen durch die Ordnungsämter zu entgehen – das

Ansprechen von Passanten um Geld gilt als aggressi-

ves Betteln – „tarnen“ sich immer mehr Bettlergrup-

pen mit falschen Straßenzeitungen. Sogar kopierten

bodo-Titelseiten sind wir schon begegnet.

Bitte kaufen Sie Ihre bodo nur, wenn sie aussieht

wie dieses Magazin und nur bei einem Verkäufer

oder einer Verkäuferin mit bodo-Verkäuferausweis.

Vielen Dank!

Wenn Sie mehr über unsere Arbeit „zwischen zwei

Zeitungen“ erfahren wollen, besuchen Sie uns auf

unserer Internetseite www.bodoev.de oder bei

www.facebook.com/bodoev.

Viele Grüße von bodo,

Bastian Pütter – [email protected]

3

INHALT 03

02 Editorial | Impressum

04 Menschen Hans Dreher von Dr. Birgit Rumpel

Das Rottstr5 Theater erfüllt alle Klischees vom freien, anarchistischen

Off-Theater. Doch die Macher hängen an der traditionellen Aufgabe ihrer

Kunstform: Sie wollen die großen Themen auf die Bühne bringen. bodo

besucht den künstlerischen Leiter des Theaters Hans Dreher und erfährt

einiges über seinen Werdegang, angefangen bei einfachen Statistenrollen

hin zum Walzer mit Klaus Maria Brandauer.

06 Neues von bodo

07 Maikes Verkäufertagebuch

08 Straßenleben Hotel Eden von Bastian Pütter

Als am 30. Oktober 1956 Lieselotte Kleffmann das Hotel Eden nahe dem

Ring eröffnete, jubelte die Bochumer Woche: „Privatinitiative und echter

Unternehmergeist schufen für unsere Stadt einen respektablen Hotelneu-

bau.“ Die Bochumer Rundschau lobte: „Geschmackvoll von A bis Z!“ Das

ist lange her. Nach einer wechselvollen Geschichte ist das Eden Bochums

ewige Ruine, ein Symbol für die Schwierigkeiten von Stadtentwicklung –

und ein Thema für Bochumer Kunst.

10 Neues von Rosi | von bodo-Verkäuferin Rosi

11 Neues von bodo Sechs Millionen Leser vom Street News Service

Mehr als 100 Straßenmagazine, die von Wohnungslosen in 40 Ländern

verkauft werden, erreichen eine Leserschaft von 6,2 Millionen Menschen

pro Ausgabe – eins davon ist bodo.

12 Zum Haare raufen Gewerkschafts-Trallalala von Nina Mühlmann

Sekt „for free“ beim ver.di-Empfang.

12 Kultur 24 Stunden Ulysses im Rasthaus Fink von Sebastian Sellhorst

Das Werk „Ulysses“ des irischen Schriftstellers James Joyce ist nicht be-

kannt dafür, leichte literarische Kost zu sein. In einer 24-Stunden-Lesung

nähert sich das Rasthaus Fink diesem Meisterwerk der Weltliteratur.

13 Wilde Kräuter Eberesche_2 von Wolfgang Kienast

Wer frustriert vom verregneten Sommer freudig der vom Maya-Kalender

prophezeiten Apokalypse entgegenfiebert und vorher nochmal gut essen

möchte, findet diesmal ein leckeres Rezept für Pfifferlinge mit Kürbis an

Vogelbeerenpüree.

14 Reportage Das Bochumer Antiquariat Ubu von Wolfgang Kienast 1986 gründete Wolfgang Jöst sein eigenes Antiquariat, nachdem er zuvor bei

der Politischen Buchhandlung Bochum aktiv war. Mittlerweile ist „Ubu“ eine

Anlaufstelle für Liebhaber skurriler und seltener Literatur. Der Bestand ist

nicht katalogisiert, sondern nur im Kopf des Buchhändlers erfasst. Wer sich

aber die Zeit nimmt zu stöbern, kann Schätze entdecken.

17 Literatur Der David ist dem Goliath sein Tod gelesen von Bastian Pütter

„Seine Geschichten sind von anarchischer Komik und so idyllisch wie der

Ruhrschnellweg. Er kann auch sehr sanft sein. Will er aber nicht.“

18 Der Kommentar Hallo Saufraum! von Bastian Pütter

18 News | Skotts Seitenhieb

20 Das Ruhrgebiet Man sollte wieder Opel fahren! von Peter Erik Hillenbach

20 Kinotipp The Future im endstation.kino

21 Veranstaltungskalender | Verlosungen | CD-Tipps von Benedikt von Randow

28 Interview Psychologin Michaela Pavelka von Bianka Boyke

Arbeitsüberlastung, Versagensängste oder die Pflege von Angehörigen –

viele Menschen sind heutzutage überfordert. Die Folge kann eine völlige

psychische und körperliche Erschöpfung sein. bodo-Redakteurin Bianka

Boyke sprach mit Diplom-Psychologin Michaela Pavelka über die Krankheit

Depression bei Eltern und Kindern.

30 Literatur Bücher über Depression gelesen von Bianka Boyke

32 Kreuzworträtsel | Sudoku

33 Eselsohr Wale 2 von Volker Dornemann

34 Keine Voranmeldung, keine Praxisgebühr! von Sebastian Sellhorst

Obdachlose Menschen sind meist über gesetzlich geregelte Leistungen

medizinisch versorgt. Doch allzu oft passen die Angebote nicht zu deren

Lebenssituation. Ein Besuch bei der „Aufsuchenden medizinischen Hilfe für

wohnungslose Menschen in Dortmund e.V.“.

36 Orte Den Tod zurück ins Leben holen von Marcus Preis

Immer mehr Gotteshäuser bleiben als solche ungenutzt. Seit einem Jahr

beherbergt die Dortmunder Liebfrauenkirche ein Kolumbarium. Sie ist die

erste Grabeskirche im Ruhrgebiet.

38 bodo geht aus Goldkante von Hanno Jentzsch

Die Goldkante ist wieder da. Nach anderthalb Jahren Renovierung ist der

Umzug der kleinen Szenebar nach Bochum-Ehrenfeld geschafft. Das be-

währte Konzept bleibt: Die Goldkante ist ein Laden zum Selbermachen.

39 Leserbriefe | Cartoon

Unser Titelbild der November-Ausgabe:

Wolfgang Jöst in seinem Bochumer

Antiquariat Ubu (siehe S.14).

Foto: Claudia Siekarski

14280408 34

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Das Rottstr5 Theater erfüllt alle Klischees vom freien, anarchistischen Off-Theater. Doch die Macher hängen an der traditionellen Aufgabe dieser Kunstform: Sie wollen die großen The-men auf die Bühne bringen.

Sobald man durch die kleine Tür in der Glasbaustein-

fassade tritt, steht man mittendrin im Einraum-

Theater unter der S-Bahnlinie an der Bochumer

Rottstraße. Begehbar vom Hinterhof eines Asia-Su-

permarktes, die Einfahrt vis-à-vis einer Tabledance-

Bar. Hier vermutet niemand Hochkultur, doch genau

die wollen die Macher des Theaters bieten. „Wir

thematisieren nicht die Alltagsprobleme aus der

Nachbar-WG, wir bringen die klassischen Themen

auf die Bühne“, erklärt Hans Dreher, einer der künst-

lerischen Leiter des Theaters. Von Anfang an gehört

er zum festen Team um Theatergründer Arne Nobel.

Wir nehmen am Bühnenrand im Parkett Platz. Heu-

te ist das ein nostalgisches Sofa, dessen Federn

uns kurz über dem Boden doch noch auffangen.

Während wir locker ins Gespräch kommen, finden

sich Kollegen ein, um die Bühne aufzuräumen. Wer

am Vorabend noch als Regisseur Premiere feierte,

schwingt heute den Besen. So ist das hier. „Es

ist ganz typisch für alle, die hier arbeiten. Jeder

macht verschiedene Jobs und packt überall mit

an“, freut sich Hans Dreher, der natürlich selbst

mithelfen würde, wenn wir ihn nicht davon abhiel-

ten. Im Viertelstundentakt rumort es im Bühnen-

himmel, wenn die S-Bahn über uns hinwegrollt.

Angelegentlich wird dies in die Stücke eingebaut,

es gehört einfach zu diesem einzigartigen Theater.

Die Theaterleidenschaft ist Hans Dreher nicht unbe-

dingt in die Wiege gelegt. Er wurde 1975 in Japan ge-

boren, wo er die ersten drei Lebensjahre verbrachte.

Die Familie folgte den beruflichen Stationen der El-

tern, der Vater Manager, die Mutter Wirtschaftsjour-

nalistin. „Ich liebe die Geschichte, dass mein Vater

den BH nach Asien gebracht hat“, freut sich Dreher,

denn damals war der Vater unterwegs, für den gu-

ten alten Markenhersteller Triumph den asiatischen

Markt zu erobern. Weitere Stationen waren verschie-

dene Städte in den U.S.A, wo Hans Dreher und seine

Schwester amerikanische Schulen besuchten und in

wohl geordneter Vorstadtidylle aufwuchsen. Erst ge-

gen Ende der Schulzeit besuchte er nahe New York

eine deutsche Schule als Vorbereitung auf die Rück-

kehr der Familie nach Bayern. „Ich hatte damals ei-

nen erbärmlichen Wortschatz“, erinnert er sich.

Hans DreherGroße Geschichten auf kleinem Raum

MENSCHEN | von Dr. Birgit Rumpel | Fotos: Claudia Siekarski04

5

Für das bayerische Abitur hat der allerdings ge-

reicht, und nach der Bundeswehrzeit begann er

sein Studium der Theaterwissenschaften, Anglistik

und Amerikanistik. Während des Studiums suchte

er die Nähe zum Theater durch zahlreiche Auftritte

als Statist. „Ich war spezialisiert auf abgedrehte

Rollen, etwa den nackten Irren in Musils ‚Mann

ohne Eigenschaften‘.“ Diese Engagements führten

dazu, dass er mit zahlreichen Größen der deut-

schen Theaterlandschaft zusammentraf, die ihn

nachhaltig beeindruckten. Wer walzert schon mal

mit Klaus Maria Brandauer über die Bühne und wird

von ihm abgeschmatzt? Solche Erlebnisse und die

damit verbundenen Anekdoten sind es wohl, die

die Theaterleidenschaft weiter befeuerten.

Von einer Schauspielkarriere ließ er sich durch eine

missglückte Aufnahmeprüfung abbringen. „Für weitere

solcher Demütigungen fehlte mir die psychische Kraft.“

Doch die Liebe zum Theater blieb und er erkannte, dass

das Inszenieren viel eher das war, was er wollte. Nach

dem Studium war er Regieassistent am Residenzthea-

ter in München, wo er allerdings erkennen musste, dass

kein Interesse an der Nachwuchsförderung bestand. Da

kam es gerade recht, dass Elmar Goeben ihn 2005 mit

ans Schauspielhaus nach Bochum nahm, wo er Arne

Nobel kennenlernte. Genauso wie der gute Ruf einer

Intendanz auf die Mitarbeiter abstrahlt, ist es leider

auch im umgekehrten Fall. Deshalb standen die Chan-

05

cen schlecht, nach dem Ende der Goeben-Intendanz

einen neuen Job zu finden. „An die 100 Bewerbungen

habe ich im gesamten deutschsprachigen Raum ver-

schickt, ohne auch nur eine Antwort zu bekommen.“

Doch statt den Kopf in den Sand zu stecken und sich

der drohenden Arbeitslosigkeit zu ergeben, begrif-

fen sie die Situation als Chance, die Dinge selbst in

die Hand zu nehmen. Also begannen sie das gemein-

same Projekt des eigenen Theaters. „Wir profitier-

ten davon, dass mit uns auch viele arbeitswütige

Schauspieler ihren Job verloren“, beschreibt er die

Anfangsphase vor gut zwei Jahren. Mittlerweile hat

sich vieles eingespielt, es gibt fünf feste Teammit-

glieder und einen Jahrespraktikanten, sodass dann

und wann mal ein freier Tag möglich ist. Allerdings

lebt hier keiner vom Theater, das dank einiger Förde-

rer gerade so über die Runden kommt. „Es herrscht

Haushaltssperre, wir bekommen keine finanzielle

Förderung von der Stadt, aber man ist uns wohlge-

sonnen und vermittelt gute Kontakte zu Förderern,“

erklärt Hans Dreher, der wie alle seine Kollegen sei-

nen Lebensunterhalt durch weitere Jobs bestreitet.

Neben gelegentlichen Regiearbeiten an anderen

Theatern organisiert er größere Veranstaltungen.

Eine gewisse Technikbegeisterung lassen die drei Han-

dys vermuten, die er während unseres Gespräches in

einiger Entfernung liegen lässt. „Ich hasse das Leben

mit drei Handys“, schmunzelt er und erklärt, dass er

nur noch nicht den einen genau für ihn passenden Tarif

gefunden hat. Dass er als Nerd der Truppe gilt, liegt

weniger an überdurchschnittlichen PC-Kenntnissen,

sondern an seiner unverhohlenen Vorliebe für Populär-

kultur. „Ich bin nun mal mit den Simpsons aufgewach-

sen“, stellt er fest und schwärmt für Comic-Verfilmun-

gen und Actionfilme: „Es gibt kaum einen Kinofilm, der

nicht von einem Kampfroboter profitiert.“ Auch darin

sieht er die Wiederaufnahme der klassischen Mythen

– eine These, für die er von den Theaterkollegen aller-

dings keine Zustimmung erwartet.

Ansonsten harmoniert aber der künstlerische An-

satz. „Wir kommen alle aus einer klassischen Thea-

tersozialisation. Vieles heute ist eine Reaktion auf

das, was wir an den traditionellen Theatern und

deren Akteuren nicht mochten“, beschreibt Dreher

die gemeinsame Entwicklung der letzten Jahre.

„Dabei sind wir eigentlich stockkonservativ, denn

wir holen die Klassiker auf die Bühne.“ (biru)

INFO

ROTTSTR5 Theater

Rottstraße 5 | 44793 Bochum

www.rottstr5-theater.de

bodo verlost 2 x 2 Karten für eine Vorstellung nach Wahl (siehe S.21)

6

BODO-PRAXIS-ABO

Ja, ich möchte das bodo Straßenmagazin

für meinen Wartebereich abonnieren.

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stützen. Ich erhalte 12 Ausgaben frei Haus

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finanziell abzusichern.

bodo e.V.Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund

Vereinsregister Dortmund: Nr. 4514

06 NEUES VON BODO | www.bodoev.de | www.facebook.com/bodoev

schafft Chancenbodo

Haushaltsauflösungen

Transporte und Umzugshilfen

[email protected] | 0231 – 88 22 825

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„ueber Mut“, das vierte Filmfestival der „Aktion Mensch“, ist seit November 2010 durch insgesamt 100 Städte unterwegs, unterstützt u.a. von den Kol-legInnen der Stuttgarter Straßenzeitung TrottWar.

Bereits im Juli konnten wir im Kino Endstation im

Bahnhof Langendreer anlässlich des Films „Die Kin-

der von Don Quichote“ unsere Arbeit vorstellen und

diskutieren. Nun erreicht das Festival auch das Dort-

munder SweetSixteenKino.

Das Thema des französischen Dokumentarfilms: Im

Herbst 2006 schlagen zahlreiche Obdachlose im Zen-

trum von Paris ihre Zelte auf. Eine Demonstration, die

Solidarität mit den rund 100.000 Menschen fordert,

die in Frankreich auf der Straße leben. Über das In-

ternet ruft sie die Pariser auf, einige Nächte bei den

Obdachlosen zu verbringen. Die Aktion der Gruppe, die

sich „Kinder von Don Quijote“ nennt, fordert, der Staat

solle jedem Bürger dauerhaften Wohnraum zusichern.

Unter dem öffentlichen Druck verspricht Nicolas Sar-

kozy Tausende neuer Wohnprojekte. Die Geschichte ist

ein Beispiel dafür, was Wahlversprechen sein können.

Der Film läuft am 5. Dezember um 19 Uhr,

das Festival vom 1. bis zum 8. Dezember.

Mehr auf www.bodoev.de

bodo im Kinobodo bei der Buchmesse

Eine „Delegation“ unseres Projekts Buch besuch-te am 12. Oktober die Buchmesse in Frankfurt a.M. Mit unseren Auszubildenden Steffi und San-dra informierten sich unsere BuchhändlerInnen Suzanne und Peter, knüpften Kontakte zu Verla-gen und besuchten alte Bekannte wie den Dort-munder Grafit Verlag.

Am Sonntag ging es dann noch einmal nach Frank-

furt, um Bücher abzuholen, die uns von mehreren

Verlagen zur Verfügung gestellt wurden. Vor allem

aus der Gourmet Gallery in Halle 3.1 bekamen wir

wahre Schätze geschenkt. Aktuelle Kochbücher fin-

den Sie ab sofort in unserem Buchladen in der Mal-

linckrodtstraße 270 in Dortmund.

Wir bedanken uns herzlich bei den Verlagen, die

uns Bücher aus ihrer Standdekoration gespendet

haben, und besonders bei Nadine Wedel und dem

Hamburger Murmann Verlag, der uns den gesamten

Buchbestand des Messestandes gegen Spendenquit-

tung überlassen hat! Besonders danken wir Maren

Ongsiek von der Frankfurter Buchmesse, die uns

hilfreich zur Seite stand und die Verlage über uns

informierte. Die neidischen Blicke der KollegInnen

sprechen übrigens dafür, dass wir im nächsten Jahr

mit einer größeren Gruppe anreisen werden...

7

07

Hallo liebe bodo-LeserInnen,

hier meldet sich die zahnlose „Oma“ Maike

wieder. Wolltet ihr etwa weiterlesen? Jaha,

dann legt mal los.

8. September Heute wieder Zahnarztter-

min. Das heißt, von den kaputten Zähnen

wurden wieder welche gezogen. Nun ja.

Wenn einmal wer „A“ sagt bei Zahnschmer-

zen, muss er dann auch „B“ sagen und sollte

dann bei sich selber konsequent sein und

beim Zahnarzt die Behandlung durchziehen.

10. September Heute ist kein Tag wie jeder

andere Tag. Denn für vier Wochen hole ich

den Kanarienvogel vom Bekannten ab, weil

er für drei Wochen in den Urlaub fliegt.

14. September Ja, so isses, wenn die ver-

storbene Oma 97 Jahre alt wird und dann

schon 12 Jahre nicht mehr am Leben ist.

Bekannter im Urlaub bei über 30 Grad, und

ich habe um 12 Uhr einen Fußpflegetermin.

19. September Statt Zeitungsverkauf muss-

te ich heute zur Krankenkasse, um den Kos-

tenvoranschlag für die Behandlung meines

neuen Gebisses und zwei Kronen abzuge-

ben. Und mein Gefühl sagt mir: „Die Kran-

kenkasse übernimmt die gesamten Kosten.“

23. September Nachdem ich vom Zeitungs-

verkauf zurück war und den Briefkasten ge-

öffnet habe, fand ich einen Brief von der

Krankenkasse mit der Bestätigung zur vol-

len Kostenübernahme für ein neues Gebiss.

26. September Den Kostenplan von der

Krankenkasse geschnappt und ab zum

Zahnarzt. Da der Zahnarzt ab 17.10. für

14 Tage Urlaub hat, müsste mein neues

Gebiss bis zum 13.10. fertiggestellt sein.

Das heißt: Nicht mehr rumtrödeln, son-

dern ranklotzen.

28. September Heute ist es ein stressiger

Tag. Früh morgens Zahnarzttermin, dann

Verkäuferversammlung und anschließend

zum Zeitungsverkauf noch raus. Anschlie-

ßend ab nach Hause.

Nun ist der Monat bald vorbei und in über

zwei Monaten ist schon Weihnachten. Wie

die Zeit vergeht. Also wünsche ich Euch

bis bald alles Gute, Eure (noch) zahnlose

„Oma“ Maike.

MAIKES VERKÄUFERTAGEBUCH

1.000 Euro für bodo. Mindestens.

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Wir erhalten keine regelmäßige öffentliche Förde-

rung, sondern versuchen einen möglichst großen

Anteil unserer Kosten in den Projekten selbst zu

erwirtschaften. Wir schaffen Möglichkeiten, Räume

und Bedingungen, aktiv zu werden – im eigenen

und im Interesse des Vereins. Und wir haben dabei

die Erfahrung gemacht, dass nichts mehr motiviert

als Mitglied eines Teams zu sein, das für gemeinsa-

me Ziele arbeitet.

Das große Glück dabei ist, praktisch nur mit Men-

schen zu tun zu haben, die wirklich arbeiten wollen.

Das Maß an Identifikation unserer Mitarbeiter zeigt

uns, dass unser Weg der Richtige ist.

Als gemeinnütziger Träger brauchen wir jedoch wei-

terhin Unterstützung. Wir sind auf Ihre Geld- und

Sachspenden angewiesen, freuen uns über Förder-

mitgliedschaften und neue Anzeigenkunden im Stra-

ßenmagazin.

Aber auch ein einfacher Klick im Internet kann ba-

res Geld für uns bedeuten. Eine große Versicherung

spendet 1.000 Euro an die 1.000 Vereine, die am

meisten Unterstützer mobilisieren können. Schon

jeder 20. bodo-Leser dürfte reichen, um unter den

Gewinnern zu sein. (Und dabei darf jede Mailadresse

sogar dreimal teilnehmen.)

Den Link finden Sie auf unserer Homepage:

www.bodoev.de

oder direkt hier:

https://verein.ing-diba.de/soziales/44147/bodo-ev

Menschen am Rande eine Perspektive zu bieten, ist das Ziel unserer Arbeit. Von vielen anderen unterscheiden wir uns durch die zentrale Rolle, die die „Betroffenen“ dabei einnehmen. Wer zu uns kommt, ob als Verkäufer des Straßenmagazins, als Mitarbeiter im Buchprojekt oder in unserem Transport-Team, nimmt sein Leben wieder selbst in die Hand – und weiß, dass er unmittelbar zum Fortbestand und zum Erfolg des Vereins beiträgt.

8

Ω

Typische Nachkriegsarchitektur im

Ruhrgebiet. Das Hotel Eden 1978

auf einem Foto der Pressestelle

Bochum.

¬

Für den Fotografen Thomas Bocian

ist das Eden eine „energetisch

aufgeladene Hülle“. Sein Fotopro-

jekt bietet einen überraschenden

Zugang in dessen Inneres.

STRASSENLEBEN | von Bastian Pütter | Fotos: Thomas Bocian08

Das ewige EdenBochums berüchtigte Hotelruine feiert Geburtstag

Als am 30. Oktober 1956 Lieselotte Kleffmann das Hotel Eden im Bochumer Zentrum eröffnete, ju-belte die Lokalpresse: „Privatinitiative und echter Unternehmergeist schufen für unsere Stadt einen respektablen Hotelneubau.“ Die Rundschau lobte nach der Besichtigung im Gefolge des Oberstadt-direktors: „Geschmackvoll von A bis Z!“ Das ist lange her. Nach einer wechselvollen Geschichte als Stundenhotel und Flüchtlingsunterkunft ist das ungeliebte Wahrzeichen Bochums ewige Ruine, ein Symbol für die Schwierigkeiten von Stadtentwicklung – und ein Thema für die Kunst.

Das Eden war Bochums erstes Innenstadthotel, doch damit noch nicht das erste Haus am Platz. Mit

seiner unaufgeregten, aber auch wenig aufregenden Nachkriegsarchitektur lag es unmittelbar am viel

befahrenen Innenstadtring, aber auch in (un-)günstiger Nähe zum Bochumer Rotlichtviertel. Das war

zu Beginn für das Kongress- und Tagungspublikum vielleicht ein angenehmer

Nebeneffekt, wurde jedoch bald zum zentralen Faktor. Bereits in den 1960er

Jahren nutzen die Prostituierten rund um den „Eierberg“ mit ihren Freiern das

Eden als Stundenhotel.

Innerhalb weniger Jahre hatte sich das Bild gewandelt. Zur Eröffnung hat-

ten die Ruhr Nachrichten noch geschwärmt: „Die 50 Zimmer – davon zehn

Zweibett-Zimmer – sind in frohen Farben gehalten, von Raum zu Raum ver-

schieden. Bei Tag und bei Nacht, wenn die Fenster erleuchtet sind, wirkt die

Front des Hotels an einer der belebtesten Ecken der Innenstadt nicht weniger

frohgestimmt im grauen Revierbild.“

Das ließ sich gut zehn Jahre später auch ganz anders sehen. In direkter

Innenstadtlage, sichtbar für jeden Durchreisenden, hatte Bochum am Eingang

der „finsteren“ Rottstraße mit ihren Sexshops und Table-Dance-Bars eine ex-

ponierte Schmuddelecke. Stück für Stück heruntergewirtschaftet, endete bald

auch der Hotelbetrieb.

Hier ist nicht das Paradies

Und wie nutzt man Räume, die so heruntergewohnt sind, dass sie nicht einmal mehr für schnellen Sex

zu vermieten sind? Man quartiert AsylbewerberInnen ein. Aus dem ersten Innenstadthotel Bochums

wurde das erste innerstädtische Flüchtlingsheim. So fand auch Bochum eine symbolische Position zur

allgemeinen deutschen Befindlichkeit zu Beginn der 1990er Jahre. Was macht mutmaßlichen Asylbe-

trügern ihre verfehlten Hoffnungen besser deutlich als ein heruntergekommener Puff, über dessen

Eingang „Hotel Eden“ steht? Hier ist nicht das Paradies.

Im April 1994 endet auch dieses Kapitel, seitdem bleibt das Hotel Obdachlosen vorbehalten. Mit

wenigen Ausnahmen: Nach Schließung des Flüchtlingsheims werden die Katakomben des Eden zur

illegalen Party-Location. Mitte der Neunziger ringt die lokale Trance-Szene in den ungelüfteten

Kellerräumen nach Atem, seitdem wird das ehemalige Hotel immer mal wieder von „urban explorers“,

Metalldieben und Freunden des unbehelligten Vandalismus besucht. Auch sie bremst der blühende

Schimmel im Haus und der fortschreitende Verfall.

Warten auf Kyriakos

Nach Ende der offiziellen Nutzung beginnt ein anderes Elend. Der Bochumer Investor Kyriakos Pet-

mesas kauft das Haus, um ein „völlig neues Hotel der gehobenen Klasse mit erträglichen Preisen“ zu

errichten – „Kein Luxushotel, aber eine Herberge für jedes Portemonnaie.“ Was verdächtig nach „Eden

revisited“, nach dem Neuaufguss eines früh gescheiterten Konzepts klingt, muss den Paxistest nicht

bestehen. Seit 17 Jahren tut sich nichts.

Bis 2008 ist das Eden immer wieder Thema in der Verwaltung, in der Stadtöffentlichkeit, in der

Bochumer Tagespresse. Die Zeitungsartikel sind schnell geschrieben, denn sie bleiben über Jahre

9

09

Bochums berüchtigte Hotelruine feiert Geburtstag

10

NEUES VON ROSI | von bodo-Verkäuferin Rosi

Hallo liebe Leserinnen und Leser der

November-Ausgabe.

Im vorletzten Monat hatten wir neue

Verkäufersprecher-Wahlen. Ich wollte

beiden Sprechern an dieser Stelle al-

les Gute und viel Erfolg wünschen.

Viele Kunden haben mich gefragt,

warum ich eine dunkle Brille trage.

Ich möchte meine Augen vor Sonnen-

strahlen schützen. Ich bin am grauen

Star operiert worden. Grund: Ich sah

immer alles nebelig. Erst durch die

Augenärztin habe ich erfahren, dass

ich grauen Star habe. Das zweite Auge

kommt am 4. November dran. Ich hof-

fe, dass alles gut geht.

Als die Eröffnung der Thier-Galerie

war, habe ich auch mal reingeschaut.

Es war sehr voll und eng ebenso. Wenn

ich mal mehr Zeit habe, dann werde

ich noch mal rein schauen. Außerdem

hatte ich den Ausgang nicht mehr

gefunden. Es ging mir nicht nur al-

lein so. Wollen hoffen, dass es beim

nächsten Mal besser klappt.

Ach ja. Die Firma Dr. Ausbüttel unter-

stützte uns bei der Werbung für bodo.

Sie verkauften für uns bodos und be-

fragten die Leute, ob sie bodo kennen

würden. Bin sehr gespannt, was bei

der Umfrage ‘rauskam. Die Mitarbeiter

von bodo bekamen ein T-Shirt und ein

Namensschild geschenkt.

Morgen gibt es neue Zeitungen. Alle

warten schon auf die neue Ausgabe.

Was sagen Sie zu dem schönen Herbst?

Wir werden richtig verwöhnt. Ich hof-

fe, dass es so bleibt.

Ich möchte nun Schluss machen und

grüße wie immer, Ihre Rosi

10

inhaltsgleich: Der Investor investiert nicht. „Die Stadt hat keine Handhabe“, grollt der Stadtsprecher

im Jahr 2000, „Uns sind die Hände gebunden“, klagt sein Nachfolger 2005.

Währenddessen beginnt das Eden zu erblühen: Durch eindringende Feuchtigkeit entsteht ein mit Gras

und Farnen bewachsener „grüner Salon“. Moos, Schimmel und sogar Birkentriebe bemächtigen sich

des „Paradieses“ und beschädigen die Bausubstanz irreparabel.

Unabreißbar

Nach 13 Jahren Verfall scheint die Lösung gefunden. Als 2008 der bayrische Spielhallenbetreiber Petros

Vasiliou die Ruine übernimmt, sind die Reaktionen fast euphorisch. Ein Neubau soll her, ausgerechnet

gefüllt mit zehn Spielhallen à 150 qm, nebst Bistro – eine Riesenspielhölle als kleineres Übel. Als Schmer-

zensgeld winken der klammen Kommune Hunderttausende Euro Vergnügungssteuereinnahmen pro Jahr.

Während vorher allen Ernstes der „Schandfleck Eden“ als Stolperstein auf dem Weg zur Kulturhaupt-

stadtbewerbung bezeichnet wurde, soll nun ein Daddelbudenhaus die Kulturachse vom Ehrenfeld

entlang der Viktoriastraße bis hin zur Rottstraße verbinden.

Was zu diesem Zeitpunkt keiner ahnt: Geschichte wiederholt sich, und das Eden hat einen langen

Atem. Seit exakt drei Jahren begleitet die Bochumer Öffentlichkeit den Prozess mit monatlichen

Wasserstandsmeldungen und immer neuen Abrissterminen. Der Streit um die Konzessionsverlängerung

bis 3 Uhr morgens, eine angekündigte und dann abgeblasene Zwangsversteigerung, neue Hotelpläne,

die Entscheidung für ein „Casino“, zusätzliche Büroflächen, die Möglichkeit späterer Umnutzungen,

Streit um die Fassadengestaltung und fehlende Unterlagen – ein Pingpong-Spiel zwischen Stadt und

Investor, bis zur Baugenehmigung Ende Juni.

Wer geglaubt hatte, damit sei der Knoten durchschlagen, sah sich getäuscht. Obwohl ein „intelligen-

tes Abrisskonzept“ stehe und alles nur auf die Baugenehmigung gewartet habe, tut sich nichts an der

Rottstraße. Alles auf Null. In aller Ruhe und ohne dass ein Bagger angerückt wäre, hat das Eden am

letzten Oktobersonntag seinen 55. Geburtstag begangen. Fast ein Drittel der Zeit steht es leer.

Kunst

Irritation Eden: 2001 bereits bemächtigten sich Studierende der Dortmunder FH Design des Hauses,

renovierten und gestalteten – zwischenzeitlich vom Bauordnungsamt vor die Tür gesetzt – begehbare

Kunstwerke in den ehemaligen Hotelzimmern.

In diesem Jahr war es der Bochumer Fotograf Thomas Bocian, der mit einer vielbeachteten Dreifach-

ausstellung und einem überraschenden künstlerischen Zugang das Eden in Besitz nahm.

Übrigens auch ganz wörtlich, denn seit „Hotel Eden – hinter der

Fassade“ fehlen die großen Leuchtbuchstaben über dem Haupt-

eingang des Hotels. Sie wiesen den Besuchern der Ausstellung

den Weg und sollen zum Abriss für einen guten Zweck versteigert

werden. So er denn kommt.

Für Bocian ist das Eden eine „energetisch aufgeladene Hülle“,

etwas zu dem jeder Bochumer eine meist konfliktträchtige Be-

ziehung hat. Bewusst wertfrei gibt er den Blick frei hinter diese

Fassade. Im Mittelpunkt seiner Arbeit stehen ungewöhnliche

Aufsichten. „Das Konzept entstand, als ich im ,Urwaldzimmer‘ die

Kamera durch die Bodenbretter schob und so den ganzen Raum

von oben im Blick hatte.“ In noch weitgehend intakten Zimmern

wiederholte er diese Perspektive, mit einigem technischen Auf-

wand. Mit einem Stativ machte Thomas von der Zimmerdecke aus 10 bis 16 Fotos von jedem Raum und

setzte sie am Computer perspektivgetreu zusammen.

Nun hat das Beharrungsvermögen des alten Eden den Künstler zum Begleiter gemacht. Statt einen

Schlusspunkt gesetzt zu haben, werden seine Arbeiten weitere Ausstellungen erleben. Ein Memory-

Spiel mit den Zimmeransichten Thomas Bocians, der „Hotel Eden Reminder“ erinnert nun nicht nur an

das untergegangene Eden sondern an dessen vorläufige Unsterblichkeit. (bp)

Thomas Bocian

11

Das zweite Jahr in Folge sind die Absatzzahlen der Straßenmagazine weltweit gestiegen und helfen so Zehntausenden Menschen aus der Ar-mut. Dieser Anstieg widersetzt sich damit dem Absatztrend, der bei vielen Zeitschriften und Zeitungen aus dem Bereich der Massenmedien zu einer sinkenden Auflage geführt hat.

Die Zahlen des Internationalen Netzwerks der Stra-

ßenmagazine (INSP) zur neuen Kampagne „Ihre

Stimme für Respekt“ zeigen, dass die mehr als 100

Straßenmagazine, die von Wohnungslosen in 40

Ländern verkauft werden, jetzt eine summierte Le-

serschaft von 6,2 Millionen Menschen pro Ausgabe

verzeichnen können. Ein Plus von 160.000 gegen-

über 2010.

Diese bemerkenswerte Medien-Erfolgsgeschichte

unterstreicht das Erfolgsrezept der Straßenmaga-

zine. Sie verbinden unabhängigen Journalismus

mit sozialer Unterstützung, um den Ärmsten der

Welt zu helfen. Die INSP-Recherche hat ergeben,

dass durch den Verkauf von Straßenmagazinen be-

NEUES VON BODO | vom Street News Service | Fotos: Street News Service

Sechs Millionen Leser entscheiden:

reits mehr als 200.000 Menschen weltweit aus der

Obdachlosigkeit gelangen konnten.

Das Konzept der Straßenmagazine bietet den Ver-

käufern eine Möglichkeit, ihr Leben zu ändern und

der Armut zu entkommen – die Schlüsselbotschaft

der INSP-Kampagne 2011 „Ihre Stimme für Respekt“.

Lisa Maclean, Geschäftsführerin von INSP: „Straßen-

magazine bieten einen würdevollen Arbeitsplatz und

soziale Unterstützung für Zehntausende obdachlose

und arme Menschen in 40 verschiedenen Ländern.

Gleichzeitig sind sie eine wundervolle Quelle für

qualitativen, unabhängigen Journalismus. Straßen-

magazine sind in der einzigartigen Position, Ge-

schichten aufzudecken und Meinungen und Themen

von Menschen zu teilen, die in den Massenmedien

normalerweise nicht erscheinen. Und mit jeder Aus-

gabe erreichen sie die unglaubliche Zahl von sechs

Millionen Menschen weltweit.“

Straßenmagazine sind in Nordamerika und Europa

fest etabliert, während andere in Ländern wie Ar-

gentinien, Philippinien, Sambia und Malawi gerade

beginnen. Neue Magazine sind in Taiwan und Süd-

korea auf den Markt gekommen. Und schon bald

wird ein neues Straßenmagazin in Nigeria auf den

Markt gebracht.

Eines der Hauptziele von INSP in den vergangenen

Jahren war es, den redaktionellen Inhalt der ver-

schiedenen Titel zu stärken – durch die Einführung

der vielsprachigen Online-Agentur mit dem Namen

Street News Service (SNS). SNS führt den besten

Inhalt der verschiedenen internationalen Magazine

auf einer Plattform zusammen und bietet den Re-

dakteuren die Möglichkeit, Geschichten wiederholt

abzudrucken.

Der SNS wird unterstützt von den weltweit agieren-

den Nachrichtenagenturen Reuters und der in Rom

sitzenden Agentur Inter Press Service. Jon Snow von

den Channel 4 Nachrichten ist Schirmherr des SNS,

während Tom Thomson, Geschäftsführer der The He-

rald and Times Group aus Schottland, Ehrenredak-

teur ist.

David Schlesinger, Vorsitzender von Thomson Reu-

ters China, ist Ehrenpräsident von INSP. Er sagt:

„Reisen Sie durch die Welt und kaufen Sie ein Stra-

ßenmagazin oder eine Straßenzeitung und Sie tun

nicht nur Gutes, Sie bekommen wirklich etwas Gu-

tes. Als jemand, der immer an die offenbarende und

ändernde Kraft des Journalismus geglaubt hat, bin

ich wirklich stolz, Teil dieser Bewegung zu sein. Sie

zeigt, wie die gedruckte Form den Menschen helfen

kann, ihr eigenes Leben zu ändern und gleichzeitig

eine Wirkung auf die Gesellschaft um diese Men-

schen herum haben kann.“

David Burnett, der weltbekannte amerikanische

Fotojournalist und Fotograf des Time Magazine,

ist eng mit dem INSP verbunden und hat gerade

mit seiner Nicht-Regierungsorganisation „Pho-

tographers for Hope“ an der Jahreskonferenz des

INSP in Glasgow teilgenommen. Er sagte: „In einer

Welt, die zunehmend durch moderne Technologien

verbunden ist, der es aber an menschlicher Ver-

bundenheit mangelt, ist dieses eine der wenigen

Bewegungen, die Enthusiasmus, Visionen und reine

Menschlichkeit verbindet, um das zu bieten, was

Technologie allein nicht kann: eine wundervolle

Quelle, um uns wahrhaftig zu verbinden.“

(Street News Service)

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Würde statt Armut

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KULTUR | von Sebastian Sellhorst | Fotos: Claudia Siekarski

Dies sollen die letzten Worte des irischen Schriftstellers James Joyce gewesen sein. Nicht auszuschließen, dass sich diese Frage an die Le-ser seines wohl bekanntesten Werkes „Ulysses“ richtet. Jeder, der die Unsicherheit des Autors teilt, hat am 18. November die Möglichkeit, sich im Rasthaus Fink dem Thema „Ulysses“ mit vereinten Kräften zu nähern – in Form einer 24-Stunden-Lesung!

Mit „Ulysses“ schuf James Joyce zwischen 1914

und 1921 einen der bedeutendsten Romane des

letzten Jahrhunderts, da sind sich Literaturkriti-

ker in weiten Teilen einig. Auch fast 100 Jahre

später habe der Roman nichts von seinem Reiz

verloren. Es gibt nur ein Problem. Kaum einer, der

bei dem Versuch, das 1.008 Seiten starke Werk zu

lesen, nicht irgendwann das Buch beiseite gelegt

und es auch dort belassen hat. Ausnahmen bestä-

tigen hier natürlich die Regel. Zu verworren die

Handlungsstränge, zu oft wechselnde Erzählpers-

pektiven und zu guter Letzt Passagen mit völligem

Verzicht auf Satz- und Leerzeichen stellen den Le-

ser auf eine harte Probe.

Ähnlich muss es auch den beiden Betreiberinnen

des Rasthauses Fink am Dortmunder Nordmarkt er-

gangen sein. Aber wer das Fink und seine skurrilen

Veranstaltungsreihen kennt, weiß, dass dort aus

Erkenntnissen einer Bierlaune heraus auch schnell

eine Veranstaltung entstehen kann. Am 18. No-

vember soll im Fink „Ulysses“ gelesen werden. Und

als ob das Vorhaben nicht schon wagemutig genug

wäre, soll das Ganze auch noch am Stück über die

Bühne gehen. 24 Stunden, von 19 bis 19 Uhr, soll

die Reise zusammen mit dem Protagonisten Leopold

Bloom durch das Dublin des beginnenden 20. Jahr-

hunderts dauern. „Das wird nicht schön...“ steht

vielleicht nicht ganz zu Unrecht auf dem Veranstal-

tungsplakat. Eine Herausforderung ist es allemal.

Neben seiner Küche ist das Fink, das dieses Jahr

im Oktober sein zweijähriges Bestehen feierte,

mittlerweile vor allem für seine ausgefallenen

Veranstaltungsreihen bekannt. Angefangen bei

Tatort-Vorführungen der 70er Jahre, über den

mittlerweile weit über die Stadtgrenzen hinaus

bekannten Karaoke-Dia-Abend geht im Fink so

einiges über die Bühne, was man in dieser Form

noch nicht kannte. Diskussionsrunden im Format

einer Partie Blitzschach, bei der ein Zettel einge-

backen in die „Meinungsfrikadelle“ darüber ent-

scheidet, welche Position man in der darauf fol-

genden fünfminütigen Diskussion einnimmt, sind

neben Lesungen von Arztromanen der 80er Jahre

nur einige der skurrilen Events, die man im Fink

besuchen kann.

Bei 1.008 Seiten, die in 24 Stunden gelesen wer-

den sollen, bleibt einem etwas weniger als eine

»Versteht es niemand?«24 Stunden Ulysses im Rasthaus Fink

12 ZUM HAARE RAUFEN | von Nina Mühlmann

Ich bin gern unter Menschen, habe aber ein

Problem mit Gruppenzugehörigkeit.

Mein Arbeiterkinderherz schlägt höher, als ich

zum ver.di-Empfang geladen werde. Pünktlich-

keit ist oberstes Gebot, sonst verpasst man vor

der einstündigen Begrüßungsrede das Glas Sekt

„for free“. Gehe mit einer Freundin hin, um sie

für den Verein zu begeistern. Mit unserem Ein-

treffen stellt sich just ein leichtes Unwohlsein

in der Magengegend ein, die nichts mit dem

Warten auf das kostenlose Buffet zu tun hat.

Was zum Teufel mache ich hier? Warum riskiere

ich eine Freundschaft? Zum Glück versteht mei-

ne Freundin meine entschuldigenden Blicke und

wechselt in die Rolle der treuen Gefährtin, die

mit dir durch die Hölle geht.

„Zusammen durch dick und dünn“ – eine Grund-

idee von Gewerkschaft! Was hier passiert, ist

weniger eine Farce als eine Frechheit! Die Rede

dauert eine Stunde und zwanzig Minuten. Der

Geschäftsführer dankt allen für ihr Engagement,

weitere Mitglieder geworben zu haben. Ich

schaue mich um, man fühlt sich geehrt, nicht

verarscht. Zahlen folgen: 2.000 Neuanwerbungen

und 4.000 Austritte in diesem Jahr in Hamburg.

„Skandalös!“, rufe ich laut aus. Keiner reagiert.

Kriege es im Kopf nicht zusammen, dass ich von

denen doch Protest und Entrüstung gelernt habe!

Am Rednerpult wird munter weiter agitiert. Fühle

mich wie bei einer Sekten-Messe. Alle klatschen

ständig in die Hände und lächeln anerkennend.

Gleich kaufe ich aus Versehen eine Heizdecke,

die mir hier heimlich untergejubelt wird! Mir wird

warm, auf eine beunruhigende Art wohlig dabei.

Es ist schön hier. Ich kann kurz die Laute machen

und trotzdem haben mich noch alle lieb. Nach

der Rede gibt es Schnittchen. Mit dem Bänker

jenseits der Fünfzig am Nebentisch plaudere ich

über soziale Missstände in meiner Branche: „Wir

haben kein Geld, weißt du Rat? – Ach nee, ihr

habt ja auch keins“, kokettiere ich herum. Er lässt

derweil seine Vorliebe für Sado-Maso nicht unter

den Tisch fallen. Trotzdem gehe ich nach dem

Event fast noch mit ihm ein Bier trinken. Weil

man ja irgendwie zusammengehört, oder nicht?

Nehme die Flasche Gewerkschaftswein gerne mit

nach Hause. Bin dabei irritierenderweise bester

Laune, stecke noch ein paar Mitglieds-Werbekar-

ten ein und plane zeitgleich meinen Austritt. Das

allerdings nur rein theoretisch. (nm)

Gewerkschafts-Trallalala

13

Minute und dreißig Sekunden pro Seite. Das dass

nicht funktionieren kann, war schnell klar. Stellen-

weise wird parallel gelesen werden müssen, Teile

des Buches werden vorher auf Band gelesen und

von einem „Roboteddy“ innerhalb der 24 Stunden

wieder abgespielt. Nur so kann man es innerhalb

von 24 Stunden durch die gesamte Geschichte

schaffen. Teile der Lesung werden zusätzlich in Ge-

bärdensprache oder zur Auflockerung im englischen

Original vorgetragen. Wer zwischendurch mal nach

Hause geht, muss auch nichts verpassen. Ein Vi-

deostream wird das wahnsinnige Unterfangen live

ins Internet übertragen.

Wer sich jetzt dazu berufen fühlt, die Veranstaltung

als Leser zu unterstützen, kann sich in die im Fink

ausliegende Leserliste eintragen. In den frühen

Morgenstunden wird es wohl noch Platz geben, den

man sich mit „Roboteddy“ teilen kann. (sese)

INFO

Ulysses – 18. bis 19.11. von 19 bis 19 Uhr

Rathaus Fink

Nordmarkt 8 | 44145 Dortmund

www.rathaus-fink.de

Bilder und einen Erfahrungsbericht finden Sie nach der Veranstaltung auf www.bodoev.de

13WILDE KRÄUTER | von Wolfgang Kienast

müssen, erhielten unsere Vorfahren mit-

tels unmittelbarer Naturbeobachtung. Sie-

benschläfer beispielsweise. Oder die Schafs-

kälte gegen Ende des ersten Junidrittels:

kühle, mitunter nasskalte Tage, welche mit

einer Wahrscheinlichkeit von nahezu neun-

zig Prozent nicht nur auf die Gemüter, son-

dern auch auf die Felder schlagen.

Für den Wahrheitsgehalt zahlreicher Bo-

tanikorakel, die meist in Form schlecht-

gereimter Bauernregeln kursieren, lege

ich meine Hand aber nicht ins Feuer.

Sollte sich folgende erfüllen, dürfte es

freilich bald ungemütlich werden: „Ist

die Eberesche früchteschwer, kommt ein

harter Winter her.” So viele Vogelbeeren

wie in diesem Herbst habe ich lang nicht

mehr in den Zweigen hängen sehen.

All jenen, die die Zukunft parallel auch

im Maya-Kalender zu lesen pflegen, steht

dabei nicht nur ein komplett schlimmer,

sondern auch ein letzter kompletter Win-

ter bevor. Diesem Kalender zufolge geht

am 21.12.2012 die Welt unter. Herrje.

Also vorher schnell noch Gutes essen,

vielleicht was mit Vogelbeeren. Ein Re-

zept des Pürees, welches Sie für nachste-

hendes Gericht benötigen, habe ich an

dieser Stelle im September vorgestellt,

die Beeren finden Sie mit etwas Glück

auch noch im November.

2 Zwiebeln würfeln, in Butter und Oli-

venöl anbraten, 300 g frische Pfifferlinge

(ersatzweise Austernpilze) zugeben und

10 Minuten schmoren lassen. Mit 1/8 l

Weißwein ablöschen. 300 g gewürfelten

Kürbis und 3 TL Vogelbeerpüree unterhe-

ben, verrühren, mit Salz und schwarzem

Pfeffer abschmecken und köcheln lassen,

bis der Kürbis weich ist. 75 g Mascarpone

unterziehen, nach Belieben mit frischen

Kräutern würzen und

mit Nudeln servieren.

Guten Appetit! (wk)

wildkraeuter.bodo/11_eberesche_2/

Frühling, Arschloch, Herbst und Winter.

Im Netz verbreitete sich vor nicht allzu

langer Zeit und in Windeseile ein Vor-

schlag zur Neubenennung der Jahreszei-

ten. In diesem Zusammenhang begrüße

ich, dass Vivaldis Konzertzyklus im Fach-

handel weiterhin mit den herkömmlichen

Bezeichnungen feilgeboten wird.

Unter dem neuen Namen finden Sie im

Internet einen HipHop-Track, dessen Qua-

litäten ich selbst in direktem Vergleich

zum Sommer 2011 lieber nicht beurteilen

will. Ein Sommer im übrigen, auch wenn

das Gros der Inlandurlauber hier entrüstet

widersprechen wird, welcher laut Deut-

schem Wetterdienst so übel gar nicht war.

Der dwd registrierte zwar nasse und son-

nenscheinarme, tatsächlich aber warme

Monate: „Der Sommer 2011 zeigte sich

mit durchschnittlich 16,8 Grad Celsius um

0,5 Grad wärmer als im klimatologischen

Mittel”, hieß es in einer am 29. August

ausgegebenen Pressemitteilung.

Durchschnittliche 2,5 Grad zu warm war

es, allerdings nur bis inklusive April, im

badischen Örtchen Schwörstadt. Der dort

lebende Hobby-Meteorologe Helmut K.

sah bereits wesentliche Anzeichen für

einen weiteren Jahrhundertsommer im

noch jungen Millennium erfüllt. Aktuell

wird vor einem Jahrhundertwinter ge-

warnt. Angeblich herrscht Meteorologen-

einigkeit, dass der bevorstehende Winter

sehr lang, sehr kalt und schnee- und eis-

reich wird.

Von der Möglichkeit, in die Zukunft zu

blicken, träumt der Mensch seit Anbe-

ginn; zu wissen, was das Wetter bringt,

war in vorindustrieller Zeit von exis-

tentieller Bedeutung. Erkenntnisse, die

aus heutiger Sicht von

Wissenschaf tlern

bestätigt werden

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DIE REPORTAGE | von Wolfgang Kienast | Fotos: Claudia Siekarski 15

»Ich bin gern am Strand«Ein Bericht aus den Bücherschluchten des Bochumer Antiquariats Ubu

Bochum, Universitätsstraße 26, unweit des Haupt-bahnhofs. Universitätsbuchhandlung steht oft und dann fälschlicherweise im Adressfeld von Briefen und Päckchen, die an diese Anschrift geschickt werden. Überflüssige Bücher wäre nicht minder verkehrt, obwohl Ubu sich französisch spricht. Übü nämlich. Der Name kommt von „Ubu roi”, ei-nem absurden Theaterstück von Alfred Jarry, wohl als Persiflage auf einen selbstherrlichen Lehrer gedacht, dessen Uraufführung im ausgehenden 19. Jahrhundert einen Skandal auslösen sollte. Wegen der beißenden Gesellschaftskritik dieser frechen Komödie, vor allem aber wegen der zu-vor so nie gehörten deftigen Flüche, die von der Bühne runter ins Publikum geschmettert wurden. Wolfgang Jöst, der das Antiquariat betreibt, hätte damals garantiert seinen Spaß gehabt.

Jöst, Jahrgang 1950, ist neugierig im ureigentli-

chen Sinn des Wortes, Freund von intelligenter Pro-

vokation, Punk und Avantgarde, Fan natürlich der

Band „Pere Ubu“, die nicht zufällig so heißt, die

der Kunst- und Musikkritiker Diedrich Diederichsen

einst lobte, ihr Großstadt-Lärm-Rock von unglaub-

licher Kraft und Schönheit erinnere keine Sekunde

an Velvet Underground und andere kunsttheoretisch

abgesicherten Versionen von kraftvollem, schönem

Großstadt-Lärm-Rock.

Seit einem Vierteljahrhundert führt Jöst mittlerwei-

le die Institution Ubu, einen Laden, wie es einen

zweiten nicht gibt. Mehrere Räume über zwei Etagen

und dermaßen vollgestellt mit Buch, dass man in

den allmählich zuwuchernden Gängen nichts häufi-

ger hört als die höflichen Fragen „Darf ich mal eben

durch?” oder „Wo finde ich denn...?” Dabei hat hier

alles seinen Platz.

Und Bücherfreunde finden das relativ schnell heraus,

wie der kauzige Betreiber versichert. „An den Wän-

den stehen die Regale, die sind thematisch geordnet

und die Bücher darin nach dem Alphabet. Bücher,

die nicht mehr in die Regale passen, türmen sich da-

vor. Diese Stapel sind also mit wenigen Ausnahmen

ebenfalls systematisch aufgebaut. Die Ausnahmen

gehören meist zu Regalen um die Ecke. Links an der

Wand neben der Treppe hängt übrigens ein Plan der

Kellerräume. Die Lichtschalter habe ich rot markiert.”

Ein Bücherverzeichnis gibt es nicht, weder auf Papier

noch online. Die Bestandsliste hat einzig der Ubu-

Mann, der Herr der Bücher, im Kopf. Man sollte ihn

einfach fragen, wenn man beispielsweise eine Einfüh-

rung in den Humor der griechischen Antike benötigt.

In den meisten Fällen weiß er, ob er das Gesuchte

hat und wo es dann zu finden wäre. Etwa die großfor-

matigen Werke über die Kirchenväter Athanasios und

Augustinus, mehr als vierhundert Jahre alt, in Per-

gament gebunden. Oder Marx und Engels, ein Raum

weiter, linker Hand.

Und sollte sich jemand für das 1926 herausgegebene

Finnlandbuch der Deutschen Dendrologischen Gesell-

schaft mit diversen Beiträgen zur Entwicklung und

Kultur ausländischer Holzarten in finnischen Wäldern

interessieren, es steht im Keller in einem Regal an

der hinteren rechten Wand im mittleren Fach. Wem

das zu exotisch ist, es warten auch Berge von Krimis,

Küchentipps und Kinderbücher auf Kundschaft.

Dieses Universum begann nicht mit einem Urknall.

Anfang der 1980er Jahre zog die Politische Buch-

handlung Bochum, ein linker Kollektivladen, von

Querenburg in die Universitätsstraße 26. Zuvor wa-

ren die alte Mensa und die AStA-Baracke geschlossen

worden, im Wohngebiet hinter der Uni bewegten sich

in der Folge weit weniger Studierende, die bisherige

Käuferschicht brach weg. Das Kollektiv suchte räum-

lich Anschluss an die Bewegung, die sich damals in

der Innenstadt formierte, vor allem, um für ein un-

abhängiges Kulturzentrum zu kämpfen. Der Plan ging

nicht auf, ein Sterben auf Raten setzte ein.

„Mitte der 80er Jahre waren wir zu dritt”, erinnert

sich Wolfgang Jöst. „Es gab aber nur Arbeit für an-

16

16

derthalb. 1983, mit der Volkszählung, hatten wir

ein letztes Highlight, insgesamt muss man sagen,

ging der Laden den Bach runter. Ich bin 1986 aus-

gestiegen, um in der Nachbarschaft mein eigenes

Antiquariat zu gründen. Hausnummer 16, viel klei-

ner als hier. Anfangs noch überschaubar. An den

Wänden hatte ich sogar Platz für Bilder. Doch mit

den Jahren wucherte es. Ich musste später eine

zusätzliche Halle anmieten, auf dem Riff-Gelände,

eine ehemalige Bananenreiferei. Die konnte ich

mir allerdings nicht lange leisten, zu teuer und zu

wenig Kunden. Die Politische Buchhandlung war

zu der Zeit längst pleite. In ihren Räumen hatte

es dann ein Dart-Club versucht, später noch ein

Beerdigungsinstitut und dann waren sie plötzlich

wieder frei. Das war vor genau fünfzehn Jahren.

Da bin ich wieder eingezogen, mit den Büchern

aus meinem kleinen Laden zusammen mit denen

aus der Halle.”

Vorübergehend, in Tradition der Politischen Buch-

handlung, führte Jöst parallel zum Antiquariat

einen Büchertisch in der Mensa. Inzwischen küm-

mert er sich allerdings ausschließlich um Ubu.

Eine tagtägliche Vollzeitaufgabe, welche er mit

Ausnahme gelegentlicher Schülerpraktikanten

oder Hilfskräften, die er im Zuge von Rehabili-

sierungsmaßnahmen der Diakonie an seine Seite

gestellt bekommt, allein bewerkstelligt. Trotz der

eingangs erwähnten organischen Ordnung in und

zwischen den Regalen gibt es niemanden, der ihn

in seiner Welt halbwegs würde vertreten können.

Um jemanden anzulernen und einzustellen, reicht

das Geld nicht. Da die Kosten weiter laufen, egal,

ob der Laden geöffnet oder geschlossen ist, gibt

es niemals Urlaub für den Chef.

Immerhin gönnt er sich hin und wieder ein verlän-

gertes Wochenende. Kürzlich war er in Bern, seine

Freundin besuchen. In Bern ist er freitags durch

diverse Antiquariate gestreift, war am Samstag in

einem Trödelladen, wo er ein paar Bücher erstan-

den hat, und später noch auf einem Flohmarkt.

Bücher kaufen. Wenn er gefragt wird, ob er all die

Titel, die er besitzt, schon gelesen habe, macht er

eine einfache Rechnung auf. Angenommen, sagt

er, man läse dreihundert Bücher im Jahr, also un-

gefähr eins pro Tag, und das siebzig Jahre lang,

also ungefähr ein ganzes Leben, dann käme man

auf kümmerliche 21.000 Bände. Er lacht, um dann

nachdenklich zu werden. „Zur Buchmesse erschei-

nen wieder 80.000 neue Titel. Die meisten davon

braucht kein Mensch. Vieles ist nur recyceltes Wis-

sen, das es in der ein oder anderen Form gedruckt

bereits mehrfach gibt. Und wieder versucht je-

mand, Geld damit zu machen.”

Wenn es nach ihm ginge, würde sowieso mehr An-

tiquarisches gelesen. Gern mal etwas, das noch

in Fraktur gesetzt wurde. Zwar kann er, wie jeder

Buchhändler, Neuware bestellen, doch lieber ist

ihm, seine Kundschaft wird im Bestand fündig.

Nach ausgiebigem Suchen und Stöbern, in dessen

Verlauf sie auf Wälzer, Werke und Bagatellen sto-

ßen könnte, von deren Existenz sie sonst vermut-

lich nie erfahren hätte. Doch die meisten Menschen

brächten leider die Zeit nicht mit, die man für Ubu

benötige. Zeit sei heute ein generelles Problem.

„Und Raum?” Er schaut fragend. „Hast du, wenn du

den ganzen Tag hier drin verbringst, nicht manch-

mal das einfache Bedürfnis, die Arme auszubrei-

ten?” „Dann muss ich wohl auf die Straße gehen.”

Er lacht wieder. „Nein, ganz im Ernst. Ich mag das

Meer. Ich bin gern am Strand und schaue bis zum

Horizont. In den Bergen gefällt es mir nicht. Lee-

re, große Flächen finde ich faszinierend. Ich liebe

es, über abgeerntetes Ackerland zu spazieren, wo

du in wirklich jede Richtung gucken kannst. So

weit es geht. Das ist mein Bewegungsraum. Ich

schaffe mir den ja sonst nicht. Also, ich habe eine

Wohnung, zwei Zimmer, ein langer Flur. Ich hatte

ursprünglich vor, ein Zimmer leer zu lassen. Ein

weißer Raum, nur zum Schlafen. Das andere sollte

schwarz gestrichen sein. Ein gemütliches, dunkles

Bibliothekzimmer. Die sind inzwischen beide voll.

Ich baue mich immer wieder zu. Vielleicht ist das

ja meine Wesensart, dass ich meine Höhle brau-

che, dass ich mich zuwachsen lasse. Mit Haaren

im Grunde ja auch.”

Neben Fragen nach den gelesenen werden Jöst im-

mer wieder welche nach den besonderen Büchern

gestellt, Lieblingsbüchern, solche, die für die ein-

same Insel taugen. Eine Sache, die nicht einfach

zu beantworten ist für den Ubu-Mann, der nicht

nur immer weiter sucht, sondern findet. Der mit

leeren Händen loszieht und mit Büchern in den

Taschen zurückkommt. Der zuviel kennt, um sich

auf Einzelnes festzulegen. Da landet man schnell

bei Gedrucktem, das gar nicht existiert. Eine neue

Übersetzung des Ulysses zum Beispiel, die fände

er spannend. Die von Goyert enthalte zu viele Feh-

ler und bei Wollschläger fehle einfach der Humor,

Joyce wirklich zu verstehen. (wk)

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17

1719

Vor einigen Jahren steckte mir Redak-tionskollege und Freund aller mögli-chen Genreliteratur, Philipp Regener, ein schmales, erstaunlich hässliches Bändchen zu. Sein Autor, ein gewis-ser Sträter, sei aus Dortmund, ausge-stattet mit dem würdevollen Habitus des verzweifelt Genervten, dabei ein Rockstar der Eloquenz, schreibe je-doch vor allem Horrorgeschichten. Und in der Tat stammte das Buch mit dem furchtbaren Einband aus einem obskuren Eldur-Verlag, der sich auf allerlei Untot-Düster-Schreckliches spezialisiert hatte.

Torsten Sträter Der David ist dem

Goliath sein Tod

„Brainspam – Aufzeichnungen aus

dem Königreich der Idiotie“ hieß der

Kurzgeschichtenband, und die Welt, in

die er den Leser verschleppte, war kein

abseitiges Zombiehausen, sondern

das ganz und gar wirkliche Ruhrgebiet

mit seinen Kirmessen, Bandido-Dis-

kos, schlimmen Verwandten und den

hoffnungslosen Versuchen, dem allen

durch Fernreisen zu entkommen. Eine

garstige Welt und durchaus verwandt

mit dem Ambiente klassischer Horror-

literatur. Er geschahen unerklärliche,

schreckliche und sinnlose Dinge – und

LITERATUR | gelesen von Bastian Pütter

wenn nicht, waren sie zu erwarten.

Beschrieben wurde das allerdings so

unfassbar komisch, dass das inzwi-

schen vergriffene Bändchen durch

viele Hände ging. „Brainspam“ kostet

übrigens inzwischen bei amazon ge-

braucht ab 99,44 Euro. Kein Witz.

Das große Publikum riss sich aller-

dings eher nicht um Torsten Sträter,

bis er 2008 auf die Idee kam, seine so

irrsinnigen wie komischen Texte jun-

gen Menschen auf Poetry-Slams vor-

zutragen. Aus dem Stand wurde er u.a.

zweimal NRW-Poetry Slam-Meister,

absolvierte seitdem Hunderte Auftrit-

te und gehört mit den Autorenkolleg-

Innen Fräulein Nina, Murat Kayi und

Tobi Katze zur Belegschaft des regel-

mäßigen Dortmunder Leseereignisses

„Guten Tacheles“.

Mit „Der David ist dem Goliath sein

Tod“ ist Torsten Sträter nun im Verlag

von Harry Potter angekommen und in

gefährlicher Nähe zur überbordenden

Humorproduktion deutscher Bühnen-

menschen, die als eine Art Zweitver-

wertung ihre Witze zu Geschenkbü-

chern zusammenschnüren.

Doch: Entwarnung – zwar sind alle

hier versammelten Kurztexte büh-

nentauglich und -erprobt, sie funk-

tionieren aber auch gedruckt durch

ihren ganz eigenen Wahnsinn, der nie

einfach lustig ist, sondern verstörend

komisch.

Die Welt ist nicht, wie sie sein sollte,

und Notwehr kein schlechter Grund für

Literatur. Und das, was der Ich-Erzäh-

ler oft aus Schwäche mit ihr anrichtet

und was diese im Gegenzug dem Hel-

den zufügt, wünscht man sich beim

Lesen immer wieder ungeschehen.

Praktika, Diäten oder Liebesbezie-

hungen als Versuche, dieser Welt eine

Ordnung zu geben, lassen sie verläss-

lich aus den Fugen geraten.

Die Apokalypse beginnt mit dem Tod

eines Zierfischs aus der Gattung der

Tanganjika-Cichliden oder mit einem

ins pure Grauen abgleitenden Dreh für

das Fernsehformat „Das perfekte Din-

ner“. Dabei sind die Zustände der um-

gebenden Wirklichkeit mindestens so

beunruhigend wie die des Ich-Erzäh-

lers. Alle irre, könnte man auch sagen.

Ja, sicher, Sträters Texte sind einzige

Übertreibungen, grell und schrill und

zuweilen ordinär, aber sie verblüffen

durch ihre halsbrecherische Metapho-

rik und bringen Menschen, die völlig

immun sind, gegen Quatsch-Comedy-

Bräsigkeiten oder Hirschhausener Au-

genzwinkereien, dazu, laut aufzula-

chen, und sei es vor ratlosen Fremden

in der U-Bahn. – Ich bin Fan. (bp)

17

Der David ist dem Goliath sein Tod

Torsten Sträter

Carlsen Verlag 2011, 12,90 Euro

ISBN 978-3551-682-581

bodo verlost drei Exemplare (siehe Seite 21)

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„Ich habe Probleme mit Tanganjika-Cichliden“

18

Hallo Saufraum!

Nun kommt er also, der „Trinkraum nach

Kieler Vorbild“ am Dortmunder Nordmarkt.

Und, ehrlich gesagt, freuen wir uns drauf.

Zur Erinnerung: Nachdem Ordnungsdezer-

nent Steitz im Urlaub auf das Kieler Mo-

dell unserer Schwesterzeitung Hempels

gestoßen war und das Konzept in eine

Ratsvorlage gepresst hatte, die CDU und

FDP mit den Grünen beschlossen, winkten

alle (!) Akteure der Dortmunder Wohnungs-

losen- und Suchthilfe ab. Hätte man mit

uns geredet, wäre schnell aufgefallen, wie

unsere Arbeit hier funktioniert und warum

die Kieler City nicht die Nordstadt ist. Nun

gut. Herr Steitz lief sich Blasen, um einen

Betreiber zu finden. Der ist nun da und eine

Immobilie auch.

Wir, bodo, hielten das Konzept für falsch,

uns war aber abgesehen davon auch klar,

dass wir nicht gegen eine randalierende

Nordstadt-SPD in den Ring steigen wür-

den. Gegen die Hetze von Frau Dr. Het-

meier angesichts der EU-Neuzuwanderung

erscheinen ihre Ausfälle gegen Randgrup-

pen im Norden zwar fast harmlos, für ei-

nen kleinen freien Träger ist ein „Gegner“,

der keinerlei Skrupel hat, offensichtliche

Unwahrheiten in der dankbaren Lokalpres-

se zu platzieren, jedoch eine Nummer zu

groß. (Ihre im Namen der SPD geäußerten

Ungeheuerlichkeiten zu den Komplexen

„Roma“ und „Saufraum“ archiviert Frau Dr.

Hetmeier übrigens öffentlich auf ihrer In-

ternetseite.)

Die Lüge vom Scheitern des Kieler Modells,

anonyme Flugblätter, das Diskreditieren

des zukünftigen Betreibers – Wir sind ge-

spannt, was die Nordstadt-SPD noch zuzu-

legen hat. Genauso gespannt sind wir aber

auf die Reaktionen von CDU und FDP, wenn

klar wird, was hier eigentlich beschlossen

wurde. Das Konzept sieht nämlich mit-

nichten vor, die lokalen Randgruppen aus

dem öffentlichen Raum zu entfernen. Be-

schlossen wurde eine „Aufenthalts- und

Beratungseinrichtung“, die „als positiven

Nebeneffekt“ (!) den Nordmarkt „von den

negativen Folgen des öffentlichen Alko-

holkonsums zu entlasten“ versucht. Mal

sehen, wann das der Abteilung Law and

Order auffällt... (bp)

NEWS | von Sebastian Sellhorst18 DER KOMMENTAR | von Bastian Pütter

Wer arm ist, bleibt arm

Die Schere zwischen arm und

reich klafft immer weiter ausein-

ander. Der vom Statistischen Bun-

desamt, dem Wissenschaftszen-

trum Berlin für Sozialforschung

und dem Deutschen Institut für

Wirtschaftsforschung vorgelegte

„Datenreport 2011“ zeigt, dass

dieses Bild nach wie vor Gültig-

keit besitzt. 2009 verfügten 20

Prozent der ärmsten Haushalte

über 9,4 Prozent des monatlichen

Gesamtgrundeinkommens.

Im Gegensatz dazu stand den 20

Prozent reichsten Haushalten 36,3

Prozent des Gesamtgrundeinkom-

mens zur Verfügung. Auch die

Möglichkeiten, der Armut zu ent-

rinnen, sind geringer geworden.

Bestand in den 80er Jahren für

die Betroffenen noch eine Chan-

ce von 43 Prozent, sich aus dieser

Armutssituation zu befreien, so

sind es jetzt nur noch 35 Prozent.

16 Prozent der Armutsgefähr-

deten können ihre Wohnung aus

finanziellen Gründen nicht mehr

angemessen heizen. „Wir sehen

bei der Armut eine Verfestigung

und Verhärtung“, fasst Sozialfor-

scherin Jutta Allmendinger die

Situation zusammen.

SKOTTS SEITENHIEB

Obdachlosen-Statistik gefordert

Auf Anfrage der Nationalen Ar-

mutskonferenz bestätigte das

Statistische Bundesamt: „Daten

zu Wohnungslosen sind nicht

Bestandteil des Erfassungspro-

gramms der amtlichen Statistik.“

Im Jahr 2011 waren bundesweit

circa 250.000 bis 255.000 Men-

schen ohne eigene Wohnung,

schätzt die Bundesarbeitsge-

meinschaft Wohnungslosenhilfe,

ein Mitglied der nationalen Ar-

mutskonferenz. Von ihnen leben

ca. 20.000 auf der Straße, 2.000

davon Frauen. Zu diesen Zahlen

kommen noch einmal ca. 6.000

Straßenkinder. Thomas Beyer,

Sprecher der nationalen Ar-

mutskonferenz, beklagte, dass es

von staatlicher Seite immer noch

keine bundesweiten Statistiken

gibt. „Es ist nicht hinnehmbar,

dass es zu einem so wichtigen

gesellschaftlichen Thema wie

Wohnungslosigkeit keine belast-

baren Zahlen gibt.“ Zudem sind

weitere 120.000 Menschen vom

Verlust ihrer Wohnung bedroht.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft

Wohnungslosenhilfe e.V. fordert

seit langem die Einführung einer

Wohnungsnotfallstatistik.

Anti-Obdachlosen-Zaun

Nachdem der Hamburger Mitte-

Bezirkschef Markus Schreiber

bereits versuchte, die unter der

Kersten-Miles-Brücke kampieren-

den Obdachlosen mit aufgeschüt-

teten Wackersteinen und einem

künstlich angelegten Bachlauf zu

vertreiben, wurde Ende Septem-

ber auf Initiative des SPD-Politi-

kers ein 18.000 Euro teurer, 2,80

Meter hoher Zaun aufgestellt, der

die Obdachlosen davon abhalten

soll, dort die Nacht zu verbrin-

gen. Sozialarbeiter Stephan Kar-

renbauer von der Straßenzeitung

„Hinz & Kunzt“ betitelte die Ak-

tion als „menschenverachtend“

und forderte: „Schreiber sollte

seine Kreativität besser dafür

einsetzen, Obdachlose unterzu-

bringen.“ Innerhalb kürzester

Zeit formierte sich erheblicher

Protest seitens der Bevölkerung.

Kränze wurden niedergelegt und

Plakate angebracht. Nach gut ei-

ner Woche wurde der umstrittene

Zaun wieder abgebaut. Jetzt gin-

ge es darum, bei den Gesprächen

am runden Tisch eine sachgerech-

te Lösung mit allen Beteiligten

zu finden, so SPD Fraktionschef

Andreas Döseln.

19

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20

Dies ist die Geschichte von Sophie und Ja-

son, einer Kinderballettlehrerin und einem

PC-Doktor, die merken, dass sie auf der Stelle

treten in ihrer Beziehung und in ihrem Leben.

Doch kaum sind die beiden Hauptpersonen

bei einer nachmittäglichen Plauderei auf dem

Sofa eingeführt worden, kommt eine ver-

letzte Katze ins Spiel, die das Paar in Pflege

nehmen will, um seinem Leben neuen Inhalt

zu geben. Dieser Plan bringt alles gründlich

durcheinander und führt tatsächlich zu ei-

nigen Veränderungen. Früh biegt die Regis-

seurin und Hauptdarstellerin Miranda July,

bekannt geworden durch ihr erfolgreiches

Filmdebüt „Ich und du und alle, die wir ken-

nen“ vom üblichen Pfad der Nabelschau ab,

auf dem sich Beziehungsfilme oft bewegen.

Lange Paar-Dialoge kennt der Film nicht. July

überlässt in wenigen markanten Momenten

der Katze das Reden...

„Filme über Paare, die mit Mitte 30 in eine

Krise geraten, braucht kein Mensch mehr. Au-

ßer diesen hier: Miranda Julys ,The Future‘,

eine verzweifelte und komische Betrachtung

moderner Lebensverhältnisse, die mehr er-

fasst als die Alltagsprobleme junger Paare in

Zeiten der Individualisierung. Buchstäblich

sehenswert wird ,The Future‘ wegen der eigen-

willigen Bildsprache der US-amerikanischen

Regisseurin, Künstlerin und Schriftstellerin,

in der sich Performance-Elemente, Magie und

traditionelles filmisches Erzählen zu einem

oft verblüffenden Ganzen verbinden.“

(Volker Mazassek, programmkino.de)

Do 17.11. bis Di 22.11. um 19:15 Uhr (OmU)

Mi 23.11. um 21:15 Uhr (OmU)

Mo 28.11. bis Mi 30.11. um 21 Uhr (OmU)

Endstation Kino im Bahnhof Langendreer

Wallbaumweg 108, 44894 Bochum

Telefon 0234 – 68 71 620

www.endstation-kino.de

endstation.kino & bodo präsentieren:The Future

20 KINOTIPP | von endstation.kino

Moscheen | Sie hätten die Zechenschornsteine damals nicht alle abreißen sollen. Schön

so’n Türmken oben drauf und ne töffte Spitze, bissken Bauchtanzmusik vom Band dazu, und

kein Mensch hätte sich über Minarette aufgeregt. Heute formiert sich gegen Moscheeneu-

bauten allerorten Widerstand, dabei gehört zum Gesicht einer westlichen Metropole doch

auch, dass man Menschen mit Turban auf der Straße sieht, afrikanische Gewänder, Busi-

nesskostüme, Kirchen und Kaufhäuser, Synagogen und Stadien, Moscheen und Mediamärk-

te. Zu viel Diskussion um Dinge, die eh passieren werden.

Mutti | Ist die Beste, das weiß doch jedes Kind im Mann. Besonders im Ruhrgebiet, wo es

doch so viele Machos gibt. Die brauchen ihre Mutti.

Nudeln | Nudeln sind die zweite Beilagensäule der Ruhrgebietsküche neben den Kartoffeln,

ja, man kann sagen, seit sie Pasta heißen, haben sie der Kartoffel endgültig den Rang

abgelaufen. Studenten-WGs und Trattoria-Hedonisten irren jedoch: Wer sich ausschließlich

von Kartoffeln ernährte, würde sich – im Gegensatz zu allen anderen Grundnahrungsmit-

teln weltweit – nicht fehlernähren, der Vitamine und sonstigen Inhaltsstoffe wegen. Reis

wird übrigens erst eine dann größere Rolle spielen, wenn Westeuropa chinesische Provinz

geworden ist. Also etwa im Jahr 2030.

Opel | Jeder Popel fährt ‘n Opel, sagte man früher. Das reimt sich natürlich überhaupt

nicht auf Insignia und Zafira. Im Gegenteil, diese neumodischen Autotypen (Admiral, hach!

Diplomat, schluchz!) heißen wie frivole Päpste von 1400. Papst Insignia der Fünfzehnte.

Päpstin Zafira die Dritte. Aber gepopelt ham die auch.

Owomoyela, Patrick | Ich hab ganz lange immer nur „Uwe Mojela“ verstanden und ge-

dacht, wie Mutter Mojela wohl auf DEN Vornamen gekommen ist.

Phoenixsee | Wer ist eigentlich auf die Idee gekommen, ausgerechnet die Hamburger Bin-

nenalster zum Vergleich heranzuziehen? Es stimmt ja, der Phoenixsee ist sechs Hektar

größer – aber hallo? Ballindamm mit Ciu Bar, Hapag Lloyd, Café Wien und Swarovsky, der

Jungfernstieg mit dem Alsterhaus, ferner das Hotel Vier Jahreszeiten und die Lombardsbrü-

cke bilden die vier Seiten der Binnenalster, dazu kommen die schöne Fontäne, die Pontons

mit Gastronomie, die Terrassen usw. Bei aller Liebe, da kommen Honda Heinen auf der Her-

mannstraße und die pittoresken Behausungen am Remberg nicht ganz mit.

Prenzlauer Berg | Vollkommen alberne Gegend. Total überschätzt. Braucht kein Mensch.

Wozu gibt es das Kreuzviertel?

Qualitätsroute Dortmund | Beinahe hätte ich ja den harmlosen „Quastenflosser“ bespro-

chen und die Qualitätsroute außen vor gelassen. Woran liegt’s? Vielleicht daran, dass auch

dieser Zusammenschluss des individuellen inhabergeführten Dortmunder Einzelhandels so

putzig und scheu ist, dass man ihn schon mal für ausgestorben halten kann.

Rouladen | Die Königsdisziplin der regionalen deutschen Küche. Wer die Kunst beherrscht,

anständige Rouladen zu schmoren, verdient unsere Unterstützung. Geht sonntags raus und

besucht die bürgerlichen Häuser Eurer Stadt, verlangt nach Rouladen!

DAS RUHRGEBIET VON A BIS Z | von Peter Erik Hillenbach

Man sollte wieder Opel fahren!Eine kleine Geschichte des Ruhrgebiets aus kultureller und philosophischer Sicht.

In diesem Monat: M bis R.

M

N

O

P

Q

R

INFO

Die hier abgedruckten Einträge wurden zuerst im vergangenen Dezember auf der Kultur-

plattform www.2010LAB.tv veröffentlicht. Peter Erik Hillenbach ist außerdem Chefre-

dakteur der Restaurantführer „Dortmund geht aus“ und „Bochum geht aus“ sowie Autor

der „Gebrauchsanweisung für das Ruhrgebiet“. Er lebt im Dortmunder Klinikviertel.

21

Wise Guys – „Wunschtour“

am 26. November 2011Jahrhunderthalle Bochum

bodo verlost 5 x 2 Karten

VERANSTALTUNGEN NOVEMBER 2011 | VERLOSUNGEN | CD-TIPPS | zusammengestellt von Benedikt von Randow 21

Auch diesmal gibt es wieder Bücher und Karten für tolle Veranstaltungen zu gewinnen.Senden Sie uns eine Email mit dem Betreff „bodo-Verlosung“ und der Angabe Ihres Wunschgewinns an:

[email protected] schicken Sie uns eine frankierte Postkarte mit Ihrem Wunsch, Absender und Telefonnummer an:

bodo e.V., Postfach 100 543, 44005 Dortmund

Unter allen Emails und eingesandten Postkarten entscheidet das Losverfahren.

Alle Gewinner werden rechtzeitig telefonisch oder per Email benachrichtigt.

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

10. - 13.11. | Kinofest Lünen | Cineworld, Lünen | 2 Festival-Kinopässe

24.11. | Joey Kelly | Dietrich-Keuning-Haus, Dortmund | 3 x 2 Karten

25.11. | Joshua Redman & Brad Mehldau | Konzerthaus, Dortmund | 3 x 2 Karten

26.11. | Wise Guys | Jahrhunderthalle, Bochum | 5 x 2 Karten

27.11. | Ton Steine Scherben Family | Bahnhof Langendreer, Bochum | 3 x 2 Karten

Freie Wahl | Eine Aufführung des Rottstr5 Theaters | Rottstraße 5, Bochum | 2 x 2 Karten

Der David ist dem Goliath sein Tod | Torsten Sträter | 3 Exemplare

Viel Glück, wünscht Ihr bodo-Team!

22

ihren Weg irgendwo zwischen den Deftones, A-ha, ein

bisschen Stonerrock und HipHop, Groove-Core, Skate-

Core oder sogar Funk-Score. Wie dem auch sei: „Rohe

Gitarrenwände, tiefe Bässe, Turntables, Elektro-Samp-

les, Metal-Geschrei, Pop-Hooks und groovige Beats mit

eigener Handschrift zusammengeführt, professionell

und eingängig ausgeführt und in einer ohrenbetäuben-

den Liveshow präsentiert“. (laut.de) Mit dem neuen

Album „Oceanic“ will die Münchner Alternative-Band

an das Erfolgs-Album „Phoenix“ abknüpfen.

Matrix, Bochum, 20 Uhr

SA 05 | 11 | 11

Kleinkunst | MordArt – Das Jubiläum

Seit nunmehr zehn Jahren werden im Thealozzi in regel-

mäßigen Abständen Zeitgenossen um die Ecke gebracht.

Die Täter: bieder dreinblickende Improspieler als Hitmen

im Auftrag des Publikums. Denn dieses bestimmt zu Be-

ginn des Abends, wer das Opfer und wer der Täter ist, und

nicht zuletzt, mit welcher Mord-Art ersteres in den Aggre-

gatszustand „tot“ versetzt wird. Und dann wird improvi-

siert ermittelt. Live und im Moment entstehend entfaltet

sich vor den staunenden Augen und Ohren der Gäste ein

Mordsvergnügen der besonderen Art. An diesem Tag geht

MordArt in das 10. Jahr, und die Improtheatergruppe Hot-

tenlotten werden sich mit Sicherheit die eine oder andere

haarsträubende Überraschung einfallen lassen.

Thealozzi, Bochum, 20 Uhr

SO 06 | 11 | 11

Musik | Victor Bailey Group feat. Poogie Bell

In jungen Jahren übernahm Victor Bailey die Nach-

folge vom Jaco Pastorius bei Weather Report. Seither

war der stilbildende und groove-infizierte Bassvirtu-

ose in Diensten von Michael Brecker, Santana, Chaka

Khan, Bill Evans und der Pop-Ikone Madonna. Motto:

„Ich spiele nicht Bass, ich mache Musik“. Eine weitere

Funk-Legende sitzt hinter dem Schlagzeug: Poogie Bell

(Erykah Badu, David Bowie, John Scofield, Angelique

Kidjo, Al Jarreau). Ein Konzert voller groovendem Funk

im Rahmen der 18. Jazztage Dortmund.

domicil, Dortmund, 20 Uhr

Musik | Patty Moon

Großes Songwriting, zerbrechlicher Pop – Patty Moon

erinnert die einen an verdiente britische Exzentriker wie

Nick Drake und Kate Bush, andere an Björk oder die frü-

he Tori Amos, wieder andere an Cohen und Waits. Fest

steht, seit Element of Crime war keine Musik so rätsel-

haft schön wie die von Patty Moon. Diskret romantisch,

ohne Pathos, ohne Dramen. Patty Moon sind Judith

Heusch (Gesang, Klavier) und Tobias Schwab (alle Sai-

ten, alle Tasten, etwas Percussion und ein bisschen Elek-

tronik). Ihren Indie-Pop haben sie seit mehr als zwölf

Jahren geformt, und wenn man auch nie sagen sollte,

dass irgendwas, das Menschen tun, „organisch gewach-

sen“ sei, auf ihre Musik passt es doch. Ein Konzert in der

außergewöhnlichen Livemusik-Reihe „urban urtyp“.

Christuskirche, Bochum, 19 Uhr

MO 07 | 11 | 11

Musik | LaBrassBanda

Es gibt sie doch noch, diese Phänomene, dass sich

Bands aus heimischen Gefilden, die nun alles andere

als den Mainstream vertreten, mit viel Einsatz, Willen

und Talent ihr Publikum regelrecht erspielen. Ohne gro-

ße Marketingbudgets, Promotionmaßnahmen und Me-

01 | 11 | 11 Binoculers

22 VERANSTALTUNGEN NOVEMBER 2011

04 | 11 | 11 Emil Bulls

DI 01 | 11 | 11

Musik | Binoculers

Zeitloser Gegenwartsfolk von ganz nah dran bis zur

Vogelperspektive. Nadja Rüdebusch spielt mit diver-

sen Blickwinkeln und kartographiert entlegene Win-

kel der Melancholie. Eine minimalistische Grundhal-

tung wird bei dieser Songwriterin durch vielfältige

Instrumentierung und den Einsatz des Loop-Pedals aus-

gelebt. Spurenweise überlagern und ergänzen sich akus-

tische Gitarren, dienen neben herkömmlichen Klangkör-

pern wie der Melodica auch allerlei Alltagsgegenstände

als Sample-Quelle. Ihr Minimal-Folk drängt sich nicht

lautstark auf, sondern lädt mit sanfter Zurückhaltung

zum Verweilen ein. Persönliche Texte mit viel Raum zum

Wiederfinden des eigenen Selbst werden getragen von

ruhigen Melodien und einer sanften Stimme.

Sissikingkong, Dortmund, 20 Uhr

FR 04 | 11 | 11

Musik | Egotronic

Mit dem Projekt „Beat it!“ will die Wittener Werkstadt

ein aufklärerisches Zeichen gegen die zunehmende Ver-

einnahmung, Umdeutung und Unterwanderung der po-

pulären Musik, wie Metal, Punk, Hardcore und HipHop,

durch Rechtsextreme setzen. Schwerpunkt von „Beat it!“

ist die Aufklärung über „rechte Musik“ und wie die ex-

treme Rechte versucht, über das Medium Musik sich ein

„modernes“ Gewand zu geben, rechte Inhalte zu verbrei-

ten und in verschiedenen Jugendkulturen und Subkultu-

ren Fuß zu fassen. Die phänomenalen Egotronic kommen

zum Auftakt der engagierten Veranstaltungsreihe mit

neuer Scheibe. Das Beste aus aktuellen Strömungen, für

alle neu besetzen: ausformulierte DIY-Tanzbeats und lin-

ke „Wach-Texte“ in für alle verständliche „Klar-Musik“.

Vorab gibt um 19 Uhr es einen Vortrag von Michael Weiss

mit dem Titel „Grauzonen und rechte Lebenswelten in

Punk, OI, Metal und Deutschrock“.

Werkstadt, Witten, 21 Uhr

Musik | Emil Bulls

„Mit der Schublade NuMetal können die Emil Bulls we-

nig anfangen. Wen wundert‘s. Schließlich sind Schub-

laden bei Musikern kaum beliebt. Die Bulls bahnen sich

GOTAN PROJECT | La Revancha en Cumbia (Ya Basta / Alive)

Vor genau zehn Jahren haben die Herren Solal, Makaroff und Müller in ihrem Pariser Heimstudio daran herumge-

bastelt, den Tango ins neue Jahrtausend zu beamen. Quasi retro-futuristisch wurden die Bässe aufgespritzt, die

Gesangsstimmen variiert und alles mit elektronischen Vibes aufgepeppt – heraus kam das Genre Electrotango. Und

das Album „La Revancha del Tango“ wurde zum Trend setzenden Klassiker. Nun darf also zu Recht Geburtstag gefeiert

werden, und das macht das innovative Trio natürlich auf ihre typische Art: Neben einem Best-Of-Album mit einigen

noch unveröffentlichten Tracks und einer DVD („Tango 3.0 live“) ihres legendären Auftritts im Casino de Paris gibt

es nämlich eine Neubearbeitung ihrer Debütplatte. Da werden die jungen Wilden der „Nueva Cumbia“ mal eben auf

die zehnjährigen Songs losgelassen. Diese zurzeit in den argentinischen Clubs angesagte Musikrichtung mit teils

hektischen, teils locker wandernden Break-Beats ist äußerst hitzig und treibend. Nicht jedermanns Sache. Die Kom-

bination aus Electrotango und Nueva Cumbia allerdings ist interessant. So wirkt der Tango auf die unruhige Cumbia

angenehm beruhigend, gleichwohl bekommen die Tango-Tracks noch einmal einen zeitgemäßen Tritt in den Hintern.

Was immer Gotan Project anpackt: Es hat Hand (-werkliche Qualität) und (geht in den) Fuß. (BvR)

CD-TIPP

23

dienhype. Auf solch gesunder Basis lässt sich dann vom

Chiemgau aus wunderbar die Welt bereisen. LaBrass-

Banda heißt das Quintett, das mit Trompete, Posaune

und Tuba zu Bass und Schlagzeug seit 2007 auf Tourne-

en und Festivals begeistert. Und das mit BrassPop im

hiesigen Idiom. Die bayrische Sprache mit ihren offe-

nen Vokalen und Diphthongen funktioniert nicht nur

mit PopBeat, sie funktioniert international.

FZW, Dortmund, 20 Uhr

Musik | The Late Call

Pünktlich zum Beginn der frostigen Jahreszeit zieht es

den Singer-Songwriter Johannes Mayer a.k.a. The Late

Call aus den Straßen seiner klirrend kalten Wahlhei-

mat Stockholm in „südlichere Gefilde“. Zwar liegt das

Dortmunder Subrosa nicht unbedingt in den Subtropen,

bei seiner Tour macht er trotzdem in der Hafenschänke

halt. Mit im Gepäck hat er neben dem schwedischen

Winter vor allem seine melancholischen, warmen und

tragenden Melodien, die, fein abgestimmt arrangiert,

wie kleine Kaminöfen für das Herz anmuten. Mal enthu-

siastisch, mal sparsam und pointiert, mal gerafft und

verdichtet: Mit seiner warmen, eindringlichen Stimme

erzählt er von den Unwägbarkeiten des Lebens, der Zu-

versicht und dem Glauben an ein gutes Ende.

Subrosa, Dortmund, 20 Uhr

MI 09 | 11 | 11

Musik | Yann Tiersen & Band

Als Künstler ebenso schwer einzuordnen wie begnadet,

beschreibt Yann Thiersen an der Schnittstelle zwischen

Folk, Minimalistik und Rock seinen Weg mit großen Bo-

genstrichen, Tonleiter- und Akkordsprüngen. So schafft

der aus Frankreich stammende Multiinstrumentalist ein

einzigartiges musikalisches Universum, in dem lange

Instrumentalpassagen nach Chanson-Manier zuge-

schnitten werden. Die Welt des Kinos hat gut daran

getan, ihn für zahlreiche Filmmusiken heranzuziehen,

etwa für „Liebe das Leben“ von Eric Zonka, „Die fa-

belhafte Welt der Amélie“ oder „Goodbye Lenin“. In

den letzten Jahren fand er denn auch zu seiner ers-

ten Liebe, dem Rock, zurück, und präsentiert uns seine

traumverklärten Melodien, für die er berühmt ist und in

denen ein energischer Hauch Rock zu spüren ist.

FZW, Dortmund, 20 Uhr

DO 10 | 11 | 11

Musik | Flo Mega

Geboren und aufgewachsen in Bremen, trainiert Flo

Mega sein rhythmisches Talent bereits mit fünf Jahren

an einem Drumset aus Kochtöpfen und Teedosen. Es

folgen Blockflöten- und Klavierunterricht, bis mit 13

Jahren die Erlösung von der anderen Seite des großen

Teiches kommt: HipHop. Wo vorher die Beatles und AC/

DC das Jugendzimmer beschallten, laufen nun NWA und

Ice-T. Und da HipHop eine Mitmachkultur ist, stürzt er

sich kopfüber hinein. Flo Mega ist mit seiner Band nicht

erst seit dem zweiten Platz bei Raabs Bundesvisionsong-

contest in aller Munde. Flo Mega ist ein Soulman, einer,

der zum Himmel schreit. Er liebt die Frauen. Er lebt den

Blues. Mit viel James Brown im Tank erinnert er in einem

Moment an den jungen Joe Cocker, dann an Jan Delay,

um im nächsten Moment Helge Schneider die Butter vom

Käsebrot zu stehlen. Ein Entertainer vor dem Herrn, der

sein Publikum um den Finger wickelt, zum Lachen bringt

und dabei ganz tief innen berührt.

Musiktheater Piano, Dortmund, 20 Uhr

DO 10 – SO 13 | 11 | 11

BODO VERLOSUNG | 22. Kinofest Lünen

Am 10. November wird in Lünen der rote Teppich aus-

gerollt. Großes Kino, Filmentdeckungen, Prominenz

und viele Auszeichnungen.

Preisgelder von über 30.000

Euro warten auf mehr als 50

aktuelle deutschsprachige

Filme. David Wendts „Krie-

gerin“ z.B. zeigt, dass rechte

Parolen und ein nationalistisches Menschenbild bei der

Konfrontation mit der Realität zerschellen. Der beeindru-

ckende Spielfilm „Der Brand“ von Brigitte Maria Bertele

erzählt von den Folgen einer Vergewaltigung. Die Welt in

Carsten Ungers Psychothriller „Bastard“ scheint düster

und bedrohlich: Verhärmte Gesichter, schattenreiche Bil-

der und beunruhigende Sounds beherrschen die Szenerie.

Des Weiteren: „Auf der Suche“, „Ameisen gehen andere

Wege“, „Unter Nachbarn“, „Dicke Mädchen“, “ „Toms Vi-

deo“, „Der Fall Chodorkowski“, „Berg Fidel“. Außerdem

gibt es noch einen Schüler-Filmpreis, Kurzfilmwettbewer-

be, den Kinderfimwettbewerb „Rakete“, ein Loriot-Special

und natürlich den Hauptwettbewerb „Lüdia“. Das Kinofest

eröffnet mit Hermine Huntgeburths Neuverfilmung von

„Tom Sawyer“ und endet mit der Preisverleihung und dem

neuen Film von Christian Zübert „Dreiviertelmond“.

Cineworld, Lünen

bodo verlost 2 Festival-Kinopässe für jeweils 5 Vor-

stellungen. Teilnahmebedingungen auf Seite 21.

Comedy | Kaya Yanar

Kaya Yanar ist der Globetrotter unter den deutschen Co-

medians. In seinem neuen Bühnenprogramm „All Inclu-

05 | 11 | 11 MordArt – Das Jubiläum 10 | 11 | 11 Flo Mega06 | 11 | 11 Victor Bailey Group

sive“ nähert sich der viel reisende Kaya Yanar ironisch

und augenzwinkernd anderen Kulturen, Nationen und

Sprachen. Und keiner bleibt verschont. Warum auch? Ob

Italienern, Spaniern, Franzosen, Holländern, Schweden,

Engländern, Indern und nicht zu vergessen den Deut-

schen – allen hält er einen Spiegel vor. Mit seiner Come-

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24

dy Show „Was guckst Du?!“ (ausgezeichnet mit dem

Deutschen Fernsehpreis und dem Deutschen Comedy

Preis) schaffte Kaya Yanar, Comedian und Moderator

deutsch-türkischer Abstammung, seinen Durchbruch.

Westfalenhalle 3a, Dortmund, 20 Uhr

FR 11 – SO 20 | 11 | 11

Streetart | Urbanatix – Die Show

Zum Abschluss des Jahres ist auch Urbanatix wieder

da: die spektakuläre Street-Art-Show, die Christian

Eggert in Bochum aus dem Boden gestampft hat. Und

nach Gastspielen in ganz Europa wurde sogar bei einer

Stippvisite am Tag der deutschen Einheit im ehemaligen

Bundestag in Bonn unsere Bundes-Angie vom „X-Virus“

befallen: „Urbanatix hat den Dreh raus“, erkannte sie

messerscharf. Ja, Urbanatix ist wirklich ein großer Spaß.

Und wer glaubt, mit einmal hingehen hat sich das The-

ma erledigt, der ist auf dem Holzweg. Jedes Mal sind

neue junge Künstler aus aller Welt im Team. Unzählige

jugendliche, nicht-professionelle Biker, Freerunner, Tri-

cker und Breakdancer wurden – im wahrsten Sinne des

Wortes – von der Straße weg gecasted. Zusammen mit

internationalen Artisten, Szene bekannten Beatboxern,

Musikern und DJs agieren sie nun in dieser spektaku-

lären und artifiziellen Show. Mehr unter urbanatix.de.

Jahrhunderthalle, Bochum,

täglich (außer Mo) 19 Uhr, Sa & So 17 & 20 Uhr

FR 11 | 11 | 11

Theater | Klara Blanco

Bildende Kunst, Objekt-, Klang- und Schattenspiel verbin-

den sich bei „Klara Blanco – Die weißen Puppenschuhe“

zu einer experimentellen Performance. In einem vorneh-

men Panzer steckt eine Frau, die ihr mustergültiges Dasein

im besten Licht leuchten lässt. Wir werden Zeuge, wie die

Schatten dieser Frau eine Rüstkammer voller Erwartungen,

Ansprüche und Vorlieben enthüllen und zwei menschengro-

ße Puppenschuhe ihrer lebendigen Suche nach sich selbst

den Weg bahnen. Ganz gleich, welche Assoziationen die

intensiven Bilder und Klänge auslösen – sie kommunizieren

in einem Sinn-Raum, mit dem man auf gutem Fuße stehen

kann – „Kann ein Ego größer sein als ein Schuh?“

Theater im Depot, DO, 20 Uhr (auch 01., 12., 18., 19.11.)

Musik | Haudegen

Wenn Haudegen auf der Bühne stehen, so trügt der erste

Schein: bis unters Kinn tätowierte, stämmige und et-

was Angst einflößende Rocker eben. Wenn sie dann aber

anfangen zu spielen, schaut man etwas verstört auf die

Crowd und die Protagonisten: Zu Balladen werden Feuer-

zeuge in die Luft gehalten, Hardrocker werden zu schun-

kelnden Heulsusen. Idole der Haudegen sind unter ande-

rem Herbert Grönemeyer und Klaus Lage. Passend zum

Ost-Berliner Stadtbezirk Marzahn handeln ihre Lieder

von Angst, Arbeitslosigkeit, Kriminalität und Drogen-

sucht. Das Debütalbum „Schlicht & Ergreifend“ vereint

Balladen und hard-rockige Nummern, bei denen Hagens

Stolls ungeschliffene und rohe Stimme den Ton angibt

und die von Sven Gillert für Emotionen sorgt. Die akuelle

Tour der beiden Ostberliner Musiker trägt den originellen

Titel „Komm mir nich uff die Tour“.

FZW, Dortmund, 20 Uhr

SA 12 | 11 | 11

Musik | Next Stop: Horizon

Next Stop: Horizon sind Pär Hagström und Jenny Roos

aus Göteborg, Schweden. Ihre Musik ist so eigenständig

und so speziell, dass es schwer fällt, diese angemessen

zu beschreiben. Ein Versuch: „Kurt Weill-esque, absolut

einzigartig, anarchisch und melodramatische Musik von

bizarrer Schönheit!“ schrieb ihr Label-Chef Dirk Darm-

staedter von Tapete-Records. Darüber hinaus betont

er, dass die Musik von Next Stop: Horizon auf seltsame

Weise sowohl archaisch als auch absolut zeitgenössisch

klingt. Mit ihrem im August erschienenen Debüt-Album

„We Know Exactly Where We Are Going“ im Gepäck ist das

Duo im November auf Band-Tour.

Subrosa, Dortmund, 20 Uhr

24 VERANSTALTUNGEN NOVEMBER 2011

11 | 11 | 11 Haudegen 11 – 20 | 11 | 11 Urbanatix – Die Show

SO 13 | 11 | 11

Kleinkunst | Ars Vitalis

Seit über 30 Jahren sind die Drei von „Ars Vitalis“ mit

ihrer lebendigen Kunst unterwegs. Von Leverkusen aus

in die Welt. Ihre Performance sprengt sämtliche Genre-

Grenzen: Musikkabarett plus Dada-Inspiration, Arte

Povera plus Paraphrasierung musikalischer Standards,

Schauspiel plus Arie, Moderation plus Selbstgespräch,

Saxophon, Schlagzeug, Gitarre plus Laubsauger, Fön,

Säge. Surreale Klang- und Humorwelten gibt es zu ent-

decken in dem neuen Programm „Wir machen Musik“.

Bahnhof Langendreer, Bochum, 19.30 Uhr

Musik | Marcin Wasilewski Trio

Filigrane Klavierlinien, luftige Grooves und eine facet-

tenreiche Harmonik geben dem Trio seine dezente Note

jenseits des Mainstreams. Die Eigenkompositionen er-

gänzen sich mit ungewöhnlichen Stücken anderer Künst-

ler zu einem reizvollen Bezugssystem. Dabei entsteht

Musik zum Dahinschmelzen, jedoch ohne jede Harmlo-

sigkeit. Ganz im Gegenteil: Das Trio aus Polen (manchem

noch bekannt unter dem früheren Namen „Simple Acou-

stic Trio“) spielt virtuos, dies aber stets beiläufig, ohne

zu protzen, alle drei haben viel Gespür für Klang und

gehen flexibel aufeinander ein. Hier lässt sich ablesen,

was es heißt, seit 18 Jahren zusammenzuspielen.

Flottmann-Hallen, Herne, 19 Uhr

MI 16 | 11 | 11Kleinkunst | Aber bitte mit Udo!

Eigentlich war er immer schon da. Udo Jürgens und seine

Musik haben Harry Heib und Timo Bader fast von Geburt

an begleitet. So viele Hits, die in den Köpfen und Herzen

der beiden einen unverrückbaren Platz haben. Und das

LE POP | Tucson Songs (Le Pop Musik / Groove Attack)

Die feine Musikreihe „Le Pop“ kümmerte sich ja bislang vornehmlich der Förderung des französischen NuPops

und Neo-Chansons. So wurde „Le Pop“ quasi zum Markennamen und Gütesiegel dieses Sounds. Aber wenn

man die „Tucson Songs“ einlegt, weiß man gleich nach dem ersten Ton, dass man sich ganz bestimmt nicht

an der Côte d‘Azur oder am Eiffelturm aufhält. Man hat eher das Gefühl, im Soundtrack eines Westerns von

Quentin Tarantino zu sein: Gitarren, die in der Wüste über den Sand surfen, prägen das Klangbild. Klar, es

geht hier ja auch um den meist jungen Sound der vielen Live-Clubs von Tucson in Arizona. Im weiteren

Verlauf der Platte begegnen einem Countrybilly, Morricone inspirierte Soundlandschaften, Desert-Chansons,

Songwriter-Pop, Ami-Folk und Indie-Gitarrensounds. Unterstützt wurde das Fronkreisch liebende Kölner La-

bel bei ihrer „Schatzsuche“ von einem lokalen Radio-DJ und Musiker sowie Joey Burns, dessen Band Calexico

bislang neben Giant Sand zu den bekanntesten musikalischen Vertretern der Wüstenstadt gehören. Insge-

samt ist dabei eine wirklich feine Platte herausgekommen, die einen auf charmante und coole Art und Weise

mitnimmt in den tiefsten Süd-Westen der Staaten – sehr amerikanisch, aber (trotzdem) spannend. (BvR)

CD-TIPP

25

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11 | 11 | 11 Klara Blanco 13 | 11 | 11 Marcin Wasilewski Trio13 | 11 | 11 Ars Vitalis

nun schon seit mehr als dreißig Jahren – einem ge-

fühlten ganzen Jahrhundert. Es wird höchste Zeit,

das – natürlich im Bademantel – zu feiern. Timo und

Harry haben die für sie wichtigsten Stücke ausge-

wählt und in ein nicht nur für Fans erlebenswertes

Unterhaltungsprogramm eingebaut, das mit Augen-

zwinkern auf ein großes Jubiläum schaut.

Zauberkasten, Bochum, 20.30 Uhr

FR 18 | 11 | 11

Kleinkunst | Volker Diefes

Der Gewinner des Dortmunder Comedy Pokals 2011 ist

auf Tournee mit seinem neuen Programm „Ein Bauch

ist schon mal ein Ansatz!“ – Kabarett gegen Abnehm-

wahn und Diätenerhöhung. In diesem OneManShow-

Kabarett bewegt sich Diefes genau an der Grenze zum

Mainstream und schlägt ihn mit seinen eigenen Waf-

fen. Er ist niemals zynisch, sondern immer charmant.

Sein Weg sind nicht die Trampelfade des politischen

Kabaretts und nicht der schnelle Lacher der Comedy,

sondern der Spiegel einer unpolitischen Generation,

die einfach nicht erwachsen werden will.

Zauberkasten, Bochum, 20.30 Uhr

BODO VERLOSUNG | Nibelungen VII & VIII

Nibelungen Doppel-Feature in Bochums konse-

quentestem Theater: Erst „Hagens Klage“ (19.30

Uhr), dann „Loges

Plan“ (21 Uhr). Das

Rottstr5 Theater be-

gibt sich mit der Urauf-

führung von „Hagens

Klage“ auf eine Spu-

rensuche und befördert Ungeheuerliches zutage:

Fafnirs Triumph ist der Lindwurm in jedem von uns.

Regisseur Oliver Paolo Thomas inszeniert den Text

von Hans Dreher und Carsten Marc Pfeffer als per-

formatives Musikalstück. Fünf Gitarristen setzen

die Leitthemen aus Wagners „Ring“ in der Bear-

beitung von Boris Jakov Babic kraftvoll in Szene.

„Bei ,Hagens Klage‘ überzeugt alles: Das Ambi-

ente, das man eher in der Berliner Subkultur ver-

muten würde, die grandiose Musik, die suggestiv

auftretenden Schauspieler mit ihrer großartigen

Sprechtechnik, die spannende, wiewohl manchmal

schwierige Textcollage.“ (Theatermail NRW)

Rottstr5 Theater, Bochum, 19.30 Uhr

bodo verlost 2 x 2 Karten für eine Theaterver-

anstaltung freier Wahl. Teilnahmebedingungen

auf Seite 21.

SA 19 | 11 | 11

Musik | Mahala Rai Banda

„Mahala“ nennen die Roma ihre Stadtviertel, „Raï“

bezeichnet eine „anerkannte und beliebte Autori-

26

tät“, „Banda“ heißt „Orchester“. So kommen „die

Edlen aus dem Ghetto“ (frei übersetzt) in Orches-

terstärke aus den Hochburgen der Roma-Musik, Cle-

jani und Zece Prajini. Und sie wissen, wie man Säle

zum Kochen bringen kann: Urban Gypsy-Musik live

zwischen Militärkapelle und Hochzeitsband mit Ori-

ental Pop, Roma-Musik, Rumba Catalan und Manele.

Anschließend gibt‘s für diejenigen, die noch Luft und

Lust haben, passender Weise die Global Player Party.

domicil, Dortmund, 21 Uhr

MI 23 | 11 | 11

Musik | Stoppok Solo

Immer wenn das Geklingel wieder anschwillt, wenn sich

Lichterketten und Leuchtsterne gegenseitig zu über-

trumpfen versuchen, wenn wieder der große Konsum-

rausch angesagt ist, dann packt Stoppok Gitarren und

Schlagwerk und zieht los, um sein Gegenprogramm zum

pervertierten „Fest des Friedens“ zu zelebrieren. Ein

Gegenprogramm zu all dem inhaltsleeren, großmäuligen

und konformistischen Getriebe, wie es der Ex-Straßen-

musiker in den speziellen Hemden und mit dem Hang zu

auffälligen Schuhen seit jeher in seiner Person vorlebt

und wie er es in vielen Songs formuliert hat.

Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr

DO 24 | 11 | 11

BODO VERLOSUNG | Joey Kelly

Aufgeben gibt es für Joey Kelly nicht. Seine Energie und

seine Willenskraft verhelfen ihm immer wieder zu Höchst-

leistungen und erfolgreichen

Zieleinläufen. Das nicht nur

bei den TV-Events von Stefan

Raab. Joey Kelly, Extrem-

sportler aus Leidenschaft

und Unternehmer, lässt den

Zuschauer in seinem ersten Bühnenprogramm „Hysterie

des Körpers“ mit amüsanten Anekdoten und vielen Bil-

dern an seinen größten Abenteuern und sportlichen Erfol-

gen teilhaben. Er erzählt von den vielfältigen Eindrücken

und Erlebnissen, die er bei seinen Sportwettkämpfen rund

um die Welt gesammelt hat. Er berichtet von der unab-

dingbaren Eigenmotivation, seinen erlebten Grenzberei-

chen und dem mentalen Ehrgeiz, den es braucht, um sich

am Ende schließlich selbst zu besiegen.

Dietrich-Keuning-Haus, Dortmund, 20 Uhr

bodo verlost 3 x 2 Karten.

Teilnahmebedingungen auf Seite 21.

BODO VERLOSUNG | Geschlossene Gesellschaft

In seiner Antitragödie „Geschlossene Gesellschaft“

(1944) entreißt Sartre auf dramatische Weise dem Men-

schen seine Grundlage:

die eigene Selbstwahr-

nehmung durch die Lie-

be und die Anerkennung

der Anderen. Stattdes-

sen sind Sartres Figu-

ren dazu verdammt, untereinander dieselben Konflikte

immer und immer wieder auszutragen, ohne dabei Er-

lösung zu erfahren. „Sonja Baum, Karin Moog und Jost

Grix stürzen ihre Figuren, die nach dem Tod in der Hölle

landen, in einen Teufelskreis aus rein psychologischer

Folter. Ihr Spiel geht unter die Haut. Und der Text des

Existenzialisten wirkt kein bisschen verstaubt. Gegen-

wartstheater im besten Sinne eben.“ (Ruhr Nachrichten)

Rottstr5 Theater, Bochum, 19.30 Uhr

bodo verlost 2 x 2 Karten für eine Theaterveran-

staltung freier Wahl. Bedingungen auf Seite 21.

Theater | Superhero

Mit „Superhero“ hat Anthony McCarten (u.a. „Ladies

Night") einen bemerkenswerten Roman geschrieben –

Prosa, Drehbuch, Comic in einem, mit teilweise schnellen

Schnitten und spotartigen Szenen. Basierend auf dem

Roman hat Frank Hörner mit dem Theater Kohlenpott in

Koproduktion mit dem Jungen Ensemble Stuttgart ein

Stück über das Sterben, vor allem aber ein Stück über das,

was zählt im Leben, ein Stück über die Liebe, inszeniert.

„Superhero ist eine Comicgeschichte, ist eine Leidens-

geschichte, ist eine Glücksgeschichte. Innig, zärtlich,

zugleich geradezu spektakulär mit schnellen Schnitten,

Rückblenden und starken Comicbildern.“ (SWR)

Flottmann-Hallen, Herne, 19 Uhr (auch am 26.11.)

FR 25 | 11 | 11

BODO VERLOSUNG | Joshua Redman & Brad Mehldau

Während Redman, 1969 in Berkeley, Kalifornien, als Sohn

des Jazzmusikers Dewes Redman zur Welt gekommen, mit

Eric Clapton, B.B. King und

anderen die „Louisiana Gator

Boys“ für den Film „Blues

Brothers 2000“ stellte und

auf seinen Konzerten gern

auch mal Prince oder die

Beatles covert, reicht die Palette der verwobenen Frag-

mente bei Mehldau, 1970 in Jacksonville, Florida geboren,

von Franz Schubert über Radiohead bis hin zu Nick Drake.

Auf der Bühne scheinen die beiden ein eher ungleiches

Paar zu sein. Während Mehldau sich gern mit dem ange-

strengten Gesicht eines Gastkritikers zweifelnd über seine

Tasten beugt, um ihnen dann doch fast heitere Impro-

visationen zu entlocken, steht Redman auffallend lässig

daneben, spielt aber auf seinem Saxophon den melancho-

lischen und ziemlich kontrollierten Part des Abends. Ein

Konzert im Rahmen der Reihe „JazzNights“.

Konzerthaus, Dortmund, 20 Uhr

bodo verlost 3 x 2 Karten.

Teilnahmebedingungen auf Seite 21.

Theater | Naked Lenz

Es heißt, die Welt der Illusionen sei für diejenigen ge-

26 VERANSTALTUNGEN NOVEMBER 2011

18 | 11 | 11 Volker Diefes 19 | 11 | 11 Mahala Rai Banda

CATEL & BOCQUET | Kiki de Montparnasse (Carlsen Comics)

Der neue Trend im Comic, sich Persönlichkeiten der Geschichte in so genannten „Graphic Novels“ zu nähern, ist für Comic-Freaks

wie mich natürlich eine feine Sache. Da kann man mit Fug und Recht behaupten: Comiclesen kann auch bilden. Blieben früher

nur einge geschichtliche Daten und lateinische Wortfetzen von Asterix hängen, so wird dem Comicleser heute u.a das Leben von

Fidel Castro, Johnny Cash und nun eben auch einer Dame, die als Alice Prin 1901 in Frankreich geboren wurde, nahegebracht.

Bekannt wurde sie allerdings als Kiki de Montparnasse, eine Sängerin, Schauspielern, Malerin, Akt-Modell und vor allem Muse so

bekannter Künstler wie Calder, Foujita, Utrillo, Léger und natürlich Man Ray, dem sie fast ihr ganzes Leben lang partnerschaftlich

verbunden war. Ihre Art und ihr Lebensstil passten so perfekt in das Leben der Bohème der goldenen Zwanziger in Paris, dass man

sie quasi schon als Sinnbild dieser Zeit vorführen könnte. Kleiner Tip: die Kiki-Filmchen auf YouTube & Co. Zudem war sie eine der

ersten wirklich emanzipierten Frauen des 20. Jahrhunderts, die Zeit ihres Lebens deswegen außerhalb der künstlerischen Zirkel als

„Nutte“ tituliert wurde. All das und noch viel mehr habe ich durch das Lesen dieser Comic-Biografie erfahren dürfen – sehr genau

recherchiert und erzählt, vielleicht in den S/W-Zeichnungen ein wenig zu nah am Funny-Cartoon. Insgesamt aber eine gelungene

Graphic Novel, spannend, bisweilen humorvoll erzählt und dabei eben auch noch bildend. (BvR)

COMIC-TIPP

27

24 | 11 | 11 Superhero23 | 11 | 11 Stoppok Solo

schaffen, die an der Realität zu zerbrechen drohen. Man

könnte diese Formel auch umkehren: Vielleicht gibt es Re-

alität ja nur, um allen einen Ort zu geben, die aus der Welt

der Illusionen schockiert zurückkehren? „Naked Lenz“

nimmt Büchners Lenz und David Cronenbergs Filmadap-

tion „Naked Lunch“ zum Anstoß, um über das Verhältnis

von Wirklichkeit und Illusion nachzudenken und an ge-

sellschaftliche Fragen anzuknüpfen: In beiden Werken

steht ein Dichter im Mittelpunkt, dessen Ich sich auflöst.

Lenz hört die Stimmen der Felsen, und William Lee wird in

einer Serie von Rauschzuständen in die Welten gesogen,

die er selbst aufschreibt. Die neue Uraufführung von „Vi-

sitor Q"-Regisseur Martin Laberenz im Studio.

Theater, Dortmund, 20 Uhr

SA 26 | 11 | 11

BODO VERLOSUNG | Wise Guys

Die Wise Guys sind Deutschlands Vokal-Pop-Band Num-

mer 1 und zählen zu den erfolgreichsten Live-Acts im

deutschsprachigen Raum. Ihre Songs

sind ebenso unverwechselbar wie der

Wise-Guys-Sound, der aus fünf Stim-

men besteht, aber klingt wie der einer

voll ausproduzierten Pop-Band. Daniel

Dickopf (Dän), Edzard Hüneke (Eddi),

Marc Sahr (Sari), Nils Olfert und Ferenc

Husta sagen über ihre Musik: „Wir ma-

chen Popmusik, ohne Instrumente, mit Spaß, Begeiste-

rung und Leidenschaft, oft witzig, manchmal ernst und

auch mal traurig.“ Die Wise Guys sind bekannt dafür,

sehr engen Kontakt mit ihren Fans zu halten. Nun gehen

die fünf Sänger erstmalig also auf „Wunschtour“, vom

Herbst 2011 bis zum Sommer 2012. Das Besondere: Das

Programm wählten – zumindest in weiten Teilen – die

Fans (per Post und via Internet). Sicher werden die Wise

Guys viele bekannte Hits aus ihrer 15jährigen Karriere

singen, wie „Es ist Sommer”, „Radio”, „Es ist nicht immer

leicht“ und „Hamlet”. Aber jeder Fan konnte diesmal sein

heimliches Lieblingslied einfordern, das viel zu selten

oder nie auf der Bühne gesungen wird.

bodo verlost 5 x 2 Karten.

Teilnahmebedingungen auf Seite 21.

SO 27 | 11 | 11

Kindertheater | Ronja Räubertochter

Im letzten Jahr gab es schon die putzige Inszenierung

„Hotzenplotz“ nach Ottfried Preussler. Nun ist also As-

trid Lindgrens „Ronja Räubertochter“ an der Reihe, von

den Truffaldinos originell in Szene gesetzt zu werden.

Die Truffaldinos sind der Jugendclub des Rottstr5 The-

aters. Spielbegeisterte Kinder im Alter zwischen acht

und dreizehn Jahren haben einmal wöchentlich Spaß

am Improvisieren, Probieren und Behaupten. Ziel ist

es, das Spektrum und die Fantasie der Kinder zu er-

weitern und somit auch einen Beitrag zur persönlichen

Entwicklung zu leisten. Ganz nach dem Motto „Nichts

muss, (fast) alles darf“ sammeln sie so ihre ersten

Bühnenerfahrungen im Theater. Die Truffaldinos unter

Anleitung von Tanja Grix erheben nicht den Anspruch

an Perfektion, sondern sind ein Projekt, in dem alle

Beteiligten gemeinsam Schritt für Schritt gehen.

Rottstr5 Theater, Bochum, 16 Uhr

BODO VERLOSUNG | Ton Steine Scherben Family

„Jeder Satz, den die Scherben je gesungen haben, ist

immer noch wahr“, meinte kürzlich Jan Müller von To-

cotronic. Die Medienkriti-

ken zu den Auftritten der

„Ton Steine Scherben Fami-

ly“ sehen das ähnlich: Von

Gänsehaut bereits bei den

ersten Klängen ist da die

Rede und von Inhalten, die in einer globalisierten Welt

aktueller sind denn je. „Für die 68er war die Band Kult,

sie war stilbildend für die deutsche Rockmusik, den

deutschen Punk und Teile der NDW. Radikal politisch

wurden sie zum Mythos einer ganzen Generation und

spiegelten ihre Träume wieder.“ (Arte)

Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr

bodo verlost 3 x 2 Karten.

Teilnahmebedingungen auf Seite 21.

MO 28 | 11 | 11

Kindertheater | Die Brüder Löwenherz

Eine Geschichte, in der es für zwei Brüder um Leben und

Tod geht. Aber vielmehr geht es um die Liebe zwischen

den Brüdern, die alles übersteht und niemals enden wird.

Die Geschichte über die Abenteuer der beiden Brüder,

die im Bahnhof Langendreer seine Bochumer Premiere

feiert, wird als Erzähltheater mit Musik, Bildern und viel

Raum für die eigene Phantasie erzählt. Mit dieser Pro-

duktion öffnet sich das Reibekuchen-Theater, das dieses

Jahr seinen 35. Geburtstag feierte, für junge professio-

nelle Theaterschaffende (u.a. Jasminka Wrobel, Till und

Nils Beckmann). Ein Kindertheater mit Musik nach Astrid

Lindgren für Menschen ab acht Jahren.

Bahnhof Langendreer, Bochum, 10 & 15 Uhr (auch 29.11.)

28 | 11 | 11 Die Brüder Löwenherz

Adressen | Bochum (0234)Bahnhof Langendreer, Wallbaumweg 108, 687 16 10

Christuskirche, An der Christuskirche 1, 338 74 62

Endstation Kino, Wallbaumweg 108, 687 16 20

Eve Bar, Königsallee 15, 333 354 45

Freilichtbühne Wattenscheid, Parkstraße, 61 03-0

HalloDu-Theater, Lothringer Str. 36c, 87 65 6

Jahrhunderthalle, Gahlensche Str. 15, 369 31 00

Kulturhaus Oskar, Oskar-Hoffmann-Straße 25

Kulturrat Bochum, Lothringer Straße 36, 862 012

Museum, Kortumstraße 147, 51 60 00

Mus. Zentrum der RUB, Universitätsstr. 150, 322 28 36

Prinz-Regent-Theater, Prinz-Regent-Str. 50 – 60, 77 11 17

Riff, Konrad-Adenauer-Platz 3, 150 01

RuhrCongress, Stadionring 20, 610 30

Schauspielhaus, Königsallee 15, 333 30

Stadthalle Wattenscheid, Saarlandstraße 40, 610 30

Thealozzi, Pestalozzistraße 21, 175 90

Varieté et Cetera, Herner Straße 299, 130 03

Zauberkasten, Lothringer Straße 36c, 86 62 35

Zeche, Prinz-Regent-Straße 50-60, 977 23 17

Zeche Lothringen, Lothringer Straße 36c, 876 56

Zwischenfall, Alte Bahnhofstraße 214, 28 76 50

Adressen | Dortmund (0231)Auslandsgesellschaft, Steinstraße 48, 838 00 00

Cabaret Queue, Hermannstraße 74, 41 31 46

DASA, Friedrich-Henkel-Weg 1 – 25, 90 71 24 79

Dietrich-Keuning-Haus, Leopoldstr. 50 – 58, 502 51 45

domicil, Hansastraße 7 – 11, 862 90 30

Fletch Bizzel, Humboldtstraße 45, 14 25 25

F.-Henßler-Haus, Geschw.-Scholl-Str. 33 – 37, 502 34 72

FZW, Ritterstraße 20, 17 78 20

Galerie Torhaus, Haupteingang Rombergpark, 50 23 194

Konzerthaus, Brückstraße 21, 22 69 62 00

Museum f. Kunst u. Kulturgesch., Hansastr. 3, 502 55 22

Piano Musiktheater, Lütgendortmunder Str. 43, 604 206

Rasthaus Fink, Nordmarkt 8, 999 876 25

Reinoldikirche, Ostenhellweg 1, 52 37 33

Schauspielhaus, Hiltropwall, 502 55 47

Sissikingkong, Landwehrstraße 17, 728 25 78

Strobels, Strobelallee 50, 999 50 60

Subrosa, Gneisenaustraße 56, 82 08 07

SweetSixteen Kino im Depot, Immermannstr. 29, 910 66 23

Theater im Depot, Immermannstraße 29, 98 21 20

U, Leonie–Reygers-Terrasse, 50 247 23

Westfallenhallen, Rheinlanddamm 200, 120 40

Westfalenpark, An der Buschmühle 3, 35 02 61 00

Zeche Zollern, Grubenweg 5, 696 12 11

Adressen | Herne (02323)Flottmann-Hallen, Flottmannstr. 94, 16 29 52

Mondpalast, Wilhelmstraße 26, 58 89 99

Adressen | Witten (02302)Saalbau, Bergerstraße 25, 581 24 24

Werkstadt, Mannesmannstraße 2, 94 89 40

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28 DAS INTERVIEW | von Bianka Boyke | Fotos: Claudia Siekarski · Bianka Boyke

»Kinder müssen aus dem Schatten treten«Psychologin Michaela Pavelka im Interview über Depression

Arbeitsüberlastung, Versagensängste in der Schule oder die Pflege von Angehörigen: Viele Menschen sind heutzutage mit ihrem Alltag über-fordert. Die Folge kann eine völlige psychische und körperliche Erschöpfung (Burn-out-Syndrom) sein, verbunden mit der Entwicklung einer De-pression. bodo-Redakteurin Bianka Boyke sprach mit der Diplom-Psychologin Michaela Pavelka (46) aus Oberhausen über die schwere Krankheit und wie sie sich auf Kinder auswirkt. Außerdem verriet Pavelka, was ihr neuester Roman „Im Schatten der Stille“ mit all dem zu tun hat.

bodo Frau Pavelka, Sie beschäftigen sich täglich

mit Menschen, die an Depressionen leiden. Kön-

nen Sie die Symptome mal mit einfachen Worten

beschreiben?

MP Gerne. Zu den Beschwerden gehören anhal-

tende Niedergeschlagenheit, Antriebsminderung

und der Verlust von Freude. Die Betroffenen

beklagen, dass sie häufig müde sind. Fast immer

bestehen Konzentrationsstörungen und eine

reduzierte Fähigkeit, sich Dinge zu merken. Häu-

fig haben die Betroffenen Schuldgefühle, eine

negative Sicht der eigenen Person, der Umwelt

und der Zukunft.

bodo Es gibt organische und psychische Gründe

für eine Depression. Können Sie bitte psychische

Gründe nennen?

MP Oft entwickeln sich Depressionen auch bei

Konflikten in der Partnerschaft, bei Trennungen

sowie als Folge von Todesfällen. Arbeitslosigkeit

und Mobbing am Arbeitsplatz sind seit einigen

Jahren ebenso bedeutsame Auslöser. Anhaltende

Überlastung durch Arbeit, Haushalt und Erzie-

hung der Kinder kann in eine depressive Entwick-

lung münden. Hinzu kommen oft ja auch noch die

alltäglichen Probleme.

bodo Was ist mit nicht aufgearbeiteten Erinne-

rungen?

MP Natürlich, die gibt es auch. Depressionen

entwickeln sich auch als Folge schädlicher

Kindheitserfahrungen – bei Vernachlässigung,

Gewalt oder sexuellem Missbrauch. Depressionen

werden ebenfalls begünstigt, wenn die Eltern

selbst depressiv und zu streng sind, das Kind

seine Bedürfnisse und vitalen Impulse ständig

unterdrücken muss. Auch eine sehr pessimis-

tische Weltsicht der Eltern bleibt für das Kind

nicht ohne Folgen.

bodo Können Sie kurz erklären, wie Sie den

Betroffenen helfen?

MP Im Gespräch mit dem Patienten werden

Ursachen abgeklärt, Konflikte bearbeitet und

Lösungen gesucht. Einstellungen und Gedanken,

die eine depressive Stimmung fördern, werden

differenziert und hinterfragt. Das Selbstwert-

gefühl wird stabilisiert. Vorhandene, aber nicht

genutzte Fertigkeiten werden aktiviert, sodass

man sich wieder als aktiv und kompetent erleben

kann. Es kommt auch vor, dass ein Mensch allein

schon deswegen Erleichterung verspürt, weil er

in der Psychotherapie überhaupt zum ersten Mal

über seine Probleme spricht.

bodo Und wie ist es mit depressiven Kindern?

MP Natürlich gibt es auch depressive Kinder.

Und Jugendliche. Wenn ein Kind sich häufig

zurückzieht, lustlos ist, nicht mehr gerne nach

draußen geht, seine sozialen Kontakte vernach-

lässigt, sich nicht mehr mitteilt, dann sollte

man eine depressive Verstimmung in Erwägung

ziehen. Bei Jungen, mehr als bei Mädchen, kann

auch zunehmendes aggressives Verhalten einen

Hinweis darstellen. Auf jeden Fall sollte man auf-

merksam werden, wenn ein Kind sich plötzlich so

ganz anders verhält, als man es kennt. Dies muss

nicht sofort ein Hinweis auf eine vollständige

Depression sein, aber es ist sehr wahrscheinlich,

dass das Kind einen Kummer hat, mit dem es

nicht mehr alleine zurechtkommt.

bodo Was können Eltern oder andere Bezugsper-

sonen dann tun?

MP Sie sollten einfühlsam das Gespräch zu ihren

Kindern suchen, ihnen Beachtung schenken, auf

sie eingehen und bei Bedarf fachliche Hilfe in

Anspruch nehmen. Es gibt besonders ausgebilde-

te Kinder- und Jugendtherapeuten.

bodo Wenn hingegen Eltern unter Depressionen

leiden, trifft das vor allem auch die kleinen Kin-

der. Oft fühlen sie sich sogar schuldig. Warum?

MP Kinder suchen immer auch bei sich selbst und

fragen sich, ob sie etwas falsch gemacht haben.

Wenn Eltern psychisch erkrankt sind, brauchen

immer auch die Kinder Unterstützung. Depressive

29

29

Eltern können sich nicht wirklich auf die Bedürf-

nisse ihrer Kinder einstellen oder angemessen

emotional auf ihre Kinder reagieren. Das hat

ganz einfach mit der Depression zu tun. Häufig

haben solche Kinder später ebenfalls emotionale

Probleme oder Schwierigkeiten in Beziehungen.

So kann es z.B. sein, dass ein Kind schon früh

beginnt, sich selbst zurückzunehmen und sich

um die Eltern zu kümmern. Es lernt im Übermaß,

hauptsächlich auf den anderen einzugehen, was

sich in späteren Beziehungen widerspiegelt.

bodo Wie kann man diesen Kindern helfen?

MP Betroffene Eltern und deren Kinder müssen

aus dem Schatten treten, d.h. das Schweigen,

die Stille, das Vertuschen muss überwunden

werden. Hier ist ein offenes Umgehen mit den

Problemen ganz entscheidend, damit sowohl den

Eltern als auch den Kindern geholfen werden

kann.

bodo Können Bücher zum Thema da ein guter

Einstieg sein, um dem Kind die Situation näher-

zubringen?

MP Ich denke, ja. Sie können als Medium be-

nutzt werden, um mit Kindern und Jugendlichen

über solche Themen ins Gespräch zu kommen.

bodo Gibt es denn ein Mindestalter, das Kinder

haben sollten, wenn ich sie mit so einem ernsten

Thema konfrontiere?

MP Eigentlich nein. Es hängt davon ab, wie man

das Thema anspricht. Auf jeden Fall sollte aber

schon eine gewisse Verständnisleistung beim

Kind vorhanden sein. Der Inhalt eines solchen

Buches muss natürlich altersgemäß sein und

damit der Lebenserfahrung des Kindes ent-

sprechen. Wenn es z.B. um ein Kleinkind geht,

dessen Mutter depressiv ist, so kann ein einfühl-

sames, kindgerechtes Buch dem Kind helfen, die

Geschehnisse in der Familie besser zu verstehen

und sie zu benennen.

bodo Sie schreiben auch Bücher zum Thema.

Aktuell steht „Im Schatten der Stille“ in den

Buchhandlungen. Der Roman ist sehr vielschich-

tig. Können Sie ihn dennoch kurz skizzieren?

MP „Im Schatten der Stille“ beschreibt das

Erleben und Verhalten eines Familienvaters, der

im Krieg traumatisiert worden ist und dessen

depressive Stimmung und aggressive Verhaltens-

weisen für seine beiden Kinder unerklärlich blei-

ben. Oft sitzt er im Wohnzimmer, reglos und hört

immer wieder dieselbe traurige Schallplatte. Es

entsteht eine sehr beklemmende Stimmung in

der Familie. Man spricht nicht miteinander. Jeder

ist sich selbst überlassen.

30

bodo Wie gehen die Geschwister damit um?

MP Sie versuchen, dieser Atmosphäre zu ent-

fliehen. Sie verbringen ihre Nachmittage mit

anderen Jugendlichen in ihrem Versteck am

Bahndamm. Doch Zuhause spüren sie den unaus-

sprechlichen Schmerz der Eltern, und es entsteht

eine Stille, in der alle einsam sind.

bodo Sie erzählen die Geschichte aus der Sicht

der zunächst vierzehnjährigen Claudia. Die ge-

wöhnt sich irgendwann an das Schweigen in ihrer

Familie und geht eine heimliche Beziehung zu

ihrem Lehrer ein.

MP Schweigen innerhalb der Familie kann

gefährlich sein, weil man dann auch nicht mehr

mitbekommt, was die Kinder beschäftigt und

ob sie irgendwelchen Gefahren ausgesetzt sind.

Auch, wenn man seinen Kindern beibringt, über

gewisse Dinge nicht sprechen zu dürfen. Kinder

übertragen dies oft auf andere Erwachsene und

lassen sich dann auch von ihnen zum Schweigen

bringen. In meinem Roman entgeht Claudias

Klassenlehrer die Traurigkeit des jungen Mäd-

chens nicht. Und er lässt sich einiges einfallen,

um Claudia an sich zu binden. Zwiespältig,

ängstlich und neugierig geht sie eine heimliche

Beziehung zu ihm ein.

bodo Und dann kommt ein großer Zeitsprung.

MP Viele Jahre später ist Claudia Kranken-

schwester und selbst Mutter einer Tochter.

Ihr Bruder Tim arbeitet als Arzt in demselben

Krankenhaus. Rückblickend erkennt sie, welchen

Einfluss vergangene Erlebnisse auf die Gegen-

wart haben. Besonders durch die Begegnung mit

einem alten Patienten wird ihr dies bewusst.

Es sind die Gespräche mit ihm, die ihr helfen,

ihren Vater in einem anderen Licht zu sehen. Sie

begreift, dass er nicht einfach ein launischer

und aggressiver Mann war, sondern dass er noch

immer unter seinen Kriegserfahrungen gelitten

hat. Nachdem sie viele Jahre zuvor die Beziehung

zu ihm abgebrochen hatte, denkt sie nun zum

ersten Mal darüber nach, den Kontakt zu ihm

wieder aufzunehmen.

bodo Berichten Sie in „Im Schatten der Stille“

von wahren Begebenheiten?

MP Nein. Alle geschilderten Personen sind frei

erfunden.

bodo Vielen Dank für das Gespräch.

MP Ich danke auch. Es hat mich gefreut.

INFO www.michaela-pavelka.de

30

Bilderbuch

Bereits für Kinder ab zwei Jahren geeignet ist das Bilderbuch „Warum ist Mama

traurig?“ Einfache, farbenfrohe Bilder erzählen von Lämmchen Lilli, dessen Mama

eines Tages nur noch müde ist. Mit wenigen Worten schafft es die Autorin, die

Krankheit zu schildern: So spielt Lilli zunächst mit ihrem besten Freund Paul, hört

Gutenachtgeschichten von ihrer Mama und alles ist gut.

Wie passend: die Sonne scheint. Doch dann ist Mama plötzlich ganz anders und

Regenwolken ziehen auf. Gutenachtgeschichten gibt es nicht mehr und Lilli fragt

sich, was sie falsch gemacht hat. Lilli bleibt lieber bei ihr, um aufzupassen; lässt

Paul stehen. Zum Glück ist der nicht beleidigt, sondern holt Hilfe. So zeigt sich

die Sonne hinter den dicken schwarzen Wolken wieder, und nach dem Besuch beim

Arzt wird alles langsam besser. „Du bist nicht schuld“, „Kapsle dich nicht ab“, „Hol

Hilfe“, „Du bist nicht allein“, „Alles wird wieder gut“ – was Kinder über Depressi-

onen unbedingt wissen müssen, wird hier einfach thematisiert und bildlich veran-

schaulicht. Der Ratgeberteil am Ende rundet das Buch wunderbar ab.

Kinderbücher

Um den Verlust eines geliebten Menschen geht es im Roman „Anni“. Seit Annis

Mutter bei einem Unfall ums Leben kam, schweigt ihre Schwester, Bruder Collin

schlägt nur noch auf sein Schlagzeug ein und ihr Vater sitzt den ganzen Tag vor

dem Fernseher. Glücklicherweise sind da aber noch die liebevollen Großeltern

und Tanten, die verständnisvolle Lehrerin und Annis beste Freundin Orla, die im-

mer zu ihr halten. Der Autor beschreibt Annis Probleme, mit denen sie in Familie

und Schule zu kämpfen hat, sehr sensibel. Und er zeigt, dass das Leben nach

dem Tod eines lieben Menschen wieder schön werden kann. Das gibt Hoffnung,

die vor allem für Kinder wichtig ist.

„Die Füchse von Andorra“ führt seine Leser ganz behutsam an das Thema heran

und zeigt am Ende eindrucksvoll, dass beim Thema Depression nur Reden hilft – in

diesem Fall sogar vielleicht zu einer wunderbaren Freundschaft führt.

Bei Sophies Familie ist immer etwas los. Kein Wunder: Die Zehnjährige ist ein Vier-

ling. Trotzdem fühlt sie sich auch mal alleine, denn die Geschwister sind grund-

verschieden. Sophie träumt von einer Freundschaft mit Alice, doch deren Leben ist

vollkommen anders als ihr eigenes. Alice ist ein Einzelkind, und ihre Eltern haben

viel Geld. Sie scheint Sophie nicht zu beachten. Zudem ist Sophies Mutter manch-

mal seltsam traurig. Erst als sie in eine Klinik kommt, geht es ihr etwas besser.

Das ist doppelt gut: Alice' Vater hat nämlich genau dieselbe Krankheit, und nach

einigen Missverständnissen nähern sich Alice und Sophie einander an.

Für Erwachsene und Jugendliche

Im Roman „Im Schatten der Stille“ beschreibt Psychologin Michaela Pavelka

(siehe auch Interview Seite 28 – 30) das Leben der zunächst vierzehnjährigen

Claudia. Ihr Vater wurde im Krieg traumatisiert und verbringt seine Tage jetzt

meist allein im Wohnzimmer. Seine Kinder verscheucht er mit seinem aggressi-

ven Verhalten. Erklärungen gibt es keine. Man spricht nicht miteinander. Jeder

ist sich selbst überlassen. Claudias Klassenlehrer entgeht die Traurigkeit seiner

Schülerin nicht, und er lässt sich einiges einfallen, um das Mädchen an sich zu

binden. Zwiespältig, ängstlich und neugierig geht sie eine heimliche Beziehung

zu ihm ein. Zeitsprung: Viele Jahre später ist Claudia Krankenschwester und

selbst Mutter einer Tochter. Rückblickend erkennt sie, welchen Einfluss vergange-

ne Erlebnisse auf die Gegenwart haben. Dabei hilft ihr die Begegnung mit einem

alten Patienten besonders. Pavelkas Roman erzählt aus dem wahren Leben und

weckt tiefe Gefühle – lässt weinen und lachen.

LITERATUR ZUM THEMA | gelesen von Bianka Boyke

Lesen, um das Schweigen zu brechenBücher über Depression

31

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John Newman: AnniFischer 2010, 237 Seiten, ab 10 Jahren, 12,95 Euro. ISBN: 978-3-596-85436-3

Marjaleena Lembcke: Die Füchse von Andorra. Nagel & Kimche 2010, 128 Seiten, ab 9 J., 12,90 Euro ISBN: 978-3312009909

Michaela Pavelka: Im Schatten der Stille. Rotblatt Verlag 2011, 262 Seiten, 18,95 EuroISBN: 978-3940063465

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Rätsel-Lösung: HOERER

33

Der tapfere, kleine Pirat kämpft, auf einem Fass balancierend, gegen ein Furcht erregendes Seemonster. Im rechten Bild kämpft ein tapferes Seemonster gegen einen Furcht erregenden kleinen Piraten. Findest Du die 10 Unterschiede zwischen den beiden Szenen?

ESELSOHR | von Volker Dornemann

Fehlersuchbild – Lösung:

1) Am Himmel fehlt ein Vogel, 2)

der Totenkopf auf dem Kopftuch

des Piraten hat keine Augen, 3) der

Berggipfel hat eine andere Form,

4) das Seeungeheuer hat ein weite-

res Auge, 5) einer seiner Tentakel

ist kürzer, 6) in einem Hosenbein

des Piraten ist ein Loch, 7) auf

seinem T-Shirt fehlt der Streifen

8) und an einer Hand ein Daumen,

9) in der Rückenflosse des Unge-

heuers ist ein Riss und 10) einer

der vom Entermesser reflektierten

Lichtpunkte ist dicker.

33

Beim letzten Mal haben wir Euch

einiges über die Lebensweise der

Wale berichtet – heute geht es um

die Geschichten, die sich um Wale

ranken. Schon seit jeher haben die

riesigen Meeressäuger die Fantasie

der Menschen beflügelt, und auch

heute findet man sie in Büchern,

Filmen oder Comics.

Recht alt ist die Geschichte von Jonas

und dem Wal aus der Bibel. Er wird

von dem Tier verschlungen und lebt

einige Zeit in dessen Bauch weiter,

bis er sich wieder ins Freie flüchten

kann. Diese Geschichte ist in neuerer

Zeit mehrfach wieder aufgegriffen

worden. Z.B. kennt Ihr sie vielleicht

aus der Geschichte von Pinocchio?

Auch er wird von einem Wal ver-

schluckt und trifft dort auf seinen

Vater, den Puppenmacher Gepetto.

Natürlich können auch sie sich wie-

der befreien. Der dritte von einem

Wal Verschluckte ist schließlich Lü-

gnügungspark, wo er Kunststücke

für die Besucher aufführt. Als der

Wal getötet werden soll, plant der

Junge schließlich eine Rettungsakti-

on, und der Wal findet nach vielen

Jahren der Gefangenschaft in die

Freiheit zurück.

Es gibt noch so manch weitere Ge-

schichten über Wale. In den älte-

ren von ihnen werden sie meist als

riesige Fische beschrieben, da die

Menschen früherer Zeit noch nicht

wussten, dass Wale eigentlich

Säugetiere sind. Vielleicht findet

Ihr ja noch die eine oder ande-

re Geschichte? Wenn Ihr Lust

auf Walgeschichten bekommen

habt – alle hier genannten las-

sen sich in Büchern nachlesen und

sind sicher eine interessan-

te Ferienlektüre. Oder

aber Ihr schaut sie

euch als Filme an.

Sowohl die Ge-

schichte von Moby

Dick als auch die

von Pinocchio und

Münchhausen sind

– sogar mehrfach

– verfilmt worden.

Wir wünschen Euch

viel Spaß dabei! (vd)

genbaron Münchhausen, dem die

Flucht aus dem Bauch des Gigan-

ten durch eine List gelingt:

Er verstreut Schnupftabak

im Inneren des Wals,

dieser muss niesen und

niest Münchhausen wie-

der aus.

Eine weitere sehr berühm-

te Geschichte ist die des Wals

Moby Dick von Herman Melville.

Ein junger Seemann heuert als

Matrose auf einem Walfänger-

schiff an. Dieses wird von Ka-

pitän Ahab geführt, der von

dem Wahn besessen ist, den

weißen Wal Moby Dick zur

Strecke zu bringen. Denn

in der Vergangenheit

hat er bei der Jagd auf

den Wal ein Bein verlo-

ren und will sich rächen.

Natürlich geht das völlig in

die Hose – der unbesiegbare weiße

Wal, an dem bisher jeder Walfänger

gescheitert ist, versenkt das Schiff

mit Mann und Maus samt Kapitän

Ahab, und nur der junge Matrose

überlebt die Katastrophe.

In einer neueren Geschichte, viel-

mehr einem Kinofilm (Free Willy),

geht es um die Freundschaft zwi-

schen einem Schwertwal und einem

Jungen. Der Wal lebt in einem Ver-

34

34 SOZIALE INITIATIVEN | von Sebastian Sellhorst | Fotos: Claudia Siekarski

Keine Voranmeldung, keine Praxisgebühr!Ein Besuch bei der „Aufsuchenden medizinischen Hilfe“ in Dortmund.

Obdachlose Menschen sind meist über ge-setzlich geregelte Leistungen medizinisch versorgt. Doch allzu oft passen die Angebote nicht zur Lebenssituation von in Obdachlosig-keit lebenden Menschen. Praxisgebühren, Me-dikamentenzuzahlung und bürokratisch gere-gelte Abläufe machen es ihnen oft unmöglich, traditionelle medizinische Hilfen in Anspruch zu nehmen. Ein niederschwelliges medizini-sches Hilfsangebot von Gesundheitsamt und Diakonie unterstützt der Verein „Aufsuchende medizinische Hilfe für wohnungslose Menschen in Dortmund e.V.“.

Im Innenhof der Zentralen Beratungsstelle für

Wohnungslose (ZBS) in Dortmund – eine der Sta-

tionen der aufsuchenden medizinischen Hilfe

– warten bereits einige Patienten. Überwiegend

Männer mittleren Alters. Viele von ihnen sehen

müde aus, scheinen die Nacht im Freien verbracht

zu haben. Die Sprechstunden bei Dr. Müller sind

bekannt und beliebt. Ich frage nach dem Weg und

bekomme auch prompt eine Antwort. „Dr. Müller?

Immer den Gang durch!“

Der Verein Aufsuchende Medizinische Hilfe e.V.

feiert dieses Jahr sein zehnjähriges Bestehen.

Was 1996 als Modellprojekt der Ärztekammer

Westfalen-Lippe und des Landesarbeitsamts

Nordrhein-Westfalen begann, ist mittlerweile

eine feste Größe der Dortmunder Obdachlosenhil-

fe. Mitglieder des Vereins sind neben dem Diako-

nischen Werk Dortmund und Lünen gGmbH viele

andere soziale und medizinische Einrichtungen

sowie Privatpersonen, die durch ihre Tätigkeit

mit dem Verein verbunden sind.

Das Interview mit dem Team der aufsuchenden me-

dizinischen Hilfe, bestehend aus Dr. Martin Müller

und den beiden Krankenschwestern Petra Freitag

und Heike Ester, beginnt etwas ungewöhnlich.

Bei der Terminkoordination ist es zu einem klei-

nen Missverständnis gekommen, was dazu geführt

hat, dass Dr. Müller nicht wusste, dass er von bodo

besucht wird. Selbstverständlich erklärt er sich

trotzdem dazu bereit, uns etwas über seine Arbeit

zu erzählen. Unter einer Bedingung: „Wenn einer

meiner Patienten mich braucht, müssen wir unter-

brechen!“ Kaum ein Satz könnte die Haltung, mit

35

35

der das Team der aufsuchenden medizinischen Hil-

fe arbeitet, besser beschreiben.

An fünf Tagen der Woche ist Dr. Müller unterwegs,

ca. die Hälfte der Zeit in Begleitung einer Kran-

kenschwester. Oft aber auch alleine. Besucht wer-

den klassische Einrichtungen der Wohnungslosen-

hilfe wie z.B. die Männerübernachtungsstelle für

Obdachlose in der Unionstraße oder der Dortmun-

der Brückentreff. Aber auch andere Stationen wie

die Beratungsstelle für Prostituierte von KOBER

e.V oder das Café Flash der Drogenhilfe stehen

auf seinem Wochenplan, der an allen Anlaufstel-

len aushängt.

Den Weg, der ihn zur Arbeit mit Obdachlosen ge-

bracht hat, schildert er wie folgt. „Ich habe mich

schon immer für diese Arbeit interessiert. Ich habe

viel in Kliniken gearbeitet und aus der Perspektive

der Praxis beobachtet, wie sich die Arbeit an den

Kliniken verändert hat. Mein Facharzt ist jetzt 30

Jahre alt und der Beginn meiner Ausbildung ist 37

der medizinischen Behandlung sei es aber auch

Teil der Arbeit, die Patienten bei anderen Termi-

nen, z.B. beim Zahnarzt zu begleiten. „Wir haben

ganz viele Patienten, die unheimliche Angst ha-

ben, und die begleiten wir dann. Wir halten dann

Händchen“, berichtet Heike Ester. Auch Kranken-

besuche machen sie, wenn einer ihrer Patienten

im Krankenhaus liegt.

Auf meine Frage, inwieweit sich die Arbeit hier

von der Arbeit in einer klassischen Praxis unter-

scheidet, deutet Dr. Müller in sein einfach einge-

richtetes Behandlungszimmer. Nur ausgestattet

mit Schreibtisch, einer Liege und ein paar klassi-

schen medizinischen Geräten wie Stethoskop und

Blutdruckmessgerät. Technisches Gerät sucht man

vergebens. „Einer der größten Unterschiede ist

einfach der Basischarakter. Wir haben hier kein

Edelstahl. Ich kann keine Hightech-Medizin ma-

chen. Schon alleine aus Kostengründen und auch

aus Gründen der Mobilität nicht. Ich hab nur zwei

Arme, um meine Koffer zu tragen.“

Ein weiterer Unterschied sei die deutlich bürokra-

tieärmere Arbeit. „Wir müssen nicht nach Leis-

tungsziffern abrechnen. Sondern wir bekommen

pro behandeltem Patienten eine Pauschale. Wo-

bei die Politik von Vermutungszahlen ausgeht,

wie viele Obdachlose bzw. Wohnungslose es in

einer Stadt wie Dortmund mutmaßlich gibt. Und

diese Anzahl müssen wir pro Vierteljahr erreichen

oder überschreiten. Das tun wir aber auch locker,

ganz locker. Und so kriegen wir pro Patient einen

bestimmten Betrag. Und aus diesem Topf wird

dann z.B. die Arztstelle refinanziert.“

1.250 Patienten hat Dr. Müller in seiner Kartei.

Viele kommen nur ein einziges Mal, andere wie-

derum sind schon seit Jahren bei ihm. Wenn er

die Zahl der Patienten durch die Zahl der Be-

handlungs- und Beratungskontakte teile, kom-

me er im Schnitt auf sechs Kontakte pro Pati-

ent. Werbung für seine Arbeit müsse er nicht

machen. Er mache sich nur langsam Sorgen, an

seine Kapazitätsgrenzen zu stoßen. Die Sprech-

stunden seien ja nur das Grundgerüst. Viel Zeit

würde auch die Arbeit neben den eigentlichen

Sprechstunden in Anspruch nehmen. „Man kriegt

Jahre her. Ab nächstem Jahr bin ich im Rentenal-

ter, würde aber gerne noch weiter arbeiten. Es hat

sich alles enorm verändert. Das Arbeitsklima, der

Arbeitsstil und die Werteorientierung in den Klini-

ken, die sich in einer Weise verändert hat, dass ich

da gar nicht mehr mitmachen möchte. Da dachte

ich, da arbeite ich doch lieber an der Basis“, so

Dr. Müller. Auch Petra Freitag und Heike Estern

wollten wieder näher an die Patienten und weg

von Klinikalltag und Wechselschicht. Man habe

einfach eine ganz andere Beziehung zu den Pati-

enten, so Petra Freitag.

Die Erkrankungen, mit denen sich das Team am

häufigsten konfrontiert sieht, seien Hauterkran-

kungen wie Abszesse und Erkrankungen der Atem-

wege. Da sein Hauptbüro im gleichen Gebäude

wie das Landesmethadon-Programm liegt, habe er

dort viel Kontakt zu Drogenabhängigen und Subs-

tituierten mit all ihren begleitenden Krankheiten

wie HIV, Hepatitis und allgemeinen drogenasso-

ziierten Symptomen, erzählt Dr. Müller. Neben

36

36 ORTE | von Marcus Preis | Foto: Claudia Siekarski

Den Tod zurück ins Leben holenDie Grabeskirche Liebfrauen in Dortmund

Immer mehr Kirchengemeinden werden zusammengefasst und vorhandene Got-teshäuser bleiben als solche ungenutzt. Zunehmend sucht man nach alternativen Funktionen für die meist historischen und denkmalgeschützten Immobilien (bodo berichtete im Dezember 2010). Seit einem Jahr beherbergt die Liebfrau-enkirche in Dortmunder ein Kolumba-rium. Sie ist die erste Grabeskirche im Ruhrgebiet.

Der Tod ist nahezu aus dem gesellschaft-

lichen Leben unserer Zeit verbannt. Wäh-

rend noch in der Generation unserer Groß-

eltern die Verstorbenen bis zur Beisetzung

zu Hause aufgebahrt wurden, garantieren

heute Bestattungsunternehmen, prakti-

scherweise vis-à-vis den Krankenhaus-

eingängen, eine schnelle und problem-

lose ,Entsorgung‘. Den Hinterbliebenen

wird damit die Möglichkeit genommen, in

Ruhe Abschied zu nehmen. Dabei wird im

Gespräch und im gemeinsamen Erleben

der Prozess der Trauer durchlebt, und der

Schmerz findet Ausdruck und kann dadurch

Heilung erfahren, statt sich im Körper oder

in der Seele zu manifestieren.

Während sich früher die Friedhöfe immer an

der Kirche befanden, werden heute die Ver-

storbenen zunehmend abseits unserer tägli-

chen Laufwege beigesetzt. Das Konzept der

Grabeskirche will dem entgegenwirken. „Wir

beobachten immer wieder, dass Leute nach

ihrem Einkauf auf dem Hellweg, bepackt

mit Plastiktüten, den Weg in die Grabes-

kirche finden und miteinander ins Gespräch

kommen“, berichtet Catrin Drewes, Verwal-

tungsleiterin des Kolumbariums.

Die neugotische Gemeindekirche Liebfrau-

en war stark sanierungsbedürftig und als

solche nicht mehr zu erhalten. Zur Gestal-

tung der Urnengräber wurde ein Architek-

tenwettbewerb ausgeschrieben. Bislang

orientierte man sich dabei eher an senk-

rechten Stelen; das Ungewöhnliche am

Gewinnerentwurf für Dortmund ist, dass

durch die bodenbezogene Anordnung der

bronzenen Urnenpodeste die bewusste

Nähe zur traditionellen Erdbestattung ge-

sucht worden ist. Das Grab wird mit einer

individuell gestalteten Gedenkplatte ver-

sehen. Im Oktober wurde mit der „Grab-

stätte für Unbedachte“ ein zusätzlicher

Bereich eröffnet für Mittellose, die an-

sonsten im Rahmen von Sozialbegräbnis-

sen beigesetzt würden.

Integrierte Sitzbänke in den Grabfeldern

laden zum Verweilen ein, leise spielt klas-

sische Musik. Noch sind erst vereinzelte

Felder besetzt, deutlich erkennbar an den

kleinen Vasen und brennenden Kerzen, die

an der Grabplatte mit passenden Bronze-

halterungen angebracht werden können.

Doch es sind bereits zahlreiche Urnenkam-

mern verkauft, manche Grabplatte ist sogar

schon beschriftet, obwohl die Käufer noch

leben und sich bester Gesundheit erfreu-

en. Zukünftig sind auch Ausstellungen und

Konzerte in einem angemessenen Rahmen

geplant. Catrin Drewes: „Wir haben mit dem

Kolumbarium eine Chance geschaffen, den

Tod wieder ins Leben zu holen.“ (mp)

INFOKolumbarium, auch Columbarium (von la-

teinisch columbarium, der Taubenschlag; zu

columba, die Taube), war ursprünglich die

Bezeichnung für einen Taubenschlag; we-

gen der optischen Ähnlichkeit wurden dann

auch altrömische Grabkammern mit reihen-

weise übereinander angebrachten Nischen

zur Aufnahme von Urnen nach Feuerbestat-

tungen so benannt. Heute bezeichnet man

als Kolumbarium ein Gebäude oder Gewölbe,

das der Aufbewahrung von Urnen dient und

oft einem Friedhof oder Krematorium ange-

gliedert ist. (Quelle: wikipedia)

Papiere vom Jobcenter oder von Rechtsanwäl-

ten vorgelegt und versucht, den Sachverhalt zu

verstehen. Und schaut dann, was man tun kann.

Viele Leute kennen ihre Rechte nicht. Die wissen

nicht, dass sie auf Antrag unter bestimmten Be-

dingungen von Zuzahlungskosten befreit werden

können. Wenn wir merken, dass so etwas in der

Luft liegt, dann machen wir auch mal ungefragt

eine Beratung.“

Auf die Frage, was für Änderungen am Gesund-

heitssystem er sich wünschen würde, stellt er

fest, dass Änderungen am Gesundheitssystem

allein wohl nicht ausreichen würden. Deutsch-

land sei eines der Länder mit der höchsten

Arztdichte pro Einwohner, aber trotzdem sind

die Wartezimmer immer voll. „Das ist ein Zei-

chen dafür, dass die Leute nicht das bekommen,

was sie brauchen. Zuwendung zum Beispiel.“ Mit

falscher Solidarisierung habe das nichts zu tun,

sondern mit Umgang auf Augenhöhe und Res-

pekt vor dem Menschen.

Während wir noch ein paar Fotos machen, klopft

es an der Tür. Einige der Patienten, die gerade

noch im Hof standen, warten jetzt vor dem Be-

handlungszimmer. „Jetzt muss ich mich aber

wirklich um meine Patienten kümmern“, verab-

schiedet sich Dr. Müller. (sese)

Sprechstunden:

Montag:

10 – 12 Uhr | Streetwork-Café, Leopoldstraße 22

14 – 15.30 Uhr | FÜS, Prinz-Friedrich-Karl-Straße 5

Dienstag:

9 – 10.30 Uhr | Gesundheitsamt Nord, Bornstraße 239

11 – 12.30 Uhr | Drobs, Cafe Flash, Schwanenwall 42

Jeden 1., 3., und 5. Dienstag des Monats:

14.30 – 16 Uhr | Übernachtungsstelle, Unionstraße 33

18.30 – 20 Uhr | KOBER e.V., Nordstraße 50

Jeden 2. und 4. Dienstag des Monats:

16 – 17.45 Uhr | Brückentreff, Kesselstr. 50

18 – 19.30 Uhr | Übernachtungsstelle, Unionstr. 33

Mittwoch:

9.30 – 12.30 Uhr | ZBS Diakonie, Rolandstraße 10

12.30 – 13.30 Uhr | Wichernhaus Suppenküche,

Stollenstraße 23

Donnerstag:

10 – 12 Uhr | Gesundheitsamt Nord, Bornstraße 239

14 – 15.30 Uhr | Nordmarkt Kiosk, Mallinckrodtstraße

Freitag:

9.30 – 11.30 Uhr | Gesundheitsamt Nord, Bornstraße 239

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37

38

Die Lampen über der Theke sind an, und sie sind immer noch orange: Die Goldkante ist wieder da. Nach über anderthalb Jahren Renovierung ist der Umzug der kleinen Sze-nebar von der Herner Straße ins Bochumer Ehrenfeld geschafft. Das bewährte Konzept bleibt: Die Goldkante ist ein Laden zum Sel-bermachen.

der neuen Goldkante. Innerhalb weniger Stunden

hatten mehr als 1.000 Menschen den Clip gese-

hen. Bei der Eröffnungsparty am selben Abend

war die Goldkante gerammelt voll. Ein würdiger

Start für einen besonderen Laden.

Die Goldkante war schon an der Herner Straße kei-

ne gewöhnliche Bar. Gegründet wurde sie, weil sich

ein paar Stammgäste der Vorgänger-Bar „London

Tokyo Paris“ nicht mit dem Ende ihres Lieblingsla-

dens abfinden wollten. Also machten sie sich als

Verein h13 e.V. selbstständig und schufen in den

Räumen des ehemaligen „London Tokyo Paris“ die

Goldkante. Seitdem gilt: Wer die unkommerzielle

Self-Made-Bar unterstützen will, kann Vereinsmit-

glied werden. Mitmachen ist nicht nur erlaubt,

sondern erwünscht. Das kulturelle Programm, das

stets fest zum Konzept der Bar gehörte, gestalten

die Gäste selber. Filmabende, DJ-Sets, Lesungen,

Ausstellungen – die Goldkante hat sich so zu ei-

nem Bochumer Zentrum für unabhängige Kultur

entwickelt. Auch internationale DJ-Größen wie

Hans Nieswandt legten hier schon auf.

Bewährte Veranstaltungen laufen im neuen La-

den weiter. „Vier Stunden, vier DJs“ zum Beispiel

– eine Art Open Stage für DJs, die sich an den

Plattenspielern abwechseln können. Dabei dür-

fen je nach der zufälligen Besetzung des Abends

auch ganz unterschiedliche Stile aufeinander-

treffen. „Aber auch völlig neue Programmpunk-

te sind in Planung“, so Sandra Schulz aus dem

Vereinsvorstand. Die Goldkante solle jedenfalls

ein Ort sein, an dem Kultur nicht nur dargeboten,

sondern auch diskutiert wird.

Die Renovierung und die Gestaltung der neuen

„Kante“ hat ein harter Kern aus engagierten

Vereinsmitgliedern so weit wie möglich selber

übernommen. In der Bar steckt der geballte Ide-

alismus der Macher. Die selbst gebaute Theke

ist zum Beispiel ein echte Hingucker geworden.

Allein hieran haben die Hobby-Handwerker über

Monate gewerkelt. Als kleine Reminiszenz an den

alten Laden ist hier auch die Marmorplatte ver-

baut, auf der schon in der Herner Straße die Bie-

re über die Theke gingen – und darüber hängen

die legendären orangen Lampen, die längst zum

Wahrzeichen der Goldkante avanciert sind.

Holzdielen, DJ-Pult, Beleuchtung, Boxen, Rück-

buffet, Vorhänge: Alles ist liebevoll selbst ge-

baut oder gebastelt, Handwerker wurden nur

engagiert, wenn es gar nicht anders ging. „Ich

glaube, keinem von uns war vorher richtig klar,

wie viel Arbeit die Renovierung ist“, so Sandra

Schulz. Gut so: „Denn sonst hätten wir es viel-

leicht gar nicht erst versucht.“ Anscheinend hat

sich der Aufwand aber gelohnt: „Die ersten Wo-

chen liefen toll“, sagt Sandra Schulz. „So kann es

bitte weitergehen!“ (Hanno Jentzsch)

GoldkanteAlte Hattinger Straße 22 | 44789 Bochum

www.goldkante.org

Dienstag bis Samstag ab 18 Uhr

„Sofort, unverzüglich!“

Goldkante | Bochum

38 BODO GEHT AUS | von Hanno Jentzsch | Fotos: Claudia Siekarski

„Wann macht denn die Goldkante auf?“ Diese

Frage haben die Mitglieder des Vereins h13 e.V.,

der die Bar an alter und neuer Wirkungsstät-

te betreibt, nur zu oft gehört. „Wenn sie fertig

ist“, lautete die Antwort der fleißigen Renovierer

meist. Aber dann machte am 16. September plötz-

lich ein Youtube-Video auf Facebook die Runde:

„Sofort, unverzüglich!“ Ein Mann im spießigen

Anzug sagt diese Worte, er guckt unsicher in die

Kamera, sein schrulliger Kollege beugt sich auch

noch ins Bild.

Zur Eröffnung des neuen Ladens hatte sich der Ver-

ein einen PR-Coup einfallen lassen: Detailgetreu

wurde die berühmte Pressekonferenz nachgebildet,

in der Günter Schabowski die Öffnung der deutsch-

deutschen Grenze aus Versehen um einen Tag vor-

verlegt. Carsten Marc Pfeffer verkündet in dem

Video ganz und gar schabowskihaft die Eröffnung

39

CARTOON | Idee und Zeichnung: Volker Dornemann

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Am 17. September schenkten uns über 50 MitarbeiterInnen der Firma Dr. Ausbüttel & Co aus Witten einen Tag. In der Dort-

munder Innenstadt unterstützten sie uns einen ganzen Samstag lang und verkauften unter anderem gemeinsam mit unseren

VerkäuferInnen das Straßenmagazin. Hier ist ein Erfahrungsbericht. Fotos und ein Video finden Sie auf www.bodoev.de.

bodo dankt: Sparkasse Bochum

Monika Henkel, Christian Müller, Gerd Schlitzer, Peter

Thanscheidt, Oliver Stiller, Wolf Stammnitz, Erika Ma-

letz, Volker Schaika, Elsemarie Bork, Peter Lasslop,

Christina Kolivopoulos, Jutta und Wido Wagner, Mari-

anne Linnenbank, Klara Lehmann, Sabine Raddatz, Petra

Danielsen-Hardt, Thomas Kirschdorf, Silke Harborth, Do-

ris Buderus, Timo Zimmermann, Hildegard Reinitz, Ruth

Hanke, Dolf Mehring, Ruth Hanke, Ute Soth-Dykgers,

Dorothee Pischke, Annette Düe, Dr. Josef Balzer, Ale-

xander Barbian-Steinfort, Michael Buddenberg, Helmut

Buscha, Christian Chammings, Angelika Engelberg, Paul

Engelen, Fabian Fluhme, Rolf Geers, Matthias Grigo,

Grünbau GmbH, Britta Richter, Manfred Kater, Almuth

Keller, Jutta Kemper, Helga Koester-Wais, Birgit Kuehn,

Otfried Ladwig, Nicola Steinstrass, Wulfhild Tank, Felix

Zulechner, Ingeborg Schumacher, Brigitte Sonntag, Ga-

briele Steinbrecher, Gabriela Schaefer, Hermann Schro-

eder, Christoph Roeper, Susanne Mildner, Barbara Meyer,

Ute Michler, Ludwig Seitz, Bärbel Bals, Kerstin Bals, Karl

Bonbardt, Das Grafikhaus/O. Schäfer, Ralf Finke, Michael

Stange, Nicole Goralski, Jörg Gruda, Erika Janssen, Mar-

lis Lange, Arne Malmsheimer, Wolfgang Neuhaus, Ursula

Remer, Daniela Schmitz, Nadja Schramm, Rainer Stücker,

Thomas Terbeck, Linda Wotzlaw, Heinz Schildheuer, Tho-

mas Schröder, Snezka Barle, Ute Börner, Bernd Ewers,

Regina Höbel, Sandra und Friedrich Laker, Heike Pan-

nitz, Frank Siewert, Ilona Zarnowski, Rainer Biel, Udo

Bormann, R. Dammer, Anita Diehn-Driessler, Christine

Ferreau, Udo Greif, Rüdiger Haag, Elsbeth Heiart, Ast-

rid Kaspar, Annette Krtizler, Ursula Machatschek, Lie-

selotte Markgraf, Thorsten Matern, Jutta Meklenborg,

Marlies und Eberhard Piclum, Sandra Rettemeyer, Inge

Schaub, Dorothea Bomnüter, Petra Bloch, Ina und Arno

Georg, Edith Link, Annemarie Meiling, Christain Scheer,

Roswitha Wolf, Ulrike Bornemann, Hans-Georg Schwinn,

Isabell Bikowski-Gauchel, Peter Buning, A. und M.

Dietz, Klaus-M. Kinzel, Annegret Malessa, Else Stockert,

Christine Weber, Monika Bender, Petra Bender, Eberhard

Garburg, Jutta Haring, Lieselotte Koch, Katrin Lichten-

stein, Ulrike Märkel, Gerd Pelzer, Renate Krökel, Klaus

Kwetkat, Stefan Meyer, Carsten klink, Thomas Olschow-

ny, Daniela Gerull, Dieter Schibilski, Martin Scholz,

Karl-Heinz Schwieger, Barbara Bokel, Sandra Wortmann,

Annabell Preusler, Birgitt Kuhlmann, Dieter Zawodni-

ak, Elisabeth Heymann-Roeder, Friederike Jansen, Dirk

Schmiedeskamp, Sebastian Poschadel

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