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Institute for Classical Studies, part of the Institute for Philosophy, Czech Academy of Sciences in Prague Bohuslaus von Lobkowicz und die Antike Author(s): JAN MARTÍNEK Source: Listy filologické / Folia philologica, Roč. 103, Čís. 1 (1980), pp. 24-30 Published by: Institute for Classical Studies, part of the Institute for Philosophy, Czech Academy of Sciences in Prague Stable URL: http://www.jstor.org/stable/23460619 . Accessed: 15/06/2014 15:36 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Institute for Classical Studies, part of the Institute for Philosophy, Czech Academy of Sciences in Prague is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Listy filologické / Folia philologica. http://www.jstor.org This content downloaded from 62.122.79.78 on Sun, 15 Jun 2014 15:36:37 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Bohuslaus von Lobkowicz und die Antike

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Institute for Classical Studies, part of the Institute for Philosophy, Czech Academyof Sciences in Prague

Bohuslaus von Lobkowicz und die AntikeAuthor(s): JAN MARTÍNEKSource: Listy filologické / Folia philologica, Roč. 103, Čís. 1 (1980), pp. 24-30Published by: Institute for Classical Studies, part of the Institute for Philosophy, Czech Academy ofSciences in PragueStable URL: http://www.jstor.org/stable/23460619 .

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Bohuslaus von Lobkowicz

und die Antike

JAN MARTÍNEK (PRAHA)

Die aniiken Traditionen in den bohmischen Landern wurden vor kurzem in einem umfassenden Werk behandelt.1 Auch der Name des grofiten boh mischen Humanisten Bohuslav von Hassenstein und Lobkowicz (1461— 1510] kommt in diesem Buch mehrmals vor.2 Doch sind es meistens nur kurze Erwâhnungen, die nicht das gesamte Problém der antiken Gedanken und Formen im Werk dieses Humanisten losen kônnen. Es erhebt sich da her die Frage, ob diese bedeutende Gestalt der bohmischen Literatur in diesem Zusammenhang eine angemessene Aufmerksamkeit gefunden hat. Es kann kein Zweifel daríiber bestehen, dafi der Humanismus in einern Werk, das sich mit den antiken Traditionen befafit, die grofite Auf merksamkeit verdient und dafi Bohuslav von Lobkowicz als der bedeu tendste Humanist Bohmens sich auf diesem bevorzugten Gebiet des grôfi ten Interesses erfreuen solite. Doch finde ich das Vorgehen der Verfasser des genannten Werkes durchaus berechtigt. Soli das Fortleben des anti ken Erbes in den bohmischen Landern entsprechend dargestellt werden, so kann man nicht die bedeutendsten Persônlichkeiten zum Nachteil der anderen unbeschrânkt bevorzugen. Es ist nicht moglich, in einem Werk, das die kulturellen Ereignisse mehrerer Jahrhunderte ubersichtlich dar stellt, das gesamte zur Verfvigung stehende Material unterzubringen. Viel mehr wird es auch weiterhin notwendig sein, die grdfiten Erscheinungen auf dem Gebiet der Kultur einzeln zu behandeln. Ein Beitrag zur Erfiil lung dieser Aufgabe wird hier vorgelegt.

Schon in einem vor elf Jahren verôffentlichten Aufsatz3 habe ich ange deutet, dafi Bohuslav von Lobkowicz ebenso wie die ubrigen bohmischen Humanisten mehr die antiken Formen als Stoffe fiir sein literarisches Werk verwendet hat. Das soli hier eingehend erôrtert und an Beispielen deutlich gemacht werden. Bohuslav strebte ganz bewuftt nach dem Ge brauch des klassischen Lateins, aber er hat sein Ziel nie erreicht. In sei nen Werken lesen wir Formen und Konstruktionen, die vom klassischen Standpunkt aus nicht zu rechtfertigen sind. Hier kann man auf die im er sten Band unserer Hassenstein-Edition angefiihrten Beispiele verweisen.4 In der Wahl von Ausdriicken war er dem Purismus zugeneigt. So sagt er z. B. in einem im Jahre 1492 geschriebenen Brief: Stiborius, quem nescio praesidemne an praetorem appellare conveniat — capitaneus enim canni no barbarům est.5 In seinen Schriften findet man jedoch Wôrter, die bei den Klassikern nicht nachweisbar sind und durch klassische Synonyma ersetzt werden kônnen. Im Widerspruch zu seiner Praxis geht er in seiner

1 Antika a česká kultura, Praha 1978. 2 Str. 165, 223—225, 234, 249, 277, 336, 383, 530. 3 Antike Formen und Stoffe in der bbhmischen und mdhrischen humanistischen Lite

ratur, Antiquitas Graeco-Romana ac tempora nostra, Acta congressus internationalîs ha bit! Brunae diebus 12.—16. mensis Aprilis 1966, Pragae, Academia 1968, S. 373f.

4 Bohuslai Hassensteinii a Lobkowicz Epistulae, Edíderunt Jan Martínek et Dana Martínková tomus 1, Epistulae de re publica scriptae, Leipzig 1969, S. XIX. Ferner nur De re p.

5 Bohuslaus Hassensteinius... a Lobkowicz, Epistolae, edidit A. Potůček, Budapest 1946, S. 22, Nr. 27, § 1. Ferner Epistolae.

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BOHUSLAUS VON LOBKOWICZ UND DIE ANTIKE

puristischen Theorie weit iiber die Grenze des Ertrâglichen hinaus, indem er sogar gegen den Gebrauch von „barbarischen" Eigennamen, d.h. von de

nen, die weder lateinisch noch griechisch sind, eine ablehnende Stellung einnimmt, obwohl der Verzichi auf die Anfiihrung von Personen- und Orts namen in den Werken, die den Stoff aus dem damaligen Leben schôpften, unvorstellbar erscheinen muftte. Als Beleg dieser eigenartigen Anschauung kônnen wir folgende Worte seines Briefes an Martin Pollich von Meller statt zitieren: Nescio tamen, quid Conrado Wimpine cultius, limatius ele

gantiusque sii, et nisi barbara gentium locorumque nomina nonnullam car mini suo duritiem afferrent, nulli recentiorum in hoc scribendi genere ce derei.6 Es handelt sich hier um die von Wimpina im Jahre 1497 heraus

gegebene Schrift Epitoma, wo tatsachlich im lateinischen Text viele mehr oder weniger latinisierte Eigennamen deutschen Ursprungs zu finden sind.

Alle Schriften mit Ausnahme der griechischen und lateinischen bezeich net er als barbarisch.7 Dieses Wort kann jedoch in diesem Zusammenhang eher im antiken als im neueren Sinn gebraucht worden sein, wodurch seine herabsetzende Bedeutung einigermafien gemildert werden diirfte. In modernen Sprachen konnte seiner Ansicht nach kein vorbildliches Werk verfafit werden, und wenn dies doch der Fall war, galt es als eine Aus nahme. Ich brauche nicht zu bemerken, dafi er ftir eine solche Ausnahme nur diejenigen Schriften zu erklâren bereit war, in denen die antike Stil theorie streng befolgt wurde. So schreibt er in einem Brief an Johann Sslechta: Etsi litterae tuae vernacula lingua scriptae fuerunt, redolebant tamen Graecae et Latinae orationis ornamenta. Quare, cum ob id ipsum his plurimum delectatus sum, tum maxime, quia nova quaedam inspera taque afferebant.8 Auch in dieser Hinsicht hat unser Autor seine Vorstel

lungen in seinem eigenen Werk nicht vollkommen realisiert. Man kann ihm zwar nicht die Fâhigkeit absprechen, in einzelnen Sâtzen und Para

graphen bzw. in kurzeren Briefen die antiken Muster gewandt nachzu

ahmen, die inhaltliche Gliederung seiner langeren Prosaschriften weist

jedoch viele logische Mangel auf, obwohl er sich auch in der Disposition seiner Werke auf die glânzenden Muster der antiken Rhetorik stiitzen konnte. Diese Schwâche haben schon fruhere Literarhistoriker erkannt,9

neuerlich wurden weitere Belege dieser nicht logischen Gliederung vor

gelegt.10 Vielleicht hângt es damit zusammen, daft er seine Schriften mo

saikartig11 aus den antiken Zitaten und Wortverbindungen zusammenstell te und dadurch — wenn auch nicht immer mit Erfolg — mehr auf die Wahl

eleganter klassischer Ausdriicke als auf die Gliederung des Inhalts be dacht war.

Als ein Merkmal seiner antiken Orientierung konnte man auch den Ab scheu gegen die Obersetzungen seiner eigenen Gedichte ins Tschechische erwahnen. Als ein Beweis dieser Einstellung gilt sein Gedicht De interprete suorum carminum (diese Oberschrift stammt vom Herausgeber, was sich

6 Epistolae (s. Anm. 5), S. 73, Nr. 80, § 2. 7 De re p. (s. Anm. 4), S. 27, § 81. 8 Epistolae (s. Anm. 5), S. 57, Nr. 56, § 1. 9 J. T r u h 1 á ř, Humanismus, Praha 1894, S. 59. 10 J. Martínek, Bohuslaus Hassensteinius a Lobkowicz meliorne poeta an orátor

fuerit?, Classica atque mediaevalia Jaroslao Ludvíkovský octogenario oblata, Brno, 1975, g. 247 249.

11 B. Ryba, Spisy Bohuslava Hasištejnského 1, Praha 1933, S. 24.

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JAN MARTINEK

schon aus dem Fiirwort suorum ergibt).12 In diesem Gedicht wird aber nicht die Ubersetzung als solche getadelt, sondera ihre schlechte Qualitat, was aus den Worten Scilicet hoc vires interprete lingua Maronis amittet, sowie aus den folgenden Versen zu ersehen ist. Doch bemerkt J. Truhlář sehr treffend, datt das tschechische Versmatt, das vom antiken sehr verschie den war, auf unseren Dichter etwas befremdend wirkte.13 Da aber eine an dere Moglichkeit der tschechischen Ubersetzung fremdsprachiger Gedich te zu dieser Zeit kaum bestand, sind die Vorwurfe Hassensteins indirekt auch gegen die Ubertragung selbst gerichtet. Seine Âufterungen, die seine Vorliebe fiir die lateinische und griechische Literatur und die Gering schatzung anderssprachiger Werke beweisen, werden durch die erhalte nen Bucher aus seiner Bibliothek bestátigt, unter denen fast ausschliett lich griechische und lateinische Schriften zu finden sind.

Von seinen Zeitgenossen, die lateinisch dichteten, hat er genaue Ein haltung des Versmattes gefordert und ihre Verstofíe gegen die Quantitát der Silben scharf kritisiert. Diese Erkenntnis schopfen wir u.a. aus seinen Worten am Schlutt des Briefes vom 2. Januar 1494: Ut autem cognoscas, quanta sit doctrina huius poetae, errores, quos in versibus commisit, huic epistulae subiunximus... Quodsi vis, ut uno verbo rem absolvam, scito car mina eius magis spongia quam emendatione indigereM Obwohl sich die ses Urteil auf das ganze Gedicht bezieht, also auch auf seinen Inhalt, folgt es bezeichnenderweise unmittelbar auf die Kritik des metrischen Aufbaus.

Einen formalen Charakter hat in seinem Werk und besonders in seinen Dichtungen meistens auch der Gebrauch von mythologischen Eigennamen. Die Mythologie steht keineswegs im Mittelpunkt seines Interesses, sie ist nicht der Hauptgegenstand seiner poetischen Darstellung, sondera ein Apparat, eine aufiere Ausstattung seiner Gedichte, die den Zweck hat, dem Werk eine antikisierende Gestalt zu verleihen und nach dem Muster der

hellenistischen Schriften durch gelehrte Anspielungen auf entlegene und vergessene Geschichten die feine humanistische Bildung und grotte Be lesenheit des Autors zur Geltung zu bringen.

Wahrend Lobkowicz durch sein starres und unbeugsames Verharren bei den formalen Gewohnheiten der Antike oft eine affektierte Haltung, die nicht immer der literarischen Entwicklung niitzlich war, an den Tag legte und in Anlehnung an die Antike iibertriebene asthetische Forderungen stellte, denen konsequent nachzukommen er selbst nicht imstande war, hat er sich in seinen Anschauungen und bei der Wahl der Stoffe von der Antike weit entfernt. Uber seine Neigung, den Gegenstand seiner Darstel lung im Geschehen seiner Zeit zu suchen, habe ich schon im oben zitierten Aufsatz geschrieben.15 Deswegen geniigt es, diese Forschungsergebnisse nur kurz zu wiederholen. Das Schwergewicht seines Schaffens liegt in den pessimistischen Aufierungen iiber die damalige politische Lage, in den an die bedeutendsten Staatsmánner gerichteten Aufforderungen, in den Uberlegungen zur Verbesserung des religiôsen und politischen Lebens, in den Schilderungen seiner persdnlichen Erlebnisse wahrend

12 Farrago poematum, Pragae 1570, S. 42.

13 Humanismus {s. Anm. 9), S. 71. 14 Epistolae (s. Anm. 5], S. 37, Nr. 39, § 97—100. 15 S. Anm. 3.

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BOHUSLAUS VON LOBKOWICZ UND DIE ANTIKE

seiner Reisen, am Hofe Wladislaus II. und auf seiner eigenen Burg. Darin sehen wir nichts Besonderes. Àhnlicher Art sind doch auch die Werke der iibrigen Humanisten, die in den bôhmischen Landern gewirkt haben. Die aus dem antiken Themenkreis schdpfenden Erzahlungen waren we niger beliebt. Interessanter ist die Erkenntnis, daft Lobkowicz, was eben falls schon konstatiert wurde, mit Verachtung iiber die hervorragenden antiken Philosophen spricht und ihre Anschauungen vom christlichen Standpunkt aus kritisiert. Neben der direkten Kritik, die wir in der Schrift De veterum philosophis und in anderen philosophisch-moralischen Wer ken lesen kônnen,16 gibt es in seinem Schaffen auch eine indirekte Kri tik. Er vergleicht die Gesinnung seiner Zeitgenossen, die er des Verrats an der christlichen Religion beschuldigt, mit der Lehre der antiken Philo

sophen. So schreibt er gegen seinen ehemaligen Freund Victorinus von Wssehrd: Sed restât, ut de superstitione disseramus et illum non solum superstitiosum, sed plane irreligiosum ostendamus, quippe qui neque Christianae neque cuipiam alteri religioni astringitur, sed quasi novus Ar cesilaus aut Carneades omnia incerta esse arbitratur, non dubitaturus, nisi populi impetum vereretur, injeros superosque negare.11 In.demselben Brief spricht er sein Befremden dariiber aus, dafi die antiken Helden vor den christlichen Heiligen bevorzugt werden.18 Dafí die Benutzung von

mythologischen Anspielungen bei ihm tatsâchlich nur einen rein formalen Charakter trug, bestatigt sein Epigramm, in dem er seinen Freund Johan nes Sturnus vor der antiken Mythologie warnt und die christlichen Dog men als einen wiirdigeren Gegenstand seines Interesses bezeichnet.19 Die Verletzung dieser Grundsâtze des katholischen Glaubens befiirchtet er bei der Beurteilung der Schrift Microcosmus von Johann Sslechta von Wssehrd. Deswegen will er Sslechta von der Herausgabe dieses philoso phischen Werkes wenigstens fiir die nachste Zukunft abraten und als Er satz dafiir andere Themen empfehlen, die mit Sslechtas staatsmânnischer

Tatigkeit zusammenhangen und nicht zu einer Kontroverse mit der christ lichen Theologie fiihren kdnnen. Da diese Worte eine bedeutende Grund

lage fiir die Erkenntnis der Anschauungen Hassensteins bilden, sei mir erlaubt, sie an dieser Stelle unverkiirzt zu zitieren: Quoniam autem iudi cium meum requiris, accipe, quid sentiam. Censeo enim, ut ex Horatii Fa

biique Consilio librum tuum, si tibi saltem res integra est, in nonum re

ponas annum. Neque id scribo, quod aliquid corrigendum mutandumve putem, sed quoniam nemo huius "operis melior censor erit quam tu, si

aliquando lectoris magis quam autoris animo ad ea, quae scripsisti, acces seris. Neque dubito, quin pro ingenii tui magnitudine plura validioraque in eam sententiam allaturus sis et quae nobis plus fructus voluptatisque praebitura siní. Quodsi apertius me agere vis, mailem te in alio litterarum

genere elaborare et de moribus, de gubernatione regnorum, de seditionibus

discordiisque sopiendis scribere. Illud enim otiosorum umbraticorumque est, hoc autem occupatorum et eorum, qui longo tempore cum summa laude in re publica versati sunt. Neque etiam nostra magnopere interesse

arbitror, Averroisne Arabs an Alexander Aphrodisaeus de anima rectius

sentiat, quum ecclesiastici scriptores ea melius accuratiusque tractent

16 S. dieselbe Anm. 17 Epistolae (s. Anm. 5), S. 35, § 77. i» Ebenda S. 29, § 3. 19 S. Anm. 3.

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JAN MARTINEK

sintque omnia ita iam religione Christiana sancita, ut nihil contra hiscere liceat.20

Trotz seiner Vorliebe fur den antiken Stil wirft unser Humanist dem schon erwâhnten Victorinus vor, dafò er nur die Prunkstiicke der antiken Rhetorik zu lesen bereit ist und sich dabei von der Lektiire der Heiligen Schrift abwendet, da er ihre Stilqualitâten geringschâtzt: Sed sordent sacrae litterae adversario, et quia polita solum, limata, concinna excul

taque legere consuevit, haec quasi rusticana irridet atque aspernatur 21

Lobkowicz, der grofite Biicherfreund, den es je in Bôhmen gegeben hat, der mit Ungeduld die Sendungen von neuen Ausgaben der Klassiker

erwartet, beschuldigt die ungarischen Priester, daft sie fiir die antiken Autoren begeistert sind: Ecclesiastici crebrius de nummis quam de caelo

loquuntur saepiusque Nemesim et Laidem quam Christum in ore habent, quodque vix tolerabile est, plus Plauto Vergilioque quam euangelio in cumbunt et studiosius Epicuri dogmata quam decreta pontificum evol vunt.22

Am wichtigsten erscheint in diesem Zusammenhang das Bekenntnis des schon am Ende seines Lebens stehenden Lobkowicz, wo er die Ent

wicklung seiner Beziehungen zur Antike und zum Christentum iiberblickt. Wir finden es am Schluft des Briefes vom Mârz 1509 an Bernhard Adel mann von Adelmannsfelden: Hortaris in fine epistolae, ut post saecularia studia tandem in euangelii et sacrorum v o luminum lectione

conquiescam. Gratum id mihi mirum in modum est. Neque enim certius indicium verae, sanctae Christianaeque amicitiae esse potest. Ceterum, si in adolescentia, quo tempore gentilibus penitus deditus eram et plus, quam expediebat, eloquentiae lenocinlo mulcebar, numquam tamen vitae mo

rumque praecepta inde aucupanda existimavi, non est, cur verearis, ne iam canescente vertice rosas et lilia et amoenos fontes pluris faciam, quam pi e nam m e s s e m, ubereš oleas et graves f r uct ib us vîtes. Quin saepe accidit non solum in his, quae ad re

ligionem moresque pertinent, sed etiam in rerum naturalium inquisitione, ut schola Parisiensi magis quam Athenis delecter, et plus mihi Albertus

quam Seneca aut Plinius satisfaciant. Quodsi utique ad v et er a stu dia int e r dum r e de o, id non tam singulari aliqua voluptate fit, quam ne e o rum, quae in adolescentia magno labore di di c i, pror sus oblivisca r.23

Man wird einwenden konnen, daB" die Anschauungen Hassensteins, die hier auf Grund seiner eigenen Àufterungen dargestellt wurden, nicht nur fiir ihn, sondern fiir das ganze Zeitalter des Humanismus in den bôh mischen Lândern typisch sind, da z. B. zu den zuletzt zitierten Worten Hassensteins ein Gedicht des Simon Ennius (ca. 1520 — 20. 2. 1561), dem diese Stelle in gedruckter Form nicht bekannt gewesen sein kann, ein Seitenstiick bildet:

Quod tibi consueto nil scribam more frequenter,

inquiris causam me gelidumque putas.

20 Epistolae (S. Anm. 5), S. 61f., Nr. 61, § 10—13. 21

Ebenda, S. 36, § 88. 22 Ebenda, S. 74, Nr. 82, § 5. 23 Ebenda, S. 120, Nr. 145, § 19—22. Die Ausdriìcke bzw. Gedanken, die auch im an

schliefiend zitierten Gedicht von Simon Ennius vorkommen, werden des Vergleichs wegerx gesperrt gedruckt.

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BOHUSLAUS VON LOBKOWICZ UND DIE ANTIKE

Quamvis malori studium hoc ex parte reliqui, attamen Aonio vena liquore scatet.

Pristinus ille vigor abiit, decessit et ardor

scribendi, modicus qui fuit ante mihi.

Diversos gravior mores mea postulat a e t a s

detinet in s a c r i s me potiusque 1 i b r i s, sunt ubi i u c u n d i magno cum foenore fructus,

e quibus elicitur nectar et ambrosia.

Ergo deposui laudati scripta Maronis, rarius in manibus fit quoque Naso meis.

Sed nec in integrum sacras fastidio Musas, interdum soleo ludere versiculos.

Sed velut evigilans recolo revocoque Camaenas, ne meus exhaustus f o n s sit et intereat.!i

Obwohl es beachtenswert ist, dafi diese Schriftsteller verschiedener An

schauungen (Lobkowicz war Katholik, Ennius Lutheraner] in ihren Àufierungen, die zudem verschiedener Art waren (Prosa und Dichtung), unabhângig voneinander ubereinstimmten, bedeutet es keineswegs, dafi wir diese Oberzeugung bei alien Humanisten in den bôhmischen Lândern voraussetzen konnen. Im Gegenteil verrat die Kritik, die Lobkowicz an den Werken anderer Humanisten geûbt hat, dafi sie zu diesen Fragen eine an dere Stellung einnahmen. Es waren vor allem der schon erwâhnte Sslech ta, der uber philosophische Problème im Sinne des Humanismus ohne Rticksicht auf die noch geltenden mittelalterlichen Dogmen zu schreiben

wagte, der ebenfalls schon genannte Victorinus, der sich in den ersten Jahren seiner juristischen und schriftstellerischen Tâtigkeit nach den zi tierten Worten Hassensteins der Skepsis im Bereich der Philosophie und

Religion zugewandt hatte, und der bekannte italienische Humanist Hiero nymus Balbus, der auch in Bôhmen wirkte und wegen seiner liberalen Ge

sinnung in Religionsfragen von Lobkowicz scharf verurteilt wurde. Die Untersuchung der Beziehungen Hassensteins zur Antike wâre ohne

eine kurze Beurteilung seines Beitrages zur Verbreitung des antiken Erbes nicht vollstândig. Man mufi zugeben, dafi dies nur durch einen Teil seiner Werke geschah, die jedoch in ihrer Mehrzahl erst nach seinem Tode ge druckt worden sind. Seine Lehrtatigkeit beschrânkte sich auf einen engen Kreis von Schûlern und seine grofien Kenntnisse der antiken Kultur brach ten der wissenschaftlichen Offentlichkeit wenige Friichte. Seine Haltung war in dieser Hinsicht mehr passiv, er suchte vor allem seine Sehnsucht nach neuen Erkenntnissen zu befriedigen, als den Nachlafi der Antike durch aktive Pflege der Wissenschaft lebendig zu erhalten und den kunf

tigen Generationen zu iibermitteln. Unter diesen Umstanden wird man wohl die Frage stellen, wodurch

eigentlich Lobkowicz den Ruhm des grofiten Humanisten Bôhmens verdient

hat. Man wird Bedenken hegen, ob diese hohe Einschâtzung seiner litera

rischen und wissenschaftlichen Leistungen zu rechtfertigen ist. Auf Grund des Gesagten wird man darauf hinweisen, dafi er auf diesen Gebieten die

Erwartungen der humanistisch gesinnten Gelehrten nicht erfiillen konnte.

24 Farrago quarta poematum ... ad ... Ioannem seniorem Hoddeiovinum ..Pragae ..

1562, fol. 711a. An diesen Hoddeiovinus wendet sich der Autor am Anfang seines Ge

dichtes. Die Orthographie entspricht dem Originaldruck (foenore, Camaenas), die Inter

punktion ist jedoch modem. Ober den Zweck des gesperrten Satzes s. oben Anm. 23.

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JAN MARTÍNEK

Diese scheinbar berechtigten Zweifel an der bisherigen Wurdigung Has sensteins konnen wir mit gutem Gewissen zerstreuen. Er verdankt seinen Ruhm nicht in einem besonders hohen MaB seinem Streben nach den Zie

len, die gewohnlich als typisch fur den Humanismus bezeichnet werden, sondern den Eigenschaften, die in der Sprachkultur, Literatur und Wissen schaft eine breitere Geltung haben. Er genoB wegen seiner groBen Kennt nisse und Erfahrungen allgemeine Achtung und Verehrung. Obwohl er, wie schon angedeutet, seine Schriften oft mosaikartig aus den Ausdriicken an tiker Schriftsteller zusammensetzte, wuBte er dank seinem eigenartigen Sprachgefiihl das rechte Mafi zu halten. Er unterscheidet sich gerade da durch von vielen anderen Humanisten, daB er nicht der Versuchung erlag, in einzelnen Sâtzen seiner Schriften moglichst viete aus den antiken Schriftstellern entlehnte Ausdrticke anzuhaufen, um seine Belesenheit und Bildung an den Tag zu legen. Deswegen kann ihm nicht vorgeworfen werden, er habe seine schriftlichen ÂuBerungen durch gesuchte und un

notige Worter iiberlastet und dadurch unverstandlich gemacht. Dem anti ken Wortschatz und den antiken Formen tìberhaupt wuBte er einen neuen Inhalt zu geben. Obgleich er die Gliederung seiner groBeren Werke nur ausnahmsweise25 meistern konnte, ist sein Latein, besonders wenn man kleinere Abschnitte seiner Schriften beurteilt, elegant, gut verstandlich und angenehm lesbar. Die Mangel, die in seinen Prosaschriften gefunden wor den sind, kommen in seinen Gedichten seltener vor.26 Seine poetische Be gabung hat sich besonders in den Epigrammen geltend gemacht. Sein Vor zug beruhte vor allem in der Fahigkeit, in kurzen Dichtungen die MiBstân de seiner Zeit zu erfassen und ihre versteckten Ursachen scharfsinnig zu entdecken. Vor der Strenge seines Urteils konnte sich keiner der damali gen Staatsmanner und Herrscher sicher fuhlen. Leider hat er auch auf diesem Gebiet der Literatur eine gewisse Zuriickhaltung gezeigt, indem er seine meisten Gedichte ungedruckt liegen lieB. Doch kann als sicher gelten, daB seine poetischen Werke in vielen Abschriften zirkulierten und so wenigstens in die Hande der berufenen und urteilsfahigen Leser ge langten. Dadurch bat er, vielleicht ohne es zu wollen, die weitere Knt wicklung des humanistischen Schrifttums beeinfluBt.

Durch diese Wiirdigung der literarischen Verdienste Hassensteins wurde das Urteil der Jahrhunderte bestatigt. Die im zitierten Werk verstreuten Bemerkungen durften durch diesen Beitrag genauere Umrisse bekommen haben. Doch kann eine eingehende Erorterung aller Problème, die mit unserem Thema zusammenhangen, erst in einer grundlichen Abhandlung erfolgen, die wir dem Bohuslav von Lobkowicz schon langst schuldig sind.

25 Martínek (s. Anm. 10], S. 249f. 26 Ebenda, S. 250 ff.

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