10
4 4 | 2005 BRANDSCHUTZ Biogasanlagen in der Landwirtschaft Die Investition in erneuerbare Energien ist mit der Novelle des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG) zum 1. August 2004 finanziell in hohem Maße attraktiv geworden. Der so genannte „Nawaro-Bonus“ für die Einspeisung von Strom, der aus dem Einsatz nachwachsender Rohstoffe und Gülle in Biogasanlagen stammt, hat zu einem Boom dieser Anlagen insbesondere in der Landwirtschaft geführt. Landwirtschaftsverbände und -organisationen sehen in Biogasanlagen eine gute Möglichkeit, landwirt- schaftliche Einkommen auf Dauer zu verbessern und zu sichern sowie langfristig die landschaftspflegen- de Arbeit der Bauern zu gewährleisten. Praktizierter Ressourcenschutz In der Natur nutzen die Pflanzen das Licht der Sonne und das Kohlendioxid aus der Luft zum Aufbau von Biomasse. Wo diese Biomasse durch natürlich vorkom- mende Methanbakterien im feuch- ten Milieu, unter Luftabschluss (anaerob) und bei möglichst gleich- mäßiger Temperatur abgebaut wird, entsteht Biogas, auch Faul- gas genannt. In der Natur findet dieser Vorgang beispielsweise in Sümpfen, im Faulschlamm nähr- stoffreicher Gewässer oder im Ver- dauungstrakt von Wiederkäuern statt. Der gleiche Prozess läuft auch in Biogasanlagen ab, in denen orga- nische Stoffe wie Gülle oder pflanz- liche Reststoffe in Gärbehältern (Fermentern) verrottet werden. Produkte dieses chemischen Vor- gangs sind das vergorene Substrat und Biogas. Biogas besteht zu 2/3 aus Methan und zu ca. 1/3 aus Kohlendioxid. Dieses Gas wird in Biogasanlagen gesammelt und in einem Verbrennungsmotor oder (seltener) in einer Feuerungsanlage Ressourcenschonende Energiegewinnung und lukrative Einkommensalternative Bild 1: Die Nutzung nachwachsender Rohstoffe in Biogasanlagen ist durch das EEG auch finanziell attraktiv geworden.

BRANDSCHUTZ - schadenprisma · zum 1. August 2004 finanziell in hohem Maße attraktiv geworden. Der so genannte „Nawaro-Bonus“ für die Einspeisung von Strom, der aus dem Einsatz

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: BRANDSCHUTZ - schadenprisma · zum 1. August 2004 finanziell in hohem Maße attraktiv geworden. Der so genannte „Nawaro-Bonus“ für die Einspeisung von Strom, der aus dem Einsatz

4 4 | 2005 BRANDSCHUTZ

Biogasanlagen in der Landwirtschaft

Die Investition in erneuerbare Energien ist mit der Novelle des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG)zum 1. August 2004 finanziell in hohem Maße attraktiv geworden. Der so genannte „Nawaro-Bonus“ fürdie Einspeisung von Strom, der aus dem Einsatz nachwachsender Rohstoffe und Gülle in Biogasanlagenstammt, hat zu einem Boom dieser Anlagen insbesondere in der Landwirtschaft geführt.Landwirtschaftsverbände und -organisationen sehen in Biogasanlagen eine gute Möglichkeit, landwirt-schaftliche Einkommen auf Dauer zu verbessern und zu sichern sowie langfristig die landschaftspflegen-de Arbeit der Bauern zu gewährleisten.

Praktizierter Ressourcenschutz

In der Natur nutzen die Pflanzendas Licht der Sonne und dasKohlendioxid aus der Luft zumAufbau von Biomasse. Wo dieseBiomasse durch natürlich vorkom-mende Methanbakterien im feuch-ten Milieu, unter Luftabschluss(anaerob) und bei möglichst gleich-mäßiger Temperatur abgebautwird, entsteht Biogas, auch Faul-gas genannt. In der Natur findetdieser Vorgang beispielsweise inSümpfen, im Faulschlamm nähr-stoffreicher Gewässer oder im Ver-dauungstrakt von Wiederkäuernstatt.

Der gleiche Prozess läuft auch inBiogasanlagen ab, in denen orga-nische Stoffe wie Gülle oder pflanz-liche Reststoffe in Gärbehältern(Fermentern) verrottet werden.Produkte dieses chemischen Vor-gangs sind das vergorene Substratund Biogas. Biogas besteht zu 2/3aus Methan und zu ca. 1/3 ausKohlendioxid. Dieses Gas wird inBiogasanlagen gesammelt und ineinem Verbrennungsmotor oder(seltener) in einer Feuerungsanlage

Ressourcenschonende Energiegewinnung und lukrative Einkommensalternative

Bild 1: Die Nutzung nachwachsender Rohstoffe in Biogasanlagen ist durch das EEGauch finanziell attraktiv geworden.

Page 2: BRANDSCHUTZ - schadenprisma · zum 1. August 2004 finanziell in hohem Maße attraktiv geworden. Der so genannte „Nawaro-Bonus“ für die Einspeisung von Strom, der aus dem Einsatz

5BRANDSCHUTZ 4 | 2005

in Strom und Wärme umgewandelt.Das vergorene Substrat (Gärrest)wird in der Regel als Dünger auflandwirtschaftliche Felder ausge-bracht.

Durch die Nutzung von Biogas alsEnergieträger können insbesonde-re fossile Brennstoffe wie Kohle,Erdgas oder Erdöl substituiert wer-den. Jede erzeugte KilowattstundeStrom aus Biogas erspart derAtmosphäre ca. 650 Gramm CO2

aus fossilen Brennstoffen. Damitleistet die Biogasnutzung einenaktiven Beitrag zum Klimaschutz.

Im Jahr 2004 wurden inDeutschland ca. 9,3 % des ver-brauchten Stroms aus erneuerba-ren Energiequellen bzw. ca. 0,2%aus Biogas erzeugt.

Mit insgesamt 1,3 Milliarden Kilowattstunden betrug der Anteildes in Biogasanlagen erzeugtenStroms an der Stromerzeugungaus erneuerbaren Energien ca.2,4 %. Der Fachverband Biogasprognostiziert, dass bis Ende 2005 3 Millionen Haushalte in Deutsch-land ihren gesamten Strombe-

darf aus Biogasanlagen deckenkönnten.

Für die Vergärung von Biomasseaus dem landwirtschaftlichenBereich in Biogasanlagen sprichtneben der Gewinnung von elektri-scher und thermischer Energiesowie der Substitution fossilerBrennstoffe:

� Die Reduzierung diffuser (klimaschädlicher) Methan-emissionen.

� Die Verbesserung der Gülle-eigenschaften und des Dünge-wertes (z.B. bessere Fließ-fähigkeit, höhere Pflanzenver-träglichkeit, höherer Gehalt anpflanzenverfügbarem Ammoni-umstickstoff).

� Die Verminderung von Geruchs-emissionen bei der Ausbrin-gung der Gärreststoffe. �

Im Mittel entspricht die Energievon 1 m3 Biogas der von etwa0,65 l Heizöl oder 0,66 m3

Erdgas. Daraus lassen sich jenach Wirkungsgrad des BHKWetwa 2 kWh Strom und bis 4 kWh Wärme erzeugen.

Klärgas 1,5 %

Biog. Festbrennstoff 7,0 %

Biog. flüssige Brennstoffe 0,1 %

Biogener Abfall 3,9 %

Geothermie 0,001 %

Wasserkraft 37,6 %

Windenergie 44,8 %

Photovoltaik 0,9 %

Deponiegas 1,9 %

Biogas 2,4 %

Gesamterzeugung 55,8 TWh/a

Bild 2: Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien 2004.Quelle: BMU – Publikation „Erneuerbare Energien in Zahlen –nationale und internationale Entwicklung“

Page 3: BRANDSCHUTZ - schadenprisma · zum 1. August 2004 finanziell in hohem Maße attraktiv geworden. Der so genannte „Nawaro-Bonus“ für die Einspeisung von Strom, der aus dem Einsatz

4 | 2005 BRANDSCHUTZ

Einsatzstoffe und ihre Risiken

Als Substrate für den Einsatz inBiogasanlagen eignen sich grund-sätzlich neben Wirtschaftsdüngerwie Rinder- und Schweinegülleauch:

� landwirtschaftliche Reststoffe(z.B. Gras, Silage, Zucker-rübenblatt, Kartoffelkraut)

� nachwachsende Rohstoffe(speziell zum Zweck der Bio-gasgewinnung angebaute Feldfrüchte wie Mais oderGrassilage, Raps, Senf, Winter-roggen, Getreideganzpflan-zensilage)

� Abfälle aus der Agroindustrie(z.B. Biertreber, Kartoffelpülpe,Rückstände aus der Obst- undGemüseverarbeitung)

� kommunale Bioabfälle (z.B.Bioabfall aus der Biotonne,Fettabscheiderinhalte,Grasschnitt)

� Stoffe nach der Neben-produkteverordnung (EG) (z.B. Mageninhalt, Flotatfett,Pansen- und Darminhalte)

� industrielle Abfälle (z.B. Algenbei Kraftwerken, Glycerin ausder Biodieselproduktion,Wasser-Alkoholgemische ausdem Pharmabereich)

Zu beachten sind neben dem Gas-ertrag eines Substrates auch ande-re Eigenschaften, wie z.B. die Pro-zessstabilität. Dies ist der Grund,warum die meisten Anlagen mitRinder- oder Schweinegülle alsBasissubstrat arbeiten, trotz dereher geringen Gaserträge der Gülle(20 bis 30 m3 pro Tonne eingesetz-tem Substrat).

Die in Biogasanlagen vergärbarenSubstrate lassen sich verschiede-nen Risikogruppen zuordnen.Neben unproblematischen Einsatz-stoffen (z.B. nachwachsende Roh-stoffe) kann nach hygienisch be-denklichen, störstoffhaltigen und

6

Bild 3: Nachwachsende Rohstoffe – wie hier Maissilage – sind ein begehrtes Substrat für Biogasanlagen.

Bild 4: Zuordnung derSubstrate zu Risikogruppen

unbedenklich

Grüngut, Rasenschnitt Panseninhalt, Flotatfett,

Fettabscheiderfett,

Magen-/Darminhalt,

Blutmehl

überlagerte Lebensmittel

Großküchenabfälle,

häusliche Abfälle

Bioabfall

Bioabfall

Großküchenabfälle

überlagerte Lebensmittel

Mais, Getreide, Gras,

Rüben etc.

Gülle, Festmist, Zucker-

rübenblatt, Stroh

Gemüseabfälle,

Schlempe, Rüben-

schnitzel, Stärke-

schlamm

hygienisch bedenklich störstoffhaltig schadstoffhaltig

Klärschlamm, Bioabfall,

Straßenbegleitgrün

Ölsaatenrückstände

Fettabscheiderfett

Kommunale Reststoffe

Industrielle Reststoffe

Landwirtschaftl. Reststoffe

Schlachthofabfälle

Nachwachsende Rohstoffe

Sonstige

Page 4: BRANDSCHUTZ - schadenprisma · zum 1. August 2004 finanziell in hohem Maße attraktiv geworden. Der so genannte „Nawaro-Bonus“ für die Einspeisung von Strom, der aus dem Einsatz

7BRANDSCHUTZ 4 | 2005

schadstoffhaltigen Substratenunterschieden werden.

Da in der Regel der Gärrest auflandwirtschaftliche Flächen ausge-bracht wird, muss ein Eintrag vonumweltbelastenden Substanzen inden Naturkreislauf verhindert wer-den. Beim Einsatz hygienisch be-denklicher Substrate (wie z. B.Reststoffe aus der Tierverwertung,Bioabfall) ist eine zusätzlichePasteurisierung erforderlich, umdie Verbreitung von Krankheits-

erregern zu verhindern. Vorschriftsind eine Vorzerkleinerung auf 12 mm Partikelgröße und eineanschließende 60-minütige Pas-teurisierung bei 70 °C, die in derRegel vor der Einbringung in denFermenter in beheizten und rühren-den Edelstahlbehältern durchge-führt wird.

Bei störstoffhaltigen Substratensind Abscheideranlagen erforder-lich, die Steine, Kunststoffe,Metalle oder Sand abtrennen.

Besonders beim Einsatz vonAbfällen können Schadstoffgrenz-werte überschritten werden. DieBioabfallverordnung definiert die inBiogasanlagen zugelassenen Ab-fallarten und legt für bestimmteSchadstoffe – wie z.B. Schwer-metalle – Höchstgehalte fest. Beider Vergärung von Schweinegüllesollten beispielsweise nicht zu-sätzlich kupfer- und zinkhaltigeKosubstrate eingesetzt werden. �

Aufbau einer Biogasanlage

Landwirtschaftliche Biogasanlagen bestehen in der Regel aus:

� einer Vorgrube zur Sammlung und Homogenisierung des Substrates� Einrichtungen zur Feststoffeinbringung� Lagerbehältern für weitere Einsatzstoffe (Kosubstrate)� ggf. Einrichtungen zur Störstoffabtrennung und zur Pasteurisierung� einem oder mehreren Fermentern einschließlich Rührtechnik� einem oder mehreren Nachgärbehältern� einem oder mehreren Endlagern für das ausgefaulte Substrat (Gärrest)� Pumpen zur Beschickung und Entleerung des Fermenters und der Lagerbehälter � einer Gasstrecke mit Zähler, Kondensatabscheider, Entschwefelung, Sicherheitstechnik sowie

Speicher- und Reinigungsmöglichkeiten für das erzeugte Biogas� einer oder mehreren Verbrennungsmotoranlagen (BHKW) oder (seltener) einer Feuerungsanlage

zur Verwertung (Strom und Wärme) des anfallenden Biogases� Einrichtungen zur Abgabe der elektrischen Energie ins öffentliche Elektrizitätsnetz und zur Nutzung

der anfallenden Wärme� Anlagensteuerung

Bild 5: Schematischer Aufbaueiner Biogasanlage

Page 5: BRANDSCHUTZ - schadenprisma · zum 1. August 2004 finanziell in hohem Maße attraktiv geworden. Der so genannte „Nawaro-Bonus“ für die Einspeisung von Strom, der aus dem Einsatz

8 4 | 2005 BRANDSCHUTZ

Die Vorgrube dient zur Sammlungund dosierten Weitergabe desorganischen Materials und sollteSubstrat für ein bis zwei Betriebs-tage aufnehmen können. Werdennachwachsende Rohstoffe wieGras, Mais oder Abfälle aufgenom-men, sind diese vorher ausrei-chend zu homogenisieren, um einefür die Bakterien ausreichende An-griffsfläche für den Abbau zu erhal-ten und hiermit die Ausfaulzeitenzu verringern. Vorgruben sind da-her in der Regel mit einer kräftigenRühreinrichtung ausgerüstet. Be-stimmte Kosubstrate – wie z.B.Fette – sollten in separaten Vorrats-tanks gelagert werden. Feststoffewerden meist unter Umgehung derVorgrube mit Eintragsschneckenoder Eintragskolben direkt in denFermenter eingebracht.

Fermenter

In beheizten und wärmegedämm-ten Fermentern werden die einge-brachten Substrate vergärt.

Fast alle landwirtschaftlichen Bio-gasanlagen sind so genannte Nass-vergärungsanlagen mit Trocken-

substanzgehalten des Substratesvon maximal bis zu 15%. Bei derTrockenvergärung (Trockensub-stanzgehalte des Substrates von25% bis 60%) in so genanntenTrockenfermentationsanlagen isteine direkte Vergärung festerSubstrate wie Festmist, Mais oderanderer nachwachsender Rohstoffmöglich. Allerdings existieren hierderzeit nur wenige Anlagen, diehauptsächlich nach dem Perko-lationsverfahren arbeiten und austechnischer und wirtschaftlicherSicht noch Optimierungsbedarfhaben. Bei diesem Verfahren wer-den die Substrate mittels Radladerin luftdichte Behälter eingefüllt, mitFlüssigkeit berieselt sowie mitBakterien geimpft.

Wegen der im Allgemeinen hohenSubstratausbeute und der gutenProzessstabilität erfolgt der Subs-tratabbau in landwirtschaftlichenFermentern hauptsächlich im me-sophilen Bereich, d. h. bei Fer-mentertemperaturen zwischen 35und 42 °C.

Ein Großteil der Biogasanlagen inder Bundesrepublik arbeitet zudem

nach dem Durchflussverfahren, beidem dem Fermenter möglichstmehrmals täglich frisches Aus-gangsmaterial (z.B. aus der Vor-grube) zugegeben wird, währenddie gleiche Menge entnommen undeinem separaten Lagerbehälter fürausgefaultes Material zugeführtwird.

Hinsichtlich der Bauform sind beilandwirtschaftlichen Biogasan-lagen stehende Fermenter ausStahlbeton vorherrschend. In ihnenwird das Substrat z. B. mitPropeller-Tauchrührwerken voll-ständig durchmischt. Bei liegendenFermentern (wie Pfropfstromfer-mentern) aus Stahl oder Beton, dievon der Stirnseite befüllt werden,wandert das Substrat durch dieRührwerksbewegungen langsamzur gegenüberliegenden Seite, woes im ausgefaulten Zustand denFermenter verlässt.

Biogasspeicher

Für die Lagerung des anfallendenBiogases haben sich bei den land-wirtschaftlichen Anlagen Folien-speicher (Niederdruckspeicher mit

Bild 6: Einbringen von Maissilage übereinen Trichter direkt in den Fermentereiner Biogasanlage

Bild 7: Fermenter einer Biogasanlage und Container mit Gasmotoren

Page 6: BRANDSCHUTZ - schadenprisma · zum 1. August 2004 finanziell in hohem Maße attraktiv geworden. Der so genannte „Nawaro-Bonus“ für die Einspeisung von Strom, der aus dem Einsatz

9BRANDSCHUTZ 4 | 2005

einem Betriebsdruck von wenigenMillibar) durchgesetzt. Neben derkostengünstigen Speicherung imGasraum des Fermenters (Folien-dach) werden auch Folienkissen inGebäuden oder leichten Unter-ständen zur Speicherung des Bio-gases verwendet. Auch der Nach-gärbehälter kann gleichzeitig alsGaslager dienen.

Biogasreinigung

Das im Fermenter entstehendeBiogas ist wasserdampfgesättigtund enthält Spurengase wie Schwe-felwasserstoff (H2S). Schwefelwas-serstoff ist hochgiftig und führt be-reits bei geringen Konzentrationenzu Geruchsbelästigungen. In Rohr-leitungen und Anlagenteilen kanner Korrosionsschäden und ein er-höhten Motorverschleiß verursa-chen. Daher ist eine Entschwefe-lung des Gases erforderlich. EinTeil der Spurengase sowie derWasserdampf werden über eineKondensatstrecke entfernt. Durchdas Einblasen von Luft (bis zu ca. 6Volumenprozent) wird der Schwe-felwasserstoffgehalt in landwirt-schaftlichen Anlagen effektiv redu-

ziert. Für die Entschwefelung beigrößeren Biogasanlagen gibt esVerfahren mit Eisenoxiden oderAktivkohle.

Biogasverwertung

Biogas aus der Landwirtschaft wirdin der Regel in Blockheizkraft-werken (BHKW) genutzt. Die Ver-brennung erfolgt in Gas-Otto-Mo-toren oder in Zündstrahlmotoren. BeiZündstrahlmotoren, die nach demDieselprinzip arbeiten, müssen zu-sätzlich zum Biogas etwa 10 %Zündöl eingespritzt werden. DieseMotoren werden häufig bei kleinerenBiogasanlagen mit schwankendenGasqualitäten eingesetzt.

Gasmotoren, meist oberhalb einerelektrischen Leistung von 150 kWeingesetzt, werden mit einemGemisch aus Luft und Biogasbetrieben, das elektrisch gezündetwird.

In der Regel wird der Strom in dasöffentliche Stromnetz eingespeist.Ein Teil der entstehenden Wärmewird zur Beheizung der Fermenterund eventuell für Hygienisierungs-

einrichtungen benötigt. Mit demRest können Wohn-, Betriebs- oderStallgebäude beheizt werden.Wegen der Errichtung von Biogas-anlagen im Außenbereich fehlt esoft an anderen Möglichkeiten derWärmenutzung.

Bei der Neukonzeption von An-lagen sollten daher auch die Nähezu Wärmeverbrauchern oder alter-native Nutzungskonzepte wie dieTrennung von Biogaserzeugungund -verwertung oder die Einspei-sung von Biogas in das Gasnetzberücksichtigt werden.

Für die Verbrennung des Biogasesin einer Brennstoffzelle – einemVerfahren, das sich zurzeit noch inder Entwicklung befindet – ist eineaufwändigere Gasaufbereitung miteiner Reformierung erforderlich.

Endlager

Der Gärrest aus dem Fermenterwird bis zur Ausbringung auf dielandwirtschaftlichen Flächen ineinem Endlager gespeichert, dasauf eine Lagerkapazität von sechsMonaten ausgerichtet sein sollte. �

Bild 8: Stehende Stahlbetonfermenter und Nachgärbehälter mitFoliendach zur Speicherung des anfallenden Gases

Bild 9: Verwertung des erzeugten Biogases in einem Gas-Otto-Motor

Page 7: BRANDSCHUTZ - schadenprisma · zum 1. August 2004 finanziell in hohem Maße attraktiv geworden. Der so genannte „Nawaro-Bonus“ für die Einspeisung von Strom, der aus dem Einsatz

10 4 | 2005 BRANDSCHUTZ

Risiken und typischeSchadenbilder

Grundsätzlich können bei derErzeugung von Biogas inBiogasanlagen folgende Risikenund Gefahren entstehen:

� Lebensgefahr durchErsticken in Schächten und Behältern

� Explosion durch zündfähigeGas-/Luftgemische

� Entstehung von Bränden� Einfrieren von Gas- und

Substratleitungen� Kondensatbildung� Verschleiß an mechanischen

Teilen� Verstopfen von Leitungen,

insbesondere Gas- undSubstratleitungen

� Korrosion (z.B. Motoren-korrosion) durch aggressiveGasbestandteile wie Am-moniak oder Schwefel-wasserstoff

Sicherheitstechnische Eigen-schaften von Biogas

Schwefelwasserstoff und Kohlen-dioxid als Bestandteil des Biogasessind schwerer als Luft, so dass vorallem in tieferliegenden Bereichender Biogasanlage gefährliche Gas-konzentrationen entstehen können.Schwefelwasserstoff gilt zudem alsNervengift und lähmt die Geruchs-nerven. Vorsicht: Der Geruch nachfaulen Eiern ist nur bei geringenKonzentrationen wahrnehmbar!

Methan, das deutlich leichter als Luftist, kann sich in geschlossenenRäumen und in gedeckelten Gülle-gruben ansammeln. Es ist farb- undgeruchlos und brennbar.

Von besonderer sicherheitstechni-scher Bedeutung ist die Tatsache,dass Biogas in Mischungen mit Luftexplosionsfähige Gemische bildet.Es besitzt allerdings sehr enge Zünd-grenzen, d.h., es brennt nur, wennder Gasanteil im Gas-Luft-Gemischbei 5 bis ca. 15% liegt. Durch denAnteil an Kohlendioxid hat Biogaseine maximale Zündgeschwindigkeitin Luft von 0,25 m/s und damit eineher träges Brennverhalten.

Schäden an Biogasmotoren –Korrosion und Verschleiß entge-genwirken

Durch im Biogas enthaltene Schwe-felwasserstoffe und Feuchte entste-

hen aggressive Säuren, die zuLeitungs-, Ventil- und Lagerschädenim Motorbereich führen können. Einewesentliche Ursache für Motorschä-den ist die schlechte Qualität bzw.die Übersäuerung des Motorölsdurch zu lange Ölwechselintervalle.Es empfiehlt sich daher, spezielle Ölemit hoher Basenzahl zu verwenden,häufigere Ölwechsel vorzunehmenund regelmäßig Ölanalysen vongeeigneten Instituten durchzuführen,um einerseits die Pufferfähigkeit desMotorenöls zu überwachen undandererseits eine Kontrolle desMotorverschleißes zu ermöglichen.Voraussetzung für eine Vermeidungvon Motorenkorrosion ist auch einegute Entschwefelung und Entfeuch-tung des Biogases. RegelmäßigeGasanalysen sind ebenfalls zu emp-fehlen.

Verstopfte Kühlkreisläufe können zueiner Überhitzung und Schädigungdes Motors führen. Mit regelmäßigerWartung und ggf. Spülung derKreisläufe können derartige Schädenverhindert werden.

Beim Einsatz bestimmter Kofer-mente – insbesondere Schlachtab-fälle oder Fette aus der Industrie –steigt der Siliziumgehalt im Biogasund verursacht Ablagerungen in denBrennräumen, die wiederum Schä-den an Laufbuchsen, Kolben, Ven-tilen etc. zur Folge haben können.

Bild 10: Maschinenhaus einer Biogasanlage

Bild 11: Auf die möglichen Explosionsge-fahren bei Biogasanlagen ist hinzuweisenund entsprechende Vorsorge zu treffen.

Page 8: BRANDSCHUTZ - schadenprisma · zum 1. August 2004 finanziell in hohem Maße attraktiv geworden. Der so genannte „Nawaro-Bonus“ für die Einspeisung von Strom, der aus dem Einsatz

11BRANDSCHUTZ 4 | 2005

Grundsätzlich sollten daher nurMotoren eingesetzt werden, dievom Hersteller/Lieferanten für denBiogasbetrieb freigegeben sind.Dabei handelt es sich meist umGasmotoren mit relativ geringerVerdichtung (8:1 bis 9:1), einer ver-größerten Ölmenge des Motors(Pufferung der Säuren), einer akti-ven Kurbelgehäuseentlüftung (er-möglicht Absaugung aggressiverDämpfe und Gase) und einerAusführung der Abgasanlage ingeschweißten Edelstahlrohren (Ver-hinderung des Kondensataustritts). Bei Zündstrahlmotoren empfiehltsich die Einstellung und regelmäßi-ge Überprüfung des Zündölanteilsnach Herstellerangaben. Die Erfah-rungen der Versicherer zeigen aller-dings, dass insbesondere Zünd-strahlmotoren den Anforderungendes Biogasbetriebes bzw. derBetriebsweise häufig nicht ge-wachsen sind.

Die Führung von Betriebsproto-kollen über Betriebsstunden, An-zahl der Starts, elektrische Leis-tung, durchgeführte Wartungs-arbeiten, Reparaturen, ausge-tauschte Teile, Störungen undderen Beseitigung sollte ebenfallsfür einen Biogasbetreiber zu denSelbstverständlichkeiten gehören.Um einen störungsfreien Betrieb zu gewährleisten, empfiehlt es sichaußerdem, einen Vollwartungs-vertrag mit dem Hersteller abzu-schließen. �

Bild 12: Biogasmotor mit defekten Lagerschalen

Bild 13: Ursache für die Schädigung der Lagerschalen dieses Biogasmotors war einSchmiermittelmangel.

Bild 14: Kurzschlussschaden an einem Tauchmotor einer Vorgrube

Bild 15: Ursache für den Schaden war ein defektes Kabel mit nachfolgendemWassereintritt.

Page 9: BRANDSCHUTZ - schadenprisma · zum 1. August 2004 finanziell in hohem Maße attraktiv geworden. Der so genannte „Nawaro-Bonus“ für die Einspeisung von Strom, der aus dem Einsatz

12 4 | 2005 BRANDSCHUTZ

Schäden durch Kondensatbil-dung – auf die Verlegung kommtes an

Häufig treten bei Biogasanlagenauch Schäden durch Einfrieren undVerschluss von Leitungen aufgrundvon Kondensatbildung auf. Daherist es wichtig, dass aus allenGasleitungen an allen StellenKondensat abgelassen werdenkann. Außerdem sind die Leitungenmit ausreichendem Gefälle zu ver-legen, so dass auch durch leichteSetzungen keine Hoch- undTiefpunkte in den Leitungen entste-hen können. Aufgrund der geringenDrücke im System können nämlichbereits sehr geringe Kondenswas-sermengen zu einer vollständigenLeitungsverstopfung führen. Bei

außenliegenden Rohrleitungen istzudem auf eine ausreichende Iso-lierung zu achten, um Schädendurch Frost zu verhindern.

Schäden an sonstigen Anlagen-teilen – Inspektion und Kontrollesind unerlässlich

Schäden an Rührwerken, z. B.Tauchmotorrührwerken, lassensich oft auf das Eindringen vonFeuchtigkeit in den Motorraum – z.B. durch defekte Gleitringdich-tungen oder die Kabelführung – zurückführen. Diese sowie einBruch der Rührwerksaufhängungkönnen nur durch regelmäßigeInspektion der Rührwerke und derbesonders beanspruchten Teileverhindert werden. Bei Paddel-

rührwerken und ähnlichen Vorrich-tungen können Lagerschäden undKorrosion auftreten, oder eskommt bei zu starker Belastungdes Rührwerks zu Wellenbruchoder Anspinnungen.

Die häufigste Ursache für Schädenan Folienhauben des Fermenterssind, abgesehen von der Verwen-dung ungeeigneter Materialien, dieungenügende Sicherung gegenStürme. Dabei sind häufig dieDachkonstruktionen nicht für einenstarken Wind ausgelegt. AuchBeschädigungen der Folie durcherhöhten Innendruck werden im-mer wieder festgestellt.

Nicht zuletzt ist die Anlagensteue-rung durch direkten Blitzschlag,Kurzschluss oder Überspannungenaus dem Netz bedroht. Nach denVorgaben der Landesbauordnun-gen (z.B. BayBO Art. 15 Abs. 7) istzu prüfen, ob Biogasanlagen Blitz-schutzanlagen benötigen. NachVdS 2010 Risikoorientierter Blitz-und Überspannungsschutz ist fürlandwirtschaftliche Biogasanlagenein Überspannungsschutz (innererBlitzschutz) vorzusehen; bei größe-ren Anlagen können Maßnahmender Blitzschutzklasse III erforder-lich sein. Unterstützung und Bera-tung zur Auslegung von Überspan-nungs- und Blitzschutzanlagen beiBiogasanlagen bietet z. B. dieFirma Dehn.

Bild 16: Schäden durch direkten Blitzschlag, Kurzschluss und Überspannungen gefähr-den insbesondere die Anlagensteuerung.

Page 10: BRANDSCHUTZ - schadenprisma · zum 1. August 2004 finanziell in hohem Maße attraktiv geworden. Der so genannte „Nawaro-Bonus“ für die Einspeisung von Strom, der aus dem Einsatz

13BRANDSCHUTZ 4 | 2005

Risiken bei Eigenleistungen desBauherrn

Problematisch bei landwirtschaftli-chen Biogasanlagen ist nichtzuletzt die Tatsache, dass sie ausKostengesichtspunkten nur seltenschlüsselfertig vom Anlagenbaueroder Hersteller errichtet werden,sondern der Bauherr so vielEigenleistung wie möglich erbringt.

Durch den Einkauf von Einzelkom-ponenten und den Zusammenbauzu einer Anlage wird der Bauherrselbst zum Hersteller der Anlage imSinne des Gerätesicherheitsge-setzes und haftet daher bei sicher-heitstechnischen oder sonstigenMängeln häufig selbst.

Weiterführende Links:

� Fachverband Biogas e. V.www.biogas.org

� Zentrales Agrar-Rohstoff-Marketing- und Entwicklungs-Netzwerk e. V.www.carmen-ev.de

� Fachagentur nachwachsendeRohstoffe e. V.www.fnr.de

� Dehn und Söhne GmbH & Co.KG (Blitzschutzanlagen)www.dehn.de

Silke Lammers, Riskmanagement,

Versicherungskammer Bayern, München

Literatur:

� Biogasgewinnung und -nutzung; Fachagentur nachwach-sende Rohstoffe e. V. (Hrsg.); Leipzig 2004

� Erneuerbare Energien – Gesamtüberblick über den techno-logischen Entwicklungsstand und das technischeGefährdungspotenzial; Abschlussbericht der Projektgruppe„Erneuerbare Energien“ der Technischen Versicherer imGDV; Versicherungstechnische Kommission TechnischeVersicherungen Gesamtverband der DeutschenVersicherungswirtschaft (GDV) e.V., Abt. Sachversicherung/Schadenverhütung (Hrsg.); März 2004

� Stelter, Gleichmann: Schadenerfahrungen aus der Praxis –Ursachen und Konsequenzen; in: Biogas NachwachsendeRohstoffe – Neue Wege für die Landwirtschaft. 14.Jahrestagung des FV Biogas e. V.; Januar 2005

� Bachmaier, Effenberger, Gronauer: Aus vielen Einzelteilen;Bayerisches Landwirtschaftliches Wochenblatt Nr. 43;November 2004

� Erneuerbare Energie in Zahlen; Bundesministerium fürUmwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.); Juni2005

� Eder et al.: Mehr Gas als aus der Gülle, BayerischesLandwirtschaftliches Wochenblatt, Nr. 47; November 2004 �