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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung. KOOPERATIONEN MODELLE PERSPEKTIVEN Dokumentation des Fachtags vom 29. Juni 2011 in Stuttgart

Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

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Die Broschüre entstand zum gleichnamigen Fachtag im Juni 2011 in Stuttgart. Neben der Vorstellung bewährter Kooperationsmodelle wird deren Zustandekommen diskutiert und fördernde sowie hemmende Faktoren von Kooperationen beleuchtet.

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Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung.KOOPERATIONEN MODELLE PERSPEKTIVEN

Dokumentation des Fachtags vom 29. Juni 2011 in Stuttgart

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Sersheim 2011

Redaktion: Stefanie Wichmann

Lektorat: Lothar Stehle, Angelika Vogt

Grafik: Oliver Müller – Visuelle Kommunikation, Mainz

Druck: Printmedien Karl-Heinz Sprenger, Vaihingen/Enz

Fotos: Projektfotos Jugendstiftung Baden-Württemberg;

Frank Uhlig (S. 19), nobbe k pictures (S. 21), Marc Doradzillo (S. 36, 42, 47 und 62-66) Caplio R5 User (S. 45 unten

rechts) Thomas Bartl (S. 75/Move it!);

sowie Yuri Arcurs (Titel), Marek (S. 6), Photographer (S. 18), Gernot Krautberger (S. 37), Foto-Ruhrgebiet (S. 44),

Varina and Jay Patel (S. 48), ALAIN VERMEULEN (S. 71), Dr. Lars Holzäpfel (S. 72), danlsaunders (S. 77), allesamt

Fotolia.com

© Alle Rechte vorbehalten

Jugendstiftung Baden-Württemberg

Jugendstiftung Baden-Württemberg

Abteilung Servicestelle Jugend und Schule

Postfach 11 62

74370 Sersheim

Im Auftrag des Ministeriums

für Kultus, Jugend und Sport

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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Kooperationen – Modelle – Perspektiven

Wesentliche Elemente des Jugendbegleiter-Programms sind ehrenamtliches Engagement und die Vernetzung von Schulen mit außerschulischen Partnern.

Ein zentraler und bedeutender außerschulischer Partner sind zweifellos die Träger, Vereine und Verbände der außer-schulischen Jugendbildung. Hier finden sich vielfältig erprobte methodische Kompetenzen in der Arbeit mit Jugendgruppen, in der Arbeit im Gemeinwesen und in der Erprobung innovativer Arbeitsansätze.

Mit Beginn des Schuljahrs 2011/2012 stehen den Schulen weitere Budgetmittel für Kooperationen mit Vereinen zur Ver-fügung. Damit werden bestehende Kooperationen gestärkt und neue Kooperationsmodelle ermöglicht. Ziel sollte dabei die Gestaltung lokaler Bildungsnetzwerke sein, die gemein-sam Bildungsziele formulieren. Diese gibt es erst vereinzelt. Die vorliegende Publikation stellt einige dieser bewährten Ko-operationsmodelle dar und beleuchtet folgende Fragen aus unterschiedlichen Blickwinkeln der einzelnen Akteure: Welche

Voraussetzungen benötigen und welchen sozialen Mehrwert schaffen lokale Bildungsnetzwerke durch freiwillig Engagierte? Wie vernetzen sich verschiedene Lern- und Bildungsorte lokal? Welche Kompetenzen verfügen dabei Träger der außerschuli-schen Jugendbildung, welche Rolle spielt die Schule?

Im zweiten Teil der Publikation werden dann in ganz unter-schiedlichen Praxisbeispielen das Zustandekommen solcher Kooperationen sowie dabei fördernde und hemmende Faktoren diskutiert. (S. 23).

Abschließend finden Sie im Plenum gestellte Fragen und die Antworten der Referentinnen und Referenten (S. 62). Zudem bietet Ihnen das Glossar Jugendstiftung Baden-Württemberg einen Überblick über die wichtigsten Fachbegriffe.

Stefanie WichmannJugendstiftung Baden-Württemberg

Die Publikation „Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.“ ist

im Zusammenhang zum gleichnamigen Fachtag am 29. Juni

2011 entstanden. Wir möchten uns an dieser Stelle herzlich bei

allen Beteiligten bedanken, die den Fachtag mitgestaltet haben.

Besonders danken möchten wir den Referentinnen und Refe-

renten für die fachlichen Impulse. Ein ganz herzliches Danke-

schön gilt den vielfältigen Projekten, die mit ihren Ideen die

vorliegende Publikation vervollständigt haben.

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Vorwort

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Inhaltsübersicht

Jugendverbände als starke Bildungspartner im Jugendbegleiter-Programm Benjamin Wahl Seite 24

Qualifizierung und Begleitung Netzwerk-Initiativen des BDKJ Anja Grießhaber Seite 25

Schnittstelle zwischen Schule und Jugendarbeit Netzwerkarbeit beim Stadtjugendring Frank Stüber Seite 27

Ergebnisbericht Annika Müller Seite 29

Kooperation zwischen Schule und Sportverein Der Württembergische Landessportbund WLSB Jürgen Heimbach Seite 30

Wir bewegen Die Turn- und Sportgemeinde Niefern 1884 e. V. Daniela Jakob Seite 32

Durch Vernetzung zum Erfolg für alle Der Sportkreis Pforzheim Daniela Jakob Seite 34

Ergebnisbericht Daniela Jakob Seite 36

Jugendbegleiter und die offene Jugendarbeit Berührungspunkte und Abgrenzungen Martin Bachhofer Seite 37

Die Wendlinger Trainingsinsel Christof Georgi/Karl Häberle Seite 38

CityCult – ein Jugendtreff kooperiert mit Schulen Markus Tiemeyer Seite 40

Ergebnisbericht Anke Sudhoff Seite 42

Vorwort Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung. Kooperationen – Modelle – Perspektiven Stefanie Wichmann Seite 1

Das Jugendbegleiter-Programm – ein Angebot an der Schnittstelle zwischen schulischer und außerschulischer Jugendbildung Gabriele Warminski-Leitheußer Ministerin für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg Seite 4

Auf dem Weg zur kommunalen Bildungslandschaft Lokale Bildungsorte vernetzen Sigrid Meinhold-Henschel Seite 6

Schule als Initiator lokaler Bildungsnetze Das Gymnasium Achern Paul Droll Seite 16

Bildung ohne Lehrbuch Die Stuttgarter Jugendhaus gGmbH Sieghard Kelle Seite 19

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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

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Organisation des Jugendbegleiter-Programms mit Unterstützung der Schulfördervereine Anne Kreim Seite 43

Förderverein der Grundschule Neckargröningen e. V. Kerstin Kober-Schiller Seite 45

Freundeskreis Burghof-Schule Ofterdingen e. V. Ute Heß Seite 46

Ergebnisbericht Jannis Carmesin Seite 47

Gestaltung und Organisation der Bildungslandschaft vor Ort in Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren der Jugendbildung Elisabeth Yupanqui Werner Seite 48

Entwicklung eines Konzepts zur Ganztagsbildung Alice Weber Seite 50

Ganztagsbetreuung im Kirchheimer Modell Christoph Tangl Seite 52

Ergebnisbericht Charlotte Pfeiffer Seite 54

Peer-to-Peer-Konzepte im Jugendbegleiter-Programm – Ansätze außerschulischer Partner Dr. Hermann Scheiring Seite 55

„KommLern! – Schüler für Schüler“ Dr. Hermann Scheiring Seite 56

Neue Wege in der technischen Jugendbildung durch Peer-to-Peer learning an der Technikschule in Esslingen Dr. Hermann Klinger Seite 59

Ergebnisbericht Angelika Vogt Seite 61

Fragen und Antworten Seite 62

Mit Jugendlichen im Gespräch: „Der Qualipass hat bereits eine richtige Tradition“ Birgit Schiffers Seite 68

Stärken erkennen, Kompetenzen entwickeln, Qualifikationen nachweisen – Neu entwickelte Materialien für die Praxis Elisabeth Yupanqui Werner/Daniela Jakob Seite 71

Mappenweise Engagement – Der Jugendbildungs-preis zeigt, was Jugendliche können Miriam Kumpf/Miriam Schmid Seite 74

Jugendbefragung im Land – Survey Jugend 2011 in Baden-Württemberg Miriam Schmid/Wolfgang Antes Seite 77

Glossar Jugendbildung Baden-Württemberg Seite 79

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Inhaltsübersicht

Page 6: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

sen über ihre reine Funktion als Lernort hinaus. Die bisher so

klare Trennlinie zwischen Phasen des Lernens und Phasen der

Freizeit verliert an Kontur. Daraus entstehen neue Gestaltungs-

und Kooperationsmöglichkeiten, bei denen sich schulische

und außerschulische Akteure hervorragend ergänzen können.

Vereine, Verbände und Organisationen in der außerschulischen

Jugendbildung werden so zunehmend wichtige Partner im

Schulleben.

Das Jugendbegleiter-Programm stellt ein geeignetes Instrument

dar, um solche Kooperationen zu realisieren, um formale schuli-

sche Bildung durch non-formale außerschulische Bildung zu er-

gänzen. Das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport hat zu-

sammen mit der Jugendstiftung Baden-Württemberg ein Sys-

tem von Unterstützungsmaßnahmen für die Programmteilneh-

mer aufgebaut. Neben einer Servicestelle, Handbüchern, Bro-

schüren und einem umfangreichen Internet-Angebot gehören

Das Jugendbegleiter-Programm ist zwischenzeitlich fest in

der Bildungslandschaft verankert. Die Programmevaluation

vom Dezember 2010 ergab, dass im aktuellen Schuljahr an

1.269 Schulen von 17.244 Jugendbegleiterinnen und Jugend-

begleitern Angebote im Umfang von 30.406 Wochenstunden

gemacht werden. Dank des Engagements so vieler Bürgerin-

nen und Bürger unseres Landes kann an den Schulen im Rah-

men des Jugendbegleiter-Programms eine Fülle von Angebo-

ten gemacht werden, die weit über die Wissensvermittlung

traditionellen Unterrichts hinausgeht.

Sich ändernde gesellschaftliche Bedingungen sowie die Er-

gebnisse der PISA-Studien haben den Ausbau vieler Schu-

len zu Ganztagsschulen stark befördert. Kinder und Jugend-

liche verbringen heute mehr Zeit in der Schule. Dabei darf der

gewachsene Zeitanteil der Schulen nicht gleichgesetzt wer-

den mit mehr Lernzeit im traditionellen Sinne. Schulen wach-

„Das Jugendbegleiter-Programm ist ein ideales Unterstützungs-

instrument, um Kooperationen zwischen schulischer und außer-

schulischer Jugendbildung zu realisieren.“

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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 7: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

dazu beispielsweise auch regionale Vernetzungskonferenzen

sowie Fachtage zu speziellen Themenschwerpunkten. Ziel des

Fachtags „Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung“ ist es, die

unterschiedlichen Bildungsakteure im schulischen und außer-

schulischen Bereich zusammenzuführen, Kooperationsmodelle

zu diskutieren und lokale und regionale Bildungsnetzwerke vor-

zustellen. Ich lade alle Beteiligten ein, schulische wie außer-

schulische Partner, diesen Prozess mitzugestalten.

Mein Dank gilt allen, die sich im Jugendbegleiter-Programm

engagieren und durch ihren Beitrag mithelfen, das Programm

so erfolgreich zu machen. Er gilt der Jugendstiftung für die Vor-

bereitung und Organisation des Fachtags und ganz besonders

allen Referentinnen und Referenten sowie den außerschulischen

Partnern, die durch die Präsentation ihrer Ideen und Projekte

entscheidend dazu beitragen, das Jugendbegleiter-Programm

weiterzuentwickeln und seinen Wirkungskreis zu erweitern.

Ich wünsche allen, die am Jugendbegleiter-Programm be-

teiligt sind, weiterhin viel Freude und Erfolg bei der Umset-

zung.

Gabriele Warminski-Leitheußer

Ministerin für Kultus, Jugend und Sport

des Landes Baden-Württemberg

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Page 8: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Auf dem Weg zur kommunalen Bildungslandschaft Lokale Bildungsorte vernetzen

Sigrid Meinhold-Henschel

Mit dem Konzept der Bildungslandschaften

könnte gelingen, was an der mangelnden Ver-

netzung der verschiedenen Bildungseinrich-

tungen bislang scheiterte. Doch dafür müssen

sich alle Verantwortlichen auf einen gemein-

samen Bildungsbegriff verständigen, und mit

ihren individuellen Stärken eine gemeinsame

Verantwortung übernehmen – für optimale Bil-

dungschancen, und ohne soziale und ethni-

sche Hypotheken.

PISA und die Folgen

Die Veröffentlichung der ersten PISA-Studie im Jahr 2001 hat deutlich gemacht, dass Deutschland von der Realisierung eines

Sigrid Meinhold-Henschel ist Projektleiterin bei der Bertelsmann-Stiftung.

Sie hat ein Studium der Geschichtswissenschaften, Ger-manistik und Pädagogik mit dem Schwerpunkt Entwick-lungspsychologie sowie ein sozialwissenschaftliches Aufbaustudium an der Universität Bern abgeschlossen. Als diplomierte Verwaltungswirtin arbeitete sie mehrere Jahre in der Kommunalverwaltung. Seit 14 Jahren ist sie bei der Bertelsmann Stiftung mit den Schwerpunkten Bürgerbeteiligung, Jugendpartizipation und kommunale Bildungsarbeit beschäftigt.

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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

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„Bürgerrechts auf Bildung“, von Dahrendorf Mitte der 1960er Jahre gefordert, fast vierzig Jahre später weit entfernt ist. Die internationale Vergleichsstudie belegt, dass im „Land der Dich-ter und Denker“ der schulische Erfolg wie in keinem anderen Land von der sozialen Herkunft abhängig ist, und Kinder aus sozial benachteiligten Familien oder mit Migrationshintergrund ein wesentlich höheres Risiko des schulischen Misserfolges tragen.

Die Reform des Bildungswesens wurde in der Folgezeit zu einem Schlüsselthema in der öffentlichen wie in der politischen Diskussion. Nachdem 1964 Georg Picht durch seine Studie mit dem gleichnamigen Titel „Die deutsche Bildungskatastro-phe“ ausrief, wird dem deutschen Bildungssystem zum zweiten Mal in weniger als 50 Jahren ein desolater Zustand beschei-nigt und drängender Reformbedarf diagnostiziert. Dies ist si-cherlich auch darauf zurückzuführen, dass nach den Reformen der 1960er und 1970er Jahre in den Folgejahrzehnten Verän-derungsmüdigkeit und Stagnation den Bildungsbereich kenn-zeichneten.

Mit dieser Ruhe war es schlagartig vorbei, als deutlich wurde, dass Deutschland in den untersuchten Kompetenzbereichen1 im Vergleich der OECD-Staaten allenfalls Mittelmaß war.

Anschluss gefährdet

Wie in den 1960er Jahren wird die Befürchtung laut, dass Deutschland im internationalen Wettbewerb den Anschluss verlieren könne und die Zukunftsfähigkeit der auf technologi-schen Fortschritt setzenden Exportnation gefährdet sei, wenn die Bildungspotenziale der nachwachsenden Generation nicht in stärkerem Maße gehoben würden.

In allen Bundesländern setzte eine intensive Diskussion über erforderliche Reformen im Bildungsbereich ein. In der ersten Phase der Auseinandersetzung mit dem „PISA-Schock“ dominierte die Frage, wie den Wissensrückständen deutscher Schüler begegnet werden kann? Viele Bundeslän-der entwickelten Ansätze frühkindlicher Sprachförderung, um den Übergang von der Kita in die Schule zu flankieren, ver-pflichteten Lehrer zur regelmäßigen Teilnahme an Fortbildun-gen, setzten Standards für Lernstandserhebungen und führ-ten dort, wo es diese noch nicht gab, zentrale Abiturprüfun-gen ein2.

Die Entwicklung von Bildungsplänen für den Elementar-bereich, die Steigerung der Schulautonomie und der Ausbau der Ganztagsschulangebote waren weitere Bausteine, die den Reformprozess kennzeichneten. (Niemann: 71 – 79)

Durch diese Maßnahmen hat sich die Situation deutscher Schulen wie auch das Selbstverständnis des Elementarbereichs als eigenständiger Bildungsbereich wesentlich geändert. Ob die Bildungslandschaft als Ganzes in den Blick genommen wurde, muss hingegen hinterfragt werden.

Viel Wissen – wenig Transfer

Viele der in den ersten Jahren nach Veröffentlichung der PISA-Ergebnisse entwickelten Vorschläge waren ausgesprochen schulzentriert, und entsprechend auf den Erwerb von Wissen und die einseitige Stärkung von kognitiven Kompetenzen aus-gerichtet (Rauschenbach und Otto 2004; Konsortium Bildungs-berichterstattung 2006).

Schon früh wurde von Akteuren der Jugendhilfe auf diese Verkürzung in der Bildungsdiskussion aufmerksam gemacht. Gemeinsam meldeten sich das Bundesjugendkuratorium, die Sachverständigenkommission für den 11. Kinder- und Jugend-bericht und die Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe mit der Forderung „Bildung ist mehr als Schule“ in dieser Diskussion zu Wort.

In den sogenannten „Leipziger Thesen“ von 2002 werden eine bildungspolitische Wende und ein umfassendes und ganz-heitliches Bildungsverständnis angemahnt, das auf die Einbe-ziehung und wechselseitige Zusammenarbeit aller Bildungsorte abstellt.

Gefordert wird neben der schulischen Bildung auch die Fa-milie, die verschiedenen Bereiche der Kinder- und Jugendhilfe sowie die berufliche Ausbildung als Bildungsorte anzuerkennen und an Stelle des unkoordinierten Nebeneinanders innovative Formen der Zusammenarbeit zu praktizieren.

Was ist Ganzheitliche Bildung?

In der Alltagssprache wird Bildung häufig mit nachweisbarem, zertifiziertem Wissen gleichgesetzt. Er oder sie hat eine gute Bildung, weil die Abiturprüfung geschafft oder ein Studium ab-solviert wurde. Die Bezeichnung „bildungsferne Jugendliche“ ist dagegen das Synonym für einen niedrigen oder gar fehlen-den Schulabschluss. In der philosophischen und bildungsthe-oretischen Debatte, die Deutschland seit dem 18. Jahrhun-dert prägt, ist Bildung jedoch von Anfang an als ein Prozess der umfassenden Persönlichkeitsbildung definiert worden. So schreibt Alexander von Humboldt in seinem Rechenschafts-bericht an den Preußischen König 1809:

„Es gibt schlechterdings gewisse Kenntnisse, die allgemein sein müssen, und noch mehr eine gewisse Bildung der Gesin-nungen und des Charakters, die keinem fehlen darf. Jeder ist offenbar nur dann ein guter Handwerker, Kaufmann, Soldat und Geschäftsmann, wenn er an sich und ohne Hinsicht auf seinen

1 Untersucht wurden die Lesekompetenz, die mathematische und natur-wissenschaftliche Kompetenz. Die Vergleichsstudie wird alle drei Jahre wiederholt. Mittlerweile liegen Erhebungen für 2000, 2003, 2006 und 2009 vor.

2 Nur noch Rheinland-Pfalz verzichtet auf zentrale Abiturprüfungen.

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Auf dem Weg zur kommunalen Bildungslandschaft – Lokale Bildungsorte vernetzen

Page 10: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

besonderen Beruf ein guter, anständiger, seinem Stande nach aufgeklärter Mensch und Bürger ist. Gibt ihm der Schulunter-richt, was hierfür erforderlich ist, so erwirbt er die besondere Fähigkeit seines Berufs nachher sehr leicht und behält immer die Freiheit, wie im Leben so oft geschieht, von einem zum anderen überzugehen.“

Die Humboldt’sche Regel

Bildung im Sinne Humboldts meint eine somit Entwicklung, die alle Kräfte und Potenziale einer Person umschließt.Der Einzelne ist dabei nicht Objekt von außen an ihn heran ge-tragener Bildungsgegenstände, sondern gestaltet die Entwick-lung seiner Bildungsbiographie als Subjekt selbstbestimmt und aktiv.

An dieses Grundverständnis knüpft der 12. Kinder- und Ju-gendbericht an und stellt heraus, dass Bildung in der Aneig-nung der Welt durch das Individuum und der Entwicklung der Person in diesem Prozess geschieht.

Bildung wird definiert als „aktiver Prozess, in dem sich das Subjekt eigenständig in der Auseinandersetzung mit der sozia-len, kulturellen und natürlichen Umwelt bildet.

Bildung des Subjekts in diesem Sinne braucht folglich Bil-dungsgelegenheiten durch eine bildungsstimulierende Umwelt und durch die Auseinandersetzung mit Personen.“ (BMFSFJ 2006: 107).

Mit diesem Grundverständnis wird darauf verwiesen, dass Bildung nicht auf schulische Lernprozesse verkürzt werden kann.

Als Ziel des Bildungsprozesses stellt der 12. Kinder- und Jugendbericht die Befähigung zu einer eigenständigen und eigenverantwortlichen Lebensführung in sozialer, politischer und kultureller Eingebundenheit und Verantwortung heraus. Unabhängige Lebensführung und die Möglichkeit zur öko-nomischen Existenzsicherung, die Kompetenz, anderen kon-struktiv zu begegnen, die Fähigkeit, Partnerschaften einzuge-hen und eine Familie zu gründen, aber auch politische Mündig-keit, Bereitschaft zu sozialer Verantwortung und die Chance zu demokratischer Teilhabe kennzeichnen einen gelingenden Bildungsprozess. Die Fähigkeit zu einer umfassenden Selbst-regulation in vorfindbaren Lebenssituationen wird als Grund-gedanke eines zeitgemäßen Bildungskonzeptes vorgestellt (BMFSFJ 2006: 109).

Wissen kompetent umsetzen

Bildungsprozesse richten sich in diesem Verständnis auf einen Kompetenzaufbau in vier Bereichen:> soziale Kompetenz: intersubjektive Fähigkeiten, sich mit an-

deren handelnd auseinander zu setzen und am sozialen Le-ben teilzuhaben

> personale Kompetenz: Entwicklung der eigenen Persönlich-keit, Fähigkeit, mit der eigenen Emotionalität und Gefühls-welt konstruktiv umzugehen

> instrumentelle Kompetenz: alle objektbezogenen Fähigkeiten, wie z. B. mathematische, künstlerische oder handwerkliche Fertigkeiten

> kulturelle Kompetenz: Aneignung des „kulturellen Erbes“, die Fähigkeit sich mittels Sprache die Welt zu erschließen, zu verstehen und sich in ihr zu bewegen. (BMFSFJ 2006: 112 – 116)

In allen vier Bereichen geht es darum, sowohl Wissen als auch Können aufzubauen.

Dieser umfassende Bildungsbegriff entspricht dem in der Konvention über die Rechte des Kindes festgeschriebenen An-spruch auf ganzheitliche Bildung. Die Konvention, die 1990 in Kraft trat, und mit Ausnahme der USA und Somalia von allen Nationen verabschiedet wurde, verpflichtet die Vertragsstaa-ten, so auch Deutschland, in Artikel 29 auf Bildungsziele. Dort ist festgeschrieben, dass die Bildung des Kindes darauf gerich-tet sein muss, die Persönlichkeit, die Begabung und die geis-tigen und körperlichen Fähigkeiten des Kindes voll zur Entfal-tung zu bringen, dem Kind Achtung vor den Menschenrechten und der natürlichen Umwelt zu vermitteln und es auf ein verant-wortungsbewusstes Leben in einer freien Gesellschaft in Frie-den, Toleranz und Gleichberechtigung der Geschlechter vorzu-bereiten.

Vielfalt der Bildungsprozesse und Lernorte

Die zunehmende Bedeutung einer umfassenden Bildung in dem dargestellten Sinne ist auch als Antwort auf die Anforderungen an die postmoderne Gesellschaft zu verstehen. In einer aufgrund von technologischem Fortschritt und Globalisierung zunehmend unübersichtlicher werdenden Welt ist der Einzelne mehr denn je darauf verwiesen, schnell und handlungskompetent auf Heraus-forderungen zu reagieren, bereit und in der Lage zu sein, sich ständig neuen Qualifikationsanforderungen zu stellen, und sich sozialkompetent in ungewohnten Situationen zu verhalten.

Bildung als Prozess der umfassenden Entwicklung eines handlungsfähigen Individuums kann dabei nicht als alleinige Aufgabe von Schule definiert werden. Kinder und Jugendliche sind für eine gelingende Bildungsbiographie auf die Unterstüt-zung vieler Akteure angewiesen: Familien, Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe beginnend mit den Kindertagestätten, aber auch Peergroups und Medien stellen vor, neben und nach der Schule wichtige Bildungs- und Lernorte dar.

Der 12. Kinder- und Jugendbericht trägt dem Rechnung, in-dem er zwischen formellen und informellen Bildungsprozessen sowie formalen und non-formalen Bildungssettings unterschei-det (BMFSFJ 2006: 127 – 130).

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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 11: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Wie sind diese Begriffe zu verstehen?

Formelle Bildungsprozessesind von Lehrenden vorstrukturiert und finden nach festen Regeln statt. Der Prototyp hierfür ist das schulische Lernen im Unterricht mit anschließender Benotung und Zertifizierung in Form von Zeugnissen.

Informelle Bildungsprozessesind von den Interessen des Lernenden geleitet. Es unter-scheidet sich vom formalen Lernen, weil es nicht institutionell organisiert ist, oft ungeplant, bei-läufig und implizit stattfindet. Freizeit-aktivitäten mit Gleichaltrigen oder ein Kinofilm können beispielsweise Anlass für ein Lernen „by the way“ in lebensweltlichen Zusammenhängen sein.

Mit der Unterschei-dung zwischen forma-len und non-forma-len Bildungs settings schließlich wird der organisatorische Rahmen des Ler-nens beschrie-ben.

Formale Bildungssettingssind Institutionen, die dezidiert einen Bildungsauftrag ha-ben, in einem for-malen Sinn also Bil-dungsorte darstellen. Hierzu zählen trotz aller Unterschiedlichkeit der Kul-turen und des professionellen Ethos die Schule und Einrich-tungen der Kinder- und Jugend-hilfe gleichermaßen.

Non-formale Bildungssettingssind alle Möglichkeiten, bei denen Lernen außerhalb formaler Bildungsorte stattfindet. Diese Unterscheidung zeigt die Komplexität und Vielschichtigkeit von Bildungsprozessen in Kindheit und Jugend.

Quelle: BMFSFJ 2006: 130

Mit Bezug auf einen an die Lebenswelt von jungen Menschen rückgebundenen Bildungsbegriff wird in der Fachdebatte eine Verkürzung auf kognitive Bildung kritisiert, die Verzahnung von wissensbasierten und handlungsorientierten Bildungsprozes-sen eingefordert sowie der Stellenwert informeller Bildungspro-zesse und nonformaler Bildungsorte betont. Gleichzeitig wird der Charakter von Bildung als lebenslangem und interaktivem Prozess betont.

PC-Kurs in einem Jugendberufshilfe-

lehrgang

Theaterprojekt in der Jugend-

kunstschule

Mitmachgruppen im Kinder- und

Jugendkino

Gruppenleiter/ -innen-Kurs im Jugendverband

Schulunterricht

Bezahlte Nachhilfe

Hausaufgaben-hilfe der Eltern

Training im Fitness-

studio

Gespräche im Familienalltag

Aktivitäten der Clique

Aktivitäten im Jugendzentrum

Museums-besuch mit

Familie

Schulfreund-schaften

Gruppenstunde im Jugend-

verband

Spielerisches Erkunden in der

Kita

Formelle Bildungsprozesse

Informelle Bildungsprozesse

Formale Settings

Non-formale Settings

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Auf dem Weg zur kommunalen Bildungslandschaft – Lokale Bildungsorte vernetzen

Page 12: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Freies, unverschultes Lernen

In den Blick rückt, dass alle Lebenswelten, in denen sich Jugendliche bewegen und sich die Welt aneignen, poten-zielle Bildungsorte darstellen (Grunert 2006: 16 – 17).

Viele Beispiele belegen, dass in berufsorientierenden Praktika, dem Engagement in Vereinen oder Verbänden, in sozialen Bewegungen oder auch in schulischen bzw. kom-munalen Projekten zusätzliche Lernchancen gerade auch für bildungsferne Kinder und Jugendliche entstehen: „Für viele Menschen ist diese Lernart eine Alternative zum ten-denziell schmerzlich erlebten formalen schulischen Lernen. Gerade sozial benachteiligte Menschen entdecken über die Bewusstwerdung ihres informellen Lernens eigene Fähig-keiten, stärken ihr Selbstwertgefühl.“ (Overwien 2006: 35).

Um dieses Potenzial zu erschließen, bedarf es neuer Formen der Zusammenarbeit zwischen den Bildungsak-teuren.

Kooperationen zwischen Familien, Kindertagesstätten, Schulen, Jugendeinrichtungen, Vereinen, Kirchen, Kulturin-stitutionen, Ausbildungsbetrieben und regionaler Wirtschaft sind Voraussetzung, um bessere Lern- und Lebenschancen für Kinder und Jugendliche zu schaffen. Denn keine Einzel-institution allein ist in der Lage, Kinder und Jugendliche ad-äquat auf ein Leben in der Bildungsgesellschaft vorzuberei-ten.

Es sind dieselben Kinder und Jugendlichen, die in einem lokalen Gemeinwesen Kindertagesstätten und aufeinander aufbauende Schulformen durchlaufen, Angebote der außer-schulischen Jugendarbeit in Anspruch nehmen, Ausbildungs-stellen benötigen, berufliche Ausbildungen beginnen und schließlich den Weg in die Arbeits- und Berufswelt suchen.

Lernen vor der Haustür

Ein zeitgemäßes Bildungsverständnis ist davon geprägt, dass die Kinder und Jugendlichen mit ihren je individuellen Bildungsanforderungen in den Mittelpunkt gestellt werden, und nicht die jeweils unterschiedlichen Handlungslogiken der einzelnen Bildungsinstitutionen den Diskurs bestimmen. Da-mit ist die Notwendigkeit verbunden, dass sich unterschied-liche Bildungsangebote aufeinander beziehen und sich ge-genseitig verstärken. Eine Passung der Angebote wird ohne eine effektive Zusammenarbeit der Akteure auf der Basis ei-nes gemeinsamen Bildungsverständnisses nicht herzustel-len sein.

Als Handlungsebene gewinnen damit die Kommunen an Bedeutung, denn sie sind das unmittelbare Lebensumfeld von Kindern und Jugendlichen – und hier treffen die unter-schiedlichen Bildungsakteure mit ihrem je eigenen profes-sionellen Selbstverständnis aufeinander.

Bildungslandschaften: Gemeinsame Verantwortung für bessere Bildung

„Ausgangspunkt für Bildungsprozesse in den verschiedenen Lebensphasen ist die kommunale Ebene. Hier entscheidet sich Erfolg oder Misserfolg von Bildung, werden die Grund-lagen für berufliche Perspektiven, gesellschaftliche Teilhabe und gleichzeitig die Zukunftsfähigkeit einer Region gelegt. Die Städte prägen mit ihren vielfältigen Einrichtungen die Bildungslandschaft Deutschlands. …..Leitbild des Engage-ments der Städte ist die kommunale Bildungslandschaft im Sinne eines vernetzten Systems von Erziehung, Bildung und Betreuung.“ (Deutscher Städtetag)

Diese programmatische Erklärung des Deutschen Städte-tages aus dem Jahr 2007 macht deutlich, welcher Stellen-wert Bildungsfragen mittlerweile im Hinblick auf die Zukunfts-fähigkeit von Gemeinden, Städten und Kreisen zugeschrie-ben wird.

Viele Kommunen sind bereit, sich auch jenseits ihrer ge-setzlichen Zuständigkeiten und Verpflichtungen für Bildungs-fragen zu engagieren. Sie sehen darin eine Strategie, sach-gerechte Antworten auf die Komplexität des gesellschaftli-chen Wandels zu entwickeln. Dieser stellt sich vor Ort sehr vielfältig dar und bedarf deshalb differenzierter Lösungen, um die Herausforderungen demographischer Entwicklung, sozialer Desintegrationsprozesse und eines sich verschärfen-den nationalen wie internationalen Standortwettbewerbs zu meistern.

Die Idee der Bildungslandschaft ist davon geprägt, Kindern und Jugendlichen eine durchgängige, möglichst bruchfreie Bil-dungsbiographie zu ermöglichen und ihnen Bildungschancen unabhängig von ihrer sozialen und ethnischen Herkunft zu er-öffnen.

Der Begriff der „Bildungslandschaft“ bleibt dabei vage. Dies ist seine Schwäche und Stärke zugleich: Schwäche, weil es ein Blaupause zum Aufbau einer Bildungslandschaft nicht gibt, Stärke, weil damit den spezifischen Rahmenbe-dingungen und Akteurskonstellationen Rechnung getragen werden kann.

In Zentrum des Begriffs steht die Koordination des Bil-dungs-, Erziehungs- und Betreuungswesens vor Ort. Mit die-ser Beschreibung sind Fragen in sozialräumlicher Hinsicht und bezogen auf die konkrete Partnerstruktur aufgeworfen:

Was meint vor Ort? Wer wirkt im Netzwerk mit?

Hinsichtlich der räumlichen Dimension von Bildungsland-schaften verweisen die parallel benutzten Begriffe von lokaler, kommunaler und regionaler Bildungslandschaft darauf, dass die politisch-administrative Zuständigkeit zu klären ist.

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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 13: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

In der Praxis zeigen sich ganz unterschiedliche Modelle. Es fin-den sich Beispiele dafür, dass sich kreisangehörige, kreisfreie Städte oder Kreise sowie der Zusammenschluss von mehre-ren Städten als Bildungslandschaft definieren. Dies beleuch-tet Spezifika von Bildungslandschaften. Durch ihre Zugehörig-keit zum Organisationstypus der Netzwerke gibt es keine „ge-borenen“ Partner, sondern die Partnerstruktur bildet sich erst im Prozess heraus. Dies gilt für die räumliche wie die institutio-nelle Ebene.

Dabei ist die konzeptionelle Reichweite des Begriffs Bil-dungslandschaft durchaus nicht auf Kinder und Jugendliche beschränkt, sondern umfasst im Sinne des Konzepts des le-benslangen Lernens auch ältere Zielgruppen. Um den hier zur Verfügung stehenden Rahmen nicht zu sprengen, erfolgt je-doch eine Beschränkung auf junge Menschen.Im Hinblick auf diese kann man folgende Modelltypen unter-scheiden (Eisnach: 39 – 40):

> schul-zentrierte Entwicklungsvarianten Hier entwickelt sich die Bildungslandschaft aus der Schulland-schaft heraus. Der Schwerpunkt liegt auf Aktivitäten im schu-lischen Bereich und der Schulentwicklung. Entsprechend den Anliegen der Schulen werden systematisch weitere Partner in das Netzwerk integriert.

> kooperations-zentrierte Entwicklungsvarianten Im Zentrum steht die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Einrichtungen der Jugendhilfe als den Kerninstanzen öffent-lich verantworteter Bildung, Betreuung und Erziehung. Haupt-ziel ist eine Verständigung über die Leitlinien der kommuna-len Bildungs-, Kinder- und Jugendpolitik und die Verzahnung dieser beiden Bereiche durch Aufbau neuer administrativer und diskursiver Strukturen (z. B. Zusammenlegung von Äm-tern durch die Schaffung eines Fachbereiches „Schule und Jugend“, Neuzuschnitt politischer Ausschüsse, Etablierung von Runden Tischen). Partner außerhalb des Bereiches von Schule und Jugendhilfe werden zur Lösung konkreter Fra-gestellungen hinzugezogen. Sie fungieren jedoch nicht als gleichberechtigte Impulsgeber für die Weiterentwicklung der Bildungslandschaft.

> multidimensionale Bildungslandschaften Entsprechend dem oben dargestellten umfassenden und ganzheitlichen Bildungsbegriff adressieren sie alle Bildungs-anbieter in einer Region. Nicht einzelne Einrichtungen ste-hen im Fokus der Vernetzungsaktivitäten, sondern ausge-hend von der Bildungsbiographie der Kinder und Jugendli-chen alle notwendigen Partner für gelingende Bildungspro-zesse. Die Kommune als örtlicher Kristallisationspunkt die-ser Bildungsakteure übernimmt dabei in der Regel die Auf-gabe, ein Netzwerk zu initiieren, auszubauen und zu sichern.

Ziel ist es, optimale Bildungschancen zu schaffen und vor-handene Ressourcen effizient und effektiv zum Wohle der jungen Generation einzusetzen.

In Rückgriff auf eine dieser Konzeptionalisierungen der Bil-dungslandschaft werden neue Kooperationsformen möglich, die in unterschiedlicher Reichweite an der Biographie der Kin-der und Jugendlichen orientierte Angebote entwickeln. Statt sich in vielen einzelnen Projekten zu verlieren, können die Ak-tivitäten der beteiligten Partner aufeinander abgestimmt und Synergieeffekte erzielt werden.

Bezugspunkt der Zusammenarbeit ist dabei die Vision zu-kunftsorientierter Bildung, die den Einzelnen individuell fördert, damit gleichzeitig drängende gesellschaftliche Fragestellungen aufgreift und zu ihrer Lösung beiträgt. Durch eine Verständi-gung auf gemeinsame Leitziele wird es möglich, Maßstäbe für die Entwicklung und Umsetzung von (Teil-) Projekten bzw. ein-richtungsspezifischen Konzepten zu generieren.

Hierdurch wird die Basis für Fragen der Qualitätsentwicklung, wie z. B. der kommunalen Bildungsberichterstattung, und quali-tätssichernden Maßnahmen in Form von Wirksamkeitsdialogen oder Verfahren der Selbstevaluation geschaffen.

Gelingensbedingungen für Bildungslandschaften

Kennzeichen von Netzwerken, so auch von Bildungsnetzwer-ken ist es, dass in ihnen Akteure und Organisationen zusam-men arbeiten, die durch ein gemeinsames Basisinteresse ver-bunden sind, eine möglichst weitgehende Übereinstimmung bei der Problemdefinition haben sollten und auf der Basis ge-genseitigen Vertrauens und Wertschätzung zusammenarbeiten.

Das Engagement in einem Netzwerk ist dabei freiwillig und die eigenen Beiträge auch dadurch motiviert, dass man einen Nutzen für sich selbst erwartet.

Aufgrund der Vielzahl der Akteure, die im Bildungsbereich tä-tig sind oder Schnittstellen zu diesem aufweisen, ist von Anfang an nicht klar, wer in einem Netzwerk zur Förderung der Bildungs-prozesse mitarbeiten sollte und dazu die Bereitschaft aufbringt.

Am Beginn ist ein Netzwerk nichts anderes als die Samm-lung von Adressen; ob die wünschenswerten Partner sich zum Mittun entschließen, entscheidet sich daran, ob sie die Relation von Aufwand und Nutzen positiv bewerten.

Obwohl Netzwerke in ihrem Kern auf eine gleichberechtigte Interaktion der beteiligten Partner zielen, sind de facto doch häufig Partner involviert, deren Macht und hierarchische Stel-lung unterschiedlich sind. In Bildungsnetzwerken arbeiten z. B. Erzieher, Schulleitungen, Lehrer, Schulaufsicht, Sozialarbeiter, Vertreter der Wirtschaft, der Vereine und der Kirchen sowie Ent-scheidungsträger aus Politik und Verwaltung mit. (Bertelsmann Stiftung 2008: 61 – 72)

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Auf dem Weg zur kommunalen Bildungslandschaft – Lokale Bildungsorte vernetzen

Page 14: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Aus dieser Beschreibung folgt unmittelbar, dass Bildungs-landschaften im Sinne eines systematischen und abgestimm-ten Handelns zum Wohle der Kinder und Jugendlichen nicht voraussetzungsfrei entstehen, sondern Gelingensbedingungen unterliegen.

Rede und Antwort für den Erfolg

Zentrale Fragen richten sich auf folgende Bereiche:> Besteht bei den Akteuren ein gemeinsames Bewusstsein

der Problemlagen?> Konnten alle erforderlichen Akteure eingebunden werden?> Sind sich diese einig in den angestrebten Bildungszielen

und den dazu durchzuführenden Maßnahmen? Sind alle Akteure bei Zielklärung und Umsetzungsplanung ausreichend beteiligt worden?

> Sind die Beiträge der Netzwerkpartner geklärt und möglichst verbindlich vereinbart? Entsprechen diese Beiträge den unterschiedlichen Profilen und Möglichkeiten der Beteiligten?

> Verfügt das Netzwerk über ein (politisches) Mandat?> Sind Prozesse und Strukturen so gestaltet, dass die ange-

strebten Wirkungen auch tatsächlich erreicht werden können? Ist dies durch eine koordinierende Stelle abgesichert?

> Ist die Zusammenarbeit im Netzwerk durch Vertrauen ge-kennzeichnet? Fühlen sich alle hinreichend über Planungen, Durchführung und erzielte Ergebnisse informiert?

> Gibt es Mechanismen, mit auftretenden Konflikten lösungs-orientiert umzugehen?

> Ist sicher gestellt, das die Motivation zu einer freiwilligen Mit-arbeit durch das Erzielen von Vorteilen für die eigenen Inter-essen erhalten bleibt?

> Stehen für die Arbeit ausreichend Finanz- und Personal-ressourcen zur Verfügung?

> Ist die Kooperation im Netzwerk auch langfristig abgesi-chert?

Hinsichtlich der Arbeit in Bildungsnetzwerken sollte besonde-rer Wert darauf gelegt werden, dass alle Beteiligten sich kon-tinuierlich über die gemeinsamen Ziele in einem partizipativen Aushandlungsprozess verständigen. Im Sinne einer staatlich-kommunalen Verantwortungsgemeinschaft sind dabei auch die Schulaufsicht, die Kommunalverwaltung, Träger der Jugend-hilfe und Vertreter der Wirtschaft sowie des gemeinnützigen Sektors zu berücksichtigen.

LAND

Kultusministerium

Jugendministerium

Sozialministerium

Weiterbildungsinstitute

Schulaufsicht

Träger der Kitas

BibliothekenVolkshochschulen

Schulen

KitasBürgerstiftungen

Politik und VerwaltungWirtschaft

Kirchen

Vereine/VerbändeKinder- und Jugendhilfe

KOMMUNEN

Verantwortungsgemeinschaft* für Kinder und Jugendliche

Quelle: eigene Darstellung*Die Darstellung der

Akteure ist nicht abschließend.

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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 15: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Allen Akteuren muss klar sein, dass Netzwerkarbeit Top-Down-Prozesse ausschließt.

Motivation und Vertrauen lassen sich nur herstellen, wenn sich alle Beteiligten hinreichend über die Netzwerkentwicklung in-formiert fühlen und diese auch aktiv beeinflussen können. Ins-besondere in der Startphase ist besonderer Wert auf die Ent-wicklung der Kooperationsbeziehungen zu legen.

In der weiteren Entwicklung kommt es entscheidend darauf an, die Zusammenarbeit zu festigen und Routinen zu etablie-ren, ohne neue Bedarfe zu negieren.

Da Netzwerke im Vergleich zu Institutionen über ein deutlich geringeres Maß an Strukturierung und formaler Hierarchisierung bei gleichzeitig hoher Dynamik in den Beziehungen zwischen den Beteiligten verfügen, kommt der Koordination der Prozesse eine große Bedeutung zu. Bildungsnetzwerke brauchen einen „Kümmerer“, der die Netzwerkarbeit strukturiert, die Akteure zusammenbringt, Konflikte erkennt und unterschiedliche Inter-essenlagen ausgleicht.

In der Praxis hat sich gezeigt, dass diese Funktion oft bei Kreisen und Städten angesiedelt ist, aber auch andere Lösun-gen sind denkbar.

Bewährt hat sich die Einrichtung von Steuergruppen, in den die wichtigsten Stakeholdergruppen vertreten sind und ihre Positionen in die Arbeit einbringen können.

Als wichtiger Hebel der Veränderung erweisen sich Quali-fizierungsmaßnahmen für die unterschiedlichen Zielgruppen. Besondere Vernetzungseffekte gehen dabei von professions-übergreifenden gemeinsamen Fortbildungen aus.

Auf der Basis der Erkenntnisse aus Praxis und Wissenschaft sind in der jüngeren Zeit Empfehlungen und Gelingensbedin-gungen für Bildungslandschaften erarbeitet worden (z. B. Deut-scher Verein 2007 und 2009 / Stern / Stolz). Sie weisen bei un-terschiedlichen Systematisierungen eine hohe fachliche Über-einstimmung aus und können als Orientierungspunkte für die Initiierung neuer Praxisvorhaben dienen.

Aus einem dreijährigen Kooperationsprojekt der Bertelsmann Stiftung mit den Ländern Baden-Württemberg und Nieder-sachsen sowie den Regionen Braunschweig, Emsland, Freiburg und Ravensburg wurden folgende Erkenntnisse und Empfehlungen abgeleitet:

> Die Gestaltung erfolgreicher Bildungsbiographien von Kindern und Jugendlichen erfordert den ganzheitlichen und systematischen Blick auf alle Institutionen und informellen Lernorte in einer Region.

> Land und Kommune bilden vor Ort eine staatlich-kommunale Verantwortungsgemeinschaft, die jenseits von Zuständig-keitsfragen die gemeinsame Verantwortung für die Kinder und Jugendlichen vor Ort in den Mittelpunkt rückt.

> Kommunen nehmen ihre Verantwortung für den Bildungserfolg der Kinder und Jugendlichen in ihrer Region stärker wahr.

> Eine systematische Beteiligung aller Bildungsakteure aus der Region sichert eine breite Akzeptanz und eine außer-gewöhnliche Vielfalt an Problemlösungsstrategien.

> Das Regionale Bildungsbüro unterstützt die Arbeit der staatlich-kommunalen Verantwortungsgemeinschaft und koordi-niert die Vernetzung von Schulen untereinander und mit außerschulischen Partnern.

> Die staatlich-kommunale Verantwortungsgemeinschaft richtet die Zuweisung ihrer Ressourcen gemeinsam an dem regionalen Leitbild aus.

> In der Bildungsregion arbeiten die Schulen in einem gemeinsamen Prozess der Qualitätsentwicklung.

> Die staatlich-kommunale Verantwortungsgemeinschaft legt einen Rechenschaftsbericht gegenüber den Bürgern der Region ab. (Stern 45 – 47)

Die Erfahrungen dieses Modellprojektes haben in Baden-Württemberg Eingang in das bis 2014 laufende „Impulsprogramm Bildungsregionen – Bildung braucht starke Partner“ gefunden.

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Auf dem Weg zur kommunalen Bildungslandschaft – Lokale Bildungsorte vernetzen

Page 16: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Entwicklungsphasen berücksichtigen

Um die Entwicklung von Bildungslandschaften theoretisch zu fundieren, ist es hilfreich, auch für den Bildungsbereich von ei-nem Phasenmodell der Entwicklung auszugehen, wie es Glasl und Lievegoed für Organisationen herausgearbeitet haben (Schönstein: 34–44).

Glasl und Lievegoed unterscheiden eine Pionierphase, in der eine charismatische Person oder eine Gruppe von Persön-lichkeiten ein Vorhaben flexibel, mit großer Kreativität, Überzeu-gungskraft und Improvisationstalent sowie Intuition für richtige Lösungen vorantreiben. In vielen Kindertagesstätten, Schulen und im Bereich der außerschulischen Jugendarbeit gibt es Bei-spiele für das engagierte Arbeiten von Einzelpersonen, die Kraft ihres Charismas die Dinge in Bewegung bringen. Durch die Personengebundenheit dieser Aktivitäten gelingt es jedoch oft nicht, erzielte Erfolge nachhaltig zu sichern.

In der darauffolgenden Differenzierungsphase, so Glasl und Lievegoed, kündigen sich aufgrund von ungeklärten Zu-ständigkeiten und Entscheidungsbefugnissen Reibungsver-luste an. Der Wunsch nach Transparenz und sachbezogener Entscheidung führt zur Klärung von Verfahrensabläufen, Aufbau von Führungsstrukturen und Festschreibung von Kompeten-zen. Hierdurch wird einerseits die Verlässlichkeit des Systems gesteigert, andererseits werden rasche, situationsgerechte und am Bedarf orientierte Entscheidungen erschwert, da das Prin-zip der Zuständigkeit greift. Die Merkmale der Differenzierungs-phase sind typisch für den Regelbetrieb vieler Schulen.

Die Kritik an den limitierten Möglichkeiten des „Apparats“ wird zum Reformimpuls, wenn immer mehr Anspruchsgruppen die Frage aufwerfen, wie eine zeitgemäße und bessere Bildung organisiert werden kann.

Dies bietet die Chance zum Eintritt in die Integrations-phase, in der sich die Beteiligten konsequent an den Bedürf-nissen der Kinder und Jugendlichen ausrichten und versuchen, aus den Qualitätsmerkmalen der beiden vorhergehenden Pha-sen eine Synthese zu schaffen. An die Stelle von Zuständigkei-ten treten Verantwortung und Kooperation. Durch die Delega-tion von Entscheidungsbefugnissen werden schnelle und sach-gerechte Entscheidungen möglich. Die Hierarchien sind flach, und das Handeln wird an den Wirkungen ausgerichtet.

Die veränderte pädagogische Praxis wird vom gesamten Team der Kitas, Schulen und Jugendeinrichtungen getragen. Richtschnur der Arbeit sind die Bildungsbedürfnisse der jungen Menschen und ihrer Familien. Allerdings ist die Integrations-phase auch dadurch charakterisiert, dass noch eine Fokussie-rung auf die eigene Einrichtung erfolgt.

Die Einsicht, dass durch eine Zusammenarbeit mit weite-ren Partnern und ein Denken über eigene Organisationsgren-zen hinweg noch größere Synergieeffekte geschaffen werden können, kann die Entwicklung zur Assoziationsphase ansto-

ßen, so Glasl und Lievegoed. In dieser Phase wird die Partner-struktur konsequent um Akteure erweitert, die einen Beitrag zum Bildungserfolg der Kinder und Jugendlichen leisten kön-nen und Brüche in der Bildungsbiographie vermeiden. Sie ent-spricht damit dem beschriebenen Typus der „Multidimensiona-len Bildungslandschaft“.

Individuelle Akteure – individuelle Voraussetzungen

Überträgt man dieses Modell von Glasl und Lievegoed, das ursprünglich aus der Unternehmensentwicklung kommt, auf das Entstehen von Bildungslandschaften, muss man die un-terschiedlichen Entwicklungsgeschwindigkeiten von Institutio-nen berücksichtigen (Schönstein, 44) und die „Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“ als Normalfall annehmen.

Es dürfte die Regel sein, dass man es mit Kitas, Schulen und Jugendeinrichtungen sowie weiteren Partnern zu tun hat, die sich in ganz unterschiedlichen Entwicklungsphasen befin-den. Die Herausforderung bei der Entwicklung von Bildungs-landschaften ergibt sich also nicht nur durch die Vielzahl der Akteure, sondern auch daraus, dass ganz unterschiedliche Reformorientierungen und Kulturen in die Zusammenarbeit einfließen.

Für die akteursbezogene und partizipativ ausgerichtete Ar-beit in Bildungsnetzwerken heißt dies, dass man einen Modus finden muss, diese Unterschiede bei allen Aushandlungspro-zessen zu berücksichtigen.

Fazit

Die Grundidee des Konzepts der Bildungslandschaften ist die Ablösung der organisierten Unverantwortlichkeiten und des Denkens in Zuständigkeiten durch die Übernahme einer ge-meinsamen Verantwortung für eine gelingende Bildung von Kindern und Jugendlichen.

Ziel ist es, Kindern und Jugendlichen unabhängig von ihrer sozialen und ethnischen Herkunft optimale Bildungschancen zu eröffnen und eine bruchfreie Entwicklung zu ermöglichen.

Damit dieses Ziel erreicht werden kann, müssen sich die unterschiedlichen Akteure auf ein gemeinsames Verständnis über zeitgemäße und zukunftsorientierte Bildung einigen.

Eine erfolgreiche Bildungslandschaft ist dadurch gekenn-zeichnet, dass die Partner nicht nur ihre spezifischen Aufgaben in guter Qualität erbringen, sondern dass sie die übergeordne-ten Belange im Blick haben und den Austausch mit den ande-ren Akteuren suchen.

Bildungslandschaften sind keine Selbstläufer, sie brauchen einen „Kümmerer“ und verlässliche Strukturen, damit sie funk-tionieren. Da eine Mitarbeit freiwillig ist, muss das Bildungs-netzwerk den mit ihm verbundenen Nutzen regelmäßig nach-weisen. Es ist nicht ausreichend, gute Ergebnisse zu erzielen,

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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 17: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

sondern diese müssen auch belegbar sein und kommuniziert werden. Eine funktionierende Bildungslandschaft ist auf die Herstellung von Transparenz, eine intensive Informationsarbeit und Rechenschaftslegung zwingend angewiesen.

Systemtheoretisch ist die Bildungslandschaft als Netzwerk zu verorten und hat damit im Vergleich mit anderen Systemen in der Regel weniger verfestigte Strukturen. Deshalb ist eine ständige Energiezufuhr notwendig, um die Identifikation der unterschiedlichen Akteure zu erhalten. Ein wertschätzender Umgang mit den Beteiligten und die öffentliche Anerkennung des gemeinsamen Einsatzes für die Kinder und Jugendlichen in der Kommune, das gezielte Zusammenbringen von Part-nern und die Unterstützung der fachlichen Arbeit z. B. durch gemeinsame Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen haben vor diesem Hintergrund eine wichtige Funktion.

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Auf dem Weg zur kommunalen Bildungslandschaft – Lokale Bildungsorte vernetzen

Page 18: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Schule als Initiator lokaler Bildungsnetze Das Gymnasium Achern

Paul Droll

Schule ist schon immer von ihrem Selbstver-

ständnis her eine Institution, die im Auftrag

der Gesellschaft die Bildung der kommenden

Generation zu leisten hat. Das jeweils herr-

schende Verständnis von Staat und Gesell-

schaft wirkt sich dabei auf die Umsetzung

dieser Aufgabe aus.

In einem demokratischen Staat ist die Bürgergesellschaft von ihrem Selbstverständnis nicht nur der Souverän, der in be-stimmten Abständen im Rahmen der repräsentativen Demo-kratie die Regierung wählt und ansonsten sich regieren lässt, sondern in vielfältiger Weise am gesellschaftlichen Leben ge-staltend beteiligt.

Neben festen staatlichen Institutionen wie Schule prägen demokratische Gesellschaften viele Vereinigungen und Grup-pen, die dynamisch und flexibel das soziale Leben gestalten. Manche davon sind verfasste Körperschaften wie Kirchen und Gewerkschaften, andere eher offenere Gruppierungen, bei uns beispielhaft Vereine.

Außerdem gibt es im Rahmen der Koalitionsfreiheit sehr viele spontan gebildete Gruppierungen und auch Einzelakti-vitäten, die das reichhaltige Leben bestimmen. Schließlich ist der Bereich der Ökonomie zu großen Teilen privatwirtschaftlich organisiert. Nicht wenige dieser Institutionen erfüllen explizit Bildungsaufträge, viele weitere tragen implizit zur Bildung bei, weil sie Lernfelder des Lebens sind.

Da Schule den Auftrag hat, die kommende Generation zu bilden und in diese Gesellschaft einzuführen, in der sie spä-ter gestaltende Aufgaben übernehmen soll, muss die Organi-sation dieses Bildungsprozesses auch so gestaltet sein, dass Foto: Gymnasium Achern

Paul Droll ist seit 1986 Oberstudiendirektor am Gymna-sium Achern.

Er ist langjähriger Vorsitzender der Direktorenvereinigung Südbaden, Mitglied im Landesschulbeirat, Mitglied der Bundesdirektorenkonferenz sowie Leiter von Führungs-seminaren für Schulleiter. Seit Beginn des Jugendbe-gleiter-Programms berät er Schulen als Multiplikator.

Das Gymnasium Achern mit über 1.500 Schülerinnen und Schülern nimmt als offene Ganztagsschule seit 2006 am Jugendbegleiter-Programm teil. Die Schule gewann zahlreiche Auszeichnungen wie den 1. Platz beim bundesdeutschen Ranking für Gymnasien 2005, sie wurde von der Friedrich-Naumann-Stiftung für eine der zehn erfolgreichsten Schulen Deutschlands gekürt und gewann 2011 den Schulpreis „Jugend forscht“.

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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 19: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

möglichst umfassend die Reichhaltigkeit gesellschaftlichen Le-bens für die Schülerinnen und Schüler erschlossen wird.

Kooperation beginnt vor Ort

Schulen sind lokale Institutionen. Sie sind ortsfest und werden von einer Schülerschaft besucht, die ortsnah wohnt. Selbst bei allgemeinbildenden Gymnasien, die (mit Ausnahme der berufli-chen Schulen) noch den größten Einzugsbereich haben, ist ein Radius von 20 km wohl eher die Ausnahme.

Will also Schule Beziehungen zu anderen Lernorten suchen, wird sie in der Regel den lokalen Raum wählen. Der allerdings ist auch reichhaltig genug.

In nur wenigen Kilometer Entfernung finden sich kirchliche Einrichtungen und politische Parteien, Vereine jeglicher Art, kommerzielle Anbieter von Freizeitaktivitäten, eine Volkshoch-schule, andere Schulen, viele Firmen und eine Vielzahl von Personen und Gruppen, die das gesellschaftliche Leben aus-machen. Die Schülerinnen und Schüler sind großteils bereits durch eigene Entscheidungen und/oder Entscheidung der Eltern aktiv, die Erwachsenen, ob Eltern oder Lehrerinnen und Lehrer, haben ebenfalls Bezüge ähnlicher Art. Individuelle Entscheidun-gen entsprechen der eigenen Motivation und sind daher durch-aus subjektiv gezielt geplant.

Will eine Institution wie Schule dies simulieren, ist der plan-volle Aufbau eines Netzwerks angemessen. Ein Netzwerk ver-bindet Einzelnes, nutzt Interdependenzen, respektiert das je Einzelne in seiner Besonderheit und verbindet zu einer Gemein-samkeit, die einem eigenen Ziel, hier der Bildung und Erziehung der kommenden Generation, dient.

Schule als Ideengeber

Da die Schule das Ziel formuliert und der Bildungsplan auch die Grundziele definiert, ist es ihr Interesse, als Akteur aufzu-treten. Sie sieht von sich aus außerschulische Lernorte und Kooperationspartner. Zwei neuere Entwicklungen befördern diesen Handlungsimpuls:

> Die Welt ist sehr viel komplizierter geworden als dass sie rein theoretisch in der Schule als einem Elfenbeinturm an-gemessen erschlossen werden könnte.

> Die Lebenszeit, die Schule für sich bei den Kindern bean-sprucht, ist nicht zuletzt durch die Ganztagsschule länger geworden.

Gerade die Entwicklung zur Ganztagsschule hat aber auch das Interesse der außerschulischen Lernorte gesteigert, mit der Schule in Kontakt zu treten. Dies gilt besonders für Vereine, die neben manch anderen Gründen, die zu Mitgliederschwund führen, auch Sorge haben, ob für die Kinder und Jugendlichen

nach der Ganztagsschule noch genügend Zeit und Motivation bleibt, den Verein zu besuchen.

Schließlich hat die Wirtschaft ein vitales Interesse, Verständ-nis für ihre Arbeit zu wecken und damit potenziell auch Nach-wuchs zu gewinnen.

Groß ist auch das Feld bürgerschaftlichen Engagements im Ehrenamt. Unsere sehr differenzierte Arbeitsgesellschaft er-möglicht vielen Menschen hochqualifizierte Tätigkeiten. Kom-munikationsfähigkeit spielt an den meisten Arbeitsplätzen eine wesentliche Rolle, die Berufsbiografien sind sehr differenziert und zeigen nicht selten Affinitäten zu Aktivitäten auch im Frei-zeitbereich.

Daraus ergibt sich, dass nicht nur von Seiten der Schule, sondern auch der außerschulischen Partner ein vitales und vielfältiges Interesse für Zusammenarbeit besteht.

Der Respekt vor den je eigenen Interessen, das Zusammen-führen gemeinsamer Motivation, die Nutzung besonderer Kom-petenzen und Chancen außerschulischer Lernorte bietet so die Chance, in einem Akt der freien Selbstverpflichtung ein solches lokales Netzwerk zu nutzen.

Besonderheiten der Institution Schule

> Sie ist dem vom Staat definierten Bildungsauftrag verpflichtet und muss danach auswählen, was in diesem Sinne passt.

> Sie hat eine mindestens auf ein Schuljahr personell und zeitlich verlässliche Kooperation zu gewährleis-ten, sieht man von Einzelaktionen einmal ab.

> Sie ist auch für die pädagogische Qualität des Angebots verantwortlich. Hier kann ggf. beispiels-weise das Schulungsprogramm des Jugendnetzes wertvolle Hilfe leisten.

> Sie muss logistische Aufgaben erfüllen (Transport zum außerschulischen Lernort, Bereitstellung von Räumen, Passung in den Stundenplan, allgemeine Verwaltungsaufgaben).

> Sie investiert viel Zeit und Kraft in die Kontaktpflege der außerschulischen Partner. Dazu gehören auch Formen der Anerkennung wie etwa versicherungs-rechtliche Absicherungen. Auch in bescheidenen Grenzen ist eine anerkennende Honorierung z. B. im Rahmen des Jugendbegleiter-Programms möglich.

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Schule als Initiator lokaler Bildungsnetze – Das Gymnasium Achern

Page 20: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Schule als Kulturvermittler

So wird Schule dann zu einem Kulturfaktor der lokalen Gesell-schaft und kann in Einzelfällen sogar weit über den Bereich der Bildung und Erziehung ihrer Schülerinnen und Schüler wir-ken. Als Beispiel sei auf die Juniorakademie am Gymnasium Achern verwiesen.

Pro Schuljahr werden vier pädagogische Schwerpunkte gebil-det, die im Pflichtunterricht, durch Arbeitsgemeinschaften oder bei außerordentlichen Lernorten erschlossen werden. Höhe-punkt ist ein Workshop für Oberstufenschülerinnen und -schü-ler an einem Nachmittag, gestaltet von hauseigenen Lehrkräf-ten, der den Themenbereich nochmals intensiv fokussiert. Am Abend findet dann ein Vortrag eines bedeutenden Fachmanns statt mit anschließender Diskussion.

Südwestrundfunk als Kooperationspartner

Die Schule hat als Partner den SWR. Gemeinsam werden Thema und Referent festgelegt, der SWR stellt den Moderator. Die Veranstaltung wird aufgezeichnet und später in SWR2 ge-sendet, zuweilen auch in der Teleakademie und 3sat. Es ist eine öffentliche Veranstaltung, zu der die Bevölkerung der Region eingeladen ist. Die Kosten teilen sich der SWR und die Schule. Dieses Projekt zeigt, wie intensiv Schule über ein Bildungsnetz wirken kann, hier sogar im wahrsten Sinne des Wortes mit na-tionaler Ausstrahlung.

Es gelingt viel:

> Die intensive Erschließung eines Lernfeldes.

> Die Nutzung außerschulischer Partner.

> Die Begegnung mit bedeutenden Persönlichkeiten.

> Die Kooperation mit Medien.

> Der gemeinschaftliche Austausch mit Lehrerinnen und Leh-rern, Eltern und der interessierten Bevölkerung über ein Thema, das für alle interessant ist.

> Die Präsentation der eigenen Arbeit in der Öffentlichkeit (in der Regel gibt es am Abend eine kleine Ausstellung von Schülerarbeiten zum Thema).

> Für die lokale Gemeinschaft ein kulturelles Ereignis, das verbindet.

> Für die Medien eine Chance, einen von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern her umfassenden Bildungsprozess zu be-fördern und zu dokumentieren.

In Zukunft wird Schule noch stärker als bisher Akteur lokaler Bildungsnetze werden, weil die bisherigen Erfahrungen posi-tiv sind und sich der Reichtum möglicher Beziehungen kaum voll erschließen lässt: ein lohnendes Feld für gelungene Schul-entwicklung.

Kontakt:

Gymnasium AchernBerliner Str. 3077855 AchernTel.: 07841/62951760E-Mail: [email protected]

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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 21: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Bildung ohne Lehrbuch Die Stuttgarter Jugendhaus gGmbH

sind die Jugendlichen zu einer Gruppe zusammen gewachsen, in der Teamgeist, Geduld, Toleranz, Verlässlichkeit und andere soziale Kompetenzen gefragt waren. Die fertige Skulptur und die Anerkennung des Publikums vertieften zusätzlich noch das gemeinsame Erfolgserlebnis und die „Bildungserfahrung“.

Selbstgemacht und selbst erfahren

Das Taschengeld beim Bäcker loszuwerden, das muss nicht sein – günstiger und auch viel spannender ist es, im Kindertreff Botnang selbst zum Backblech zu greifen. Seit 2010 gibt es dort die „Kochschule“ – Kurse für Kinder, die mit großer Begeisterung besucht werden. Zu sehen, der Marmorkuchen kommt nicht aus der Aluverpackung, das ist für un-sere Kinder heute oft schon ein Erlebnis! Wis-senswert ist, was alles so im Kuchen steckt, und Spaß macht es, zu sehen, wie das Mus-ter in den Kuchen kommt! Und ganz neben-bei, ohne es zu merken, übt man sich mit dem Rezept auch noch in mathematischen Textaufgaben. Statt einer guten Note gibt es das gemeinsame Verspeisen und Genießen

Sieghard Kelle

Jeder weiß, um ein glückliches und individu-

ell erfolgreiches Leben zu führen, braucht der

Mensch Bildung – aber nicht nur aus dem Lehr-

buch.

Die Angebote der Stuttgarter Jugendhaus gGmbH sollen er-gänzend wirken und ermöglichen, spielerisch, ohne Leistungs-druck und mit Freizeitcharakter so genannte „informelle“ Bil-dungsprozesse zu erleben:

Kunst mit Skulptur

Wer denkt, ein altes Auto gehört auf den Schrott, der hat sich getäuscht! Im Rahmen eines Kunstprojekts des Kinder- und Jugendhaus Hallschlag haben Jugendliche unter fachlicher Anleitung eines Künstlers eine Skulptur daraus kreiert und er-baut. Neben der Erlangung der handwerklichen Fertigkeiten,

Sieghard Kelle ist Geschäftsführer der Stuttgarter Jugendhaus Gesellschaft.

Er war lange Zeit als Erzieher und später als Leiter eines Jugendhauses tätig, bevor er 1995 die Geschäfts-führung der Stuttgarter Jugendhaus Gesellschaft über-nommen hat.

Innovative Kooperationen mit Schulen in Stuttgart wer-den dort seit Jahren entwickelt und umgesetzt.

Mit 42 Einrichtungen ist die Stuttgarter Jugendhaus Ge-sellschaft einer der größten Träger der offenen Jugend-arbeit in Deutschland. Sie hat insgesamt über 400 Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter.

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Bildung ohne Lehrbuch – Die Stuttgarter Jugendhaus gGmbH

Page 22: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

der selbstgemachten Leckereien. Dazu kommt die Erfahrung, dass etwas Selbstgemachtes, gemeinsam mit Anderen um ei-nen Tisch herum verzehrt, viel besser schmeckt, als die Tief-kühlpizza vor dem Fernseher. Die Beispiele sind vielfältig.

Bildung kann überall stattfinden

Die Stuttgarter Jugendhaus Gesellschaft hat stets die Inter-essen von Kindern und Jugendlichen im Blick und hat sich zur Aufgabe gemacht, deren Kompetenzen zu stärken und sie in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen. Der Besuch der Kinder- und Jugendhäuser sowie die Teilnahme an Projek-ten kann immer auch Gelegenheit zum Lernen bieten.

Die Stuttgarter Jugendhaus Gesellschaft – 60 Jahre Offene Kinder- und Jugendarbeit

Die Stuttgarter Jugendhaus gGmbH (kurz: stjg) gestaltet Offene Kinder- und Jugendarbeit in der Landeshauptstadt und damit auch Jugendbildung. Sie handelt im kommunalen Auftrag, ent-sprechend Paragraf 11 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes

(Subsidiarität). Der Etat setzt sich aus kommunalen sowie aus Bundes- und Landesmitteln zusammen.

1950 als Verein gegründet, ist die stjg heute mit einundvier-zig Kinder- und Jugendhäusern, sowie Kinder- und Jugend-treffs und anderen mobilen Einrichtungen größter Träger offener Kinder- und Jugendarbeit in Stuttgart. Sie ist Personalträger von hauptamtlichen Fachkräften auf zweiundzwanzig Aben-teuerspielplätzen und Jugendfarmen.

Die Zusammenarbeit mit den Schulen begann frühzeitig – und sie wächst kontinuierlich: 1982 gestartet, sind heute Schul-sozialarbeiter an 16 Grund-, Haupt-, und Werkrealschulen aktiv. An sechs weiteren Schulen verantwortet die Gesellschaft er-weiterte Betreuungsangebote, die Verlässliche Grundschule so-wie die Betreuung von vier Horten und die Ganztagsbetreuung („Ganztagsbildung“) an fünf Schulen.

An 15 Gymnasien bietet die stjg Jugendbildungsprojekte im Bereich der Schulkooperation an. Daneben setzen die Einrich-tungen individuell und nach Bedarf zahlreiche Projekte um – mit Klassen aus allen Schularten (z. B. Umweltpädagogisches Klas-senzimmer am Max-Eyth-See, Inklusion im Kinder- und Jugend-haus Degerloch oder die Vaihinger Lesewoche).

Ganztägige Bildung – eine Aufgabe für alle

Um das Gesamtangebot in Stuttgart überschaubar und gut strukturiert zu gestalten, haben sich die stjg und andere Träger zu erfolgreichen Kooperationen zusammen geschlossen. Die stjg versteht Bildung als Querschnittsaufgabe und hat frühzei-tig auf die sich ändernden Rahmenbedingungen im Bildungs-bereich reagiert. Der Ausbau von schulischen Ganztagsange-boten sollte nicht zur Konkurrenz mit sozialpädagogischen Angeboten für Schulkinder am Nachmittag führen. Sinnvoll ist der aktive Austausch aller Beteiligten – Träger, Schulen, Ämter. Denn: Die 41 Kinder- und Jugendhäuser sind aktiv in der Stadt-teilarbeit. Über Runde Tische, Gremien und Stadtteilfeste kennt man sich. Man kennt den Bedarf, die Möglichkeiten und Kapa-zitäten im Stadtteil – überdenkt Synergien, Kooperationsmög-lichkeiten und langfristige Zusammenarbeit. Hilfreich ist außer-dem die oftmals räumliche Nähe von Kinder- und Jugendhäu-sern zu Schulen.

Beispiele der stjg-Querschnittsarbeiten

> Mittagstische für Schülerinnen und Schüler,> Kursangebote, die den Lehrplan ergänzen (z. B. im Präven-

tionsbereich),> Nutzung von Werkstätten, die es in Schulen nicht (mehr) gibt,> Ferienangebote,> Gestaltung von Projektwochen,> schulische Abschlussfeiern in Räumen der Offenen Jugend-

arbeit,

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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 23: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

> „Neue Unterrichtsformen“ („Feel IT“ / Auszubildende werben in Klassen für Interesse an technischen Berufen; „Team-teaching“),

> Angebote zum Thema „Übergang Schule – Beruf“.

Jugendbildungsarbeit aktuell in Stuttgart

Die stjg verfolgt ein Bildungsverständnis, das praxisnah und ge-genwartsbezogen ist. Es geht darum, durch Bildung Selbstkom-petenz für die alltägliche Lebensbewältigung direkt in der Ge-genwart zu erwerben. Denn: Der „Schonraum“ Kindheit und Ju-gend zerbröckelt, der „Ernst des Lebens“, die gesellschaftlichen Herausforderungen reichen mit ihren Folgen längst in den All-tag junger Menschen hinein. Deshalb fördert die stjg Bildung im Sinne von Förderung – als Förderung und Voraussetzung dafür, sich in einer komplizierten Welt zu verorten und zu be-haupten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der stjg verste-hen Bildung deshalb nicht nur als Qualifikation, sondern zu-sätzlich als Lebenskompetenz. Als Schlagworte seien hier ge-nannt: Selbstbestimmung, Selbststeuerung, Eigeninteresse und Selbstreflexion.

Jugendarbeit und außerschulische BildungDrei Beispiele für die Bildungsnetzwerke der stjg

(1) Im Rahmen der Offenen Jugendarbeit Mit ihrem „Kerngeschäft Freizeit“ vermittelt die Offene Jugend-arbeit viele kognitive, emotionale und soziale Lernleistungen. Fast alle ihre Konzepte seit den 70-er Jahren waren Bildungs-konzepte. Sie wurden jedoch selten als solche verstanden. Das hat sich gründlich gewandelt.

Mittlerweile sind die Konzepte und Erfahrungen der stjg-Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter gefragt.

Stadtteilunternehmen, Konzerne (z. B. Telekom, BOSCH), die Universität Stuttgart, die Hochschule Kultur und Medienbildung/Ludwigsburg – mit allen arbeitet die stjg im Rahmen von Ju-gendbildungsprojekten zusammen.

Fachtagungen – Communities – NetzwerkeDurch die Zusammenarbeit von stjg-Einrichtungen und Unter-nehmen hat sich ein neues Lernkonzept innerhalb der Offenen Jugendarbeit in Stuttgart durchgesetzt. Kern des Lernkonzep-tes ist ein moderner Begriff der „Werkstatt“ – einem Ort, an

dem Kinder und Jugendliche Bildung erfahren, indem sie ihre individuellen kreativen und schöp-ferischen Ziele verfolgen.

Im gemeinsamen Bestreben, Jugendlichen technische und naturwissenschaftliche Kom-petenzen zu vermitteln, kooperierte die stjg mit der Festo AG & Co. KG. Über ein erstes Projekt (Bildungsnetzwerk fabCom) entstand das stjg-Netzwerk „Ideenwerkstadt“. Es arbeitet nun un-abhängig vom Unternehmen, wird aber weiter-hin von dort unterstützt. Im Bildungsnetzwerk „Ideenwerkstadt“ arbeiten sechs Kinder- und Jugendhäuser übergreifend – gemeinsam visuali-siert über eine Homepage (www.ideenwerkstadt.net) und eine halbjährlich erscheinende kleine Zeitschrift („toast“).

Die Ideenwerkstadt stellt Räume, modernste Werkzeuge (z. B. Schneideplotter, Lasercutter,

Fotos: Stuttgarter Jugendhaus gGmbH

21

Bildung ohne Lehrbuch – Die Stuttgarter Jugendhaus gGmbH

Page 24: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Lötkolben oder Filmschneideprogramm) und Anregungen be-reit, damit Jugendliche experimentieren, entdecken und produk-tiv sein können – z. B. beim Roboter programmieren, Alarm-anlagen, Elektroautos, Wasserraketen bauen, beim Designen von Textilien oder beim Entwickeln und Produzieren von Ge-sellschaftsspielen …

Im Mittelpunkt der Ideenwerkstadt steht die Kreativität. Durch praktisches Probieren und Erfahren erhalten die Jugendlichen einen Einblick in moderne Technik und erleben am praktischen Beispiel, wie Alltagsgegenstände funktionieren.

(2) Im Rahmen der Zusammenarbeit mit SchulenDas Bildungsnetzwerk stjg/Schule ist engmaschig und vielfäl-tig. Grob gegliedert unterscheidet es sich in die beiden Berei-che „Schule“ und „Übergang Schule – Beruf“. Das Ziel ist das Lernen gemeinsam zu gestalten.> Vertiefte Berufsorientierung (VBO)> Projekte für Schulverweigerer (2. Chance)> Orientierungsangebote> Bewerbungstrainings

Beim Projekt „Feel IT“ schlossen sich ausbildendes Unterneh-men, Offene Jugendarbeit und Schule zusammen, um Schüle-rinnen und Schüler für ihren Beruf zu begeistern. Die Idee: In ei-ner Art „Unterricht auf Augenhöhe“ vermitteln Auszubildende der Deutschen Telekom die Inhalte ihrer Ausbildung – Vormittags in der Schule (vor der gesamten Klasse) und nachmittags ver-tiefend im Jugendhaus (vor freiwillig teilnehmenden Schülerin-nen und Schüler dieser Klassen). Der Wissenstransfer war auch für die Auszubildenden enorm – sie lernten nicht nur, sich selbst und ihre Ausbildung zu präsentieren. Darüber hinaus stieg ihre Selbsteinschätzung, die Fähigkeit, Fragen verständlich zu be-antworten, auf Menschen zuzugehen, Vorurteile abzubauen …

Eine besondere Form des Bildungsnetzwerkes wurde für die Vertiefte Berufsorientierung (VBO) geschaffen. Gleich drei freie Träger, die Evangelische Gesellschaft, die Caritas und die stjg kooperierten mit der Agentur für Arbeit, um jugendlichen Schul-abgängern bei ihrer persönlichen Berufsfindung zu helfen. Pro-jektleitung und Projektkoordination obliegen der stjg. Angespro-chen werden mittlerweile 1.500 Schülerinnen und Schüler von Haupt- und Realschulen. Sie erhalten Hilfe bei der Erstellung von Bewerbungsmappen, üben innerhalb des Beruflichen Plan-spieles Vorstellungsgespräche mit Firmen und führen ein On-line-Bewerbungstraining durch. Für jede beteiligte Schule steht ein nahe gelegenes Infobüro in den Räumlichkeiten der Mobilen Jugendarbeit oder in den Jugendhäusern zur Verfügung.

(3) Im Rahmen von Betreuung und Ferienangeboten In Horten, während der Ferien oder der erweiterten Betreuungs-angebote, im Rahmen der Ganztagsbetreuung: die Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter der stjg passen nicht nur auf, sondern

Kontakt:

Stuttgarter Jugendhaus gGmbHKegelenstraße 21 70372 Stuttgart Tel.: 0711/23728212E-Mail: [email protected] www.jugendhaus.net

vermitteln Wissen während fest-gelegter Zeitfenster. Ihre Ziele: aus Lernorten Lebensorte zu machen – Pausen zum Begrei-fen einzulegen, Spaß am Erfas-sen von Fragestellungen anzu-regen. Auch bei den Betreu-ungsangeboten kennzeichnet die interdisziplinäre Zusammen-arbeit von Erziehen und Lehren das Handeln der stjg.

Seit 2006 verantwortet die stjg die Betreuung im Hort an der Pragschule. Mit bildungs- und freizeitpädagogischen Angeboten sollen die Kinder ganzheitlich gefördert werden. Das Angebot orientiert sich am Profil der Pragschule – ent-sprechend wird auf Sprachför-derung, Kreativität und Musi-kalität Wert gelegt. Die Unter-richtsthemen von einer ande-ren Seite kennenzulernen, das kommt gut an, bei den Schü-lern (z. B. beim Erstellen eines Jahreszeitenkalenders). Auch strukturell haben sich stjg-Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter und Lehrkräfte verbunden: Regelmäßig nehmen die Er-zieherinnen und Erzieher an der Gesamtlehrerkonferenz teil und erarbeiten gemein-sam Konfliktlösungskonzepte oder planen gemeinsame Veranstaltungen.

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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 25: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Praxisbeispiele

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Page 26: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Jugendverbände als starke Bildungspartner im Jugendbegleiter-Programm

> Fit4Life (Gesundheit, Ernährung, Bewegung)> AGs im Bereich Theater, Schülerzeitung, Soziales Engage-

ment, kreative Methoden, Teenie-Treff> Mittagspausenangebote, Schülercafés, ergänzende Angebote

Diejenigen Jugendverbände/Jugendringe, die sich am Jugend-begleiter-Programm beteiligen, setzen für ihr Engagement im Jugendbegleiter-Programm eigenes hauptberufliches Perso-nal ein. Die Aufgaben der Hauptamtlichen bestehen darin, Eh-renamtliche, die als Jugendbegleiterinnen und Jugendbeglei-ter aktiv sind, zu gewinnen, zu begleiten und zu unterstützen. Die Bedeutung dieser hauptberuflichen Unterstützung verdeut-licht ein Zitat aus den Rückmeldungen: „Nur durch den Einsatz hauptberuflichen Personals … ist die Qualität und Verlässlich-keit des Angebots gewährleistet.“

Im Folgenden werden zwei Beispiele vorgestellt, die das Engagement eines Jugendverbands und eines Jugendrings im Rahmen des Jugendbegleiter-Programms darstellen.

Der Landesjugendring ist die Arbeitsgemeinschaft von 28 Ju-gendverbänden auf Landesebene und von den Orts-, Stadt- und Kreisjugendringen in Baden-Württemberg. Er vertritt die In-teressen von rund einer Million Kindern und Jugendlichen.

Literaturempfehlung des LandesjugendringsJugendarbeit trifft Schule. Arbeitshilfe zur Kooperation. Stuttgart 2010. Zu bestellen unter [email protected] oder http://www.ljrbw.de/ljr/service/publikationen/arbeitshilfen.php

Benjamin Wahl

Der Landesjugendring Baden-Württemberg e. V.

(LJR) gehörte im Jahr 2006 zu den Unterzeich-

nerverbänden des Jugend begleiter-Programms.

Als Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände

und kommunalen Jugendringe beteiligt sich

der LJR nicht mit konkreten Jugendbegleiter-

Angeboten.

Vor allem in der Entwicklungs- und Einführungsphase des Ju-gendbegleiter-Programms hat der LJR regelmäßig über dieses informiert und seine Mitgliedsorganisationen einbezogen. Neben Informationsmaterial hat der LJR auch immer wieder Beispiele der Beteiligung von Jugendverbänden am Jugendbegleiter-Programm vorgestellt.

Anlaufstelle für Mitglieder

Im Rahmen der vom Kultusministerium geförderten Koopera-tionsfachstelle steht der Landesjugendring laufend für Fragen zum Jugendbegleiter-Programm zur Verfügung und kann von seinen Mitgliedsorganisationen angefragt werden.

Ganz konkret bieten die meisten Jugendverbände/Jugend-ringe Qualifizierungen an, z. T. als Ergänzung zur Juleica-Ausbil-dung. Zum Teil werden auch Schülermentorinnen und -mentoren ausgebildet, die später als Jugendbegleiterinnen und Jugendbe-gleiter eingesetzt werden. Einzelne Jugendarbeitsakteure koordi-nieren auch das Jugendbegleiter-Programm auf lokaler Ebene.

Neben diesen übergeordneten Aufgaben finden konkrete Ju-gendbegleiter-Angebote aus dem Bereich der Jugendverbände und Jugendringe in folgenden Bereichen statt:> Schwimmen/Rettungsschwimmen> Begleitung von Schülerzeitungen> Schülermentorinnen und -mentoren sind als Jugendbegleite-

rinnen und Jugendbegleiter aktiv

Kontakt:

Landesjugendring Baden-Württemberg e. V.Siemensstr. 1170469 StuttgartTel.: 0711/16447-0Fax: 0711/16447-77E-Mail: [email protected]

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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 27: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Ganzheitlich ausbilden: In Theorie …

In den Jahren 2008 – 2011 hat der Bund der Deutschen Katholi-schen Jugend (BDKJ) in der Diözese Rottenburg-Stuttgart über 50 Jugendliche zu Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter ausgebildet und in ihren Projekten an der Schule begleitet. Die Jugendlichen im Alter von 14 – 19 Jahren kamen aus allen drei Schularten und hatten fast durchgängig keine Erfahrungen in der Jugend(verbands)arbeit.

So erlebten die Jugendlichen auf dem 4-tägigen Qualifizie-rungskurs wie Jugendarbeit tickt; sie lernten viele neue Metho-den, Spiele und eine ganz neue Arbeitsweise kennen. Die Ju-gendlichen entwickelten gemeinsam Projektideen, die dann an der Schule umgesetzt werden sollten.

… und in der Praxis

Nach letzten Absprachen mit der Schulleitung starteten die frisch gebackenen Jugendbegleiterinnen und Jugendbeglei-ter mit ihren Projekten im anschließenden Schulhalbjahr. An der Realschule Blaubeuren entstand so eine Theater-AG für 5. und 6. Klässlerinnen und Klässler, andere Jugendbegleite-rinnen und Jugendbegleiter initiierten Jugendgruppen, grün-deten eine Tanz-AG, übernahmen Aufgaben in der Koordinie-rung eines Schülerhauses, machten Pausenspielangebote uvm. Es entstanden vielfältige regelmäßige Angebote, aber auch punktuelle Aktionen wie die Erstellung einer Fotostory wurden von den jüngeren Schülerinnen und Schüler gut angenommen.

Unterstützung vor Ort

Während ihres Einsatzes an der Schule wurden die Jugend-begleiterinnen und Jugendbegleiter von der Fachstelle Jugend-arbeit und Schule und den katholischen Jugendreferaten vor Ort begleitet und unterstützt. Es fanden regelmäßige Austausch-treffen statt, die Zeit für Reflexion, Organisation und die weitere Planung gaben. Diese Treffen wurden als sehr wichtig empfun-den, da oft im Trubel des Schulalltags keine Zeit dafür blieb.

Projekte meist erfolgreich

Anlaufschwierigkeiten gab es in manchen Schulen mit Raum-absprachen, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten, die ge-klärt werden konnten. Großteils waren die Projekte ein Erfolg. Vereinzelt konnten die Jugendbegleiterinnen und Jugendbeglei-ter an ihrer Schule aus Gründen wie Zeitmangel oder organisa-torischen Schwierigkeiten mit der Schule leider keine Projekte durchführen.

Christliche Zielsetzungen

Der BDKJ Diözesenverband wollte mit diesem Modellprojekt erreichen, dass die Grundprinzipien (katholischer) Jugendarbeit

Kooperationsübung der BDKJ-JugendbegleiterInnen

Qualifizierung und Begleitung Netzwerk-Initiativen des BDKJ

Anja Grießhaber

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Jugendverbände als starke Bildungspartner im Jugendbegleiter-Programm

Page 28: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

erlebbar werden. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten erfahren, wofür katholische Jugendverbände stehen, und soll-ten motiviert werden, projektartig Angebote aus diesem Kon-text mitzugestalten. Durch die Qualifizierung sollten Brücken zwischen interessierten Jugendlichen und ehrenamtlichen Ver-bandsmitgliedern geschlagen werden. Idealerweise sollten Tan-dems zwischen Schülerinnen und Schüler und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entstehen, die gemeinsam ein Angebot entwickeln.

Für die regelmäßigen Angebote an der Schule erfahren die Schülerinnen und Schüler den Mehrwert von Lernen mit Gleich-altrigen. Schulisches Lernen sollte bereichert werden, die An-gebote zeigen, dass es sich lohnt, von- und miteinander im All-tag zu lernen.

Gestaltung der Bildungspartnerschaft

Mit den Schulen wurde ein Kooperationsvertrag geschlossen. Die Jugendreferentinnen und Jugendreferenten vor Ort hielten den Kontakt zu den Schulleitungen und waren gemeinsam mit ihr dauerhafter Ansprechpartner für die Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter.

Positive Projektergebnisse

Das Fazit der ersten beiden Jahre des Jugendbegleiter-Pro-gramms im BDKJ fällt gemischt aus. In dem Modellprojekt ko-operierte der BDKJ mit verschiedenen Schulen, die größten-teils sehr zufrieden waren und den BDKJ als kompetenten Bil-dungspartner wahrgenommen haben. Die Stärken der Jugend-arbeit in der Kurs- und Bildungsarbeit kamen voll zum Tragen, Jugendarbeitsthemen bereicherten den Alltag an der Schule. Die Schulen empfanden das kostenlose Angebot der Qualifizie-rung und Begleitung ihrer Jugendbegleiterinnen und Jugend-begleiter als eine sehr lukrative Dienstleistung. Der Großteil der Jugendlichen hatte keine Vorerfahrungen in der Jugend-arbeit, sie erlebten die Arbeitsweise, die Methoden und Prinzi-pien in der Jugendarbeit als sehr positiv und motivierend; für sie war es etwas völlig Neues und Bereicherndes. Die Jugend-begleiterinnen und Jugendbegleiter haben auf dem Kurs und während ihren Projekten an der Schule den Mehrwert vom Ler-nen mit Gleichaltrigen erfahren und konnten dadurch ihre sozi-alen Kompetenzen erweitern. Die Teilnehmerinnen und Teilneh-mer lernten katholische Jugendverbände kennen und konnten einen Eindruck gewinnen, wie dort Themen gesetzt und bear-beitet werden.

Zurückhaltung bleibt – Evaluation nötig

Die Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter wissen nun im Ansatz, was katholische Jugend(verbands)arbeit ist, haben

aber kein Interesse, sich längerfristig zu engagieren. Sie waren mit großer Motivation über den gesamten Projektzeitraum da-bei. Viele der Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter wür-den das Programm wieder machen und empfehlen es weiter. Kritisch zu sehen ist die Anbindung an die Verbandsstruktu-ren. Ursprüngliches Ziel war, dass die örtliche Jugendarbeit mit der Schule verknüpft wird. Dies ist so nicht eingetreten, da nur zwei engagierte Jugendarbeiterinnen und Jugendarbeiter an der Qualifizierung teilnahmen. Ein weiterer Diskussionspunkt ist die Rolle des BDKJ im Jugendbegleiter-Programm. Bis-lang ist die Wahrnehmung, dass Jugendarbeit eher als Dienst-leister für Schulen auftritt. Die Erfahrungen zeigen aber auch, dass sich im Laufe der Zeit diese Rolle wandeln kann, wenn Kooperationen längerfristig andauern und Schule katholische Jugend(verbands)arbeit als kompetenten Bildungspartner noch mehr zu schätzen lernt.

Im Jahr 2011 wird keine weitere Qualifizierung vom BDKJ an-geboten. Derzeit werden die gewonnenen Erkenntnisse evalu-iert und die Konzeption zum BDKJ Modellprojekt Jugendbeglei-ter weiterentwickelt.

Der BDKJ: Struktur und Aufgaben Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) in der Diözese Rottenburg-Stuttgart ist der Zusammenschluss von sieben Mitgliedsverbänden und mehreren regionalen Gruppie-rungen. In ihnen organisieren sich ca. 25.000 Kinder, Jugend-liche und junge Erwachsene, weitere 15.000 nehmen jährlich an Veranstaltungen teil.

Die Fachstelle Jugendarbeit und Schule des BDKJ unterstützt Hauptberufliche und Ehrenamtliche in BDKJ Mitgliedsverbänden und Kirchengemeinden in der Kooperation mit Schulen. Sie bie-tet fachliche Beratung und Informationen rund ums Thema, Qua-lifizierungsmaßnahmen, Arbeitsmaterialien und Service. Ziel der Fachstelle ist es eine Zusammenarbeit zu fördern, von der Jugendarbeit und Schule gleichermaßen profitieren.

Kontakt:

Fachstelle Jugendarbeit und Schule BDKJ Diözesanstelle Rottenburg-Stuttgart Antoniusstraße 373249 Wernau Tel.: 07153/3001-126Fax: 07153/3001-611E-Mail: [email protected]

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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 29: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Schnittstelle zwischen Schule und Jugendarbeit Netzwerkarbeit beim Stadtjugendring

Frank Stüber

Unter der Regie des Stadtjugendrings (SJR)

entwickelte sich in Leinfelden-Echterdingen

ein enges Netzwerk zwischen schulischer

und außerschulischer Bildung.

Projekttage, ergänzende Angebote im Ganztagsbetrieb, Mit-tagspausenbetreuung, Kooperationen von Schulen und Verei-nen, Qualifizierungsmaßnahmen für Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter sowie Schülermentorinnen und -mentoren – der Stadtjugendring ist die Schnittstelle für alle Aktivitäten zwischen Jugendarbeit und Schule in der Großen Kreisstadt Leinfelden-Echterdingen mit ihren knapp 40.000 Einwohnern.

Die Ziele

Seit seiner Gründung im Jahr 1988 war es für den Stadtjugend-ring wichtig, dass die Jugendarbeit eng mit den Schulen zu-sammenarbeitet. Im Sinne eines ganzheitlichen Bildungsansat-zes sollte ein Brückenschlag zwischen Schule und verbandli-cher bzw. offener Kinder- und Jugendarbeit erreicht werden.

Gestaltung der Bildungspartnerschaft

Im Lauf der Jahre entstanden eine Vielzahl von Projekten zwi-schen Schulen, Vereinen und offenen Kinder- und Jugendein-richtungen: Von einzelnen Projekttagen bis hin zu dauerhaft an-gelegten Partnerschaften der Schulen mit außerschulischen Partnern aus der Jugendarbeit in Form „Ergänzender Bildungs-angebote“ – ob Sport, Erlebnispädagogik oder Kultur- und Medienarbeit.

In der Folge wurde der Stadtjugendring auch mit der Träger-schaft betraut, als es um die Einrichtung von pädagogisch be-treuten Mittagspausenangeboten an den Schulen ging: Seit 2004 ist der Stadtjugendring für die „Kreative Pause“ am Im-manuel-Kant-Gymnasium verantwortlich. 2007 folgten die Ludwig-Uhland-Haupt- und Förderschule in Leinfelden und das Philipp-Matthäus-Hahn-Gymnasium in Echterdingen.

Frank Stüber, Geschäftsführer des SJR, beschreibt die Ent-wicklung: „Anfangs waren wir ein oder zwei Wochen mit einem Projekt an einer Schule, haben alles aufgewirbelt, und danach gingen Schule und Jugendarbeit wieder ihre eigenen Wege. Das hat sich geändert: Heute kooperieren wir dauerhaft. Da wird dann manches grundsätzlich ausgehandelt und auf eine solide Basis gestellt.“ Mittlerweile ist der Stadtjugendring in Leinfelden-Echterdingen die zentrale Anlaufstelle, wenn es um Fragen der Kooperation zwischen Jugendarbeit und Schule geht. Im Herbst 2007 wurde gemeinsam mit der Stadtverwal-tung ein „Forum Ganztagsbildung“ veranstaltet, bei dem er-folgreiche Projekte vorgestellt und die Schulen mit potenziellen Partnern zusammengebracht wurden.

Breite Mitarbeit zeigt gute Ergebnisse

In allen Projekten sind von jeher bürgerschaftlich Engagierte eingebunden – seit 2006 auch im Rahmen des Jugendbeglei-ter-Programms: Von älteren Schülerinnen und Schülern über Übungsleiterinnen und -leiter aus Vereinen bis zu engagierten Eltern und Seniorinnen und Senioren reicht die Palette der Ak-tiven. Voraussetzung für das kontinuierliche Engagement sind Schulung und Anleitung, Motivation und Anerkennung durch hauptamtliches pädagogisches Personal. Auch wenn es da-rum geht, in Krisen zu intervenieren, ist professionelles sozial-pädagogisches Handeln gefordert. Nur so kann Verlässlichkeit und Qualität der Programme gewährleistet werden. Diese Auf-gabe wird durch sozialpädagogische Fachkräfte des Stadt-jugendrings und anderer Partner übernommen.

Zentraler Erfolgsfaktor

Der Stadtjugendring trägt Sorge für stadtübergreifende fachli-che und organisatorische Standards. Ein zentraler Erfolgsfaktor darf nicht unterschätzt werden: Die Koppelung der Angebote mit dem schulischen Betrieb. Dies steht und fällt nicht zuletzt damit, wie die Schulleitung sich für eine entsprechende „Kooperations-Kultur“ an der Schule einsetzt. Nur so kann es ein wirkliches Miteinander werden, und nicht nur ein Neben einanderher.

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Jugendverbände als starke Bildungspartner im Jugendbegleiter-Programm

Page 30: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Gemeinsames Bildungsverständnis unabdingbar

Ziel muss hierbei ein gemeinsames Bildungsverständnis sein, das alle Akteure einbindet und in Dialog bringt. Die Jugend-arbeit des Stadtjugendrings und seiner Mitgliedsorganisationen profitiert vom Engagement an den Schulen: So besteht nun kontinuierlich Kontakt zu älteren Jugendlichen und Erwach-senen, die als Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter aktiv sind, und die dann auch bei Ferienprogrammen, Kinderspiel-stadt und anderen Projekten des Stadtjugendrings und der Ver-eine mitarbeiten. Schulungen und Qualifizierungsangebote für Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter werden vom Stadt-jugendring im Verbund mit anderen außerschulischen Trägern angeboten. Der tägliche Kontakt erleichtert die spontane Ent-wicklung neuer Projekte.

Es gilt im besten Sinne: Schulische und außerschulische Jugendbildung arbeiten Hand in Hand.

Die schulischen Kooperationspartner in Leinfelden-Echterdingen

> Ludwig-Uhland-Schule (Grund- und Werkrealschule; gebundene Ganztagsschule)– Ergänzende Angebote im Ganztagsbetrieb– Pädagogische Angebote in der Mittagspause

> Immanuel-Kant-Gymnasium (offene Ganztagsschule)– Pädagogische Angebote in der Mittagspause

> Immanuel-Kant-Realschule– Pausenangebote

> Philipp-Matthäus-Hahn-Gymnasium– Pädagogische Angebote in der Mittagspause

> Lindachschule, Förderschule– Ergänzende Angebote im Ganztagsbetrieb

> 6 Grundschulen

Neben den hier aufgeführten kontinuierlichen Angeboten gibt es mit allen Schulen Projekte, die jeweils zeitlich befristet sind.

Der Stadtjugendring Leinfelden-Echterdingen

> veranstaltet Schulungen für Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter, Schülermentorinnen und Schülermentoren,

> schafft Gremien für Jugendarbeit, Schulen und den Sozialen Dienst,

> organisiert den SMV-Treff als Austauschforum, als Ort der Partizipation und Anbieter von Veranstaltungen,

> bietet Fortbildungen und Informationen zum Gemeinwesen für Lehrerinnen und Lehrer, z. B. Rundfahrten durch Jugend-einrichtungen, Informationen in Gesamtlehrerkonferenzen und an pädagogischen Tagen,

> koordiniert gemeinsame Veranstaltungen zwischen Jugend-arbeit und Schule.

Kontakt:

Stadtjugendring Leinfelden-Echterdingen e. V.Schimmelwiesenstraße 1870771 Leinfelden-EchterdingenTel.: 0711/16083-0E-Mail: [email protected]

28

Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 31: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Ergebnisberichtdes Seminars „Jugendverbände als starke Bildungspartner im Jugendbegleiter-Programm“

Annika Müller

lung und Finanzierung, auch hinsichtlich des Jugendbegleiter-Programms. In den letzten sechs bis acht Jahren entstand eine kontinuierliche Zusammenarbeit vorwiegend mit Ganztags-schulen, zum Beispiel mit der Ludwig-Uhland-Schule und dem Immanuel-Kant-Gymnasium Leinfelden. Dort werden speziell in den Pausen Kreativ,- Sport- und Spielangebote sowie Haus-aufgabenbetreuung angeboten. Die Teams der Jugendbeglei-terinnen und Jugendbegleiter an den Schulen (jeweils ca. 15 Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter) werden durch pro-fessionelle pädagogische Fachkräfte angeleitet. Insgesamt sind hier ca. 15 Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter unter der Leitung einer professionellen pädagogischen Fachkraft im Einsatz.

Die Erkenntnisse der Kooperationen, besonders auf Seiten des BDKJ, lagen darin, dass der Bedarf und das Interesse auf Seiten der Schule da sind. Das qualifizierende Bildungsangebot und die Methoden kamen gut an, der BDKJ wurde als außer-schulischer Bildungsträger anerkannt. Die Projekte der Jugend-begleiterinnen und Jugendbegleiter waren auf ein Schulhalbjahr angelegt, nur vereinzelt reichte die Motivation der Jugendbe-gleiterinnen und Jugendbegleiter ihre Projekte darüber hinaus weiter zu führen. Auch die Absprachen mit der Schulleitung er-wiesen sich nicht immer als einfach, es fehlte manchmal an kontinuierlichen Ansprechpersonen oder klaren Absprachen. Die Konzeption wird nun vom BDKJ intern überprüft und über-arbeitet. Eine Entscheidung über das Fortbestehen der Koope-rationen wird vermutlich bis Herbst getroffen.

Außerdem wurden den Teilnehmerinnen und Teilnehmern grundlegende Fragen beantwortet und die wesentlichen Ziele des Jugendbegleiter-Programms erläutert; es wurde deutlich, dass viele Lehrerinnen und Lehrer noch nicht mit den Details im Jugendbegleiter-Programm vertraut sind.

Weitere Informationen finden Sie auf den Webseiten:www.ljrbw.de, www.sjr-le.de sowie www.bdkj.info

Die Konzeption wird vom BDKJ nochmals intern überprüft und überarbeitet. Eine Entscheidung über das Fortbestehen der Kooperationen wird vermutlich bis Herbst getroffen.

Im Seminar 1, „Jugendverbände als starke Bildungspartner im Jugendbegleiter-Programm“, wurden beispielhafte Kooperatio-nen von Jugendverbänden mit Schulen in Verbindung mit dem Jugendbegleiter-Programm diskutiert.

Im Anschluss an die begrüßenden Worte von Frau Kerstin Sommer, stellvertretende Vorsitzende des Landesjugendrings Baden-Württemberg, Frau Anja Grießhaber, Bildungsreferentin des BDKJ und Herrn Frank Stüber, Geschäftsführer des Stadt-jugendrings Leinfelden-Echterdingen e. V. begann Frau Grieß-haber mit der Präsentation eines Jugendbegleiter-Modellpro-jekts des BDKJ.

Der BDKJ ist als Dachverband der Katholischen Jugend-verbandsarbeit einer der größten Jugendverbände im Landes-jugendring Baden-Württemberg. Die Fachstelle Jugendarbeit und Schule des BDKJ initiiert, koordiniert und begleitet Pro-jekte zwischen Jugendarbeit und Schule. 2008 beschloss er, das Jugendbegleiter-Programm in drei Modellregionen zu tes-ten. Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren Schülerinnen und Schüler im Alter von 14-19 Jahren. Es wurde mit Schulen Kon-takt aufgenommen und eine viertägige kostenlose Qualifizie-rung angeboten. Während der anschließenden Praxisphase fanden vier bis fünf zusätzliche Begleittreffen statt sowie ein Reflexionstag und eine Abschlussauswertung am Ende. Eine der 13 Kooperationsschulen, zu denen alle drei Schularten ge-hören, war die Realschule Blaubeuren, deren Projekt in einem kurzen Film vorgestellt wurde. Dort haben vier Jugendbegleite-rinnen eine Theater AG ins Leben gerufen. Ziel dieser AG war es, Schülerinnen und Schülern die Angst vor Präsentationen zu nehmen und ihr Selbstbewusstsein zu stärken. Dabei waren die Jugendbegleiterinnen selbst die Expertinnen und außerdem für Organisation und Durchführung zuständig. Eine professionelle Hilfe vor Ort stand ihnen zur Seite.

Als zweites Praxisbeispiel stellte Herr Stüber seine Erfahrun-gen aus dem Stadtjugendring (SJR) Leinfelden-Echterdingen e. V. in Kooperation mit Schulen vor. Neben Angeboten von Ferienprogrammen, Veranstaltungen, Fortbildungen und einem Materialverleih gilt der SJR als Schnittstelle zwischen Schule und Jugendarbeit und ist Anlaufstelle bei Fragen zur Vermitt-

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Jugendverbände als starke Bildungspartner im Jugendbegleiter-Programm

Page 32: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Kontakt:

Württembergischer Landessportbund e. V. Jürgen Heimbach, Hanna KappFritz-Walter-Weg 1970372 StuttgartTel.: 0711/280 77-131; -135E-Mail: [email protected] [email protected]

Kooperation zwischen Schule und Sportverein

Jürgen Heimbach

Wie sollen sich Vereine und Ver-

bände an Schulen engagieren

und welche Wege der Zusammen-

arbeit gibt es? Welche Bedingun-

gen sind wichtig und wo gibt es

nachahmenswerte Beispiele?

Diese und weitere Fragen werden im Work-shop des Württembergischen Landessport-bunds e. V. (WLSB) geklärt. Praxisbeispiele zeigen zudem auf, welche Faktoren für die ge-lingende Netzwerkbildung zwischen Schulen, Schulträgern und Sportvereinen wichtig ist.

Der Sportverein als außerschulischer Part-ner kann sich in vielerlei Hinsicht in der Schule einbringen. Mögliche Anknüpfungspunkte sind z. B. das Begleiten oder Mit organisieren einer Projektwoche, die Durchführung von Schnup-pertagen und Sportfesten, sowie das Enga-gement bei Bundes jugendspielen und/oder Jugend trainiert für Olympia.

Damit eine Kooperation zwischen Schule und Sportverein jedoch langfristig funktionie-ren kann, müssen im Vorfeld einige wichtige Dinge beachtet werden. Hilfreich ist hierbei das 6-Schritte-Modell des WLSB:

1.) Entscheidungsfindung2.) Ansprechpartner finden3.) Gespräch am runden Tisch 4.) Konzept erarbeiten5.) Kooperationsvereinbarung6.) Durchführung

Der Württembergische Landessportbund sieht sich nicht nur als Partner der Sportvereine,

sondern in zunehmend hohem Maße auch als Initiator von lokalen Partnerschaften zwischen

Schulen und Sportvereinen. Weitere Infos unter www.wlsb.de.

Der Württembergische

Landessportbund WLSB

30

Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 33: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Das 6-Schritte-Modell des Württembergischen Landessportbundes (WLSB)

1

2

3

41.) Entscheidungsfindung

Ob die Idee einer Kooperation vonseiten der Schule, des Vereins oder des Schulträgers/der Kommune kommt, ist grundsätzlich gleich-gültig. Wichtig ist lediglich, eine größtmögli-che Akzeptanz und Unterstützung im Kolle-gium bzw. im Verein und in der Kommune zu erzielen, damit die Entscheidung nicht von ei-ner einzelnen, sondern von mehreren Perso-nen getragen wird.

2.) Ansprechpartner finden

Sowohl der Verein als auch die Schule hat die Möglichkeit über öffentliche Einrichtun-gen, wie z. B. die Kommune, das Schul-amt oder den Sportkreis an Adressen und Ansprechpartner zu kommen. Ferner ist eine direkte Kommunikation über Vereinsvorsit-zende, Übungsleiterinnen und -leiter oder Jugendwarte bzw. auf der anderen Seite über die Schulleitung, Fachbereichsleiterinnen und -leiter „Sport“ oder Lehrerinnen und Lehrer denkbar.

3.) Gespräch am runden Tisch

Der so genannte „runde Tisch“ ist einer der wichtigsten Schritte des WLSB-Modells. Es geht im Wesentlichen um das Kennenlernen des Gegenübers und das Herausfiltern von gemeinsamen Interessen und Zielen der ge-planten Zusammenarbeit. Das Ziel dieses Treffens ist schließlich das Erreichen einer „Win-Win-Situation“. Die Vorteile für die Part-ner müssen klar benannt sein. Aufgrund des-sen sollten an der Abstimmung sowohl Ver-treterinnen und Vertreter des Vereins und der Schulen als auch Vertreterinnen und Vertre-ter der Kommune bzw. des Schulträgers teil-nehmen.

4.) Konzept erarbeiten

Auf der Grundlage der in Schritt 3 geführten Gespräche wird nun ein gemeinsames Kon-zept erarbeitet, in dem Inhalte und Ziele der Partner definiert werden: > Zielgruppe? > Zielsetzung der Maßnahme? > Personen? > Zeitpunkt der Maßnahme? > Finanzierung?

Wichtig dabei ist die Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten.

5.) Kooperationsvereinbarung

In der Kooperationsvereinbarung werden alle besprochenen Punkte festgehalten und von den Partnern unterzeichnet. Dies bedeutet für alle Parteien eine gewisse (Planungs-) Sicherheit.

6.) Durchführung

Im Sinne der konkreten Konzeption und den entsprechenden Bedingungen vor Ort kann die Maßnahme durchgeführt werden.

Empfehlenswert ist eine regelmäßige Ab-stimmung zwischen den Partnern, um mög-liche Probleme und Schwierigkeiten früh-zeitig angehen zu können.

Wichtige Voraussetzungen für eine gute Zusammenarbeit sind …

> Kommunikation auf Augenhöhe,> Zuverlässigkeit, > geklärte Rahmenbedingungen (Finanzen,

Raum, Material …),> zielgruppengerechte Angebote,> Ansprechpartner und qualifiziertes Personal

(Trainer, Üungsleiterin oder Übungsleiter).

5

6

31

Kooperation zwischen Schule und Sportverein

Page 34: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Wir bewegen Die Turn- und Sportgemeinde Niefern 1884 e. V.

Daniela Jakob

Bündnis für Sport und ausreichende Bewegung

Das Bündnis für Sport und ausreichende Bewegung erwuchs aus einer problematischen Ausgangslage heraus: Freie Hallen waren kaum zu bekommen, da die Nachmittagsangebote des Vereins erst ab 14 bzw. 15 Uhr nachgefragt wurden und sich zu diesen Zeiten drängten. Die Übungsleiterbesetzung und der Ausbau der Kindergruppen gestalteten sich entsprechend schwierig.

In der Gründungsphase des Aktionsbündnisses im Jahr 2003 nahm der Verein zur Schule und zur Gemeinde Kontakt auf. Das Ziel war die Etablierung weiterer allgemeiner vereinsübergreifen-der Bewegungsförderungsprogramme für möglichst viele Kin-der. Schnell bildete sich ein Netzwerk: Sportvereine, Gemeinde, Kindergärten, Schulen und Schulverantwortliche, weitere Insti-tutionen mit projektbezogener Mitarbeit (Jugendpfleger, Schul-sozialarbeiter, Förderverein, Polizei, Sportkreis, …) arbeiten nun zusammen.

Die TSG Niefern hat insgesamt 1.900 Mitglie-

der und ist damit der mitgliederstärkste Ver-

ein der Gemeinde Niefern-Öschelbronn und

zweitgrößte Sportverein des Enzkreises.

Die TSG Niefern ist nach den Definitionen des Sports ein klas-sischer Mehrspartenverein, von dessen sportlicher Vielfalt die Mitglieder und Kursteilnehmer profitieren.

Sport für Alle und für Jeden

Der Verein verteilt seine Schwerpunkte auf die sechs Säulen Wettkampfsport (auch mit Nachwuchsgruppen), Freizeitsport (Kinder bis Senio ren), Gesundheitssportangebote in Kursform (Rücken, Aqua, …), Reha-Sport (14 Gruppen mit unterschied-lichen Schwerpunkten), Überfach liche Jugendarbeit und das Bündnis für Sport und ausreichende Bewegung. Diese Säulen komplettieren das Sportbild der TSG sinnvoll und bedarfsge-recht, weil sie gesellschaftliche Entwicklungen aktiv aufgreifen.

Fotos: TSG Niefern

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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 35: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Kontakt:

Turn- und Sportgemeinde 1884 Niefern e. V.Stefan ErmentrautBischwiese 275223 Niefern Tel.: 07233/4168Fax: 07233/942467E-Mail: [email protected]

Klare Struktur als Erfolgsfaktor

Ein Erfolgsfaktor für das Netzwerk ist eine klare Organisationsstruktur. Die Schirm-herrschaft für das Bündnis liegt bei der Ge-meinde, die TSG Niefern versteht sich als „Motor“ und die konkreten Planungen lie-gen bei vier Arbeitsgruppen (Kindergar-ten, Grundschule, weiterführende Schule, Events). Der Lenkungsausschuss und die vier Arbeitsgruppen treffen sich regelmäßig.

Angebote für Kindergärten und Schulen

Die TSG Niefern engagiert sich in vielfäl-tiger Weise in der Kinder- und Jugendbil-dung. Die Regelangebote an Kindergärten sind wöchentliche Angebote wie zum Bei-spiel freie Bewegungsangebote am Nach-mittag oder Kindergartenspielfeste.

Zu den Schulangeboten gehören Sport-AGs, Mittagspausen-sport, Grundschulspielfeste oder auch Schwimmkurse. Wei-tere Zusatzangebote und Events sind die Ferienbetreuung, Regel-Praktika für Schülerinnen und Schüler der 7. Klasse, Sport-Events wie Schulsporttag, Basket-Night oder ein Ange-bot für Sportler mit Berhinderung.

Mehrgliedrige Finanzierung

Die TSG Niefern nutzt für die Finanzierung seiner Angebote einen Mix aus verschiedenen Quellen: Neben der Unterstüt-zung durch die Gemeinde ist ein wichtiger Faktor die Koope-ration Schule-Verein, für die der Verein Förderung beantragen kann. Teilnehmerbeiträge, die Eigenfinanzierung des Vereins, Sponsoring und Projektmittel sind weitere Einnahmequellen. Finden die Schulangebote im Jugendbegleiter-Programm statt, kann die Schule der Jugendbegleiterin oder dem Jugendbe-gleiter eine Aufwandsentschädigung bezahlen.

Kooperation verbessert das Image

Es gibt sowohl Chancen als auch Risiken für Vereine bei der Zusammenarbeit mit externen Partnern. Zum einen entsteht in der Öffentlichkeit durch die neuen Tätigkeitsfelder ein neues Image des Vereins. Er hat die Möglichkeit, sich zu positionie-ren und an verschiedenen Lernorten zu zeigen, wie er sich en-gagiert, und dadurch sogar neue Mitglieder zu gewinnen.

Zum anderen kann die Öffnung nach außen aber auch den Verlust von Mitgliedern bedeuten, da diese nur das einzelne Angebot wahrnehmen, aber nicht mehr in den Verein eintreten.

Jeder Partner muss profitieren

In der Regel bedeutet die Netzwerkarbeit einen hohen Zeit-aufwand. Sie sollte daher stets dem Ziel dienen, dass alle Netz-werkpartner von der Zusammenarbeit profitieren und sich die Arbeitsinhalte teilen. Für eine zukunftsgerichtete Planung in Vereinen ist die Netzwerkarbeit mit Partnern unumgänglich, denn nur so kann eine Bandbreite an individuell zugeschnitte-nen Sport- und Betreuungsangeboten entwickelt werden, die den Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen Spaß machen und sie in Bewegung bringen!

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Kooperation zwischen Schule und Sportverein

Page 36: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Durch Vernetzung zum Erfolg für alle Der Sportkreis Pforzheim

Daniela Jakob

In Brennpunktschulen organisiert der Sport-

kreis Pforzheim zusätzliche Sportangebote für

Schwerpunktschüler. Denn Sport, Spiel und Be-

wegung hilft, das Selbstwertgefühl zu steigern

und sich in eine Gemeinschaft zu integrieren.

Beim Sportkreis Pforzheim wird unter der Leitung von Tobias Müller das Projekt „Sport Hilft!“ – Fair und Fit, komm mach mit! umgesetzt. Das Projekt wurde Ende 2004 vom Sportkreis Pforzheim Enzkreis e. V. als regionaler Vertreter aller Sportarten und Sportvereine ins Leben gerufen. Ziel ist die Durchführung von Sportangeboten im Pforzheimer Stadtgebiet in enger Zu-sammenarbeit mit den Schwerpunkt- und Brennpunktschulen (Grund-, Haupt- und Förderschulen) und den sozialen Einrich-tungen.

Die Angebote sind so gestaltet, dass jeder davon ausreichend profitiert. In erster Linie betrifft das die Kinder und Jugendlichen in den sozial benachteiligten Stadtteilen Pforzheims, des weite-

ren die Stadt Pforzheim, den Sportkreis Pforzheim Enzkreis e. V., die Sportvereine, die Schulen und weitere Kooperationspartner wie soziale Einrichtungen.

Dauerhafte Integration in den Sportverein

Kinder und Jugendliche, die in einem schwierigen sozialen Umfeld aufwachsen, haben oft ein Wohnumfeld in den sozia-len Brennpunkten Pforzheims, das ihnen wenig Bewegungs-, Spiel- und Sportmöglichkeiten bietet. Zudem fehlt den meisten die finanzielle und familiäre Unterstützung, um sich dauerhaft in einen Sportverein einzugliedern.

Die besondere pädagogische Ausrichtung der Sportangebote setzt bewusst die soziale Wirkung des Sports ein. Die Kinder und Jugendlichen werden in eine Sport treibende Gruppe inte-griert und erfahren die Möglichkeit und Bedeutung einer sinn-vollen sportlichen Freizeitbetätigung. Sie bekommen die Ge-legenheit Aggressionen abzubauen unter der Beachtung und

Fotos: Sportkreis Pforzheim

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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 37: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Wertschätzung von Regeln und Mitspielern bzw. sportlichen Gegnern.

Sport ist ideal zur Gewaltprävention

Diese Sportangebote wecken durch ihre große Vielfalt an Sportarten ein großes Interesse und erzielen insgesamt durch Aggressionsabbau, soziale Integration und Entwicklung von Teamfähigkeit eine gewaltpräventive Wirkung. Die Kinder und Jugendlichen werden wieder vereinsfähig gemacht und er-halten durch die Übungsleiter und Trainer des Projekts ihren Kontakt zu einem Sportverein, wodurch die Hemmschwelle zum Verein reduziert wird.

Dreigliedriges Angebot

Das Projekt besteht aus drei Säulen, die passgenaue Angebote für verschiedene Situationen sicherstellen.

Säule 1: Offene AngeboteIn den offenen Angeboten profitieren die Kinder und Jugendli-chen von aktiven und betreuten (Mittags-)Pausen und sportli-chen Angeboten in den Sporthallen oder auf den Schulhöfen. Die Angebote sind niederschwellig gestaltet und wenden sich weitestgehend unabhängig von Alter und Geschlecht an alle Interessierten.

Säule 2: RegelangeboteSchwerpunktmäßig finden hier Sport AGs und Angebote an Grund-, Haupt- und Förderschulen statt. Ergänzt werden diese durch KITA-Bewegungsprogramme und die Ferienbetreuung.Die Ferienbetreuung gewährleistet eine geregelte Ganztags-betreuung über die Schulzeit hinaus und bietet eine attraktive Möglichkeit der Freizeitgestaltung für Kinder und Jugendliche die nicht in den Urlaub fahren (können).

Säule 3: Sportveranstaltungen/EventsHier werden zahlreiche Events organisiert, durchgeführt und unterstützt. Die Vielfalt der Veranstaltungen bietet Jugendlichen eine abwechslungsreiche und sinnvolle Abend- und Wochen-endgestaltung. Viele der Events sind ein Treffpunkt vieler Ju-gendlicher ganz verschiedener Kulturen, Stadtteile und Bil-dungsstände.

Getragen auf vielen Schultern

Die Organisation des Projekts liegt bei mehreren Partnern. Beteiligt sind: > SJR Betriebs GmbH> Sportkreis Pforzheim Enzkreis e. V.> Jugendförderung der Stadt Pforzheim> Honorarkräfte> Ehrenamtliche

Öffnung zu anderen Lernformen erfolgreich

Das Projekt ermöglicht eine Vernetzung von Sport- und Sozial-arbeit und unterstützt Kooperation wie die Kooperation Schule/Kita und Verein. Dadurch erhalten die Vereine die Möglichkeit, aktiv Ganztagsschule mitzugestalten und sich – gerade durch die niederschwelligen sportlichen Freizeitangebote – gegenüber anderen Lernformen zu öffnen. Nur durch erfolgreiche Vernet-zung können sich unterschiedliche Partner gegenseitig berei-chern und ihre Angebote weiterentwickeln.

Kontakt:

Sportkreis Pforzheim Tobias MüllerHabermehlstr. 2075172 Pforzheim Tel.: 07231/33500 www.sportkreis-pforzheim.de

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Kooperation zwischen Schule und Sportverein

Page 38: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Ergebnisberichtdes Seminars „Kooperation zwischen Schule und Sportverein“

Daniela Jakob

Das Projekt fördert die Zusammenarbeit von Schwerpunkt- und Brennpunktschulen und den sozialen Einrichtungen in Pforzheim bei der Durchführung von Sportangeboten. So wer-den auch diejenigen Jugendlichen erreicht, die den Weg zum Verein nicht von sich aus gehen würden. Die Sportangebote fördern das soziale Miteinander und wirken Aggressionen und Gewalt entgegen.Eine Herausforderung bei vielschichtigen Finanzierungsmodel-len der Vereine ist es, eine Doppelfinanzierung zu vermeiden. Die Vielzahl der Finanzierungsmöglichkeiten (Kooperation Schule-Verein, FSJ/Bundesfreiwilligendienst, Jugendbeglei-ter-Programm etc.) muss mit Sorgfalt betrachtet werden, um sicherzustellen, dass die einzelne Maßnahme finanziert ist, je-doch keine Überschneidung mit anderen Förderprogrammen vorliegt.

Einig sind sich die Referenten darin, dass eine gelingende Kooperation und eine fruchtbare Netzwerkarbeit ein „Mehr“ an Zeit erfordert, aber auch viele Gestaltungsspielräume und Tä-tigkeitsfelder neu erschließt.

Am 29. Juni 2011 fand in der Lieder-halle Stuttgart auf dem Fachtag „Ju-gendbegleiter.Schule.Jugendbildung“ ein Seminar mit dem Titel „Wege der Zusammenarbeit von Sportvereinen und Schulen“ statt.

Unter der Moderation von Jürgen Heimbach, Geschäftsbereichsleiter „Bildung, Wissenschaft und Schulen“ im Württembergischen Landessport-bund e. V. (WLSB) stellen die Referen-ten Hanna Kapp (WLSB), Stefan Er-mentraut (TSG Niefern e. V.) und To-bias Müller (Sportkreis Pforzheim Enz-kreis e. V.) verschiedene Formen der Kooperation von Sportvereinen und Schulen vor.

In ihrem Vortrag stellte Hanna Kapp zunächst die Arbeit des WLSB vor und zeigte die komplexen Herausforderungen auf, vor der sowohl Schulen als auch Sportvereine stehen. Vor allem in der Zusam-menarbeit mit Ganztagsschulen ergeben sich für die Vereine so-wohl Vorteile (Neupositionierung, Imageaufbau) als auch Nach-teile (Grenzen in der Angebotsgestaltung, Mitgliederverlust durch ganztägige Schulzeiten). Sie zeigte verschiedene Erfolgsfaktoren auf, die für eine gelingende Kooperation von Bedeutung sind.

Im Anschluss daran präsentierten sich zwei Vereine, die sehr erfolgreich in der Gestaltung von Kooperationen mit schulischen Partnern agieren.

Stefan Ermentraut von der TSG Niefern e. V. schilderte ein-drücklich die Unterschiede, die zwischen den Systemen Schule und Verein bestehen. Damit eine gewinnbringende Zusammen-arbeit gewährleistet werden kann, müssen die Akteure eine ge-meinsame Sprache finden, um sich über ihre Ziele auszutauschen. Diese Ziele müssen dabei als Ziele der Kooperation gedacht werden, die über die einzelnen Trägerstrukturen hinausgehen.

Tobias Müller vom Sportkreis Pforzheim Enzkreis e. V. stellte das Projekt „Sport Hilft!“ – Fair und Fit, komm mach mit! vor.

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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 39: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Jugendbegleiter und die offene Jugendarbeit Berührungspunkte und Abgrenzungen

für berufstätige Ehrenamtliche schwierig. Dies führt aus Sicht der LAGO zum überwiegenden Einsatz von engagierten Einzel-personen aus dem Umfeld der Schule). Im Jugendbegleiter-Programm sind wichtige Verständigungs-prozesse nicht angelegt. Es ist zwar aufwendig, aber notwen-dig den Bildungsbegriff und die unterschiedlichen Perspek-tiven auf die Kinder und Jugendlichen zwischen außerschu-lischer Jugendbildung und Schule zu diskutieren, um für alle Beteiligten eine win-win-Situation zu erzeugen.

Die Kritik an strukturellen Aspekten des Programms schmä-lert keineswegs das Engagement und die Leistungen der vie-len Ehrenamtlichen im Jugendbegleiter-Programm, die ihre Zeit und ihre Kompetenz in die Schule einbringen. Dieses Engage-ment erkennt die LAGO ausdrücklich an, wird sich aber gleich-zeitig weiterhin dafür einsetzen, dass es im Sinne der Ermög-lichung einer strukturellen Zusammenarbeit zwischen Schulen und außerschulischen Partnern weiterentwickelt wird.

Martin Bachhofer

Die Landesarbeitsgemeinschaft Offene

Jugendbildung (LAGO) als Dachorganisation

für die Offene Kinder- und Jugendarbeit in

Baden-Württemberg beschäftigt sich seit

ihrer Gründung im Jahr 2006 intensiv mit dem

Themenkomplex Kooperation Jugendarbeit –

Schule. Sie vertritt dabei eine klare Position.

Eine intensivere Kooperation von Offener Kinder- und Jugend-arbeit mit der Schule ist sinnvoll und notwendig. Funktionieren kann diese Zusammenarbeit dann, wenn die Grundlagen und Arbeitsprinzipien – Freiwilligkeit, Offenheit und Partizipation – die den Erfolg der Offenen Kinder- und Jugendarbeit garantie-ren, respektiert werden.

Die Schule hat in den vergangenen Jahren immer wieder Ver-änderungen erfahren und dies wird in den kommenden Jahren sicherlich noch verstärkt der Fall sein. Im Zentrum der Diskus-sion steht die Einführung der Ganztagsschule mit dem Ziel, die Bildungsgerechtigkeit zu verbessern und den Bildungser-folg von der sozialen Herkunft zu entkoppeln. Die Offene Kin-der- und Jugendarbeit sieht sich innerhalb dieser Zielsetzung als ein wichtiger Partner, der aufgrund seiner spezifischen Rah-menbedingungen und Erfahrungen Bildungsprozesse initiieren kann, die die Schulbildung im Sinne eines ganzheitlichen Bil-dungsverständnisses ergänzen.

Vor diesem Hintergrund hat die LAGO die Rahmenvereinba-rung zur Jugendbegleiterin oder zum Jugendbegleiter bei der Programmeinführung mitunterzeichnet. In der bisherigen Pra-xis hat sich gezeigt, dass das Jugendbegleiter-Programm in ei-nem Gesamtkonzept zur Ganztagsschule ein ergänzender Bau-stein sein kann. Es ist jedoch im Jugendbegleiter-Programm bis-her nicht vorgesehen, andere Arbeitsfelder außerhalb der Schule institutionell dauerhaft zu beteiligen. Dafür sind die Mitgestal-tungs- und Steuerungsmöglichkeiten für Kooperationspartner zu gering. Darüber hinaus sind die Einsatzzeiten am Nachmittag

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Jugendbegleiter und die offene Jugendarbeit – Berührungspunkte und Abgrenzungen

Page 40: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Die Wendlinger TrainingsinselEin Kooperationsprojekt zwischen Schule und Jugendhaus

Christof Georgi/Karl Häberle

Die Trainingsinsel ist ein Projekt, das an der

Ludwig-Uhland-Schule (LUS) in Wendlingen

a. N. durchgeführt wird. In einem eigenen Raum

wird dabei mit Schülerinnen und Schülern so-

ziales Verhalten trainiert, die zum zweiten Mal

eine Störung im Unterricht verursacht haben.

Die Trainingsinsel wird getragen vom Jugendhaus Zentrum Neuffenstraße, der Ludwig-Uhland-Schule (GWRS) und der Anne-Frank-Schule (Förderschule). Sachträger des Projekts sind die Schulen und das Jugendhaus. Die Gruppe der Jugend-begleiterinnen und Jugendbegleiter wird von den Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern des Jugendhauses begleitet.

Geschichte der Trainingsinsel in Wendlingen

Ausgehend von den guten Erfahrungen mit der Trainingsinsel in Neuhausen a. d. F. entwickelte die Geschäftsführung des Kreis-jugendrings zusammen mit dem Kreisseniorenrat die Idee eines gemeinsamen Projekts „Mediation an Schulen“. Im Frühjahr 2005 wurde ein dreitägiger Intensivkurs Mediation (Kon struktive Konfliktlösung im Schulalltag) entwickelt und beworben. Men-schen aus dem ganzen Kreis zeigten ihr Interesse – auch im Hinblick auf einen späteren ehrenamtlichen Einsatz in der Trai-ningsinsel an einer Schule.

Nach einem ersten Informationsabend mit 14 Personen fand das Seminar im Sommer 2005 im Jugendhaus in Wendlingen unter der Anleitung von Magda Polinska statt. Von den damals ausgebildeten Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleitern hospitierten acht zusätzlich in der Trainingsinsel der Friedrich-Schiller-Schule in Neuhausen. Sieben Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer wurden im Schuljahr 2005/06 aktiv in die Trai-ningsinsel der LUS eingebunden. Unter den Seminarteilneh-merinnen und -teilnehmern war mit Regina Bönisch (damals Konrektorin, seit August 2006 Rektorin der LUS) auch die

Schulleitung vertreten. Die Ehrenamtlichen brachten Erfahrun-gen aus folgenden Berufsfeldern ein: (pensionierter) Sonder-schullehrer, (ehemaliger) Ausbildungsleiter in der Industrie, Er-zieherin, Juristin, Bürokauffrau und Personalamtsleiterin. Die Trainingsinsel in Wendlingen wurde 2006/07 einer Eigen- und Fremd evaluation unterzogen. In den folgenden Jahren wurde der Intensivkurs Mediation noch mehrmals angeboten. Es ent-standen weitere Trainingsinseln in Nürtingen, Wernau und Alt-bach. Zwei Jugendbegleiter aus dem ersten Kurs machen heute noch in der Wendlinger Trainingsinsel mit. Drei neue Ehrenamt-liche sind 2010 dazu gestoßen.

Die gemeinsame Zielgruppe und die lokale Gegebenheit (die Schulen und das Jugendhaus liegen direkt nebeneinander) lie-ferten, neben der großen Erfahrung bei der Begleitung von Eh-renamtlichen, weitere Gründe für eine Kooperation mit der offe-nen Jugendarbeit.

Einführung und Start der Trainingsinsel (TI)

Am 4. Oktober 2005 startete die Trainingsinsel. Im Vorfeld wur-den die Eltern informiert. Den Schülerinnen und Schülern wur-den die Zielsetzungen der Trainingsinsel erklärt und die drei Regeln vorgestellt: 1. Jede Schülerin, jeder Schüler hat das Recht auf ungestörten

Unterricht.2. Jede Lehrkraft hat das Recht, ungestört zu unterrichten.3. Jede Person respektiert die Rechte der anderen.

In jedem Klassenzimmer und Fachraum wurden sie ausge-hängt. Weitere Informationen zur Konzeption und zur genaue-ren Arbeitsweise der Trainingsinsel sind in der Literaturliste am Ende des Textes zu finden.

Anfangs nutzten die Trainingsinsel nur wenige Lehrkräfte. Im Laufe der ersten Schuljahre verbreitete sich diese Basis. Schülerinnen und Schüler der Klassen 5, 6, 7 und 8 besuchen die Trainingsinsel häufig und vereinzelt auch Schülerinnen und Schüler der Grundschule. Die Lehrkräfte gaben positive Rück-meldungen: Sie erlebten mehr Ruhe und Konzentration für das

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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 41: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Lehren und Lernen im Klassenzimmer und Schritte zu einer verbesserten Regelbeachtung bei den Schülerinnen und Schü-lern, die die Trainingsinsel besucht hatten.

Schulinterne Fortbildung zum kompetenten Umgang mit der Trainingsinsel

Eine Gesamtlehrerkonferenz mit pädagogischem Schwerpunkt vertiefte im März 2006 die Arbeit mit der Trainingsinsel. Zu die-ser Fortbildung waren auch die Jugendbegleiterinnen und Ju-gendbegleiter und Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen eingeladen.

Anschließend folgten vier Gesprächsgruppen, in denen die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie geschulte Lehrkräfte die Beratungsarbeit im Trainingsraum darstellten. Es folgte ein engagierter Dialog über die Möglichkeiten und Schwie-rigkeiten im Umgang mit der Trainingsinsel. Dabei wurden Fra-gen diskutiert wie: Welche Hindernisse gibt es für mich als Lehr-kraft, das Angebot (stärker) zu nutzen? Können auch Grund-schülerinnen und Grundschüler die Trainingsinsel besuchen?

Organisationsstruktur der Trainingsinsel (TI) und Arbeitsweise der TI-Steuergruppe

Die Trainingsinsel wird an vier Vormittagen von Ehrenamtlichen aus dem Landkreis Esslingen betreut. Einen Vormittag decken die Ludwig-Uhland Schule und die Anne-Frank-Schule selbst ab. Können die eingeteilten Personen ihre Aufgabe nicht erfül-len, engagieren sich die Hauptamtlichen des Jugendhauses.

Ehrenamtliche, Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen und vier Lehrkräfte der LUS treffen sich alle sechs Wochen in der TI-Steuergruppe zum Austausch und zur Weiterentwicklung der Trainingsinsel. Ein Klau surnachmittag und ein Fortbildungs-tag 2006 und 2007 beschäftigte sich mit folgender Fragestel-lung: Wie läuft die Kommunikation unter den an der Trainings-insel beteiligten Partnern? Die Bewertung der Qualität fiel unter-schiedlich aus. Ein Teil äußerte hohe Zufriedenheit, andere zeig-ten sich unzufrieden. Die Kommunikation der am Projekt betei-ligten Personen spielt eine entscheidende Rolle. Deshalb wur-den über einen Zeitraum von sechs Monaten die Sitzungen der Steuergruppe durch Gruppensupervisionssitzungen ergänzt.

Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter, Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen und Lehrkräfte als pädagogische Partner

Die gemeinsame Beratung und der Austausch unter den ver-schiedenen Trainingsinsel-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern erweist sich als Herzstück für die Arbeit mit dem Trainingsraum-Konzept. Ehrenamtliche aus unterschiedlichen Berufsbereichen, begleitet von Hauptamtlichen aus der offenen Jugendarbeit und

Lehrkräfte arbeiten am selben Projekt. Sie nehmen dabei ver-schiedene Rollen (Nutzer der TI, Gesprächspartner in der TI, Ge-sprächspartner der Schulleitung, Partner untereinander) ein, ver-fügen über unterschiedliche Berufserfahrungen und haben un-terschiedliche Arbeitsaufträge. Die Lehrkräfte arbeiten als ausge-bildete Pädagoginnen und Pädagogen in der Schule, die Ehren-amtlichen und Sozialpädagoginnen und -pädagogen kommen von außen in die Schule hinein. Alle verfolgen das Ziel, Schü-lerinnen und Schüler in ihrem Sozialverhalten zu fördern. Die Sichtweisen und Verständnisse von Schule sind jedoch in der TI-Steuerungsgruppe unterschiedlich und treten gelegentlich auch in Spannung.

Außerschulische Personen als Kompetenz- und Ressourcenerweiterung

Losgelöst vom Schulalltag können die Ehrenamtlichen ihre Er-fahrungen und ihre Person im Trainingsraum einbringen. Da-durch erweitern sich die Sichtweisen. Die störenden Schülerin-nen und Schüler erkennen: „Ich werde mit meinen Schwierig-keiten nicht allein gelassen. Ich bekomme Hilfe.“

Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte bekommen Rückenwind, fühlen sich nicht allein gelassen, sondern gestärkt. Auch für die Eltern entsteht ein nachhaltiger Eindruck. Sie erfahren, dass sich mehrere Personen darum bemühen, ihr Kind optimal zu fördern.

Durch die gemachten Erfahrungen sind wir überzeugt, dass mit der Wendlinger Trainingsinsel eine gute Kombination von ehrenamtlichem Einsatz, professioneller Unterstützung durch Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen aus der offenen Jugendarbeit und Lehrkräften gelungen ist. Dies unterstützt die Alltagsarbeit in der Schule und inspiriert auch die Schul-entwicklung. Das Projekt Trainingsinsel mit ehrenamtlichen Partnern von außen ist ein Beispiel, das auch an anderen Or-ten Schulen dieses Konzept umsetzen können.

Literatur- und Internethinweise, Kontakt:

> Stefan Balke, Spielregeln im Klassenzimmer, Bielefeld, 1999> www.trainingsraum.de> Kontaktbüro Prävention im Kultusministerium: www.kontaktbuero-praevention-bw.de

Kontakt:

Jugendhaus Zentrum Neuffenstr. 7473240 Wendlingen am NeckarTel.: 07024/52001E-Mail: [email protected] www.jh-zentrum.de

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Jugendbegleiter und die offene Jugendarbeit – Berührungspunkte und Abgrenzungen

Page 42: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

CityCult – ein Jugendtreff kooperiert mit Schulen

Markus Tiemeyer

CityCult ist ein offenes Angebot

für Jugendliche, realisiert von der

Evangelischen Altstadtgemeinde

Heiliggeist-Providenz in Koopera-

tion mit der Stadt Heidelberg.

Bei CityCult ist man bestrebt, den Jugendlichen ein möglichst breites und vielfältiges Spektrum an Aktivitäten und Veranstaltungen anzubieten. Dazu gehören das offene Angebot im Jugendtreff mit Internetcafé, zahlreiche Workshops, Sozial-projekte, Kontaktarbeit zu den Schulen und ver-schiedene Ferienangebote und -freizeiten.

Mit zwei Altstadtschulen gab es schon immer einen sehr guten und engen Kontakt – mit der Theodor-Heuss-Realschule und dem Hölderlin-Gymnasium. Traditionell gab es diese Kontakte sowohl auf der Leitungsebene, aber auch zwischen CityCult und der SMV des Hölderlin-Gymnasiums.

Der Bekanntheitsgrad von CityCult ist gut. Die Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter beteiligen sich an stadtteilbezogenen Pro-jekten wie den Stadtteilrahmenplan-Workshops, an Veranstal-tungen wie dem Markt der Möglichkeiten oder verschiedenen Gemeindefesten der Kirchen.

Jugendarbeit muss sich ständig anpassen

Wie bereits erwähnt, unterhält CityCult besonders enge Bezie-hungen zum Hölderlin-Gymnasium sowie zur Theodor-Heuss-Realschule. Nun ist es so, dass die Neuerungen im Schulwesen sich nicht gerade unerheblich auf den Arbeitsalltag im CityCult-Jugendtreff auswirken. Die Besucherzahlen sind durch die län-geren Schultage der Jugendlichen und nicht zuletzt durch G8 gehörig gesunken. Hatte der Jugendtreff noch vor fünf Jahren durchschnittlich 37 Besucher/Tag, kommen heute durchschnitt-lich nur noch 21 Besucher/Tag. Besonders ist die fehlende Zeit

bei den Jugendlichen merkbar, von denen früher ältere Ge-schwister in die Einrichtung kamen, um dort – wenn die Haus-aufgaben erledigt waren – ganze Nachmittage zu verbringen. Das kommt heute kaum noch vor. Jenny beispielsweise kommt immer donnerstags zwischen 18:05 Uhr und 18:30 Uhr, weil genau dies ihr zur Verfügung stehendes Zeitfenster ist. Ihre Brüder hingegen haben früher „fast bei uns gewohnt“. Natür-lich haben die Verantwortlichen im Jugendamt diese rückläu-fige Entwicklung bemerkt. Und so wurden die Jugendtreffleite-rinnen und -leiter aufgefordert, neue Wege zu gehen, viele Ko-operationen – auch mit Schulen – zu suchen, um neue Arbeits-felder zu erschließen. Für CityCult bedeutete diese Neuaufstel-lung nicht allzu viel Umstellung, wurde doch schon immer mit Schulen kooperiert.

Dann eben rein in die Schule

Die CityCult-Mitarbeiterinnen und -mitarbeiter verbringen sehr viel Zeit im Hölderlin-Gymnasium. Nachdem es sich gelohnt hat, den offenen Treff bereits ab 13:00 Uhr zu öffnen, um den

Foto: CityCult

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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 43: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Schülerinnen und Schülern der Altstadtschulen eine Möglich-keit zum Verbringen ihrer Mittagspause zu bieten (hier kamen deutlich zu wenig Kinder und Jugendliche), wurde überlegt in Räumlichkeiten der Schule ein Schülercafé einzurichten. Bereits im Frühjahr 2010 gab es ein gemeinsames Treffen zwischen CityCult und der Direktion des Gymnasiums mit dem Jugend-amt der Stadt Heidelberg. Die Pausenbetreuung ist seit den Herbstferien 2010 bereits angelaufen. Im Frühjahr 2011 wurde der Raum des Schülercafés offiziell eröffnet. Der Name des Projekts: „sChOOL-BREAK“.

Spaß und Spiel zum Mitnehmen

„sChOOL-BREAK“ ist ein Spieletreff, den die CityCult-Mit-arbeiterinnen und -mitarbeiter gemeinsam mit ehrenamtlichen Schülerinnen und Schüler betreiben. Sie betreuen die Ausgabe von Spielen und werden darauf vorbereitet ab dem nächsten Schuljahr eigenständige Betreuungsangebote als Jugendbeglei-terin oder Jugendbegleiter durchzuführen. Der Spieletreff ist täg-lich zwischen 13.00 Uhr und 14.00 Uhr geöffnet. Die Spieleecke wurde schon vor der Etablierung des offenen Treffs des Jugend-hauses an der Schule von ehrenamtlichen Schülerinnen und Schülern betreut. Die Ausgabe der Spiele wird nun durch den betreuten offenen Treff ergänzt und künftig ausgebaut, indem auch Junior-Jugendbegleiterinnen und -begleiter die Betreuung im Rahmen des offenen Treffs eigenständig durchführen. Herz-stück ist die „Spielekiste“, aus der man gegen Pfand Spiele aus-leihen kann.

CityCult ist nicht Sozialarbeit

Die CityCult-Mitarbeiterinnen und -mitarbeiter leiten die Schü-lerinnen und Schüler an, spielen mit ihnen und kümmern sich um deren Probleme. Allerdings ist ganz klar festgelegt, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter keine Schulsozial arbeiterinnen und -arbeiter sind. Sie versuchen bei Problemen und Schwie-rigkeiten zwischen Schule und Schülerinnen und Schülern zu vermitteln – jedoch nur bei Jugendlichen, die aus dem Treff von den Angeboten her bekannt sind und die einen Bezug zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben.

Pilotprojekt an Heidelberger Gymnasien

Das Schülercafé und das gesamte Engagement am Hölderlin-Gymnasium ist Neuland für den Jugendtreff, da alle Kooperatio-nen zwischen Jugendtreff und Schule bislang immer mit Haupt- und Realschulen stattgefunden haben. In Heidelberg stellt dies Modellcharakter dar.

Kontakt:

CityCultKlingenteich Str. 1269117 HeidelbergTel.: 06221/7254593E-Mail: [email protected]

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Jugendbegleiter und die offene Jugendarbeit – Berührungspunkte und Abgrenzungen

Page 44: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Ergebnisberichtdes Seminars „Jugendbegleiter und die offene Jugendarbeit – Berührungspunkte und Abgrenzungen“

Anke Sudhoff

nungskultur“ für die Jugendbegleiterinnen und Jugendbeglei-ter; Steuerungsgruppe zum Austausch über die Tätigkeit; dau-erhafte Bindung der Jugendbegleiterinnen und Jugendbeglei-ter durch OJA; unverbindliche Einstiegsmöglichkeiten für Ju-gendbegleiterinnen und Jugendbegleiter; Schlüsselpersonen, die Interesse am Programm zeigen und Initiatoren. Ausdrück-lich entwicklungshemmende Einflussfaktoren wurden nicht erwähnt. Aus dem Plenum kamen vor allem Fragen zu zwei Themen-komplexen: erstens die Frage nach Ansprechpartnern und praktischer Hilfestellung zur Imitierung von Kooperationen mit Offener Jugendarbeit bzw. des Jugendbegleiter-Programms; zweitens die Frage der Finanzierung von Kooperationen und dem Jugendbegleiter-Programm generell. Beides konnte nicht abschließend geklärt werden. Insgesamt scheint von Seiten der Schulen großes Interesse am Jugendbegleiter-Programm und an Kooperationen mit OJA zu bestehen, diese benötigen allerdings beim Aufbau des Programms bzw. von Kooperatio-nen konkrete Anleitung und stärkere Unterstützung.

Im Mittelpunkt des Seminars stand einerseits die inhaltliche Vorstellung zweier Praxisbeispiele, bei denen das Jugendbegleiter-Programm von Offe-ner Jugendarbeit (OJA) und Schulen gemeinsam wahrgenommen wird, an-dererseits die Frage nach den positi-ven Einflussfaktoren für das Gelingen des Jugendbegleiter-Programms bzw. von Kooperationen zwischen Offener Jugendarbeit und Schule.

Zuerst wurde das Praxisbeispiel „Trainingsinsel“ vorgestellt, ein Pro-jekt des Wendlinger Jugendhauses in Zusammenarbeit mit der Ludwig-Uhland Grund-, Haupt- und Werkreal-schule. Dabei arbeiten Jugendbeglei-terinnen und Jugendbegleiter zusam-men mit verhaltensauffälligen Schüle-rinnen und Schülern, um Konflikte zu reflektieren und ein ver-bessertes soziales Verhalten zu entwickeln. Im zweiten Praxis-beispiel wurde die Zusammenarbeit des Heidelberger Jugend-treffs „City Cult“ mit zwei Schulen erläutert. Nachdem es in den vergangenen Jahren viele gemeinsame Sozialprojekte von Jugendtreff und Schulen gab, soll vor diesem Hintergrund nun das Jugend begleiter-Programm an diesen Schulen eingeführt werden.

Folgende Punkte wurden im Seminar als positive Einfluss-faktoren, die zum Gelingen der Projekte geführt haben, be-nannt: die intensive Betreuung der Jugendbegleiterinnen, Jugendbegleiter und Ehrenamtlichen; die räumliche Nähe von Jugendeinrichtung und Schulen; die Offenheit der Schu-len gegenüber Neuem von außen; die gemeinsame, von al-len getragene Konzeption; dauerhaftes Interesse der Schule/des Kollegiums; gute Organisation des Arbeitsumfeldes der Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter (Räume, Materia-lien); Balance von Verantwortung und Belastung für die Ehren-amtlichen; Präsenz des Programms an der Schule; „Anerken-

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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 45: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Organisation des Jugendbegleiter-Programms mit Unterstützung der Schulfördervereine

Was leistet ein Schulförderverein im Jugendbegleiter-Programm?

Die Organisation und Umsetzung des Jugendbegleiter-Pro-gramms wird oftmals von Schulfördervereinen übernommen, die diese Aufgaben in Zusammenarbeit mit den Schulleitun-gen und Schulgremien gestalten. Mit der Einbindung der Schul-fördervereine gelingt es, Eltern in die Schularbeit mit einzu-beziehen und den Kontakt und die Zusammenarbeit zwischen Schule und Eltern zu fördern. Die zeitaufwändige Vorbereitung und Organisation bedarf einer gründlichen Schulung; dabei müssen insbesondere organisatorische Verwaltungsabläufe und Bestimmungen berücksichtigt werden.Bei der Vorbereitung entstehen verwaltungstechnische und organisatorische Aufgaben. Zu diesen gehören Planungs- und Organisationsaufgaben wie die Angebotserstellung und die Personaleinteilung für die Betreuung und die Einhaltung der Bestimmungen. Zudem müssen Teilnehmerlisten erstellt, aus-zuführende Arbeiten überwacht, Termine und Sitzungen ge-plant, organisiert und dazu eingeladen sowie finanzielle Mittel bei den zuständigen Behörden beantragt werden.

Die Bildung der Koordinationsstelle schafft gute Voraus-setzung für Schulfördervereine, innerhalb der Schule das Jugendbegleiter-Programm zu organisieren.

Anne Kreim

Der Landesverband der Schulförder-

vereine Baden-Württemberg e. V. (LSFV),

gegründet am 14.11.2003, ist ein Verband

für gemeinnützige Schulfördervereine. Er

unterstützt und fördert Schulfördervereine

in ihrer Arbeit und berät sie in formalen

und praktischen Fragen und führt Informa-

tions- und Weiter bildungsveranstaltungen

durch. Dabei spielt die Betreuungsarbeit

innerhalb Ganztagsschulen und Ganz-

tagsbetreuung immer mehr eine wichtige

Rolle.

Der Landesverband arbeitet mit der Schulverwaltung auf Lan-desebene, den Kommunalverbänden und Elterngremien sowie vielen bildungspolitischen Einrichtungen zusammen. Durch die Kooperation und die Anerkennung der Arbeit der Schulförder-vereine werden gemeinsame Ziele durch Abstimmung der Auf-gaben verfolgt und umgesetzt.

Fotos: Landesverband der Schulfördervereine Baden-Württemberg e. V.

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Organisation des Jugendbegleiter-Programms mit Unterstützung der Schulfördervereine

Page 46: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Sie bilden eine optimale Schnittstelle zwischen Schule mit Ganztagsangeboten und den außerschulischen Einrichtungen, um somit die Interessen beider Seiten zu verfolgen, Partner-schaften zu bilden, Finanzfragen zu klären und beratend zur Seite zu stehen.

Projekt Koordinierungsstelle – Aufgabenbereiche/Stellenbeschreibung

> Anlaufstelle bieten für Bewerbungen für die Ganztagsbetreu-ung, Datenverwaltung, Weiterleitung der aktualisierten Listen an Schulleitung bzw. Ganztagsschulkoordinatorin,

> Übernahme der Vorstellung neuer Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter in der Schule für die Ganztagsbetreuung,

> Organisation von notwendigen Einweisungen,

> Anwesenheitskontrolle der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Ganztagsbetreuung und Ersatzsuche bei Ausfall,

> Kontrolle der Arbeitszeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbei-ter in der Ganztagsbetreuung, anhand von Arbeitszeitblättern, Zeiterfassungsdaten (Erstellen von Monatsberichten),

> Abwicklung der Aufwandsentschädigungen und Veranlas-sung der Auszahlung der Beträge anhand der Stundennach-weise,

> Erstellung und Aktualisierung der Einsatzpläne der Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter, die im Rahmen der Mensa-Aufsicht, der Hausaufgabenbetreuung und weiterer Maßnahmen tätig sind,

> Ansprechpartnerin oder Ansprechpartner für Eltern mit Infor-mationsbedarf zu den Bereichen Ganztagsprogramm und Vereinsaktivitäten,

> Zuständigkeit für die Kontaktpflege mit Behörden, Verbänden (Ganztagsschulverband, Netzwerk „Ganztägig lernen“ BW) und anderen Institutionen (z. B. Kinder- und Jugendstiftung), die für die Ganztagsbetreuungsangebote von Bedeutung sind,

> Übernahme der Recherche nach Fördermöglichkeiten/Spon-soren und den Bereich „Fundraising“,

> Erstellung und Bearbeitung von Förderanträge und Nach-weisberichte,

> Regelmäßige Teilnahme an stattfindenden Teambesprechun-gen der Schule (Schulleitung, Lehrerinnen und Lehrer, Schul-sozialarbeit, Eltern beirat, Verein). Berichterstattung über wichtige Entwicklungen und Vorkommnisse,

> Anlaufstelle für Kooperationspartner (Vereine, Personen) für außerschulische Angebote,

> Gestaltung der Zusammenarbeit der Koordinierungsstelle mit anderen Bereichen der Schule, dem Schulträger als Zu-schussgeber und anderen außerschulischen Partnern, um einen kontinuierlicher Informationsfluss zu gewährleisten,

> Erstellung von Verträgen: Ehrenamtsvertrag (Ehrenamtsver-sicherung), Erklärung zur Steuerbefreiung der Aufwandsent-schädigung, Erweitertes polizeiliches Führungszeugnis, Ver-schwiegenheitserklärung,

> Weiterleitung von Anträgen für finanzielle Unterstützung ein-zelner Kinder in besonderen Bedarfslagen, um die Teilnahme an kostenpflichtigen Angeboten zu ermöglichen.

Unterstützung durch den LSFV-BW

Aufgrund seiner Arbeit mit Schulfördervereinen und seinen in-tensiven Kontakten zu außerschulischen Verbänden sowie zu wichtigen bildungspolitischen und bildungsrelevanten Gremien kann der Landesverband seine Erfahrungen und seine Kennt-nisse an die Schulfördervereine und das Personal der Koor-dinierungsstelle weitergeben und diese entsprechend fach-lich aus- und fortbilden. Der Landesverband bietet besondere Schulungen an zu verwaltungstechnischen und organisatori-schen Aufgaben innerhalb der Ganztagsschule. Auch außer-halb der Schulungen erhalten Schulfördervereine Unterstüt-zung und Beratung hinsichtlich des Schulmanagements.

Kontakt:

Landesverband der SchulfördervereineBaden-Württemberg e. V.Berliner Ring 20 72076 Tübingen Tel.: 07071/6878607E-Mail: [email protected]

44

Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 47: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Kontakt:

Förderverein der Grundschule Neckargröningen e. V. Eichendorffstr.15 71686 RemseckTel.: 07146/810370E-Mail: [email protected]. grundschuleneckargroeningen.de

Förderverein der Grundschule Neckargröningen e. V.

Kerstin Kober-Schiller

Da die Grundschule nur eine kleine Schule ist, hat sich für den Schulträger eine Kernzeitbetreuung an der Schule nicht gerech-net. Somit hat der Förderverein die Betreuung der Kinder selbst in die Hand genommen. Das erste Jahr wurde mit großem En-gagement vieler Mütter ein Grundstein gelegt. Die Betreuung hatte einen so guten Erfolg, dass im zweiten Betriebsjahr be-reits zwei Betreuungskräfte eingestellt wurden. Trotzdem sind zahlreiche ehrenamtliche Helfer von Nöten, um das Niveau und die kostengünstige Flexibilität zu erhalten.

Beteiligung am Jugendbegleiter-Programm

Schulalltag in der einzügigen Grundschule mit 4 KIassenUnterricht: 7.45 – 13.00 Uhr,Mittagsbetreuung: 11.15 – 14.00 Uhr, Vesperangebot für 34 KinderHausaufgabenbetreuung: 14.00 – 15.30 UhrAGs: 14.00 – 16.30 Uhr, 15 AGs und 19 Jugendbegleiterinnen

und Jugendbegleiter60 Kinder nehmen an der Hausaufgabenbetreuung und AGs teil.

Aufgaben des Fördervereins

Mittagsbetreuung> Kalkulation und Einzug der Elternbeiträge> Erstellung von Anmeldeformularen und Rechnungen> Verwaltung der Einnahmen und Ausgaben

> Führung von Anwesenheitslisten> Erschließung von Fördergeldern> Zeitaufwand ca. 60 Stunden/2 Personen

Hausaufgabenbetreuung> Keine Einnahmen außer Spenden> Erschließung von Fördergeldern> Verwaltung (Abrechnung)> Kostenübernahme (z. B. Bücher)

Jugendbegleiter-Programm> Anmelde- und Abrechnungsverfahren> Geringe Elternbeiträge plus Materialkosten, SFV übernimmt

Fehlbetrag> SFV stellt Computer, Homepage, Küchengeräte usw. zur

Verfügung> Bankverbindung über SFV vereinfacht Abrechnung> Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch Anzeigen und Mund-

propaganda gewinnen> Runder Tisch

Organisation der Arbeitsgemeinschaften> Infoblatt Anmeldeformular> Anmeldebestätigung mit Überweisungsformular> Erstellung einer Anwesenheitsliste> Erstellung Stundennachweisformulare für Jugendbegleiterin-

nen und Jugendbegleiter > Abrechnung erfolgt alle 2 Monate

Fotos: Förderverein Grundschule Neckargröningen e. V.

45

Organisation des Jugendbegleiter-Programms mit Unterstützung der Schulfördervereine

Page 48: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Kontakt:

Freundeskreis Burghof-Schule Ofterdingen e. V.Sulzweg 4/1 72131 Ofterdingen Tel.: 07473/23642E-Mail: [email protected]

Freundeskreis Burghof-Schule Ofterdingen e. V.

Ute Heß

Die Ganztagsbetreuung ist eng mit dem päda-

gogischen Konzept der Schule verbunden. Das

bedeutet, die Regeln des Schulalltags und die

Rhythmisierung des Unterrichtstages werden

auch in der Ganztagsbetreuung umgesetzt.

Eine klare Strukturierung der Räume in einzelne Tätigkeitsberei-che und Nischen sowie klare Abläufe im Tagesgeschehen erleich-tern den Kindern die Orientierung und geben ihnen Sicherheit.

Angebote des Schulfördervereins> Frühbetreuung> Mittagstisch> Nachmittagsbetreuung einschließlich Hausaufgaben-

betreuung> Außerunterrichtliche Angebote im Jugendbegleiter-

Programm> Ferienbetreuung

Organisation der GanztagsbetreuungSchulleitung: Gesamtverantwortung, Profil und KonzeptFreundeskreis: Träger, Anstellung Betreuungspersonal,

Konzept, Koordination mit Vereinen, Unter-stützung in besonderen Bedarfslagen

Schulträger: finanzielle Absicherung, Einzug EssensgeldKoordination: Organisation, Vertretungsregelung, Anmel-

dungen

Personalaufwand> 5 hauptamtliche Kräfte> 2 ehrenamtliche Kräfte> 17 Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter

Aufgaben der Koordination/Organisation > Ansprechpartner für alle Kooperationspartner> Koordination der Angebote> Erstellung der Verträge> Kontrolle der Stundennachweise> Anwesenheitslisten erstellen und regelmäßig kontrollieren> Abrechnung erfolgt alle 2 Monate> Rücksprache mit den Vereinen> Beschaffung von Material und Gerätschaften > Gewinnung neuer Partner im Jugendbegleiter-Programm

Betreuung und regelmäßiger Austausch mit den Jugendbe-gleiterinnen und Jugendbegleitern ist wichtig, um deren Be-darf, die Wünsche und Verbesserungs vorschläge aufzuneh-men und für die geleistete Arbeit Wertschätzung entgegen-zubringen.

Fotos: Freundeskreis Burghof-Schule Ofterdingen e. V.

46

Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 49: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Ergebnisberichtdes Seminars „Organisation des Jugendbegleiter-Programms mit Unterstützung der Schulfördervereine“

Jannis Carmesin

Excel erstellt, wirbt aber auch Ehrenamtliche für das Jugend-begleiter-Programm und organisiert regelmäßig Runde Tische, um den Austausch zwischen Schule, SFV und Ehrenamt auf-recht zu erhalten.

Ein anderes Modell hat sich an der Burghof-Schule Ofter-dingen etabliert. Hier, so berichtete Ute Heß, sind Ganztags-betreuung und Schulalltag eng aufeinander abgestimmt. Ju-gendbegleiter-Angebote und Betreuungszeiten sind, so Heß, „Entspannungseinheiten für die Schülerinnen und Schüler“. Diese Regelmäßigkeit gebe den Kindern Sicherheit und zusätz-liche Förderung. Hierfür trägt die Schulleitung die Gesamtver-antwortung, der SFV agiert als Träger und koordiniert gleichzeitig die Zusammenarbeit mit externen Partnern, während der Schul-träger für die finanzielle Absicherung des Ganztagsangebots sorgt. Auch in Ofterdingen wird viel Wert auf den Austausch mit den Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleitern gelegt, um Bedarfe und Wünsche festzustellen, aber auch um den Ehren-amtlichen regelmäßig Wertschätzung entgegenzubringen. Koor-dination und Organisation übernimmt die Vorsitzende des För-dervereins als Jugendbegleiter-Koordinatorin.

Im Rahmen des Fachtags fand das Seminar mit dem Titel „Organisation des Jugendbeglei-ter-Programms mit Unterstützung der Schul-fördervereine“ statt. Als Referentin trat Frau Anne Kreim vom Landesverband der Schul-fördervereine (LSFV) auf, Teilnehmende waren Vertreterinnen und Vertreter von Schulförder-vereinen (SFV) aus ganz Baden-Württemberg, von denen die Mehrheit bereits am Jugend-begleiter-Programm teilnimmt.

In ihrem Vortrag stellte Frau Kreim zunächst die Arbeit des LSFVs hinsichtlich seiner Ziele (u. a. Förderung des Ehrenamts, Anerkennung der SFVs in der Bildungsarbeit), Aufgaben und Angebote (u. a. Information, Vernetzung, Bera-tung, Betreuung, Aus- und Fortbildung Ehren-amtlicher, Projektunterstützung) dar. Anschlie-ßend ging sie auf die Aufgabenverteilung zwi-schen SFVs und Schulen im Jugendbegleiter-Programm ein. Es entstand eine Diskussion, in der deutlich wurde, dass in der Umsetzung der Richtlinien teilweise Klärungsbedarf be-steht. Genannt wurden dabei u. a. versicherungstechnische Problematiken für Ehrenamtliche und Schülerinnen und Schü-ler und fehlende Unterstützung mancher Gemeinden bei der Bezahlung von Kosten für Räumlichkeiten, aber auch, das durch deren reguläre Arbeit bedingte Fehlen von Eltern, die während des Schultags Betreuungsangebote übernehmen könnten.

Im Anschluss an den Vortrag von Frau Kreim wurden zwei Modellbeispiele für die Kooperation zwischen Schule und SFV im Jugendbegleiter-Programm vorgestellt, die sich bereits im Alltag der jeweiligen Schule eingespielt haben. Kerstin Kober-Schiller von der Grundschule Neckargröningen in Rems eck er-läuterte zunächst ihr Drei-Säulen-Modell aus Vormittags-AGs, Mittagsbetreuung inklusive Verpflegung und Hausaufgaben-betreuung plus AG-Angebote am Nachmittag. Der SFV küm-mert sich vor allem um die Personal- und Kontenverwaltung und hat dafür ein vereinfachtes Abrechnungsverfahren für

47

Organisation des Jugendbegleiter-Programms mit Unterstützung der Schulfördervereine

Page 50: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Gestaltung und Organisation der Bildungslandschaft vor Ort in Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren der Jugendbildung

nung und eine Öffnung in den Sozialraum hinein einen Mehr-wert erfahren. Der Ausbau und die Intensivierung der Koope-rationsbeziehungen stärken die positive Außendarstellung der jeweiligen Bildungsträger, und erst gemeinsam konnte das Ziel erreicht werden, eine Bandbreite an individuellen Betreuungs- und Bildungsangeboten zu entwickeln. Davon profitieren vor allem die benachteiligten Jugendlichen, da sich so ihre Zu-kunftschancen maßgeblich verbessern.

Diese Erfahrungen machen deutlich, dass es bei der Gestal-tung von Bildungslandschaften von zentraler Bedeutung ist, Kinder und Jugendliche in den Mittelpunkt der Aufmerksam-keit zu stellen und gemeinsame Leit- und Handlungsziele zu formulieren. Weitreichende Visionen, was beispielsweise mit einer solchen Bildungslandschaft für Kinder und Jugendliche zu erzielen ist, sind ein Motor der Veränderungen für alle Be-teiligten. Ob innovative Modelle, die Ganztagsbildung nicht nur auf das Schulgelände begrenzen, sondern selbstverständlich auch andere kommunale Lernorte wie Jugendeinrichtungen, die Musikschule, Räume von Vereinen und Verbänden mit ein-beziehen oder Beispiele, bei denen mehrere Schulen gemein-sam mit Eltern und Schülerinnen und Schülern ein gemeinsa-mes Ganztagsschulkonzept entwickeln.

Elisabeth Yupanqui Werner

Die Bildungslandschaften, die in

den letzten Jahren in immer mehr

Städten, Gemeinden und Land-

kreisen entstehen, sind eine wich-

tige Weiterentwicklung von Einzel-

kooperationen zwischen Schulen

und außerschulischen Partnern.

Einzelkooperationen fügen sich nach und nach zu einem gesamten Netzwerk zusammen, das neue Handlungsmöglichkeiten eröffnet, aber gleichzeitig auch neue Aufgaben und Heraus-forderungen meistern muss.

Dabei entsteht eine Vielzahl unterschiedlicher Modelle, unter denen viele gute Beispiele zu finden sind, in denen sich Kom-munen auf den Weg machen, passgenaue Lösungen für die Strukturen und besonderen Gegebenheiten vor Ort zu finden.

Die Netzwerkanalyse des Projekts „KommLern!“ der Jugend-stiftung Baden-Württemberg1 hat gezeigt, dass durch Bildungs-netzwerke bedarfsorientierte Angebote entstehen. Diese Ange-bote wirken sich positiv auf die Bildungs-, Lern- und Lebens-bedingungen von Jugendlichen und deren Eltern aus. Sie än-dern das Verhalten der Jugendlichen und machen deren Stär-ken und Kompetenzen sichtbar. Die außerschulische Jugend-bildung kann mit ihren Erfahrungen im Netzwerkmanagement und vielfältigen Bezügen im Sozialraum eine wichtige gestal-tende Rolle bzw. eine Brückenfunktion bei der Gestaltung von Bildungslandschaften übernehmen. Ihr zusätzlicher spezifischer Beitrag können Förderung von direkter Beteiligung von Jugend-lichen, Förderung von Peer education, Stärkenorientierung und ihr lebensweltorientierter Blick auf die Jugendlichen sein. Alle Partner, die durch die Netzwerkanalyse befragt wurden, haben die Erfahrung gemacht, dass sie durch eine gegenseitige Öff-

1 unveröffentlichtes Manuskript (2010), Jugendstiftung Baden-Württemberg.

48

Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 51: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Klar ist, dass die Gestaltung einer solchen Bildungslandschaft die Rolle eines Koordinators und einer Steuerungsgruppe be-nötigt und gegenseitige Kommunikation und Transparenz zu den Schlüsselprozessen gehören. Wichtig dabei ist beispiels-weise die Schaffung von „Bildungslandkarten“ oder „Bildungs-plattformen“, die die unterschiedlichen Erfahrungen, Kompe-tenzprofile und Angebote der vielfältigen Jugendbildungsträger und außerschulischen Bildungspartner sichtbar machen oder Begegnungsmöglichkeiten zwischen Schulen und außerschu-lischen Partnern schaffen, bei denen auf Nachfrage der Schu-len und Angebote der Partner konkrete Kooperationsangebote entstehen können. Für Partner wird es einfacher, wenn die Su-che nach Angeboten und Nachfragen nicht jeder für sich selbst lösen muss, sondern beides durch eine koordinierende Stelle aufeinander abgestimmt wird.

Außerdem braucht es Motoren des Netzwerks: also Men-schen, die Visionen haben, diese langfristig und Schritt für Schritt umzusetzen. Menschen, die den Prozess vorantrei-ben und Menschen aus der Politik, die die Notwendigkeit und Chance erkennen, Schulen nicht als Inseln, sondern als Teil ei-ner kommunalen Bildungslandschaft zu sehen, und die sowohl verschiedene Bildungsorte und verschiedene Übergänge im lebenslangen Lernen als Teil des Ganzen erkennen.

Die Gestaltung einer Bildungslandschaft bedeutet das Abenteuer eines gemeinsamen Lern- und Veränderungspro-zesses für alle Beteiligten. Für das gemeinsame Ziel müssen die Partner klären, welches ihr unverwechselbarer eigener Beitrag und welches ihre Rolle und ihre Aufgabe im Netz-werk sein können. Sobald das geklärt ist, gilt es für jeden Partner, sich kreativ zum Wohl der Kinder und Jugendlichen einzubringen, sich aufeinander zuzubewegen und bereit zu sein, immer wieder von Neuem die eigenen Standpunkte zu hinterfragen.

Die beiden folgenden Praxisbeispiele zeigen, welche Chancen in einer kommunalen Gesamtlösung einer Bil-dungslandschaft für alle Beteiligte stecken:

> Die Verantwortung der Koordination wird klar von ei-ner Institution übernommen und ist damit für alle transparent.

> Für Bedarfe wie Akquise, Begleitung und Qualifizie-rung der Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter wird eine Lösung für alle Schulen gefunden.

> Es werden gemeinsame Qualitätskriterien festgelegt.

> Kommunikationsräume zum gegenseitigen Austausch entstehen durch Arbeitsgruppen für alle Beteiligte.

> An frühere kommunale Erfahrungen und Planungs-prozesse wird angeknüpft.

> Zielgruppen fühlen sich beteiligt und können ihre Sicht und ihr Know-How einbringen.

> Vorhandene Ressourcen werden flexibel und pass-genau dort eingesetzt, wo sie notwendig sind.

Die Kommunen der Praxisbeispiele haben erkannt, dass eine Bildungslandschaft zur Familienfreundlichkeit und Bildungs-gerechtigkeit beiträgt und so zu einem Standortfaktor werden kann. Aus diesem Grund haben sie Bildung zu einem wichtigen Leitziel erhoben und investieren in beträchtlichem Umfang kommunale Gelder in die Finanzierung der Ganztagsbildung und beteiligen sich aktiv und steuernd an der Gestaltung der Bildungslandschaften.

> Verständigung auf ein gemeinsames Bildungsverständ-nis, das regelmäßig reflektiert und gegebenenfalls in ei-nem Leitbild formuliert wird.

> Formulierung von gemeinsamen Leit- und Handlungs-zielen, ausgehend von den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen.

> Klärung von Beiträgen, Rollen und Aufgaben im Netzwerk.

> Kreatives Einbringen und Offenheit aller Partner, bei gleichzeitiger Bereitschaft, die eigenen Standpunkte immer wieder neu zu hinterfragen.

> Wichtige Voraussetzungen sind die Besetzung der Rolle eines Koordinators und einer Steuerungsgruppe sowie gegenseitige Kommunikation und Transparenz.

> Schaffung von „Bildungslandkarten“ oder „Bildungs-plattformen“ zur Darstellung der verschiedenen Ange-bote und Träger oder als Begegnungsmöglichkeiten.

> Entwickeln weitreichender Visionen als Motor der Verän-derungen für alle Beteiligten.

Handlungsempfehlungen für Schulen und außerschulische Partner

49

Gestaltung und Organisation der Bildungslandschaft vor Ort in Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren der Jugendbildung

Page 52: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Entwicklung eines Konzepts zur GanztagsbildungDie Stadt Ostfildern in Kooperation mit den Schulen

Alice Weber

Hinter der „Idee Campus“ steht die Erarbei-

tung und Entwicklung eines schulartübergrei-

fenden, in das Gemeinwesen hinein vernetztes

pädagogisches Konzept im Rahmen der offe-

nen Ganztagsschule, welches Schule auch als

Lebensform der Schülerinnen und Schüler be-

greift. Eingebunden sind eine Grund- und Wer-

krealschule, die Realschule und beide Gymna-

sien in Ostfildern.

Dabei spielen Kooperationen mit außerschulischen Partnern eine wesentliche Rolle wenn es um den Ausbau der unterschied-lichen Angebote z. B. im Freizeitbereich geht. Zur Sicherung der Qualität wird die gesamte Struktur an bestimmten Schnittstel-len von hauptamtlich Beschäftigten unterstützt. Auch hier wird trägerübergreifend gearbeitet.

Bildung ist notwendige Gemeinschafts-Aufgabe

Die Stadt Ostfildern versteht Bildung als kommunale Aufgabe und unterstützt aus familien- bzw. bildungspolitischer Motivation heraus den Ausbau von Ganztagsschulen in offener Angebots-form. Der Leitgedanke der Qualitätsentwicklung rückt die Schüle-rinnen und Schüler in den Mittelpunkt und hinterfragt, was diese zukünftig für ihre Bildung und Entwicklung brauchen.

Bildung ist mehr als Faktenwissen

Dass Bildung als Leistung im Sinne von Selbstbildung begriffen wird und die Beteiligung der Schülerinnen und Schüler als alltäg-liches Moment gelebt wird, zeichnet dieses Bildungsverständ-nis aus und findet sich sowohl in der Heran gehensweise als auch im Ergebnis einer gemeinsam mit den Schulen erarbeiteten Kon-zeption zum „Campus“ wieder. Zum Beispiel werden schulart-

übergreifende Angebotsstrukturen auch konkret mit den Schü-lerinnen und Schülern aller vier Schulen gemeinsam entwickelt: Aktuell gibt es eine Arbeitsgruppe, die sich mit der inhaltlichen und organisatorischen Ausgestaltung eines gemeinsamen Schü-lertreffs befasst.

Bildung braucht aktive Kommunalverantwortung

Das Selbstverständnis des Schulträgers hat sich in den letz-ten Jahren weiterentwickelt: Wenn es früher um die Bereitstel-lung der räumlichen und sachlichen Mittel für die Schulen ging, steht heute vielmehr die Qualität von Schul- und Bildungswe-sen als wichtige kommunale Aufgabe im Mittelpunkt. Dies zeigt sich in Ostfildern zum Beispiel in der aktiven Rolle der Verwal-tung bei der inhaltlichen Konzeptionsentwicklung.

Um gute Voraussetzungen für eine gleichberechtigte Teilhabe aller Kinder und Jugendlichen an Bildung zu schaffen, baut die Stadt die Rahmenbedingungen der Schulkindbetreuung mit Blick auf familienpolitische Aspekte weiter aus und unterstützt zum Beispiel gezielt eine vernetzte, vielfältige Angebotsstruktur unter anderem in den Bereichen Musik, Sport und Bewegung, Kultur und Kreatives.

Ein Wort für Bildung, Betreuung und Erziehung

Auch die Idee der ganzheitlichen kommunalen Bildungspla-nung für Ostfildern greift den Ansatz auf, Bildung, Betreuung und Erziehung zusammen zu denken und Angebotsstrukturen so aufeinander abzustimmen und zu vernetzen, dass sie sich sinnvoll ergänzen und erfolgreich aufeinander aufbauen. In die-sem Zusammenhang sind die beteiligten Kooperationspartner zum Beispiel gerade dabei, Mindeststandards für Ganztags-angebote zu formulieren.

Die „Arbeitsgruppe Campus“, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern der Schulen und des Trägers, hat die Entwick-lung eines gemeinsamen Konzepts von Anfang an als Prozess verstanden, in dem Lösungsansätze für verschiedene Frage-stellungen und Probleme aus fachlicher und methodischer

50

Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 53: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Sicht zusammen erarbeitet werden und Vorschläge für die Umsetzung entstehen.

Konsequenz: Die offene Ganztagsschule

Das Angebot der offenen Ganztagsschule wird als Teil gemein-samer, ganzheitlicher Lernvorgänge betrachtet und nicht nur aus der Notwendigkeit heraus, für Kinder Betreuungsangebote vorzuhalten, weil Eltern arbeiten müssen.

Als gemeinsame Ausgangslage und Grundlage für die Über-prüfung der Qualität ihrer Arbeit haben sich die Schulen auf gemeinsame pädagogische Ziele verständigt:> Soziale Erfahrungsfelder schaffen, soziale Fähigkeiten ent-

wickeln, soziale Benachteiligungen ausgleichen.> Gemeinsamkeit mit anderen/für andere, sich einbringen,

Engagement.> Integration i. S. v. seinen Platz finden, Selbstständigkeit wei-

terentwickeln, Selbstorganisation, selbstständige Problem-bewältigung.

> Kulturtechniken weiterentwickeln, künstlerisch/musische Entwicklung, Kreativität, Bewegung.

Es ist ein Konzept, das mehrere sich gegenseitig bedingende Bestandteile enthält, die die unterschiedlichen Bedürfnisse aller vier Schulen integrativ bündeln. Der Mehrwert besteht im Zu-sammendenken von Lösungsansätzen und in der Vernetzung aller Beteiligten. Berücksichtigt wurde auch, dass die Angebote

in unterschiedlichen Formen und an unterschiedlichen Orten im Gemeinwesen stattfinden sollen, d.h. nicht nur auf dem Schul-gelände, sondern auch zum Beispiel auf dem Tennisplatz des Vereins.

Die Erfahrung in Ostfildern hat gezeigt, dass die Bemühun-gen einzelner Schulen um ein adäquates Angebot im Ganz-tagsbereich sehr aufwendig sind. Das Nutzen von Synergien verspricht einen hohen Mehrwert, von dem vor allem die Schü-lerinnen und Schüler profitieren werden. Es ist daran gedacht, diese Grundidee und die Herangehensweise auch an weiteren Schulstandorten in der Stadt sozusagen als „Blaupause“ zu verwenden – natürlich immer auf die Gegebenheiten vor Ort abgestimmt.

Kontakt:

Stadt Ostfildern Finanzen, Schule und ServiceKlosterhof 4 73760 OstfildernTel.: 0711/34 04-235 Fax: 0711/34 04-9235E-Mail: [email protected]

SCHULZENTRUM (Grundschule mit Werkrealschule, Realschule sowie zwei Gymnasien)

AKTIVE PÄDAGOGIKANGEBOTSEBENE

KOORDINATIONSSTELLE

AUSSERSCHULISCHE PARTNER

Vereine, Institutionen, städtische Einrichtungen …

SCHULSOZIALARBEIT

51

Gestaltung und Organisation der Bildungslandschaft vor Ort in Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren der Jugendbildung

Page 54: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Die Stadtverwaltung und der Gemeinderat von

Kirchheim unter Teck haben die gesellschaft-

liche Notwendigkeit erkannt, eine Ganztags-

betreuung an Schulen anzubieten.

Die Vorgabe des Gemeinderats beinhaltete eine Kombination aus hauptamtlicher Betreuung und ehrenamtlichen Angeboten. Sehr schnell stellte sich die Frage, wer die neuen Aufgaben der Orga-nisation, Koordination und Abrechnung der Betreuungsangebote übernehmen sollte. Mit der Familien-Bildungsstätte Kirchheim e. V. (FBS) wurde ein Partner gefunden, der die Ganztagsbetreu-ung übernommen hat. Die FBS fungiert als Anstellungsträger der Hauptamtlichen und ist für alle Abrechnungen zuständig. Zu den Aufgaben gehören im Besonderen die Suche und Auswahl von Eh-renamtlichen, diese einzusetzen, zu begleiten und zu qualifizieren.

Das Kirchheimer Modell

Die FBS übernimmt die Betreuung und sinnvolle Beschäftigung der Schülerinnen und Schüler. Jede Woche werden mit 20 Teil-zeitkräften und rund 50 Jugendbegleiterinnen und Jugendbe-gleitern bis zu 530 Kinder verschiedener Schulen in der Mit-tagszeit und in etwa 85 Arbeitsgemeinschaften betreut. Die FBS hat zusätzlich Pädagoginnen eingestellt, die eine verläss-

Das Kirchheimer Modell

StadtKirchheim unter Teck

Amt für Bildung Kultur und

Sport

SchulenAllenschule (GS)

Konrad-Widerholt-GS Konrad-Widerholt-FöS

Eduard-Mörike-HS Raunerschule (HS) Freihof-Realschule

PartnerJugendbegleiterInnen

Organisationen Vereine

FBSFamilien-

Bildungsstätte Kirchheim e. V.

Ganztagsbetreuung im Kirchheimer ModellDie Familien-Bildungsstätte als externer Partner der Schulen

Christoph Tangl

Fotos: Familien-Bildungsstätte Kirchheim e. V.

liche Betreuung und qualifizierte pädagogische Arbeit garan-tieren. Die Palette der Arbeitsgemeinschaften reicht von Karate und Tischtennis über Basteln und Vorlesen bis hin zu Entspan-nungsangeboten. Die Themen werden für jedes Schulhalbjahr in enger Zusammenarbeit zwischen FBS und Schule erarbeitet. Bereits bestehende Angebote werden in das System integriert.

52

Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 55: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Vor allem Hausaufgabenbetreuung, aber auch Unterricht der italienischen Schule oder Kommunionunterricht finden so ih-ren Platz im Rahmen der Ganztagsbetreuung. Die Schülerinnen und Schüler stellen sich ihren eigenen Stundenplan zusammen.

Da die Zahl der teilnehmenden Kinder an diesem Angebot weit höher war als angenommen, wurden zusätzlich Jugend-begleiterinnen und Jugendbegleiter in der Betreuung über die Mittagszeit eingesetzt. Die Aufgaben der Ehrenamtlichen liegen hier in der Unterstützung der Hauptamtlichen, der Betreuung beim Mittagessen, beim Spiel im Freien und in der Mediothek. Die FBS unterstützt die Arbeit der Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter durch regelmäßige Treffen zu Information und Erfahrungsaustausch, bietet Qualifizierung an und steht für Einzelgespräche zur Verfügung.

Ausblick

Durch eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit aller Be-teiligten (Hauptamtliche, Jugendbegleiterinnen und Jugendbe-gleiter, Schule, Stadt, FBS) ist das Modell ein Erfolg. Im Schul-jahr 2010/2011 betreut die FBS sieben Schulen:> drei Grundschulen (Alleenschule, Konrad-Widerholt-Grund-

schule, Limburg-Grundschule Weilheim [ab Schuljahr 2011/ 2012]),

> zwei Hauptschulen (Raunerschule, Eduard-Mörike-Schule),> eine Realschule (Freihof-Realschule),> eine Förderschule (Konrad-Widerholt-Förderschule),> Bildungszentrum Oberlenningen (Hauptschule, Realschule

und Förderschule).

Wenn an diesen sieben Schulen die Ganztagsbildung aus-gebaut ist, gibt es ein breites Ganztagsangebot für fast jede Schulart in Kirchheim unter Teck. Zusätzlich verwaltet die FBS fünf Mensen und ist seit diesem Jahr für die Anmeldung zur Ferienbetreuung aller Grundschulen in Kirchheim unter Teck zuständig.

Kontakt:

Familien-Bildungsstätte Kirchheim unter Teck e. V.VogthausWiderholtstr. 473230 Kirchheim unter TeckTel.: 07021/92001-0E-Mail: [email protected]

53

Gestaltung und Organisation der Bildungslandschaft vor Ort in Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren der Jugendbildung

Page 56: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Ergebnisberichtdes Seminars „Gestaltung und Organisation der Bildungslandschaft vor Ort in Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren der Jugendbildung“

Charlotte Pfeiffer

Ziele gemeinsam definiert werden. Relevant ist für sie auch der Rückgriff auf bisherige Strukturen und die Verwendung von deren Ergebnissen sowie die Schaffung von Synergie effekten. Hilfreich ist es zudem, sich den politischen Willen einzuholen (z. B. durch die Unterstützung von Fürsprechern). Eine Schwie-rigkeit stellt für sie der stetige Kommunikationsfluß und die z. T. aufwendige Herstellung von gegenseitiger Transparenz und Vernetzung zwischen Jugendbegleiterinnen und Jugend-begleitern, Freizeipädagoginnen und -pädagogen, Lehrerinnen und Lehrern sowie der Schulsozialarbeit dar.

In der Diskussion wurde gefragt, wie die beiden Referenten mit unterschiedlichen Machtverhältnissen und Hierarchien in den Netzwerken umgehen. Herr Tangl äußerte, dass sich die Lehrkräfte gegenüber den Kindern in einer Machtposition be-finden, die die Ehrenamtlichen nicht haben, z. B. durch die Be-fugnis ein Kind zum Nachsitzen zu verpflichten. Herr Tangl be-tonte, dass er diese Hierarchien gerne aufbrechen würde. Frau Weber antwortete, dass sie eine Hierarchie der Verantwortung, zwischen den Lehrkräften, die morgens die Kinder unterrich-ten, und zwischen den haupt- und ehrenamtlichen Kräften, die nachmittags für die Betreuung zuständig seien, erlebe. Dieser Hierarchie liegt die Annahme zugrunde, dass die Kinder mor-gens „etwas lernen“ und nachmittags „Spaß haben“. Ihrer Mei-nung nach ist es allerdings nicht wichtig, wer in welchen Zeit-fenstern mit den Kindern zusammenarbeitet. Wichtig sei viel-mehr, Ganztagsschule mit einem ganzheitlichen Blick zu sehen und zu erkennen, dass es um Bildung und Lernen in den unter-schiedlichsten Formen geht.

Auf die Frage nach Visionen antwortete Herr Tangl, dass die Ganztagsschule auch für die Zukunft als gute Alternative zur Regelschule gesehen wird und es viele weitere Ganztags-schulen in Baden-Württemberg geben sollte. Allerdings stellt der Mangel von Pädagoginnen und Pädagogen, die sich auf Stellen in der Ganztagsschule bewerben, ein ernstes Problem dar.

Frau Weber wünschte sich, dass der Vormittags- und Nach-mittagsbereich noch besser harmonisiert und in Zukunft als Ein-heit gedacht werden.

Im Mittelpunkt des Seminars standen zwei Praxisbeispiele, die alle wesentlichen Akteure, die für die erfolgreiche Ausge-staltung von Ganztagsschulen verantwortlich sind, zusammen-bringen und in ein Gesamtkonzept einbeziehen. Die Familien-bildungsstätte Kirchheim e. V. (FBS) wird von der Stadt Kirch-heim u. Teck als Dienstleister für die pädagogische Gestaltung des Betreuungsangebots an Ganztagsschulen beauftragt. Die Stadtverwaltung Ostfildern versteht sich selbst als Koordina-tor des Gesamtprojekts „Campus“ im Schulzentrum Nellingen und entwickelte gemeinsam mit beteiligten Akteuren vor Ort ein gemeinsames Konzept, wie Ganztagsschule schulartüber-greifend organisiert werden kann.

Herr Tangl stellte die Vernetzung und Kooperation der FBS mit weiteren Akteuren wie folgt dar: Schule – FBS als Dienst-leister – Partner (Vereine, Ehrenamtliche, Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter) – Stadt. Diese Akteure arbeiten zusam-men und nehmen dabei jeweils eine unterschiedliche Auf-gabe wahr. Die Koordinierungsstelle der Stadt Ostfildern ko-operiert mit den verschiedenen Akteuren des Schulzentrums, den außerschulischen Partnern (Vereinen, Institutionen, städti-schen Einrichtungen), mit den aktiven Pädagoginnen und Pä-dagogen auf der Angebotsebene sowie mit der Schulsozialar-beit. Die verschiedenen Partner werden dabei über verschie-dene thematische Arbeitsgruppen und runde Tische beteiligt.

Das Netzwerk, das hier entsteht, beschäftigt sich mit zentralen Fragen, wann z. B. ein Angebot inhaltlich und qualitativ als gut gilt. Betrachtet wird das aus der Perspek-tive der Kinder, der Schule bzw. Leitung, von Vereinen, Bil-dungsanbietern und Bildungsträgern. Für die FBS ist es be-deutsam, dass die gesamte Schule hinter dem Projekt Ganz-tagsschule steht und nennt dies als einen fördernden Faktor. Als hemmender Faktor stellen sich dagegen die anderen Zeit-abläufe der Verwaltung, bis eine Entscheidung fällt, dar. Frau Weber von der Stadt Ostfildern nennt als fördernde Faktoren für die Realisierung einer Bildungslandschaft vor Ort, wenn die Probleme und Fragen der unterschiedlichen Akteure gehört und erkannt werden, alle relevante Träger und Zielgruppen wie z. B. die Schülerinnen und Schüler am Prozess beteiligt und

54

Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 57: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Peer-to-Peer-Konzepte im Jugendbegleiter-Programm – Ansätze außerschulischer Partner

rinnen und -mentoren zeigt positive Effekte. Neben den Gymna-sien bietet sich aber auch der Einsatz von Schülermentorinnen und -mentoren für die Realschulen an. Allein die Tatsache, dass etwa 16 Prozent der Schülerinnen und Schüler, die nach Klasse vier eine Gymnasialempfehlung erhalten, auf der Realschule angemeldet werden, unterstreicht die große Bandbreite der (Leistungs-)Heterogenität in den Realschulen und macht eine systematische Differenzierung und Förderung notwendig.

Hilfe im Sommercamp

Als dritter Bereich können Projekte zur Förderung benachtei-ligter Schülerinnen und Schüler angeführt werden, die darauf abzielen, der Zunahme von sozialen und kulturellen Disparitäten entgegenzuwirken. In diesem Zusammenhang spricht der Ex-pertenrat eine Empfehlung aus: „Die Lerngelegenheiten für Kin-der aus sozial benachteiligten Schichten sollten zudem über die Schulzeiten hinaus in die Sommerferien ausgeweitet werden.“3 Beispielhaft können hier die Sommercamps Baden-Württemberg genannt werden. Sommercamps verstehen sich als erlebnisori-entierte, einwöchige Bildungs- und Betreuungsangebote in den Ferien und wurden in den Sommerferien 2010 erstmals in Ba-den-Württemberg an vier Standorten durchgeführt. Zielgruppe waren benachteiligte Schülerinnen und Schüler mit und ohne Migrationshintergrund an Hauptschulen und Werk realschulen. Am Standort Ludwigsburg kamen dabei Schülermentorinnen und -mentoren zum Einsatz. Die Evaluierung erbrachte positive Effekte4. Die Sommercamps werden 2011 an mehr als 25 Stand-orten als Sommerschulen mit erweiterter Zielgruppe fortgeführt.

Dr. Hermann Scheiring

Lernen mit Schülermentorinnen und -mentoren

Welche Einsatzbereiche ergeben sich für Schülermentorinnen und -mentoren, die mit anderen Schülerinnen und Schülern gemeinsam lernen?1 Drei Bereiche sollen für den Einsatz von Schülermentorinnen und -mentoren in der pädagogischen Praxis kurz skizziert werden:

Hilfe von Gymnasiasten

Der erste Bereich liegt in schulartübergreifenden Koope-rationen. Es gibt in Baden-Württemberg eine ganze Reihe von Standorten, die ähnliche Konstellationen aufweisen wie „KommLern! – Schüler für Schüler“. Dort, wo Werkrealschulen und Gymnasien räumlich verbunden sind, bietet sich eine Kooperation geradezu an. Sowohl die Vorpilotphase als auch zwei Jahre Projektdurchführung zeigen, dass beide Schularten profitieren und sich die Kooperationen langfristig installieren. Darüber hinaus können diese Kooperationen schulartübergrei-fend zwischen Gymnasien und Realschulen oder Realschulen und Werkrealschulen stattfinden.

Hilfe durch Schulkameraden

Aufgrund der großen (Leistungs-)Heterogenität auch in den weiterführenden Schularten sind schulinterne Differenzie-rungs- und Förderkonzepte der zweite große Bereich. Hier können Schülermentorinnen und -mentoren als Ressource für den positiven Umgang mit den Herausforderungen der Hete-rogenität von Schulklassen genutzt werden. „Die größten so-zialen Disparitäten entstehen beim Übergang auf das Gymna-sium“.2 Die Effekte unterschiedlicher Ansprüche und Erfolgs-erwartungen bildungsbewusster und bildungsferner Eltern tra-gen nachhaltig zur (Leistungs-)Heterogenität in den Gymnasien bei. So hat sich beispielsweise das Gymnasium Münsingen die-sen Herausforderungen gestellt und sich auf den Weg gemacht, in das bestehende Differenzierungs- und Förderangebot der Schule verstärkt Schülermentorinnen und -mentoren zu inte-grieren. Eine Evaluierung bisheriger Einsätze von Schülermento-

1 Das Schülermentorenprogramm Baden-Württemberg umfasst die Aus-bildung von Mentoren in acht Bereichen (z. B. Musik, Sport, Natur- und Umweltschutz); hier könnte ein Schülermentor „Gemeinsam lernen“ das Programm erweitern.

2 Expertenrat „Herkunft und Bildungserfolg“ 2011: Empfehlungen für Bil-dungspolitische Weichenstellung in der Perspektive auf das Jahr 2010 (BW 2010). Leitung: Baumert, Jürgen. http://www.kultusportal-bw.de (Schulart-übergreifende Themen), S. 17

3 a.a.O. S. 154 Scheiring, Hermann 2010: Evaluationsstudie der Sommercamps 2010

Baden-Württemberg. Abschlussbericht. http://www.sommerschulen-bw.de

55

Peer-to-Peer-Konzepte im Jugendbegleiter-Programm – Ansätze außerschulischer Partner

Page 58: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Im Projekt „KommLern! – Schüler für Schüler“

wurden an drei Schulstandorten mit insgesamt

sechs Schulen Lernarrangements über die

Zeitdauer eines Schuljahrs eingerichtet, um ge-

meinsames Lernen von Werk realschülerinnen

und -schülern und Gymnasiasten zu ermög-

lichen. Die heterogenen Schülergruppen ler-

nen in der Regel wöchentlich zwei Schulstun-

den zusammen oder führen ein Projekt über

ein Schuljahr durch.

Unterschiedliche Lernarrangements

Am Standort 1 (Donzdorf) steht die Förderung von Werkreal-schülerinnen und -schülern der Klasse 9 in den Fächern Mathe-

matik und Deutsch durch Gymnasiasten der Klassenstufen 11 und 12 im Mittelpunkt. Die Werkrealschülerinnen und -schüler der Messelbergschule werden in Form von Lerntandems – be-stehend aus je einem Gymnasiasten und zwei Hauptschülerin-nen oder -schülern – in den genannten Fächern bei der Vorbe-reitung auf die Hauptschulabschlussprüfung unterstützt, wobei die Gymnasiasten als Schülermentorinnen und Schülermento-ren fungieren. Das Lernen findet durch Instruktion statt: Gym-nasiasten des Rechberg-Gymnasiums übernehmen die Funk-tion von Lehrenden und instruieren die Werk realschülerinnen und -schüler bei deren Lernprozess. Die zuständigen Lehrerin-nen und Lehrer haben differenzierte Arbeitshefte entwickelt und die Gymnasiasten für ihren Einsatz geschult. Die Schüler-gruppen arbeiten relativ autonom.

Am Standort 2 (Herrenberg) lernen jeweils Gymnasiasten und Werkrealschülerinnen und -schüler der Klassenstufe 7 zusam-men. Die beteiligten Schulen sind das Andreä-Gymnasium und

„KommLern! – Schüler für Schüler“

Dr. Hermann Scheiring

„KommLern!“ ist ein Projekt der Jugendstiftung Baden-Württemberg, gefördert vom Land Baden-Württemberg und dem Europäischen Sozialfonds.

Bild links: Instruktion – Gymnasiast lernt gemeinsam mit Hauptschülerinnen.

Bild rechts: Konstruktion – Einsichten gewinnen im forschenden Prozess.

56

Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 59: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

die Vogt-Hess-Schule. Lernen findet hier durch Kooperation statt. Inhaltlich wird mit den Schwerpunkten Erlebnispädagogik, Theaterpädagogik und Medienpädagogik gearbeitet. In allen drei Bereichen arbeiten die Schülergruppen über mehrere Wo-chen zusammen und erwerben unterschiedliche Kompetenzen. Neben kreativem Schreiben, akustischer Artikulation, Übun-gen zur Selbst- und Fremdwahrnehmung, zu Körpersprache und -wahrnehmung stehen auch kooperative Kommunikation, Selbstdisziplinierung und Stärkung des Selbstwerts thematisch im Zentrum.

Am Standort 3 (Hohenhaslach/Sachsenheim) arbeiten Werk-realschülerinnen und -schüler der Klassenstufen 7 und 8 mit Gymnasiasten der Klassenstufen 9 und 10 zusammen. Hier steht technisches Lernen im Mittelpunkt. In der Neigungsgruppe Fahr-rad bauen die Schülerinnen und Schüler der Kirbachschule und des Lichtenstern-Gymnasiums zusammen ein Rennrad, in der Neigungsgruppe „Robotik“ werden Roboter montiert und mittels CNC-Technik gesteuert. Hier findet Lernen über einen forschen-den Prozess statt. Der oder die Lernende ist Beobachter, Teil-nehmer und Akteur. Lernen findet hier durch Konstruktion statt.

mosphäre mit zwei Hauptschülern gemischte Subtraktions- und Additionsaufgaben als Kopfrechenaufgabe durchführt. Aus der dazugehörenden Beschreibung wird deutlich, dass er mit einer bestimmten Einstellung an die Aufgabe herangeht: Er hält die Überschlagsrechnungen für einen einfachen Einstieg und ordnet sie als leichte Übung ein. Doch diese Einschätzung erweist sich als Irrtum. Bei dem dialog-konsensual abgesicher-ten Strukturlegebild setzt der Gymnasiast das Kärtchen Ge-duldsprobe ins Zentrum.

Bereits während der Instruktion und beim Wahrnehmen des (fehlenden) Feedbacks entwirft der Gymnasiast Zukunftsstra-tegien und bewertet diese gleichzeitig. Aus dem Strukturle-gebild wird deutlich, welche Kompetenzen für Schülermento-rinnen und -mentoren aus der Sicht dieses Gymnasiasten von Bedeutung sein können: Einschätzen des Schwierigkeitsgra-des einer gestellten Aufgabe, Geduld, Einfühlungsvermögen, Feedback einholen.

Abbildung 2 zeigt das Strukturlegebild einer Hauptschülerin. In der Lernsituation versuchen zwei Hauptschülerinnen durch Anleitung eines Gymnasiasten Aufgaben zu bearbeiten, wie man mehrere Subtraktionsaufgaben in eine Additionsaufgabe verwandeln kann.

Abbildung 1: Strukturlegebild eines 17-jährigen Gymnasiasten

Kopfrechen-aufgabe

Geduldsprobe

ruhig bleiben

schwieriges Einfühlungs-

vermögen

einfacher Einstieg

weil

ist gut

weil

leichte Übungen

HS hören nicht zu

häufiges Nach-fragen

fehlendes Feedback der

HS

Überschlags-rechnung

weil

daraus folgt

Erklärung (Text + Gym)

Konzentrations-schwierigkeiten

(HS)

Wissens-überprüfung

Wissens-überprüfung

(Zukunft)

ist richtig

häufige Wiederholungen

ist richtig

Unklarheit

gute Erklärung

gutes Gefühl

daraus folgt

weil

weil

Unsicherheit

Erinnerung

fachl. Erfolgserlebnis

(Verständnis der Aufgabe)

fühle mich wohl fühle mich klug

Schüchternheit

Erfolgserlebnis

und

nachfragen

daraus folgt

pers. Erfolgserlebnis

(Mut zum Nachfragen)

und fühle mich besser

Abbildung 2: Strukturlegebild einer 13-jährigen Hauptschülerin

Lernen durch Instruktion – die Innensicht

Am Standort Donzdorf lernen die Schülerin-nen und Schüler durch Instruktion, was im Allgemeinen mit der Vorstellung verbunden ist, ein Wissender instruiert einen Unwissen-den. Während der Instruktion begleiten hand-lungsleitende Kognitionen und Emotionen den Lernprozess des zu Instruierenden. Er macht sich selbst Gedanken über die Sache, ord-net den Schwierigkeitsgrad ein, entwirft Vor-stellungen über Erfolgsaussichten und be-wertet sein Handeln. Was aber läuft genau in den Köpfen der Schülerinnen und Schüler ab? Können aus der subjektiven Sicht Rück-schlüsse für ein Lernen mit Schülermento-rinnen und -mentoren gezogen werden? Un-ter diesen Fragestellungen wird anhand von Strukturlegeverfahren (vgl. Scheiring 1998) die Innensicht der Lernenden rekonstruiert. Die Strukturlegebilder sind Grundlage für die Beschreibung des subjektiven Lernprozes-ses und liefern Erkenntnisse für die Ausbil-dung von Schülermentorinnen und -mentoren. Ausgangspunkt für die Strukturlegebilder sind konkrete Lernsituationen, mit denen die Schü-lerinnen und Schüler konfrontiert werden.

Abbildung 1 zeigt das Strukturlegebild ei-nes Gymnasiasten, der in konzentrierter At-

57

Peer-to-Peer-Konzepte im Jugendbegleiter-Programm – Ansätze außerschulischer Partner

Page 60: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Ausgewählte bisherige Evaluationsergebnisse

Das Projekt wird wissenschaftlich durch die Pädagogische Hochschule Ludwigsburg begleitet. Die Studie zielt dabei auf die Beantwortung der Frage, in welcher Weise sich bestimmte Formen gemeinsamen Lernens zwischen Hauptschülerinnen, Hauptschülern und Gymnasiasten und damit zusammenhän-gende Lehr- und Lernmethoden (im weitesten Sinne) auf Kom-petenzentwicklung, Einstellungen und die Motivationsstruktur der beteiligten Schülerinnen und Schüler auswirken.

Über qualitative und quantitative Verfahren wurden Verän-derungen bei Schülerinnen und Schülern untersucht. Es konn-ten Wirkungen hinsichtlich der Kategorien Zukunftsorientie-rung, Freizeitorientierung, soziale Orientierung und Einstellun-gen nachgewiesen werden. Für Schülerinnen und Schüler bei-der Schularten hatte das Projekt in diesen Bereichen posi-tive Effekte. Beim Merkmal soziale Orientierung gaben beide Schülergruppen an, wie wichtig Freunde sind. Die Mehrheit der Freundschaften stammte zu Beginn des Projekts aus derselben Schulart. Im Verlauf des Projekts veränderten sich die Freund-schaften auch schulartübergreifend. Deutliche Veränderungen gab es bei dem Merkmal Einstellungen: Hier konnten (gegen-seitige) Vorurteile und negative Einstellungen abgebaut wer-den. Es konnte nachgewiesen werden, dass sich sowohl bei Werkrealschülerinnen und -schülern als auch bei Gymnasiasten vorhandene Vorurteile (z. B. „Gymnasiasten sind Streber“ und „Hauptschüler sind aggressiv“) deutlich reduzierten (hoch sig-nifikant). Auch bei dem Merkmal Zukunftsorientierung konnten Veränderungen nachgewiesen werden. Schülerinnen und Schü-ler beider Schularten messen beispielsweise der Kompetenz „Teamfähigkeit“ deutlich mehr Bedeutung bei (signifikant). Bei

dem Merkmal Zukunftsorientierung zeigten sich aber auch Un-terschiede zwischen Gymnasiasten und Werkrealschülerinnen und -schülern: Während die Werkrealschülerinnen und -schüler über konkretere Zukunftspläne verfügen als die Gymnasiasten, sind deren Zukunftspläne noch nicht ausgereift.

Literatur

Expertenrat „Herkunft und Bildungserfolg“ 2011: Empfehlungen für Bildungspolitische Weichenstellung in der Perspektive auf das Jahr 2010 (BW 2010). Leitung: Baumert, Jürgen. http://www.kultusportal-bw.de (Schulartübergreifende Themen)

Groeben, Norbert; Wahl, Diehelm; Schlee, Jörg und Scheele, Brigitte 1988: Das Forschungs-programm Subjektive Theorien. Tübingen

Opp, Günther/Teichmann, Jana 2010: Grundlegende Gedanken zum Thema Positive Peer-kultur. In: Jugendstiftung Baden-Württemberg (Hrsg.): Peer to Peer – integriert und vernetzt. Das Potenzial einer positiven Peerkultur. Sersheim

Scheiring, Hermann 1998: Subjektive Theorien von Schülern über aggressives Handeln. Anwendung eines Dialog-Konsens-Verfahrens bei Hauptschülern. Weinheim

Scheiring, Hermann 2010: Evaluationsstudie der Sommercamps 2010 Baden-Württemberg. Abschlussbericht. http://www.sommerschulen-bw.de

Shell Deutschland Holding (Hrsg) 2010: Jugend 2010. 16. Shell Jugendstudie. Frankfurt

Tully, Claus, J. (Hrsg) 2006: Lernen in flexibilisierten Welten: wie sich das Lernen der Jugend verändert. München, Weinheim

Kontakt:

Dr. Hermann ScheiringAkademischer Oberrat, ErziehungswissenschaftPädagogische Hochschule LudwigsburgPostfach 220Zimmer 1.21571602 LudwigsburgTel.: 07141/140-231E-Mail: [email protected]

Aus der dazugehörenden Beschreibung geht hervor, dass es für die Schülerin eine Unklarheit gibt, aus der eine Unsicherheit resultiert. Deswegen traut sie sich vorerst nicht, nachzufragen. Das gesamte Handlungsgeschehen wird durch eine starke emo-tionale Komponente begleitet. Auch dieses Strukturlegebild lie-fert Hinweise für gelingende Lernprozesse und lässt Folgerun-gen für die Ausbildung von Schülermentorinnen und -mentoren zu: Eine schüchterne Schülerin traut sich bei Unklarheit nicht zu fragen und wartet darauf, dass man ihr „ansieht“, dass sie etwas nicht verstanden hat. Der Gymnasiast geht mit Einfüh-lungsvermögen auf die Schülerin zu, ermöglicht das Nachfra-gen und gibt ihr eine gute Erklärung. Und genau dieses Nach-fragen löst dann das Erfolgserlebnis der Schülerin beim Lernen aus, das gleichzeitig mit einem guten Gefühl verbunden wird.

Allein diese zwei Beispiele zeigen auf, dass Lernprozessen komplexe subjektive Theorien zugrunde liegen und dass Ko-gnitionen, Emotionen und Volitionen den Lernprozess nach-haltig beeinflussen. Ebenso liefern sie Hinweise für ein Lernen durch Instruktion.

58

Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 61: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Neue Wege in der technischen Jugend-bildung durch Peer-to-Peer learning an der Technikschule in Esslingen

Dr. Hermann Klinger

Der Fachkräftemangel erfordert schnell wirksame Maßnahmen

Der sich dramatisch entwickelnde Fachkräftemangel in technisch-naturwissenschaftlichen Bereichen wirkt sich zunehmend hemmend auf die wirtschaftliche Erholung aus, mit entsprechend negativen Folgen für die Gesell-schaft.1 In internationalen Vergleichsstudien wird der Ver-besserung des Lernprozesses im Un-terrichtsgeschehen gegenüber struktu-rellen Veränderungen des Bildungssys-tems eine deutlich nachhaltigere und schnellere Wirksamkeit zugeschrieben.2

Ganzheitlicher Ansatz ist gefragt

Das Konzept der neu gegründeten Technikschule an der Volks-hochschule Esslingen mit den Kompetenzzentren Energie & Umwelt (Abb. 1), Messen-Steuern-Regeln und Robotik beruht darauf, Peer-to-Peer learning, kurz P2P, auf allen Ebenen des Lernens zu realisieren.

Die in Schulungen des Jugendbegleiter-Programms weiter-gebildeten „Zertifizierten Lernbegleiter Technik“ (Abb. 2) lernen genauso voneinander und miteinander wie die jugendlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den angebotenen Kursen und Projekten. Wie selbstverständlich werden dabei Grenzen zwischen den Ebenen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und Lernbegleiterinnen und Lernbegleiter überschritten. Wir betrachten P2P als ganzheitlichen Lösungsansatz für die Tech-nikschule.

Abb. 1: Das Kompetenzzentrum Energie & Umwelt

Abb. 2: Das ZLT Programm in der Übersicht

1 Vera Erdmann, Axel Plünnecke, Ilona Riesen, Oliver Stettes, Bildungs-monitor 2010 http://www.insm-bildungsmonitor.de/

2 Mona Mourshed , Chinezi Chijioke, Michael Barber, How the world’s most improved school systems keep getting better http://www.mckinsey.com/clientservice/Social_Sector/our_practices/Education/Knowledge_Highlights/How%20School%20Systems%20Get%20Better.aspx

Schule5 UE

Formale, organisatorische und rechtliche Bedingungen des Systems

Pädagogik5 UE

E-Psychologie und Neurowissenschaft, Teams, WissensflußMedieneinsatz, Komplexitäts-management

Pädagogik5 UE

Elektromotor:ZeitmanagementMethodik & DidaktikDie MaterialienEvaluationSupervision

Schule5 UE

Formale, organisatorische und rechtliche Bedingungen des Systems

Pädagogik5 UE

Solarenergie:ZeitmanagementMethodik & DidaktikDie MaterialienEvaluationSupervision

Praxis5 UE

Wasserstofftechnologie:ZeitmanagementMethodik & DidaktikDie MaterialienEvaluationSupervision

Praxis5 UE

Wahlmodul 1:ZeitmanagementMethodik & DidaktikDie MaterialienEvaluationSupervision

Praxis5 UE

Wahlmodul 2:ZeitmanagementMethodik & DidaktikDie MaterialienEvaluationSupervision

Freitag16:00-20:00

1. Wochenende 2. Wochenende 3. Wochenende

Samstag8:00-12:00

Samstag13:00-17:00

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Peer-to-Peer-Konzepte im Jugendbegleiter-Programm – Ansätze außerschulischer Partner

Page 62: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

P2P braucht Balance zwischen Standardisierung und Selbststeuerung

Wenn P2P nicht nur als Unterstützung eines traditionellen Un-terrichts „zur Entlastung der Lehrenden“ gesehen wird, kommt der Selbststeuerung des Lernens durch die peers, die durch die Lernbegleiterinnen und Lernbegleiter unterstützt und be-gleitet werden, eine hohe Bedeutung zu. Alle Kurse der Tech-nikschule folgen daher dem gleichen Ablauf der drei Phasen entdecken – erleben – erkennen, der allen Beteiligten wohlbe-kannt ist. Der Entwicklung und Beantwortung von Leitfragen zum Kursinhalt in der Phase des Entdeckens wird viel Raum

und Zeit gegeben. Die Beantwortung der Leitfragen führt zur Formulierung und Abstimmung individueller Kursziele durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Erfahrungsgemäß verbes-sert schon die mündliche Formulierung der Lernziele durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer selbst deren Motivation und Zielstrebigkeit deutlich.

P2P ist Brücke zwischen Schule und Lebenswelt

Zur weiteren Verstärkung der Selbststeuerung vom Kursraum in die Lebenswelt der Lernenden werden bestehende Weblog-Angebote weiter in Richtung LernLogs, siehe Abb. 3, entwi-

Kontakt:

Dr. Hermann KlingerEducational EngineeringParadiesweg 2473733 EsslingenE-Mail: [email protected]

ckelt. Dies ermöglicht eine nahtlose Erweiterung der Peer-to-Peer community z. B. auch in die Familie oder den späteren Beruf hinein.

P2P erfordert Kulturwandel

Die wirksame Umsetzung von P2P erfordert sowohl Verände-rungsbereitschaft beim Einzelnen als auch gezielte Organisati-onsentwicklung. Als gleichermaßen hemmend erweist sich das verbreitete Verständnis von P2P als einer Art von Teamarbeit oder als besonders effektives e-learning. Die Erfahrung zeigt, dass die Implementierung von P2P, die in der Wirtschaft als wichtiger Erfolgsfaktor gegen zunehmenden Wettbewerb erkannt und schon viel früher angegangen wurde, zu erheblichen Verän-derungen der Unternehmenskultur führte. Dieser Kulturwandel liegt in weiten Bereichen des Bildungssystems noch vor uns.

Abb. 3: Vom Weblog zum LearnLog

60

Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 63: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Ergebnisbericht des Seminars „Peer-to-Peer-Konzepte im Jugendbegleiter-Programm – Ansätze außerschulischer Partner“

Angelika Vogt

Chorverbände angeführt. Auf Fragen zur Mentoren-Zusammen-setzung führte er aus, dass es sich um Freiwillige handelt, die danach ausgewählt wurden, wie die Schülermentoren-Tätigkeit mit ihrem Stundenplan in Einklang zu bringen ist. Die zu beglei-tenden Hauptschülerinnen und -schüler wurden von ihren Leh-rerinnen und Lehrern für das Projekt ausgewählt. Insgesamt hat das Projekt ein sehr positives Echo hervorgerufen.

Dr. Klinger führte aus, dass das Ziel der Technikschule ist, Lust auf Kompetenz zu wecken. Die Bedeutung einer guten Technik-ausbildung ist angesichts der Kosten, die der Fachkräfteman-gel aufwerfen wird, immens. Dass die MINT-Fächer heute so un-populär sind, liegt nicht an den Inhalten, sondern an deren Ver-mittlung. Als Voraussetzung für erfolgreiches Peer-to-Peer-Learning nennt er 4 zentrale Punkte:

1. Die Jugendlichen kennen sich untereinander.2. Peer-to-Peer-Learning lebt vom selbst gesteuerten Wis-

sensfluss,3. fordert eine funktionierende Infrastruktur und 4. eine gemeinsame Zielvereinbarung.

In der Technikschule wird die „Lust auf Kompetenz“ in drei Phasen geweckt und gefördert:> Phase 1 stellt das Entdecken in den Vordergrund,> Phase 2 das Erleben durch den Bau eines Modells, die

Durchführung eines Versuchs oder eines eigenen Projekts,> Phase 3 das Erkennen von zugrundeliegenden Prinzipien

und Gesetzmäßigkeiten in der Reflexion über das Erlebte und das noch Offene.

Nachhaltigkeit entsteht dadurch, dass die Kinder und Jugend-lichen die selbstgebauten Objekte mitnehmen und zu Hause vorführen und weiter damit experimentieren und forschen kön-nen, um die selbstgestellten offenen Fragen zu beantworten. Als hemmenden Faktor in der Verbreitung der Technikschule nannte Herr Dr. Klinger fehlende Fördermittel zur Finanzierung der Ausbildung von Jugendlichen, die ihrerseits vor Ort aktiv werden könnten. Prinzipiell plädiert er dafür, die Technikschule in baden-württembergischen Raum zu verbreiten und ist für jede Form von Kooperation offen.

Als Peer-to-Peer-Konzepte stellte Herr Dr. Scheiring, PH Lud-wigsburg, sein auf den vorangegangenen Seiten dargelegtes Konzept „Lernen mit Schülermentoren“ vor und Herr Dr. Klin-ger die Arbeitsweise der Technikschule Esslingen.

Das Konzept der Schülermentoren folgt der Idee, dass Gym-nasiasten gemeinsam mit Haupt- oder Werkrealschülerinnen und -schülern lernen und arbeiten. Erprobt wird das Konzept mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Modellen an drei Stand-orten mit verschiedenen Themenausrichtungen. Modell 1 ba-siert auf dem Prinzip „Lernen durch Instruktion“ (Donzdorf: Fächer Mathe, Deutsch), Modell 2 vermittelt „Lernen durch Kooperation“ (Herrenberg: Erlebnis-, Theater-, Medienpäda-gogik) und Modell 3 „Lernen durch Konstruktion“ (Hohenhas-lach: Technik). Schwerpunkt der Ausführungen galt Modell 1, dessen Ergebnisse über das von den Schülerinnen und Schü-lern erstellte Strukturlegebild sowie Schülerbefragung erfasst und ausgewertet wurden. Die Lehrkräfte bewerten die Arbeit als „richtig gut“, bei der Schülerschaft erfahren die Modelle 71 Prozent Zustimmung. Im Moment befindet sich das Konzept am Ende des 1. Durchgangs, ein zweiter (ein Durchgang läuft über ein Schuljahr) ist geplant.

In der sich den Ausführungen anschließenden Diskussion stand zunächst im Mittelpunkt, ob Gymnasiasten als Schülermentoren von Hauptschülerinnen und Hauptschülern nicht einem Lernen auf Augenhöhe im Wege stünden. Für die Modelle 2 und 3 gilt das aber nicht, da hier gemeinsam agiert wird. Eine Teilnehmerin gab ein hervorragendes Beispiel aus der Praxis für gelungenes Lernen durch Instruktion vom Gymnasium gelöst: Förderschü-lerinnen der 7. Klasse bringen Grundschülerinnen der Klasse 3 „Tanz“ bei und erfahren dadurch eine hoch motivierende Bestä-tigung, die sich über den Respekt der „Kleinen“ ausdrückt.

Dr. Scheiring ergänzte, dass Konzepte für die kognitive Un-terstützung im Bereich der Schülermentoren bisher noch fehlen. Die Arbeitsblätter und die zugrunde liegende Didaktik in Modell 1 wurden von begleitenden Lehrkräften erarbeitet, die jederzeit für die Schülermentoren ansprechbar sind. Als weitere Einsatzmög-lichkeiten der Schülermentoren wurden von den Teilnehmerin-nen und Teilnehmern die evangelische Jugend sowie Musik- und

61

Peer-to-Peer-Konzepte im Jugendbegleiter-Programm – Ansätze außerschulischer Partner

Page 64: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Fragen und Antworten

Rund 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen zum Fachtag in die Stuttgarter Liederhalle.

Neben fachlichen Inputs und thematischen Workshops hatten die Teilnehmenden die Möglich-

keit, im Nachgang Fragen an die Referenten zu stellen. Die wichtigsten Fragen und Antworten

dazu sollen an dieser Stelle nochmals rekapituliert werden.

Referent: Jugendbegleiter-Team

Frage: Durch wen oder was werden die Junior-Jugendbegleiter (Schülermentoren) für z. B. Hausaufgabenbetreuung aus-gebildet, wenn der ansässige Kreisjugendring sich nicht verantwortlich fühlt?

Antwort: Sie können für die Qualifizierung Ihrer Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter mit allen interessierten Bildungs-trägern vor Ort zusammenarbeiten und so die Inhalte an die spezifischen Bedürfnisse ihrer Schule anpassen. Ab dem kom-menden Schuljahr können die Schulen dafür bis zu 20 Prozent ihres Grundbudgets einsetzen.

Weitere Informationen speziell zur Ausbildung der Schülermentorinnen und -mentoren finden Sie auch auf dem Kultusportal unter www.kultusportal-bw.de.

Referent: Wolfgang Antes

Frage: 40 Prozent der Mittel fließen an Gymnasien (s. Evaluation 2010/11). Nur ein sehr geringer Teil geht an HS/RS, wo die eher benachteiligten Schüler sind, die eine intensive Förderung nötiger hätten. Gibt es Ziele oder Strategien dieses Ungleichgewicht zu mildern?

Antwort: Das Jugendbegleiter-Programm steht allen Schulen gleichermaßen offen. Zwar sind an Gymnasien 40 Prozent der Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter tätig, ausschlaggebend für die Förderung ist jedoch allein die angebotene Wochenstundenzahl im Jugendbegleiter-Programm. Keine Hauptschule oder Realschule, die eine höhere Wochenstunden-zahl beantragt hat, wurde bisher abgewiesen. Dies wird auch künftig so bleiben.

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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 65: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Referent: Wolfgang Antes

Frage: Wie bzw. woher rekrutiere ich als Schule geeignete Referenten zur Qualifizierung und Fortbildung meiner Jugend-begleiter?

Antwort: Sie können für die Qualifizierung Ihrer Jugendbegleiter mit allen interessierten Bildungsträgern vor Ort zusammen-arbeiten und so die Inhalte an die spezifischen Bedürfnisse Ihrer Schule anpassen. Ab dem kommenden Schuljahr können die Schulen dafür bis zu 20 Prozent ihres Grundbudgets einsetzen.

Darüber hinaus kann die Servicestelle Jugend und Schule Sie bezüglich geeigneter Referenten beraten.

Referent: Herr Droll

Frage: Wie kann man ohnehin durch den Doppeljahrgang überlastete Kolleginnen und Kollegen zur Mitarbeit in den GTS motivieren? Wie wird deren Mitarbeit honoriert?

Anwort: Die Motivation eines Kollegiums entsteht durch die Identifikation mit einer Schulvision. Im Rahmen der Deputats-zuweisungen wird besondere Mitarbeit durch Deputatsentlastungen in beschränktem Umfange honoriert. Dabei wird im Entscheidungsfall manchmal eine größere Lerngruppe im Pflichtunterricht in Kauf genommen, um spezielle pädagogische Programme realisieren zu können. Der Klassenteiler 5-10 wird aber respektiert.

Zentrale Motivation ist die Bestätigung über Erfolge in der Gruppe des Lehrerkollegiums und die positiven Rückmeldungen durch Schülerinnen und Schüler sowie Eltern und das sehr positive Gesamtbild, das die Schule in der Öffentlichkeit genießt. Daraus folgt dann auch eine vielfältige Unterstützung außerschulischer Partner für die Arbeit der Schule.

Beim speziellen Ausbau Klasse 5 und 6 für die offene Ganztagsschule, wie an der Schule des Fragenden beschrieben, würde ich Angebote machen und in der Praxis schauen, was angenommen wird. Nach eigener Erfahrung sind besonders beliebt: Hausaufgabenbetreuung, interne Organisation von Einzelnachhilfe (Oberstufenschüler/-innen), Angebote im Bereich von Musik, Kunst und Sport, teils vernetzt mit entsprechenden Vereinen.

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Fragen und Antworten

Page 66: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Referent: Herr Droll

Frage: Wie gehen Sie mit verhaltensauffälligen Schülerinnen oder Schülern in Ihrer Schule um? Welche Hilfen bieten Sie an?

Antwort: Im Falle von verhaltensauffälligen Schülern gibt es eine Reihe von möglichen Unterstützungen:

1. Klassen- und Fachlehrkräfte versuchen in ihrem jeweiligen Rahmen, so weit wie möglich zu fördern. Dazu zählen Gesprä-che mit dem Schüler oder der Schülerin, Klassenkonferenzen, Gespräch mit Eltern und Hinweise an die Schulleitung sowie andere Institutionen in der Schule mit besonderen Aufgaben.

2. Institutionen mit besonderen Aufgaben, die sich in der Schule um derartige Dinge kümmern, sind:

a. Beratungslehrkräfte. Beratungslehrerinnen und -lehrer können u. a. psychologische Tests durchführen. Sie haben Kontakte zu außerschulischen Institutionen und sind erfahren in der Schülerberatung, auch in der Elternberatung und ggf. auch in der Schullaufbahnberatung.

Die Lehrer arbeiten selbstständig und diskret.

b. Streitschlichter. Über Jahre hinweg wurden Lehrerinnen und Lehrer und folgend auch Oberstufenschülerinnen und -schüler als Streitschlichter ausgebildet, die in konkreten Situationen helfen können.

c. Anti-Mobbing-Programme. Auch hier wurden zunächst Lehrkräfte ausgebildet, die dann, unterstützt von fortgebildeten Oberstufenschülern, helfen können.

d. Im prophylaktischen Bereich u. a. Klassenpaten (Oberstufenschüler/-innen für Unterstufenklassen), PEBI – Formen der Erlebnispädagogik vorzugsweise in Jahrgangsstufe 7. Indirekt gehört das bewusste Anbieten von Lernorten außerhalb der Schule und außerhalb des Fachunterrichts dazu (z. B. Schulgarten, Gestaltung der Schulgeländes, Herstellung des eigenen Schulweins), aber auch im Rahmen der Ganztagsbetreuung Angebote im sportlichen Bereich (z. B. Taekwondo oder Yoga).

e. Aufsuchende Elternarbeit mit einem besonders qualifizierten Pädagogen (ehemaliger Fachabteilungsdirektor, finanziert durch PAB-Mittel).

Der pädagogische Berater erhält in der Regel Aufträge von der Schulleitung. Seine Beratungen sind autark mit dem Schüler bzw. der Schülerin. Er geht auch bei Bedarf zu den Eltern ins Haus und hält Kontakte zu außerschulischen Organisationen.

f. Schulleitung. Die Schulleitung führt sehr viele Gespräche im Zusammenhang mit verhaltensauffälligen Schülern. Hier spielen auch außerschulische Kontakte zu Institutionen eine Rolle. Mögliche Entscheidungen gehen in folgende Richtungen: Angebot für Therapien, Angebot für die Unterbringung in anderen Familien, Hilfen über soziale Einrich-tungen.

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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 67: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Referent: Paul Droll

Frage: Wir möchten unsere Arbeitsgemeinschaften auch für andere Schülerinnen und Schüler aus den umliegenden Grund-schulen öffnen. Diese Grundschulen haben kein Jugendbegleiter-Programm. Wie sieht es hier mit der Versicherung aus? Sind diese Schüler während der AG versichert? Ist der Schulweg zur anderen Schule versichert? Was ist zu tun, damit diese Schülerinnen und Schüler teilnehmen können?

Antwort: Meiner Auffassung nach sind alle genannten Personen Schüler des öffentlichen Schulwesens in Baden-Württem-berg. Diese Schülerinnen und Schüler sind alle grundsätzlich über den Landesunfallversicherungsverband versichert. Dies müsste auch gelten, wenn sie an verschiedenen Schulen Angebote annehmen. Sicherheitshalber kann hierzu jede Rechts-abteilung des zuständigen Regierungspräsidiums Auskunft geben.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass auch die Gruppenleiterinnen und -leiter solcher Angebote über das Jugend-netzwerk als Jugendbegleiter versichert sind.

Am Gymnasium Achern machen wir laufend Angebote, die auch von Jugendlichen anderer Schulen wahrgenommen werden. Wir hatten noch nie Probleme.

Referent: Paul Droll

Frage: Kann eine Schülerin, die noch keine 16 Jahre alt ist, selbstständig eine Handball AG für Grundschülerinnen und -schüler leiten? Die Schülerin ist im Verein tätig und trainiert die Mini-Handballer mit.

Antwort: Nach meiner Kenntnis gibt es keine offizielle Altersgrenze für eine solche Tätigkeit. Man muss wissen, dass grund-sätzlich für alles, was an der Schule geschieht, der Schulleiter bzw. die Schulleiterin verantwortlich ist. Wenn er/sie zu der Überzeugung kommt, dass die Gruppenleiterin die Aufgaben bewältigen kann, kann sie diese Aufgabe leisten. Es sollte aber immer eine zumindest indirekte Begleitung durch eine Fachkraft möglich sein.

Wenn an unserer Schule beispielsweise eine Schülermentorin in Sport eine Lerngruppe hat, so sind in der Sporthalle gleich-zeitig auch andere Gruppen, eine davon immer mindestens mit einem Fachlehrer, Fachlehrerin besetzt.

Die noch nicht 16-jährige Schülerin ist grundsätzlich selber versichert über das Jugendbegleiter-Programm, wenn sie als Jugendbegleiterin arbeitet. Dies entscheidet die Schulleitung. Es sollte den Eltern der teilnehmenden Kinder auch klar sein, unter welchen Konditionen die Veranstaltung stattfindet.

65

Fragen und Antworten

Page 68: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Referent: Sieghard KelleFrage: Wo befindet sich in Stuttgart ein ähnliches Jugendhaus wie in Heidelberg, das mit Schulen (Gymnasien) koope-riert?

Antwort: Ein Beispiel für die vielfältigen Aktivitäten ist das Kinder- und Jugendhaus Vaihingen. Seit mehr als 15 Jahren arbeitet die Einrichtung eng mit den beiden Stadtteilgymnasien zusammen – dem Fanny-Leicht- und dem Hegelgymna-sium.

War anfangs die Zusammenarbeit geprägt durch die Durchführung gemeinsamer Veranstaltungen wie Konzerte, Schul-discos, Stufenpartys und Klassenfeste, steht mittlerweile die Verzahnung von schulischer und außerschulischer Bildung im Focus.

Allein mit dem Hegelgymnasium ließen sich zahllose Kooperationsbeispiele finden – ganz aktuell bereiten beide (unter Mit-wirkung der Universität Stuttgart) das Sommerferien-IT-Camp für Mädchen ab 13 Jahren vor. In naturwissenschaftlichen und technischen Workshops lernen die Gymnasiastinnen von Wissenschaftlerinnen und Studierenden unter anderem, wie man wie man Lügen detektoren lötet oder Roboter zum Sprechen bringt.

Mittlerweile jährlich stattfindend: die Suchtpräventionswoche mit kreativen Workshops im Jugendhaus, in denen die Jugend-lichen sinnvolle Freizeitgestaltung kennenlernen und die Gelegenheit haben, sich mit dem Thema Sucht auseinanderzu-setzen. Beim Projekt „Schüler unterrichten“ bringen Schülerinnen und Schüler mit guten Medienkenntnissen Erwachsenen im Jugendhaus aktuelle Internet- und PC-Kenntnisse bei. Die Schülerinnen und Schüler werden von einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter des Jugendhauses gecoacht.

Auch mit dem Fanny-Leicht Gymnasium organisiert das Jugendhausteam jährliche Suchtpräventionswochen, Feste und Veranstaltungen. Ganz aktuell haben die Gymnasiasten im neuen Druckstudio eigene Logos für T-Shirts entwickelt und für ihre Studienfahrten entsprechende Shirts bedruckt.

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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 69: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Angebote der Jugendstiftung Baden-Württemberg

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Page 70: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Mit Jugendlichen im Gespräch: „Der Qualipass hat bereits eine richtige Tradition“

So kommt es dazu, dass ich in der ersten Schulwoche nach den Weihnachtsferien mit Martin Schall, zwei Schülerinnen und einem ehemaligen Schüler zum Gespräch verabredet bin. Laura und Carolin gehen in die 12. Klasse. Florian war bis vor wenigen Wochen noch ihr Klassenkamerad, hat sich aber ent-schlossen, die Schule zu beenden, und fängt im März eine Ausbildung zum Jugend- und Heimerzieher an. Alle drei nutzen den Qualipass seit Jahren, und in dieser Zeit sind die Mappen kontinuierlich voller geworden. Die drei haben Preise und Bel-obungen, Praktikumsbescheinigungen, Zertifikate für die Tätig-keit als Klassensprecherin, als Leiterin der Basketball-AG, als Schülermentor, über Auslandsaufenthalte, 6 Jahre Schlagzeug-unterricht, die Mitarbeit im Jugendgemeinderat oder den Bau einer Skater-Anlage gesammelt.

Birgit Schiffers

Dieser Satz gilt nicht nur für die Geschwister-

Scholl-Schule in Tübingen, sondern auch für

viele andere Schulen, Jugendeinrichtungen

und Vereine. Seit seiner Einführung Anfang

2002 wurden über 350.000 Qualipässe an Ju-

gendliche herausgegeben. 2010 waren es in

Baden-Württemberg 28.500 Stück, und 2012

feiert die blaue Mappe ihren 10. Geburtstag.

„Der Qualipass hat an unserer Schule bereits eine richtige Tra-dition. Für viele Schülerinnen und Schüler ist er fast genauso wichtig wie das Zeugnis.“ Mit diesen beiden Sätzen des Stell-vertretenden Schulleiters Martin Schall vom Gymnasium des Geschwister-Scholl-Schulverbunds aus Tübingen weckt Christa Hintermair im Oktober 2010 meine Neugier. Frau Hintermair leitet die Jugendagentur Tübingen und ist dort seit 2002 für den Qualipass zuständig. Bei der ersten großen Infoveranstal-tung zum Qualipass Ende 2001 für die Stadt- und Landkreise in Baden-Würt temberg gehörte Frau Hintermair noch zu den Skeptikern. Trotzdem erklärte sie sich damals bereit, die regio-nale Kontaktstelle für den Qualipass im Landkreis Tübingen zu übernehmen. Nach einigen Vorstellungen in Schulen und vor Jugendverbänden gehörte sie schnell zu den großen Verfech-tern der Dokumentenmappe und ist seither mit viel Herzblut in Sachen Qualipass in ihrem Landkreis unterwegs.

ZAHLEN ZUM QUALIPASS 2010:

Ausgegebene Qualipässe 2010: 33.500

Qualipässe 2002 bis 2010: 350.000

Kontaktstellen: 50 Kontaktstellen in 43 Stadt- und Landkreisen

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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 71: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Jugendstiftung: Welches Zertifikat war für euch bisher am wichtigsten?LAURA: Für mich war es das Zertifikat, in dem bestätigt wird, dass ich drei Monate im Ausland war, weil das für mich eine sehr prägende Erfahrung war.CAROLIN: Bei mir war es das Praktikum bei dem Fernsehsen-der. Das war etwas ganz Großes, und ich möchte mich für ei-nen Job im Medienbereich bewerben. Es ist eine gute Voraus-setzung, wenn man da schon so etwas gemacht hat.FLORIAN: Bei der Bewerbung um einen Ausbildungsplatz hat mir vor allem die Mentorenbescheinigung geholfen. Das Zertifi-kat, auf das ich am meisten stolz bin, ist aber das vom Bau der Skater-Anlage. Es hat ungefähr ein Dreivierteljahr gedauert, bis wir die Skater-Anlage fertig hatten. Wir haben bei Sponsoren Geld und Materialien aufgetrieben, und es war viel Arbeit, alles zu schrauben und fertigzumachen. Deshalb bin ich auf diese Urkunde besonders stolz.Ist es euch wichtig, eure Aktivitäten schwarz auf weiß be-scheinigt zu bekommen?LAURA: Ja, ich kenne viele Leute, die weitaus engagiert wa-ren als ich, aber dafür praktisch keine Belege hatten. Ehren-amtliche Arbeit macht man gern, aber es ist schön, wenn man dafür eine schriftliche Bescheinigung bekommt. Und es hilft auch bei der Bewerbung.Lernt ihr euch über die Rückmeldungen im Qualipass bes-ser kennen? CAROLIN: Ja, natürlich. Ich habe mich gerade über die Rück-meldungen bei den Praktika gefreut, wenn da steht, dass man

voll dabei ist und es auffällt, dass man mitdenken will, dass man Spaß daran hat und zuverlässig ist. Manchmal fällt einem das selber ja gar nicht auf. Wenn man aber liest, dass es den anderen auffällt, dann ist das schön.

FLORIAN: Man kann sich mit dem Qualipass auch gut auf Ge-spräche vorbereiten. Wenn zum Beispiel drinsteht „hohe sozi-ale und Kommunikationskompetenz“, dann kannst du das im Bewerbungsgespräch einbringen, wenn du nach deinen Stär-ken gefragt wirst. Genauso kann man auch seine Schwächen herausfinden, wenn man merkt, was habe ich eigentlich nicht in meinem Qualipass. So habe ich das gemacht und mich auf meine Vorstellungsgespräche vorbereitet. Zum Gespräch habe ich dann meinen kompletten Qualipass mitgebracht. Carolin, welche Zertifikate würdest du für eine Bewerbung im Medienbereich aussuchen?CAROLIN: Bei mir ist das so, dass ich in den USA studieren möchte. Also würde ich auf alle Fälle die sozialen Nachweise hineinlegen, meine Mentorentätigkeit, die Arbeit in der Basket-ball-AG, denn soziales Engagement hat in den USA einen sehr

„Wir standen vor drei oder vier Jahren vor der Situation, dass wir viele Schulabgänger hatten, die dann ihr Abschlusszeug-nis bekamen und sagten: ,Ich bewerbe mich und habe nur das Abschlusszeugnis. Ich habe doch während der Schulzeit einiges gemacht. Ich war Skimentor, ich war Klassenmentor, ich habe eine AG betreut, ich habe Lernhilfe gemacht. Können Sie mir das irgendwie bestätigen?‘ Das war am Anfang eine Loseblattsammlung, die halt zusammengeheftet wurde. Wir haben uns dann intensiv umgesehen und sind schnell auf den Qualipass gestoßen und haben vor drei Jahren angefangen, den Qualipass in Klasse 8 einzuführen. D. h. er wird in einer Unterrichtsstunde qualifiziert vorgestellt, und zwar in allen achten Klassen, egal ob Hauptschule, Realschule oder im Gymnasium, die Schüler können Fragen dazu stellen, z. B. wie man ihn verwendet, und haben die Möglichkeit, ihn für den geringen Betrag von 2 Euro zu erwerben. Das tun 95 Prozent der Schüler. Den Eltern wird der Qualipass auf einem Elternabend vorgestellt. Der Begriff Qualipass ist bei uns in der Schule etwas Festes geworden. Auch im Kollegium hat er eine hohe Akzeptanz und ist immer wieder Thema in der Abteilungs-konferenz. Für die Lehrer ist er eine Möglichkeit, das Engagement einzelner Schüler für das Schulleben zu belohnen. Wer sich hier engagiert, verlässt später die Schule mit mehr als nur einem Abschlusszeugnis. Das ist etwas, das immer wichti-ger wird, und wir sind uns bewusst, dass in einem Abitur-, Real- oder Hauptschulabschlusszeugnis einfach vieles nicht erfasst wird, was ein Mensch kann, schon geleistet hat oder wo er Verantwortung übernommen hat. Da nimmt der Quali-pass eine hohe Funktion ein, und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass dadurch bei einer Bewerbung Qualitäten eines Menschen zutage treten, die aus einem Zeugnis nicht lesbar sind. Wir bekommen immer wieder bestätigt, dass jemand einfach Vorteile hat, wenn er mehr einreicht als nur Punkte oder Noten.“

Martin Schall, stellvertretender Schulleiter am Gymnasium der Geschwister-Scholl-Schule in Tübingen

Ehrenamtliche Arbeit macht man gern,

aber es ist schön, wenn man dafür eine

schriftliche Bescheinigung bekommt.

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Mit Jugendlichen im Gespräch: „Der Qualipass hat bereits eine richtige Tradition“

Page 72: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

hohen Stellenwert. Wichtig sind natürlich auch das Englisch-Zertifikat von meinem Auslandsaufenthalt und die Berufsprak-tika beim Fernsehsender und beim Grafikbüro. Florian, bei dir habe ich gesehen, dass du einen Coach im Qualipass eingetragen hast. Wie kam es dazu und wie wichtig ist das für dich? FLORIAN: Das ist der Rainer Boss, der ist bei uns der Schul-sozialpädagoge, der auch die Mentorenaktionen leitet. Da ich schon lange bei den Mentoren war, habe ich mir eine Beschei-nigung als Projektmentor ausstellen lassen. Dabei ist mir auf-gefallen, dass man hinten in der Mappe auch einen Coach ein-tragen lassen kann, und so habe ihn gefragt, ob er das machen würde. Er hat gleich ja gesagt und gemeint, dass die Leute ihn auch gerne anrufen können, wenn noch Fragen zu meiner Per-sönlichkeit oder zu meinen sozialen Kompetenzen auftreten. Bis jetzt haben sich die Leute bei jedem Bewerbungsgespräch seinen Namen aufgeschrieben. Ich habe mit ihm auch bespro-chen, dass ich die Schule beenden und mich für eine Ausbil-dung als Jugend- und Heimerzieher bewerben möchte. Meine Arbeit als Mentor war dabei sehr wichtig für meine Entschei-dung. Er fand das gut, dass ich das mache, und ist deshalb auch als Coach für mich eingetreten.

Kennen eure Eltern den Qualipass und eure eigenen Zer-tifikate?LAURA: Ich habe meiner Mutter bisher alles gezeigt, und sie findet es eine gute Sache. Das war ja freiwillig, und ich habe meine Mutter gefragt, und sie hat sofort gesagt, dass ich mir den Qualipass zulegen soll.CAROLIN: Bei mir war das auch so. Meine Schwester hat über Zertifikate ihren Studienplatz bekommen. Daher wussten wir schon, wie wichtig so etwas ist. Ich zeige auch alles meiner Mutter und frage sie, was ich alles reintun soll.Wie würdet ihr andere Jugendliche für den Qualipass be-geistern?FLORIAN: Ich denke, am besten sind konkrete Beispiele von Leuten, bei denen der Qualipass wirklich etwas geholfen hat, ihnen einen Job verschafft oder viel dazu beigetragen hat. Das ist die beste Werbung.

CAROLIN: Gut sind auch die Zertifikatvorlagen. Als ich zum Beispiel das Praktikum bei dem Fernsehsender gemacht habe, hätten die mir bestimmt etwas ausgestellt. Aber dadurch, dass ich einfach den Qualipass abgegeben habe, wussten die so-fort, auf was es ankommt und was sie eintragen müssen. Glaubt ihr, dass der Qualipass eine Motivation sein könnte, sich sozial zu engagieren? LAURA: Ja bestimmt. Für mich war das schon eine Motivation. FLORIAN: Ich glaube auch, dass das motiviert. Aber das ist eigentlich falsch. Wenn du etwas machst, solltest du es nicht nur machen, damit du später einen Zettel im Qualipass und dann vielleicht bessere Bewerbungschancen hast. CAROLIN: Es kann aber sein, dass man normalerweise nicht auf die Idee kommt. Dann bekommst du mal so ein Blatt, ord-nest das ein und denkst, ich könnte noch mehr machen. Es hat Spaß gemacht und ich bekomme sogar noch eine Belohnung. Du siehst, dass es nicht umsonst ist. Der Qualipass ist super!

Kontakt:

Birgit SchiffersFachbereich BildungsnachweiseE-Mail: [email protected]

Mehr Infos zum Qualipass und die regionalen

Bestelladressen: www.qualipass.info

Dann kannst du das im

Bewerbungsgespräch einbringen, wenn

du nach deinen Stärken gefragt wirst.

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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 73: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Stärken erkennen, Kompetenzen entwickeln, Qualifikationen nachweisen – Neu entwickelte Materialien für die Praxis

Elisabeth Yupanqui Werner/Daniela Jakob

Die Jugendlichen überprüfen systematisch ihre Interessen und arbeiten ihre persönlichen Stärken heraus. Max hat z. B. durch das Fußballspielen im Mittelfeld Teamfähigkeit und Durchhalte-vermögen gelernt, beim Hundeausführen für die ältere Nachba-rin hat er Hilfsbereitschaft und Eigenverantwortung entwickelt und durch das Herumbasteln am Computer hat er seine Medi-enkompetenz und technisches Verständnis ausbauen können.

Er lernt, sich und anderen ein stärkenorientiertes Feedback zu geben und seine Stärken individuell zu benennen. Er stellt seine Stärken kreativ in einer Collage dar oder übt in einem Bewerbungsrollenspiel, seine Stärken der Chefin des Betrie-bes mit konkreten Beispielen darzustellen und zu illustrieren.

Bei der Stärkenarbeit lernt Max auch, wie er aus dem Qua-lipass-Eintrag, den er für sein Engagement bei Mitmachen Ehrensache erhalten hat, seine Stärken herausarbeiten oder wie er seine Medienkompetenz in einem Videoprojekt gezielt

Es war einmal: Max war in der Schule

meistens still, in Mathe war er keine

Leuchte und in Englisch schrieb er

Dreien und Vieren. In seiner Freizeit

spielte er gerne Fußball und führte

manchmal den Hund der Nachbarin

aus, letzten Winter hat er beim Ak-

tionstag von Mitmachen Ehrensache

mitgemacht, sonst saß er viel vor

dem Computer. Wenn Max an seine

Zukunft dachte und was er später

mal beruflich machen wolle, dann

war da ein großes Fragezeichen in

seinem Kopf.

Auf die Frage, welche Stärken er denn habe, zuckte er nur mit den Achseln. Wenn er das nur wüsste …

So geht es vielen Jugendlichen in der 7. oder 8. Klasse vie-ler Schularten. Sie wissen ziemlich gut, was sie nicht können und wo ihre Schwächen liegen, da sie dazu wesentlich mehr Rückmeldungen bekommen als über ihre Stärken und Kom-petenzen.

Die Stärkenarbeit setzt genau hier an. Mit vielen kreativen Materialien und Methoden können Jugendliche wie Max lernen, dass sie durch ihre Hobbys und Interessen Stärken entwickeln, wie sie diese zu Kompetenzen ausbauen können und wie durch den Nachweis darüber im Qualipass Qualifikationen für ihre Be-werbung werden.

Zur Stärkenarbeit gehört das spielerische Kennenlernen ver-schiedener Stärkenbegriffe wie zum Beispiel Reflexions-, Kom-munikations- und Konfliktfähigkeit.

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Stärken erkennen, Kompetenzen entwickeln, Qualifikationen nachweisen – Neu entwickelte Materialien für die Praxis

Page 74: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

ausbauen kann. All diese Erfahrungen und Stärken kann er dann im Stärkentagebuch, in der Stärken-Entwicklungsspirale und im Qualipass dokumentieren. Anhand dieses Stärkenpro-fils, das mit der Zeit immer weiter wächst und sichtbar macht, welche Stärken sich durchziehen, welche neu dazukommen und welche Stärken Max weiterentwickeln konnte, fällt die Ent-scheidung für einen konkreten Ausbildungsberuf viel leichter.

Und auch für den Arbeitgeber sind die dokumentierten Stär-ken eine große Hilfe, denn er kann schnell erkennen, ob sich Max für eine bestimmte Ausbildung eignet, und er sieht, dass Max weiß, was er kann.

Stärkenarbeit kann in der außerschuli schen Jugendarbeit, zu Hause oder in der Schule stattfinden. Dazu braucht es Erwach-sene oder ältere Jugendliche, die gelernt haben, auf Stärken zu achten, und die Methoden kennen, wie sie Jugendliche bei der Entdeckung ihrer Stärken begleiten und diese Stärken wert-schätzend zurückmelden können. Eine bewusste Gestaltung der Rolle als Coach bzw. als Begleitung ist dabei sehr wichtig.

Das Vertrauen der Erwachsenen in die Stärken der Jugend-lichen ist eine wichtige Voraussetzung, damit diese überhaupt sichtbar werden können.

Es geht um eine Grundhaltung, die auf das Gelingende blickt und davon ausgeht, dass jeder Jugendliche Stärken hat und sich sogar hinter Tätigkeiten wie Shoppen und Chillen Stärken verbergen, die es nur herauszufinden gilt. Diese Grundhaltung ist wie der Blick durch eine andere Brille, den die Erwachsenen wie auch die Jugendlichen in der Stärkenarbeit lernen können.

Die Kenntnis der eigenen Stärken unterstützt die Jugend-lichen in ihrer Entwicklung und fördert ihre Eigenständigkeit und die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen.

Aus diesem Grund ist es sinnvoll, über mehrere Jahre die Stärken der Jugendlichen sowohl in der Schule als auch der außerschulischen Jugendbildung herauszuarbeiten und ihnen Herausforderungen und unterschiedliche Engagementfelder anzubieten, in denen sie diese Stärken weiterentwickeln kön-nen. Gelingt es, diese Stärken in einem Profil wie z. B. dem Qualipass oder dem Berufswahlpass systematisch zu doku-mentieren und die Stärken der Jugendlichen in allen Lebens-

bereichen sichtbar zu machen, können Berufswahlentschei-dungen auf einer ganz anderen Basis getroffen werden. Da-rüber hinaus bietet ein Stärkenprofil natürlich auch eine gute Grundlage für die individuelle Förderung, die dann durch die Schule gemeinsam mit außerschulischen Partnern geplant und Schritt für Schritt begleitet werden kann.

Die Jugendlichen bekommen so ein Gefühl dafür, wer sie sind und was sie können. Sie gewinnen Erfahrungen, wie sie sich in die Gemeinschaft und in das Gemeinwesen einbringen können, und fühlen sich als wichtiger und anerkannter Teil der Gesellschaft.

Ich kann mit anderen gemeinsam eine Aufgabe lösen und meine Interessen für das gemeinsame Ziel zurückstellen.

Teamfähigkeit

Ich kann gut mit der Digitalkamera, Videokamera oder dem Handy umgehen.

Medienkompetenz

Ich versuche, bis zum Ende dran­zubleiben, wenn ich mir etwas vorgenommen habe.

DurchhaltevermögenIch arbeite gerne mit anderen in einer Gruppe an einer gemeinsamen Aufgabe und bringe meine Fähigkeiten ein.

In der Gruppenarbeit kann ich gut auf andere eingehen, mache eigene Lösungsvorschläge und suche nach Kompromissen.

Ich bin nicht beleidigt, wenn ich überstimmt werde.

Ich helfe und unterstütze mein Team, damit unsere gemeinsame Aufgabe besser gelingt.

Ich kenne mich in kreativer Bildbear­beitung aus.

Ich habe schon Videos gedreht und geschnitten.

Bei einem Referat oder einer Präsenta­tion kann ich Medien (wie z. B. Compu­ter oder Beamer) gut einsetzen, z. B. in Form einer PowerPoint­Präsentation.

Ich kenne mich gut im Internet aus und weiß, wo ich die Informationen finde, die ich brauche.

Ich schaffe es, beharrlich ein Ziel zu verfolgen und Aufgaben zu beenden.

Wenn es Probleme gibt, stecke ich nicht den Kopf in den Sand, sondern mache weiter.

Ich lasse mich auch von Misserfolgen nicht entmutigen.

Ich gebe nicht auf, sondern beiße mich durch.

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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 75: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Ich kann verschiedene Informationen miteinander in Beziehung setzen und Zusammenhänge erkennen.

Zusammenhänge erkennen

Ich respektiere Vorstellungen und Überzeugungen von anderen, selbst wenn ich sie persönlich merkwürdig finde.

ToleranzIch kann bei einem Test bei verschie­denen Formen, Mustern oder Symbolen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede erkennen.

Ich kann Theorie und Praxis miteinan­der verbinden.

Ich kann Wesentliches von Unwesent­lichem unterscheiden.

Die Jugendstiftung Baden-Württemberg setzt seit vielen Jahren wichtige Akzente in der Berufsorientierung und unterstützt Ju-gendliche beim Übergang von der Schule zum Beruf beispiels-weise mit dem Qualipass oder dem Projekt KommLern. In den letzten drei Jahren sind in diesem Projekt interessante Werk-zeuge wie die Plattform www.job-fit.de, das Brettspiel Job-Champion oder die Videoprojekte Berufbildportraits entstan-den.

Das Stärkenheft „Stärken erkennen, Kompetenzen entwi-ckeln, Qualifikationen nachweisen“, in Kooperation mit dem KJR Esslingen entwickelt, ist nun ein weiterer wichtiger Bau-stein der Jugendstiftung für die frühzeitige Berufsorientierung. Mit 40 abwechslungsreichen Praxismaterialien, interessanten Einführungstexten zur Ressourcenorientierung, zur Arbeit als

Coach und einem Seminarangebot zur Stärkenarbeit vor Ort bietet es die Grundlagen, um in die beschriebene Form der Stärkenarbeit einzusteigen.

Das Stärkenkarten-Set mit 62 Stärkenkarten, die jeweils eine bestimmte Stärke beschreiben und sie einem von vier Kompetenzbereichen (persönlich, sozial, fachlich und metho-disch) zuordnen, sind weitere Instrumente, die das Stärkenheft ergänzen. Mit ihrem jugendgerechten Design und dem hand-lichen Format sind sie vielseitig einsetzbar und haben einen hohen Wiedererkennungswert. Der Einsatz der Karten in der Praxis zeigt immer wieder, dass Jugendliche mit Hilfe der Kar-ten einen guten Zugang zu ihren persönlichen Stärken finden, der ihnen Spaß macht. Im Stärkenheft finden sich viele Anre-gungen, wie mit den Stärkenkarten gearbeitet werden kann.

Kontakt:

Elisabeth Yupanqui WernerFachbereich Bildungsangebote und BildungsnachweiseE-Mail: [email protected]

Daniela JakobFachbereich ProjektförderungE-Mail: [email protected]

Das Stärkenheft und die Stärkenkarten können Sie bei der Jugendstiftung bestellen.

Wenn Sie Interesse haben, sich mit dem Thema Stärken-arbeit konzeptionell oder konkret im Ausprobieren der erarbeite ten Materialien und Methoden intensiver zu beschäftigen, dann können Sie das Seminarangebot der Jugendstiftung nutzen. Wir kommen gerne zu Ihnen vor Ort und konzipieren ein Seminar mit Ihnen für die Ziel-gruppe Ihrer Wahl.

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Stärken erkennen, Kompetenzen entwickeln, Qualifikationen nachweisen – Neu entwickelte Materialien für die Praxis

Page 76: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Mappenweise Engagement – Der Jugendbildungspreis zeigt, was Jugendliche können

Reichweite, Aufbau der Bewerbung sowie die Projektpräsenta-tion. Die Projekte, die sich für den Sonderpreis „Fair und Cou-ragiert“ beworben haben, werden zusätzlich nach den Kriterien Themenbezug und Wirkung in der Öffentlichkeit bewertet.

Viele Unterlagen

Damit die Jury nicht durcheinander kommt, hat jedes Projekt neben dem Projekttitel noch eine fortlaufende Nummer. In ei-ner Übersichtstabelle steht noch eine Kurzbeschreibung von je-dem Projekt – und dann ist da noch der Inhalt der großen Kiste, die der Paketbote angeschleppt hat: Die für die Projekte einge-reichten Unterlagen wurden für jedes Jurymitglied vervielfältigt. In vier Boxen hängen Registermappen, für jedes Projekt eine.

Miriam Kumpf/Miriam Schmid

Miriam Kumpf hat sich als Jurymit-

glied des Jugendbildungspreises ein

Wochenende lang die Bewerbungs-

unterlagen der Projekte ganz genau

angeschaut. „Es war toll zu sehen,

in wie vielen unterschiedlichen Pro-

jekten sich Jugendliche in Baden-

Württemberg engagieren“, findet sie

und ist dankbar für die spannenden

Einblicke. Ein Bericht.

„Ich bringe Ihnen ein ganz großes Geschenk“, kündigt der Paketbote an, während er eine rie-sige Kiste vor meine Wohnungstüre schleppt. „Geschenk ist gut, in dieser Kiste wartet vor al-lem Arbeit“, denke ich und spreche es nicht laut aus, um dem Paketboten seine gute Laune nicht zu verderben.

Inspirierende Arbeit

Ja, in der Kiste steckt Arbeit, schließlich haben sich 2010 rund 120 Projekte für den Jugendbildungspreis beworben. Gleich-zeitig ist es eine Arbeit, auf die ich mich freue: Zu sehen, wie viel und mit welch großem Engagement Jugendliche Dinge auf die Beine stellen, ist toll und gleichzeitig inspirierend.

Während der nächsten drei Tage muss meine Mitbewohne-rin im Storchenschritt durch das Wohnzimmer laufen: Die Be-werbungsunterlagen liegen überall auf dem Boden verstreut, dazwischen ein Zettel für Notizen und der Bewertungsbogen. Um eine faire Bewertung zu gewährleisten, wird jedes Projekt nach den gleichen Kriterien bewertet. Dazu zählen die Betei-ligung der Projektgruppe, Projektidee und Innovationsgehalt,

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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 77: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Ihren Inhalt sichte ich ein Wochenende lang: Projektbeschrei-bungen, Teilnehmerlisten, beteiligte Partner, Videos, Presse-berichte, Fotostrecken, Flyer und Broschüren.

Das Ergebnis ist eine Excel-Tabelle voll mit Zahlen. Mit die-ser im Gepäck geht es zur Jurysitzung nach Stuttgart. Dort werden die Ergebnisse der einzelnen Jurymitglieder verglichen, diskutiert und nochmals Unterlagen gesichtet. Sich auf die Nominierten und Gewinner zu einigen, ist schwierig – schließ-lich gibt es viele tolle Projekte, die einen Preis verdient hätten. Umso mehr freuen meine Jurykollegen und ich uns auf die feierliche Preisverleihung, bei der alle Projekte gewürdigt wer-den, und darauf, die jungen Menschen hinter den Projekten kennenzulernen.

Welche der für den Jugendbildungspreis Baden-Württemberg 2010 eingereichten Projekte sich über einen Preis freuen dürfen, verrät Staatssekretär Georg Wacker am 11. April bei der feier-lichen Preisverleihung im Neuen Schloss Stuttgart. Nominiert dafür sind:

1. HSI-project, www.hsi-tuebingen.de„HSI-project“ ist eine Band der Hauptschule Innenstadt Tübingen. Sie besteht zur-zeit aus elf Schülerinnen und Schülern, die aus sieben Na-tionen kommen. Alle Lieder werden selbst geschrieben und komponiert. Die Jugendlichen setzen sich in ihren Songs zum Beispiel mit Gewalt und Rassis-

mus auseinander, mit der Klimakatas trophe und mit ihren Zu-kunftsängsten. HSI-project hat bereits zahlreiche öffentliche Auftritte hinter sich und sogar schon eine eigene CD produziert.

2. Move it! – Jugendgipfel, www.freiburgxtra.de Jugendliche der Wentzinger Realschule Freiburg organi-sierten den 2. Freiburger Ju-gendgipfel als Aktions- und Bildungstag für mehr als 600 Jugendliche. Das von den Ju-gendlichen selbst gewählte Schwerpunktthema lautete: „Viel-falt der Kulturen“, der Slogan: „Die Welt. Daheim. In Freiburg.“ Ziel war es, die positiven Aspekte kultureller Vielfalt im Alltag von Jugendlichen in den Blick zu nehmen, politisch zu thema-tisieren und kulturelle Begegnungen zu ermöglichen.

3. Come together – das Behindertencafé,www.zinsholz.de„Come together“ ist eine her-vorragende Plattform für alle Behinderten und Nichtbehin-derten, um Vorurteile abzu-bauen und sich besser ken-nenzulernen. Menschen mit und ohne Behinderung organisie-ren das einmal im Monat stattfindende Café gemeinsam. So haben es die Ehrenamtlichen geschafft, Behinderte in den Be-trieb des Zentrums Zinsholz zu integrieren.

4. Menschen mit Rechten?!, www.menschenrechte.jugendnetz.deZeitzeugeninterview mit ei-nem Obdachlosen: Die Ju-gendlichen entwickelten für das Interview mit einem Ob-dachlosen einen Leitfaden, filmten dieses Interview und produzierten eine etwa zehnmi-nütige Filmkurzfassung, die im Internet zu sehen ist. Eine be-gleitende Projektzeitung gibt weitere Einblicke in das Thema.

5. Rückenwind, www.freeyourmind-kehl.deDas kriminalpädagogi sche Projekt „Rückenwind“ ist ein Angebot für Kinder und Ju-gendliche, die mit dem Ge-setz in Konflikt geraten sind. Jugendliche Konfliktmanager

JURYMITGLIEDER:

• MiriamKumpf,JugendpresseBaden-Württemberg

• PaulStritt,LandesschülerbeiratBaden-Württemberg

• ElisabethJohannaHenkel-Waidhofer,Journalistin

• Dr.CarstenRabe,MinisteriumfürKultus,Jugendund Sport Baden-Württemberg

BEWERTUNGSKRITERIEN:

• EngagementderbeteiligtenJugendlichen

• BeteiligungJugendlicherunterschiedlicherHerkunft

• Projektidee:Originalität,BedeutungdesProjektsfürdie Gemeinde, Projektdarstellung

• Sonderpreis:ZusätzlichzudenobengenanntenKriterien wird noch der thematische Bezug zum Sonderthema „Fair und Couragiert“ bewertet.

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Mappenweise Engagement – Der Jugendbildungspreis zeigt, was Jugendliche können

Page 78: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

helfen ihnen, zukünftig nicht mehr straffällig zu werden. Derzeit sind 40 Konfliktmanager tätig, die sich jeweils zu dritt mit ei-nem straffällig in Erscheinung getretenem Kind oder Jugend-lichen auseinandersetzen. Gemeinsam suchen sie z. B. nach einer kreativen Form der Wiedergutmachung.

6. Jugend informiert, www.youth-life-line.deJugend informiert: Jugend-liche informieren Jugendli-che über ein Tabuthema, den Suizid im Jugendalter, klären auf und machen auf Möglich-keiten des Umgangs und der Hilfe aufmerksam. Aus eigener Erfahrung wissen die beteiligten Jugendlichen, dass sie Infos besser annehmen und verstehen können, wenn sie von Gleichaltrigen weitergegeben werden.

7. Jugendausgabe Trott-war, www.jpbw.deDie Jugendausgabe der Trott-war rückt sozial Schwache und Benachteiligte in den Fo-kus. Die Jugendpresse BW und das Stammteam der Trott-war möchten junge Leser zwi-schen 15 und 26 Jahren für Themen am Rande der Gesellschaft interessieren und begeistern. Die begleitende Kampagne über Postkarten, Website und Facebook griff das Titelthema der Zei-tung „Ist das gerecht?“ auf, außerdem wurden an Stuttgarter Schulen dazu Diskussionen veranstaltet.

8. Cool am Computer – junge Tutor/-innen für Senior/-innen (CACTUS), www.ileu.netIn Anlehnung an das Projekt der europäischen Lernpart-nerschaft „Grandparents & Grandchildren“ werden in fünf Modellschulen „Junior Internet-Helfer/-innen“ ausgebildet. Die Idee ist, an die Internetkompetenz der Jugendlichen anzuknüp-fen und sie in Workshops zu fördern. Anschließend bringen die Jugendlichen bisher internetunkundigen Erwachsenen den Um-gang mit Computer und Internet näher, um sie so vor der Aus-grenzung aus der digitalen Welt zu bewahren.

9. Jammin for Justice, www.jamminforjustice.deGegründet wurde das Projekt 2007 von zwei damals 16-jähri-gen Schülerinnen, die dem Weltgeschehen nicht mehr nur zu-

sehen, sondern selbst aktiv werden wollten. Inzwischen ist das Projekt zu einer freien Jugendinitiative geworden und organisiert beispielsweise Benefizkonzerte. Der Erlös wird für gemeinnützige Pro-jekte in Afrika gespendet.

10. CYS – Schülerkalender, www.ju-bib.deSeit drei Jahren entsteht in Biberach bei der Jugendfirma Creative Young Stars ein Schülerkalender von Jugend-lichen für Jugendliche. Er be-gleitet durchs ganze Schul-jahr und gibt vielfältige Anregungen, selbst aktiv zu werden und die Welt ein Stück zu verbessern. 2010/11 steht das Thema Zivilcourage im Mittelpunkt.

Kontakt:

Miriam SchmidFachbereich ProjektförderungE-Mail: [email protected]

Mit dem Jugendbil-dungspreis Baden-Württemberg würdigt das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Würt-temberg das Enga-gement Jugendlicher, Ehren- und Haupt-amtlicher in der au-ßerunterrichtlichen Jugendbildung. Die-sem Bereich kommt in einer sich wan-delnden, vielfältigeren und zugleich stärker vernetzten Gesellschaft zunehmende Bedeutung zu. Eine gute Idee.

Mehr und aktuelle Informationen unter www.engagiert-bw.de, Bewerbungsschluss ist der 15. Oktober 2011.

76

Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

Page 79: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Jugendbefragung im Land – Survey Jugend 2011 in Baden-Württemberg

Miriam Schmid/Wolfgang Antes

tenden Gremien. Aber auch Jugendliche selbst und deren El-tern wollen wissen, was Jugendliche interessiert und bewegt.

Der Jugend-Survey Baden-Württemberg erfasste neben den Basisdaten Jugendlicher zwischen 12 und 18 Jahren die The-menfelder Freundschaft, Geld, Medien, Schule, Freizeit, Enga-gement, Werte und Zukunft.

Dazu wurden sowohl quantitative als auch qualitative Metho-den angewandt. Insgesamt wurden 2413 Jugendliche aus na-hezu allen Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs per Fragebogen befragt. Die erhobene Stichprobe legt die Über-gänge von der Klassenstufe vier der Grundschule auf eine wei-terführende Schulart zugrunde: 25 Prozent der Hauptschüler, 33 Prozent Realschüler, 40 Prozent Gymnasiasten.1 Zusätzlich wurden Schüler einer Sonderschule befragt. Die befragten Ju-gendlichen wurden in drei Altersgruppen aufgeteilt: 12 bis 14, 15 bis 16 und 17 bis 18 Jahre.2 Auf diese Referenzgröße, die in

Die Jugendstiftung Baden-

Württemberg hat gemein-

sam mit dem Landesschüler-

beirat Baden-Württemberg

2413 Jugendliche zu den The-

men Freundschaft, Geld, Me-

dien, Schule, Freizeit, Engage-

ment, Werte und Zukunft be-

fragt. Ziel dieser erstmals in

Baden-Württemberg in dieser

Weise durchgeführten Unter-

suchung ist es, einen ersten

Eindruck davon zu erhalten,

wie Jugendliche für sie wich-

tige Fragestellungen beantworten und be-

werten. Weitergehend soll der Survey Baden-

Württemberg Anhaltspunkte für vertiefende

empirische Untersuchungen und die dabei zu

berücksichtigenden Themenfelder bieten.

Meinungen, Interessen, Wünsche, Aktivitäten und Zukunftsvor-stellungen Jugendlicher sind für engagierte Fachkräfte der Ju-gendbildung innerhalb und außerhalb von Schulen von großem Interesse. Das Gleiche gilt für das Entscheidungsmanagement von Trägern der Jugendbildung, von Verwaltungen und bera-

1 Statistisches Landesamt Baden-Württemberg.2 Statistisches Landesamt Baden-Württemberg.

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Jugendbefragung im Land – Survey Jugend 2011 in Baden-Württemberg

Page 80: Broschüre Jugendbegleiter.Schule.Jugendbildung

Baden-Württemberg einen Umfang von 810.000 Jugendlichen hat, bezog sich die Stichprobe der vorliegenden Untersuchung. Die ausgewerteten Daten für Baden-Württemberg werden je-doch nicht unvermittelt dargestellt. Wo es möglich ist, sind die Ergebnisse vergleichbarer Untersuchungen herangezogen und verglichen worden. Damit wird die Relevanz einzelner Ergeb-nisse in einem größeren Rahmen sichtbar gemacht.

Zudem wurden durch die Jugendstiftung zwölf standardi-sierte Interviews mit Jugendlichen durchgeführt, in denen die Fragestellungen des Surveys vertieft erörtert worden sind. Zitate aus diesen Interviews sind den einzelnen Themenbereichen des Surveys vorangestellt und illustrieren das statistische Material durch „O-Töne“ Jugendlicher.

Der Jugend-Survey Baden-Württemberg ist ein gemeinsames Projekt der Jugendstiftung Baden-Württemberg und des Lan-desschülerbeirats (LSBR), in Zusammenarbeit mit dem Minis-terium für Kultus, Jugend und Sport. Gemeinsam mit Jugend-lichen aus dem Vorstand des LSBR wurden der Fragebogen entwickelt, die Erhebungsmethoden festgelegt und die Durch-führung der Befragung abgestimmt. Der Survey ist damit nicht nur eine statistische Erfassung empirischer Daten, sondern ein Jugendbildungsprojekt. Mit Jugendlichen wurde deshalb eine Seminareinheit erarbeitet, wie die Ergebnisse des Surveys und die dabei angewandten statistischen Verfahren den beteiligten Schulklassen und Jugendgruppen vermittelt werden können. Die bei der Datenerfassung beteiligten Jugendlichen erhalten damit ein direktes Feedback. Die dafür entwickelten Materialien eignen sich gut für die modernen Bildungspläne aller Schul-arten in Baden-Württemberg.

Die Rahmenbedingungen, also das „Setting“ bei den einzel-nen Befragungen vor Ort, waren immer gleich. In einem unge-störten Raum hatten die Jugendlichen bis zu 45 Minuten Zeit, den Fragebogen zu bearbeiten. Für Rückfragen Jugendlicher stand während der Bearbeitungszeit immer eine Person, die mit dem Fragebogen vertraut war, zur Verfügung. In acht Pretests wurde die Struktur der einzelnen Fragen auf Verständlichkeit und Akzeptanz überprüft. Das führte zu Veränderungen einzel-ner Fragestellungen, oftmals zu Zuspitzungen und erläutern-den Hinweisen.

Vier Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschied-lichen Fachbereichen der Jugendbildungsforschung kommen-tieren die Ergebnisse des Surveys. Diese ist seit Juni 2011 als Broschüre sowie online verfügbar.

Kontakt:

Miriam SchmidFachbereich ProjektförderungE-Mail: [email protected]

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Jugendbegleiter. Schule. Jugendbildung.

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GlossarJugendbildung Baden-Württemberg

1. Schule

Ganztagsschulen mit besonderer pädagogischer und sozia-ler Aufgabenstellung

Ganztagsschulen mit besonderer pädagogischer und sozialer Aufgabenstellung können bei Vorliegen der Voraussetzungen an folgenden Schularten eingerichtet werden: Grundschulen, Hauptschulen, Werkrealschulen und Förderschulen in Nach-barschaft zu einer solchen Hauptschule/Werkrealschule. Der Ganztagsschulbetrieb geht an vier Tagen über acht Zeitstun-den täglich.

Dieser Ganztagsschultyp ist voll gebunden (die ganze Schule nimmt am Ganztagsbetrieb teil) oder teilweise gebunden (ein Teil der Schülerinnen und Schüler, beispielsweise ein Zug, nehmen verpflichtend am Ganztagsbetrieb teil). Es kann für die Schule, selbst wenn die Voraussetzungen einer besonde-ren pädagogischen und sozialen Aufgabenstellung vorliegen, auch der Ganztagsbetrieb in offener Form beantragt werden.

Gebundene Ganztagsschule

In der gebundenen Ganztagsschule ist die Teilnahme am Ganz-tagsbetrieb für alle Schülerinnen und Schüler verbindlich. Der Unterricht und andere Angebote sind regelmäßig miteinander verzahnt.

Teilgebundene Ganztagsschule

In der teilgebundenen Ganztagsschule ist das Ganztagsange-bot nur für einen Teil der Schülerinnen und Schüler z. B. ein-zelne Klassenstufen oder ein Zug einer mehrzügigen Schule verbindlich.

Ganztagsschule in offener Angebotsform

Ganztagsschulen in offener Angebotsform können in allen Schularten der allgemein bildenden Schulen (Grundschulen und Sekundarstufe I) eingerichtet werden. Die Ganztagsschule in offener Angebotsform muss einen Ganztagsbetrieb an vier Tagen mit täglich mindestens sieben Zeitstunden gewährleisten. Die Teilnahme ist freiwillig und kann sich auch nur auf drei von vier Tagen beschränken. Aus Gründen der Planungssicherheit ist die Anmeldung der Schülerinnen und Schüler am Ganz-

tagsbetrieb für mindestens ein Schuljahr verbindlich. Abhängig vom örtlichen Bedarf können bestimmte Klassen(-stufen) oder Züge im Ganztagsbetrieb eingerichtet werden.

Rhythmisierung

Die Rhythmisierung des Unterrichts ist vor allem im Zusammen-hang mit der Entwicklung von Halbtagsschulen hin zu Ganz-tagsschulen ein wichtiges Thema. Ganztagsschulen sind mehr als zeitlich ausgedehnte Halbtagsschulen mit Betreuungsele-menten. Die Rhythmisierung beinhaltet eine Neuverteilung des Unterrichts auf den Vor- und Nachmittag (z. B. vormittags nur 5 statt 6 Unterrichtsstunden, längere Pausen) und bietet der Schulleitung die Chance, Unterrichtsstrukturen mit außerun-terrichtlichen Elementen zu kombinieren und damit den Unter-richt besser auf den Biorhythmus der Kinder und Jugendlichen abzustimmen.

Die konkrete Realisierung ist abhängig von den Bedürfnissen und Möglichkeiten der Beteiligten – Schülerinnen und Schüler, Eltern, Lehrkräfte, Jugendbegleiterinnen und Jugendbeglei-ter –, aber auch von ganz praktischen Gesichtspunkten wie der Raumsituation und der Schülerbeförderung.

Schulverpflegung

Je mehr sich die Schulen in Richtung Ganztagsschulen entwi-ckeln, umso mehr gewinnt auch die Schulverpflegung an Be-deutung. Zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Kinder und Jugendlichen über den ganzen Schultag hinweg ist eine kind-gerechte Verpflegung und ausgewogene Ernährung in ange-messenem Rahmen eine wichtige Voraussetzung.

Viele Fragen zu räumlichen, organisatorischen und finanziellen Problemen stellen sich, Patentlösungen gibt es in der Regel nicht. Jede Schule muss für sich einen passenden Weg finden.

Informationen: www.schulverpflegung-bw.de www.dge-bw.de

2. Außerunterrichtliche Bildung

Bildungspartnerschaft

Schulen öffnen sich dem Gemeinwesen. Außerschulische Part-ner kommen an die Schulen. Die Schule ist durch die Ganztags-bildung für Partner attraktiv geworden. Diesen Kooperationen geht die Entwicklung eines Bildungskonzepts voran, das von beiden Seiten getragen und entwickelt wird. Diese Bildungs-partnerschaften sind auf Dauer angelegt, so dass die Schüle-rinnen und Schüler verlässliche Angebote besuchen können.

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Bildungsregionen

Eine Bildungsregion hat das Ziel, die Lern- und Lebenschancen von Kindern und Jugendlichen in einer Region zu verbessern und zu sichern. Sie ist ein aktives Netzwerk an Schule und Bil-dungsfragen beteiligter Partner, die mit gemeinsamen Leitlinien und Zielen eine systematische und bedarfsorientierte Qualitäts-entwicklung im Bereich der Bildungsangebote fördern. Dabei sind eine konstruktive Partnerschaft und ein gemeinsames Ver-antwortungsbewusstsein für die Kinder und Jugendlichen in ei-ner Region sowie ein gemeinsames Verständnis von Bildungs-gerechtigkeit von besonderer Bedeutung.

Das Land Baden-Württemberg unterstützt interessierte Stadt- und Landkreise bei der Einrichtung und Gestaltung einer Bil-dungsregion durch das Impulsprogramm Bildungsregionen.

www.bildungsregionen-bw.de

Außerschulische Lernorte

Für Schülerinnen und Schüler ist es wichtig, den eigenen Klassenraum zu verlassen und andere Lern- und Erfahrungs-räume aufzusuchen. Je nach Zielgruppe, Thema und Lern-ziel sind Lernorte mehr oder weniger geeignet. Prinzipiell bie-tet sich alles außerhalb der Schule an, um den Lern- und Er-fahrungsraum zu erweitern. Ob Museumsbesuche, Ausflüge in den Wald oder der Besuch im Jugendhaus nebenan – wie und wann diese Lernorte gewählt werden, hängt vom Inhalt des Unterrichts ab.

Auch Jugendbegleiter-Angebote können außerhalb der Schule stattfinden. Kurse im Bereich Natur, Musik oder Kunst können beispielsweise in einem Naturschutzgebiet, einer Musikschule oder Kunstschule angeboten werden.

Hausaufgabenbetreuung

Die Hausaufgabenbetreuung an Schulen ist ein staatlich geför-dertes Angebot für Gruppen. Es unterscheidet sich von einem Nachhilfe-Angebot, da keine Eins-zu-Eins-Betreuung stattfin-det, sondern eine Gruppe beim Erledigen der Hausaufgaben betreut wird.

Lernwerkstatt

In einer Lernwerkstatt haben die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, Schule als Lebensraum mitzugestalten. In einer materialreichen Lernumgebung wird den Schülerinnen und Schülern praxisnahes und projektorientiertes Lernen ermög-licht. Durch „learning by doing“ werden die Kinder eigenaktiv tätig und machen ihre Erfahrungen zu bestimmten Themen.

3. Außerunterrichtliche Programme

Jugendbegleiter-Programm

Jugendbildung wird als gesamtgesellschaftliche Aufgabe be-griffen. Mit dem Jugendbegleiter-Programm des Kultusminis-teriums erhalten Schulen die Möglichkeit, ehrenamtlich Enga-gierte aus ihrem Umfeld oder aus Vereinen und Verbänden mit Bildungs- und Betreuungsangeboten in einen rhythmisierten Schulabllauf konzeptionell einzubinden. Die Schule öffnet sich damit für unterschiedliche Lernorte und für gesellschaftliche Gruppen, die zur Vernetzung von Bildungsangeboten beitragen.

www.jugendbegleiter.de

Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter

Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter führen eigenstän-dige Bildungs- und Betreuungsangebote in der Ganztagsbe-treuung in der Primarstufe und Sekundarstufe I der allgemein bildenden Schulen sowie an beruflichen Schulen, die zu ver-gleichbaren Abschlüssen der Sekundarstufe I führen, durch. Das Angebot muss kontinuierlich für ein Schulhalbjahr ange-legt sein. Außerschulische Partner werden mit einbezogen, in dem sie Ehrenamtliche an den Schulen einsetzen.

www.jugendbegleiter.de

Junior-Jugendbegleiter

Schülerinnen und Schüler, die 14 Jahre oder älter sind, können als so genannte Junior-Jugendbegleiter tätig werden. Gymnasi-asten können beispielsweise an Grund,- Haupt- und Realschu-len Hausaufgabenbetreuung übernehmen und jüngere Schüle-rinnen und Schüler beaufsichtigen.

Jugendbegleiter-Koordinator

Schulleitungen, die vor besonderen Herausforderungen beim Aufbau eines Netzwerks Ehrenamtlicher stehen, werden durch einen Jugendbegleiter-Koordinator (ehemals Jugendbegleiter-Manager) entlastet werden.

Das Amt kann von ehrenamtlichen Personen, Elternteilen oder Personen aus Vereinen übernommen werden. Das Aufgaben-spektrum des Jugendbegleiter-Koordinators umfasst u. a. Netzwerkbildung, Gewinnung von Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleitern, Begleitung und Betreuung der Jugendbe-gleiterinnen und Jugendbegleiter, Öffentlichkeitsarbeit, Koor-dinierung und Abwicklung der Aufwandsentschädigung und allgemeine organisatorische Tätigkeiten.

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Multiplikatoren-Netzwerk

Zur Unterstützung von Schulen im Jugendbegleiter-Programm, die bisher wenig Erfahrung mit dem Einsatz von Ehrenamtlichen in der Betreuung haben, besteht ein Multiplikatoren-Netzwerk aus erfahrenen und engagierten Schulleiterinnen und Schul-leitern. Durch das Netzwerk lässt sich Kompetenz und Know-how einzelner Schulen einer Vielzahl anderer Schulen zugäng-lich machen. Die Multiplikatorinnen und Multiplikatoren stellen ihr Wissen strukturiert und kontinuierlich einzelnen Partnerschu-len in ihrem regionalen Umfeld zur Verfügung und unterstützen diese bei der konzeptionellen Arbeit.

Grundbudget

Das Förderbudget für die am Jugendbegleiter-Programm teil-nehmenden Schulen wird ab dem Schuljahr 2011/2012 neu ausgerichtet. Das Grundbudget kann für die Aufwandsentschä-digungen für Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter sowie für die Erstattung von Sachkosten verwendet werden. Ausga-ben für den Jugendbegleiter-Koordinator sowie Kosten für die Qualifizierung der Ehrenamtlichen sind für alle Schulen in das Grundbudget integriert. Jeweils 20 Prozent des Grundbudgets können für Koordination und Qualifizierung einerseits sowie für Sachkosten andererseits verwendet werden.

Kooperationsbudget

Das Kooperationsbudget können Schulen zusätzlich zum Grund-budget beantragen, wenn sie eine schriftliche Kooperationsver-einbarung mit einem außerschulischem gemeinnützigen Verein (i. S. d. §§ 51-68 der Abgabenordnung) haben. Das Kooperati-onsbudget kann ausschließlich für die Aufwandsentschädigung der Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter aus der Koope-ration verwendet werden.

Login-Bereich

Im Login-Bereich zum Jugendbegleiter-Programm können die Schulen ihre Stammdaten aktualisieren, den jährlichen Frage-bogen ausfüllen und die Zwischen- und Endabrechnung be-arbeiten.

www.login.jugendbegleiter.jugendnetz.de

Individuelle Lernbegleitung

Im Jahr 2006 startete das Projekt „Individuelle Lernbegleitung für benachteiligte Jugendliche beim Übergang Schule und Be-ruf“. Ziel ist es, vor Ort ein Netzwerk von bürgerschaftlich enga-

gierten Personen aufzubauen und diese zu schulen. Im Rahmen des Projekts werden Stadt- und Landkreise sowie Jugend-agenturen finanziell unterstützt. Leistungsschwache Schüle-rinnen und Schüler sollen beim Übergang in den Beruf durch Nachhilfe, persönlicher Berufswegeplanung und individueller Begleitung unterstützt und gefördert werden.

Lesepaten

Lesepaten sind ehrenamtlich arbeitende Personen, die Kinder mit besonderem Förderbedarf an Schulen unterstützen, um die Lesefähigkeit und Lesekompetenz zu erhöhen. Sie lesen ent-weder vor, lesen mit den Kindern gemeinsam oder lassen sich von den Schülerinnen und Schülern vorlesen. Lesepaten wer-den häufig von Vereinen an die Schulen vermittelt.

Schülermentorinnen und Schülermentoren

Schülermentorinnen und -mentoren sind ausgebildete Schü-lerinnen und Schüler, die als Mentoren für jüngere Schülerin-nen und Schüler eingesetzt werden. Die Mentoren können in den Bereichen Sport, Musik, Suchtprävention, Medien, Bil-dende Kunst, Verkehrserziehung, Soziale Verantwortung und Natur- und Umweltschutz ausgebildet werden. Seit 1994 gibt es in Baden-Württemberg landesweite Schülermentoren-Kurse. Mittlerweile engagieren sich viele außerschulische Partner und bringen sich auf unterschiedliche Weise mit ein. Schülermen-torinnen und -mentoren können auch als Jugendbegleiterinnen oder Jugendbegleiter tätig sein und jüngere Schülerinnen und Schüler beaufsichtigen und betreuen.

Weitere Informationen unter www.kultusportal-bw.de

Lehrbeauftragten-Programm

Das Lehrbeauftragten-Programm bietet Schulen die Möglich-keit, qualifizierte Personen – so genannte Lehrbeauftragte – in das pädagogische Konzept der Schulen mit einzubeziehen. Die Lehrbeauftragten machen ergänzende Unterrichtsangebote wie Arbeitsgemeinschaften, Förderkurse oder auch Workshops. Die Lehrbeauftragten erhalten für ihre Tätigkeit eine Aufwandsent-schädigung in Höhe von 7 EUR pro Unterrichtsstunde.

Eine Doppelförderung mit anderen Landesmitteln ist ausge-schlossen.

Kooperation Schule – Verein

Seit 1987 existiert in Baden-Württemberg das Kooperations-projekt „Schule – Verein“. Die starke Zusammenarbeit zwischen

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der Schulverwaltung und Sportorganisationen hat zu einer Viel-zahl von Kooperationen zwischen Schulen und Sportvereinen geführt. Die Vereine erhalten den festgelegten Zuschuss vom Land. Die Maßnahmen müssen kontinuierlich über ein Schul-jahr stattfinden.

Flexible Nachmittagsbetreuung/Kommunale Betreuungs-angebote an Ganztagsschulen

Bei der flexiblen Nachmittagsbetreuung an allgemeinbildenden Schulen bzw. den kommunalen Betreuungsangeboten an Ganz-tagsschulen mit besonderer pädagogischer und sozialer Auf-gabenstellung bieten die Kommunen oder auch freie Träger eine bedarfsorientierte Betreuung an.

Die Kommunen und sonstigen Träger können hierfür eine finan-zielle Förderung aus Landesmitteln erhalten (begrenzt auf bis zu 15 Stunden pro Woche).

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Raum für Notizen

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Raum für Notizen

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Postfach 11 6274370 SersheimIm Auftrag des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport