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Die öffentliche Verschwendung 2010

Bund d. Steuerzahler - Schwarzbuch 2010

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Page 1: Bund d. Steuerzahler - Schwarzbuch 2010

Die öffentliche Verschwendung

2010

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38. Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler

Die öffentliche Verschwendung2010

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dies ist die 38. Ausgabe des Schwarz-buchs „Die öffentliche Verschwendung“ des Bundes der Steuerzahler mit einer Beispielsammlung aus unterschiedlichen Bereichen, in denen die öffentliche Hand einen sparsamen und wirtschaftlichen Umgang mit Steuergeld vermissen ließ. Wir dokumentieren zahlreiche Beispiele aus Bund, Ländern und Kommunen, in denen wir die Verschwendung von Steu-ergeld in den unterschiedlichsten For-men und mit den unterschiedlichsten Summen entdeckten. Da geht es u.a. um Fehlplanungen, Kostenexplosionen, Mängel im Beschaffungswesen und Rei-sen auf Steuerzahlerkosten, aber auch um Gedankenlosigkeit beim Umgang mit dem sauer verdienten Geld der Bür-ger. Und schließlich führten auch die Auswüchse der Staatsbürokratie oder die Aussicht auf Fördermittel zu einer massiven Fehlleitung öffentlicher Mittel. Mal geht es um einige hundert - und mal um einige Millionen Euro. Das macht für mich jedoch keinen Unterschied, denn jeder verschwendete Steuereuro ist ein Euro zu viel! Dass es anders gehen kann, zeigen die Projekte der öffentlichen Hand, in denen das Gebot der Sparsamkeit und Wirt-schaftlichkeit beachtet wurde. Die in die-sem Schwarzbuch im Kapitel „Erfolge“ aufgenommenen Beispiele zeigen zudem, dass Verschwendung von Steuergeldern auch verhindert werden konnte. Mit viel Engagement und Beharrlichkeit gehen die Mitarbeiterinnen und Mitar-

beiter der Landesverbände und der Bun-desgeschäftsstelle des Bundes der Steu-erzahler Hinweisen auf einen vermutlich sorglosen Umgang mit Steuergeld nach, prüfen Pläne und Dokumente, reden und korrespondieren mit Behörden und Politikern, um Projekte, bei denen Ver-schwendung droht, zu verhindern. Dass dies immer häufiger gelingt, liegt auch an der Arbeitsweise des BdSt. Selbst wenn ein Verschwendungs“fall“ im Schwarz-buch erschienen ist, lassen wir es damit nicht auf sich beruhen. Wir bleiben dran und verfolgen, wie es weitergegangen ist. Im Kapitel „Nachlese“ sind einige die-ser Fälle aufgegriffen.„Der Bund der Steuerzahler ist eine au-thentische Stimme von Millionen von Bürgern, die zu Recht vom Staat einfor-dern, sorgsam mit den ihm anvertrauten Mitteln umzugehen und die Zukunft des Gemeinwesens zu sichern“ (Bundesfi-nanzminister Dr. Wolfgang Schäuble). Das unterstreicht, wie wichtig das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzah-ler Jahr für Jahr ist. Ich bin sicher, dass auch diese 38. Ausgabe ihre Wirkung nicht verfehlen wird.

Dr. Karl Heinz Däke

Präsident des Bundes der Steuerzahler

Impressum

Herausgegeben vomBund der Steuerzahler Deutschland e. V.

Französische Str. 9-1210117 Berlin

www.steuerzahler.de

Fotos: Austen (1), Bernitz (1), Berg (1), BdSt-S-H. (1), Defeld (1), Ehling (1), Firma mobikon, Berlin (1),

Günther (2), Holznagel (3), Kämpfer (2), Knobloch (1), Mahrle (2), Meierjohann (2), Meyer (1), Pfer-

dekemper (2), Ritch (8), Schweitzer (1), Winkel (1), Wissenschafts- und Kongresszentrum Darmstadt

GmbH & Co.KG (1)

Design: Joachim Holzwww.diegestalten.com

Gesamtherstellung:Bonner Universitäts-Buchdruckerei, Bonn

Stand: September 2010Das Manuskript basiert auf einer

von den Landesverbänden des Bundes der Steuerzahler erstellten

Materialsammlung. Es wurde in der Bundesgeschäftsstelle von Julia Berg bearbeitet.

GeleitwortLiebe Leserin, lieber Leser,

Geleitwort

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nach erfolgtem Umbau im Herbst 2010 mit einem erweiterten Angebot wieder eröffnet zu werden. Das Bad in Oberhof wurde für 17,386 Mio. Euro gebaut und erhielt dazu eine Förderung von 13,334 Mio. Euro. Den Rest trug die Stadt. Am 16.11.1996 wurde die Rennsteigtherme eröffnet und man erhoffte sich 220.000 bis 260.000 Gäste pro Jahr. In den ers-ten Jahren kamen noch genügend Be-sucher, aber im Jahr 2000 waren es nur noch 216.000. Im Umkreis entstanden weitere Freizeitbäder, die Gästezahlen gingen zurück und das Bad in Oberhof erwirtschaftete größere Defizite. Immer wieder half das Land mit Bedarfszu-weisungen und Zuschüssen, um neben der Therme auch die finanziellen Ver-pflichtungen aus dem Thüringer Win-tersportzentrum und der Städtischen Wohnungsgesellschaft zu bedienen. Die

Stadt Oberhof mit jetzt rund 1.500 Ein-wohnern konnte die hohen Fehlbeträge nicht ausgleichen. Die Wirtschaftlichkeit des Bades war schlecht und die Senkung der zu hohen Energie-, Wasser- und Ab-wasserkosten dringend notwendig. Dass ein großes Außenbecken in der Höhen-lage Oberhofs viel Energie verschlingen würde, hätte aber schon beim Bau der Therme den Bauverantwortlichen klar sein müssen. Kostenschätzungen für einen Umbau des Bades erhöhten sich von 6 Mio. Euro netto 2006 bis zu den Planungen 2009 ganz erheblich auf 8,5 bis 13 Mio. Euro, wobei immer noch Betriebskostendefizite verbleiben. Das Thüringer Wirtschaftsministerium hat eine Begutachtung der Vorplanungen für den Umbau der Rennsteigtherme in Auftrag gegeben. Monatlich fallen Kos-ten für die Sicherung und Unterhaltung des Bades von ca. 22.000 Euro für Strom, Gas, Wasser, Bewachung und sonstige Dienstleis tungen an. Der Freistaat zahlt. Da haben die Financiers des Staates seit dem 1.10.2008 schon 528.000 Euro für eine geschlossene Therme gezahlt. Gern erinnern sich die Steuerzahler an die Beruhigungspille eines vormaligen Thüringer Wirtschaftsministers, der 2001 auf die Anfrage eines Oppositions-politikers antwortete: „Vor Bewilligung der Zuwendungen für die Erlebnisbä-der lagen entsprechende kommunal-aufsichtliche Würdigungen vor, in de-nen bestätigt wird, dass die jeweiligen Kommunen in der Lage sind, neben den

Fehlplanungen

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Fehlplanungen

Bund. Auf der neu gebauten ICE-Stre-cke Köln-Frankfurt/Main mussten rund 20 Kilometer lange Lärm- und Wind-schutzwände wieder abgebaut werden. Die Druck- und Soglasten vorbeifah-render ICE’s waren einfach falsch be-rechnet worden. Die Wände drohten zu kippen. Im Streit um die Verantwortung für die Fehlkonstruktion einigte sich die Deutsche Bahn AG mit den Baufirmen außergerichtlich auf neuartige Wand-konstruktionen. In den meisten Fällen wurden neue Betonwände mit mas-siveren Fundamenten 80 Zentimeter weiter vom Gleis entfernt und elastisch gepuffert montiert. Nach jahrelangen Provisorien konnten die Bauarbeiten Mitte 2010 abgeschlossen werden. Was bleibt, sind Gesamtkosten von 73,6 Mio. Euro. Davon tragen der Bund 16,6 Mio. Euro sowie die Bahn AG und die be-teiligten Baufirmen jeweils 28,5 Mio. Euro. Die direkten (16,6 Mio. Euro aus dem Bundeshaushalt) und die indirekten (28,5 Mio. Euro des Staatsunternehmens Bahn AG) Kosten der Beseitigung die-ser Fehlkonstruktionen summieren sich für die Steuerzahler somit auf 45,1 Mio. Euro.

Büdingen. Die Stadt hatte sich mit Er-folg beim Hessischen Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit für die „Familienstadt mit Zukunft“ u. a. mit ei-ner Eislaufbahn aus Kunststoff bewor-ben. Das Ministerium förderte die An-schaffung der umweltfreundlichen und

pflegeleichten Eisbahn mit rund 87.000 Euro. Doch die zusammengesteckten und verschraubten Kunststoffplatten haben einen bedeutenden Nachteil: Sie sind stumpfer, und Läuferinnen und Läufer benötigen einen größeren Kraft-aufwand als auf normalen Eisbahnen. Das hat eine unangenehme Folge: Die Besucher bleiben aus. Dabei wollte die Stadt mit dem Projekt, welches in der Wintersaison 2009/10 im Schwimmbad installiert wurde, sogar Gewinne von mehr als 20.000 Euro erzielen. Doch da im Schnitt nur 20 Personen am Tag kamen und auch die geplanten Ein-nahmen durch Bandenwerbung entfie-len, wurde die Eisbahn schon Anfang März geschlossen, auseinandergebaut und eingelagert. Bei Kosten von 11.700 Euro war es auch nach Ansicht des Ers-ten Stadtrats Manfred Hix richtig, die Reißleine zu ziehen. Doch was tun? Ein privater Betreiber ist anscheinend nicht zu finden. Ein Verkauf der Eisbahn sei nicht möglich, da „man dann wohl keine weiteren Fördergelder vom Lande mehr bekommen würde“. Jetzt wird überlegt, die Eisbahn an einem anderen Stand-ort wieder aufzubauen in der Hoffnung, dass dort mehr Besucher das Angebot nutzen.

Oberhof. Das Erlebnisbad Rennsteig-Thermen Oberhof wurde am 1. Okto-ber 2008 geschlossen. Die Stadt teilte dazu mit, dass der Betrieb der Therme planmäßig eingestellt worden sei, um

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FehlplanungenHier hätte mehr Sorgfalt gut getan

528.000 Euro zahlten die Steuerzahler al-lein für die geschlossene Therme.

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FehlplanungenFehlplanungen

ßenbauer gilt Torf neuerdings als Abfall! Durch diese Neuregelung in der novel-lierten Bodenschutzverordnung des Bundes wird der Weiterbau der neuen Bundesstraße 207 zwischen Lübeck und Ratzeburg um mindestens zwei Jahre verzögert. Ursprünglich sollte diese Straße, für die insgesamt 20 Mio. Euro veranschlagt sind, schon lange dem Verkehr übergeben worden sein. Doch beim Bau stieß man auf noch mehr Torf im Untergrund als ursprünglich vermu-tet. Um einen soliden Untergrund für die Straße zu haben, müssen insgesamt knapp 100.000 Kubikmeter Torf ausgeho-ben und durch tragfähige Kiesschichten ersetzt werden. Während man bei der Planung noch davon ausging, dass der Torf auf landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht werden könne, ist dieses nach der novellierten Bodenschutzver-ordnung nicht mehr möglich. Nicht ein-mal auf einer Deponie darf er endgültig abgelagert werden. Der Torf muss auf ei-ner Fläche ausgebracht, getrocknet und dann behandelt werden. Hierzu ist im Vorwege ein öffentliches Verwertungs-konzept aufzustellen. Der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr schließt nicht einmal aus, dass dieses Verwertungs-konzept ein neues zeitaufwendiges Plan-feststellungsverfahren erfordert. Neben der zeitlichen Verzögerung rechnet man deshalb bei den Straßenbauern mit nicht unerheblichen Mehrkosten. Mindestens werden zahlreiche Verwaltungsmitar-beiter monatelang mit zusätzlichen Auf-

gaben beschäftigt. Selbst wenn sich die Mehrkosten heute noch nicht beziffern lassen, ahnt der Steuerzahler mit Grau-sen, dass es für ihn sehr teuer werden wird. Und die Bürokratie hat sich wieder ein Stück weiter ausgebreitet.

Baden-Baden. Im Schatten des Festspiel-hauses in Baden-Baden liegt ein rund 6.300 Quadratmeter großes Grundstück, das die Stadt bereits im Jahr 1995 käuflich erworben hat. Neben dem Grundstück erwarb die Stadt damit auch die darauf befindlichen Gebäude einer ehemaligen Weinhandlung. Den genauen Preis für den damaligen Kauf wollte uns die Stadt auf Nachfrage nicht mitteilen. Um die Dimension dieses Geschäfts zumindest abschätzen zu können, kann man aber die damaligen Bodenrichtwerte heran-ziehen. Im Jahr 1995 belief sich dieser für vergleichbare Grundstücke auf 730,00 DM pro Quadratmeter, für 6.300 Quadratmeter also rund 2,4 Mio. Euro.Die Stadt teilte mit, dass mit dem Kauf des Areals die städtische Dispositions-masse in diesem Bereich arrondiert sei. Anders ausgedrückt heißt das, dass die Stadt das Grundstück erwarb, um eine zusammenhängende, frei für die Stadt verfügbare Fläche zu besitzen. Denn Areal und Gebäude sieht Baden-Badens Erster Bürgermeister als Arrondie-rungsfläche mit Entwicklungspotenzial, wenn auch ohne konkrete Nutzungsab-sicht. Arrondierung scheint seither auch die einzige Nutzung des Areals zu sein.

Investitionskosten (Eigenanteil) auch die Folgekosten finanziell zu tragen.“ Und jetzt liegt die Hoffnung im Koalitionsver-trag der Regierungsparteien CDU und SPD, die im Oktober 2009 vereinbarten, „die Stadt Oberhof als sportliches und touristisches Zentrum im Thüringer Wald insbesondere durch den Ausbau der touristischen Infrastruktur weiter zu entwickeln“. Hoffentlich können wir uns das (dauerhaft) leisten.

Buxtehude. Eine Sehenswürdigkeit der besonderen Art hat sich die Stadt Bux-tehude gegönnt: Einen 36 Meter langen Schwimmsteg auf der Este. Diese rund 70.000 Euro teure Konstruktion sollte die Malerschulinsel und den Wehdenhof miteinander verbinden. Problematisch nur, dass der Schwimmsteg unter einer Hafenbrücke hindurchführt. Bei Hoch-wasser beträgt der Abstand zwischen dem Ponton und der Brücke weniger als einen Meter, so dass Menschen die Ha-fenbrücke nicht mehr unterqueren kön-nen. Sieht man generös davon ab, dass der Steg aufgrund der Tide einen Teil des Tages nur theoretisch nutzbar wäre, so kommen noch gravierende Sicher-heitsmängel hinzu. Der Schwimmsteg ist unter der Brücke unbeleuchtet und besitzt kein durchlaufendes Geländer. Nur zu leicht könnten deshalb sorglose Nutzer ein unfreiwilliges Bad in der Este nehmen – abhängig von der Tide sogar ein lebensgefährliches. Technisch be-trachtet wäre ein Geländer auch nicht

praktikabel, da es bei Hochwasser gegen die Hafenbrücke stoßen und zer drückt werden würde. Die Folge: Seit der Fer-tigstellung wurde der Ponton nicht freigegeben. Ursprünglich war dies für Mitte Dezember 2009 vorgesehen. Wäh-rend der Bürgermeister im Fernsehen offen von einem Planungsfehler sprach, fühlt sich der Stadtbaurat dagegen kommunikativ nur missverstanden. Der Schwimmsteg sei primär eigentlich gar nicht als Fusswegverbindung, sondern als Teil der dortigen Wassersportanlage gedacht gewesen. Das sieht jedoch der betroffene Buxtehuder Wassersportver-ein anders. Der Verein beklagt, dass der Ponton als Anlege- und Ausstiegsmöglichkeit viel zu hoch gelegen sei. Lediglich große Kanadier und Ruderboote könnten ihn nutzen. Doch auch darauf wusste der Stadtbaurat eine Erwiderung: Der Schwimmsteg wurde bewusst nicht so aufwendig ausgeführt, dass er je-weils auf alle Anforderungen Rücksicht nimmt. Fragt sich nur, inwiefern dann öffentliche Ausgaben von 70.000 Euro gerechtfertigt waren, um einen Ponton zu errichten, den kaum jemand nutzen kann. Darauf weiß jedoch in Buxtehude bis heute niemand eine gescheite Ant-wort.

Kreis Herzogtum Lauenburg. Garten-besitzer kaufen Torf, um ihre Böden anzureichern. Für Landwirte stellt Torf wertvollen Dünger dar. Nur für die Stra-

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FehlplanungenFehlplanungen

mit neuen Programmen auf Steuerzah-lerkosten zu beglücken. Zielgruppe bei „Technikum“ ist der MINT-Nachwuchs. MINT steht für Mathematik-Informatik-Naturwissenschaften-Technik. Und da nach Auffassung des Bildungsministe-riums behördliche Unterstützung bei der Studienwahl unerlässlich ist, steht „Technikum“ nicht allein. „Komm, mach MINT“ heißt zum Beispiel das Motto des nationalen Pakts für mehr Frauen in MINT-Berufen. Diesen Pakt bezuschusst das Bildungsministerium mit weiteren 3 Mio. Euro pro Jahr. Die Steuerzahler begleichen die Rechnung – lebenslang.

Sachsen-Anhalt. „Mit der Fortschreibung des ÖPNV-Planes des Landes Sachsen-Anhalt soll auf der KBS 551 Naum-burg-Zeitz mittelfristig der Betrieb im Schienenpersonennahverkehr (SPNV)

eingestellt werden.“ So ist es u. a. in der Einleitung zum Antrag einer Frak-tion des Landtags von Sachsen-Anhalt vom 10.3.2010 zu lesen. So weit, so gut. Schließlich ist es nichts Ungewöhnliches, wenn das Land wegen mangelnder Aus-lastung den Betrieb einer Bahnstrecke abbestellt. Was dem Steuerzahler dabei aber arg in die Nase fährt ist, dass An-fang der 2000er Jahre die 22 Kilometer lange Strecke umfassend saniert wurde. Das Land allein förderte neben der Deut-schen Bahn dieses Vorhaben mit 800.000 Euro. Schon damals hätte auf dieser Strecke der Betrieb eingestellt werden müssen, war die Auslastung eher dürftig, und dieser Schienen-Personen-Nahver-kehr wurde nur noch von Berufspend-lern genutzt. Vor der Sanierung hatte es offensichtlich keiner für nötig erachtet, überhaupt mal den Bedarf objektiv zu prüfen. Das musste in der Zeit von 2006 bis 2007 nachgeholt werden. Das Ergebnis: Bei 16 Zügen täglich auf dieser Strecke stieg die Nachfrage nie über 200 Reisende pro Tag. Daher soll der Personenverkehr jetzt zum 1. Dezem-ber 2010 abbestellt werden. Dann liegt die schön sanierte Gleisstrecke unge-nutzt da und Rost und Unkraut können sich ihrer bemächtigen. Ob die Strecke künftig ganz stillgelegt wird, entscheidet das Eisenbahnbundesamt nach einem Antrag der DB Netz AG. Viel Geld wäre gespart worden, hätte man schon vor der Sanierung den Bedarf durch Land und Bahn ermittelt.

Die vorhandenen Gebäude rotten seit dem Erwerb vor sich hin, die Dächer sind undicht, die Bausubstanz durch Schädlinge und Brandfälle nachhaltig geschädigt, die elektrotechnischen An-lagen veraltet und die Sanitär anlagen seit geraumer Zeit stillgelegt und nicht mehr betriebsfähig.Kurzum: Eine Sanierung wäre unwirt-schaftlich und damit werden die Ge-bäude ein Fall für die Abrissbirne, die dann auch im Laufe des Jahres laut öf-fentlicher Ausschreibung zu Werke ge-hen soll. 250.000 Euro soll die Räumung des Geländes inklusive Hang sicherung kosten. Damit ist die Stadt dann im Be-sitz eines leeren Grundstücks. Wie das Gelände danach genutzt werden soll, ist aber nach wie vor unklar. Eine Hotelnut-zung war aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich, eine Nutzung als Bau-platz für eine Parkgarage wurde auch verworfen. Nun soll das Gelände vorü-bergehend weiterhin als oberirdischer Park raum genutzt werden. So bleibt immerhin das Entwicklungspotenzial gewahrt, „die Möglichkeit einer künf-tigen baulichen Nutzung und einer wei-teren Entwicklung des Festspielhauses erhalten“, wie die Stadt schreibt. Nichts Neues also seit 1995.

Bund. Jetzt ist die Bundesregierung auch noch für Praktikantenbörsen zuständig! Seit Mai 2009 existiert „Technikum“, eine Internet-Praktikantenbörse. Auftragge-ber ist das Bundesbildungsministerium.

Was „Technikum“ kostet, wollte uns das Ministerium „zu diesem Zeitpunkt“ nicht sagen. Der Bund der Steuerzahler schätzt, dass bislang rund 4 Mio. Euro in das Projekt geflossen sind. Und dann das: Bis Mitte 2010, also nach einem Jahr „Technikum“, sind ganze 18 Prak-tikumsverträge über diese Börse abge-schlossen worden. Trotz bunter Flyer, gebührenfreier Telefonhotline und Han-nover-Messe-Präsenz usw. hatten sich bis dato lediglich 536 Jugendliche und nur 114 Betriebe auf www.technikum.de registriert. Dabei sind die finanziellen Konditionen – dank der Steuergelder im Rücken – durchaus üppig. Für die Bezahlung eines „Technikum“-Prakti-kanten erhalten Betriebe einen Zuschuss von monatlich 350 Euro. Dennoch ist das Interesse der Jugendlichen und der Betriebe an „Technikum“ niederschmet-ternd gering. Das kann nicht überra-schen, denn Praktikumsplätze können längst online gesucht werden – sowohl über www.arbeitsagentur.de als auch über zahllose von privaten Anbietern organisierte Internetbörsen. Es exis-tiert einfach kein ausgeprägter Bedarf an einer neuen, staatlich organisierten Praktikantenbörse. Das Problem ist der ausgeprägte Bedarf in den Ministerien an immer neuen Aktivitäten. Im Bundes-bildungsministerium widmet sich eine ganze Abteilung ausschließlich dem Thema „Lebenslanges Lernen“. Solch ein Thema bietet natürlich zahllose Spiel-wiesen, um alle möglichen Zielgruppen

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Die Praktikantenbörse des BMBF kostete bislang rund 4 Mio. Euro.

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FehlplanungenFehlplanungen

(UVU) nicht behandelt wurden. Auch der örtliche Naturschutzbund Deutsch-land wies auf das Vorhandensein der Krötenpopulation hin und forderte ent-sprechende Schutzmaßnahmen. Die Ge-meinde Süßen als Empfänger der War-nungen des Naturschutzbundes und der Kommunalentwicklung leitete die Hin-weise im Mai 1995 an das Regierungs-präsidium Stuttgart weiter. Dort aber schenkte man den Hinweisen entweder keine Beachtung oder nahm diese nicht ernst, vielleicht versandeten diese dort auch einfach. So oder so, das Ergebnis ist bekannt: In einer Gegend, in der laut Gutachten keine Kröten vorkommen, gibt es tau-sende davon, und die verursachen jetzt die Probleme. Da eine einfache Sperrung zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme der neuen B 10 nicht mehr ausreichen und erhebliche Verkehrsprobleme verursa-chen wird, zudem das Leben und die Ge-sundheit der Kröten und natürlich der Autofahrer geschützt werden müssen, wird jetzt nach einer wirksameren und nachhaltigeren Lösung der Problems ge-sucht. Abhilfe soll die Anlage eines neuen Laichtümpels schaffen. Dieser soll rund 10.000 Euro kosten. Allerdings weiß nie-mand mit Sicherheit, ob die Amphibien den Tümpel auch annehmen, sind Krö-ten doch als ausgesprochen standorttreu bekannt. Weiter erwägt das Regierungs-präsidium Stuttgart zusätzlich zu der Anlage des Laichtümpels dauerhafte Amphibiensperranlagen zu errichten,

damit die Tiere künftig nicht mehr auf die Straße gelangen können. Die Kosten dafür sind noch nicht ermittelt worden. Es ist also zu befürchten, dass das Regie-rungspräsidium jetzt mit viel Geld einen Fehler korrigiert, der nicht hätte passie-ren müssen, wären die Hinweise auf die Kröten seinerzeit bei der Planfeststel-lung ernst genommen oder überhaupt beachtet worden. Übrigens, im Herbst werden die Kröten wieder von ihrem an-gestammten Laichgewässer zurückkeh-ren und dabei wieder die B 10 passieren. Autofahrer sollten sich also wieder vor-sorglich auf Umwege einstellen.

Potsdam. Das nach dem Krieg ge-sprengte Potsdamer Stadtschloss soll mit historischer Fassade wieder aufge-baut und vom Land Brandenburg über 30 Jahre als Sitz des Landtages angemie-tet werden. Kritikwürdig sind die ver-gleichsweise hohen Baukosten für den Neubau, die Überschreitung der vom Land erlassenen Raum- und Flächen-norm für Landesbauten sowie die Er-richtung einer außerhalb des Gebäudes liegenden beheizbaren Rampe zur Tief-garage unterhalb des Landtagsneubaus. Insgesamt wären Einsparungen von bis zu 34,9 Mio. Euro möglich. Bei Einhal-tung der Raum- und Flächennorm für Landesbauten würden 1.700 Quadrat-meter Fläche nicht benötigt, was bei für vergleichbare Neubauten anfallenden Kosten von 5.000 Euro je Quadratmeter zu Einsparungen von 8,5 Mio. Euro füh-

Friedrichshafen. Üblicherweise ist mit dem Kauf einer Immobilie eine Absicht verbunden. Aber anscheinend nicht so in Friedrichshafen. Dort erwarb die Stadt im Jahr 2000 für rund 530.000 Euro ein Wohnhaus mit Garage und einer Gesamtfläche von 1.600 m². Der Haken dabei: Seit dem Kauf vor zehn Jahren steht das Haus leer und rottet vor sich hin. Womit sich sein Zustand nicht we-sentlich geändert hat: Denn bereits vor dem Ankauf durch die Stadt war das Haus lange Zeit unbewohnt. Ein Käufer fand sich nicht. Bis eben im Jahr 2000 die Stadt sich das Grundstück samt Ge-bäude „sicherte“. Der Oberbürgermei-ster, der damals noch nicht im Amt war, führt dazu aus, dass in den ersten Jahren nach Erwerb durch die Stadt tatsäch-lich noch keine konkrete Anschlussnut-zung für das Grundstück bestand. Die Stadtverwaltung zog damals sowohl den Abriss als auch eine Totalsanierung in Betracht. Eine unmittelbare Nutzung des Gebäudes hingegen stand konkret nicht zur Diskussion. Und da auch Häu-ser nicht jünger werden, scheiden nach den langen Jahren des Leerstands mitt-lerweile sowohl Renovierung als auch Sanierung des Gebäudes für die Stadt selbst aus. Bleibt als einzige Option wohl nur noch der Abriss. Immerhin hat sich die Stadt nun eine Deadline gesetzt. Am 30.10.2010 soll endlich eine Entschei-dung über das Schicksal von Haus und Grundstück getroffen werden. Und viel-leicht macht man sich wieder einmal da-

ran, zumindest für das Grundstück einen Käufer zu finden. Nach immerhin fast zwanzig Jahren.

Baden-Württemberg. Im März dieses Jahres musste die Polizei ein neues Teil-stück der Bundesstraße 10 zwischen Eislingen-Ost und Süßen mehrfach sperren: Tausende von Kröten waren auf dem Weg zu ihrem Laichtümpel. Da auf dem neuen Teilstück das Verkehrsauf-kommen noch relativ gering ist, führte die Sperrung zu keinen größeren Pro-blemen. Das wird sich allerdings bald ändern, denn ab Frühjahr 2011, wenn die Bauarbeiten an einem weiteren Teil-stück der B 10 fertiggestellt sein werden, wird der gesamte Verkehr über die neue B 10 rollen und das Verkehrsaufkommen voraussichtlich deutlich steigen. Das Re-gierungspräsidium Stuttgart, das für die Planungen der Straße verantwortlich zeichnet, war sichtlich überrascht von der Kröteninvasion, sollte es doch dort eigentlich gar keine Krötenpopulation geben. So zumindest die Aussage eines faunistischen Gutachtens aus dem Jahr 1996, das im Rahmen des Planfeststel-lungsverfahrens erstellt wurde. Seltsam nur, dass die Kommunalentwicklung Baden-Württemberg GmbH bereits ein Jahr zuvor, also im Vorfeld der Erstellung des Gutachtens, im Rahmen der „Plan-feststellung Süßen B 10/B 466/K 1404“ auf Amphibienwanderungen hinwies und zugleich monierte, dass diese bei Umweltverträglichkeitsuntersuchungen

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FehlplanungenFehlplanungen

Fahrstuhl B garantieren wird. Das ge-plante luxuriöse Beleuchtungskonzept sowie die Tunnel-Ausschmückung mit Kunstwerken wirken im Übrigen als Kos tentreiber. Auch wenn eine Brücke planerisch aufwendig gewesen wäre, wäre sie die Steuerzahler allemal gün-stiger gekommen als der jetzige Tunnel, der rund 94.000 Euro pro laufenden Me-ter kostet.

Sachsen-Anhalt. Die neue West-Ost-Ver-kehrsverbindung mit dem Namen B 6n ist von großer Bedeutung. Sie verbindet die A 395 in Niedersachsen mit der A 14 in Sachsen-Anhalt. Die sogenannte Nordharz-Autobahn wurde seit 1997 in mehreren Teilabschnitten gebaut. 2002 erfolgte die Freigabe des ersten Ab-schnitts von Wernigerode bis zur Lan-desgrenze Niedersachsen. Dieser und der Nordabschnitt bei Aschersleben aber wurden vorzeitig, nämlich etwa sieben Jahres nach ihrer Fertigstellung, zum Sanierungsfall, während eine zehn Kilometer lange Teststrecke in einer neuen Bauweise mit Kompaktasphalt bei Quedlinburg den bisherigen „Test“ sehr gut besteht. Normalerweise halten derartige Autostraßen 10 bis 15 Jahre. Doch für diese beiden Abschnitte musste 2009 der Bund 13 Mio. Euro schon an Sanierungskosten aufbringen, mit denen manche Ortsumgehung finanzierbar ge-wesen wäre.Alle Kritiken und Beschwerden von Bür-gern, Abgeordneten aus Kommunen

bis hin zu Bundestagsabgeordneten, dass nach so kurzer Zeit erneut so viele Steuergelder eingesetzt wurden, wies das Bauministerium erst einmal zurück und begründete die Schäden mit einer „Abnutzung durch hohes Verkehrsauf-kommen“. Das leuchtete den Laien nicht ganz ein, traten doch die Schäden ko-mischerweise eben nur in bestimmten Abschnitten auf, die nicht mehr als an-dere belastet waren. Es bedurfte erst ei-ner anonymen Anzeige und des Drucks der Öffentlichkeit, bis sich das Landes-bauministerium zu einer gründlichen Ursachenforschung bequemte. Ein Gut-achter vertrat die Auffassung, dass es an zu hohlraumreichen Deckschichten und am verwendeten Asphaltgemisch gelegen habe, das in den Trag- und Bin-derschichten mit wiederverwendetem Alt-Asphalt aus Abfräsungen anderer Straßen versetzt worden war. Das hätte zum vorzeitigen Verschleiß geführt. Die Anforderungen an den Hohlraumgehalt von Deck- und Binderschichten wurden inzwischen bundesweit bzw. auf Lan-desebene reduziert. Es sei nicht auszu-schließen, dass auf weiteren Abschnitten zukünftig dieses Schadensbild ebenfalls auftreten und damit weitere Kosten für Sanierung anfallen könnten. Diese wä-ren bei den ersten beiden Abschnitten sicher nicht so hoch ausgefallen, hätten verantwortliche Mitarbeiter des Landes-baubetriebs nicht die mögliche Gewähr-leistungspflicht verstreichen lassen, um bereits erste Schäden auf diesem Wege

ren würde. Bei Verzicht auf die wegen der 15-prozentigen Steigung im Winter zu beheizenden Rampe und Planung der Zufahrt zur Tiefgarage über die im histo-rischen Baukörper in den Seitenflügeln des Schlosses ehemals existierenden Tordurchfahrten sind Einsparungen von weiteren 1,4 Mio. Euro möglich. Bei Ansatz der Kosten, wie sie für vergleich-bare Neubauten anfallen (5.000 Euro je Quadratmeter anstelle der sich aus der Planung ergebenden Kosten von 6.667 Euro je Quadratmeter), ließen sich bei der Nutzfläche von 15.000 Quadratme-tern weitere 25 Mio. Euro einsparen.

Bund. Unweit des Reichstages lässt die Bundestagsverwaltung derzeit für 41,5 Mio. Euro aufwendig alte Verwaltungs-gebäude an der Ecke Wilhelm-/Doro-theenstraße sanieren, um mehr Raum für Abgeordnete und Mitarbeiter zu schaffen. Damit diese und ihre Akten stets trocken das auf der Wilhelmstraße gegenüberliegende Jakob-Kaiser-Haus erreichen können, stellte sich die Frage,

wie beide Verwaltungsgebäude zu ver-binden seien. Eine sinnvolle Lösung wäre eine überdachte Fußgängerbrü-cke, wie es zwei von ihnen in rund 100 Metern Entfernung bereits gibt. Für diese erhielt der Bundestag seitens des Berliner Senats vor Jahren grünes Licht. Doch diesmal sperrte sich die Stadt. Auf einer Planungsbesprechung verwei-gerten Senat und örtliches Bezirksamt auf Anfrage des bauausführenden Bun-desamtes für Bauwesen und Raumord-nung mündlich eine Brückenlösung. Lapidare Begründung: Die Stadtplaner sahen die durchgehende Sichtachse der Wilhelmstraße gestört. Fixiert sind Anfrage und Ablehnung lediglich im Besprechungsprotokoll, einen separa-ten Schriftverkehr hierzu gibt es nicht. Das Bundesamt war damit gezwungen, einen Tunnelbau zu verfolgen. Derzeit wird dieser in acht Meter Tiefe mit rund 80 Metern Länge erstellt. 7,5 Mio. Euro wird der Tunnel kosten, der den Abgeordneten eine Unterquerung der Wilhelmstraße von Fahrstuhl A nach

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Anstelle einer solchen günstigen Fußgängerbrücke wird hier nun ein Tunnel gebaut.

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Es lebe der SportFehlplanungen

Lübeck. Auch städtische Millionen konnten den VfB Lübeck nicht vor der Insolvenz retten. Jetzt ist das Geld für den Steuerzahler verloren. Der Traditi-onsverein von 1919 gehört mit seinen über 800 Mitgliedern zu den wichtigsten Sportvereinen der Hansestadt Lübeck. Im Badminton, Tischtennis und insbe-sondere im Fußball kann man auf be-achtliche sportliche Erfolge zurückbli-cken. Doch gerade den zwischenzeit-lichen Ausflug in die 2. Fußballbundes-liga mit anschließendem Abstieg bis in die Regionalliga hat der Verein finanziell nicht verkraftet. Im April 2008 musste deswegen das Insolvenzverfahren er-öffnet werden. Insgesamt 81 Gläubiger hatten Gesamtforderungen von gut 2,8 Mio. Euro gegen den Verein. Hauptgläu-biger war die Hansestadt, der finanziell selbst das Wasser bis zum Halse steht. Die Forderungen beliefen sich auf über 1,3 Mio. Euro. Haupttitel war ein Darle-hen in Höhe von einer Million Euro für den Neubau der Haupttribüne des Sta-dions an der Lohmühle. Diese war Be-standteil der hochtrabenden Profipläne an der Trave. Das Darlehen wurde nie getilgt. Hinzu kamen Zinsen, nicht ge-zahlte Sportstättengebühren, Kosten für das Flutlicht, Gewerbe- und Grundsteu-ern sowie Straßenreinigungsgebühren. Im Februar 2010 kam für den Verein die Rettung: Banken und Gläubiger einigten sich auf einen Insolvenzplan. Damit kann der Sportbetrieb weitergehen. Die Stadt kann gerade mal 49.000 Euro, aufgeteilt

in vier Raten, bis 2012 aus dem Insol-venzplan erwarten. Der Rest ist für den Steuerzahler verloren – verpulvert für erfolglosen Profisport: Ein klassisches Eigentor!

Bördekreis. Wer den Ort Calvörde sucht und nicht weiß, wo er liegt, schaut ins Internet. Dort steht: „Der Flecken Cal-vörde liegt am Mittellandkanal mit einem derzeit nicht betriebenen Um-schlaghafen und einer aktiv genutzten Schiffsanlegestelle.“Für die wenigen sechs Sportbootfreunde im Ort reicht die sicher auch aus. Doch Calvörde will hoch hinaus und den An-schluss an die „Tourismuswelt“ nicht verpassen. Seit 2002 Mitglied im Blauen Band, will sie den Wassertourismus mit dem Bau eines Sportboothafens fördern. So beschloss es der Gemeinderat, dem natürlich auch der Vorsitzende des ört-lichen Wassersportvereins angehört.Rund 670.000 kostet der Bau. Doch so viel Geld hat die Gemeinde natürlich nicht übrig. Zehn Prozent brachte sie auf, die restlichen 90 Prozent der Kos-ten werden über die Investitionsbank Sachsen-Anhalt finanziell gefördert.Aber selbst der Eigenanteil von 67.000 Euro für dieses Vorhaben schien einigen Einwohnern zu viel, die auf Wichtigeres, wie Fußwege und dergleichen, verwie-sen. Sie aber wurden nicht erhört, ob-wohl nur 18 Kilometer entfernt in Hal-densleben ein exquisiter Sportboothafen für den Wassertourismus existiert.

beseitigen zu lassen. Das brachte ih-nen disziplinarische Maßnahmen ein, schätzte man im Bauministerium den allein dadurch entstandenen finanziellen Verlust auf 1,5 Mio. Euro ein. Doch nicht alles geht auf ihr Konto. Weitere Ge-währleistungsansprüche werden nicht mehr durchsetzbar sein, weil der ver-eidigte Gutachter auch feststellte, dass die anfälligen „Asphaltmischungen“ und fragwürdige Zuschlagstoffe den zum Bauzeitpunkt gültigen technischen Vor-schriften entsprachen. Ob Pfusch oder nicht Pfusch, das ist eigentlich nicht mehr die Frage. Denn für den Steuer-zahler ist das letztendlich egal. Er muss die ganze Chose bezahlen.

Hamburg. In Hamburg ist Wohnraum knapp und ein sozialer Wohnungsbau findet seit Jahren kaum statt. Bei der Un-terbringung von Hartz-IV-Empfängern ist die Stadt daher auf private Anbieter angewiesen. Doch der Immobilienmarkt treibt in der Hansestadt Blüten, für die der Steuerzahler gerade stehen muss: So stellten einige Hartz-IV-Mieter fest, dass ihre Wohnungen im Mietvertrag wesent-lich größer angeben wurden als sie tat-sächlich waren, zum Teil wurden sie als doppelt so groß angegeben. Anstatt den Hinweisen nachzugehen und der Ver-schwendung von Steuergeld Einhalt zu gebieten, erklärte das zuständige team.arbeit.hamburg (ARGE) den Mietern jahrelang, dass rechtlich nichts zu ma-chen sei, weil zulässige Höchstgrenzen

bei der Miethöhe eingehalten werden.Solche Fälle wurden bereits im Jahr 2002 aufgedeckt und unter anderem vom Bund der Steuerzahler kritisiert. Doch die städtische Verwaltung hat nichts verändert – mit teuren Folgen: In bislang 107 recherchierten Fällen wur-den jahrelang stark überhöhte Mieten gezahlt. Aufgrund der Verjährungsfrist können davon jedoch nur allenfalls rund 500.000 Euro zurückgefordert werden. Das ganze Ausmaß des Schadens wird zurzeit von der Staatsanwaltschaft Ham-burg ermittelt. Das Verhalten der Ham-burger Sozialbehörde und der zustän-digen ARGE wirft die Frage auf, ob sich die Stadt der Begünstigung zum Betrug schuldig gemacht haben könnte. Eine Antwort darauf wird die Staatsanwalt-schaft finden.

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Es lebe der SportVerschwendung im Namen der Volksgesundheit

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Es lebe der SportEs lebe der Sport

Nähe zum Fußballstadion einen bis-herigen Hartplatz flächendeckend mit teurem Kunstrasen. Der Innenminister trat persönlich an, um den Fördermit-telbescheid des Landes zu überreichen. Hierbei entpuppte sich abermals ein Mitglied der Landesregierung als über-teuerter Postbote. Die Gesamtkosten für den Bau der Kunstrasenanlage sum-mieren sich auf rund eine Million Euro. Doch das Ursprungsproblem ist damit nicht gelöst. Vielmehr steht das große Bergener Fußballstadion weiterhin un-ter Wasser und auch der Steuerzahler musste sich zweimal teuer in den Regen stellen lassen.

Duisburg. 2005 gab die Stadt Duis-burg den Startschuss zum Bau einer einzigartigen, computergesteuerten Kameraschienenbahn, die „packende Livebilder“ von Kanurennen liefern so-wie eine exakte Analyse von Training und Wettkampf der Kanuten möglich machen sollte und die es so weltweit noch nirgends gab. 2006 wurde die-ser Prototyp längs der Uferböschung an der Regattastrecke im Duisburger Sportpark Wedau gebaut. Zuvor wa-ren Rennen immer von einem Übertra-gungswagen der Fernsehanstalten aus gefilmt worden. An den Kosten für die parallele Kamerabegleitung hatten sich auch Bund und Land mit jeweils 500.000 Euro beteiligt. Erstmalig sollte die Ka-meraschienenbahn bei der Weltmeis-terschaft der Kanuten im August 2007

Bilder liefern. Doch die verwackelten und unscharfen Aufnahmen waren we-der für die Trainingsanalyse noch für die Fernseh übertragung ausreichend. Und bis heute funktioniert die neue Techno-logie nicht. Von den 1,7 Mio. Euro Ge-samtkosten sind schon 1,2 Mio. Euro an das ausführende Unternehmen ge-zahlt worden. Nun streitet sich die Stadt Duisburg mit diesem Unternehmen, wer die Kosten für die Nachbesserung der Bahn tragen muss. Nach Berich-ten der Presse hatte die ausführende Firma für Nachbesserungen als erste Abschlagszahlung 350.000 Euro von der Stadt verlangt. Die Stadt behauptet jedoch, sie habe die Trainingsanalyse-strecke technisch nie abgenommen. Die Herstellerfirma sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die abgelie-ferte Leistung wegen wesentlicher Män-gel nicht abgenommen werden kann. Doch warum wurde dann ein Großteil des Geldes bereits gezahlt? Und warum wurde die Kameraschienenbahn bei der Weltmeisterschaft 2007 eingesetzt, wenn sie technisch nicht abgenommen war? Auf diese Fragen gab die Stadt Duis burg dem Bund der Steuerzahler bis heute keine Antwort. Die Anlage wird derweil ein Opfer der Witterung. Rost und Grünpflanzen breiten sich dort aus. Doch der Bund der Steuerzahler er-wartet den Ausgang des Rechtsstreites mit Spannung und wird dafür sorgen, dass über die Kameraschienenbahn so schnell kein Gras wächst.

Trotz einer Verschuldung von 2.432 Euro je Einwohner leistet sich die Gemeinde diese Einrichtung. Sie soll vom ört-lichen Verein „Wassersportler Flecken Calvörde“ e.V. betrieben werden. Kurios dabei ist – und darauf legt die Gemeinde großen Wert –, dass der Hafen nicht zur Eigennutzung des betreibenden Vereins errichtet wird. Wie lange er die Betriebskosten aber schultern kann, ist zwar nicht abzusehen, aber möglicher-weise hilft die verschuldete Gemeinde hier mit entsprechender Sportförde-rung. Schließlich soll doch der Wasser-tourismus angekurbelt werden.Den hohen Aufwand dafür begleicht der Steuerzahler. Ein Grund, Geld auszuge-ben, das einem nicht gehört, findet sich eben immer.

Bergen auf Rügen. Doppelter Flop für die Steuerzahler. Die Stadt Bergen auf Rügen ließ ihr Fußballstadion vor weni-gen Jahren für rund 2 Mio. Euro sanie-ren und auf Vordermann bringen. Doch wenig später stand der darauf spielende VfL Bergen im Nassen. Das Problem: Bei heftigen Regenfällen standen einige Bereiche des Rasenplatzes derart unter Wasser, dass die Bespielbarkeit nicht

mehr gegeben war. Daraufhin sollte eine ausgefallene Idee für Abhilfe sorgen. Re-genwürmer mussten her und das Chaos beseitigen! Im Sommer 2009 wurde eine niederländische Spezialfirma beauf-tragt, 200.000 eigens gezüchtete Regen-würmer namens Dutch Nightcrawler auf dem Spielfeld auszusetzen, die dann den Boden von innen auflockern und durch-lüften sollten. Dadurch, so die Hoffnung der Verwaltung, könne das Regenwas-ser besser abfließen. Doch die Wurmkur ging nach hinten los, wie sich im Früh-jahr 2010 zeigte. Anstatt unterirdisch den Boden zu beackern, tummelten sich die Würmer lieber an der Oberfläche und produzierten dabei tausende kleine Häufchen, die die Spielplatzpflege er-heblich erschwerten und sich zudem als Stätten für Schimmel- und Pilzbewuchs erwiesen. Kurzum: Die Platzqualität ging noch weiter zurück. Der Steuerzahler bekam dennoch die Rechnung für das Regenwurmheer über 7.036,53 Euro. Aber damit nicht genug. Anstatt das Grundproblem endlich zu lösen, setzte die Stadt auf eine völlig neue Alterna-tive. Gefördert über kreditfinanzierte Gelder aus dem Konjunkturpaket des Bundes überzog die Stadt in direkter

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Selbst 200.000 Regenwürmer für rd. 7.000 Euro konnten den Rasen nicht retten.

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Es lebe der SportEs lebe der Sport

ging man von einer Kostenschätzung in Höhe von 12,5 Mio. Euro aus. Um aber für das anschließende Wettbewerbsver-fahren den finanziellen Rahmen nicht von vornherein zu hoch zu spannen, hat man anfangs nur illusorische 9,4 Mio. Euro gleichsam als Ausgangslage ange-setzt. Dies sei nach Angaben des Ober-bürgermeisters der Stadt Coburg da-mals sinnvoll gewesen, um von vornhe-rein etwaige politische Begehrlichkeiten in Bezug auf Qualität und Standard aus Kostengründen einzudämmen. Im September 2009 hat dann der Stadtrat beschlossen, den Zuschlag für den Hal-lenbau zu erteilen, und zwar zu einem Festpreis inklusive Ausstattung in Höhe von satten 15,36 Mio. Euro. Hinzukom-men werden jährlich noch rd. 375.000 Euro Betriebskosten für das technische Gebäudemanagement, Energie- und Personalkosten.Offenbar wegen einer politischen Ausei-nandersetzung zwischen Befürwortern und Gegnern der Halle hat der Coburger Stadtrat beschlossen, den Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband mit

einer Prüfung des Vorgangs zu beauf-tragen. Das Prüfungsergebnis lag zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses für das Schwarzbuch des Bundes der Steu-erzahler allerdings noch nicht vor.Wenn auch – wie der Oberbürgermeis-ter der Stadt Coburg meint – die neue Ballsporthalle eine „städtebauliche Vi-sitenkarte“ der Stadt Coburg sein mag und sich Coburg eine derart teure Halle durchaus leisten kann, lässt dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Kos-ten für den Hallenbau der Stadt Coburg sprichwörtlich „davongelaufen“ sind. Zu hoffen bleibt, dass die Coburger Bür-ger und Steuerzahler nach Fertigstel-lung des ehrgeizigen Prestigeprojekts von weiteren ärgerlichen Kostensteige-rungen verschont bleiben und dass ihre neue Ballsporthalle voll ausgelastet sein wird.

Zarrentin-Lassahn. Die Stadt Zarrentin am Schaalsee in Mecklenburg-Vorpom-mern klotzte bei der Sanierung und Er-weiterung ihres Vereins- und Sportler-heims im Ortsteil Lassahn. Ursprünglich

Overath. Für die Stadt Overath, deren Haushalt tiefrote Zahlen aufweist, war das Konjunkturpaket II eine wahre Ver-lockung. 845.000 Euro aus diesem Paket steckt die Stadt in eine Doppelturnhalle im Ortsteil Immekeppel, der bislang nur über eine kleine Turnhalle verfügt. Dem Bürgermeister muss die Turnhalle beson-ders unter den Nägeln gebrannt haben. Er vergab zusammen mit einem Ratsmit-glied in einer Nacht- und Nebel aktion Bauaufträge für 180.000 Euro. Den Rat fragte er nicht. Nach seiner Einschät-zung war höchste Dringlichkeit gege-ben, um den „engen zeitlichen Rahmen des Konjunkturpaketes einzuhalten und die Mittel fristgerecht abrufen zu kön-nen“. Die Kreisverwaltung stufte die se Dringlichkeitsentscheidung aus vier Gründen als rechtswidrig ein. Erstens sei der Bau- und Planungsausschuss der Stadt Overath übergangen worden, zweitens sei ein Fall äußerster Dring-lichkeit nicht erkennbar, drittens hätte diese Entscheidung in der nächsten Sit-zung des Bau- und Planungsausschusses genehmigt werden müssen und viertens sei nicht ersichtlich gewesen, dass der Rat dem Hallenneubau eine besondere Priorität bei der Verwendung der Kon-junkturpaketmittel zugedacht hat. Kon-sequenzen hatte dieses übereilte Vorge-hen für den Bürgermeister jedoch nicht. Ende September 2009 genehmigte der Rat nachträglich die Dringlichkeitsent-scheidung und heilte damit die Rechts-verletzung. Dringend aber ist in Overath

nur das Sparen. Der Haushalt lässt einen Hallenneubau, für den die Stadt rund 2 Mio. Euro lockermachen muss, nicht zu. Auch die geschätzten Folgekosten von mindestens 200.000 Euro pro Jahr kann Overath sich nicht leisten. Kritiker zwei-feln zudem am Bedarf für eine so große Halle. Monatelang kämpften sie für eine Einfachhalle ohne Mehrzwecknutzung. Nur einen Katzensprung entfernt, im Nachbarort, gäbe es eine Mehrzweck-halle, die an weniger als zehn Tagen im Jahr genutzt werde. Doch „das Vereins-leben eines Dorfes lasse sich nicht per Beschluss in das Nachbardorf verlegen. Buchhalterisch denkenden Menschen mag das schwer eingängig sein, aber es ist die Realität“, so der Bürgermeister. Bei so viel Kirchturmsdenken verwun-dert es nicht, dass die kritischen Bürger am ernsthaften Sparwillen zweifeln.

Coburg. Braucht man in Coburg tatsäch-lich eine neue Ballsporthalle? Offenbar ja. So wird die Stadt Coburg auf der „Lauterer Höhe“ eine hochmoderne Ball-sporthalle errichten, obwohl in Coburg nach Mitteilung des Oberbürgermeis-ters bereits neben drei Einfach-Schul-sporthallen, die für eine Vereinsnutzung zwar nur eingeschränkt nutzbar sind, auch zwei Dreifachturnhallen und eine Zweifachturnhalle existieren, die aller-dings auch schon etliche Jahre auf dem Buckel haben. Vor diesem Hintergrund hat der Coburger Stadtrat den Neubau einer Ballsporthalle beschlossen. Hierfür

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Die Stadt Coburg leistet sich eine neue Ballsporthalle für 15,36 Mio. Euro, obwohl die Steuerzahler das Prestigeprojekt teuer zu stehen kommen wird.

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Brücken und VerkehrEs lebe der Sport

Wiesbaden. Vor rund zehn Jahren wurde der Wiesbadener Hauptbahnhof an die ICE-Strecke Frankfurt-Köln Richtung Köln angebunden. Insgesamt sind statt der geplanten 250 Mio. Euro für die in den neunziger Jahren von der Stadt Wiesbaden und von der hessischen Landesregierung politisch gewollten 13 Kilometer langen Strecke Gesamtkosten in Höhe von 279 Mio. Euro angefallen, wovon der Bund den geplanten Grund-preis und die Bahn die Mehrkosten von 29 Mio. Euro trugen. Als der zweiglei-sige Abzweig mit zwei Tunneln im Jahr 2002 in Betrieb genommen wurde, fuh-ren die Züge zunächst im Zwei-Stunden Takt nach Köln. Aber da die Auslastung nur zwischen drei und 20 Prozent be-trug, gibt es jetzt werktags zwischen der hessischen Landeshauptstadt und der rheinischen Metropole insgesamt nur noch vier Zugverbindungen und am Wochenende gar keine mehr. Da-mit zählt die Strecke, auf der weder Re-gional- noch Güterzüge verkehren, zu den am wenigsten ausgelasteten Stre-cken des Schienenpersonenverkehrs in Deutschland. Darüber, wie viel Geld die Deutsche Bahn wieder an den Bund zurückzahlen muss, wird augenblicklich noch verhandelt. Immerhin wurde die zweimalige Abrechnung über 1,7 Mio. Euro für die Verlängerung des Bahn-steigs im Wiesbadener Hauptbahnhof inzwischen korrigiert. Wie viel der Bund für Arbeiten am Bahnhof Wiesbaden-Ost wiederbekommt, die gar nicht erle-

digt wurden, weil die geringe Verkehrs-nachfrage diese Maßnahmen nicht mehr erforderlich machte, ist noch offen. 2007 ermittelte das Ministerium einen Wert der noch ausstehenden baulichen An-lagen von 44 Mio. Euro. Nach neuester Auskunft des Bundesverkehrsministeri-ums wurde jetzt eine Rückforderung in Höhe von 17,6 Mio. Euro zuzüglich 6,8 Mio. Euro an Zinsen geltend gemacht. Hinter all dem steht jedoch die Frage, ob die vielen Millionen Euro aus der Bundeskasse überhaupt hätten ausge-geben werden müssen. Eine Landes-hauptstadt ohne eigenen ICE-Anschluss war wohl nicht vorstellbar. Ganz offen-sichtlich wurde die Nachfrage falsch eingeschätzt. Immerhin haben die Er-fahrungen dazu beigetragen, dass die direkte ICE-Anbindung Wiesbadens an Frankfurt nicht mehr gebaut wird. So teilte das Bundesverkehrsministerium auf Anfrage mit, dass der Bund keine weiteren Investitionen in die Infrastruk-tur der ICE-Anbindung Wiesbadens plant. Die Gestaltung des Fernverkehrs sei eine eigenwirtschaftliche Entschei-dung des Unternehmens Deutsche Bahn AG.

Bamberg. Bei dem Neubau der „Ket-tenbrücke“ ging man im Rahmen des Wettbewerbs noch von einer „mit allen Unschärfen behafteten, sehr groben Kostenschätzung von 6,1 Mio. Euro als Projektkosten“ aus. In der ersten Kos-tenberechnung Ende des Jahres 2008

plante die Verwaltung mit Sanierungs-kosten von rund 229.600 Euro. Für eine kleine Gemeinde wie Zarrentin, mit gerade einmal 4.500 Einwohnern, ein großes Projekt. Doch alles, was schiefge-hen konnte, ging schief. Nicht nur, dass der Planer des Vorhabens während der Bauphase das Handtuch warf. Auch die Kosten für das ambitionierte Bauvor-haben waren insgesamt viel zu niedrig taxiert. Das zeigte sich schnell, als der Stadtverwaltung die ersten Rechnungen ins Haus flatterten. Die veranschlagten Mittel waren rasch erschöpft und zudem zeigte sich auch noch Pfusch am Bau. Es drohte ein Baustopp für das unfertig sanierte Sportlerheim. Die geschätzten Kosten für das Sanierungsvorhaben wuchsen zwischenzeitlich rapide auf bis zu 600.000 Euro. Das Projekt muss te überplant und in Teilen neu ausgeschrie-ben werden. Auch wurde hastig der För-derantrag der Gemeinde an die neuen Schreckenszahlen angepasst. Als Retter in der Not erwies sich dann der Land-wirtschaftsminister des Landes, der mit dem geänderten Fördermittelbescheid in Höhe von 313.000 Euro auftauchte und – wohlgemerkt – damit jene Summe nahezu zu überbrücken vermochte, die das Bauprojekt teurer zu kommen schien. Eine Untersuchungskommission der Stadtvertretung durchleuchtete das Gebaren der Verwaltung und stellte ihr letztlich ein verheerendes Zeugnis aus. Die Verwaltung habe totales Versagen an

den Tag gelegt. So war die Bauabteilung zu keinem Zeitpunkt den ihr obliegenden Kontrollpflichten nachgekommen. Viele Absprachen mit Bauunternehmen liefen ohne schriftliche Protokollierung und über mündliche Absprachen. Zudem hätte mit der ursprünglichen Kalkula-tion von rund 230.000 Euro das Gemein-schaftshaus nie saniert werden können. Das Amt Zarrentin ist auf Nachfrage des BdSt bis heute nicht in der Lage mit-zuteilen, welcher Schaden durch wen verursacht wurde. Auch disziplinar-rechtliche Maßnahmen innerhalb des Amtes blieben und bleiben aus. Zwar habe das Amt solche intensiv geprüft, doch scheint es bei sich und seinen Mit-arbeitern keine Schuld zu sehen, die Sanktionen rechtfertigen würden. Die Schlussrechnung soll jetzt bei 485.618,64 Euro liegen. Damit ist die Baumaßnahme mehr als doppelt so teuer geworden, wie ursprünglich geplant. Hier zeigt sich einmal mehr, welch gravierende Folgen Fehlplanungen für die Steuerzahler ha-ben können.

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Vergeudung hat VorfahrtFehlgeleitete Steuergelder im Verkehr

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Brücken und VerkehrBrücken und Verkehr

schleunigungsmaßnahmen wurden in Angriff genommen. Die Spektakulärste war die Einhausung der Brücke mittels eines Zeltes. Darunter konnte trotz Eis, Schnee und Frost weitergearbeitet und die Straßenoberfläche hergestellt wer-den. Die juristische Auseinandersetzung wird wohl noch Jahre dauern, bis end-lich feststehen wird, wie teuer die „Lö-wenbrücke“ die Bamberger Steuerzah-ler tatsächlich zu stehen kommen wird.

Tübingen. „Was ist los in der Mühl-straße“? So lautete der Titel einer Ver-anstaltung der Stadt Tübingen im ver-gangenen November – und das fragten sich in den vergangenen Monaten auch die Tübinger Bürger. Denn die Umge-staltung der Mühlstraße und die damit verbundenen Komplikationen sowie Kostensteigerungen sorgten in Tübin-gen für Unmut und Kopfschütteln. Die Kosten für die Gesamtmaßnahme be-laufen sich nach Auskunft der Stadt auf 2,374 Mio. Euro. In der Beschlussvor-lage im November 2008 ging man dage-gen noch von 1,444 Mio. Euro aus. Das Gesamtpaket umfasste unter anderem einen neuen Fahrbahnbelag sowie einen neuen Belag für den Bereich für Fuß-gänger, Anlieferung und Fahrradfahrer. Daneben kaufte man noch ein Gebäude in der Mühlstraße, um das Grundstück – nach dem Abbruch des Hauses – neu bebauen zu können. Außerdem musste eine Stützmauer gesichert werden. Im Rahmen des Umbaus sollte insbesondere

die Situation für Fußgänger und Rad-fahrer verbessert werden. Gleichzeitig sollte aber auch weiterhin der Busver-kehr durch die Mühlstraße abgewickelt werden. Üblicherweise sollen Straßen mit Linienverkehr 6,50 Meter breit sein – in Ausnahmefällen kann die Mindest-breite auf 6,00 Meter reduziert werden. Aufgrund eines Messfehlers rückten die Randsteine zu nahe an die Stützmauer. Dadurch hätte es zu kritischen Begeg-nungsfällen zwischen Bussen kommen können. Der notwendige Umbau verur-sachte Mehrkosten in Höhe von 50.000 Euro – ist aber nach den Ausführungen der Stadt ein Versicherungsfall. In der Praxis zeigte sich dann schließlich, dass die Fahrbahnbreite mit 6,00 Metern dann doch sehr knapp bemessen ist. Da-her blieb zunächst nichts anderes übrig als den Bussen die Mitbenutzung des neuen Radweges zu erlauben. Mit Hilfe von Markierungsnägeln sollte den Rad-lern signalisiert werden, bis wohin mit Busverkehr auf dem Radweg zu rechnen ist. Diese Lösung wurde jedoch vom Re-gierungspräsidium bemängelt, so dass die Straße für rund 30.000 Euro in einem Teilbereich im August 2010 wieder ver-breitert wurde. Der Steuerzahler mag es kaum glauben.

Oberursel/Steinbach. Um die Gleise an der S-Bahnhaltestelle in Weißkirchen/Steinbach zu überqueren, wurden vor langer Zeit zwei Treppenaufgänge und eine Unterführung gebaut. Wegen er-

wurde die Gesamtmaßnahme „Ketten-brücke“, einschließlich Behelfsbrücke, Straßenbau, Uferwandsicherung etc. mit rund 12,9 Mio. Euro veranschlagt. Bereinigt und fortgeschrieben stiegen die Kosten für das Brückenbauwerk im Jahr 2009 trotz Einsparungen (z. B. bei den Treppenabgängen) schon auf 13,4 Mio. Euro. Dass man inzwischen bei gi-gantischen 14,9 Mio. Euro angelangt ist, ist offenbar auf einen Kalkulationsirrtum des günstigsten Bieters zurückzufüh-ren, aufgrund dessen das ursprüngliche Vergabeverfahren aufgehoben wurde. Da die einzelnen Bietergemeinschaften nun Kenntnis von den Angebotspreisen ihrer Mitbewerber hatten, wurden ent-sprechende „Anpassungen“ nach oben in Höhe von rund 500.000 Euro vorge-nommen. Zusätzlich schlugen Mehrko-sten u. a. für das Hilfstragwerk, Mas-senmehrungen bei den Verpresspfählen und für weitere beauftragte Nachträge zu Buche. Wenn auch für den Neubau der Bamberger „Kettenbrücke“ öf-fentliche Zuschüsse von rund 8,7 Mio. Euro fließen, wird dieser Brückenbau den Bamberger Stadtsäckel belasten. Zu hoffen bleibt, dass die Steuerzahler von weiteren Kos tensteigerungen ver-

schont bleiben und dass die „Ketten-brücke“ rechtzeitig – wie geplant – im November 2010 fertiggestellt sein wird. Fertiggestellt ist zwar die Bamberger „Löwenbrücke“, doch beendet ist die Geschichte um dieses Brückenbaupro-jekt für die Stadt Bamberg noch lange nicht. Warum?Zum einen ist die Brücke nicht mängel-frei und die beteiligten Bauunternehmen weigern sich, die Mängel zu beseitigen. Zum anderen schließt die Schlussrech-nung zur Baumaßnahme „Löwenbrücke“ mit einer Restforderung von rund 6 Mio. Euro ab, die die Stadt Bamberg als „nicht prüfbar“ zurückgewiesen hat. Würde die Stadt Bamberg die verlangten Kosten akzeptieren, würden die geschätzten Baukosten für die „Löwenbrücke“ von rund 11 Mio. Euro auf rund 16,5 Mio. Euro explodieren. Ein Millionenprozess steht also vor der Tür. Im Kernpunkt der Rechtsstreitigkeiten stehen offenbar die Verantwortlichkeiten bezüglich Verzö-gerung und millionenteurer Mehrko-sten für Beschleunigungsmaßnahmen. Um die schon von November 2008 auf März 2009 verschobene Fertigstellung der Brücke auf jeden Fall zu erreichen, war nämlich Eile geboten. Teure Be-

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14,9 Mio. Euro wird der Neubau der Ket-tenbrücke in Bamberg kosten.

Die Mängelbeseitigung der Löwenbrücke in Bamberg lässt auf sich warten.

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heblicher Schäden mussten die Trep-penanlagen vor drei Jahren gesperrt werden. Die Alternativen waren: Abrei-ßen oder Sanieren. Betroffene Bürger, der damalige Bürgermeister von Stein-bach und der Bund der Steuerzahler wa-ren der Meinung, die Treppenanlagen sollten nicht saniert, sondern abgeris-sen werden, was rund 80.000 Euro ge-kostet hätte. Doch zu entscheiden hatte das Straßen- und Verkehrsamt (ASV) Frankfurt. Ohne zu hinterfragen, wer die steilen Aufgänge in der Vergangen-heit überhaupt genutzt hat, wurde ent-schieden, die beiden Treppenaufgänge für 285.000 Euro zu sanieren. Man hielt es nicht einmal für nötig, sich mit der Bahn und den zwei beteiligten Kom-munen an einen Tisch zu setzen, um ein

Gesamtkonzept zu entwickeln und bei-spielsweise das Problem der fehlenden Barrierefreiheit anzugehen. Für die Sa-nierung sei letztlich ausschlaggebend gewesen, dass wohl viele Fahrgäste den Weg durch die Unterführung scheuten, hieß es. Hätte man vor der Entscheidung eine Befragung durchgeführt, wäre man zu einer anderen Einschätzung gekom-men. Die Zählung und Befragung, die der Bund der Steuerzahler nach der Wiedereröffnung der Treppenaufgänge durchführte, ist eindeutig. Von den an einem normalen Werktag gezählten rund 500 Personen benutzten gerade mal vier Personen die Treppenaufgänge. Während die Nutzer der Unterführung meinten, dass die Treppen viel zu steil und umständlich seien, gaben die vier Treppennutzer an, dass sie die Unter-führung nicht kannten bzw. die Treppen dazu nutzten, sich die Umgebung näher anzusehen.

Triptis. Die B 281 und die Autobahnan-schlussstelle zur A 9 wurden neu gebaut und im Dezember 2005 übergeben. Der dreistreifige Ausbau der A 9 und die vollständige Anbindung der neuen B 281 und B 2 wurden dann im Novem-ber 2006 fertiggestellt. Doch schon bald gab es Probleme. Die Bauweise der Bundesstraße B 281 aus Richtung Gera und die damit zusammenhängende Beschilderung sorgten für Irritationen unter den Fahrzeugführern. Es kam zu gefährlichen Verkehrssituationen. Weil

Brücken und Verkehr

über der Richtungsfahrbahn der Bun-desstraße neben dem gelben Wegweiser für diese Bundesstraße ein blauer für die Autobahn hing, glaubten sich viele Auto-fahrer schon auf dem Autobahnzubrin-ger. So fuhren einige Fahrzeugführer auf die linke Fahrbahn und gerieten als Geisterfahrer auf die Gegenfahrbahn. 2007 wurde deshalb die Gefahrenstelle für 94.000 Euro umgebaut. Der Abbiege-streifen von der B 281 in Richtung BAB A 9 Berlin wurde verlängert und die vor-handene Beschilderung entsprechend versetzt. Im Schwarzbuch 2007 berich-teten wir über die vorgenommenen baulichen Veränderungen, welche die Gefahrenstelle entschärfen sollten. Nach neuerlichen Untersuchungen für eine endgültige Lösung wurde nun von Juli bis September 2009 der zwei Meter breite Mittelstreifen um rund 440 Meter verlängert. Dazu mussten die Straße ver-breitert, die Abwasserkanäle umgebaut, der Amphibiendurchlass verlängert, die Verwallung verändert sowie Schutz- und Leiteinrichtungen umgesetzt wer-den. Die Baukosten für die Verlänge-rung der Mitteltrennung beliefen sich auf insgesamt rund 585.000 Euro, wel-che die Steuerzahler berappen müssen. Auf die Frage, warum dieser Abschnitt der B 281 nicht von vornherein anders gestaltet wurde, teilte die Fernstraßen-planungs- und -bau GmbH DEGES mit, dass die B 281 richtliniengerecht ge plant worden sei und die beobachteten Unsi-cherheiten im Fahrverhalten nicht ab-

sehbar waren. Fazit: Wenn hier anhand der Richtlinien so gebaut wurde, dass für viel Geld Ge-fahrenpunkte entschärft werden mus-sten, so sollten die Richtlinien so über-arbeitet werden, dass für die nächsten Bauvorhaben teure Umbauten nicht mehr notwendig sind.

Kraichgau. Vielen staugeplagten Au-tofahrern dürfte sie bekannt sein, die Tank- und Rastanlage Kraichgau an der A 6 bei Sinsheim. Ebenso dürfte den meisten Autofahrern bekannt sein, dass der Lkw-Verkehr immer mehr zunimmt. Die logische Folge: Es werden mehr Stellplätze für die Lkw benötigt. So auch an der Tank- und Rastanlage Kraichgau,

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Brücken und Verkehr

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Die unsinnige Sanierung dieser Treppen-aufgänge kostete 285.000 Euro.

Für 585.000 Euro musste der Verlauf der B 281 nachgebessert werden.

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Brücken und Verkehr

bahn führte ursprünglich über rund 40 km Länge von Stockach (Kreis Konstanz) nach Mengen (Kreis Sigmaringen). Der Personenverkehr wurde allerdings be-reits in den siebziger Jahren des ver-gangenen Jahrtausends eingestellt. Da-nach nutzte man die Strecke abschnitts-weise noch für den Güterverkehr. Ab dem Jahr 2002 wurde der Güterverkehr auf einer Teilstrecke von der Hohenzolle-rischen Landesbahn abgewickelt. Das Eigentum an der Strecke ging im Jahr 2004 von der DB AG, die die Stre-cke stilllegen wollte, auf die neu ge-gründete private Ablachtalbahn GmbH über. Seit 2004 wurden auf dem Stre-ckenabschnitt Krauchenwies–Mengen Instandsetzungs- und Unterhaltungs-maßnahmen durchgeführt. Hierfür gab es bereits Landeszuschüsse. Nun hat man im Jahr 2009 damit begonnen, auch noch den Streckenabschnitt Krauchen-wies–Stockach auf einer Länge von 30 km zu sanieren. Ab 2010 soll die Strecke Stockach-Mengen wieder durchgängig befahrbar sein. Die Komplettförderung soll – so das Innenminis terium – auch vor dem Hintergrund des gewünschten Wettbewerbs mit der DB AG erfolgen, da der Bund im Rahmen des Bundes-konjunkturprogramms ebenfalls erheb-liche Beträge zu 100 Prozent in Bun-desschienenwege, ohne komplementäre Beteiligung der DB AG, investiert. Das riecht nach einem Wettrüsten mit Steu-ergeldern auf der Schiene. Geplant ist, auf der Strecke vornehmlich Stahl aus

bzw. zu anderen europäischen Ländern sowie Kies ins benachbarte Ausland zu transportieren. Eine Nutzung für den Personenverkehr ist jedoch nicht an-gedacht. „Erst die Schiene - dann wird der Verkehr schon von allein kommen“ lautet offenbar das Motto. Zeitungsbe-richten zufolge rechnet man zur Zeit mit gerade einmal einer Zugfahrt pro Wo-che auf dem sanierten Teilstück.

Obersimten. Eine kleine Landesstraße verbindet fünf Orte und ihre rund 5.000 Einwohner mit der pfälzischen Mittel-stadt Pirmasens. Ein 625 Einwohner zählendes Dorf an dieser Straße erhielt nun für 2,8 Mio. Euro eine knapp 1,5 Kilometer lange Ortsumgehung. Der in Zeiten von Sparhaushalten fragwür-digen Investition wurde die sprichwört-liche Krone durch ein überflüssiges

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für deren Umbau und Erweiterung das Regierungspräsidium Karlsruhe jetzt grünes Licht gegeben hat. Im Rahmen der Baumaßnahme sollen zu den bereits vorhandenen 36 Stellplätzen zusätzliche 252 Stellplätze für Lkw hinzukommen. Ausnahmslos alle Stellplätze für den Schwerlastverkehr, egal ob Fahrtrich-tung Ost oder West, sollen mangels ge-eigneter Flächen auf der Nordseite - so die Auskunft des Regierungspräsidiums - komplett auf der Südseite angesiedelt werden. Also müssen nach der Erwei-terung der Rastanlage alle Lkw auch die Südseite der Anlage ansteuern. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, kurz BMVBS fordert, dass Rastanlagen grundsätzlich immer eine direkte und separate Anbin-dung an die Autobahn erhalten. Nicht zulässig ist die Anbindung über beste-hende Autobahnanschlüsse. Damit den Ansprüchen des BMVBS genüge getan wird, muss die Südseite der Tank- und Rastanlage mittels eines Überführungs-bauwerks, also einer Brücke, ange-schlossen werden. Kostenpunkt nur für die Brücke: Rund 2,0 Millionen Euro. Die gesamte Baumaßnahme beläuft sich auf voraussichtlich 25,8 Millionen Euro. Wirft man nun als interessierter Steuerzahler einen Blick auf die Land-karte, wird man feststellen, dass sich in rund 250 Meter Entfernung im Osten der Anlage die nagelneue Autobahn-anschlussstelle Sinsheim Süd befindet. Sie erschließt die neue Rhein-Neckar-

Arena und kann daher auch ein höheres Verkehraufkommen bewältigen. Doch damit nicht genug. Rund 80 Meter in westlicher Richtung von der Rastanlage entfernt quert die Landesstraße 550 die Autobahn auch mit einer Brücke. Aber da das BMVBS – leider, aus Sicht der Steuerzahler – auf einer direkten Anbin-dung besteht, scheiden beide Zufahrts-möglichkeiten aus. Denn würde eine der beiden Möglichkeiten genutzt, müssten die Verkehrsteilnehmer ja die Autobahn verlassen, so das BMVBS. Und so kön-nen sich Brückenfreunde demnächst darauf freuen, drei Brücken in einem Abstand von rund 700 Metern zu be-staunen.

Baden-Württemberg. In Baden-Würt-temberg wurde im vergangenen Früh-jahr unter anderem auch ein Konjunk-turprogramm für die Güterverkehrs-strecken der nichtbundeseigenen Eisen-bahnen in Baden-Württemberg auf die Beine gestellt. Dieses Paket umfasst ein Volumen von insgesamt 20 Mio. Euro. Die Mittel für dieses Programm stam-men sowohl aus dem Konjunkturpro-gramm II des Bundes als auch aus dem Investitionsprogramm des Landes. Ob die Steuergelder immer sinnvoll ver-wendet werden, scheint mehr als frag-lich zu sein. So wird unter anderem die Ablachtalbahn mit fünf Mio. Euro „An-schubfinanzierung“ zur Durchführung von Erneuerungs- und Instandhaltungs-arbeiten bezuschusst. Die Ablachtal-

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430.000 Euro zahlten die Steuerzahler für eine unsinnige Brücke.

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Brücken und VerkehrBrücken und Verkehr

Finnentrop. Seit drei Jahrzehnten wird die Beseitigung des Bahnübergangs in Finnentrop, der täglich lange Staus ver-ursacht, geplant und geprüft, verwor-fen und wieder neu geplant. Es handelt sich um ein Gemeinschaftsprojekt von Bund, Land und Bahn. Dass es mit Bund, Land und Bahn, die sich die Kosten zu je einem Drittel teilen, gleich drei Beteiligte gibt, macht die Sache nicht einfacher. Im Dezember 1979 stellte das Landes-straßenbauamt erstmals verschiedene Varianten vor, um den Bahnübergang zu beseitigen. Zuerst gab es Proteste von einer Bürgerinitiative, dann wurden die Planungen eingestellt. Nachdem das Ge-setz zur Prüfung der Umweltverträglich-keit (UVP) erlassen worden war, musste wieder neu geprüft und geplant werden. Anfang 1990 brachte die Gemeinde schließlich selbst eine neue Variante ins Spiel: Mit einer neuen Brücke über die Lenne und einer weiteren Brücke über die Gleise. Im Mai 2004 wurde das Plan-feststellungsverfahren rechtskräftig. Anschließend brauchten Bund, Land und Deutsche Bahn weitere vier Jahre, um eine neue Eisenbahnkreuzungs-vereinbarung zu treffen. Im März 2008

war es endlich soweit: Feierlich wurde der erste Spatenstich für die neue Len-nebrücke gesetzt. Ende 2010 sollte der Bahnübergang beseitigt werden. Doch die Finnentroper haben zu früh gefeiert: Die neue Lennebrücke ragt sinnlos ins Leere, weil die Oberleitungen der Bahn den Weiterbau behindern. Um die Ober-leitungen zu verlegen, muss der Bahn-hof sechs Wochen gesperrt werden. Das war für die Sommerferien 2010 geplant. Weil die Bahn aber zu viele Baustellen und zu wenige Umleitungsmöglichkeiten hat, würde der bereits national und in-ternational abgestimmte Eisenbahnver-kehr nicht mehr funktionieren. Denn die Bahn hatte vergessen, ihre Pläne recht-zeitig mit ihren Verkehrsunternehmen abzustimmen. Also werden die Oberlei-tungen erst 2012 verlegt. Das hatte die Straßenbaubehörde allerdings nicht mit-bekommen und schon mal mit dem Bau der neuen Lennebrücke begonnen. Jetzt ist die Brücke fast fertig – aber eben nur fast, weil die restlichen Bauarbeiten erst beendet werden können, wenn die Ober-leitungen verlegt worden sind. Bis in vier Jahren alles endgültig fertig ist, wird hier kein Auto fahren. Für die Unterhaltung

Brückenwerk aufgesetzt. Um ein Wege-netz für die Landwirtschaft zu erhalten, wurde die Landesstraße mehrere Meter aufgeschüttet und mit einer Brücke ver-sehen: Kosten rund 430.000 Euro. Damit sollten landwirtschaftliche Fahrzeuge kreuzungsfrei in das Wirtschaftswe-genetz gelangen. Übergangen wurden dabei die Einwände, es habe seit Jah-ren dort keine Landwirtschaft gegeben und am Anfang und am Ende der 1.450 Meter langen Umgehung seien Zugänge in die Wirtschaftswege vorhanden. Der neue Weg unter der Brücke wird indes hauptsächlich von Spaziergängern mit Hund genutzt. Ursache dafür ist ein hin-ter der Brücke befindliches, ebenfalls neu errichtetes Regenrückhaltebecken. Wegen des Beckens führt der Weg in so enger Kurve unter der Brücke hindurch, dass er für landwirtschaftliches Gerät kaum nutzbar ist.

Kisdorf/S-H. Gerade einmal drei Jahre war der Minikreisverkehr von Kisdorf in Betrieb, dann wurde er wieder zurück-gebaut. Dabei wollte die Gemeinde ihn behalten. Wie viele andere Ortschaften auch, beklagt die Gemeinde Kisdorf (Kreis Segeberg), dass sich Autofah-rer in der Ortsdurchfahrt nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten. Abhilfe sollte ein Kreisverkehr schaf-fen. Im August 2006 errichtete der Lan-desbetrieb Straßenbau und Verkehr auf Wunsch der Gemeinde im Rahmen einer anderen Straßenbaumaßnahme einen

sogenannten Minikreisel, weil für einen großen Kreisverkehr mit bepflanzter Mittelinsel nicht genügend Raum zur Verfügung stand. Deshalb musste er so gestaltet werden, dass Lastzüge und Busse die Mittelinsel überfahren kön-nen. In der Praxis zeigte sich, dass aber auch viele andere Autofahrer einfach gerade-aus über die Aufpflasterung fuhren, wo-mit zusätzlicher Lärm verursacht wurde. Deswegen beschwerten sich rund 60 Einwohner und forderten den Rückbau des Kreisels. Mehrfach beschäftigte sich daraufhin die Gemeindevertretung mit dem Problem und kam zu dem Ergeb-nis, dass unter dem Strich der Erhalt des Kreisverkehrs die bessere Lösung ist. Die Minderheit der unmittelbar Betroffenen wandte sich dann an den Petitionsausschuss des Schleswig-Hol-steinischen Landtags. Nach Anhörung von Verkehrsaufsicht, Polizei und Stra-ßenbauverwaltung empfahl dieser den Rückbau als einzige Lösungsmöglich-keit. Der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr als Baulastträger sah sich an die Empfehlung des Ausschusses gebunden und verfügte trotz Protesten des Bür-germeisters den Rückbau. Dabei spielte auch keine Rolle, dass dieser mit rund 24.000 Euro fast fünfmal so teuer war wie die ursprüngliche Herstellung. Die Lehre aus der Geschichte: Wenn man Minderheiten vor der Mehrheit schüt-zen will, wird es für den Steuerzahler oft teuer.

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Finnentrops Lennebrücke ist bis 2012 eine temporäre So-Da-Brücke.

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Bürokratie

Bund. Laufen, werfen, springen – so sehen jährlich aufs Neue die Bundesju-gendspiele aus, an denen zigtausende Schülerinnen und Schüler im gesamten Bundesgebiet zum Schwitzen antreten. Besonders gute Sportasse werden tradi-tionell mit einer vom Bundespräsidenten unterschriebenen Ehrenurkunde be-dacht. Doch dieses Jahr kam es anders. Der unerwartete Rücktritt von Bundes-präsident Horst Köhler im Mai hinterließ bei vielen Jugendlichen nicht aus poli-tischen, aber aus persönlichen Gründen einen bitteren Beigeschmack. Die Politik entschied, die bisher mit der Köhlerschen Unterschrift versehenen und versandten Ehrenurkunden seien disqualifiziert und damit Makulatur. Doch anstatt im Hin-blick auf die klammen öffentlichen Kas-sen schiedsrichterliche Milde walten zu lassen, ertönte der Startschuss, dass alle bundespräsidialen Ehrenurkunden mit der Unterschrift des neu zu wählenden Präsidenten zu versehen sind. Bleibt die Frage, ob der Steuerzahler diese Entscheidung sportlich nehmen sollte. Immerhin kostet der Neudruck der Eh-renurkunden mit der Unterschrift von Bundespräsident Wulff die Steuerzahler 106.000 Euro.

Wittenberg. Eine Lücke in der Förder-bürokratie des Öffentlichen Personen-Nahverkehrs (ÖPNV) im Landkreis Wit-tenberg wird einigen Unternehmern zum Verhängnis und kostet die Steuerzahler richtig Geld.

Wie das, wird man sich fragen? Die Antwort ist eine lange Geschichte. Sie reicht zum Teil bis ins Jahr 1994 zurück und eskalierte 2007. Da förderte das Land Sachsen-Anhalt auf der Grundlage des Gemeindefinanzierungsgesetzes die Be-schaffung von Fahrzeugen für den ÖPNV und auch den Bau und die Modernisie-rung von Omnibusbetriebshöfen. Die Förderung war an bestimmte Zweckbin-dungsfristen gebunden. Bei Omnibus-betriebshöfen betrug diese z. B. 20, bei Bussen acht Jahre. Die privaten Busun-ternehmer hatten natürlich auch einen Eigenanteil aufzubringen. Dies wurde im Landkreis bis in das Jahr 2006 so prak-tiziert. Fördermittel flossen in Millio-nenhöhe, mindestens alles in allem rund sieben Mio. Euro. Noch 2005 und 2006 förderte das Landesverwaltungsamt die Anschaffung von sechs umweltfreund-lichen Erdgasbussen. Die Zuwendungs-bescheide enthielten keine Regelungen darüber, wie mit den Fördermitteln zu verfahren ist, wenn die geförderten Un-ternehmer keine Genehmigung mehr für den Linienverkehr erhalten. Eine solche Genehmigung vergibt der Landkreis, nicht das Land. Der Landkreis änderte 2006 seine Ausschreibungsbedingungen, und tatsächlich wurde der ÖPNV an ein anderes privates Busunternehmen übertragen. Nun standen z. B. in einem Busunternehmen 20 moderne, mit Steu-ergeldern geförderte Busse auf dem ebenfalls geförderten Busbetriebshof nutzlos herum. Die Bürokratiefalle hatte

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Brücken und Verkehr

der 2,65 Mio. Euro teuren Brücke muss aber jetzt schon jährlich Geld eingeplant werden. Zusätzlich laufen die Kosten für das Gesamtprojekt aus dem Ruder: Die Gleisarbeiten werden teurer als erwar-tet. Statt 17,4 Mio. Euro wird die Stillle-gung des Bahnübergangs voraussicht-lich 23,6 Mio. Euro kosten.

Helsa/Hessisch Lichtenau. Dass die A 44 die teuerste Autobahn der Bundesrepu-blik wird, hat viele Gründe. So wurde bereits vor zehn Jahren im Schwarzbuch berichtet, dass wegen einer fragwür-digen Spitzkehre unnötige Mehrkosten von über 70 Mio. Euro anfallen. Jetzt sol-len wegen einer europäischen Umwelt-(FFH)Richtlinie für den Schutz einiger Kammmolche knapp 50 Mio. Euro zu-sätzlich ausgegeben werden. Zwar waren zwischen Helsa und Hessisch Lichtenau zur Minimierung der Zerschneidungs-wirkung von natürlichen Lebensräumen von verschiedenen Tierarten in der Pla-nung schon zwei getrennte Tunnelbau-werke vorgesehen. Die Zerschneidungs-wirkung hätte hierdurch soweit reduziert werden können, dass die Lebensräume nördlich der A 44 weiterhin zu 90 Pro-zent nutzbar geblieben wären. Zudem sollte der südliche Lebensraum, welcher durch die B 7 abgetrennt ist, durch den Einbau von Durchlässen in der Bundes-straße wieder nutzbar gemacht werden. Hierfür waren Verbesserungen des neu zugänglichen Lebensraumes durch um-fangreiche Waldumbaumaßnahmen vor

Eintritt des Eingriffs vorgesehen. Selbst die FFH-Verträglichkeitsprüfung konnte keine erheblichen Beeinträchtigungen feststellen. Aber das Bundesverkehrsmi-nisterium äußerte gegenüber der Planung dennoch erhebliche Bedenken, insbeson-dere hinsichtlich der Vermeidungsstrate-gie des Lebensraumverlustes bedrohter Tiere. Es empfahl einen durchgehenden Autobahntunnel. Die Mehrkosten für die FFH-begründete Tunnelverlängerung er-geben sich aus dem Vergleich der Kosten-berechnungen zu den beiden erstellten Entwürfen. Im ersten Entwurf mit zwei getrennten Tunnelbauwerken ging man noch von Baukosten in Höhe von 180,3 Mio. Euro aus. Durch die Verbindung der beiden Tunnel erhöhten sich die Kos ten im zweiten Entwurf bereits auf 229,1 Mio. Euro. Aktuell wird auf Grundlage genauerer Kostenberechnungen zum 4,1 Kilometer langen Tunnel mit Baukosten in Höhe von 241,8 Mio. Euro gerechnet. Die Kostensteigerung gegenüber dem ursprünglichen Entwurf beträgt damit 34 Prozent, wovon nach Auskunft des Hessischen Verkehrsministeriums 48,8 Mio. Euro (27 Prozent) unmittelbar FFH-bedingt sind. Hinzu kommt eine zeitliche Verzögerung des Projekts um rund sechs Jahre. Fazit: Umgerechnet werden für jeden der geschätzten betroffenen 500 Molche der Gattung Triturus cristatus – einer in Deutschland nicht bedrohten Tierart – 97.600 Euro ausgegeben. Um-weltschutz ja, aber bitte mit Verstand und nicht um jeden Preis.

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BürokratieAmtsschimmel und die Folgen für die Steuerzahler

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zugeschnappt. In den Zuwendungsbe-scheiden waren weder Rückfallklauseln, Wertausgleich oder auch Übertragung der Busse auf den neuen Betreiber des Li-nienverkehrs enthalten, noch Regelungen über die Nachnutzung des geförderten Busbetriebshofs. Objektiv kann der Un-ternehmer die Förderbedingungen nun nicht mehr erfüllen. Er steht am Rande des Ruins. Dafür wurde das Busunter-nehmen gefördert, das jetzt mit dem ÖPNV beauftragt ist.Wie sich später bei Überprüfung durch den Landesrech-nungshof herausstellte, brachten Neu-ausschreibung und Neuvergabe keine Einsparungen. Vielmehr entstanden dem Landkreis im Bereich der Schülerbeför-derung in nur zwei Jahren eine Million Euro Mehrkosten. Doch das half dem Ausschreibungsverlierer nicht wirklich weiter. Das Landesverwaltungsamt for-derte 2009 wegen „Nichteinhaltung der Zweckbindungsfristen“ die Fördermittel zurück und begründete in einem Schrei-ben an ein Busunternehmen seine Rück-forderung aus Fördermittelvergaben der Jahre 1994 bis 2005 u. a. mit dem Ver-merk, dass „private Interessen zum Erhalt des Betriebs hinter dem öffentlichen Inte-resse an der Einhaltung des Grundsatzes der wirtschaftlichen und sparsamen Ver-wendung öffentlicher Mittel zurückste-hen“ müssen. Fragt sich, wo eigentlich

die sparsame Verwendung stattfindet? Eher muss man doch von bürokratisch geförderter Verschwendung sprechen!

Bund. Schon frühzeitig wussten die Rentner, dass es in diesem Jahr keine Erhöhung der gesetzlichen Rente geben wird. Umso überraschter waren sie, als ihnen dies noch schwarz auf weiß von der Deutschen Rentenversicherung per Brief mitgeteilt wurde. In der jährlichen Rentenanpassungsmitteilung wurden sie auf mehreren Seiten darüber informiert, dass sich in diesem Jahr an ihrer Ren-tenhöhe nichts ändert. Informationsge-halt null, Unmut groß. Für den flächen-deckenden Versand der Rentenanpas-sungsmitteilungen entstanden inkl. des Drucks Ausgaben von 9 Mio. Euro. Hinzu kommen nicht bezifferbare Arbeitskosten für die betroffenen Mitarbeiter der Deut-schen Rentenversicherung. Zwar ist die Deutsche Rentenversicherung rechtlich verpflichtet, solche Rentenanpassungs-mitteilungen zu verschicken. Allerdings wären diese Ausgaben vermeidbar ge-wesen, zumal sogar die Deutsche Ren-tenversicherung im Vorfeld des Versands bei der Bundesregierung um Aussetzung der Verpflichtung bat, als klar war, dass es zu keiner Änderung an der Renten-höhe kommt.

Finanzmärkte

München. Bereits in seinem Schwarz-buch 2009 hatte der Bund der Steuer-zahler die leichtsinnige Anlagepolitik der Bayerischen Landesbank (BayernLB) sowohl mit verbrieften „Ramsch-Hypo-theken“ auf dem amerikanischen Immo-bilienmarkt, als auch mit hoch spekula-tiven Wertpapieren, sog. Asset Backed Securities (ABS) gerügt. Der Freistaat Bayern musste sich mit 10 Mrd. Euro tief verschulden, um seine Landesbank vor der Pleite zu retten. Die Verschuldung Bayerns stieg damit in einem Jahr um fast 50 Prozent. Doch dem nicht genug. Mit dem hastigen Erwerb der maroden österreichischen Bank Hypo Group Alpe Adria (HGAA) für 1,6 Mrd. Euro kam zu den „Schrottpapieren“ auch noch eine ganze „Schrottbank“ dazu, machte doch die HGAA mit falschen Sicherheits- und Bonitätsdarstellungen von sich reden. Mit der HGAA wollte man die vielbe-schworenen Wachstumschancen in Osteuropa nicht verpassen. Doch der vorschnelle und überteuerte Erwerb der HGAA erwies sich als katastrophaler Fehlkauf, hat sich doch die BayernLB kaum gegen nachträglich auftretende Probleme und Altlasten der HGAA ab-gesichert. Die millionenschwere Fehl-investition in die HGAA, deren Erhalt und letztlich die Abtretung der Anteile der BayernLB an der maroden Kärntner Skandalbank an die Republik Österreich für einen symbolischen Euro, haben die bayerischen Steuerzahler rd. 3,7 Mrd. Euro gekostet, die am Ende in den Sand

gesetzt waren. Dabei kommt es einem Schlag ins Gesicht aller Steuerzahler gleich, wenn Verantwortliche den Er-werb der österreichischen Pleite-Bank im Nachhinein eiskalt als einen bedau-erlichen Fehler abtun. Ob der Kauf der HGAA noch verfassungskonform war, wird sich herausstellen. Jedenfalls wird geprüft, ob insoweit der Bayerische Verfassungsgerichtshof eingeschaltet wird.Vor diesem Hintergrund sind millionen-schwere Ausgaben der BayernLB für Investitionen in die Hotellerie (Luxus-hotel InterContinental auf dem Ober-salzberg, Schlosshotel am Wörther See in Velden/Kärnten) und für das dubiose 5 Mio. Euro teure Sponsoring eines neuen Fußballstadions in Klagenfurt nur „Peanuts“. Fast wie eine Ausgabe von Groschen gleichsam aus der Portokasse erscheint es, als die BayernLB als Spon-sor bei der Verleihung des Deutschen Entertainment Preises „Diva“ 20.000 Euro springen ließ. Diese finanziellen Engagements zeigen, wie selbstherrlich die Manager der BayernLB ihren öffent-lichen Auftrag verstehen und wie maß-los mit dem Geld umgegangen wird.Die zuständige Staatsanwaltschaft stellt in der Affäre um das Milliardendesaster der BayernLB infolge des HGAA-Aben-teuers strafrechtliche Ermittlungen ge-gen die Verantwortlichen an, und zwar offenbar wegen des Verdachts, wissent-lich einen überhöhten Preis gezahlt und so Millionen Euro veruntreut zu haben.

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Bürokratie

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Der Gesetzgeber versäumte es trotz Aufforderung der Deutschen Rentenversicherung, die Versendung einer informationslosen Rentenmitteilung zu verhindern.

FinanzmärkteMit Steuergeldern erst spekulieren, dann regulieren

Page 19: Bund d. Steuerzahler - Schwarzbuch 2010

FinanzmärkteFinanzmärkte

erreichen. Zweifelhaft ist jedoch, ob sich derartige Ansprüche auf Schadenser-satz realisieren lassen, da die BayernLB mit ihrem Vertragspartner offenbar ver-bindlich vereinbart habe, eventuelle Ge-währleistungsansprüche innerhalb von zwei Jahren ab Vollzug des Kaufs (2007) gerichtlich geltend zu machen. Diese Frist ist aber längst abgelaufen.Dabei wird es höchste Zeit, die Verant-wortlichen, die den bayerischen Steu-erzahlern das Milliardendesaster ein-gebrockt haben, mit aller Härte in die Pflicht zu nehmen! Eine Rückzahlung der 10 Mrd. Euro Staatsschulden, auf die die Steuerzahler hoffen, ist aber noch lange nicht in Sicht.

Pforzheim. Das war ein teures Ende mit Schrecken in der badischen Stadt Pfor-zheim. Allzu eifrig hatte die Stadt in der Vergangenheit zahlreiche hochspeku-lative Derivatgeschäfte abgeschlossen. Die Geschäfte, welche eigentlich einer Zinsoptimierung bei bestehenden Kre-diten dienen sollten, endeten in einem Desaster. Im Sommer 2010 wurde mit der Bank ein „Vertrag über die vorzei-tige Beendigung von Zinssatz-Swap-Geschäften durch Ausgleichszahlung“ geschlossen. Der Ausstieg war für die Stadt mit einem Verlust von über 57 Mio. Euro verbunden. Die Steuerzahler müs-sen nun für diese millionenschweren Spekulationsverluste geradestehen.

Leipzig. Leipzigs riskante Finanzwetten drohen eine nach der anderen zu platzen. Ein Großteil des Anlagevermögens der kommunalen Wasserwerke gehört ame-rikanischen Banken. Mit Cross-Border-Leasing-Geschäften im Wert von rund 850 Mio. Euro sollen die Wasserwerke rund 25,4 Mio. Euro Gewinn realisiert haben. Wie sich in den letzten Wochen herausstellte, sollen die früheren Chefs der Kommunalen Wasserwerke Leipzig (KWL) in London geheime Finanzwetten getätigt haben, die das Unternehmen und die Stadt zwischen 255 und 284 Mio. Euro kosten dürften.In den Jahren 2006 und 2007 wurden von der ehemaligen KWL-Geschäftsführung, welche inzwischen Anfang 2010 fristlos entlassen wurde, neben Kreditsiche-

Dabei drohte das Fiasko des risikobehaf-teten Geschäftsgebarens der BayernLB um die „Schrottpapiere“ – immerhin geschätzte Verluste von bis zu rund 20 Mrd. – aus dem Blickfeld zu verschwin-den. Bereits am 2.12.2008 hatte der Bund der Steuerzahler Strafanzeige gegen die früheren und damals gegenwärtigen Vorstandsmitglieder der Bayerischen Landesbank wegen Verdachts der Un-treue, des Betrugs und des Verstoßes ge-gen das Kreditwesengesetz bei der zu-ständigen Staatsanwaltschaft erstattet. Nach nunmehr fast zwei Jahren kommt endlich Bewegung in die Sache. Es wird strafrechtlich ermittelt, und zwar we-gen des Verdachts, dass „in der Baye-rischen Landesbank im Zeitraum von 2005 bis 2007 bewusst und systematisch in einer Vielzahl von Fällen die bankin-ternen Richtlinien zur Risikosteuerung im Geschäft mit strukturierten Wertpa-pieren verletzt und hierbei eingetretene Verluste zumindest billigend in Kauf genommen wurden“. Die bayerischen Bürger und Steuerzahler, denen die Ri-siken bei den hoch spekulativen Wert-papieren und US-Anleihen lange Zeit vorenthalten wurden, die aber letztlich die milliardenschwere Zeche der Finanz-jongleure zu bezahlen haben, erwarten mit großer Aufmerksamkeit das Ermitt-lungsergebnis um den Finanzskandal der BayernLB. Gespannt dürfen sie auch sein, zu wel-chem Ergebnis die juristische Prüfung von haftungsrelevanten Tatbeständen,

also von zivilrechtlichen Schadenser-satzansprüchen gegenüber Vorstand und Verwaltungsrat der BayernLB kom-men wird, mit der renommierte Rechts-anwaltskanzleien beauftragt wurden. Alle haben den gleichen Sachverhalt zu beurteilen, nämlich ob Vorstände und Verwaltungsräte der Bayerischen Landesbank zu leichtfertig bei den Ge-schäften mit „Ramsch-Hypotheken“ und „Schrottpapieren“ agierten und ihre Bank dadurch fast in den Ruin getrie-ben haben. Doch auch diese Gutachten kos ten die Steuerzahler Geld. Was aber, wenn die juristischen Untersuchungen zu unterschiedlichen Erkenntnissen kommen? Wem wird im Zweifelsfall geglaubt? Braucht man dann eventuell gar noch mehr teure Gutachten? Darauf, dass etwaige Schadensersatzansprüche zu allem Überfluss nicht auch noch ver-jähren, wird der Bund der Steuerzahler sein besonderes Augenmerk richten.Erwartungsvoll wird auch einer weiteren juristischen Prüfung entgegengesehen. So lässt die Bayerische Staatsregierung mitsamt ihrer Landesbank eine Scha-densersatzklage gegen die Verkäufer der HGAA, darunter das österreichische Bundesland Kärnten prüfen. Dabei geht es um den Verdacht, dass Kärnten und andere frühere Inhaber der dort an-sässigen HGAA den maroden Zustand ihres Kreditinstituts und dessen Risiken beim Verkauf ihrer kaputten Bank an die BayernLB bewusst verschleiert haben könnten, um einen höheren Kaufpreis zu

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Die BayernLB ist für die Steuerzahler ein gigantisches Milliardengrab!

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FinanzmärkteFinanzmärkte

Joachim S., gegen den mittlerweile ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Untreue einge-leitet wurde. Auch dienstrechtliche Kon-sequenzen wurden getroffen.Als der Vorgang bekannt wurde, war es das Landratsamt Regensburg als zustän-dige Rechtsaufsichtsbehörde, das auf die „tickenden Zeitbomben“ umgehend reagiert und mit der Beauftragung des Bayerischen Kommunalen Prüfungsver-bands eine lückenlose Aufklärung des gesamten skandalösen Finanzgebarens eingeleitet und schließlich auch erreicht hat. Der Bayerische Kommunale Prü-fungsverband fällte ein vernichtendes Urteil. Er stellte u. a. fest, dass „das Mo-dell einer kreditfinanzierten Fondsan-lage von Anfang an wirtschaftlich frag-würdig“ und „der Ankauf von spekula-tiven Wertpapieren kommunalrechtlich unzulässig war“. Außerdem wurden In-formations- und Kontrollpflichten gröb-

lich vernachlässigt.Letztlich Leidtragende des ganzen De-sasters sind die fünf oberpfälzischen Mitgliedsgemeinden des AZV, Ober-traubling, Thalmassing, Mintraching, Köfering und Alteglofsheim sowie de-ren Bürger. Zu hoffen bleibt, dass in-folge der Millionenverluste die an den AZV von den Mitgliedsgemeinden zu zahlenden Umlagen nicht auch noch ins Unermessliche steigen.

rungsgeschäften (CDS) auch vier soge-nannte Collateralized Debt Obligations mit Banken geschlossen (CDOs). Mit den CDO-Geschäften übernahm die KWL gegenüber der UBS und verschiedenen Banken das Ausfallrisiko für Kreditport-folios in Höhe von ca. 290 Mio. Euro. Der Sicherungsgeber (KWL) gewährt dabei dem Sicherungsnehmer (Bank) für den Fall des Eintritts bestimmter Kreditereignisse in einem CDO-Port-folio unter bestimmten Bedingungen eine Ausgleichszahlung. Zwei Banken haben erste Zahlungsforderungen bei der KWL im März geltend gemacht. Der Aufsichtsrat der KWL beschloss, ge-richtlich feststellen zu lassen, dass die CDO-Finanztransaktionen unwirksam sind. Die juristische Analyse der hierzu vorliegenden Verträge hat ergeben, dass die Verträge unter Federführung der UBS ohne Zustimmung der zuständigen Gremien abgeschlossen wurden.Die ehemaligen Geschäftsführer des Wasserversorgers haben mit den hoch spekulativen Finanzwetten ihre Befug-nisse deutlich überschritten. Den Ban-ken sei dieses Problem bewusst gewe-sen. Die Klage wurde beim Landgericht Leipzig eingereicht. Die Stadt Leipzig unterstützt die Klage der Kommunalen Wasserwerke Leipzig GmbH (KWL) ge-gen die Banken UBS, LBBW und DEPFA. Mit den Stimmen aller Fraktionen wurde Oberbürgermeister Burkhard Jung be-auftragt, gemeinsam mit der LVV und den KWL alle notwendigen Schritte ein-

zuleiten, um im Rahmen des rechtlich Gebotenen und wirtschaftlich Vertret-baren die Forderungen der Banken aus den CDO-Transaktionen abzuwehren. Die Ratsversammlung sprach sich auf ihrer Sondersitzung am 16. März 2010 gegen die Zahlungen an die Banken aus, da aus Sicht der Stadt Leipzig die Ver-tragsgrundlagen nichtig sind.

Mintraching. Einen bösartigen Reinfall erlebte der Zweckverband zur Abwas-serbeseitigung im Pfattertal (AZV). So hat das dem AZV angegliederte Kom-munalunternehmen „Verwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft des Zweckver-bands zur Abwasserbeseitigung im Pfat-tertal“ (VBA) äußerst riskante finanzielle Transaktionen getätigt. Die VBA nahm Kredite in Höhe von rund 25,6 Mio. Euro auf. Sie investierte davon rund 23 Mio. Euro in einen eigens von einem beauf-tragten Bankinstitut aufgelegten „VBA-Cofonds“. Man wollte gleichsam mit gepumptem Geld Gewinne machen. Da dieser Fonds nicht die ersehnte Rendite brachte, wurden Fondsanteile von rund 5 Mio. Euro verkauft, um diesen Betrag wiederum in hochspekulativen Wertpa-pieren anzulegen. Zusammen mit ande-ren äußerst risikoreichen Finanzderi-vatgeschäften wurden dabei über einen Zeitraum von rund zehn Jahren insge-samt ca. 7 Mio. Euro verzockt und in den Sand gesetzt. Zentrale verantwortliche Figur des Finanzskandals ist der ehe-malige Vorsitzende des Zweckverbands

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Insgesamt rund 7 Mio. Euro verzockte die Verwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft des Zweckverbands zur Abwasserbeseitigung im Pfattertal.

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Teure Fehler Teure Fehler

verlängert. Für das städtische Rech-nungsprüfungsamt ein klarer Fall von grober Pflichtverletzung. Die Stadt Gos-lar spricht wiederum von bedauerlichen Bürofehlern. An der Rechtsauffassung der ungültigen Kündigungen zweifelt die Stadt, wollte es aber auf keine jahrelan-gen Prozesse mit ungewissem Ausgang ankommen lassen – insbesondere nicht vor dem Hintergrund, dass die zeit-liche Verzögerung dazu geführt hätte, dass ihr Bauprojekt wohl nicht mehr in den Genuss von Landesförderungen gekommen wäre, die im Jahr 2012 aus-laufen. Die Streitigkeiten wurden daher außergerichtlich beigelegt. Den Mietern wurden für die Beendigung ihrer Ver-träge beträchtliche Zugeständnisse in Form von Entschädigungszahlungen und Übernahme der Abrisskosten in einer Gesamthöhe von ca. 73.000 Euro gemacht. Diese Vereinbarungen wurden vom Rechnungsprüfungsamt kritisiert – die angestrebte bauliche Umgestaltung hätte wirtschaftlicher durchgeführt wer-den können, wenn der nächstmögliche Kündigungstermin zum 30. Juni 2014 von der Stadt akzeptiert und der Bau-beginn verschoben worden wäre. Doch so viel Geduld hatte man im Goslarer Rathaus offenbar nicht.

Blandorf/Ostfriesland. Auf welch kost-spielige Weise hochfliegende Träume doch platzen können, erlebte die ostfrie-sische Samtgemeinde Hage. Seit 1972 hatte man dort die fixe Idee, in Blandorf

einen Campingplatz zu errichten. Doch erst 2002 konnte die Samtgemeinde das dazu auserkorene 5,3 Hektar große Areal für rund 330.000 Euro plus ca. 20.000 Euro Nebenkosten erwerben – auf Kredit versteht sich. Allerdings sprang der sicher geglaubte Investor, der den Campingplatz errichten und betreiben sollte, schnell wieder ab. So lag das Pro-jekt fast sieben Jahre lang faktisch auf Eis, während der Schuldendienst für das aufgenommene Darlehen zu bedie-nen war. Erst 2009 konnte die Samtge-meinde einen neuen Investor finden, der auch das Grundstück kaufte: Zu einem Drittel des ursprünglichen Kaufpreises! Die Samtgemeinde erhielt für das Areal lediglich knapp 110.000 Euro. Zusätzlich war der Investor bereit, einen Ablösebe-trag für die Schmutzwasserkanalisation in Höhe von über 41.000 Euro zu leisten. Der Samtgemeindebürgermeister meint, damit ein gutes Geschäft gemacht zu ha-ben. Schließlich gab ein zum Zeitpunkt des Verkaufs aktuelles Verkehrswertgut-achten den Grundstückswert mit etwa 143.000 Euro an. Wenn dem so ist, wurde die Samtgemeinde offenbar 2002 auf ek-latante Weise zulasten der Steuerzahler übervorteilt. Denn dass das Areal in sie-ben Jahren aufgrund von Marktentwick-lungen rund zwei Drittel an Wert ver-loren hat, behauptet noch nicht einmal der Samtgemeindebürgermeister selbst. Und als wäre das nicht genug, ist die Samtgemeinde auch auf dem Restdar-lehen von 245.000 Euro aus dem Grund-

Leinfelden-Echterdingen. Bereits im Win-ter 2010 machte der Bau eines Ziegen-stalls in Leinfelden-Echterdingen (Kreis Esslingen) den Bund der Steuerzahler Baden-Württemberg hellhörig. Satte 118.000 Euro sollten die Steuerzah-ler für den Neubau aufbringen. Inzwi-schen wurde der benötigte Betrag auf 100.000 Euro korrigiert. Die Rechnung mussten übrigens alle Steuerzahler im Land tragen, da auch Mittel aus der na-turschutzrechtlichen Ausgleichsabgabe in den Bau flossen. Die Stadt war Bau-herr und errichtete das Stallgebäude für Ziegen, welche zur Beweidung eines Naturschutzgebietes eingesetzt werden sollten. Allerdings war vorgesehen, dass der neue Stall nur als Winterquartier ge-nutzt wird. In der übrigen Zeit sollte das Gebäude als Lagerraum und zur Nut-zung durch den Pächter dienen. Nicht konkret beantwortet wurde die Frage, ob der Bau eines Stallgebäudes nicht auch günstiger möglich gewesen wäre. Dazu wurde lediglich auf die Anforderungen und Auflagen des Landwirtschaftsamtes verwiesen, damit eine artgerechte Un-terbringung der Tiere gewährleistet sei. Zudem führte die Stadt aus, man sei be-müht, das Gebäude möglichst gut in die Landschaft zu integrieren. Später wurde allerdings vermeldet, dass der Pächter offenbar gar keinen Stall benötigt, da er über einen eigenen verfügt. Der Ziegen-stall drohte demnach leer zu stehen und war auf dem besten Weg, zu einem „So-Da-Ziegenstall“ zu werden, der einfach

so da steht. Kurz vor Redaktionsschluss wurde nun aber anscheinend doch noch eine Ziegenherde aus dem Hut gezau-bert, die den Stall bevölkern soll. Al-lerdings werden nun noch Strom- und Wasseranschlüsse benötigt, so dass mit weiteren Kosten zu rechnen ist. Fazit: Der Steuerzahler schüttelt den Kopf und ärgert sich.

Goslar. Aus der tristen Talstraße soll eine ansehnliche Baumallee werden – so sieht es die Planung der Stadt Goslar hinsichtlich der Umgestaltung der Orts-mitte Oker vor. Fünf Pavillons stehen der Realisierung dieses Vorhabens im Wege und sollen daher abgerissen werden. Praktischerweise wurden die Pavillons auf Grundstücken errichtet, die nur ver-mietet worden waren. Nach dem Willen der Stadt sollten die Grundstücksmiet-verträge zum 30. Juni 2009 gekündigt und die Pavillons danach vertragsge-mäß auf Kosten der ehemaligen Mieter abgerissen werden. Was in der Theorie einfach klingt, scheiterte in der Praxis aber an Formmängeln: Denn entweder hätten die Vertragskündigungen vom Oberbürgermeister persönlich unter-schrieben oder einem Bevollmächtigten eine entsprechende Vollmachtsurkunde ausgestellt werden müssen. Doch nichts von beidem geschah, obwohl die Rat-hausspitze mit zwei Volljuristen besetzt war. Bei festgestellter Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigungen hät-ten sich die Mietverträge um fünf Jahre

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Teure FehlerDumm gelaufen oder nicht zu Ende gedacht?

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Teure FehlerTeure Fehler

Maubach, Rems-Murr-Kreis. Ein wahrer Schilder-Streich ereignete sich in Mau-bach, einem Stadtteil von Backnang im Rems-Murr-Kreis. Da viele Autofahrer die innerörtliche Geschwindigkeitsbe-grenzung von 50 km/h auf der Durch-gangstraße in Maubach nicht beachten, sah sich die lokale Verwaltung zu Gegen-maßnahmen veranlasst. Der Ortsvorste-her verfiel dabei auf die Idee, die Raser mit einem Blitzer zur Einhaltung des Tempolimits zu bewegen. Das „aber“ an dieser Idee liegt allerdings in der Verwal-tungsvorschrift des Innenministeriums für die Verkehrssicherheitsarbeit der Polizei (VwV – VkSA) vom 13.12.2006. Dieser Verwaltungsvorschrift ist zu ent-nehmen, dass zwischen Ortstafel und Blitzer mindestens 150 Meter liegen sollen. Unterschreitungen dieser Min-destentfernung sind unter anderem nur an gefährlichen Stellen sowie im unmit-telbaren Umfeld von Schulen, Kinder-gärten oder Baustellen zulässig. Was im Allgemeinen bedeutet, dass die Strecke zwischen Ortseingang, Blitzer und Orts-ausgang mindestens 300 Meter betragen muss. In Maubach besteht allerdings das Problem, dass Autofahrer bereits nach weniger als 300 Metern den Ort wieder verlassen haben. Doch hier wussten die Behördenvertreter Abhilfe. Im Rahmen einer gemeinsamen Ver-kehrsbesichtigung unter Beteiligung von Polizeivollzugsdienst, des Straßen-baulastträgers und Verkehrsbehörde wurde beschlossen, die Ortstafel kurzer-

hand um 30 Meter zu versetzen. Damit waren die Bedingungen für den Einsatz einer Radarfalle erfüllt und alle zufrie-den. Fast alle, denn die Gemeindever-treter von Burgstetten, der Nachbarge-meinde Maubachs, stellten fest, dass die Ortstafel „Maubach“ nun plötzlich auf der Markung von Burgstetten stand. Bemühungen des Ortsvorstehers von Maubach, die notwendige Erlaubnis im Nachhinein einzuholen, scheiterten am Gemeinderat von Burgstetten. Dieser äu-ßerte zwar Verständnis für den Wunsch Maubachs, die Verkehrssicherheit zu er-höhen, dies könne jedoch auch mit ande-ren Mitteln realisiert werden, wie im Sit-zungsbericht der Gemeinderatssitzung nachzulesen ist. Man war offensichtlich nicht gewillt, Teile der Markung an Mau-bach abzutreten. Also musste das Schild wieder abmontiert und an die alte Stelle versetzt werden. Dumm gelaufen, kann man dazu nur sagen. Und nebenbei 750 Euro verschleudert.

Wettenberg. Reichlich spät, aus Sicht der Gebührenzahler viel zu spät, haben sich die Gemeindevertreter von Wettenberg dazu entschlossen, sich endgültig von der Eigenwasserversorgung zu trennen. Zwar hatte man im Jahr 2007 die Eigen-gewinnungsanlage „Stockborn“ in Wiß-mar außer Betrieb gesetzt, aber die letzte Anlage in Krofdorf wurde noch beibe-halten, obwohl es besonders nach Regen immer wieder zu Abschaltungen wegen Eintrübungen kam. Hätte man sich sei-

stückskauf sitzen geblieben, das bis ins Jahr 2033 zu bedienen ist. Doch in Hage bleibt man lieber dem Zweckoptimismus treu, anstatt Fehler offen einzugestehen und daraus zu lernen. Der geplante Cam-pingplatz soll nämlich mehr als 27.000 Übernachtungen pro Jahr und damit verbundene Kaufkraftgewinne von jähr-lich 550.000 Euro generieren. Auf diese Weise soll das Verlustgeschäft nach-träglich als kluge Wirtschaftsförderung gerechtfertigt werden. Im Interesse der Steuerzahler kann man nur hoffen, dass es sich diesmal nicht um hochfliegende Träume handelt.

Kreis Herford. Rund 4,5 Mio. Euro sollten der Neubau der Feuerwehr-Leitstelle und die Erweiterung der Feuerwehrzentrale des Kreises Herford kosten. Doch dann kam es anders als gedacht. Der Architekt hatte für den Neubau der Leitstelle den falschen Kostenindex angesetzt. Statt des Indexes für Feuerwehrgerätehäuser (273 Euro pro Kubikmeter umbauter Raum) hätte der Index für Bürogebäude, hoher

Standard (498 Euro pro Kubikmeter), gewählt werden müssen. Die Korrektur dieses Fehlers schlägt mit fast 1,3 Mio. Euro zu Buche. 369.000 Euro Mehrkosten entstehen, weil die ursprünglich vorge-sehene Bauzeit zu kurz bemessen war und um zwei Jahre verlängert wurde. Weitere 135.000 Euro kostet der Umbau der Atemschutzwerkstatt und der dazu-gehörigen Übungswohnung. Dass die neue Leitstelle „energetisch optimiert“ wird, also als Passivhaus gebaut, kostet noch einmal 216.000 Euro mehr. So sinn-voll diese Maßnahme auf lange Sicht ist – nach sieben Jahren soll sie sich amor-tisiert haben –, das hätte sich der Kreis Herford von Anfang an überlegen und in die Kalkulation einbeziehen sollen. So sind aus 4,5 Mio. Euro jetzt 6,4 Mio. Euro geworden. Es erübrigt sich fast, darauf hinzuweisen, dass ein privater Häus-lebauer bei so eklatanter Fehlplanung kaum noch eine Bank finden dürfte, die ihm Kredit gewährt. Doch die öffentliche Hand hat’s gut. Der Steuerzahler ist eine sichere Bank.

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Beim Bau der Feuerwehrleitstelle wurde ein falscher Kostenindex angesetzt.

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Teure FehlerTeure Fehler

rechtskräftigen Vertrages – zur Not mit-hilfe einer Klage – hätte pochen müssen und dafür fast acht Jahre lang Zeit hatte. Es bleibt zu hoffen, dass in Bremerhaven zukünftig Bürgschaftsverpflichtungen ernster genommen werden, als es bis-lang der Fall war.

Ulm. In der Nähe des Steinbruchs in Mähringen, einem Ulmer Stadtteil, wurde im Sommer 2009 ein Aussichts-turm errichtet. Sinn und Zweck dieser Baumaßnahme war es, Spaziergängern schöne Ausblicke ins Tal zu ermöglichen. Die Kosten für die Herstellung und Bau-durchführung des Turms beliefen sich nach Auskunft der Stadt Ulm auf im-merhin rund 8.000 Euro. Bedenken ge-gen das Vorhaben gab es offenbar we-der seitens des Naturschutzes noch der Forstwirtschaft. Informationen über ein artenschutzrelevantes Biotop einer ge-schützten Tierart sollen der Naturschutz-behörde zum Zeitpunkt der Genehmi-gung nicht vorgelegen haben. Und so machte schließlich der Uhu einen Strich durch die Rechnung. Vogelschützer hat-ten festgestellt, dass der Lebensraum verschiedener Vogelarten (u. a. der Uhu) durch den Aussichtsturm gestört werde und die Entfernung des Bauwerks gefor-dert. Folglich musste der Aussichtsturm wieder abgebaut werden. Inzwischen hat man einen anderen, naturschutz-verträglichen Standort in der Nähe ge-funden und den Turm bereits wieder aufgebaut. Für die Umsetzung wurden

Kosten in Höhe von 5.000 Euro veran-schlagt; außerdem wurden die Kosten für die Befahrbarkeit des Forstweges am bisherigen Standort auf 2.000 Euro be-ziffert. Bleibt aus Sicht der Steuerzahler zu hoffen, dass in Zukunft immer auch an den Uhu bzw. seine Artgenossen ge-dacht wird.

Hannover. Wie teuer Amtspflichtver-letzungen werden können, erlebte die niedersächsische Landeshauptstadt im März 2010. Eine Grundstücks- und Ver-waltungsgesellschaft hatte unweit des Roderbruch-Zentrums eine Fläche zur Errichtung eines Verbrauchermarktes erworben. Da die gekaufte Fläche nach dem damaligen Bebauungsplan auch für den großflächigen Einzelhandel nutzbar war, standen diesem Projekt amtliche Hinderungsgründe nicht entgegen. Al-lerdings wurde die von der Gesellschaft beantragte Bauvoranfrage von der Stadt Hannover über eine Dauer von mehr als drei Monaten nicht beantwortet, obwohl die Sach- und Rechtslage ein-deutig war. Nicht ohne Grund: Die Zeit wurde dafür genutzt, neue baurechtliche Voraussetzungen zu schaffen und eine Veränderungssperre zu verhängen. Of-fensichtlich sollte eine weitere Einzel-handelsentwicklung in der Nähe des Ro-derbruch-Zentrums verhindert werden. Daraufhin verklagte die Gesellschaft die Stadt Hannover auf Schadenersatz. Im Zuge des Verfahrens wies das Landge-richt Hannover auf die Unzulässigkeit

nerzeit schon dazu durchgerungen, auch die restliche Wasserversorgung über den Zweckverband zu beziehen, der Wasser mit besserer Qualität anbietet, hätten die Wettenberger rund 150.000 Euro sparen können. Man hätte nur einem Antrag der CDU folgen müssen, der im Dezember 2006 Folgendes feststellte: „Die Eigengewinnung von Trinkwasser in Wettenberg ist unwirtschaftlich, führt zu unnötig hohen Wassergebühren und ist weder ökologisch sinnvoll noch für die Versorgungssicherheit erforderlich. 2005 mussten 0,92 Euro aufgebracht werden, um 1 Kubikmeter Wasser in Wettenberg zu gewinnen. Gleichzeitig hätte dieser Kubikmeter Wasser für 0,42 Euro vom Zweckverband Mittelhes-sischer Wasserwerke bezogen werden können, der ohnehin 85 Prozent des Be-darfs in Wettenberg deckt.“ Doch erst als die Eigengewinnung deutlich absackte und zahlreiche Investitionen notwendig gewesen wären, um die Anlage weiter zu betreiben, war man im Sommer dieses Jahres bereit, die Eigenwasserversor-gung aufzugeben.

Bremerhaven. Den Bürgen wird man würgen – die Bedeutung dieses alten Sprichwortes musste die Stadt Bremer-haven aufs Neue lernen. Im Jahr 2002 verkaufte sie zwei als GmbH geführte Se-niorenheime für ca. 3,9 Mio. Euro an ei-nen privaten gemeinnützigen Altenheim-Betreiber aus Oldenburg. Bestandteil des Kaufvertrages waren auch zwei Bank-

Ausfallbürgschaften aus den Jahren 1997/98 in einer Gesamthöhe von knapp 3 Mio. Euro, die Bremerhaven ihren beiden defizitären kommunalen Gesell-schaften damals gewährt hatte. Sowohl im seinerzeitigen Verkaufsbeschluss der Stadtverordnetenversammlung als auch im notariellen Kaufvertrag war die zü-gige Ablösung der beiden Bürgschaften vorgesehen. Der neue Eigentümer ver-pflichtete sich somit vertraglich, die See-stadt Bremerhaven von den Bürgschafts-verpflichtungen freizustellen. Doch zu ei-ner Bürgschaftsfreistellung ist es nie ge-kommen. Von 2002 bis 2010 begnügten sich die Vertreter der Stadt damit, den unwilligen Heimbetreiber wiederholt schriftlich und mündlich an die vertrag-lich vereinbarte Ablösung der Bürg-schaften zu erinnern. Auf die Einleitung rechtlicher Schritte wurde vonseiten des Magistrats verzichtet. Ein Versäumnis, das sich bitter rächen sollte. Als der pri-vate Heimbetreiber im März 2010 Insol-venz anmeldete, nahm die kreditgebende Bank die Bürgschaften in Anspruch. So musste Bremerhaven also viele Jahre nach der Veräußerung der Altenheime mit Steuergeldern für längst erledigt ge-glaubte Zusicherungen aufkommen. Ein kleiner Trost für die Steuerzahler: Auf-grund der kontinuierlichen Kredittilgung halbierte sich die effektive Ausfallbürg-schaft von 3 auf 1,5 Mio. Euro. Dennoch bleibt es ein zu teurer Paukenschlag für eine verschlafene Verwaltung, die ledig-lich konsequent auf die Einhaltung eines

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Teure FehlerTeure Fehler

ten Künstler mit ihren Handys Kurzfilme drehen. Das Handy soll damit zum „Kre-ativwerkzeug“ werden. Man wolle da-mit das „Massenprodukt“ Handy seiner „kommerziellen Logik“ entreißen. Vor lauter grenzenloser Schöngeistigkeit dieser Art ist es für die Projektbeteiligten offenbar eine Petitesse, dass ihre Ideen nur finanziert werden können, weil eu-ropäische Steuerzahler Tag für Tag der ach so verabscheuungswürdigen „kom-merziellen Logik“ folgen und als Ar-beitgeber und Arbeitnehmer Produkte anbieten, für die andere Mitmenschen freiwillig Geld ausgeben.

Magdeburg. Nach Auszug des Magde-burger Straßenbauamts im Jahr 2006 aus einem Gebäude, das 1970 gebaut worden war, entdeckte das benachbarte Finanzministerium des Landes Bedarf an Büroflächen für 50 Mitarbeiter. Dazu musste nach fast 40-jähriger Nutzung das fünfgeschossige Haus erst einmal saniert werden. Immerhin 870.000 Euro kostete das. Doch kurz nach dem Ein-zug im Oktober 2008 klagten Mitarbeiter über üblen Geruch und Kopfschmerzen. Die Analyse der Raumluft brachte keine Aufklärung und lag innerhalb der Richt-werte. Bohrkerne aus dem Fußboden belegten dagegen krebserregende Sub-stanzen unter dem Estrich des Fußbo-dens. Daher wurde im April 2009 das Haus geräumt. Die Mitarbeiter kamen in anderen Büros unter. Für nochmals 40.000 Euro suchten danach Experten

weiter die Ursache des Gestanks. Sie kennen sie bis heute nicht. Eine erneute „Nachsanierung“ kam nicht mehr in Frage, und so fiel konsequenterweise die Entscheidung, das Gebäude nicht mehr zu nutzen. Es steht leer. Für seine weitere Verwendung soll es mehrere Alternativen geben. Endgültig ist noch nicht entschieden worden. Ein Anbau an das Hauptgebäude des Finanzministe-riums soll nun neuen Büroraum schaf-fen. Kosten: 8 Mio. Euro. Das ging dem Finanzausschuss des Landtags dann doch zu weit. Er zeigte Realitätssinn und lehnte die Bereitstellung der Mit-tel ab. Seit eineinhalb Jahren arbeiten die 50 Mitarbeiter verteilt über meh-rere Standorte in anderen Räumen der Landesbehörden. Vielleicht greift man die Anregung einzelner Mitglieder des Landtags-Finanzausschusses auf, es bei der Unterbringung in anderen Verwal-tungsgebäuden zu belassen. Das würde dem Steuerzahler erneute Ausgaben er-sparen.

des Verhaltens der Stadt Hannover hin. Die einfache planungsrechtliche Frage hätte von der Stadt spätestens nach drei Monaten positiv beantwortet werden müssen. Somit hätte das Bauvorhaben dann nicht durch eine spätere Verände-rungssperre verhindert werden können. Nach Auffassung des Gerichts haftet für dieses amtspflichtwidrige Verhalten die Stadt Hannover dem Grunde nach. Ba-sierend auf dieser Einschätzung entwi-ckelte das Landgericht einen Vergleichs-vorschlag, nach dem die Stadt an die Gesellschaft 60.000 Euro zu zahlen hat. Diesem Vergleich stimmten beide Seiten schließlich zu. Zusätzlich zur Vergleichs-summe fielen bei der Stadt noch Rechts-anwaltsgebühren von 7.782 Euro an.Für diese Aufwendungen kommt der HADG (Haftpflichtschadenausgleich der Deut-schen Großstädte) auf, der sich selbst über Umlagen seiner Mitgliedsstädte fi-nanziert. Somit ist der Steuerzahler am Ende doch der Dumme.

Europa. Rund 400 Mio. Euro gibt die EU-Kommission im Rahmen ihres „Programm Kultur 2007-2013“ aus. Das „Kulturreferat der Exekutivagentur für Bildung, Audiovisuelles und Kultur“ ver-teilt das Geld an findige Antragsteller. Einige Beispiele für höchst fragwür-dige Förderprojekte: 50.000 Euro zahlt die Kommission in diesem Jahr für ein „Europäisches Hip-Hop-Laboratorium“. Die französischen Antragsteller beklagen das Fehlen einer europäischen Hip-Hop-

Kooperation. Hip-Hop müsse in Europa stärker bekannt gemacht werden. Die Zusammenarbeit der Hip-Hopper im professionellen und im Amateurbereich sei zu fördern. Die EU subventioniert nun entsprechende Treffen am Rande von Hip-Hop-Veranstaltungen quer über den Kontinent. 56.970 Euro spendiert die EU ebenfalls einem französischen Verein für ein Europäisches Joystick Orchester. Das Projekt soll Joystick-Musiker und Kom-ponisten von Computermusik zusam-menbringen und die Europäer an die se Kunst heranführen. Ab Oktober 2010 sind Joystick-Konzerte in Italien, Belgien und Frankreich geplant. 81.000 Euro kos tet in diesem Jahr die Förderung der kulturellen Betätigung von Insassen von europäischen Gefängnissen. Die künst-lerischen Fähigkeiten der Gefangenen müssten mit Hilfe von EU-Geldern be-wahrt werden, meinen die italienischen Antragsteller. Außerdem wolle man mit dem Projekt verschiedene Aktivitäten finanzieren, damit die Öffentlichkeit die künstlerischen Werke von Gefangenen besser wahrnehmen kann. 200.000 Euro ist es der EU-Kommission wert, damit die Menschen über das „kreative und demokratische Potenzial“ von Handys aufgeklärt werden. Hierzu sind u. a. Workshops geplant. Hauptinhalt des Projekts ist es, vom Herbst 2010 bis zum Winter 2011 mit Hilfe von Handys die „urbanen Realitäten“ von Prag, Timi-soara, Warschau, Barcelona und Paris zu erkunden. Dort wollen die begünstig-

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Teure AnnehmlichkeitenTeure Annehmlichkeiten

Euro hat der Kalkhaldenpark gekostet. Wieder hat das Land 80 Prozent und die Stadt Würselen 20 Prozent bezahlt. Doch ganz unabhängig davon, ob man Graniteier im Wald und die Ausblicke von den Kalkhalden schön findet oder nicht – das Dekorieren, Schmücken und Verzieren öffentlichen Grüns mit allerlei Gedöns ist schlicht überflüssig und lässt den Blick für das Wesentliche und Wich-tige vermissen. Ein attraktives Naherho-lungsgebiet, ein Wald, ein Park werden auch ohne Kunstobjekte und Aussichts-plattformen besucht. Würden die öffent-lichen Kassen überquellen – niemand würde sich aufregen. Doch derzeit wird diese Landschaftskosmetik mit Geld be-zahlt, das nicht mehr vorhanden ist. Wie tief muss der Schuldensumpf eigentlich noch werden, damit Land und Kommu-nen zur Besinnung kommen?

Büren. Ginge es nicht um Steuergeld, wäre es eine lustige Geschichte: Um den Klängen von Alphörnern zu lauschen, muss man nicht in die Alpen fahren. Eine Tour in die Stadt Büren kann ausreichen. Denn an Wandertagen, Radfahrtagen oder bei Fahrten der Almetalbahn spielt dort ein Alphorn-Quartett an der Burg-ruine auf einem – im Vergleich zu den Al-pen – sehr kleinen Hügel. Wenn es Men-schen gibt, die daran Spaß haben – bitte. Doch die Sache hat einen Haken: Die vier Alphörner im Wert von 11.000 Euro wurden mit Steuergeld finanziert. 5.500 Euro zahlte die Stadt, die andere Hälfte floss aus einem EU-Fördermitteltopf. Die Stadt erklärt es wie folgt: Unter dem Motto „Auf den Spuren der Naturtöne“ soll das Alphorn-Quartett touristische Aktivitäten musikalisch umrahmen und aufwerten. Außerdem werde eine „mystische Atmosphäre“ im Almetal er-zeugt, der sich kein Mensch entziehen könne. Dadurch erwarte man „eine po-sitive Auswirkung auf das Image, den Bekanntheitsgrad und die touristischen Einrichtungen des Bürener Landes“. Zu-dem stärke das Quartett die Zusammen-arbeit mit der Partnerstadt Mittersill in Österreich. Denn mit den dortigen Alp-horn-Bläsern, die Büren überhaupt erst auf die Idee gebracht haben, ein Quar-tett zu gründen, sollen nun gemeinsame Übungslehrgänge und Auftritte stattfin-den. Würde es sich nicht um ein offi-zielles Schreiben handeln, könnte man diese schriftliche Erklärung der Stadt

Landkreis Lörrach. Die Steuerzahler mus-sten mehr als 165.000 Euro für den Bau einer Aussichtsplattform bei Efringen-Kirchen im Landkreis Lörrach berappen. Nach den Ausführungen des Regierungs-präsidiums Freiburg wird die Erholungs-nutzung entlang des Rheins durch den Bau eines Hochwasserrückhaltebeckens zeitweise eingeschränkt. So ist offenbar insbesondere der Bereich um die Isteiner Schwellen, ein Teil des Altrheins, der u. a. als Naherholungsgebiet dient, betrof-fen. Aufgrund dieser Einschränkungen wurden nach Auskunft der Behörde Aus-gleichs- und Ersatzmaßnahmen festge-legt, die bestehende Erholungsschwer-punkte aufwerten sollen. Dies führte dazu, dass eine mächtige Aussichtsplatt-form nebst Schautafeln an den Isteiner Schwellen errichtet wurde. Neben einem laut Regierungspräsidium spannenden Ausblick auf die Isteiner Schwellen und den Fluss kann nun auch unter anderem die Wasseramsel beobachtet werden. Hoffentlich „verhagelt“ es den Steuerzah-lern nicht die Aussicht, wenn er auf der Plattform steht und an die Kosten für das Bauwerk denkt. Der Bund der Steuerzah-ler hält eine solche Aussichtsplattform für unzeitgemäß. Das hätte man wirklich nicht gebraucht.

Würselen. Sie sehen aus wie Dinosau-riereier und sind aus Granit. 18 Stück wurden auf der aufgeforsteten Halde Gouley bei Würselen verteilt. Die ehe-malige Kohlehalde wurde zur EuRegio-

nale 2008 neu inszeniert, um „diesen Ort für Reiter und Spaziergänger erfahrbar zu machen“. Zur Inszenierung gehören auch eine Aussichtsplattform und Sitz-gelegenheiten, deren Gestaltung an Pa-pierfalter erinnert. Am Fuße der Halde Gouley wartet indes eine weitere Attrak-tion: die etwa zehn Meter hohen kohle-sauren Kalkrückstände einer ehemaligen Sodafabrik, die 1929 ihre Produktion eingestellt hat. Und auch hier braucht es plötzlich einen Aussichtssteg und ein Aussichtsfenster, um die kleine Kalk-halde zu bewundern. Insgesamt hat die Verschönerung der Halde rund 95.000 Euro gekostet, zu 80 Prozent vom Land NRW und zu 20 Prozent von der Stadt Würselen bezahlt. Nahe der Hauptein-kaufsstraße in Würselen gibt es zwei weitere Kalkhalden, die brach lagen und auf „städtebaulich hochwertige Art er-schlossen“ wurden, so die Stadt. Städte-baulich hochwertig? Ein trister Platz, ein mit Beton eingefasstes Wasserbecken und zwei verwilderte, etwa 15 Meter hohe Halden, die man nun über Trep-pen erklimmen kann. Die steilen Hänge der kleineren Halde sind gesichert mit feinmaschigen Edelstahlnetzen und Ge-ländern. Auf dem Rücken dieser Halde befinden sich Aussichtsplattformen und ein Skywalk, eine über den Rand der Halde hinausragende Aussichts-plattform. Sie bieten wahlweise einen Blick in die Fenster eines Mietshauses, auf einen Supermarkt, den tristen Platz oder ins Blättergestrüpp. Rund 1,75 Mio.

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Luxus aus SteuergeldernTeure Annehmlichkeiten

Die Dino-Eier und andere „Verschönerun-gen“ kosteten 95.000 Euro.

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Teure AnnehmlichkeitenTeure Annehmlichkeiten

Bund. Vor gut einem Jahr gerieten 115 Bundestagsabgeordnete in die Schlag-zeilen, als bekannt wurde, dass sie sich großzügig auf Kosten der Steuerzahler mit schmucken und teuren Schreibuten-silien ausgestattet hatten. Auch wenn die Namen der Abgeordneten bis heute nicht bekannt sind, so steht doch ihre Einkaufsliste fest: 396 Schreibgeräte der Nobelmarke Montblanc wurden für 68.800 Euro auf Steuerzahlerkosten be-schafft. Die öffentliche Empörung war entsprechend groß. Auch wenn das Gebaren der Abgeordneten rein formal nicht zu beanstanden war, blieb den-noch die Frage nach Maß und Anstand offen. Denn die Beschaffung der teuren Schreibwaren erfolgte nicht aus den Monatsdiäten in Höhe von 7.668 Euro oder der monatlich steuerfreien Kosten-pauschale von derzeit 3.969 Euro, wie es eigentlich naheliegen würde, sondern aus einem Nebentopf – dem sogenann-

ten Konto für Sachleistungen – aus dem jedem Abgeordneten 12.000 Euro pro Jahr zustehen. Der BdSt kritisierte die ungehemmte Kauflust der Volkvertreter und forderte grundlegende Änderungen für das Sachleistungskonto. Mit dem im Jahr 1998 geschaffenen Budget können Abgeordnete sämtliche benötigten Bü-romaterialen finanzieren. Aber auch die verschiedensten IT-Artikel stehen auf der Bestellliste, von elektronischen Übersetzungsgeräten, Kaffeevollau-tomaten, Digitalkameras, Notebooks, DVD-Recordern bis hin zu Handys und den dazugehörigen Freisprechanlagen für den privaten PKW einschließlich der Einbauarbeiten. Die vom Bund der Steuerzahler angeführte Kritik rief den Bundestagspräsidenten sowie den Ältestenrat auf den Plan, die sich der Regelungen zum Konto annahmen, um künftig Missbrauch und Missverständ-nisse zu vermeiden. Wenig später dann

glatt für einen Scherz halten. Ein Wer-begag, über den man nur sehr kurz la-chen kann, gefolgt von der Überlegung: Schade, dass die Partnerstadt in Öster-reich nicht Blockflöten-Spieler statt der Alphornbläser vorgeführt hat. Hätte Bü-ren diese Idee übernommen, wäre man deutlich billiger davongekommen.

Winterberg. Da staunen Besucher des Geschwister-Scholl-Gymnasiums in Winterberg nicht schlecht: Es glit-zert und funkelt auf dem Schulhof, ein Kunstwerk aus tausenden von bunten Mosaiksteinen auf wellenförmigen Be-tonwänden, an die sich schneckenför-mig Bänke schmiegen. Stolz stellte die Schule im vergangenen September der Öffentlichkeit ihre neue „Kommunika-tionsinsel“ vor. So taufte man das im-posante Bauwerk, das den Schülern in den Pausen als Aufenthalts- und Erho-lungsort dienen soll. Doch mit dem ur-sprünglichen Konzept hat das aufwen-dige Kunstwerk nicht mehr viel zu tun. Die Grundidee lieferte ein Schüler des Gymnasiums, der hierfür sogar mit dem RWE-Klimaschutzpreis ausgezeichnet wurde. Nach den Plänen des Schülers sollten jeweils zwei im Halbkreis aufge-stellte Bänke, angelehnt an einen Wall, zwischen vier Bäumen den Schülern in den Pausen als Sitzgelegenheit dienen. Auch dem Winterberger Rat, dem der Entwurf des Schülers im Winter 2007 vorgestellt wurde, gefiel das Konzept. Hierfür gab es ein Preisgeld von 100

Euro für den Schüler und von 700 Euro für das Gymnasium. Da das Preisgeld für die Schule allein nicht ausgereicht hätte, um Bänke aufzustellen und Bäume zu pflanzen, wurde gleich geklotzt statt ge-kleckert: 33.000 Euro hat die Betonschne-cke, die nun den Schulhof schmückt, gekostet. 15.000 Euro steuerte die Stadt Winterberg zu den Gesamtkosten bei, 18.000 Euro wurden durch Sponsoren finanziert. Das Objekt soll über die funk-tionale Nutzung hinaus als ästhetisches Objekt Sinnträger sein, und man habe auch die Schülerinnen und Schüler an der praktischen Gestaltungsausführung beteiligen wollen, rechtfertigte der Bür-germeister die radikale Änderung des Schülerentwurfs und versichert, der neue Treffpunkt werde zum Verweilen und Austausch von den Schülern sehr gut angenommen. Doch das darf bezwei-felt werden, denn wegen der hohen Ko-sten und unbequemen Sitze gibt es Kritik bei den Gymnasiasten. Hässlich, eng und scharfkantig sei das Objekt, zum Sitzen schlecht geeignet, ärgerten sich einige Schüler. Schade, dass ausgerechnet ih-nen das kostspielige Kunstwerk so wenig gefällt. Offenbar wurden die Wünsche der Schüler von den Verantwortlichen nicht wirklich berücksichtigt. Wenn man die Sponsoren für das Aufstellen von Bänken und die Begrünung des Schul-hofs nach dem ursprünglichen Konzept gewonnen hätte, hätten die Schüler und auch die Steuerzahler sicher mehr von dem Projekt gehabt.

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Das Sachleistungskonto und die ungehemmte Kauflust der Abgeordneten des Bundes-tags, die sich in Montblanc-Schreibgeräten niederschlug, sorgte für Unmut.

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Teure ImagepflegeTeure Annehmlichkeiten

Hennef. Das Prädikat „grober Unfug“ verdienen einige der zehn Kulturpro-jekte, mit denen die Stadt Hennef die Siegschleifen kulturell und touristisch aufwerten möchte. So kann man im Orts-teil Allner ein verrostetes Mühlrad be-sichtigen, das halb im Laub und Erdreich vergraben ist. Dafür wurde extra ein Aussichtssteg gebaut. Eine Mühle zum Mühlrad gibt es aber längst nicht mehr, die wurde schon 1973 abgerissen. Heute verläuft hier eine Landstraße. Jetzt hat man sich an das Mühlrad erinnert und es zum Bodendenkmal erklärt. Kosten für den Aussichtssteg, für Prüfstatik sowie landschaftspflegerische und denkmal-rechtliche Begleitung: 35.000 Euro. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite wurden die Mauern des Schlosses Allner vom Wildwuchs befreit, damit man das Schlossensemble besser wahrnehmen kann. Von der Straße aus kann man das repräsentative Schloss hinter den meter-hohen Mauern allerdings nicht sehen. Nur von der gegenüberliegenden Siegwiese aus sieht man ein paar Türme zwischen Baumwipfeln herausragen. Besichtigen kann man Schloss Allner auch nicht, es ist in Privatbesitz. Trotzdem ließ die Stadt insgesamt 15 Bäume und 100 Quadrat-meter Sträucher vor und auf der Mauer auf Kosten der Steuerzahler entfernen. Kosten: 30.700 Euro. Mit 1.000 Euro be-teiligte sich die Schlossverwaltung, die sich sicher über die preiswerte Mauer-pflege freut. Geprüft wird derzeit auch noch eine bessere Beleuchtung, damit die

Mauern nachts gut zu sehen sind. Kleines Schmankerl am Rande: Inzwischen sind ein paar Monate ins Land gegangen – und das Grünzeug hat sich wieder präch-tig ausgebreitet. Drittes Projekt: Ein neu angelegter Brunnenplatz, der Besucher über die Ortsgeschichte informieren soll. Von 1923 bis 1963 gab es das „Marien-brünnchen“, dessen Wasser einer Sage nach Heilwirkung haben sollte. Nach dem Bau der Wahnbachtalsperre blieb nur noch ein Brunnenschacht mit Me-talldeckel zurück, unzugänglich auf einer Pferdewiese. Jetzt wurde der Brunnen erneuert und mit Bänken flankiert. Wei-dezäune wurden verlegt und 250 Meter Fuß- und Reitweg auf dem Privatgrund-stück neu gestaltet. Der Platz ist für Orts-unkundige schwer zu finden. Wenn sich trotzdem mal Besucher hierhin verirren, dürften die ziemlich enttäuscht sein, denn das berühmte Heilwasser kann man nicht

ein Teilerfolg für die Steuerzahler: „Auf Anregung des Bundestagspräsidenten hat der Ältestenrat die Regelungen zum Sachleistungskonto überprüft und be-schlossen, ab sofort Schreibgeräte der Firma Montblanc und vergleichbare hochpreisige Kugelschreiber und Füll-federhalter nicht mehr aus dem Sach-leistungsbudget zu erstatten.“

Schwerte. 1993 war kein gutes Jahr für Schwerte. In diesem Jahr eröffnete die Stadt das Freizeit-Allwetterbad (FAB), das 2009 nach nur 16 Jahren wieder ge-schlossen wurde. In der Zwischenzeit hat das FAB die Steuerzahler vor allem Geld gekostet. Viel Geld. Das Gesamtde-fizit liegt bei weit über 25 Mio. Euro, und auch die knapp 9 Mio. Euro Baukos ten sind noch lange nicht bezahlt. Seit 1993 zählt die Stadt Schwerte außerdem zu den Haushaltssicherungsgemeinden. Wer finanziell mit dem Rücken zur Wand steht, kann aber erst recht kein Spaßbad mit Sprudelliegen, Sternenhimmel, Was-serfall und Wasserkanonen schultern. Warum das FAB erst jetzt geschlossen wird bzw. überhaupt jemals gebaut wurde, ist kaum zu begreifen. Obwohl es immer wieder Stimmen gab, die mah-nend auf den städtischen Schuldenberg wiesen, der durch die Defizite des FAB kontinuierlich anstieg und obwohl die Bürger den Erhalt des FAB nicht unter-stützten, beschloss der Rat erst im Fe-bruar 2009 die Schließung – denn 2008 genehmigte der Kreis Unna den städ-

tischen Haushalt nicht mehr. Zu lange hatte die Stadt dem FAB und seinen Kos ten gleichmütig gegenüber-gestanden. Das spiegelt sich auch in der städtischen Buchführung wider: Erst seit 2005 werden die Verluste des FAB sauber erfasst. In den Jahren 2005 bis 2008 waren es nach Darstellung der Kämmerei 9,6 Mio. Euro. Doch nach dem Abschlussbericht einer Wirtschafts-prüfungsgesellschaft hat das FAB den städtischen Haushalt von 1994 bis 2004 mit 19,1 Mio. Euro belastet. Hinzu kom-men weitere 6,4 Mio. Euro, die die Stadt noch für den Bau des knapp 9 Mio. Euro teuren FAB abzubezahlen hat. Zudem fallen bis Ende 2010 Personalkosten in Höhe von 720.000 Euro an. Nein, 1993 war kein gutes Jahr für Schwerte.

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Teure ImagepflegeSteuerfinanzierte Werbung und Imagepolitur

Dies ist eines der Kulturobjekte, mit denen Hennef die Siegschleife schmückt.

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Teure Imagepflege

Monaten wurde erneut eine Diskussion über den Neubau eines separaten Kon-zertsaals für die Dresdner Philharmonie von Kritikern des Konzepts „Konzert-saal“ im Kulturpalast angestoßen. Von der Broschüre wurden 35.000 Exemplare gedruckt; die Gesamtkosten beliefen sich auf rund 25.000 Euro. Allein 2.130 Euro gab die Stadt für den Kauf von Adres-sen aus. Der Empfängerkreis der Briefe setzte sich zusammen aus Abonnenten der Dresdner Philharmonie sowie Ein-richtungen, Institutionen, Dienstleistern und Partnern, die in einem Bezug zur Landeshauptstadt Dresden stehen. Der Bund der Steuerzahler ist der Ansicht, dass man auch mit anderen, kosten-günstigeren, Möglichkeiten das Projekt breiteren Bevölkerungsschichten hätte vorstellen können.

Baden-Württemberg. Für viel Aufsehen sorgte im Frühjahr 2010 die Informa-tionskampagne des Kultusministeri-ums zur „Qualitätsoffensive Bildung“ in Baden-Württemberg. Landesweit wurden die Leser der führenden Tages-zeitungen mittels einer Beilage über die Bestandteile der Qualitätsoffensive un-terrichtet. Die Gesamtauflage belief sich auf stattliche 1,3 Millionen Exemplare. Die Kosten für Druck und Versand al-lein für diese Aktion beliefen sich für die Steuerzahler auf 311.411 Euro. Der Informationsgehalt der Beilage war allerdings überschaubar. Auf unsere Anfrage antwortete das Kultusministe-

rium, dass man gemessen am Gesam-tumfang der Bildungsausgaben, die Informationskampagne und die hierfür bereitgestellten Haushaltsmittel für an-gemessen halte. Insgesamt hat man für die gesamte Informationskampagne 2,5 Millionen Euro vorgesehen. Diese um-fasst unter anderem neben zahlreichen Faltblättern, Leitfäden auch Veranstal-tungen wie „Klassenzimmer on tour“ sowie eine eigene Internetseite. Eine im Vorfeld der gesamten Kampagne durch ein Institut durchgeführte Befragung für rund 38.000 Euro sowie Schokola-detafeln mit Banderolen für 12.000 Euro durften natürlich auch nicht fehlen. Bis 1. April beliefen sich die Ausgaben für die verschiedenen Maßnahmen auf 920.000 Euro. Ob diese Ausgaben wirk-lich angemessen sind, kann bezweifelt werden. Nach lautstarken Protesten ent-schied man sich, den Schwerpunkt der Kampagne auf dialogorientierte Maß-nahmen zu verlegen und stoppte Anzei-gen und Flyer. Für den Steuerzahler ist es ärgerlich, wenn sein Geld für teure Imagekampagnen der Politik ausgege-ben wird.

München. Arbeitet das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Land-wirtschaft und Forsten für den Wald oder für die Katz? Letzteres scheint of-fenbar der Fall zu sein. So hat Ministe-rialdirigent W., Leiter der Forstverwal-tung im Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und For-

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Teure Imagepflege

schöpfen: Der Brunnen ist vergittert, da-mit niemand hineinfallen kann. Kosten: 67.000 Euro. Gut 130.000 Euro kosteten den Steuerzahler allein diese drei Pro-jekte aus dem Regionale-Projekt „Natur und Kultur quer zur Sieg“. Insgesamt sind dafür 568.000 Euro Fördermittel nach Hennef geflossen, weitere 143.000 Euro zahlt die Stadt selbst. Ob es auch Geld für sinnvollere Projekte gegeben hätte?

Schleswig-Holstein. Die stetig steigenden Gesundheitskosten werden zu einem immer größeren Problem des Sozial-staates. Dabei trägt nicht nur die Kran-kenversorgung zur Kostensteigerung bei, wie unser Beispiel aus Kiel zeigt. Für sage und schreibe 275.000 Euro richtete die Landesregierung einen zweitägigen Gesundheitskongress mit 30 Referenten und rund 500 Gästen aus. Nach Abzug von Sponsorengeldern blieb für die marode Landeskasse immer noch ein Aufwand von rund 200.000 Euro. Ziel war es, die Gesundheitsversorgung auf dem Lande in der Zukunft zu beraten. Das Ergebnis ist mehr als mager: Man werde eine flächendeckende Versor-gung im ländlichen Raum nur aufrecht-erhalten können, wenn das Angebot besser vernetzt werde. So das wenig überraschende Urteil der Fachleute. Für die Organisation und Durchführung der Tagung erhielt eine Agentur 65.000 Euro Honorar. Um die 500 Teilnehmer zu gewinnen, versandte man insgesamt

15.000 Einladungen, für die gut 50.000 Euro ausgegeben wurden. Größter Ein-zelposten war aber die Verpflegung der Teilnehmer: Diese ließ man sich knapp 57.000 Euro kosten, das sind weit mehr als 100 Euro pro Person. Wenn für eine solche Alibiveranstaltung noch so viel Geld vorhanden ist, kann es um die Fi-nanzsituation ja so schlimm nicht ste-hen, könnte man glauben. Dem ist aber leider nicht so!

Dresden. Die Stadt Dresden verschickte Ende 2009 eine aufwendig auf Hoch-glanzpapier gedruckte 20-seitige Bro-schüre „Der neue Konzertsaal im Kul-turpalast Dresden“. Diese Broschüre soll der Information über den geplanten Konzertsaal innerhalb des Umbaupro-jekts des Kulturpalastes dienen, so die Antwort der Stadtverwaltung Dresden auf unsere Anfrage. Im Juli 2008 hatte der Dresdner Stadtrat beschlossen, die akustisch ungenügende Spielstätte der Dresdner Philharmonie, den Dresdner Kulturpalast, in einen Konzertsaal der internationalen Spitzenklasse umzu-bauen. An dem Architektenwettbewerb hatten sich 28 Büros aus ganz Europa beteiligt. Zusammen mit der Dresdner Philharmonie wird auch die Städtische Bibliothek nach dem Umbau den Kultur-palast nutzen und in verglasten Türmen rechts und links des Konzertsaals ihren Platz finden. Auch das Kabarett „Die Herkuleskeule“ soll im Gebäude seine neue Spielstätte erhalten. In den letzten

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Teure ImagepflegeTeure Imagepflege

die Hannoverschen Klippen hinausragen und den Besuchern einen spektakulären Blick ins Wesertal bescheren soll, sowie einen barrierearmen Wanderweg als Zugang rechnet der Kreis mit Kosten in Höhe von 500.000 Euro. Was der Kreis Höxter als „Leuchtturmprojekt“ betitelt, findet in der Bevölkerung wenig Rück-halt. Denn es gibt einen historischen Klip-penweg, der zu einem Aussichtspunkt mit einem so spektakulären Blick ins Wesertal führt, dass eine Aussichtsplatt-form schlicht überflüssig ist. Allerdings ist dieser Weg seit Beginn der 90er Jahre aus Sicherheitsgründen gesperrt. Ob er sich nicht sichern, ggf. verbessern und wieder öffnen ließe? Der Kreis zeigt sich in dieser Frage zugeknöpft. Eine Interes-sengemeinschaft kritisiert zudem, dass der stählerne Skywalk, der in die Han-noverschen Klippen hineingebohrt wird, das Gesamtbild der Felsen beeinträchtigt und sich nicht mit dem Naturschutz ver-trägt. Sie plädiert dafür, den historischen Klippenweg wieder zu öffnen. Der Land-rat hatte versichert, keine Entscheidung gegen den Willen der Bevölkerung zu treffen. Doch eine Ausschreibung hat bereits stattgefunden, die Aufträge wur-den an zwei heimische Firmen vergeben. Ein solches Vorgehen wirft ein denkbar schlechtes Licht auf die Entscheidungs-träger. Auch dass der anfangs geplante Rundwanderweg plötzlich nicht mehr zu dem Projekt gehört, sondern in einem weiteren Schritt angelegt werden soll und dass immer wieder andere Kosten

in der Öffentlichkeit kursieren, macht stutzig. Der Bund der Steuerzahler wird den Fall weiter beobachten und die Öf-fentlichkeit über die Kostenentwicklung dieses Prestigeprojekts informieren.

Berlin. Die Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und For-schung hat im Dezember 2009 eine Broschüre mit dem Titel „Investitions-programm ‚Zukunft Bildung und Be-treuung’“ (IZBB) herausgegeben. Die 38 Seiten umfassende Schrift dokumentiert den Ausbau der Berliner Grundschulen für den Ganztagsbetrieb und dürfte eine der teuersten Drucksachen des Berliner Senats sein. Bei einer Auflage von gerade einmal 250 Stück beliefen sich die Herstellungskosten durch eine Fremdfirma auf über 17.000 Euro. Dies entspricht damit Kosten von 70 Euro pro Exemplar. Reich bebildert ist die Broschüre mit hochwertigen Architek-turfotos der umgebauten Schulgebäude sowie mit Fotografien spielender und lernender Kinder. Unterlegt sind die Ab-bildungen mit Aussagen zur Wirkung von Gestaltung, Licht und Schall. Im Hauptausschuss des Berliner Abgeord-netenhauses informierte die zuständige Staatssekretärin auf Nachfrage, dass im Rahmen des IZBB-Programms Bund und Länder vereinbart hätten, wie die umgesetzten Maßnahmen dokumentiert werden sollten. Die erstellte Broschüre sei insofern mit dem Bund und den an-deren Bundesländern abgestimmt. Die

sten, 2005 offenbar ohne Kenntnis seines damaligen Staatsministers die Projekt-gruppe „Waldumbau - Klimawandel“ einberufen. Diese hatte den Auftrag, für das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und For-sten Lösungsvorschläge und Entschei-dungsgrundlagen zu erarbeiten, „wie der dringend erforderliche Waldumbau beschleunigt werden kann“. Dabei wurde auch ein externes privates Marketingun-ternehmen eingeschaltet. Dieses wurde beauftragt, die Projektgruppenarbeit zu begleiten und zu moderieren. Es sollten u. a. Vorschläge entwickelt werden, wie Waldbesitzer erreicht, interessiert, in-formiert und motiviert werden können. Als Ergebnis der Projektarbeit wurde ein Abschlussbericht verfasst, der u. a. „die Schaffung eines medialen Humus“ vorschlägt zur Schaffung eines „neuen Typus des Jägers“ – gegen die „verfilzte Struktur der Jagd – die uneinsichtigen

Jäger“. Nach alledem wertete auch der heutige Bayerische Staatsminister für Er-nährung, Landwirtschaft und Forsten die im Abschlussbericht der Projektgruppe getroffenen Aussagen als „völlig über-zogen“ und weder seinem Stil noch dem Stil seines Hauses entsprechend. Er hat daher das Papier „sofort“ – nachdem er davon Kenntnis erlangt hat – „offiziell für gegenstandslos erklärt“. Der Abschluss-bericht werde „wegen der unberech-tigten pauschalen Vorwürfe keinerlei jagdpolitische Bedeutung erlangen“. Fi-nanzielle Bedeutung erlangte der Bericht jedoch für die Steuerzahler, denn diese hatten ihn zu bezahlen. Wie die Nachfra-gen des Bundes der Steuerzahler erga-ben, kostete die externe Beratung 24.000 Euro. Wie gut, dass man die braven Steu-erzahler hat!

Kreis Höxter. Grand Canyon war gestern, die Hannoverschen Klippen sind heute. Um der beeindruckenden Felsformation im Kreis Höxter zu mehr Glanz zu ver-helfen, soll eine Aussichtsplattform in den Klippen verankert werden. Dieser Skywalk ist eines der Projekte aus dem Programm „Erlesene Natur“, mit dem der Kreis Höxter die Natur erlebbar und attraktiver machen und mehr Besucher anlocken möchte. Rund 3 Mio. Euro ha-ben die EU, das Land NRW und der Kreis Höxter insgesamt dafür locker gemacht. Für den Skywalk, eine rund fünf mal vier Meter große Aussichtsplattform mit einem schmaleren Seitenarm, der über

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Der Bericht der Projektgruppe „Waldum-bau - Klimawandel“ war „für die Katz“!

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Teure Diener

München/Taiwan. Ihr „Fernweh“ stillten 16 Mitglieder des Ausschusses für Fra-gen des Öffentlichen Dienstes des Baye-rischen Landtags. Sie reisten vom 14. bis 21. November 2009 nach Taiwan. Man wollte in Fernost Erfahrungen über das dortige Beamtentum gewinnen. „Es ist bekannt, dass die asiatische Kultur von besonderer Freundlichkeit geprägt ist. Ich bin daher sehr neugierig, wie sich diese Neigung im täglichen Geschäft in einer großen Behörde, wie beispiels-weise einem Finanzamt, in der Praxis umsetzen lässt und ob sich davon An-regungen für unsere Ämter ableiten lassen“, hieß es vielversprechend im Reiseantrag der Ausschussvorsitzen-den. Von den Asiaten Freundlichkeit zu erlernen, insbesondere beim Umgang mit den Bürgern, ist geradezu grotesk. Freundlichkeit sollte wohl eine Selbst-verständlichkeit auch unserer Abge-ordneten und Staatsbediensteten sein. Das auf dem Asientrip zu gewinnende, konkrete Informationsbedürfnis ist den Bürgern und Steuerzahlern weder ver-mittelbar noch für sie nachvollziehbar. Ganz anderer Auffassung ist die Prä-sidentin des Bayerischen Landtags. Sie teilte dem Bund der Steuerzahler u. a. mit, dass „die Informationsprogramme vor Ort stets so arbeitsintensiv ausgelegt sind, dass es sich von selbst versteht, dass nicht das Reisen, sondern die Infor-mation im Vordergrund steht. In einer globalisierten Welt haben Abgeordnete nicht nur das Recht, sondern sogar die

Pflicht, sich in anderen Ländern zu infor-mieren“. Außerdem entspreche es dem Selbstverständnis der frei gewählten Abgeordneten, wie sie sich im Einzel-nen informieren. Sie seien ausschließ-lich den Wählern politisch verantwort-lich. Wenn auch nach Mitteilung der Präsidentin des Bayerischen Landtags jeder Abgeordnete in einer Wahlperiode 4.400 Euro an mandatsbedingten Reisen abrechnen kann und der Ausflug nach Taiwan wohl in diesem Budget enthal-ten war, stellen sich die Steuerzahler als eigentliche Financiers unseres Staates die Frage, ob in Zeiten einer Finanzkrise dieser Polittourismus nach Taiwan noch gerechtfertigt ist.

Landkreis Waldeck-Frankenberg. Fast drei Monate nachdem Landrat Helmut Eichenlaub aus seinem Amt ausge-schieden war, rückte die Kreisverwal-tung erstmals Zahlen über die Höhe der Reisekosten des ehemaligen Landrats heraus. Dabei wurde bekannt, das allein die Reisekosten in den Jahren 2008 und 2009 um 67.000 Euro höher waren als im Haushalt veranschlagt, obwohl der Kreisausschuss den Ansatz für Dienst-reisen und Partnerschaften bereits 2008 wegen deutlichen Überschreitungen erhöhen musste. In den zwei Jahren hatte der Landrat allein 116.000 Euro für 38 Auslandsreisen ins Burgenland, die Schweiz, die USA und nach Mos-kau ausgegeben. Bekannt wurde auch, dass die überhöhten Reisekosten im

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Teure Imagepflege

Finanzierung der Broschüre aus der Dienstleistungspauschale sei innerhalb des IZBB-Programms erfolgt. Insgesamt habe Berlin einen Anteil in Höhe von 147 Mio. Euro erhalten, wovon rund 275.000 Euro für wissenschaftliche Begleitung, Evaluation und Publikationen vorgese-hen gewesen seien, ist dem Sitzungs-protokoll zu entnehmen. Weiter bestä-tigte die Staatsekretärin auch, dass die Broschüre von einer Firma erstellt und mit 17.504,90 Euro in Rechnung gestellt worden sei. Sie gesteht dabei aber auch ein, dass die Frage des Preis-Leistungs-Verhältnisses sicher noch einmal geprüft werden müsse. Bearbeitet worden sei die Broschüre von den Verwaltungsmitarbei-tern, die das IZBB-Programm insgesamt abgewickelt hätten. Insofern geht der BdSt davon aus, dass die Broschüre die Steuerzahler zusammen mit den Kosten der Verwaltung insgesamt an die 25.000 Euro bzw. rund 100 Euro pro Stück ge-kostet haben dürfte. Für eine Schrift mit einem so geringen Informationsgehalt und so begrenzten Adressatenkreis ist das eindeutig zu viel.

Saarbrücken. Mit Urteil vom 1. Juli stellte der Verfassungsgerichtshof des Saar-landes fest, dass die CDU-Landesregie-rung während des Landtagswahlkampfes 2009 verfassungswidrig Wahlkampf auf Kosten der Steuerzahler betrieben hat. Für den Schaden geradestehen will jetzt niemand. Im Vorfeld der Landtagswahl vom 30. August 2009 startete die Landes-

regierung von Peter Müller (CDU) meh-rere PR-Aktionen. So wurde den Mai-Ge-haltsabrechnungen der Beschäftigten im öffentlichen Dienst ein Begleitschreiben des Ministerpräsidenten beigefügt, in dem dieser die Verdienste seiner Regie-rung um die Staatsdiener über den grü-nen Klee lobte. Im Sommer 2009 wurde eine Broschüre vom Innenministerium in einer Auflage von 5.000 Exemplaren ver-öffentlicht, die den Titel „Saarland – aber sicher“ trug. Darin wurde darauf ver-wiesen, dass unter der CDU-Regierung deutlich mehr Polizeibeamte eingestellt worden seien als unter der SPD-Vorgän-gerregierung. Schließlich schaltete man im Zeitraum Mai bis August eine Anzei-genserie in Nachrichtenblättern verschie-dener Gemeinden unter der Überschrift „Der Ministerpräsident informiert“. Garniert mit dem Landeswappen und dem Konterfei von Peter Müller wurden unterschiedliche Themen abgehandelt. Vom BdSt angesprochen, teilte die Staats-kanzlei mit, dass der Schaden durch die verfassungswidrige Wahlwerbung bei 28.000 Euro liege. Die oppositionelle SPD befürchtet indes einen Schaden von mehr als 100.000 Euro. Alles deutet darauf hin, dass den die Steuerzahler tragen müssen, denn die CDU, zu deren Gunsten die Wer-beaktionen liefen, lehnt einen Ersatz des Schadens kategorisch ab. Und die Staats-kanzlei teilte dem BdSt lakonisch mit, dass Ersatzansprüche geprüft und gegebenen-falls beschieden würden. Mehr war bis heute nicht zu vernehmen.

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Treue Diener, teure DienerBürokraten schlagen Kapriolen

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Teure DienerTeure Diener

München/Vietnam. „Das Reisen ist nicht nur des Müllers Lust“, sondern offenbar auch die des Ausschusses für Verfas-sung, Recht, Parlamentsfragen und Ver-braucherschutz des Bayerischen Land-tags. So unternahmen die 16 Mitglieder dieses Ausschusses im April dieses Jahres einen Fernosttrip nach Vietnam. Anlass dieser Reise sei u. a. gewesen, Rahmenbedingungen für bayerische Unternehmen in Vietnam zu erkunden. Dabei sind aber auch die touristischen Highlights nicht zu kurz gekommen. So ist man für einen Tag in die Halong Bucht im Norden Vietnams gereist. Im Süden hat man die Cu Chi Tunnel be-sichtigt, die der Vietcong während des Vietnamkrieges unter dem US-Haupt-quartier gebaut hatte. Der Ausschuss-vorsitzende vertritt die Auffassung, dass

die frei gewählten Abgeordneten „selbst entscheiden, welche Informationen sie für notwendig erachten und auf welche Weise sie sich informieren. Die Infor-mationsreise nach Vietnam war „gemäß den bestehenden Regeln vom Ausschuss beschlossen und vom Ältestenrat geneh-migt worden“.Wenn auch die Fernost-reise der Parlamentarier sich im Rah-men des jedem Abgeordneten in einer Wahlperiode zustehenden Budgets von 4.400 Euro für mandatsbedingte Reisen bewegt hat, sind es doch letztlich die Steuerzahler, die die Vietnamreise zu bezahlen haben. Der Ausschussvorsit-zende teilte dem Bund der Steuerzah-ler insoweit noch lapidar mit, dass der Ausschuss für Verfassung, Recht, Par-lamentsfragen und Verbraucherschutz das „Budget durchaus in dem Bewusst-

Kreisausschuss und Parlament mit trick-reicher Darstellung der Bilanz durchge-winkt wurden. Der Mehrbedarf wurde rein rechnerisch bei anderen Etatposten zusammengekratzt. Damit nahmen die Parlamentarier Mehrkosten von fast 200 Prozent einfach so zur Kenntnis. Inzwi-schen ermittelt die Staatsanwaltschaft und ein Akteneinsichtsausschuss be-müht sich um eine lückenlose Aufklä-rung. Dieser stellte auch fest, dass zwei Reisen doppelt abgerechnet wurden. Das Regierungspräsidium Kassel hat bereits ein Disziplinarverfahren gegen den früheren Landrat eingeleitet. Als si-cher gilt inzwischen auch, dass Eichen-laub unberechtigt Provisionen in Höhe von 309.000 Euro für Geldanlagen des Landkreises in der Schweiz erhalten hat. 62.000 Euro waren bereits auf ein von Eichenlaub benanntes Konto gebucht worden. Sollten sich die Vorwürfe bestä-tigen, so ist das als klarer Verstoß gegen den wirtschaftlichen und sparsamen Umgang mit Steuergeldern zu werten. Dann müssen ohne Ansehen der betei-ligten Personen Schadensersatzansprü-che geltend gemacht und strafrechtliche Schritte eingeleitet werden.

Kreuztal. Gleich zwei Beigeordnete wählte der Kreuztaler Rat im Januar ab. Kämmerer und Sozialdezernentin, beide Wahlbeamte auf Zeit, wurden vorzeitig aus dem Amt entlassen. Doch was der Öffentlichkeit als Sparkonzept verkauft wird, ist teuer. Denn bis zum Ende der

achtjährigen Amtszeit muss die Stadt zunächst noch 75 Prozent der Bezüge weiterzahlen: insgesamt 165.000 Euro im Jahr. In den ersten drei Monaten werden die vollen Bezüge weitergezahlt, danach reduzieren sich die Kosten auf 134.000 Euro pro Jahr. Die Amtszeit des Käm-merers endet offiziell am 30. April 2012, die der Sozialdezernentin am 31. Januar 2015. Vorsichtig hochgerechnet zahlen die Kreuztaler deshalb in den nächsten fünf Jahren mehr als 400.000 Euro für zwei Beigeordnete, die nicht mehr für sie arbeiten. Der Bürgermeister erklärt, dass man jetzt pro Jahr 31.000 Euro Personalko-sten spare. Ab 2011 lägen die Einspa-rungen durch Wegfall einer Umlage an die Versorgungskasse sogar bei 66.000 Euro. Nachfolgeregelungen möchte man intern treffen. Allerdings müssten dann für Höhergruppierungen jährlich 25.000 Euro veranschlagt werden, so dass un-term Strich noch 41.000 Euro eingespart würden. Eine Milchmädchenrechnung. Denn auch ohne Abwahl hätten sich in zwei Jahren die Kosten halbieren las-sen: wenn die Amtszeit des Kämmerers offiziell abläuft und er nicht wiederge-wählt worden wäre. Zu kurz gedacht ist auch die Rechnung zur Entwicklung der Umlage an die Versorgungskasse für kommunale Beamte. Wie sich die Ko-sten hierfür entwickeln, hängt davon ab, wie sich die Zahl der Pensionäre künftig entwickelt. Und diese steigt – die Stadt Kreuztal hat ihren Anteil daran.

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Die Reiselust führte bayerische Landtagsabgeordnete nach Vietnam und Taiwan.

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Teure DienerTeure Diener

noch voll; ab 1. Januar 2011 tritt er je-doch in die Freistellungsphase seiner Al-tersteilzeit ein. Also muss dann ein neuer Amtsleiter her. Vermutlich jemand, der sich über eine Gehaltserhöhung freuen kann. Es kommt aber noch schlimmer: Die Pension eines Beamten richtet sich – anders als beim Arbeitnehmer – nicht nach dem Durchschnittsgehalt seines gesamten Arbeitslebens, sondern nach dem zuletzt bezogenen Gehalt. Die Pen-sion des Amtsleiters wird also wegen der Beförderung kurz vor der Pensionierung steigen. Das heißt, die Steuerzahler müs-sen für eine höhere Pension aufkommen, obwohl der Betroffene dafür so gut wie keine Leistung erbracht hat. Das hat mehr als ein Geschmäckle. Zumal diese Beför-derung 2009 im Eilverfahren beschlossen wurde, da 2010 eine Haushaltssicherung droht. Die hat nämlich eine Beförde-rungssperre zur Folge, womit der neue Amtsleiter in der Besoldungsgruppe A 12 geblieben wäre. Schlecht für ihn, schön für den Steuerzahler.

Wolnzach. Unrühmlich machten der ehemalige Bürgermeister Josef Sch. und der frühere Kämmerer Wolfgang Z. des Marktes Wolnzach von sich reden. Sie haben in den Jahren 2007 und 2008 ohne Kenntnis des Marktgemeinderats Kassenkredite über die satzungsgemäß zulässige Grenze von 3 Mio. Euro hinaus aufgenommen, und zwar zur Finanzie-rung eines umfangreichen Investitions-programms. Infolge der ungenehmigten

Kreditaufnahme sei dem Markt Wolnzach ein Schaden in Form einer Zinsbelastung in Höhe von rund 180.000 Euro entstan-den. Der frühere Kämmerer Wolfgang Z. hat sich außerdem zwei Autos und ei-nen Fernseher auf Kosten der Kommune gleichsam „in die eigene Tasche gesteckt“. Dieses Haushaltsgebaren blieb nicht fol-genlos. Das Landgericht München II hat den früheren Bürgermeister Josef Sch. wegen Verwirklichung des Straftatbe-stands der Untreue nach § 266 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, die allerdings zur Bewährung ausgesetzt ist. Sein früherer Kämmerer Wolfgang Z. wurde zu einer Freiheits-strafe von drei Jahren ohne Bewährung verurteilt. Auch wenn die Urteile noch nicht rechtskräftig sind – es wurde Re-vision zum Bundesgerichtshof eingelegt – haben die Übeltäter gleichsam ihre „Quittung“ schon bekommen. Aufgrund der erheblichen Verstöße gegen Haus-haltsbestimmungen hat die Regierung von Oberbayern gegen den früheren Bürgermeister des Marktes Wolnzach, zuletzt Landrat des Landkreises Pfaffen-hofen a. d. Ilm, ein Disziplinarverfahren eingeleitet, das derzeit wegen des noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens ruht. Josef Sch. wurde außerdem vorläufig des Dienstes entho-ben. Im Interesse der steuerzahlenden Wolnzacher Bürger bleibt zu hoffen, dass künftig im Wolnzacher Rathaus wieder Rechtstreue herrscht.

sein verwendet, dass es sich dabei um Steuergelder handelt“. Fraglich ist aber nach wie vor, ob die Steuerzahler für die Reiselust ihrer Abgeordneten gerade in Zeiten knapper öffentlicher Mittel noch Verständnis haben.

Wilster. Wenn man die Stellenanzeige in der Tageszeitung sieht, könnte man denken, dass hier ein Großunternehmen eine Führungskraft sucht. Tatsächlich geht es aber nur um die Ausschreibung der Stelle eines neuen leitenden Ver-waltungsbeamten für das Amt Wilster-marsch im Kreis Steinburg mit gerade mal rund 12.000 Einwohnern. Fast 5.000 Euro ließ man es sich kosten, auch noch ein umfassendes Anforderungsprofil im Anzeigentext unterzubringen. Dabei machen viele andere Kommunen und Behörden es längst vor, wie es güns-tiger geht: Mit einer ansprechenden Anzeige im Stellenteil wird auf eine umfassende Ausschreibung im Inter-net hingewiesen. Diesen Einwand will man in Wilster aber nicht gelten lassen: Schließlich sei die Stellenbesetzung für das Amt von allergrößter Bedeutung und deshalb müsse sichergestellt wer-den, dass sie auch von allen interessier-ten Personen wahrgenommen werde. Diese Argumentation zeigt eine für den Steuerzahler erschreckende Einstellung auf. Wer die Gebote von Wirtschaftlich-keit und Sparsamkeit ernst nimmt, muss dieses auch nach außen dokumentieren – so wird ein Schuh daraus!

Löhne. Die Stadt Löhne hat ihre Verwal-tung neu strukturiert. Die Personalkosten werden dadurch aber nicht sinken. Im Gegenteil. Das allein wäre für die Steu-erzahler schon ärgerlich genug, doch ein Detail der Umstrukturierung hat zudem einen besonders bitteren Beigeschmack: die Schaffung und Besetzung der Amts-leiterstelle für Verwaltungssteuerung. Diese Stelle wurde mit der Besoldungs-gruppe A 13 ausgewiesen. Der Beamte, der zum neuen Amtsleiter für Verwal-tungssteuerung ernannt wurde, befindet sich noch in der Besoldungsgruppe A 12. Sein Gehalt stieg damit zum 1. April 2010. Schön für den Beamten, schlecht für den Steuerzahler. Denn der frischgebackene Amtsleiter befindet sich in Altersteilzeit. Bis zum 31. Dezember 2010 arbeitet er

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In Löhne wurde ein Amtsleiter kurz vor Pensionierung noch schnell befördert.

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KostenexplosionKostenexplosion

Ostbake sollte doch lieber originalge-treu aus ihren Ruinen auferstehen. Flugs wurde neu geplant und die Kosten stie-gen auf 269.699 Euro. Allerdings ver-säumte es der ehemalige niedersäch-sische Landrat, die zusätzlichen Mittel bei der Bürgerschaft einzuwerben. Die Abgeordneten wurden von den Kosten-steigerungen lediglich auf Nachfrage der SPD hin informiert; ein klarer Ver-stoß gegen das Budgetrecht der Ham-burgischen Bürgerschaft – und eine Ver-schwendung unserer Steuergelder!

Herrenchiemsee. Müssen Bauvorhaben der öffentlichen Hand mit Kostenstei-gerungen verbunden sein? Diesen Ein-druck gewinnt man jedenfalls bei der Sanierung des staatseigenen, denk-malgeschützten Schlosshotels Herren-chiemsee auf der Herreninsel im Chiem-see. Dabei steht die Erforderlichkeit der Sanierung des Schlosshotels, das eine schlechte Bausubstanz, u. a. mit feuchten und durch Salz belasteten Kellerwänden, aufweist, außer Frage, soll doch vielen Besuchern anlässlich der geplanten Bay-erischen Landesausstellung zum 125. Todestag König Ludwigs II. im Jahr 2011 auf Herrenchiemsee wieder ein zeitge-mäßer Standard zur Verbesserung des Besucherservices geboten werden. Doch bei der Sanierung des Schlosshotels sind dem Freistaat Bayern die Kosten gleichsam davongelaufen. Ging man im Jahr 2008 noch von Kosten in Höhe von 5,9 Mio. Euro aus, war man Ende 2009

schon bei Kosten in Höhe von rund 7,93 Mio. Euro angelangt. Ursächlich für die Kostensteigerung waren u. a. zusätzliche Kosten für die Behebung von Baumän-geln (rund 790.000 Euro), höhere Baune-benkosten (rund 632.000 Euro, u. a. für eine externe Fachplanung), Zuschlag für Unvorhergesehenes (rund 234.000 Euro, insbesondere für Mehraufwendungen im denkmalgeschützten Bestand) und ein sog. „Inselzuschlag“ (rund 350.000 Euro wegen höherer Transportkosten aufgrund der Insellage). Damit sich die Sanierungskosten nicht noch weiter er-höhen, hat man mittlerweile ein Projekt-steuerungsbüro beauftragt. Im Sinne der bayerischen Steuerzahler bleibt zu hoffen, dass die Sanierung des Schloss-hotels auf Herrenchiemsee im Rahmen der nunmehr genehmigten Gesamtko-sten von knapp 8 Mio. Euro erfolgreich abgewickelt werden kann und nicht wie-der neues Geld nachgeschoben werden muss.

Osnabrück. Selbst 2000 Jahre später wirft die Varusschlacht im Teutoburger Wald noch einen langen Schatten. Eine künstlerische Reflexion der berühmten Schlacht sollte das großflächige Pro-jekt „COLOSSAL“ darstellen. Mit einem verbindlich festgelegten Budget von 500.000 Euro sollten im Osnabrücker Land vom 25. April 2009 bis Ende 2011 an 14 Standorten die Werke von 20 Künstlern ausgestellt werden. Es sollte sich zeigen, dass das Kunstprojekt hin-

Berchtesgaden. Das anspruchsvolle Projekt „Haus der Berge“, ein modernes Besucherinformations- und Umweltbil-dungszentrum, das in Berchtesgaden für den dortigen Nationalpark errich-tet wird und Ende des Jahres 2012 fer-tiggestellt sein soll, wird den Freistaat Bayern teuer zu stehen kommen. Das neue „Nationalpark-Haus“ soll als An-ziehungspunkt in der Region eine zu-kunftsgerichtete Infrastruktureinrich-tung und eine „Zukunftswerkstatt“ für Deutschlands einzigen Hochgebirgs-Nationalpark Berchtesgaden werden. In einem Zentrum für Naturerlebnis, ökologische Information und Umwelt-bildung wird man Ausstellungen, Um-weltbildungswerkstätten und ein Erleb-nisgelände besuchen können. Während man im September 2005 noch von Ge-samtkosten in Höhe von 11 Mio. Euro ausging, war man im Juli 2007 schon bei Kosten in Höhe von 19 Mio. Euro für das ehrgeizige Nationalpark-Projekt angelangt, da eine Machbarkeitsstudie ergeben hatte, dass der ursprüngliche Kostenrahmen nicht ausreichend ist, um eine hinsichtlich Größe und Ausstattung attraktive Besuchereinrichtung zu schaf-fen. Der Freistaat Bayern wird sich mit 15 Mio. Euro an dem anspruchsvollen Vorhaben beteiligen, 3 Mio. Euro wer-den aus EU-Fördergeldern fließen und eine Mio. Euro soll von dritter Seite aufgebracht werden. Wenn auch nach Auffassung des Bayerischen Staatsmi-nisters für Umwelt und Gesundheit das

Kosten-Nutzen-Verhältnis des Projekts „eindeutig positiv“ ist und das „Haus der Berge“ ein wichtiges touristisches Investitionsvorhaben für den gesamten Landkreis Berchtesgadener Land bildet, sind doch die Steuerzahler die Leidtra-genden der über 70-prozentigen Kosten-steigerung. Zu hoffen bleibt, dass das „Haus der Berge“ tatsächlich zu einem „Besuchermagnet“ wird und dass die Kosten nach Fertigstellung nicht weiter in die Höhe schnellen.

Neuwerk. Nachdem der Orkan Kyrill die Ostbake auf der Insel Neuwerk im Jahr 2007 zerstört hatte, sollte der Holzturm möglichst schnell wieder aufgebaut werden, denn er sei „unabdingbar er-forderlich, um sicherzustellen, dass die Wattwanderer und Wattwagen bei auf-laufendem Wasser rechtzeitig die Insel Neuwerk erreichen können“, so die Be-gründung. Weil die angedachte Spon-sorenfinanzierung aber mangels Spon-soren nicht zustande kam, sprang die Freie und Hansestadt Hamburg ein, zu deren Staatsgebiet die Insel seit 700 Jah-ren gehört. Im Jahr 2009 wurde der Wie-deraufbau in die Konjunkturoffensive des Senats integriert, die Bürgerschaft erteilte ihre Zustimmung zur Realisie-rung einer neuen Ostbake im Maßstab 1:2 und bewilligte dafür 110.000 Euro.Doch nachdem alle Formalien abge-schlossen waren, entschied sich der damalige Senator für Wirtschaft und Arbeit, Axel Gedaschko (CDU), um: Die

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KostenexplosionWenn Projekte aus dem Ruder laufen

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KostenexplosionKostenexplosion

das Kommunalparlament im März 2009 zustimmte, belief sich auf knapp unter 6,4 Mio. Euro. Jetzt sollen es über 8,4 Mio. Euro werden. Fazit von Bürgermeister Werner Thomas: „Für größere Bauvor-haben braucht man ein professionelles Controlling. Nur so lassen sich falsche Kostenberechnungen von Architekten vermeiden.“ Diese Erkenntnis kommt in Dieburg leider viel zu spät.

Hamburg. Der Kreuzfahrttourismus boomt und der Hamburger Hafen ist Anlaufpunkt zahlreicher schwim-mender Hotels. Deren Abfertigung ist von den zwei bestehenden Anlegestel-len am Cruise Center kaum noch zu be-wältigen. Deshalb entschied der Senat im Jahr 2007 zu Recht die Errichtung eines zweiten Kreuzfahrtterminals. Doch das Vorhaben wurde nicht etwa von der städtischen Bauverwaltung in der Stadtentwicklungsbehörde detail-liert geprüft, geplant und die Ergeb-

nisse dann zusammengefasst, damit die Hamburgische Bürgerschaft eine fun-dierte Entscheidung für oder gegen die Errichtung des Terminals treffen und die nötigen Steuergelder bereitstellen konnte. Vielmehr wurde ein öffentliches Unternehmen gegründet, das mit 12,4 Mio. Euro ausgestattet wurde und des-sen Aufgaben die Errichtung und der Betrieb dieser Anlegestelle sein sollten. Damit wollte der Senat externen Sach-verstand und privates Kapital in das Projekt einbinden, um möglichst schnell eine Wirtschaftlichkeit des Vorhabens sicherzustellen.Der Sachverstand kam dann unter an-derem in Gestaltung einer Wohnungs-baugesellschaft, die mittels Geschäfts-besorgungsvertrag alle laufenden Ver-waltungsaufgaben erledigen sollte und dafür jährlich 300.000 Euro aus den Projektmitteln erhielt. Zwei kritische Punkte hätten zu denken geben müssen: Zum einen gehörte die Gesellschaft zu

sichtlich der Finanzen seinem Namen tatsächlich alle Ehre machte: Das ur-sprüngliche Budget wurde – so viel steht jetzt schon fest – um colossale 184.000 Euro, also rund 40 Prozent, überzogen. Nach Auskunft des Landschaftsver-bands Osnabrücker Land, dem Träger von „COLOSSAL“, waren dafür insbe-sondere Mehrausgaben bei der Erstel-lung der Kunstwerke und krisenbedingt geringere Sponsorengelder verantwort-lich. Wie das Rechnungsprüfungsamt des Landkreises Osnabrück feststellte, hatte der Landschaftsverband auch kein zeitnahes und dem Projekt ange-messenes Finanzcontrolling betrieben. Zur Rechtfertigung hieß es vonseiten der Projektverantwortlichen, dass alle Beteiligten in die operative Abwicklung des Projekts eingebunden waren und daher ein Controlling nur eingeschränkt stattgefunden habe. Das hohe Defizit schultert der Landschaftsverband nun aus seinen eigenen Rücklagen und aus seinem Haushalt 2010. Ohnehin sieht der Verband, der sich zu großen Teilen aus Steuergeldern finanziert, das Defizit weniger kritisch. Schließlich sei ein für die Region ein-maliges Kunstevent ermöglicht worden. Verschwendung liege daher nicht vor. Offenkundig gelten in der Kunstszene andere Maßstäbe für den sparsamen Einsatz von öffentlichen Geldern. Zum Glück vergeht bis zum nächsten tau-sendsten Jahrestag der Varusschlacht noch sehr viel Zeit.

Dieburg. Wenn ein Bürgermeister ein-räumt, dass seine Mitarbeiter im Bauamt zeitlich überfordert gewesen seien und auch grundsätzlich kein professionelles Controlling bei einem größeren Baupro-jekt durchführen könnten, so zeigt dies zwar Einsicht, bedeutet aber für den Steuerzahler erst einmal nichts Gutes. Hintergrund ist der Bau der Dieburger Stadthalle. Die bis zum Frühjahr auf 5,4 Mio. Euro angesetzten Nettokosten für die „Römerhalle“ vermehrten sich von Dezember 2009 bis Februar 2010 schlag-artig um 1,8 Mio. Euro. Dabei ist ein Anstieg bei den allgemeinen Baukosten wegen der konjunkturellen Lage um rund 200.000 Euro durchaus nachvollziehbar. Dass man aber eine völlig unzureichende Beschallungsanlage einplante, die Ge-staltung der Außenanlage nicht berück-sichtigte und eine äußerst ungenügende Brandmeldeanlage vorsah, ist nicht zu entschuldigen. Hinzu kommen weitere völlig unverständliche Pannen: Bei den Anschlüssen für Strom, Wasser und Gas gab es Fehlplanungen für 52.000 Euro, bei der Möblierung des Hallenrestau-rants hat man sich schlichtweg verkalku-liert, bei der Kostenabrechnung wurde ein Tiefenkeller für 70.000 Euro für eine eingeplante Wasser-Hebeanlage einfach vergessen. Dabei sind dies nicht die er-sten Planungen gewesen. Im Jahr 2007 rechnete man für eine einfache Halle noch mit Bruttogesamtkosten von we-niger als 4,2 Mio. Euro. Die deutlich er-weiterte endgültige Kostenplanung, der

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Planungschaos beim Bau des zweiten Hamburger Kreuzfahrtterminals.

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Aufgedeckt

Europa. Die EU-Mitgliedstaaten wollen zusammen mit sechs weiteren Nationen einen Kernfusionsreaktor bauen. ITER (International Thermonuclear Experi-mental Reactor) nennt sich dieser Ver-such, Wasserstoffkerne miteinander zu verschmelzen. Derzeit schmelzen aber lediglich Steuergelder. Im Jahr 2001 hieß es, die EU werde 2,7 Mrd. Euro zu den ITER-Baukosten beisteuern müssen. In-zwischen geht die EU-Kommission da-von aus, dass sich der EU-Beitrag fast verdreifachen wird – auf 7,2 Mrd. Euro!Das ist ein Mehrbedarf von 4,5 Mrd. Euro. Einen Teil der Lücke müsste Frank-reich schließen, da dort der ITER gebaut wird. Doch der Großteil des Mehrbe-darfs, rund 3,7 Mrd. Euro, müsste von EURATOM und damit aus dem EU-Haushalt finanziert werden. Noch wird auf EU-Ebene darum gerungen, wie die Finanzierungslücke geschlossen wer-den kann. Im Gespräch sind Kostensen-kungsmaßnahmen, Haushaltsumschich-tungen oder Kredite der Europäischen Investitionsbank. Hauptleidtragende dürften die deutschen Steuerzahler sein, die mit knapp 20 Prozent den größten Beitrag zum EU-Haushalt leisten. Wie konnte es zu dieser Kostenexplosion kommen? Die EU-Kommission spricht diplomatisch von „Problemen in Bezug auf die Verwaltung des gemeinsamen Unternehmens „Fusion for Energy“ und der internationalen ITER-Organisation“. Der Europäische Rechnungshof beklagt mangelhafte Kontroll- und Finanzin-

formationssysteme sowie Vergabefeh-ler durch „Fusion for Energy“. Dessen Chef ist Anfang 2010 zurückgetreten, auch wenn ein Zusammenhang mit der Kostenexplosion offiziell bestrit-ten wird. Die Bundesregierung sieht Abstimmungsprobleme zwischen den Partnerstaaten und die zweifellos große Komplexität des Projekts als weitere Gründe.So weit, so schlecht. Doch vor allem ist zu konstatieren, dass das ITER-Abkom-men ein ziemlich unverblümter Vertrag zu Lasten Dritter ist. Denn die EU bzw. EURATOM haben gar kein Recht, von dem Abkommen zurückzutreten! Was immer ITER kostet, die europäischen und damit vor allem die deutschen Steu-erzahler sind zur Begleichung der Rech-nung verpflichtet. Wer will angesichts solch eines Blankoschecks überrascht sein, wenn dann die Kosten tatsächlich explodieren.

Brandenburg. Zur Einführung umwelt-schonender Verfahren in der Landwirt-schaft und der Produktivitätsverbes-serung der Betriebe förderte das Land Brandenburg zwischen 2004 und 2006 landwirtschaftliche Betriebe mit ins-gesamt rund 39 Mio. Euro. Die mit der Förderung beauftragte InvestitionsBank des Landes Brandenburg beachtete nach Feststellungen des Landesrechnungs-hofs die Zuwendungsvoraussetzungen nicht ausreichend. Entgegen der För-derrichtlinie bewilligte sie Zuschüsse an

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Kostenexplosion

100 Prozent der Freien und Hansestadt Hamburg, weshalb von externem Sach-verstand nicht die Rede sein konnte. Zum anderen wurden der Gesellschaft von der Stadt beleihungsfähige Grundstücke kostenfrei zur Verfügung gestellt, wes-halb private Investoren nach EU-Recht gar nicht beteiligt werden durften. Doch die Bedenken, die auch die Opposition im parlamentarischen Beratungsgang vorgetragen hatte, wurden von der sei-nerzeit mit absoluter Mehrheit ausge-statteten CDU beiseite gewischt – die Fischereihafenentwicklungsgesellschaft mbH & Co. KG (FEG) wurde gegrün-det.Die Grundlage für die erste Projektpla-nung war allerdings ein zu kleines Be-messungsschiff, weshalb die FEG diese Pläne verwerfen und neu ausarbeiten musste. Doch die Gesellschaft war sich ihrer Arbeit trotz des von der Politik zu-getrauten externen Sachverstands of-fenbar nicht sicher genug, denn sie bat die Betriebsgesellschaft für das Cruise Center, die Entwurfsplanung kritisch gegenzulesen. Die wurde ursprünglich nicht ins Boot geholt, damit sie sich bei einer Ausweitung ihrer Aufgaben nicht verzettelt, obwohl es sich um teils iden-tische Tätigkeiten gehandelt hätte.Das Planungschaos hätte wohl vermie-den werden können, wenn sich der Se-nat auf hanseatische Tugenden besonnen und das zusätzliche Kreuzfahrtterminal mit der eigenen Hochbauverwaltung geplant hätte. Dann wäre allerdings die

Vorlage der sogenannten Haushaltsun-terlage-Bau (HU-Bau) zwingend erfor-derlich gewesen, in der alle Informati-onen zur Errichtung, zum Betrieb und zur Wirtschaftlichkeit des Vorhabens detailliert dargestellt und nachgewie-sen werden müssen. Diese konservative Planung soll Planungsfehler minimie-ren und dazu beitragen, Bauprojekte wirtschaftlich zu errichten. Doch weil die HU-Bau auch kritische Fragen der Opposition provoziert und gerade die bei politisch gewollten Leuchtturmpro-jekten umgangen werden sollen, nimmt der Trend zur Gründung städtischer Un-ternehmen zur Realisierung von Bau-projekten in Hamburg zu. Das ist wie-derum Auslöser für zum Teil enorme Kostensteigerungen bei öffentlichen Bauprojekten, wie im Fall des zweiten Kreuzfahrtterminals: Hier werden nun 60 Prozent mehr ausgegeben als ur-sprünglich veranschlagt, also rund 30 Mio. Euro.

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AufgedecktRechnungshöfe werden fündig

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AufgedecktAufgedeckt

Stadt ein leer stehendes Hotel und hat nicht einmal die Pachteinnahmen.

Schleswig-Holstein. Die Fraktionen im Schleswig-Holsteinischen Landtag er-halten aus dem Landeshaushalt mehr Mittel als sie tatsächlich benötigen. Das hat der Landesrechnungshof bei einer Prüfung festgestellt. Während das Land diese Mittel aber angesichts eines struk-turellen Defizits von 1,25 Mrd. Euro pro Jahr durch Kredite aufbringen muss, legen die Fraktionen die überschüs-sigen Gelder teilweise zinsbringend bei Banken an. Dadurch sind in den ver-gangenen zehn Jahren bei den Frakti-onen zwar insgesamt 97.600 Euro Zinsen eingenommen worden; das Land musste selbst für die Finanzierung dieser Mittel im gleichen Zeitraum aber 280.000 Euro an Schuldzinsen bezahlen. Angesichts

der Selbstverständlichkeit, mit der sich die Parlamentarier am Landesvermögen bedienen, bleibt dem Steuerzahler die Spucke weg.

Brandenburg. Für die Beschäftigung von Hochschulabsolventen als sogenannte Innovationsassistenten gewährt das Land Brandenburg Zuschüsse an kleine und mittlere Unternehmen. Rund 8,4 Mio. Euro wurden zwischen 2004 und 2007 für insgesamt 345 Fördermaßnah-men bewilligt. Ziel ist, Forschung und Entwicklung zu stärken, neue Produkte herzustellen und zu vermarkten sowie die Verbindungen zwischen Betrieben und Hochschulen zu festigen. Der Landesrechnungshof wertet die Er-folgskontrollen durch das Ministerium für Wirtschaft und die als Bewilligungs-stelle fungierende InvestitionsBank des Landes als unzureichend. Für besorgnis-erregend hält er die hohe Quote der Mit-nahmeeffekte von ca. 20 Prozent. Rund 618.000 Euro wurden nach Selbstaus-künften der Zuwendungsempfänger an Unternehmen ausgereicht, die ohnehin einen sogenannten Innovationsassi-stenten eingestellt hätten.

Worms. Einem typischen Fall von „Sub-ventionitis“ kam der Rechnungshof Rheinland-Pfalz auf die Spur, als er die Errichtung eines Parkhauses in Worms genauer unter die Lupe nahm. Rund sechs Millionen Euro wurden dafür investiert, etwa je zur Hälfte von Land

Existenzgründer und prüfte die Einkom-mensgrenzen der Antragsteller nicht vollständig. Allein für zehn geprüfte Darlehensförderungen wurden rund 338.000 Euro überhöhte Zinszuschüsse ausgezahlt. Für unangemessen hoch hält der Landesrechnungshof auch die der InvestitionsBank zugeflossenen Ent-gelte in den geprüften Fällen für die Ge-schäftsbesorgung bei Refinanzierungs-darlehen in Höhe von rund 388.000 Euro (24 Prozent der bewilligten Zuschüsse). Das Entgelt an die InvestitionsBank für die zinsverbilligten Refinanzierungsdar-lehen erstattete ihr sowohl der Zahlungs-empfänger als auch dessen Hausbank, so dass sich für den Zahlungsempfänger regelmäßig nominale Zinssätze ergeben, die zwei Prozentpunkte über den Refi-nanzierungssätzen der InvestitionsBank lagen. Diese doppelte Entrichtung der Entgelte an die InvestitionsBank ist für den Landesrechnungshof nicht nachvoll-ziehbar. Zudem fehlten entsprechende Berechnungsgrundlagen.

Bad Bergzabern. Aus einem leer stehen-den Gebäudekomplex in der südpfälzi-schen Stadt Bad Bergzabern wollte ein Wormser Investor ein Vier-Sterne-Hotel machen. Nach Verhandlungen mit der Stadt und dem Land einigte man sich darauf, die Umbaukosten von 3,1 Mio. Euro wie folgt zu verteilen: 1,9 Mio. Euro sollte das Land tragen, die Stadt und der Investor jeweils etwa 600.000 Euro. Als die Kosten auf 6,23 Mio. Euro angestie-

gen waren, mahnte der Rechnungshof, eine 90-prozentige Subvention an einen Privaten sei nicht zu vertreten. Kur-zerhand zog man einen Plan aus der Schublade, der nach BdSt-Informati-onen schon länger vorgehalten worden war: Die Stadt kauft das Grundstück und tritt in sämtliche Verträge mit Pla-nern und Baufirmen ein, der vormalige Investor bleibt im Projekt als Betreiber – ein Konzept, das verdächtig an den Nürburgring erinnert. Das Land gibt der Stadt, die zum Wahlkreis von Mi-nisterpräsident Kurt Beck gehört, einen Zuschuss in Höhe von 5,6 Mio. Euro. Schließlich hatte Beck diese Maßnahme zur Chefsache erklärt und als „Leucht-turmprojekt“ tituliert. Der Privatmann erhält ein Erbbaurecht über zehn Jahre und darf anschließend das Objekt käuf-lich erwerben. Die jährliche Pacht soll 120.000 Euro betragen, der Kaufpreis ist auf 1,4 Mio. Euro taxiert. Ein wahr-lich traumhaftes Geschäft: Der Investor verabschiedet sich aus allen wirtschaft-lichen Risiken, zahlt in den zehn Jahren insgesamt 1,2 Mio. Euro an Pacht und kauft dann das Objekt für 1,4 Mio. Euro. Für die erbrachten 2,6 Mio. Euro erhält er dann ein Vier-Sterne-Hotel, das Stadt und Land vormals über sechs Millionen Euro gekostet haben. Mittlerweile ha-ben sich die Baukosten auf 7,2 Mio. Euro verteuert. Ein Glück für den Privatmann, dass er das nicht berappen muss – Pech für die Steuerzahler. Und wenn der wirt-schaftliche Erfolg ausbleibt, besitzt die

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Mit Schulden finanzierte Zuschüsse legen die Fraktionen für sich zinsbringend an.

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AufgedecktAufgedeckt

eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes gar nicht mit den Vertretungen der Be-diensteten abgestimmt werden. Auch für die später vorgetragene Behauptung, die Dienstunfähigkeit der Beamtin beruhe doch auf einer dienstlich veranlassten Erkrankung, waren in der Personalakte keine Belege zu finden. Die Steuerzah-ler erwarten, dass die Verantwortlichen dieser krassen Fehlentscheidungen zur Rechenschaft gezogen werden.

Schleswig-Holstein. Wenn man beson-ders clever sein will, führt dies nicht immer zum Erfolg. Das gilt auch für staatliche Behörden. Skandalös wird es aber, wenn dabei Rechtsvorschriften missachtet werden und am Ende der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird. Einen solchen Fall deckte der Bundes-rechnungshof im schleswig-holstei-nischen Verkehrsministerium auf. Dort werden auf Rechnung des Bundes die Baumaßnahmen für Autobahnen und Bundesstraßen geplant, vergeben und abgerechnet. Dafür erhalten die Länder vom Bund ein bestimmtes Kontingent an Haushaltsmitteln zugewiesen, über das sie verfügen können. Nun zeigt die Erfahrung, dass nicht immer alle Mittel auch zeitnah verwendet werden können. Die nicht benötigten Mittel werden dem Bundesverkehrsministerium zurückge-meldet und von diesem für Maßnah-men eingesetzt, die noch innerhalb des Haushaltsjahres abgeschlossen werden können. Auf dieses Verfahren hat das

Land Schleswig-Holstein jahrelang spe-kuliert. So wurden systematisch mehr Aufträge vergeben als Mittel zur Ver-fügung standen. Nur durch die Rück-gabe nicht verbrauchter Mittel anderer Länder konnten die Rechnungen be-zahlt werden. 2008 hat man sich dabei aber „verzockt“. Schon zu Beginn der zweiten Jahreshälfte waren die zuge-wiesenen Finanzmittel vollständig auf-gebraucht. Jetzt konnte man die fälligen Rechnungen nicht mehr fristgerecht bezahlen. Bis Oktober 2008 summierten sich die offenen Forderungen der Bau-unternehmen auf 27,5 Mio. Euro. Einige Unternehmen stellten daraufhin ihre Arbeit ein und setzten Schadenersatz-forderungen durch. So kam es zu ver-meidbaren Mehrkosten von 2,2 Mio. Euro beim Autobahnbau. Diese Mehr-belastung wurde mit den eigentlich für 2009 zustehenden Mitteln verrechnet. Dem Steuerzahler können die Details der Buchungstricks aber egal sein: Das Geld ist verloren, ohne dass der Stra-ßenbau vorangekommen ist.

Berlin. Die Berliner Wasserpreise liegen bundesweit mit an der Spitze. Mit über 5 Euro pro Kubikmeter Frisch- und Ab-wasser zahlen die Berliner so viel wie in kaum einer anderen deutschen Stadt. Und die Preisentwicklung in den letz-ten Jahren ist enorm. Die Berliner Was-serbetriebe haben ihre Wasserpreise seit dem Jahr 2003 um satte 22 Prozent erhöht. Mittlerweite prüft sogar das

und Stadt. Doch seit der Fertigstellung wird offensichtlich, dass das Parkhaus überhaupt nicht gebraucht wurde. Die Auslastung betrug 2006 nur 35 Prozent, im März 2008 sogar nur 25 Prozent. Vor-gegeben waren für 2007 rund 40 Prozent Auslastung und im Jahr 2011 sollen 80 Prozent der Parkflächen genutzt wer-den. Das wird schwierig, angesichts der Tatsache, dass in unmittelbarer Umge-bung unentgeltliche Parkplätze zur Ver-fügung stehen. Und so gab der Bürger-meister der Stadt Worms auch freimütig zu, dass man ohne den Landeszuschuss das Parkhaus nicht hätte bauen können. Wenn die wirtschaftliche Grundlage fehlt, hätte man es gar nicht bauen sol-len, denkt sich da der Steuerzahler.

Land Niedersachsen. Dauernd dienst-unfähige Beamte müssen, um vorzeitig Ruhegehalt zu erhalten, eine Dienstzeit von fünf Jahren abgeleistet haben. Von dieser „Wartezeit“ wird abgewichen, wenn ein Dienstunfall oder eine Dienst-beschädigung ursächlich für die Dienst-unfähigkeit ist. Weder die eine noch die andere Voraussetzung lag bei den Frühpensionierungen zweier nieder-sächsischer Lehrerinnen im Alter von 37 und 40 Jahren in den Jahren 2006 und 2008 vor, wie der Niedersächsische Lan-desrechnungshof in seinem diesjährigen Jahresbericht feststellte. Die Beamtinnen hätten deshalb nicht auf Steuerzahler-kosten mit lebenslangen Versorgungs-bezügen in den vorzeitigen Ruhestand

geschickt werden dürfen. Sie hätten viel-mehr entlassen und für den Zeitraum der Lehrtätigkeit in der gesetzlichen Ren-tenversicherung nachversichert werden müssen. Obwohl rechtswidrig, bewirken die Zurruhesetzungen, dass jede der vor-zeitig pensionierten Lehrerinnen rund 1.350 Euro pro Monat Ruhegehalt erhält, was sich bei einer unterstellten 40-jäh-rigen Laufzeit zu einer Belastung für die Steuerzahler von zusammen knapp 1,3 Mio. Euro aufsummieren kann. In einem der beiden Fälle erstattete der Bund der Steuerzahler Niedersachsen und Bremen im Mai 2010 Strafanzeige wegen des Verdachts der Untreue. Die Strafanzeige richtet sich gegen Verant-wortliche der Landesschulbehörde mit Sitz in Lüneburg. Diese Behörde wurde vom niedersächsischen Landesamt für Bezüge und Versorgung sechs Tage vor Beginn des Ruhestandes über die nicht erfüllte fünfjährige Dienstzeit der betref-fenden Lehrerin informiert. Die Landes-schulbehörde hätte zu diesem Zeitpunkt die rechtswidrige Ruhestandsverfügung noch zurücknehmen und Schaden von den Steuerzahlern abwenden können. Sie tat es nach Angaben des Niedersäch-sischen Landesrechnungshofs dennoch nicht und flüchtete sich in Ausreden, die ihr Fehlverhalten kaschieren sollten. So hätten der Personalrat und die Frauen-beauftragte der Behörde vor Rücknahme der Verfügung gehört werden müssen, was in den sechs Tagen nicht möglich gewesen sei. Dabei muss die Rücknahme

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ErfolgeAufgedeckt

Land Niedersachsen. Eine glückliche Wendung nahm der Fall der leerstehen-den „Bornemann-Immobilie“ in Obern-kirchen (Landkreis Schaumburg), für die das Land Niedersachsen über Jahre hinweg unnützerweise jährlich rund 80.000 Euro Miete an die Eigentümerin Stadt Obernkirchen zahlen musste. Der Mietvertrag konnte zum 30. September 2010 im Zuge eines Eigentümerwech-sels bei der Immobilie (von der Stadt auf den örtlichen Kreisverband des Deut-schen Roten Kreuzes) vorzeitig been-det werden. Dafür muss das Land eine einmalige „Mietausstiegszahlung“ von 100.000 Euro zahlen. Es entfallen aber die künftigen Mietzahlungen, die für die ursprünglich verabredete Mietlauf-zeit bis Ende Dezember 2013 insgesamt rund 260.000 Euro ausgemacht hätten. Darüber hinaus wird das Gebäude nun endlich sinnvoll genutzt. Im Schwarz-buch 2008 hatten wir den Einsatz von Steuergeldern für die leerstehende Immobilie heftig kritisiert und eine ra-sche Verwertung angemahnt. Das Land Niedersachsen hatte im Dezember 1992 die Immobilie in Obernkirchen für die Unterbringung von Polizeieinheiten an-gemietet. Der Mietvertrag wurde im De-zember 1998 ohne Ausstiegsoption um weitere 15 Jahre verlängert. Allerdings wurden die Polizeieinheiten bereits im September 2005 nach Hildesheim ver-legt – seitdem stand der teuer angemie-tete Gebäudekomplex überwiegend leer. Mit der jetzigen Lösung zur Beendigung

des Mietverhältnisses konnten zumin-dest die unnützen Ausgaben seit dem Leerstand von 660.000 Euro auf eine halbe Million Euro begrenzt werden. Ruhrgebiet. Die Kritik des Bundes der Steuerzahler an der Umgestaltung der A 42 zur „Parkautobahn“ hat Erfolg: Das Projekt wurde erheblich abgespeckt. Ge-schätzte 41 Mio. Euro sollten laut einer Machbarkeitsstudie aufgebracht wer-den, um die Industriekultur am Auto-bahnrand deutlicher hervorzuheben und die Autobahn in den sie umgebenden Emscherlandschaftspark einzubinden. Inzwischen hat nicht nur die Stadt Essen ihre Beteiligung an der Umgestaltung des Autobahnkreuzes Essen-Nord zu einem „Ohrenpark“ abgesagt. Auch die Anrainerkommunen von Castrop-Rauxel bis Oberhausen beteiligen sich nur noch ideell, aber nicht mehr mit Steuergeld an der Finanzierung der Parkautobahn. Von den ursprünglich geplanten fünf Oh-renparks, gemeint ist eine parkähnliche Bepflanzung der Innenflächen der Au-tobahnkreuze, wird nur einer realisiert. Das günstigste Angebot lag bei rund 334.000 Euro, so die Ruhr.2010 auf An-frage. Gefördert werde das Projekt vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW. Für die Pflege des Ohrenparks sei der Landesbetrieb Straßen.NRW zu-ständig. Zudem erneuert er für 17 Mio. Euro Lärmschutzwände und stattet sie mit Sichtfenstern aus. Landschaftsfens-

Bundeskartellamt, ob es bei den Was-serpreisen mit rechten Dingen zugeht. Die Berliner Verbraucher müssen die Preise aber hinnehmen. Da es sich bei dem Versorger um einen Monopolisten handelt, gibt es keine Möglichkeit, auf andere Anbieter auszuweichen. Wie auch schon in den letzten Jahren seit 2005, geben die Berliner Wasser-betriebe im Jahr 2010 viel Geld für eine Imagekampagne aus. Auf Großplakaten, in Anzeigen und Flyern posiert ein Ent-chen und zeigt den Berliner Verbrau-chern, was man mit Wasser alles ma-chen kann. Mit der Kampagne im Wert von rund einer Million Euro wollen die Berliner Wasserbetriebe ihre Kunden, darüber informieren, was sie tun, wo das Wasser herkommt und wo es hin-geht. Die Wasserbetriebe gehören zu 50,1 Prozent dem Land Berlin. Der restliche Teil gehört je zur Hälfte den Unterneh-men RWE und Veolia Wasser. Doch ob-wohl die Wasserbetriebe mit 2,3 Mrd. Euro verschuldet sind, steht der Berliner Senat zur teuren Werbemaßnahme des Monopol-Unternehmens. Unterdessen hat aber auch der Berliner Landesrech-nungshof die Werbeausgaben des Un-ternehmens untersucht und festgestellt, dass Aufwendungen für die Imagekam-pagnen der letzten Jahre „angesichts des bestehenden Anschluss- und Be-nutzungszwangs sowie der wiederhol-ten Erfolglosigkeit dieser Kampagnen in hohem Maße unwirtschaftlich“ waren.

Nach Ansicht des Bundes der Steuerzah-ler sollten die Berliner Wasserbetriebe sich die Ausgaben für sinnlose Image-kampagnen sparen und stattdessen die Wassergebühren senken.

Potsdam. Zur Vorbereitung auslän-discher Studienbewerber ohne direkte Studienberechtigung auf ein Studium in Deutschland errichtete das Land Bran-denburg 1992 ein der Universität Pots-dam zugeordnetes Studienkolleg. Zum einen betreute das Ausländerstudienkol-leg nur einen Bruchteil aller Studienaus-länder, zum anderen das auch noch ohne greifbaren Erfolg. Nur ca. 1,5 Prozent aller Kollegabsolventen erreicht einen Studienabschluss. Der Landesrechnungshof ermittelte Ko-sten von gut 733.000 Euro jährlich im Etat des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur sowie zusätzlich 100.000 Euro als Verwaltungsausgaben, die entgegen den Haushaltsgrundsätzen von der Universität Potsdam bestritten wurden. Nach der Kritik des Landes-rechnungshofs wird das Studienkolleg Ende des Sommersemesters 2010 ge-schlossen.

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ErfolgeHier konnte der BdSt Verschwendung verhindern

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ErfolgeErfolge

zent wollte sich die Stadt Lüdenscheid beteiligen. Die restlichen Umbaukosten wollte der Verein aus eigenen Mitteln zahlen. Doch die Sache hatte zwei Ha-ken. Erstens: Ob es bei den veranschlag-ten Kosten bleibt, war noch ungewiss, da der Verein bis zur entscheidenden Ratssitzung kein aussagefähiges Fi-nanz- und Wirtschaftskonzept vorlegen konnte. Zweitens: Um die begehrten Fördermittel des Landes zu erhalten, hätte die Stadt Lüdenscheid die Gelder beantragen und 20 Jahre lang für deren ordnungsgemäße Verwendung haften müssen. Die ohnehin hoch verschul-deten Lüdenscheider hätte dies teuer zu stehen kommen können. Zum Beispiel dann, wenn der Verein die Kredit- und Unterhaltskosten nicht dauerhaft aus eigener Kraft zahlen kann oder sich vorzeitig auflöst. Im schlimmsten Fall hätte die Stadt Lüdenscheid dann bis zu 1,8 Mio. Euro an Fördergeldern zurück-zahlen müssen. Vor diesem finanziellen Risiko warnte der BdSt. Die Kritik zeigt jetzt Wirkung: Wie das Ministerium für Bauen und Verkehr dem BdSt mitteilte, wurden die Förderbedingungen inzwi-schen geändert. Das ursprüngliche Kon-zept war nicht förderfähig. Da die Fabrik aber unter Denkmalschutz steht, will das Ministerium ab 2011 prüfen, in welcher Höhe Mittel der Denkmalförderung in den Umbau fließen können. Vermutlich wird der Betrag deutlich abgespeckt, da die Mittel für Denkmalförderung be-grenzt sind. Doch entscheidend ist, dass

jetzt der Antragsteller nach Auskunft des Ministeriums allein der Sportver-ein ist, der auch für die Erfüllung der Bewilligungsbedingungen einzustehen habe. Die Stadt Lüdenscheid muss des-halb nicht befürchten, unvorhersehbare Folgekosten aufgebürdet zu bekommen. Alles in allem eine erfreuliche Entwick-lung, meint der BdSt.

Landshut. Die „Flora“, eine künstlerische Skulptur, ist das Wahrzeichen des Hans-Leinberger-Gymnasiums (HLG) in der Stadt Landshut. Wegen einer beabsich-tigten Umgestaltung des Vorplatzes am HLG sollte die „Flora“ um ca. 10 Meter versetzt werden, steht sie doch nach einem vor drei Jahren errichteten Men-saanbau „ein wenig verloren im Raum“. Der „Flora-Versetzungsakt“ sollte im Zuge einer Vorplatz-Umgestaltung des HLG erfolgen, bei der z. B. auch Radstän-der, Müllcontainer, Verkehrszeichen so-

ter an den Fahrbahnrändern, die wie übergroße Bilderrahmen besondere Orte der Industriegeschichte hervor-heben sollten, wird es aber wohl nicht geben. Die „Parktankstellen“ an ausge-wählten Anschlussstellen, an denen man Informationen über den Emscherland-schaftspark, die jeweilige Stadt und die Kulturhauptstadtprojekte bekommen oder vom Auto aufs Fahrrad umsteigen sollte, um den Emscherlandschaftspark zu erkunden, sind zu einfachen Info-stelen geworden. Die geschätzten Kos-ten hier: 25.000 bis 30.000 Euro. Die Au-tobahnausfahrten sollten zu Parktoren werden, wo Skulpturen und Zeichen auf die Besonderheiten der Stadt oder eines Stadtteils hinweisen. Auch hier hat man auf die Gestaltung mit Skulpturen ver-zichtet und sich ausschließlich auf eine Gestaltung mit Mitteln des Garten- und Landschaftsbaus beschränkt. Insgesamt werden jetzt Kosten in Millionenhöhe eingespart.

Bund. Mit großem Brimborium plante das Bundesinnenministerium die Ein-führung des neuen elektronischen Per-sonalausweises im Herbst dieses Jah-res. Um den Bürgern die technischen Raffinessen und Vorzüge des scheck-kartengroßen Ausweises schmackhaft zu machen, war eine aufwändige Road-show quer durch Deutschland in Form eines „begehbaren Personalausweises“ geplant. An verschiedenen Orten und Marktplätzen sollten die Bürger über die

neuen Funktionen des Ausweises aufge-klärt werden. Auffällig begleitet werden sollte die Einführung zudem durch eine umfassende Medienkampagne mit An-zeigen in diversen Medien. Sieben Mio. Euro, so der Plan der Ministerialen, sollte die Einführungskampagne kosten, die über die Medienkampagnen hinaus zahlreiche Dialogveranstaltungen, die Teilnahme an Messen sowie die Produk-tion von Informationsbroschüren vor-sah. Aus Sicht des Bundes der Steuer-zahler viel zu viel Selbstbeweihräuche-rung in Anbetracht klammer öffentlicher Kassen. Die mediale Kritik des Bundes der Steuerzahler fand letztlich Gehör bei den Haushältern des Bundestages. Sie kürzten die im Regierungsentwurf für den Haushalt 2010 vorgesehenen Haushaltsmittel erheblich, um vier Mio. Euro. Die Einführungskampagne wird jetzt mit einem Drei-Millionen-Euro-Budget als Light-Version realisiert. Vor allem die Roadshow sowie die Anzei-genkampagne haben kräftig abspecken müssen. Ersparnis für die Steuerzahler: Vier Mio. Euro.

Lüdenscheid. Der Lüdenscheider Sport-verein „Turboschnecken“ möchte eine alte Fabrik für rund 3 Mio. Euro zum Vereinsheim umbauen. Über diese Pläne berichtete der Bund der Steuerzahler kritisch, weil die Finanzierung überwie-gend aus Steuergeldern erfolgen sollte. 60 Prozent sollten aus Städtebauförder-mitteln finanziert werden, mit zehn Pro-

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Die „Flora“ bleibt, wo sie ist.

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ErfolgeErfolge

Allein die EXPO widme sich besonders bau- und stadtentwicklungspolitischen Fragestellungen und sei sehr zielgerich-tet an Metropolen wie Berlin adressiert, begründeten die beiden Parlamentarier die Kosten und versprachen, dass dem Land Berlin diese Erfahrung in Form von neuen stadtentwicklungs- und woh-nungspolitischen Ideen zugute kommen werde. Im Mai 2010 wurde die Reise schließlich abgesagt. Offiziell werden organisatorische Versäumnisse auf der chinesischen Seite angeführt, die dem Ansturm der Besuchergruppen nicht gewachsen gewesen sei. Die Opposi-tion hingegen wirft der Koalition vor, die Reise nur aus Angst vor schlechter Presse abgesagt zu haben und spricht von einem Kommunikationsdesaster. Das Abgeordnetenhaus hat für 2010 ein Budget von 125.000 Euro für Dienstrei-sen der Mitarbeiter und Abgeordneten eingeplant. Wenn auch nicht die gesam-ten Kosten angefallen sind, werden die Steuerzahler aber trotzdem auf Storno-kosten in vierstelliger Höhe sitzen blei-ben. In Regress nehmen will der Berliner Parlamentspräsident deshalb aber nie-manden, weil es sich um eine politische Entscheidung gehandelt habe.

Bremen. Nach scharfer Kritik des Bundes der Steuerzahler beendet Bremen nach elf Jahren endlich sein hoch defizitäres Musical-Abenteuer. Zum Ende Februar 2011 steigt die Hansestadt aus dem Musical-Betrieb am Richtweg aus. Im

Schwarzbuch 2009 berichteten wir zuletzt über das dort aufgeführte Musical „Ma-rie Antoinette“. Passend zur Titelheldin – Zeitgenossen gaben ihr aufgrund ihrer Verschwendungssucht den Spitznamen „Madame Déficit“ – generierte das Musi-cal statt des erhofften Plus ein stattliches Minus von 2,5 Mio. Euro. Die Ursachen dafür lagen primär in den gestiegenen Produktionskosten und unzureichenden Umsatzerlösen. Auch kamen die erwar-teten Verträge zur Weitervermarktung des Musicals nicht zustande. Das Stück „Marie Antoinette“ war allerdings nur der letzte in einer ganzen Reihe von spektakulären Flops. Das 1999 angesetzte Dauermusical „Jekyll und Hyde“ musste wegen fehlender Wirtschaftlichkeit vor-zeitig abgesetzt werden. Das nachfol-gende Musical „Hair“ ging sogar pleite. Kurze Zeit später zog für zwei Jahre das Theater Bremen ein, weil das Haus am Goetheplatz grundlegend renoviert wurde. Seit Juli 2004 liegt der Betrieb des Musical-Theaters in den Händen einer städtischen GmbH. Hierfür wurde das Gebäude für ca. 420.000 Euro pro Jahr angemietet und an Veranstalter weiter-vermietet. Allerdings erwirtschaftete die städtische GmbH seitdem ein durch-schnittliches Defizit von rund 550.000 Euro pro Jahr. Mit der Kündigung des Musical-Vertrags kann Bremen nun seine finanziellen Belastungen verringern. So-wohl die Jahresmiete von 420.000 Euro als auch das Betreiberrisiko entfallen zu-künftig. Allerdings muss die Hansestadt

wie ein Brunnen versetzt werden sollten. An Kosten für den gesamten „Umset-zungsspaß“ waren rund 90.000 Euro vorgesehen, wobei die Hälfte hiervon als staatlicher Baukostenzuschuss geflossen wäre. Der Bund der Steuerzahler hat wachsamen Auges das Vorhaben beo-bachtet und beim Oberbürgermeister der Stadt Landshut am 9. Oktober 2009 u. a. nach dem Kosten-Nutzen-Verhältnis der Versetzungsmaßnahme gefragt. Offenbar fand man Gehör. Am 23. Oktober 2009 hat der Landshuter Stadtrat mit nur ei-ner Gegenstimme die Gesamtmaßnahme „Vorplatz-Umgestaltung am HLG“, ein-schließlich Versetzung der „Flora“, ne-gativ beschieden. Die „Flora“ bleibt, wo sie ist – ihre Versetzung und die Kosten hierfür sind somit kein Thema mehr.

Brandenburg. Für ein WM-Tipp-Spiel wollte der Landesbetrieb Zentrale IT-Dienstleister (ZIT) mit Steuergeldern Ge-winne ausreichen. Er lockte mit einem Netbook für 149 Euro, einer Digitalka-mera für 174 Euro und einer PC-Fest-platte für 106 Euro. Die Idee zu dem Wett-bewerb stammte aus dem Aufbaustab des Landesbetriebes im Innenministe-rium. Teilnehmen an dem kostenfreien Tipp-Spiel konnten nur die Landesbe-diensteten. Nach harschen Protesten der Öffentlichkeit und des Bundes der Steuerzahler zog Innenminister Rainer Speer die Notbremse und ordnete an, dass keine Haushaltsmittel eingesetzt werden dürfen.

Berlin. Als touristische Lustreise auf Steuerzahlerkosten hatte der Bund der Steuerzahler bereits im Herbst 2009 eine für 2010 geplante Ausschuss-Reise nach China bezeichnet und durch seinen mas-siven Protest in den Medien mit dazu beigetragen, dass die Reise letztendlich abgesagt worden ist. Das Reiseziel für die rund 25 Parlamentarier zweier Aus-schüsse des Berliner Abgeordneten-hauses sollte die EXPO in Shanghai sein. Nach ersten Gerüchten hatte der Bund der Steuerzahler bereits im Juli 2009 den Präsidenten des Abgeordnetenhauses schriftlich aufgefordert, „bei der Prüfung eines Antrages auch die desolate Finanz-lage Berlins im Auge zu behalten und ein Zeichen für eine verantwortungsbe-wusste und sparsame Ausgabenpolitik zu setzen“. Auch haben wir erhebliche Zweifel angemeldet, dass der kosten-mäßige Aufwand in einem vertretbaren Verhältnis zu einem denkbaren Erkennt-nisgewinn bei den Abgeordneten steht und sich dem Bund der Steuerzahler viel-mehr der Eindruck aufdrängt, dass die Attraktivität Shanghais als Fernreiseziel im Vordergrund steht. Noch im April 2010 hatten die beiden Ausschussvorsitzenden dem Bund der Steuerzahler gegenüber wortreich be-schrieben, welche große Bedeutung diese Dienstreise für Berlin angeblich hätte. Grundsätzlich habe jeder Aus-schuss einmal in der Legislaturperiode die Möglichkeit, eine Informationsreise durchzuführen, hieß es weiter.

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ErfolgeErfolge

für das Kulturdenkmal. Immerhin muss der Steuerzahler jezt nicht mehr für die immens teuren Sanierungs- und Folge-kosten aufkommen.

Lübeck. Lübecks öffentliche Toiletten wa-ren schon öfter Thema im Schwarzbuch – als Verschwendungsfälle. Da wurde an der neu gestalteten Obertrave ein Toilet-tenhäuschen mit Kiosk für 270.000 Euro gebaut – ein Preis, für den man schon ein gutes Einfamilienhaus bekommt. Für den Markt hat man ein Hightech-Klo im japanischen Design angemietet, für das die Stadt nach Medienberichten rund 90.000 Euro im Jahr bezahlt. Dennoch ist das Toilettenangebot in der Altstadt, die als UNESCO Weltkulturerbe viele Mil-lionen Besucher im Jahr anlockt, nach wie vor unzureichend. Einige Einrich-tungen befinden sich zudem in einem unhaltbaren Zustand. Eine Lösung war dringend erforderlich. Deshalb wurde drei Jahre an einem Toilettenkonzept für die Altstadt gearbeitet. Das Ergeb-nis liegt jetzt vor und ist für die Steuer-zahler außerordentlich erfreulich! Seit dem 1. August 2010 stehen zwölf Toi-letten gastronomischer Betriebe für die Öffentlichkeit zur Verfügung. Weitere acht sollen noch folgen. Dafür zahlt die Stadt an die Betreiber eine Pauschale von insgesamt 30.000 Euro im Jahr. We-nig Geld, wenn man bedenkt, dass die Unterhaltung einer einzigen öffentlichen Toilette rund 15.000 Euro im Jahr kos-tet. Das bestechend einfache System ist

nicht neu, bundesweit hat es sich bereits in 90 Städten und Gemeinden bewährt. Die Nachahmung ist nicht nur für Lü-beck empfehlenswert.

Bad Lippspringe. Es hat rund fünf Jahre gedauert, doch die Hartnäckigkeit des Bundes der Steuerzahler hat sich gelohnt: Die umstrittene Umgehungsstraße in Bad Lippspringe wird nicht gebaut. Bereits im Dezember 2005 hatte der Bund der Steuerzahler die geplante Umgehungs-straße kritisiert. 8,2 Mio. Euro sollte die 1,8 Kilometer lange Trasse kosten, doch sowohl ihre Notwendigkeit als auch ihre Entlastungswirkung waren zweifelhaft. 2008 stiegen die Baukos ten auf 9,4 Mio. Euro. Der BdSt hakte nach und erfuhr, dass die Mehrkosten auf die Verlänge-rung einer Brücke, den gestiegenen Bau-preisindex und die Voruntersuchungen des Kampfmittelräumdienstes und der Bodendenkmalpfleger zurückgingen. Die Bezirksregierung Det mold, die der BdSt eingeschaltet hatte, erklärte, dass im Planfeststellungsverfahren geprüft werde, ob die Straße gerechtfertigt sei. Ende 2009 kam das Aus: „Aufgrund einer nicht vorhandenen Verhältnismäßigkeit ist diese Straßenplanung zu beenden“, hieß es in der Beschlussvorlage der Stadt-verwaltung. Verkehrslenkende Maßnah-men seien auf den bestehenden Straßen möglich und würden zu einer „vergleich-baren Entlastungswirkung für die Innen-stadt und zu partiellen Leistungsfähig-keitssteigerungen führen“. Damit wurde

noch bis 2018 einen Kapitaldienst von jährlich gut 2,2 Mio. Euro für den kre-ditfinanzierten Gebäudeumbau leisten. Die Bilanz: Das Musical-Abenteuer hat Bremen laut Auskunft der Wirtschaftsde-putation einen Gesamtaufwand von rund 58 Mio. Euro beschert. Doch aus Steu-erzahlersicht ist in diesem Fall ein Ende mit Schrecken besser als ein Schrecken ohne Ende.

Bund. Es war im Jahr 2003, als der Deut-sche Bundestag seine eigene Sauna im Berliner Marie-Elisabeth-Lüders-Haus bekam. Der Bund der Steuerzahler hatte diese Form von Politluxus (Kostenpunkt: mehrere zehntausend Euro, genaue An-gaben wollte uns die Bundestagsver-waltung nicht machen) von Anfang an kritisiert. Sieben Jahre später wird die Bundestagssauna nun geschlossen. In unmittelbarer Nähe der bisherigen Sauna soll ein öffentlich zugängliches Bistro errichtet werden. Die Bundestagssauna wird zur Bistro-Toilette umgebaut. Das ist gut. Besser noch wäre es gewesen, wenn auf das eigennützige Saunaprojekt gleich ganz verzichtet worden wäre.

Wehretal. Der Bund der Steuerzahler warnte die Gemeinde Wehretal davor, die stark renovierungsbedürftige Ober-mühle zu erwerben. Der Kauf im Jahr 2007 erfolgte ohne schlüssiges Nutzungs-konzept und ohne konkrete Sanierungs-kostenberechnungen. Die Gemeinde erhoffte sich eine hohe Förderquote bei

unterschiedlichen Förderprogrammen. Doch auch zwei Jahre nach dem Kauf der Obermühle konnte die Gemeinde kein tragfähiges Nutzungskonzept vorle-gen. Im November 2009 stoppte dann ein Bürgerentscheid die Sanierungspläne der Gemeinde. Auch die Initiatoren des Bürgerbegehrens kritisierten die Höhe der Sanierungskosten von insgesamt 1,7 Mio. Euro und die unüberschaubaren Folgekosten. Diese Auffassung teilte eine deutliche Mehrheit der Wehretaler, die entschieden, dass das Grundstück der Obermühle an einen Investor ver-äußert werden soll. Doch wegen der Größe der Immobilie blieben offenbar Kaufinteressenten aus, denn bis zum Redaktionsschluss war noch kein Inve-stor in Sicht. Der Verkaufspreis bewegt sich nach Aussage von Bürgermeister Jochen Kistner zwischen einem Euro und einer Summe X. Bezahlt hat die Ge-meinde seinerzeit immerhin 37.000 Euro

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Wehretal kaufte die Obermühle ohne Nut-zungskonzept, nun ist sie zu haben.

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Verschwendung drohtErfolge

Schleswig. Die altehrwürdige Residenz-stadt an der Schlei will für den hochprei-sigen Tourismus attraktiver werden. Dazu meint man, auf eine moderne Therme nicht verzichten zu können. Nach ersten Schätzungen soll das Erlebnisbad auf einem ehemaligen Bundeswehrgelände etwa 28 Mio. Euro kosten. Den wesent-lichen Anteil soll ein privater Investor fi-nanzieren. Das Land Schleswig-Holstein hat Fördermittel in Höhe von 9,8 Mio. Euro in Aussicht gestellt, wenn sicher-gestellt ist, dass es keine Konkurrenz zu bestehenden Freizeit- und Erlebnisbä-dern gibt. Aber genau hier liegt das Pro-blem: Im Umkreis von 30 Kilometern um Schleswig gibt es bereits sechs attraktive Freizeitbäder, ein siebtes ist von einem privaten Betreiber geplant. Alle diese Bä-der kämpfen um eine ausreichende Aus-lastung. Um negative Auswirkungen auf die Konkurrenz zu verhindern, hat das Wirtschaftsministerium von einem Gut-achter einen Anforderungskatalog erstel-len lassen. Darin ist festgehalten, dass es sich um eine rein gesundheitsorientierte Therme ohne angegliedertes Sportbad handeln muss, die zudem unmittelbaren Anschluss an ein Viersternehotel mit Appartementbetrieb haben soll. Unter diesen Voraussetzungen könnte mit bis zu 190.000 Besuchern im Jahr gerech-net werden. Die ursprünglichen Erwar-tungen der Stadt lagen bei etwa 260.000 Gästen jährlich. Fraglich ist auch, ob der gedeckelte jährliche Zuschuss der Stadt in Höhe von 500.000 Euro einzuhalten ist.

Verschiedene Experten halten dieses Ziel für unrealistisch. Ein Projekt mit derart vielen „Wenns“ und „Abers“ ist für die finanzschwache 24.000-Einwohnerstadt ein unkalkulierbares Risiko. Dabei liegt die Alternative so nahe: Das bestehende Sportbad könnte für 3 Mio. Euro grund-saniert werden und mit einer weiteren Million Euro eine Attraktivitätssteige-rung erhalten. Diese Lösung wäre der Leistungsfähigkeit aller Beteiligten an-gemessen.

Bad Brambach. Bürgermeister Helmut Wolfram kämpft seit Jahren gegen die geplante und übliche Luxussanierung der Deutschen Bahn. Davon betroffen sind fünf Bahnübergänge in seinem Gemein-degebiet. Bad Brambach, ein Kurort mit 2.100 Einwohnern, soll ca. 200.000 Euro Eigenanteil für die Kreuzungsumbauten aufbringen. Geld, was der Gemeinde für Aufgaben der Daseinsvorsorge feh-len würde. Außerdem ist den Gemein-devertretern der Sinn dieser Sanierung nicht klar, denn die Strecke ist nicht als verkehrsbedeutend eingestuft, und wird nur selten von der Vogtlandbahn benutzt. Dennoch möchte die Bahn alle Förder-mittel ausnutzen und die Kreuzungen mit Hilfe der Gemeinde umbauen: Dazu gehören neben neuen Sig nalanlagen Schrankensysteme, Schaltanlagen und auch Schienenerneuerungen, so dass die Kosten pro Bahnübergang auf über 500.000 Euro ansteigen. Zuviel und am Bedarf vorbei, rechnet Bürgermeister

die Kritik des BdSt an dem Projekt voll bestätigt. Auch die Bürger hatten ihre Zweifel und machten ihre Ablehnung bei den Kommunalwahlen im Herbst 2009 deutlich: Mit großer Mehrheit stimmten sie für den Bürgermeisterkandidaten, der mit klaren Worten gegen die Umgehung in den Wahlkampf gezogen war. Die Ko-sten für die bisherige Planung belaufen sich auf 400.000 Euro. Das ist zwar kein Pappenstiel, und es hätte sicher weniger gekostet, wären die Planungen bereits 2005 beendet worden – aber allein die Tatsache, dass die Stadt Bad Lippspringe doch noch von einem 9,4 Mio. Euro teuren Holzweg abgekommen ist, wird die Steuerzahler freuen.

Schleswig-Holstein. Die überflüssige und teure Beitragsbefreiung des letzten Kin-dergartenjahres vor der Schule ist nach nur einem Jahr vom Landtag wieder abgeschafft worden. Damit wird eine Forderung des Bundes der Steuerzahler zur Konsolidierung des Landeshaushalts erfüllt. Dieses politische „Geschenk“ aus Zeiten der Großen Koalition kostete das Land rund 35 Mio. Euro. Jetzt wird ein Teil des Geldes in eine verbesserte Kin-dergartenausstattung investiert. Damit wird es bedarfsgerecht verwendet, wäh-rend die Beitragsbefreiung unabhängig von der Einkommenssituation der El-tern war. Von einem Geschenk konnte man ohnehin nicht sprechen, weil die Beitragsfreiheit mit neuen Krediten fi-nanziert worden war. Somit wurden die

Eltern entlastet auf Kosten der Kinder, die diese Schulden irgendwann zurück-zahlen müssen – entweder durch höhere Steuern oder durch schlechtere staatli-che Leistungen.

Bund. Das Bundeskabinett hatte eigent-lich vor, sich selbst und den vielen Bun-desbeamten die Gehälter in mehreren Stufen zu erhöhen. Nach den Plänen der Regierung hätten der Bundeskanzlerin ab Mitte 2011 rund 4.000 Euro jährlich mehr zugestanden. Den Beamten und Pensionären sollte die im Jahr 2006 ge-kürzte jährliche Sonderzahlung – das frühere Weihnachtsgeld – wieder auf das Ursprungsniveau angehoben, also aus aktueller Sicht verdoppelt werden. Insgesamt hätten die Steuerzahler für die Bundesbeamten und die Mitglieder der Bundesregierung bis Ende 2012 mehr als eine Mrd. Euro zusätzlich zah-len müssen. Unmittelbar vor Beginn der Sparklausur der Regierung Anfang Juni 2010 forderte der BdSt, die Pläne fallen zu lassen. Mit Erfolg: Das Bundeskabi-nett beschloss, auf die eigene Gehalts-steigerung zu verzichten und auch die Sonderzahlung für die Beamten nicht anzuheben. Der Verzicht der Minister auf ihre eigene Gehaltsanhebung erspart den Steuerzahlern Mehrbelastungen von immerhin rund 53.000 Euro pro Jahr. Die verhinderte Verdopplung der Sonderzahlung für Beamte spart rund 500 Mio. Euro pro Jahr.

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Verschwendung drohtHier kann Verschwendung verhindert werden

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Verschwendung drohtVerschwendung droht

rechtfertigt dieses Interesse eine kosten-trächtige Standortwerbung? Und wie viel Geld darf dafür ausgegeben wer-den? Wir erklären das Problem am Bei-spiel des Kreises Herzogtum Lauenburg im südöstlichen Schleswig-Holstein. Hier haben die Kreistagspolitiker ur-sprünglich beschlossen, in den Jahren 2009 bis 2013 500.000 bis 750.000 Euro pro Jahr für die Standortwerbung aus-zugeben. Mit Imageanzeigen in überre-gionalen Zeitungen und Wirtschaftsma-gazinen sowie großformatigen Plakaten im Hamburger Hauptbahnhof und an Verkehrsachsen sollen potenzielle Inte-ressenten angesprochen werden. Ein professionelles kreisweites Flächenma-nagement soll allen Ansiedlungswilligen einen möglichst optimalen Standort an-bieten. Erklärtes Ziel ist es, durch die se Aktion bis zu 1.000 zusätzliche Arbeits-plätze im Kreisgebiet zu schaffen. Hun-dert Arbeitsplätze sollen bereits angesie-delt worden sein, besagt eine erste Zwi-schenbilanz. Finanziert werden soll die Werbung durch erwartete zusätzliche Ausschüttungen der Kreissparkasse. Doch das Konzept wird heftig kritisiert: Denn allen Experten ist klar, dass durch die Werbekampagne keine neuen Unter-nehmen mit zusätzlichen Arbeitsplätzen gegründet werden. Bestenfalls kann er-reicht werden, dass die Unternehmen in den Kreis Herzogtum Lauenburg umsie-deln. Dann gehen die hier neu geschaf-fenen Arbeitsplätze an anderer Stelle verloren. Unter dem Strich ist damit für

die Steuerzahler mit der teuren Werbe-kampagne nichts gewonnen. Wenn alle Kommunen ein teures Standortmarke-ting betreiben, ergibt sich ein ruinöser Wettbewerb, der die Steuerzahler nur viel Geld kostet.

Reichmannsdorf. Der ehemalige Bürger-meister der Gemeinde Reichmannsdorf wollte einen Hohlweg bei Gösselsdorf für Holztransporte herrichten lassen und ließ ihn mit mineralischen Abfällen verfüllen. Ein Gemeinderatsbeschluss lag dazu nicht vor. Zudem genoss der Weg auf zwei Abschnitten Biotopschutz. Die Verfüllung verstieß damit gegen na-turschutzrechtliche Bestimmungen. So musste die Gemeinde den Weg wieder freilegen und renaturieren lassen. Dafür veranschlagte die Kommune 29.947 Euro für die Bauleistungen und 4.016 Euro als Honorar für das Büro der Landschafts-gestalter. Die Kosten dieser Freilegung des Hohlweges berappen erst einmal die Steuerzahler. Der Gemeinderat hat be-schlossen, einen Rechtsanwalt mit der Prüfung auf Schadenersatz zu beauftra-gen.

Bund. Seit Jahren ist geplant, die S-Bahnlinie S13 von Troisdorf nach Bonn-Oberkassel zu verlängern. Geld schien vorhanden. Denn als Kompensation für den Umzug vieler Bundesministe-rien nach Berlin hatte der Bund der Region Bonn im Jahr 1994 erhebliche Ausgleichszahlungen zugesagt. Im Jahr

Wolfram vor, denn die Bau- und Be-triebsordnung des Eisenbahnbundes-amtes sieht für die Signalanlagen auch kostengünstigere Maßnahmen vor, die lediglich 15.000 Euro kosten würden. Der Bund der Steuerzahler Sachsen schließt sich nach Prüfung der Maßnahme der Einschätzung der Gemeinde an und un-terstützt diese bei der Umsetzung der kostengünstigsten und zweckmäßigsten Variante.

Mainz. In der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt droht ein millionen-schwerer Investitionsflop. Rund 70 Mio. Euro sollen in eine knapp zehn Kilome-ter lange neue Straßenbahntrasse inve-stiert werden. Davon sollen Bund und Land 36 bzw. 12 Mio. Euro tragen. Um an die se Fördermittel aus dem soge-nannten Entflechtungsgesetz, der Nach-folgeregelung des früheren Gemeinde-verkehrsfinanzierungsgesetzes, zu ge-langen, muss te das Vorhaben auch stark ausgeweitet werden. Der ursprüngliche Plan sah eine drei Kilometer lange Stre-

cke vor, die „nur“ 22 Mio. Euro gekostet hätte. Die nächstlängere Variante wäre auf Kosten von 41 Mio. Euro gekommen, hätte aber auch noch nicht gereicht, um an Fördermittel des Bundes zu kommen. Die fließen nämlich nur in Verkehrsvor-haben, wenn die zuwendungsfähigen Kosten mehr als 50 Mio. Euro betragen. Also wurde so „lange“ weiter geplant, bis man eine Strecke gefunden hatte, die mehr als 50 Mio. Euro kostet. Bleibt zu hoffen, dass der Bund die Subven-tionen verweigert, weil die Förderkri-terien der dringenden Erforderlichkeit und der Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit nicht vorliegen.

Kreis Herzogtum Lauenburg. Nahezu alle Kommunen wünschen sich, Stand-ort von erfolgreichen Unternehmen mit vielen Arbeitsplätzen zu sein. Denn die Betriebe zahlen Steuern und die Arbeit-nehmer bringen Einkommen in die Re-gion, das sich ebenfalls positiv auf die kommunalen Haushalte auswirkt. Aber

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Um Fördermittel zu erhalten, soll die Strassenbahntrasse unnötig lang werden.

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Spreethal den Ankauf der Flächen und den anschließenden Weiterverkauf der Flächen an einen Solarparkinvestor. Für den Eingriff in die Natur – Vernichtung der 20.000 Stecklinge – muss die Ge-meinde bzw. der Investor Ersatzanpflan-zungen vornehmen. Da es in der Region keine freien Flächen gibt, werden die Ersatzpflanzungen wohl im Leipziger Raum erfolgen.

Berlin. Die Senatsverwaltung für Stadt-entwicklung hat viel Geld in sogenannte Vorrangschaltungen investiert. Ganze 31 Mio. Euro wurden in den letzten Jah-ren für das Beschleunigungsprogramm ausgegeben, um Busse und Straßen-bahnen schneller zu machen. Doch der Erfolg lässt bislang auf sich warten. Im Rahmen des Programms der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung

sollen Verkehrsflüsse zugunsten von Li-nienbussen und Straßenbahnen beein-flusst werden. Für das Projekt Straßen-bahnbeschleunigung sind derzeit 294 Ampelanlagen mit Vorrangschaltungen ausgerüstet worden. Kosten: 19,9 Mio. Euro. Effekt: eine Verlangsamung der Straßenbahn. Noch im Jahr 2008 fuhr sie mit durchschnittlich 19,6 km/h durch die Hauptstadt; 2009 waren es dann nur noch 19,3 km/h. Nicht viel anders sieht es beim Busverkehr aus. 710 Ampelanla-gen wurden bislang für den Busverkehr mit entsprechender Technik ausgestat-tet. Doch auch hier blieb, trotz der In-vestition von 11 Mio. Euro, die Durch-schnittsgeschwindigkeit von 19,5 km/h unverändert. Für die Senatsverwaltung für Stadt entwicklung liegt die Ursache für die teure „Entschleunigung“ des öf-fentlichen Personennahverkehrs im kom-

2000 wurden die Kosten der S13-Ver-längerung auf 210 Mio. Euro geschätzt. Inzwischen geht die Deutsche Bahn AG (DB AG) von 351 Mio. Euro aus. Auch der Zeitplan hat sich um viele Jahre ver-schoben. Offiziell erwartet die DB AG eine Inbetriebnahme erst Ende 2016. Inoffiziell gehen die Verantwortlichen davon aus, dass das Projekt aus Kosten-Nutzen-Erwägungen gar nicht mehr re-alisiert wird. Das würde angesichts der Kostensteigerung nicht überraschen. Von der nordrhein-westfälischen Lan-desregierung bekommt deshalb auch niemand ein klares Bekenntnis zum Projekt. O-Ton des Landesverkehrsmi-nisteriums gegenüber dem BdSt: „Wenn Baurecht vorliegt, ist auf Basis der dann bekannten Kosten und etwaiger Ände-rungen im Gesamtnutzen gemeinsam mit allen Beteiligten über den Baube-ginn zu entscheiden.“Die Bundesregierung ihrerseits ist zwar der potenzielle Hauptgeldgeber, zeigt aber keinerlei Projektinteresse. O-Ton des Bundesverkehrsministeriums ge-genüber dem BdSt: „Das Land Nord-rhein-Westfalen […] kann […] selbst bestimmen, in welche Projekte mit den vom Bund zur Verfügung gestellten Mit-teln investiert werden soll. […] Insofern verfügt der Bund auch über keinerlei In-formationen über das Projekt.“Brisant ist dies, weil jetzt ein konkreter und teurer Schritt zur Projektvorberei-tung bevorsteht. Der kleine, denkmalge-schützte Güterbahnhof Bonn-Beuel soll

verlegt werden. Das würde Kosten von bis zu 400.000 Euro verursachen. Somit drohen öffentliche Mittel verschwendet zu werden, um Platz zu schaffen für ein Projekt, das nach Lage der Dinge gar nicht realisiert wird.

Spreethal. Die Gemeinde Spreethal hat die Altlasten der DDR-Gasproduktion bewältigt. Die teerverseuchten Flächen, welche als Nebenprodukt der Gaspro-duktion einfach in die Erde verbracht wurden, wurden in der Gemeinde Spreethal mit Hilfe von Millionen Euro Steuergeldern beseitigt. Für die Ent-sorgung der Altlasten war eine Kohle-mischanlage erforderlich, welche nun-mehr einen privaten Investor gefunden hat, der diese weiter betreibt. So weit so gut, doch leider fasste die Gemeinde Spreethal einen Aufstellungs-beschluss für einen Bebauungsplan, der die vor rund zwei Jahren durch die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbh (LMBV) renaturierten Flächen betrifft. Aufgabe der LMBV ist es, die Flächen des still-gelegten Braunkohlebergbaus in den neuen Bundesländern im Rahmen von Sanierungsmaßnahmen für deren Fol-genutzung vorzubereiten und zu verkau-fen. Da der Investor die Flächen nicht – wie ursprünglich ge plant – mit dem Kohlekraftwerk erwarb, pflanzte die LMBV auf den renaturierten Flächen ca. 20.000 Stecklinge im Wert von 100.000 Euro. Nunmehr plant die Gemeinde

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31 Mio. Euro zahlte Berlin für ein Konzept zur Beschleunigung des Verkehrs.

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Ministerium scheint hierzu keine Rech-nungen angestellt zu haben, es verweist lediglich auf die Ergebnisse einer noch durchzuführenden Ausschreibung. So sinnvoll die Idee der Darßbahn auch scheinen mag: Der Steuerzahler darf mit seinem Geld nicht für Investitionspro-jekte herhalten, die eine dauerhaft nega-tive Rendite erwirtschaften, nur weil sie politisch gewollt sind. Und selbst wenn das Nutzen-Kosten-Verhältnis auf dem Papier nach Abschluss der Detailpla-nung geradeso ausgewogen sein sollte, ist erfahrungsgemäß damit zu rechnen, dass es im Zuge der Realisierung zu Baukostenüberschreitungen kommen wird. Dann wird es dauerhaft teuer für die Steuerzahler. Ebenso ist zweifelhaft, ob die Darßbahn eine echte Alternative zum Autoverkehr darstellt. Das darf auf-grund der insgesamt schlechten Anbin-dung Mecklenburg-Vorpommerns an das Netz der Deutschen Bahn erheblich bezweifelt werden. Im Sinne der Steuer-zahler sollten daher alle Signale für den kostspieligen und unwirtschaftlichen Wiederaufbau der Darßbahn auf Rot gestellt werden.

Bremen. Damit Besucher und Mieter des neuen Stadthauses Vegesack (früheres Kaufhaus Kramer) keine nassen Füße bekommen, soll ein Tunnel zwischen der Tiefgarage am Sedanplatz und der ehemaligen Kramer-Immobilie gebaut werden. Für die knapp 20 Meter wer-den nach bisherigen Angaben rund

371.000 Euro fällig, die vom Steuer-zahler zu tragen sind. Der Nutzen der unterirdischen Fußgängerverbindung hält sich in Grenzen, zumal Besucher das Stadthaus leicht über einen Tiefgaragen-Aufzug und dann ebenerdig über den Sedanplatz erreichen können. Große Teile der Vegesacker Ortspolitik und der Bremer Wirtschaftssenator halten die wetterunabhängige Erreichbarkeit der Behördendienststellen sowie der Bank-, Einzelhandels- und Freizeitangebote im Stadthaus dagegen für unverzichtbar. Sie stützen sich auf Zusicherungen, die die in der heutigen stadteigenen Wirt-schaftsförderung Bremen GmbH (WFB) aufgegangene Bremer Investitions-Ge-sellschaft (BIG) großzügig gegenüber Mietern des Stadthauses gegeben hatte. Doch ursprüngliche Planungen für das Untergeschoss des Stadthauses sind längst Makulatur. Eine Bowlingbahn, die über den Tunnel auch zu Zeiten erreich-bar ist, an denen das übrige Stadthaus geschlossen ist, wird es aller Voraussicht nach nicht geben. Der potenzielle Betrei-ber hat sich schon vor Monaten zurück-gezogen. So nimmt die Verschwendung im Bremer Norden ihren Lauf. Dagegen kommt nicht einmal die Finanzsenatorin als Hüterin der Bremer Stadtkassen an, die die Notwendigkeit der unterirdischen Verbindung am Sedanplatz noch im Juli 2010 öffentlich in Zweifel zog und damit vielen Steuerzahlern aus dem Herzen sprach und spricht. Die Tunnelkosten von 371.000 Euro resultieren übrigens

plexen Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoren. So hätten Baustellen in der Stadt, aber auch die Konkurrenz zum Fußgängerverkehr, den man natürlich auch beschleunigen wolle, zu den Ge-schwindigkeitseinbußen geführt. Aktu-elle Daten zur Geschwindigkeitsentwick-lung von Bus und Straßenbahn werden erst zum Ende des Jahres erwartet. Erst dann lässt sich der endgültige Effekt der teuren Investition feststellen. Der Bund der Steuerzahler wird den Sachverhalt weiter beobachten. Denn schnellere Ver-kehrsmittel zahlen sich durchaus aus. Wenn Busse und Straßenbahnen schnel-ler fahren, können die Verkehrsbetriebe weniger Fahrzeuge einsetzen, was ent-sprechend Kosten spart – auch für das Land Berlin.

Fischland-Darß-Zingst. Das Land Meck-lenburg-Vorpommern diskutiert seit Monaten, ob es im Ostsee-Tourismus-gebiet Fischland-Darß-Zingst die alte Darßbahn wiederbeleben soll. Die Trasse würde Zingst und Prerow an das Schienennetz der Usedomer Bäderbahn, einer 100-prozentigen Bahn-Tochter, an-binden. Die Befürworter wollen damit den Individualverkehr der Touristen zu-rückdrängen und die vorhandenen Bus-verbindungen entlasten. Ende August 2010 fiel die Entscheidung des Verkehrs-ministeriums, den Bau in zwei Etappen voranzutreiben. Die Krux an den Plänen: Dem Projekt wurde Ende 2009 laut be-auftragter Wirtschaftlichkeitsuntersu-

chung nur ein Nutzen-Kosten-Verhältnis von 0,88 bescheinigt. Soll heißen, die geschätzten Investiti-onskosten, die damals seitens des Mini-steriums auf rund 48 Mio. Euro beziffert wurden, würden durch die mit dem Bau der Darßbahn entstehenden Vorteile nicht kompensiert. Die aktuell vom Mi-nisterium in Umlauf gebrachten Zahlen weisen ein leicht besseres Verhältnis von 0,93 aus. Ein Nutzen-Kosten-Verhältnis von mindestens 1 ist jedoch Vorausset-zung, dass die Kosten der Maßnahme geradeso dem künftigen Nutzen ent-sprechen und der Bahnbau knapp noch als wirtschaftlich gelten kann. Interessant ist zudem auch, dass die Gesamtkosten jetzt nur noch bei 38 Mio. Euro liegen sollen. Trotz über-arbeiteter Wirtschaftlichkeitsunter-suchung rechnet sich das Projekt auf dem Papier weiterhin nicht. Doch der Verkehrsminister sieht das anders. Er hat den Bau der Darßbahn zu seinem politischen Ziel erkoren. Daher wolle er im Zuge der Detailplanung alle Op-timierungsmöglichkeiten prüfen, die den Nutzen-Kosten-Faktor verbessern helfen. Mit anderen Worten: Es soll so-lange geplant und kalkuliert werden, bis das persönliche Ziel des Ministers schöngerechnet scheint. Kritisch ist zu-dem, dass bei der Gesamtbetrachtung des Projekts derzeit die Kosten, die nach dem Bau der Darßbahn jährlich für den Betrieb durch das Land aufzubringen sind, außen vorgelassen werden. Das

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zu scheitern und auch ein Teil der vielen Beteiligungsgesellschaften schreibt rote Zahlen. Das Rechnungsprüfungsamt der Stadt Flensburg bemängelt zudem, dass die komplizierte Unternehmensstruktur es den Stadtvertretern unmöglich macht, ihre Pflichten als Gesellschaftervertreter noch verantwortungsbewusst wahrzu-nehmen. Alles in allem ähneln die Struk-turen und Rahmenbedingungen sehr stark der Ausgangssituation, in der die HSH Nordbank als ehemalige Landes-bank von Hamburg und Schleswig-Hol-stein in wirtschaftliche Schwierigkeiten gekommen ist. Deshalb gilt hier: Wehret den Anfängen! Das Risiko für die Stadt Flensburg muss deutlich beschränkt werden. Die Aussicht auf kurzfristige Gewinnabführungen darf nicht den Blick für langfristige Gefahren trüben.

Bund. Im Bundesarbeitsministerium sind 37 Mitarbeiter in vier Referaten tagtäg-lich damit beschäftigt, Presse- und Öf-fentlichkeitsarbeit für das Ministerium zu verrichten. Sie planen die strategische Kommunikation, verfassen Reden, Pres-semeldungen, Publikationen und orga-nisieren Pressekonferenzen. Der Bun-desarbeitsministerin scheint das Know-how ihrer Mitarbeiter jedoch nicht zu genügen. Derzeit sucht das Ministerium per europaweiter Ausschreibung gleich drei PR-Agenturen, die bis März 2014 die Öffentlichkeitsarbeit des Ministeri-ums kräftig beflügeln sollen. So sieht die All-Inclusive-Ausschreibung vor, dass

die Agenturen grundsätzlich die Kon-zeption, Entwicklung und Umsetzung von Kommunikationsmaßnahmen und -kampagnen durchführen sollen. Zudem sollen u. a. Pressekonferenzen organi-siert, Pressematerialen erstellt, Publi-kationen des Ministeriums konzipiert und redaktionell begleitet, die Online-Redaktion des Hauses unterstützt, Ta-gungen und Kongresse gestaltet sowie die Ministerin bei öffentlichen Terminen begleitet werden. Die Auflistung der Mi-nisteriums-Wünsche ist also nicht nur allumfassend, sondern auch identisch mit den Aufgaben der 37 beschäftigten Presse- und Öffentlichkeitsarbeiter des Ministeriums. Merkwürdig ist, dass das Arbeitsminis terium bisher lediglich mit einer PR-Agentur für seine Hauptkom-

aus einer Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2007. Mit Kostensteigerungen bis zur geplanten Fertigstellung im Früh-jahr 2011 ist deshalb noch zu rechnen.

Flensburg. Ohne Frage ist die Stadtwerke Flensburg GmbH, die sich zu hundert Prozent im Eigentum der Stadt befin-det, ein erfolgreiches kommunales Ver-sorgungsunternehmen. Der Betrieb ist mit einem gesunden Eigenkapital aus-gestattet und führt Jahr für Jahr Über-schüsse an den städtischen Haushalt ab. Dennoch besteht Grund zur Sorge, denn aufgrund eines von der Politik be-schlossenen Strategiekonzepts hat sich das Unternehmen in den letzten Jahren mehr und mehr von seinem örtlichen Versorgungsauftrag entfernt. Hinter-grund war die richtige Feststellung, dass sich bei einer Beschränkung auf das heimische Versorgungsgebiet weder die Mitarbeiterzahl noch die Gewinn-erwartung wird halten lassen. Um das Geschäft auszubauen, die Abführung an den städtischen Haushalt zu sichern und neue Arbeitsplätze zu schaffen, muss-ten neue Marktgebiete und zusätzliche Geschäftsfelder entwickelt werden. Und so ist das Unternehmen mittlerweile als Energieversorger deutschlandweit tätig. Man hat sich sogar an einer Ge-sellschaft beteiligt, die in der lettischen Stadt Ventspils ein Kraftwerk und eine erneuerte Fernwärmeversorgung er-richten will. Daneben beteiligt man sich an einer Vielzahl von Unternehmen im

Bereich der erneuerbaren Energien. Das Innenministerium in Kiel als Aufsichts-behörde sieht diese Entwicklung mit großem Argwohn. Schließlich schreibt das kommunale Wirtschaftsrecht in Schleswig-Holstein das sogenannte Ört-lichkeitsprinzip vor, nach dem sich kom-munale Wirtschaftsunternehmen nicht außerhalb der Grenzen der eigenen Kommune betätigen dürfen. Um mehr Freiräume zu erlangen, hat man für das Beteiligungsmanagement eigens ein „Enkel“-Unternehmen gegründet, das durch diese Konstruktion nicht mehr der Kommunalaufsicht und dem unmit-telbaren Einfluss der Stadtvertretung unterliegt. Bislang war diese Strategie weitgehend erfolgreich. Nicht vergessen werden darf aber auch, dass mit jeder wirtschaftlichen Chance auch ein unter-nehmerisches Risiko verbunden ist. Und es stellt sich die Frage, ob das Risikopo-tenzial der Stadtwerke Flensburg nicht langsam dem Eigentümer, nämlich der Stadt Flensburg, über den Kopf wächst. Mittlerweile ist der Unternehmensum-satz der Stadtwerke mit 240 Mio. Euro im Jahr größer als das bereinigte Haus-haltsvolumen der Stadt. Mit rund 1.000 Mitarbeitern beschäftigt man ebensoviel Personal wie die Trägerkommune. Beim Hauptgeschäft, dem Stromverkauf, hat die Marktentwicklung der vergangenen Monate zu einem erheblichen Gewinn-einbruch geführt. Das Engagement in Lettland droht an veränderten Rahmen-bedingungen und Projektverzögerungen

Verschwendung droht

Kostspielige Unterstützung sucht das Ar-beitsministerium in der Pressearbeit.

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Nachlese

Bund. Das langjährige Hin und Her über die Vermarktungschancen des Trans-rapids und die Weiterführung der Ver-suchsanlage im Emsland setzte sich auch 2010 zu Lasten der Steuerzahler fort. Ob-wohl der Transrapid außer in Shanghai seit Jahren keinen kommerziellen Einsatz findet, wird das Projekt immer wieder mit öffentlichen Geldern am Leben ge-halten. Nachdem die letzte Hoffnungsstrecke in München den stetig steigenden Pla-nungskosten zum Opfer fiel und auch die immer wieder beschworenen aus-ländischen Käufer Mangelware sind, stand die Versuchsstrecke im niedersäch-sischen Emsland zur Mitte des letzten Jahres vor dem Aus. Die beiden Techno-logielieferanten Thyssen-Krupp und Sie-mens sahen keinen weiteren Testbedarf, sie halten den Transrapid für marktreif. Doch anstatt die Notbremse zu ziehen, beschloss die Politik den Weiterbetrieb der Versuchsanlage bis ins Jahr 2010. 5,2 Mio. Euro schießt der Bund aber-mals zu, 575.000 Euro steuert das Land Niedersachsen bei, unter anderem mit der Begründung, dass die Anlage zu De-monstrationszwecken für potenzielle In-vestoren diene, die sich vor Ort von der Leistungsfähigkeit des Transrapids über-zeugen könnten. Darüber hinaus gibt der Bund in diesem Jahr über 515.000 Euro aus, weitere 450.000 Euro sind für 2011 geplant, um sich juristisch und technisch beraten zu lassen, wie die Interessen des Bundes im Zusammenhang mit der

Nutzung von Ergebnissen des Transra-pid-Weiterentwicklungsprogramms ge-wahrt und durchgesetzt werden können. All der finanzielle Aufwand erfolgt nur in der Hoffnung, dass sich irgendwann doch noch Käufer finden, die den Trans-rapid einsetzen wollen. Das Bundesver-kehrsministerium sieht neben Brasilien, China und den USA auch die Türkei und Teneriffa als potenzielle Einsatzgebiete. Denn sollte sich der Transrapid irgend-wann doch noch als Vermarktungserfolg entpuppen, hofft der Bund auf die Rück-zahlungen einiger Steuermittel. Und so versucht das Verkehrsministerium, Jahr für Jahr aufs Neue Millionen Euro Steu-ergelder in der Ems zu versenken.Doch ein Hoffnungsschimmer für die gebeutelten Steuerzahler scheint sich abzuzeichnen: In der Finanzplanung des Bundes bis 2014 sind keine weiteren Steuergelder für die emsländische Ver-suchsanlage vorgesehen. Aber es droht weiterhin Gefahr aus dem Verkehrs-ressort. Dieses will trotz der horrenden Kosten unbeirrt an der Versuchsanlage festhalten und ringt um die Bereitstel-lung weiterer Mittel. Einerseits sei die Anlage zur Wahrung der Exportchancen des Transrapids weiterhin unerlässlich, anderseits hält das Ministerium die An-lage für geeignet zur Erforschung und Erprobung der berührungslosen Ener-gieversorgung im Automobilbereich. Damit werden die Begründungen und die Suche nach neuen Spielwiesen für die teure Versuchsanlage immer ausge-

Verschwendung droht

munikationsmaßnahmen auskam. Doch das Ministerium sieht das zwi-schenzeitlich anders: Drei Agenturen ließen sich zentraler und besser durch den Leitungsbereich des Ministeriums steuern. Darüber hinaus entstünde ein Wettbewerb der Ideen, der die Qualität der Maßnahmen steigere und zugleich das Preisniveau senke. Wie drei Agen-turen auf einmal günstiger als eine ein-zige sein sollen, erklärt sich dem steu-erzahlenden Bürger nicht. Und dass es hier nicht um Kleingeld gehen wird, zeigt das aktuelle Budget des Ressorts für Kommunikations- und Publikations-maßnahmen. Stolze 15 Mio. Euro stehen allein in diesem Jahr für die Vermark-tung von Informationen bereit. Wer 37 Fachreferenten im Hause hat, benötigt keine drei PR-Agenturen, die im Grund-satz dieselbe Arbeit verrichten. Das wäre rausgeworfenes Geld.

Schleswig-Holstein. Die Einnahmen ei-ner Gemeinde hängen wesentlich von ihrer Einwohnerzahl ab. Insbesondere gute Einkommensteuerzahler sind heiß begehrt. Um als Wohnort attraktiv zu bleiben, möchten viele Gemeinden un-ter allen Umständen ihre Infrastruktur erhalten. Die Existenz von Schulen und Kindergärten hängt dabei von der Zahl der Kinder in einer Gemeinde ab. Da-rum gibt es immer „kreativere“ Ideen, wie man junge Familien in die eigene Kommune locken will. Sie reichen von einfachen, spendenfinanzierten Begrü-

ßungspaketen für Neugeborene bis hin zu umfangreichen Sach- und Finanz-leistungen. Im Kreis Ostholstein haben mehrere Kommunen ein Förderpaket für junge Familien aufgelegt, zu dem auch Zuschüsse für den Neubau von Ei-genheimen gehören. Die Stadt Schenefeld im Kreis Pinne-berg hat gerade beschlossen, die Kos-ten für das letzte Kindergartenjahr vor der Einschulung zu übernehmen, um die Eltern damit zu entlasten. Das In-nenministerium sieht diese Aktivitäten sehr kritisch, insbesondere, wenn zum Ausgleich der kommunalen Haushalte Kredite aufgenommen werden müssen. Zu einem Verbot will man sich aber nicht durchringen. Für uns droht hier Verschwendung in erheblichem Maße, denn letztlich jagen sich die Gemeinden nur gegenseitig die Einwohner ab. Die Mehreinnahmen der einen Gemeinde sind gleichzeitig Mindereinnahmen für die andere Kommune. Und die Kosten trägt der Steuerzahler.

NachleseWas daraus geworden ist

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Dagegen legten einige Gebührenzahler Widerspruch ein. Im Herbst 2009 gab ihnen letztinstanzlich das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht Recht. Die noch offenen 1,2 Mio. Euro dürfen nicht über die Abwassergebühren finanziert werden, sondern müssen aus dem hoch verschuldeten Stadthaushalt getragen werden.

Hagen. Im vorigen Jahr haben viele nordrhein-westfälische Kommunen durch hochspekulative Zinswetten Mil-lionen verloren – der Bund der Steuer-zahler berichtete in der Vergangenheit im Schwarzbuch darüber. Den größten Schaden müssen sich die Verantwort-lichen der Hagener Stadtverwaltung zurechnen lassen. Jetzt wurde bekannt, dass ihr Vertragspartner, die Deutsche Bank, 5 Mio. Euro in einem Vergleichs-verfahren gezahlt hat. Dafür, so erfährt die Öffentlichkeit, lässt die Stadt Hagen eine Schadensersatzklage vor dem Ober-landesgericht Düsseldorf fallen. Zuvor hatte die Stadt mehrfach vor Gericht ver-loren, so dass aus Sicht der Stadt der Ver-gleich sicherlich Sinn macht. Ärgerlich aber ist aus Sicht der Steuerzahler, dass trotz Mahnungen die hochverschuldete Stadt Hagen überhaupt derartige Speku-lationen betrieben hat. Der Steuerzahler ist der Geschädigte – trotz der Millionen-zahlung der Bank.

Nürburg. Kein Jahr vergeht ohne neue Hiobsbotschaften von Deutschlands teu-

Nachlese

fallener. Die Devise muss daher lauten: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Was der Transra-pid braucht, sind Käufer und keine wei-teren Zuschüsse aus Steuergeldern.

Erfurt. Im Schwarzbuch des vergangenen Jahres berichteten wir über einen seit 2002 leer stehenden Rohbau, der mit öf-fentlichen Geldern gefördert wurde. In Erfurts Arndtstraße wurde durch eine Suchthilfe gGmbH vom Jahr 2000 bis 2002 mit dem Umbau eines Gebäudes zu einem therapeutischen Wohnheim für drogenabhängige und drogengefähr-dete Jugendliche begonnen. Es wurden bis zum Jahr 2001 1.127.146,62 Euro Landesmittel investiert. Doch dann er-folgte für den Rohbau 2002 ein Baustopp durch die städtische Baubehörde. Der Träger hatte Teile der Altbausubstanz

des Gebäudes erneuert, die in einem wesentlich schlechteren Zustand als er-wartet waren. Aus rechtlichen Gründen verweigerte die Baubehörde der Stadt eine Baugenehmigung für den Neubau im Außenbereich. Der Bauherr erhob Widerspruch und dann Klage. Obwohl die Stadt ein Interesse an der Betreu-ungseinrichtung hatte, fand sich keine kurzfristige Lösung und erst 2006 gab es von der Stadtverwaltung eine Bauge-nehmigung für den gestoppten Bau von 2002. Das Land zahlte 2004 zur Sicherung der Baustelle 122.710,05 Euro. Durch die Verzögerung verfiel dem Träger die für das Investitionsprojekt vorgesehene KO-Finanzierung der Arbeitsverwaltung. Lange blieb der geförderte Rohbau un-vollendet und wir berichteten darüber im Schwarzbuch. Nun wird das Wohnheim für junge drogenabhängige Erwach-sene seit Juni 2010 durch die Suchthilfe gGmbH weitergebaut und soll bis Ende 2010/Anfang 2011 fertig werden. Nach Informationen des Ministeriums für So-ziales, Familie und Gesundheit wurden zur Fortsetzung der Arbeiten keine wei-teren Fördermittel ausgereicht. Auch die Verwendungsnachweisprüfung für die bis 2001 investierten Fördermittel ist laut Ministerium erfolgt. Der Träger hat den festgestellten Rückforderungsbetrag im September 2009 gezahlt.

Ratzeburg. Zum vermutlich letzten Mal berichten wir an dieser Stelle über das Desaster der nutzlosen Abwasserlei-

Nachlese

tung von Ratzeburg, die im Volksmund auch als Krötentunnel verspottet wird. Erstmalig hatten wir im Schwarzbuch 2000 den Bau der 13 Kilometer langen Abwasserleitung kritisiert, die nie ge-nutzt worden ist. Jetzt ist rechtskräftig entschieden, dass der noch ausstehende Verlust von 1,2 Mio. Euro aus dem Haus-halt der Stadt Ratzeburg zu begleichen ist. Begonnen hatte alles in der Nachwen-dezeit mit der Gründung eines Abwas-serzweckverbands zwischen der Stadt Ratzeburg und mehreren Gemeinden aus Mecklenburg-Vorpommern. Gemeinsam wollte man ein Klärwerk und ein Abwas-sersammelsystem errichten, für das man sich Fördermittel erhoffte. 1992 wurde im Vorgriff schon einmal eine Abwas-serdruckleitung zwischen Ratzeburg und der Landesgrenze verlegt. Die Baukosten beliefen sich seinerzeit auf ca. 2,2 Mio. Euro. Als später dann die verbindliche Förder-mittelzusage vorlag, waren die Zuschüsse wesentlich geringer als erwartet. Dadurch wurde das Projekt unwirtschaftlich und zum Jahresende 1996 sah sich die Stadt gezwungen, aus dem Abwasserzweck-verband auszutreten. Jetzt entwickelte sich ein Rechtsstreit darüber, wer die Ko-sten für die nutzlose Rohrleitung zu tra-gen habe. In einem Vergleich wurden die Kosten zwischen dem Abwasserzweck-verband und der Stadt Ratzeburg geteilt. Der Kos tenanteil Ratzeburgs wurde da-raufhin von der Stadt in die Abwasser-gebührenkalkulation hineingerechnet.

Das therapeutische Wohnheim wird nun fertiggestellt.

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Euro investiert, wobei das Wirtschafts-ministerium 128.641 Euro Zuschüsse ausreichte. Trotz herrlicher Landschaft und vorhandener Terrainkurwege mit verschiedenen Belastungsindikatoren gab es viel zu wenige Nutzer. Finsterber-gen hatte keine stationären Kurpatienten und ambulante Klimakuren fanden auch nicht statt. Wir berichteten darüber im Schwarzbuch 2008. Wegen nicht zweckentsprechender Nutzung widerrief das Wirtschaftsmi-nisterium die gesamte Förderung des Klimatherapiezentrums sowie einen Teil der Förderung des Klimapavillons und forderte diese Mittel nebst sechs Prozent Zinsen zurück. Die Gemeinde Finster-bergen gehört inzwischen als Ortsteil zur Stadt Friedrichroda. Die Stadt orga-nisiert Klimawanderungen auf den Ter-rainwegen für Kurgäste und Touristen. Eine Station der Touren ist der Pavillon in Finsterbergen, der so nun doch für eine Frischluftliegekur genutzt wird. Von der

Stadt sind Rückforderungen von insge-samt 145.326 Euro zuzüglich der Zinsen zu begleichen.

Europa. Seit Jahren lagern sechs unbe-nutzte Ganzkörper-Nacktscanner in den Kellern des Europäischen Parlaments (EP). Wie im Schwarzbuch 2009 berich-tet, haben die Scanner insgesamt rund 720.000 Euro gekostet. Im März 2009 forderte der Haushaltskontrollausschuss des EP, dass die originalverpackten Scan-ner verkauft werden sollen. Das EP folgte dem Ausschussvotum und fasste im April 2009 einen förmlichen Beschluss. Aber es dauerte noch ein dreiviertel Jahr, bis die Parlamentsverwaltung tatsächlich per Ausschreibung nach Käufern für die Scanner suchte. Das Mindestgebot lag bei 65.000 Euro pro Stück. Mitte März 2010 war klar: Solch einen Preis für die inzwischen veralteten Scanner wollte niemand bezahlen. Dieses Fiasko rief den österreichischen EP-Abgeordneten Mar-tin Ehrenhauser auf den Plan. In einer medienwirksamen Aktion bot er einen der Scanner auf dem Internet-Portal Ebay zum Verkauf an. Hier fanden sich inner-halb eines Tages 31 Bieter. Doch dann wurde die Ebay-Auktion abgebrochen – wegen „unzulässiger politischer Mei-nungsäußerung“. Zu diesem Zeitpunkt lag das Höchstgebot für einen „Rapiscan Secure 1000“ bei 2.565 Euro. Die EP-Ver-waltung sollte sich an diesem unkonven-tionellen Vorgehen ein Beispiel nehmen und schnellstmöglich einen neuen Ver-

erstem staatlichen Vergnügungsbetrieb. Der Nürburgring mit seiner 2009 errich-teten „Erlebniswelt“ kostete schon den Fi-nanzminister von Rheinland-Pfalz, Ingolf Deubel, das Amt. War damals noch ein gescheitertes Finanzierungsmodell der Auslöser für den Rücktritt, rücken nun auch alle anderen Geschäftsbereiche der zu 90 Prozent landeseigenen Ring-Ge-sellschaft in den Mittelpunkt. Zum einen geht ein Untersuchungsausschuss den Vorgängen auf den Grund, was bei dem Ausbau, der statt der geplanten 210 Mio. Euro wohl mehr als 330 Mio. Euro kosten wird, schief gelaufen ist. Daneben ermit-telt inzwischen die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Untreue gegen den mittlerweile geschassten Geschäfts-führer der Nürburgring GmbH, den Fi-nanzdirektor am Ring, den ehemaligen Finanzminister Deubel sowie gegen den privaten Geschäftspartner Kai Richter. Jener, zunächst als Privatinvestor präsen-tiert, musste mit Geldern von Landesge-

sellschaften gestützt werden, da ihm das Geld ausging und ein Baustopp drohte. Wegen dieser Finanzspritze in Höhe von 85 Mio. Euro ermittelt die Staatsanwalt-schaft nun auch gegen den ehemaligen Geschäftsführer der landeseigenen In-vestitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz, Hans-Joachim Metternich – der-zeit ist Metternich Kreditmediator der Bundesregierung und soll dafür sorgen, dass Unternehmen ausreichend Kredite von Banken bekommen. Und auch in der rheinland-pfälzischen Landesregierung zieht die Affäre immer weitere Kreise. Jüngst musste der Wirtschaftsminister zugeben, dass Herr Richter für das Wei-terleiten der angesprochenen 85 Mio. Euro aus der Landeskasse knapp zwei Mio. Euro an Zinsgewinnen verdient hatte. Auch habe er, laut einem vertrau-lichen Rechnungshofbericht, im Jahr 2007 ein Grundstück für 180.000 Euro gekauft und später für 2,5 Mio. Euro an die Projektgesellschaft am Ring verkauft. Es gibt noch viel zu tun für Staatsanwalt-schaft und Untersuchungsausschuss.

Finsterbergen. Die Gemeinde Finster-bergen wollte ihr Heilklima besser ver-markten und Kurgäste gewinnen. Dazu wurde 2002 ein drehbarer Klimapavillon errichtet und 2004 daneben noch ein Kli-matherapiezentrum. Der Klimapavillon kostete 153.101 Euro, wovon das Wirt-schaftsministerium 118.171 Euro trug und den Rest die Gemeinde. Für das Klimatherapiezentrum wurden 161.160

NachleseNachlese

Ein Untersuchungsausschuss deckt beim Nürburgring weitere Skandale auf.

Auf Gäste wartet das Klimatherapiezen-trum noch immer vergebens.

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Darmstadt. Das Kongress- und Wissen-schaftszentrum Darmstadtium war be-reits Thema im Schwarzbuch 2008. Wir kritisierten damals neben verschiedenen Planungsmängeln auch das jährliche Defizit, das den städtischen Haushalt auf Dauer in Millionenhöhe belasten werde. Jetzt wurde nicht nur die Schlussabrech-nung präsentiert. Es liegen auch Erfah-rungen aus den ersten Betriebsjahren vor. Fakt ist, dass die Baukosten für das Mammutprojekt nochmals gestiegen sind, und zwar von 80 auf 90,5 Mio. Euro. Viel musste wegen mangelhafter Planung nachgebessert werden. Manche Ideen, wie die Molekular-Gastronomie, das Cybernarium oder die Vermietung von Ladenflächen, erwiesen sich als regel-rechte Flops. Dass das Kongresszentrum gut angenommen wird und zahlreiche Besucher in die Stadt lockt, kann die Steuerzahler allerdings wenig trösten. Denn nachdem es nicht gelungen ist, ei-

nen Partner für eine Beteiligung an dem Betrieb zu gewinnen, muss die Stadt mit immer neuen Bürgschaften nachhelfen. Die Betriebskosten steigen und der städ-tische Zuschuss zur Deckung der Defizite wird voraussichtlich 3,6 Mio. Euro pro Jahr betragen. Der früher einmal ein-geplante Zuschuss von jährlich 2,4 Mio. Euro reicht also bei weitem nicht aus.

Naumburg. Es stand im Schwarzbuch 2005, dass der Sportverein TV Friesen 1888 mit immerhin 875.000 Euro ein-schließlich Fördermitteln des Bundes aus dem „Goldenen Plan Ost“ den Neu- und Umbau eines Sportplatz-Sozialgebäudes bewältigen wollte. Doch nach einer er-sten Feier mit viel Prominenz im halb-fertigen Haus im Jahr 2003 tat sich nicht mehr viel. Nach einer Reihe von Pleiten, Pech und Pannen gammelte eine Bauru-ine vor sich hin, der TV Friesen 1888 e. V. Naumburg hatte Insolvenz angemeldet. Das Landesverwaltungsamt erließ als ei-ner der Gläubiger einen Rückforderungs-bescheid. Doch das 2005 eingeleitete In-solvenzverfahren musste 2008 mangels einer die Verfahrenskosten deckenden Masse eingestellt werden. 320.375 Euro Fördermittel lös ten sich in Luft auf, denn die Insolvenzgläubiger erhielten auf ihre anerkannten Forderungen 0,00 Prozent.Wie uns das Landesverwaltungsamt wissen ließ, haben Prüfungen nach ei-ner persönlichen Haftung des Vorstands des Sportvereins und der damals mit der Gewährung der Fördermittel befassten

kaufsversuch starten – mit realistischen Preisvorstellungen. Selbst ein niedriger Verkaufspreis ist besser als ein weiteres Einlagern, das den Steuerzahlern dann irgendwann auch noch Entsorgungsko-sten aufhalst.

Völklingen. Bereits das Schwarzbuch „Die öffentliche Verschwendung“ des Bundes der Steuerzahler 2008 hatte über die damals projektierte Meerwasser-fischzuchtanlage in Völklingen berichtet. Der BdSt befürchtete damals, dass die geschätzten Investitionskosten von gut 12 Mio. Euro verloren gehen könnten. Dieses Risiko ist inzwischen gestiegen. Nach unwidersprochenen Presseberich-ten sollen die Baukosten gestiegen sein und der Zeitpunkt der Fertigstellung der Anlage rücke in immer fernere Zukunft. 2008 hatte es geheißen, dass 12 Mio. Euro investiert würden und die Anlage Ende 2010 die ersten Fische auf den Markt bringen könnte. Störe, Barsche und Do-raden sollten nicht mehr aus dem weit entfernten Meer, sondern aus Völklin-gen kommen. Daraus wird wohl vorerst nichts werden. Wesentliche technische Gerätschaften warten noch bei ihren Herstellern auf den Versand nach und den Einbau in Völklingen. Derweil sollen die Baukosten inzwischen auf knapp 15 Mio. Euro gestiegen sein und die Ge-samtkosten des Projekts auf mehr als 17 Mio. Aufzubringen von der Meeresfisch-zucht Völklingen GmbH, die zu rund 90 Prozent der Gewerbeansiedlungsgesell-

schaft Völklingen mbH (GAV) gehört, die ihrerseits eine 100-prozentige Toch-ter der Stadtwerke Völklingen Holding GmbH (SWV) ist. Geht das Unterfangen schief, müssen am Ende einmal mehr die Steuerzahler bluten, denn die Stadt Völklingen hat Bürgschaften in Millio-nenhöhe gewährt. Und dass das Projekt ein Erfolg wird, bezweifeln Experten. Die International Fish Farming Techno-logy (IFFT) ist mit einem zehnprozen-tigen Anteil an der Meeresfischzuchtan-lage Völklingen GmbH beteiligt. Kritiker sehen in dieser untergeordneten Betei-ligung ein Indiz für die Risikobehaftung des Vorhabens. Wenn der ökonomische Erfolg große Wahrscheinlichkeit hätte, dann wäre der Technikentwickler selber größer eingestiegen und hätte andere private Investoren gewinnen können. Bleiben am Ende nur öffentliche Inve-storen übrig, landet das Risiko letztlich beim Steuerzahler. Bei allem Verständnis für das Bemü-hen, den Strukturwandel in Völklingen voranzutreiben, bleiben Zweifel an den Erfolgsausichten der maritimen Zucht-anlage. Der Markt ist heiß umkämpft, was auf die Preise drückt. Wenn aber die Produktionskos ten tief im Binnenland höher sind als in Zuchtbetrieben an der Küste, dürfte es schwer sein, die Finan-zierungskosten hereinzubekommen und eine Rendite zu erwirtschaften. Treibt man aber die Schulden der bürgenden Stadt in die Höhe, erreicht man das Ge-genteil von Strukturverbesserung.

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NachleseNachlese

Das Kongresszentrum muss jährlich mit 3,6 Mio. Euro bezuschusst werden.

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Mitarbeiter des Amtes keine Anhalts-punkte für eine erfolgreiche Durchset-zung einer Schadenshaftung ergeben.Hoffen lassen die Konsequenzen, die das LVA gezogen hat. Das Sportreferat wurde in der Führungsebene personell neu besetzt und strukturell verändert. Damit meint das Landesverwaltungs-amt, dass sich künftig ein derartiger Vorgang nicht wiederholt.

Schleswig. Die Skater-Anlage auf den Königswiesen an der Schlei ist endlich eröffnet. Was die Sportfreunde jubeln lässt, treibt den Steuerzahlern die Trä-nen in die Augen, denn letztlich mussten sie 180.000 Euro für die Anlage ausge-ben. Die Kostenexplosion dürfte selbst für das Guinness-Buch der Rekorde interessant sein. Angefangen hatte al-les mit dem Abriss der alten Anlage am Jugendzentrum, die der Landesgarten-schau weichen musste. Für den Ersatz hatte man 8.000 Euro einkalkuliert. Ver-schiedene Standorte wurden geprüft und letztlich für ungeeignet befunden. Mal war es der Lärmschutz für die Nach-barn, ein anderes Mal die schlechte Er-reichbarkeit für Jugendliche, die die Vorschläge scheitern ließen. Nur jeder Vorschlag war teurer als der vorange-gangene; so war man inzwischen bei Projektkosten von 73.000 Euro ange-kommen. Letztlich entschied man sich, die Skater-Anlage auf dem wieder frei gewordenen Gelände der Gartenschau zu errichten. Die Ausschreibung ergab

die exorbitante Summe von 200.000 Euro für die Errichtung. Trotz Spenden und Fördermitteln des Landes muss die Stadt immer noch 100.000 Euro tragen. Dass es auch anders geht, zeigen die Beispiele Altenholz und Gettorf nörd-lich der Landeshauptstadt Kiel. In Al-tenholz hat die Gemeinde einschließlich zahlreicher Spenden 34.000 Euro aus-gegeben, in Gettorf werden 30.000 Euro für einen Skaterparcours veranschlagt. Beide Anlagen entsprechen den Bedürf-nissen der jugendlichen Sportler.

Kreis Bergstraße. Vor einer drohenden Verschwendung in Höhe von 6 Mio. Euro für eine Draisinenbahn zwischen Mörlenbach und Wald-Michelbach warnte der Bund der Steuerzahler im Schwarzbuch 2008. Dabei wurde insbe-sondere die fragwürdige Wirtschaftlich-keitsberechnung des Projektes kritisiert.

Nachlese

So wurde angeführt, dass die Draisinen-bahn wegen der hohen Steigungen kaum genutzt werden würde und die Progno-sen über die Besucherzahlen schönge-rechnet worden seien. Da sich angesichts dieser Bedingungen kein Betreiber für das Projekt fand, man die alte Eisenbahn-strecke aber schon gekauft hatte und auf die Fördermittel nicht verzichten wollte, überlegte man sich etwas Neues. So teilte das Hessische Wirtschaftsministerium im Frühjahr mit, dass es jetzt „einen Be-trieb mit Solardraisinen geben“ soll, da „allein mit Muskelkraft die Befahrung der Überwaldbahn mit den üblichen Handhebel- und Fahrraddraisinen man-chen Besuchern nicht möglich“ gewesen wäre. Warum der Einsatz von Solardrai-sinen auf der waldreichen und mit vielen Tunnelmetern versehenen Strecke sinn-voll sein sollte, konnte das Ministerium zwar nicht erklären, verwies aber darauf, dass die Draisinen das Sonnentanken an den Haltestationen vornehmen könnten. Der neuartige Einsatz von Solardraisi-nen biete aber im Gegensatz zu norma-len Elektrodraisinen den Vorteil eines förderfähigen Alleinstellungsmerkmals. Für die beteiligten Kommunen und den Kreis waren die Fördermittel aus der EU-Kasse von jetzt über 2,7 Mio. Euro natür-lich ein entscheidendes Kriterium für die Realisierung des Vorhabens. Die Steu-erzahler rechnen da anders. Sie müssen für alle Kosten der öffentlichen Hand aufkommen und die sollen inzwischen immerhin 7.460.300 Euro betragen.

Um Fördermittel zu erhalten, soll im Kreis Bergstraße diese Bahn fahren.

Kiel. Aus der Traum! Der lang ersehnte Einzug des traditionsreichen Fußball-clubs Holstein Kiel in die 3. Deutsche Fußballliga ist schon nach einem Jahr nur noch Geschichte. Jetzt wird wieder in der viertklassigen Regionalliga Nord gekickt. Die sportlichen Ambitionen musste der Steuerzahler mit knapp 2 Mio. Euro teuer bezahlen. Um den Verein und das Stadion fit für die 3. Liga zu machen, wurde ein Erstliga erprobter Trainerstab verpflichtet. Das Nachwuchsleistungs-zentrum wurde modernisiert und das Stadion musste an Standards angepasst werden, die von der Deutschen Fußball-liga vorgegeben werden. Dazu gehört eine Videoanlage, eine leistungsfähige Notstromversorgung sowie eine fernseh-gerechte Flutlichtanlage. Alles in allem wurden rund 4 Mio. Euro investiert. Der Steuerzahler musste davon fast die Hälfte bezahlen. Denn der Club, der über eine stattliche Anzahl gut bezahlter Profis ver-fügt, hat selbst lediglich 2,1 Mio. Euro eingebracht. Über eine Million kam aus dem Konjunkturprogramm und der Rest von der Landeshauptstadt Kiel. Bereits im letzten Schwarzbuch hatten wir die konjunkturellen Effekte dieser Maß-nahmen angezweifelt. Bis heute konnte uns nicht glaubhaft gemacht werden, dass der sportliche Höhenflug wirklich zu mehr Wirtschaftswachstum in der Landeshauptstadt beigetragen hat. Da-mit sind die Steuermittel für sportliche Träume verbrannt.

Nachlese

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01. Bund Bund Fehlerhafte Lärm- und Windschutzwände 4 02. Büdingen Hessen Eislaufbahn aus Kunststoff 4 03. Oberhof Thüringen Kosten eines geschlossenen Bads 4 04. Buxtehude Niedersachsen Unzweckmäßiger Schwimmsteg 6 05. Kreis Herzogtum Lauenburg Schleswig-Holstein Neue Bodenschutzverordnung behindert Straßenbau 6 06. Baden-Baden Baden-Württemberg Grundstück am Festspielhaus 7 07. Bund Bund Praktikantenbörse verbrennt Steuergeld 8 08. Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt Bahn Naumburg-Zeitz: Schließung nach Sanierung 9 09. Friedrichshafen Baden-Württemberg Immobilienkauf ohne Nutzungskonzept 10 10. Baden-Württemberg Baden-Württemberg Krötenwanderung auf der B 10 10 11. Potsdam Brandenburg Planungsfehler beim Wiederaufbau des Stadtschlosses 11 12. Bund Bund Teurer Tunnelblick 12 13. Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt Sanierung der B 6n 13 14. Hamburg Hamburg Fehlende Kontrolle der ARGE 14 15. Lübeck Schleswig-Holstein Lübecker Eigentor 15 16. Bördekreis Sachsen-Anhalt Sportboothafen Calvörde 15 17. Bergen auf Rügen Mecklenburg-Vorpommern Regenwürmer fürs Stadion 16 18. Duisburg Nordrhein-Westfalen Kameraschienenbahn an Regattabahn der Kanuten 17 19. Overath Nordrhein-Westfalen Turnhalle aus Konjunkturmitteln 18 20. Coburg Bayern Neue Ballsporthalle 18 21. Zarrentin am Schaalsee Mecklenburg-Vorpommern Vereins- und Sportlerheim Lassahn 19 22. Wiesbaden Hessen Anbindung des Hauptbahnhofs an ICE-Strecke 21 23. Bamberg Bayern Kettenbrücke und Löwenbrücke 21 24. Tübingen Baden-Württemberg Umgestaltung der Mühlstraße 23 25. Oberursel/Steinbach Hessen Sanierung eines Treppenaufgangs 23 26. Triptis Thüringen Gefahrenpunkte bei der A 9 24 27. Kraichgau Baden-Württemberg Rastanlage an der A 6 25

Nr. Stadt/Region Land/Bund/EU/Stichwort Seite

28. Baden-Württemberg Baden-Württemberg Anschubfinanzierung für Ablachtalbahn 26 29. Obersimten Rheinland-Pfalz Überflüssiger Brückenbau 27 30. Kisdorf Schleswig-Holstein Wenn sich die Verschwendung im Kreis dreht 28 31. Finnentrop Nordrhein-Westfalen Bahnübergang ist temporäre So-Da-Brücke 29 32. Helsa/Hessisch Lichtenau Hessen Autobahntunnel für Molche 30 33. Bund Bund Ehrenurkunden der Bundesjugendspiele 31 34. Wittenberg Sachsen-Anhalt Förderung des ÖPNVs 31 35. Bund Bund Rentenanpassungsmitteilungen 32 36. München Bayern BayernLB 33 37. Pforzheim Baden-Württemberg Derivatgeschäfte 35 38. Leipzig Sachsen Finanzwetten der kommunalen Wasserwerke 35 39. Mintraching Bayern Beteiligungsgesellschaft des Abwasserzweckverbands 36 40. Leinfelden-Echterdingen Baden-Württemberg Bau eines Ziegenstalls 38 41. Goslar Niedersachsen Entschädigungszahlung für nicht gekündigte Pavillons 38 42. Blandorf Niedersachsen Teures Campingplatzgelände 39 43. Kreis Herford Nordrhein-Westfalen Teure Architektenfehler 40 44. Maubach, Rems-Murr-Kreis Baden-Württemberg Schilderstreich „Tempo 50“ 41 45. Wettenberg Hessen Teure Eigenwasserversorgung 41 46. Bremerhaven Bremen Bürgschaftsverpflichtung beim Seniorenheim 42 47. Ulm Baden-Württemberg Aussichtsturm für Talblick 43 48. Hannover Niedersachsen Amtspflichtverletzung 43 49. Europa Europa Absurde EU-Förderungen 44 50. Magdeburg Sachsen-Anhalt Nichtnutzbarer Neubau fürs Finanzministerium 45 51. Landkreis Lörrach Baden-Württemberg Aussichtsplattform Isteiner Schwellen 46 52. Würselen Nordrhein-Westfalen Kunstobjekte für die Natur 46 53. Büren Nordrhein-Westfalen Alphorn-Quartett 47 54. Winterberg Nordrhein-Westfalen Schulhofgestaltung Kommunikationsinsel 48

Nr. Stadt/Region Land/Bund/EU/Stichwort Seite

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55. Bund Bund Sachleistungskonto der Abgeordneten 49 56. Schwerte Nordrhein-Westfalen Freizeit-Allwetterbad wieder geschlossen 50 57. Hennef Nordrhein-Westfalen Kulturprojekte: Quer zur Sieg 51 58. Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein Viel Geld für wenig neue Erkenntnisse 52 59. Dresden Sachsen Hochglanzbroschüre zum neuen Konzertsaal 52 60. Baden-Württemberg Baden-Württemberg Informationsbroschüre „Qualitätsoffensive Bildung“ 53 61. München Bayern Projektgruppe „Waldumbau-Klimawandel“ 53 62. Höxter Nordrhein-Westfalen Neuer Skywalk 54 63. Berlin Berlin Investitionsprogramm Zukunft, Bildung und Betreuung 55 64. Saarbrücken Saarland Verfassungswidrige Wahlkampfwerbung 56 65. München/Taiwan Bayern Reiselust der Abgeordneten 57 66. Waldeck-Frankenberg Hessen Reisekosten eines Landrats 57 67. Kreuztal Nordrhein-Westfalen Abwahl von zwei Beigeordneten 58 68. München/Vietnam Bayern Reiselust der Abgeordneten 59 69. Wilster Schleswig-Holstein Teure Stellenanzeige 60 70. Löhne Nordrhein-Westfalen Beförderung eines Beamten 60 71. Wolnzach Bayern Ausweitung der Kassenkredite 61 72. Berchtesgaden Bayern Haus der Berge 62 73. Neuwerk Hamburg Wiedererrichtung der Ostbake 62 74. Herrenchiemsee Bayern Sanierung des Schlosshotels 63 75. Osnabrück Niedersachsen Budgetüberschreitung beim Kunstprojekt COLOSSAL 63 76. Dieburg Hessen Planungsfehler beim Bau der Stadthalle 64 77. Hamburg Hamburg Bau des Kreuzfahrtterminals 65 78. Europa Europa ITER - Blankoscheck führt zur Kostenexplosion 67 79. Brandenburg Brandenburg Förderung landwirtschaftlicher Betriebe 67 80. Bad Bergzabern Rheinland-Pfalz Subvention an Vier-Sterne-Hotel 68 81. Schleswig Holstein Schleswig-Holstein Fraktionen legen Zuschüsse an 69

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82. Brandenburg Brandenburg Innovationsassistenten 69 83. Worms Rheinland-Pfalz Kaum ausgelastetes Parkhaus 69 84. Niedersachsen Niedersachsen Frühpensionierung zweier Lehrerinnen 70 85. Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein Bei der Planung „verzockt“ 71 86. Berlin Berlin Imagekampagne der Wasserbetriebe 71 87. Potsdam Brandenburg Studienkolleg für ausländische Studienbewerber 72 88. Niedersachsen Niedersachsen „Bornemann-Immobilie“ 73 89. Ruhrgebiet Nordrhein-Westfalen Ohrenparks an der Autobahn 73 90. Bund Bund Elektronischer Personalausweis 74 91. Lüdenscheid Nordrhein-Westfalen Sportverein Turboschnecken 74 92. Landshut Bayern Versetzung der „Flora“ verhindert 75 93. Brandenburg Brandenburg WM-Tippspiel mit Steuergeldern 76 94. Berlin Berlin Shanghai-Reise verhindert 76 95. Bremen Bremen Defizitäres Musical-Abenteuer beendet 77 96. Bund Bund Keine Sauna mehr für Bundestagsverwaltung 78 97. Wehretal Hessen Verkauf der Obermühle 78 98. Lübeck Schleswig-Holstein Toilettenkonzept Altstadt 79 99. Bad Lippspringe Nordrhein-Westfalen Keine Umgehungsstraße 79100. Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein Gebührenbefreiung für letztes Kindergartenjahr 80101. Bund Bund Kein höheres Weihnachtsgeld für Beamte 80 102. Schleswig Schleswig-Holstein Risikofaktor Therme 81 103. Bad Brambach Sachsen Luxussanierung für Bahnübergänge 81104. Mainz Rheinland-Pfalz Bau einer Straßenbahntrasse 82105. Herzogtum Lauenburg Schleswig-Holstein Standortwerbung 82 106. Reichmannsdorf Thüringen Verfüllen eines Hohlwegs 83 107. Bund Bund Verlängerung S-Bahnlinie 83 108. Spreetal Sachsen Sonnenstrom nimmt Stecklingen das Licht 84

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109. Berlin Berlin Vorrangschaltung für Bahnen und Busse 85 110. Fischland-Darß-Zingst Mecklenburg-Vorpommern Wiederaufbau der Darßbahn 86111. Bremen Bremen Stadthaus Vegesack 87112. Flensburg Schleswig-Holstein Neue Geschäftsfelder der Stadtwerke 88 113. Bund Bund Drei PR-Agenturen für das Arbeitsministerium 89 114. Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein Standortwerbung der Gemeinden 90 115. Bund Bund Transrapid 91116. Erfurt Thüringen Therapeutisches Wohnheim 92117. Ratzeburg Schleswig-Holstein Unnötige Abwasserleitung (Krötentunnel) 92 118. Hagen Nordrhein-Westfalen Zinswetten 93 119. Nürburg Rheinland-Pfalz Untersuchungsausschuss Nürburgring 93120. Finsterbergen Thüringen Klimatherapiezentrum wartet auf Besucher 94121. Europa Europa Teure Ganzkörpernacktscanner ungenutzt 95 122. Völklingen Saarland Meerwasserfischzuchtanlage 96 123. Darmstadt Hessen Dauerbelastung Kongresszentrum 97124. Naumburg Sachsen-Anhalt Bauruine Sportlerheim TV Friesen 97125. Schleswig Schleswig-Holstein Skateranlage 98 126. Kreis Bergstraße Hessen Draisinenbahn 98 127. Kiel Schleswig-Holstein Holstein-Stadion 99

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Bund der Steuerzahler Deutschland e.V.Französische Straße 9 - 12 · 10117 Berlin Tel.: 0 30 / 25 93 96 0 · Fax: 0 30 / 25 93 96 25 [email protected]

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