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Ausgabe 05-06/15 2,50 Euro Ausgabe Mai 12. Jahrgang / #109 Was da wieder los ist: Termine & Partys 16.05. – 21.06.15 AUSGESTELLT King of Pop-Art: Warhol in Riegel AUFGESTIEGEN Kufencracks zwischen Titel und Klassenkampf AUSPROBIERT Warum Freeletics Freiburg erobert DEN WAHNSINN IM VISIER Streife, Zelle, Drogenopfer – ein Tag im Polizeirevier Nord mit WIRTSCHAFTS- MAGAZIN biB

chilli – das Freiburger Stadtmagazin

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Eine kleine Leseprobe der Mai-Ausgabe 2015

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12. Jahrgang / #109

Was da wieder los ist: Termine & Partys 16.05. – 21.06.15

AusgestelltKing of Pop-Art:Warhol in Riegel

AufgestiegenKufencracks zwischenTitel und Klassenkampf

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Den WAhnsinn im visier Streife, Zelle, Drogenopfer – ein Tag im Polizeirevier Nord

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CHILLI EDITORIAL

Mai 2015 CHILLI 3

Dauerfeuer, brennenDe Muskeln

& MeistertitelVoller einsatz bei der 109. chilli-nummer

Skandal um Rosi hätten wir vielleicht getitelt, wenn Freiburgs Imbiss-Ikone Rosi Thoma uns er-zählt hätte, dass sie unfreiwillig aufgehört hat, am Güterbahnhof Currywurst mit Pommes zu verkaufen. Aber Rosi braucht einfach mal eine Pause. Und die sei der Grande Dame unter Freiburgs Imbisspächtern auch gegönnt. Keine Ruhe hatte chilli-Redakteur Till Neumann, der für unsere Titelgeschichte einen Tag im Revier Nord und auch bei Einsätzen dabei war. „Was die einen ruhigen Tag nennen, kam mir wie ein Dauer-feuer von Meldungen und Notrufen vor“, erzählte Neumann. Seine Kollegin Tanja Bruckert ließ sich nicht lumpen und trainierte bei der Freiburger Free-letics-Gruppe mit. Der Spaßfaktor erschloss sich ihr nicht sofort, als sie schweißüberströmt und mit brennenden Muskeln Burpees, Climber und Jumps absolvierte. Später war sie dann doch angefixt.

Viel Einsatz haben die Kufencracks vom EHC Freiburg gezeigt – und wurden am Ende mit dem Meistertitel belohnt. Für die Chefetage ist die Party schon wieder vorbei, die Planung der neuen Saison steht im Fokus. Und für die braucht es beides: einen stärkeren Kader und ein größeres Budget. Große Hallen zu füllen, ist für Mario Barth mittler-weile eine Selbstverständlichkeit. Gleich drei Aben-de wird der Berliner die Rothaus Arena voll machen. Warum sein Nachbar ihn zuweilen für geisteskrank hält, hat er uns im Interview erzählt.Wir wünschen auch bei den anderen Themen, der im Wald versteckten Künstlervilla, abgefahrenen Forschern, der neuen Skateanlage, dem kulturells-ten Freiburger Seniorenheim, Gastwirten an Golf-plätzen oder dem „Schwerpunkt Freiburg & Region entdecken“ vergnügliche Lektüre. Bleiben Sie, bleibt uns gewogen.

Herzlichst, Ihr Lars Bargmann,Chefredakteur & die chillisten

Foto: © Till Neumann

Liebe Leserin, lieber Leser,

ständig im einsatz: Peter Wagner und Yvonne Judith sind immer die Ersten am Einsatzort.

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Konzentriert: Kommissarin Yvonne Judith

checkt im Colombipark das Strafregister eines

Betrunkenen.

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D as Polizeirevier Nord ist das größte in Freiburg, zu-ständig für die Innenstadt und das gesamte nördliche Stadtgebiet. chilli-Redakteur Till Neumann hat die Be-

amten einen Tag lang begleitet. Was für die Einsatzgruppe ein „sehr ruhiger Tag“ ist, erlebt er als rasante Verbrecherjagd mit Pöblern, Vermissten und Zugedröhnten.

Mit ruhiger Hand lenkt Yvonne Judith den Streifenwagen durch die Kaiser-Joseph-Straße. Die 27-jährige Kommissarin vom Polizeirevier Nord lässt ihren Blick über die Passanten gleiten. „Alles relativ ruhig“, sagt sie. Im Radio läuft Big FM. Peter Wagner, 49, sitzt auf dem Beifahrersitz, nickt zustim-mend. Der breitschultrige Hauptkommissar ist Chef der

Dienstgruppe D, die an diesem sonnigen Dienstag im Ein-satz ist. „Wir sind immer die Ersten vor Ort“, sagt Wagner. Egal ob Ruhestörung, Großbrand, Mord oder Massenschlägerei. „In Freiburg ist viel los. Man weiß nie, was in der nächsten Minute passiert.“ Die Zahlen geben ihm recht: Freiburg ist statistisch gesehen die kriminellste Stadt Baden-Württembergs.Schon knattert das kleine Funkgerät an Wagners linker Schul-ter. „230 bitte kommen“, „230 hört“, antwortet Wagner. „Ein Schwarzafrikaner macht im Stühlinger Radau“, gibt die Einsatz-zentrale durch. Drei Minuten später sind Judith und Wagner am Ort des Geschehens. „I don’t care about nothing, I will kill this man“, brüllt ein kräftiger Mann in dem Supermarkt. Seine Au-gen sind rot angelaufen, Schweißperlen kullern über die dunkle Stirn. Ein Streifenpolizist redet beschwichtigend auf ihn ein. Seine Kollegin steht schräg neben dem Unruhestifter.„Sie hat sich im breitbeinigen V-Schritt positioniert“, er-klärt Judith. „Wenn es hart auf hart kommt, kann die Kol-legin sofort eingreifen.“ Judith sichert in einigen Metern Entfernung mit Wagner die Lage. Ihre Augen weichen nicht von dem aufgebrachten Mann. Eine Menschentraube bil-det sich. Der Supermarktchef steht beängstigt daneben. Er glaubt, der Afrikaner wollte eine grüne Tasche stehlen. Das Preisschild klebt noch drauf. Der Beschuldigte beruhigt sich aber kurz darauf – und kann nachweisen, dass er die Tasche woanders gekauft hat. Er zieht von dannen.

Nach einer weiteren Runde durch den Stühlinger fahren Ju-dith und Wagner zurück ins Revier in der Bertoldstraße. Zum Mittagessen gibt’s Yufka und Pizza vom Dönermann. Junge Kollegen diskutieren ausgelassen. „Ich könnt’s nicht ertragen, jemanden zu sehen, der sich aufhängt“, sagt eine.Nebenan ist der Knastflur des Reviers. Kalter Kachelboden, vier kleine Zellen mit Stahltür, eine große mit Stahlgitter. In der sitzt ein bärtiger Araber mittleren Alters. Arme und Beine verschränkt, mucksmäuschenstill, der Blick geht ins Leere. Warum er hier ist, verraten die Beamten aus ermitt-lungstaktischen Gründen nicht. Viele andere Fälle sind we-niger brisant: „Oft nüchtern Betrunkene in den Zellen aus“, berichtet Wagner. „Am Wochenende ist das der kontrollierte Wahnsinn. Die Leute poltern, schreien, toben.“ Manche hämmern stundenlang gegen die Wand. Im Nebenraum ist die Wand seit Kurzem sogar gepolstert. Manche Delinquen-ten schlagen sonst mit dem Schädel eine Delle rein. Wer in die Zelle muss, bereut es meist. „Die Nacht kostet 120 Euro, ohne Frühstück und Klimaanlage“, sagt Wagner. Stündlich wird geschaut, wie es den Inhaftierten geht.Judith ist inzwischen nebenan. An einem Rechner schaut sie sich die Aufnahmen einer Überwachungskamera an. Zwei junge Männer sollen ein T-Shirt aus einem Kaufhaus mitgehen lassen haben. Einer hat gestanden, der andere nicht. „Auf dem Video ist fast nichts zu sehen“, sagt Judith. Dann geht sie in den Nachbarraum und schreibt Polizeibe-richte. Eine Arbeit, die viel Zeit in Anspruch nimmt. Jeder noch so kleine Fall wird fein säuberlich dokumentiert.

Der kontrollierte Wahnsinn

Streife, Zelle, Drogenopfer – ein tag im revier norD

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Freiburg ist statistisch gesehen seit Jahren die krimi-nellste Stadt Baden-Württembergs. Im Schnitt wird alle 20 Minuten eine Straftat verübt. 2014 hat das Poli-zeipräsidium in Freiburg pro 100.000 Einwohner 12.392 Delikte registriert. 16 Prozent mehr als in Mannheim, das an zweiter Stelle liegt. Etwas mehr als die Hälfte der Freiburger Delikte (54,5 Prozent) wurden aufgeklärt. 43 Prozent der Straftaten sind Diebstahl, Gewaltkriminali-tät macht 3,3 Prozent der Fälle aus. Das Rathaus fordert mehr Personal für die Freiburger Polizei. tln

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Page 6: chilli – das Freiburger Stadtmagazin

„Fünf Taschendiebe, flüchtig am Schwa-bentorring“, schallt es plötzlich durch die Lautsprecher des Reviers. Hektik bricht aus. Mehrere Polizisten eilen in die Tiefgarage – auch Judith und Wagner. Mit quietschen-den Reifen schießt der Streifenwagen Richtung Bertoldsbrunnen. „Wir nehmen die Kajo“, funkt Wagner den Kollegen zu. Dann wird die Täterbeschreibung durch-gegeben: „Einer im schwarzen Kapuzen-pulli, einer im karierten Hemd. Mehr ha-ben wir nicht.“ Judith und Wagner lassen ihre Blicke rasch über jede Ecke gleiten. In-zwischen ist es dunkel. An jeder Kreuzung wird gebremst, in die Gassen geschaut. Von den fünf Flüchtenden keine Spur.Judith erinnert sich an eine Gruppe stadtbekannter Jugendlicher, die sie am Mittag gesehen hatte. „Hatte nicht ei-ner einen schwarzen Pulli an?“, fragt sie. „Gut möglich“, antwortet Wagner. Nur Sekunden später entdecken sie drei der Jungs hinter dem Schwabentor. Aber in T-Shirt und gelbem Fußballtrikot statt Pulli und Hemd. Dennoch: Personenkont-rolle. Die drei sagen, von nichts zu wissen, wirken entspannt. Judith gibt über Funk die Personalien durch. „16 Sexualdelikte“, antwortet die Zentrale. Wagner bittet um eine nähere Täterbeschreibung. Ohne Er-folg. Die drei dürfen weiterziehen.Kaum 50 Meter weiter klopft eine junge Frau an die Scheibe. „Beim Schlappen hat mich einer angegrabscht.“ Judith weiß sofort, um wen es sich handeln könnte.

„Wir kümmern uns drum“, antwortet sie. Als sie ihn finden, redet sie dem Mann beschwichtigend zu – als er ihr durchs offene Fenster an die Schulter langt, wird sie deutlich: „Nicht anfassen.“ Der mut-maßliche Grabscher ist der Streife gut bekannt. Mehr passiert ihm nicht.Dann geht’s zum Bahnhof. Völlig be-nebelt liegt ein Obdachloser vor einem Schaufenster in der Eisenbahnstraße. Eine Streife und ein Rettungswagen sind schon da. Der Mann hat 2,1 Promille und ist vollgepumpt mit Medikamenten. Die Polizistin tastet den Heroinsüchtigen mit lilanen Schutzhandschuhen nach spitzen Gegenständen ab. Ob ihn Freunde abho-len können? Keine Antwort. Mit einem Zellenbus wird der Mann zunächst in die Klinik gebracht. Dort stellt ein Arzt seine Haftfähigkeit fest. Dann geht’s aufs Re-vier. Dort werden Personalien aufgenom-men, seine Wertgegenstände notiert, es geht in die Zelle – ausnüchtern.Es ist gegen Mitternacht. Viele Freiburger schlummern schon. Inzwischen waren Wagner und Judith unter anderem in Betzenhausen. Ein Achtjähriger war als vermisst gemeldet worden – tauchte aber kurz darauf bei seiner Uroma auf. „Eine sehr ruhige Nacht“, sagt Wagner. Zu Ende ist sie noch lange nicht. Die Schicht geht bis 6 Uhr morgens. Ein Nickerchen ist nicht drin – jede Sekunde kann der nächste Ein-satz anstehen. Der kontrollierte Wahnsinn – Alltag in Freiburg. till neumann

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dIe 110-zentralemehr alS 450 notrufe lanDen täglich im freiburger lageZentrum

Im Führungs- und Lagezentrum des Freiburger Polizeipräsidiums (FLZ) glühen die Drähte: „Hier gehen täglich 450 bis 650 Notrufe ein“, berichtet der stellvertretende Leiter, Polizeihaupt-kommissar Peter Häring. Das FLZ be-arbeitet alle Notrufe für die Stadt Frei-burg und die Kreise Lörrach, Waldshut, Emmendingen und Breisgau-Hoch-schwarzwald. Vor der Polizeireform gab es kleinere Führungs- und Lagezentren in Freiburg und Lörrach. Die Notrufe für die Landkreise Emmendingen und Walds-hut gingen bei den Polizeirevieren ein.

Sieben bis zehn Mitarbeiter sind rund um die Uhr im Einsatz, um die Notrufe zu bewältigen. Einer davon ist Gerald Göppert. Auf dem Kopf ein Headset, vor sich vier Monitore. „Dauernd bimmelt es, die psychische Belastung ist hoch“, sagt der 51-Jäh-rige. Schon klingelt’s. Auf dem Moni-tor blinkt eine der 20 Leitungen. Auf einem weiteren sieht Göppert eine Karte mit allen Streifenwagen, die im Einsatz sind. Nimmt er einen Notruf entgegen und gibt den Standort ein, bekommt er einen Kartenausschnitt

des Gebiets gezeigt. Die dortigen Streifenwagen werden per SMS be-nachrichtigt.Das Schwierigste ist, schnell heraus-zufinden, was der Anrufer möchte. „Die Leute sind teils in Not oder auch mal alkoholisiert. Wir müssen da sehr struk-turiert vorgehen“, sagt Häring. In brenz-ligen Fällen hört der Kollege am Nachbar-tisch mit oder klinkt sich in die Leitung ein. Plötzlich pfeift es im Raum. „Keine Sorge, das ist nur der Test einer Bank“, beschwichtigt Göppert. Dann blinkt wie-der eine Leitung, der nächste Notruf. tln

aufgelesen: Drei Polizisten helfen einem

betrunkenen Obdachlosen am Hauptbahnhof.

abgeführt: Ein Beamter bringt den zuge-

dröhnten Mann in die Ausnüchterungszelle.

passioniert: Hauptkommissar Peter Wagner

leitet eine Einsatzgruppe im Revier Nord.

Page 7: chilli – das Freiburger Stadtmagazin

Gleich nachschauen:TIPPS-TERMINE-TICKETS

WO IST DER

NÄCHSTE POETRY SLAM?

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24 CHILLI Mai 2015

Rassige Lady gegen Lässige dame

Freiburgs neuer urbos tritt gegen älteste aktive tram an

Im exklusiven chilli-Tram-Duell tritt Freiburgs neue Straßenbahn Urbos 100 auf dem Freiburger VAG-Gelände

gegen die älteste aktive Tram auf Freibur-ger Schienen an, die GT8K. Die blutjun-ge Spanierin ist technikaffin und voller Tatendrang – die deutsche Dame dafür schienenerprobt und gemütlich. Wer ist schneller? Komfortabler? Stylischer?

Die ersten Proberunden hat der spani-sche Urbos schon gedreht. Ab dem 16. Juli ist Freiburgs neue Straßenbahn offiziell auf den Schienen. Die Gleise teilt sie sich dann auch mit der GT8K. Die erfahrenste der Freiburger Trams ist satte 34 Jahre alt.

Der erste blickFrisch gewienert glänzt der Urbos in der Sonne. „Die Schönste unserer Trams“, schwärmt VAG-Betriebsleiter Johannes Waibel. Große Frontscheibe, schnittiges Design, auf der weißen Schnauze ein breites Siegerlächeln. Die GT8K macht dafür aus ihrem Alter keinen Hehl. Langsam rollt sie aus der Garage. Schnittig sieht sie nicht aus, liegt aber unerschütterlich auf den Gleisen. „Optisch ist sie keine Schön-heit, technisch etwas überholt. Damit kann man aber noch gut fahren“, lobt Waibel. 1:0 für den Urbos.

FahrerhäuschenNur der Tramfahrer weiß, wie die bei-den Damen wirklich ticken. Er verbringt schließlich Tag und manchmal auch die Nacht mit ihnen. Die GT8K ist Old School, wie das Fahrerhäuschen zeigt. Große Lampen, kleines Display. Das Mikro für Durchsagen spricht Bände: „In der GT8K ist das ein Riesenrüssel, im Urbos nur ein kleiner Stummel“, sagt Waibel. Die hübsche Spanierin bezirzt den Fahrer dafür mit Multifunktionsdisplay inklu-sive Touchfunktion. Die Außenspiegel der GT8K wurden durch Kameras er-setzt (Bild: zweite Reihe von oben, rechts). Noch ein Punkt für den Urbos.

kopf an kopf: Der Urbos 100 (vorne) rollt ab Juli durch Freiburg. Kann er es mit der 34 Jahre alten GT8K aufnehmen? Das chilli macht den Härtetest.

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geschwinDigkeit900 KW hat der Motor der rassigen Spanierin. „Die könnte es locker auf 85 Stundenkilometer schaffen“, sagt Waibel. „Das kann man in Freiburg aber vergessen.“ Mehr als 63 Stundenki-lometer sind nicht drin. So schnell ist auch die GT8K unterwegs (600 KW) – die alte Dame könnte auf bis zu 70 Stundenkilo-meter beschleunigen. Unentschieden.

gewichtOb jung oder alt, die Hüften der beiden Damen sind jeweils 2,30 Meter breit. Die GT8K musste in 34 Jahren zwar mehrmals in Reparatur, hat aber nicht ein Gramm zugelegt. Viel Bewegung hält schlank. Punktgewinn für die deutsche Sportskanone.Zwischenstand 3:2.

einstiegDrei steile Stufen, enge Tür. Wer in den Bauch der GT8K will, muss beweglich sein. Bei viel Betrieb geht beim Einstieg das Gequetsche los. Das geht beim komplett niederflurigen Urbos deutlich leichter: Doppeltüren, ebenerdiger Einstieg. Und die Spanierin hat ein Herz für Kinder und Ältere: Mehrere Multi-komfortzonen bieten Platz für Kinderwagen, Rollstühle oder Rollatorfahrer. „An behindertengerechte Ausstattung hat früher keiner gedacht“, sagt Waibel. Schlappe für die steile Dame.

geräuschpegelDie GT8K hat nach drei Jahrzehnten Verkehr so einiges zu erzählen. Deswegen ist sie eine wahre Plaudertasche. Sobald sie rollt, erzählen ihre ratternden Räder lautstark Anekdoten. Die noch etwas schüchterne Spanierin ist durch gedämmte Wände viel zurückhaltender. Im Innenraum hört man sie kaum noch quasseln. Punkt für die geheimnisvolle Spanierin.

sitzeDie alte Dame setzt auf Retrocharme: weinrote Plastikschalen an hellbraunen Wänden. „Die Sitze sind sehr einfach gestrickt“, sagt Waibel. „Wie man das früher so gemacht hat.“ Darunter hängen in regelmäßigen Abständen graue „Heizmonster“ (Bild: dritte Reihe von oben). Wer daneben steht, hat qualmen-de Füße – wer weiter weg ist, kriegt kalte Zehen. Im Schoß der Spanierin sitzt es sich deutlich gemütlicher: ergonomisch geformte Sitzschalen mit rot-schwarzen Polstern. Dabei wird man über die Bildschirme im Innenraum berieselt. Eine Klima-anlage regelt Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Punkt für die Neufreiburgerin.

FazitTrotz eklatanter Unterschiede haben die beiden Ladys viele Ähn-lichkeiten: „Jeder Fahrer muss ja alle Modelle fahren können“, sagt Waibel. Auch die rot-weiß-schwarze Lackierung ist ähnlich. Am Ergebnis ändert das aber nichts: Die schweigsame Spanierin schlägt die deutsche Plaudertasche mit 6:2. Ob der Kantersieg auch langfristig Erstklassigkeit sichert, ist aber ungewiss. Wie sagte schon Otto Tramhagel? Die Wahrheit liegt auf den Gleisen.

till neumann

NaHverkeHr TRAM-cHEcK

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VERANSTALTUNGSKALENDER

26 CHILLI Mai 2015 › Alle Angaben ohne Gewähr

VERANSTALTUNGSKALENDER

Termine Partys

16.5.– 21.6.

SamStag16.5.2015

Ausstellungen

Raymond Depardon: Berlin Zum Jubiläum: 30 Jahre freiburger film forum, 18.4.-3.6.Centre Culturel Français, FreiburgInfo: www.ccf-fr.de

Ich Mann. Du Frau – Feste Rollen seit Urzeiten? Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern, 16.10.-17.5.Archäologisches Museum, Colombischlössle, FreiburgInfo: www.freiburg.de/museen

Andy Warhol Werke des berühmten amerikanischen Künstlers, 2.5.-27.9.Kunsthalle Messmer, RiegelInfo: www.kunsthallemessmer.de

events

Foir‘Expo 2015 – Foire de Mulhouse 68. Frühjahrsmesse, 10-21 UhrMessegelände, Mulhouse ★ 10 UhrInfo: www.parcexpo.fr

Gartenfest Blütenrausch, 10-18 UhrStaudengärtnerei Gräfin von Zeppelin, Sulzburg-Laufen ★ 10 UhrInfo: www.graefin-von-zeppelin.de

Rohvolution Der Weg zur gesunden Ernährung, 10-18 UhrMesse, Freiburg ★ 10 UhrInfo: www.rohvolution.de

Offene Jahrgangspräsentation Den Markgräflern ins Glas geschaut, 11-18 UhrMarkgräfler Weingüter ★ 11 UhrInfo: www.markgraefler-weingueter.de

14. Internationales Fest mit Musik, Tanz, Gesang & kulturellen DarbietungenMarkgräfler Platz, Müllheim ★ 12 UhrInfo: www.muellheim.de

Digital Music Design – Kreative Musikproduktion am Computer Infoveranstaltung zur KursreiheHochschule für Kunst, Design & Populäre Musik, Freiburg ★ 14 UhrInfo: www.hkdm.de

Freiburger Frühjahrsmess‘ 14.-25.5., 14-24 UhrMesse, Freiburg ★ 14 UhrInfo: www.freiburgermess.freiburg.de

Self-Help-Group Ein Projekt von MouchachaTheaterplatz, Basel ★ 15 UhrInfo: www.theater-basel.ch

Mörderischer Wein Weinkellerführung mit Kriminaltstück & WeinprobeBadischer Winzerkeller, Breisach ★ 18 UhrInfo: www.vinothek-breisach.de

Spook me! Das musikalische GeisterbankettTeatro dell‘Arte im Europa-Park, Rust ★ 18.45 UhrInfo: www.europapark.de

European Dance Award 2015 Verleihung des Goldenen ColibriKurhaus, Baden-Baden ★ 20 UhrInfo: www.badenbadenevents.de

Hyrrätytö Fortsetzung des Cirque Niveau-Spektakels hyrräSaal im E-Werk, Freiburg ★ 20 UhrInfo: www.ewerk-freiburg.de

Music

Barry Male Voice Choir Im Vorprogramm die Liederlichen aus RheinfeldenVocondo-Dome im Kulturpark Tutti Kiesi, Rheinfelden ★ 17 UhrInfo: www.rheinfelden.de

Metal Café Live Verschiedenste Metal-SpielartenAltes Wasserwerk, Lörrach ★ 19.30 UhrInfo: www.alteswasserwerk.de

Omer Klein Trio CD Releasekonzert ‚Fearless Friday‘ Jazzhaus, Freiburg ★ 20 UhrInfo: www.jazzhaus.de

Wolfgang Gerbig Liedermacher aus Bad Krozingen mit aktuellen SongsLitschgikeller, Bad Krozingen ★ 20 UhrInfo: www.bad-krozingen.Info

Kammermusikabend Werke von Haydn, Debussy & ThuilleGalerie depot.K, Freiburg ★ 20 UhrInfo: www.depot-k.com

1. Kaufhaus Serenade 2015 Konzert des Sanssouci-QuartettHistorisches Kaufhaus am Münsterplatz, Freiburg ★ 20.15 UhrInfo: www.historischeskaufhaus.freiburg.de

Blut Zucker Sex Magie Best of Chilli Pepers Mehlsack, Emmendingen ★ 20.30 UhrInfo: www.mehlsack.com

Nat Su Quartet Intelligent-feinsinniger JazzBird‘s Eye Jazz Club, Basel ★ 20.30 UhrInfo: www.birdseye.ch

F.B.I. – Fast Beat Inc Ska-y-RockWodan Halle, Freiburg ★ 20.30 UhrInfo: www.wodan-halle-freiburg.de

A5 Richtung Wir & Parka auf Frühjahrstour Deutschsprachige Pop-BandKIK – Kultur in der Kaserne, Offenburg ★ 21 UhrInfo: www.kik-online.de

Sporting Blissett & Pat Hargreaves ElektroPop aus Freiburg & Rock/Country/Folk aus BaselFurioso, Freiburg ★ 21 UhrInfo: www.facebook.com/furiosofreiburg

VERANSTALTUNGSKALENDER

Foto: © Timo Volz

Moi Et Les Autres mit Juliette Brousset

(Les Brünettes) Swing Chanson

am 21 Mai 2015 um 20 Uhrim Jazzhaus Freiburg

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VERANSTALTUNGSKALENDER

Mai 2015 CHILLI 27› Noch mehr Termine auf chilli-freiburg.de

MusicAl

The Lion King Das original Broadway-Musical, bis 11.10.Musical Theater, Basel ★ 19.30 UhrInfo: www.thelionking.ch

Oper

Così fan tutte Oper von Wolfgang Amadeus MozartGroße Bühne, Theater Basel ★ 18.30 UhrInfo: www.theater-basel.ch

Die Königin von Saba Oper von Karl GoldmarkGroßes Haus, Theater Freiburg ★ 19.30 UhrInfo: www.theater.freiburg.de

pArty

Moneyboy Live Aftershow-Party by SchlangencrewHans-Bunte-Areal, Freiburg ★ 21 UhrInfo: www.facebook.com/rotationtechno

2 Jahre Showdown Das große JubiläumEtage Eins, Marlener Str. 9, Offenburg ★ 22 UhrInfo: www.etageeins-og.de

Pure Vernunft darf niemals siegen DJs: Leon MC, Dänny, Michel Mabelle, Jannf Jut & Moltke 38Jos Fritz Café, Freiburg ★ 22 UhrInfo: www.josfritzcafe.de

One Night with Session VictimPassage 46, Freiburg ★ 23 UhrInfo: www.passage46.com

tAnz

Follies 2015 Die Show der Musical-TAP-Company FreiburgAugustinum, Freiburg ★ 20 UhrInfo: www.augustinum-freiburg.de

theAter

Don Quijote Nach dem Stück von Michael BulgakowTheater im Marienbad, Freiburg ★ 19 UhrInfo: www.marienbad.org

Der eingebildete Kranke Komödie von MolièreKammerspiele im E-Werk, Freiburg ★ 20 UhrInfo: www.puck-freiburg.de

Stammheim von Kreitmeier & WetterTheater der Immoralisten, Freiburg ★ 20 UhrInfo: www.immoralisten.de

Frau Müller muss weg Komödie von Lutz HübnerWallgraben Theater, Freiburg ★ 20 UhrInfo: www.wallgraben-theater.com

Immer noch Sturm Stück von Peter HandkeKleines Haus, Theater Freiburg ★ 20 UhrInfo: www.theater.freiburg.de

Projekt 95 – Eden Hotel Theaterstück von Philipe BrazSalmen, Offenburg ★ 20 UhrInfo: www.kulturbuero.offenburg.de

Die Wunderübung Paarberater-Komödie von Daniel Glattauer Cala Theater, Freiburg ★ 20 UhrInfo: www.calatheater.de

Die Verschwörung des Fiesco zu Genua Drama von Friedrich SchillerHaus der Volksbildung, Weil am Rhein ★ 20 UhrInfo: www.fugit.de

Fellinicittà oder eine 1/2 Stunde Glück I Pelati DelicatiSchauspielhaus, Steinentorstr. 7, Basel ★ 20 UhrInfo: www.theater-basel.ch

Nüt als Theater im Theater Eine Komödie. Eine Farce. Ein Schwank.Alemannische Bühne, Freiburg ★ 20.15 UhrInfo: www.alemannische-buehne.de

Viva la Diva Diven & EskapadenTAM – Theater am Mühlenrain, Weil am Rhein ★ 20.15 UhrInfo: www.tam-weil.de

Abgesoffen Nach dem gleichnamigen Roman von Carlos Eugenio LopezKammertheater im E-Werk, Freiburg ★ 20.30 UhrInfo: www.ewerk-freiburg.de

Sonntag17.5.2015

Ausstellungen

Frauensache Ausstellung im Rahmen der Tschechischen Kulturtage, 3.5.-25.6.Rathaus, UmkirchInfo: www.tschechische-kulturtage.de

Malerei & Objekte Werke von Thomas Koch & Gerd Kanz, 17.4.-17.5.Badisches Kunstforum, EbringenInfo: www.badisches-kunstforum.de

Finissage: Ukraine Barfuss Multimedia Installation, 25.4.-17.5.Galerie II im E-Werk, FreiburgInfo: www.ewerk-freiburg.de

events

Foir‘Expo 2015 – Foire de Mulhouse 68. Frühjahrsmesse, 10-20 UhrMessegelände, Mulhouse ★ 10 UhrInfo: www.parcexpo.fr

Rohvolution Der Weg zur gesunden Ernährung, 10-18 UhrMesse, Freiburg ★ 10 UhrInfo: www.rohvolution.de

Frau Müller muss wegWallgraben Theater,

FreiburgSa., 16. Mai, 20 Uhr

Kampf in der SchuleEltern vs. Lehrer: Den Kampf, wie er in zahlreichen Klas-senzimmern tobt, bringt Lutz Hübner auf die Bühne. Für die Eltern der 4b ist Klassenlehre-rin Müller Schuld, dass einige Schüler den Sprung aufs Gym-nasium nicht schaffen.Ein urkomischer Elternabend.

www.wallgraben-theater.comKarten-Infos: 0761/496-8888

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Fürstenberg Lokal DerbyCrash, Freiburg

Freitag, 15. Mai, 20 Uhr

Band-BattleRock, Pop, Metal, Hip Hop und Partymusik – beim Lokal Derby der Fürstenberg Brauerei ist die Vielfalt der Musikstile groß. Von mehr als 90 Bewerbungen hat eine Jury 16 ausgewählt, weitere vier haben Fans per Online-Voting ge-wählt. Je fünf von ihnen treten nun in vier Locations gegeneinander an.Im Freiburger Crash sind das: Blackslash mit ihrem Oldschool Heavy Metal, die Rocker In Haze, Lia Reyna mit ihrem Indie Pop, Shy Guy At The Show mit Dark Wave Rock und die Freiburger The Heron Theme, die ihren Alternative Rock vorstellen.Wer damit noch nicht genug hat: Am 22. Mai geht es in Tuttlingen wei-ter, am 29. in Karlsruhe – dort dann auch mit dem Freiburger Hip-Hop-Duo Zweierpasch.

www.lokalderby.fuerstenberg.de

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Foto: © Roger Mueller

Page 12: chilli – das Freiburger Stadtmagazin

66 CHILLI April 2012

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Die Freiburger Rockband Offshore feiert ihr 40- Jahre-Jubiläum am 22. Mai im Waldsee. Band- leader Jörg Deger plauderte mit chilli-Redakteur Till Neumann über ein Megakonzert, ein bankrottes Plattenlabel und einen zu lauten Bassisten.

40-Jahre-Jubiläumskonzert, was habt ihr dafür alles in petto?Unsere Greatest Hits aus vier Jahrzenten – von Ballade bis wilder Progrock! Und viele eingeladene ehemalige Bandmitglieder. Ein paar Anekdoten wird es auch geben, aber nur in ein, zwei Sätzen. Wir spielen lieber als zu reden (lacht).

40 Jahre, das sind sicher auch Höhen und Tiefen ...Klar. Ein Höhepunkt war ein Konzert in den 70ern. Im Haus der Jugend haben wir damals vor mehr als tausend Leuten gespielt. Tiefpunkt war der Tod unseres ehemaligen Sängers im Jahr 2001. Des-wegen aufzuhören war aber kein Thema.

Sie sind seit der Gründung 1975 dabei. Bassist Martin Himmelsbach seit 39 Jahren. Kann man sich da noch riechen?Na klar, bei uns ist alles harmonisch. Ich bin Mar-tins größter Fan. Wenn ich die Songs mische, ist der Bass immer zu laut. In den ersten Jahren hatten wir sogar einen Plattenvertrag. Dann ist die Plattenfirma pleitegegangen. Seit den 90ern lassen wir es ruhiger angehen.

Hängt ihr nochmal zehn Jahre dran?Wir machen so lange weiter, wie wir unsere Inst-rumente halten können. Aktuell klappt das noch sehr gut. Wer uns zu Hause hören will, kann im Waldsee eines unserer zwei Alben kaufen. Das andere ist längst vergriffen.

Auf dem ZMF 2014 brannten Tonomat 3000 im Fürstenbergzelt ein musikali-sches Feuerwerk ab. Federleichte Texte – mal gerappt, mal gesungen –, getragen von handgemachten Livebeats: Schlag-zeug, Gitarre, Bass, Piano. Der Pop-Rock-Rap-Soundkosmos der fünf Mannhei-mer reißt mit. Das Ganze gibt’s seit Mai nun auch auf Platte. Endlich.Die Tono EP bietet sechs fein produzier-te Songs der Popakademie-Studenten aus dem Szeneviertel Jungbusch. Der in Freiburg groß gewordene Frontmann Ju-lian Schwizler, so manchem bekannt als Lingulistig-Rapper, textet über Zwänge des Alltags (Zwei Welten), den Ausbruch aus den eigenen vier Wänden (18m2) und knisternde Liebe im Highlight der Scheibe: Femme Fatale. Die Gitarre fesselt ab dem ersten Takt – verschrobelter Kopfkino-Riff. Schwizler erzählt dazu von einer berauschenden Dame: „Wenn ich mit dir tanz, geht in dunklen Clubs die Sonne auf.“ Der Refrain braucht nur den einen Riff und zwei Wor-te „Femme Fatale“. Und dann auf Replay. Noch mal hören. Und noch mal. Tonomat 3000 spielen auf hohem Ni-veau. Der atmosphärische Sound ist aus einem Guss, reduziert auf das Wesent-liche. Schwizlers verschmitzte Stimme schwebt in der Goldenen Mitte und trifft auch gesungen den Ton. Frühlings-Som-mer-Mucke – Fenster auf, Sonne atmen, tanzen.

till neumann

DiEsE Frau, DiEsEr riFFDurch Dick unD Dünn EnDE EinEr oDyssEE

Multikulti. Mehrsprachig. Mitreißend. Seit Jahren bringt das Freiburger Akus-tik-Ensemble Matou Noir seine Fans zum Tanzen. Die sieben Musiker mischen Bal-kan, Klezmer, Tango und Jazz. Mitte Mai haben sie nun ihr viertes Album Tanzkel-lerhölle im Jazzhaus releast. Dass dabei höllisch getanzt wurde, ist so sicher wie das andächtige Lauschen in der Kirche. Denn wer Matou Noir (Französisch für schwarzer Kater) hört, bewegt sich auto-matisch.Mit Geige, Cello, Akkordeon, Gitarre, Kontrabass und Perkussion entführt die Band in exotische Welten: eine staubi-ge spanische Straße, ein osteuropäi-scher Basar, ein verborgener Hinterhof. Auch der Gesang ist multikulti: Camil-la Chimiak singt in acht Sprachen. Auf Anfrage muss Cellospieler Christian Buchholz selbst nachzählen: Englisch, Deutsch, Französisch, Spanisch, Roma, Jiddisch, Ladino und sogar eine eigene Fantasiesprache sind auf Tanzkellerhöl-le zu hören. Die Palette reicht von „Serbischer Schinken“ über „La vie“ bis zu „ikh hob dikh tsufil lib“. Gleich im ersten Titel wird zum „dance with me“ aufge-fordert, der „Ladino Song“ versprüht sanfte Melancholie, und „Ederlezi Re-visited“ mündet in einem furiosen I-like-to-move-it-Finale. Eine Platte für Balkanfans, Akustikliebhaber und Tanzbären. till neumann

MUSIK REZIS

58 CHILLI MAi 2015

4 FRAGEN AN

OffshOre

Foto: © Offshore

Page 13: chilli – das Freiburger Stadtmagazin

Titel: Handy LiedUrheber: Die neuen BardenJahr: 2011

Retro. Wir können dieses Wort nicht mehr hören.Retro. Heute häufig der Deckmantel für mittel-schwere bis schwerste Verbrechen.

Die schlimmsten Seuchen im Retro-Milieu sind Mittelaltermärkte oder historisch-spirituell ver-klärte keltische Sonnwendfeiern und Ähnliches.Dass sich die Teilnehmer hierbei in die Zeiten der häufig wenig rücksichtsvollen körperlichen Züchti-gungen und einer wenig durchlässigen Klassen- struktur zurücksehnen, ist ja vielleicht noch zu to-lerieren.

Aber warum müssen sich Musiker im 21. Jahr-hundert Minnesänger oder Barde nennen. Und woher nehmen sie das Recht, Errungenschaften unserer modernen Gesellschaft wie das Handy zu kritisieren?

„Du triffst keine Menschenseele – du bist völlig allein. Denn die Leute kriechen förmlich in ihr Handy rein, und du fragst dich, warum die alle so was freiwillig tun, bis dir endlich klar wird – der Hirntod geht um.“

Aua. Aua. Das ist also die Reimkunst der „Neuen Barden“.

„Glaubst du im Ernst, dass 60.000 Masten hier im Land. Und 40 Millionen Handy‘s in deutscher Hand. Sich nicht in Kürze rächen in deinen Ge-hirn. Wo doch vielen Menschen heute schon die Schädel schwirr‘n.“

Keine Handystrahlung kann so schlimm sein. Ein Strafmaß zu finden wird hier schwer.

Das Telefon klingelt, wir müssen Schluss machen,für Ihre GeschmackspolizeiBenno Burgey

DEr sounDDrEck zum hanDy

Two BEars norThcomEocEanDEvilDuck rEcorDs

FrancEsca BElmonTEanimaFalsE iDols

Mit „Comeocean“ haben „Two Bears North“ ihr Debütalbum vorgelegt. Die kanadische Presse lobt die Band um die beiden Gründerinnen Sophie Heppell und Melissa Walker eindrucksvoll. Bei den Ed-monton Music Awards 2014 gewann sie den Publikumspreis und war insgesamt fünf Mal nominiert. Gigcity.ca bezeich-nete den Erstling als bestes Album in Ed-monton in 2014. Das muss ja irre gut sein, denkt man – und wird nicht enttäuscht. Es sind wirklich gute Songs auf dem Album, größtenteils nur spärlich instru-mentiert, was die Kompositionen sehr luf-tig macht. Die beiden Frauen haben hier einen eigenen Sound geschaffen. „I don´t think we even had any idea what we wan-ted the songs to sound like“, sagt Heppell: Hier aber liegt auch der Schwachpunkt der Produktion. Das Album klingt nicht schlecht, aber irgendwie selbst produziert: Es ist eben manchmal schon schade, dass die wirklich guten Gesangsmelodien in der lauten Snare etwas untergehen.Sieben Jahre haben Heppell und Walker an vielen Songs in vielen verschiedenen Phasen gearbeitet, um diese zehn Songs aufzunehmen. Man hört ihnen und ihrem Schlagzeuger Nich Davis den Spaß am Spielen und Komponieren deutlich an. Vie-le Ideen werden verarbeitet, viele Instru-mente eingesetzt. „Comeocean“ ist in mu-sikalischer Hinsicht absolut gelungen. Man darf auf das zweite Album gespannt sein – und den Reifeprozess beim Produzieren. Marc bargmann

luFTigE komPosiTionEn kraFTvoll unD PErsönlich

Fast hypnotisierend wirken die Klänge von Francesca Belmontes Debütalbum. Die Sängerin mit irischen und italieni-schen Wurzeln zeigt, dass ihre Musik genauso vielfältig ist wie sie: Eine Mi-schung aus Electro, R’n’B, Soul, Pop und avantgardistischen Einflüssen, düstere Klänge wechseln sich mit einer kräftigen Soulstimme ab.Mit neun Jahren hat die Sängerin ange-fangen, Gedichte zu schreiben und zeigt diese poetische Ader auch in ihren Lie-dern: Sie singt über eigene Erfahrungen, Liebe und Schmerz. Vielleicht entstand daraus der Titel „Anima“, der im Italieni-schen Seele bedeutet. Gleich im ersten Song „Hiding In The Rushes“ kommt die hypnotisierende und mystische Atmosphäre durch dra-matische Synths besonders zur Geltung. Ruhigere Töne schlägt sie in „Walk With You“ an. In der Ballade schafft Belmonte einen fließenden Übergang von Trip-Hop zu Soul und überzeugt mit ihren Texten: „I hear the people crying, I see them rise and fall, walking with no direction, wai-ting for your protection“. Der Song „Joker“ unterscheidet sich mit Rhythmen voller Spannung und Dramatik von den modernen Stücken und erinnert an die Titelmusik eines James Bond-Klassikers. Ein tolles De-bütalbum, das den Spagat zwischen mystischen Klängen und persönlicher Tiefe schafft.

valeska Martin

Page 14: chilli – das Freiburger Stadtmagazin

P eter Gaymann hat ein neues Buch veröffentlicht. „Typisch Ba-disch von Titisee bis Tuniberg“

heißt es, und er hat es sich selbst zum Geburtstag geschenkt: Im Juni wird er 65 Jahre jung. Und schon auf der ersten Seite des schmalen quadratischen Bänd-chens schmettert ein verrücktes Hühner- orchester ein Geburtstagsständchen: das Badnerlied.

Das Lied passt – der spitzfindige Zeich-ner, der die deutsche Cartoon-Landschaft seit Jahren mit eben diesen schrägen Vögeln bevölkert, ist schließlich richtiger

Südbadener: Freiburger. Und die Hühner, die längst zu seinem Markenzeichen ge-worden sind, haben ihn bereits bei seinen ersten Geh- und Skizzierversuchen im heutigen Stadtteil Mooswald begleitet: Als Kind wohnte er in einem Häuschen in der damaligen West-Siedlung am Waldrand. Mit einem Gemüsegarten vor dem Haus, einem Schweinestall dahinter und einem Hühnerhof daneben.Heute gibt es dort kaum mehr Spuren von dieser ländlichen Idylle mit Hühnern. In Gaymanns Cartoons existieren sie weiter. Auch in „Typisch Badisch“ taucht zwischen schön gemalten Landschaftsaquarellen immer wieder ein solches Federvieh auf, etwa als Yoga-Lehrer für Schwarzwälder, als Wasserspeier oder als Demonstrant.Er kennt sich nicht nur mit badischen Hühnern aus. Er weiß auch sehr genau Bescheid über die Eigentümlichkeiten der badischen Menschen, über das, was sie unter Todsünde verstehen, oder das, was sie nie sagen würden. Obwohl er seit 30 Jahren nicht mehr hier lebt, kann er immer noch treffsicher bezeichnen, was typisch badisch ist. Er ist tief vertraut mit dieser besonderen Spezies, die die Welt augenzwinkernd in Badische, Unsymbadische und Homöoba-dische einteilt. Die gern gut isst, noch lieber Wein trinkt und am liebsten den eigenen. Die wortreich ausufernden Selbstdar-

stellungen mit knappen Kommentaren begegnet, im Ernstfall gar mit wortkarger Endgültigkeit: „Nai hämmer gsait.“In diesem Satz liegt die ganze Wider-borstigkeit, zu der diese beschauliche Sorte Mensch fähig ist. Der Protestkultur, die vor 40 Jahren im Wyhler Wald mit diesen drei Worten ihren Anfang nahm, ist denn auch ein eigenes Kapitel einge-räumt. Ebenso der speziellen Sprache und dem angeblich immer guten Wetter. Und selbstverständlich den Hühnern. Peter Gaymann widmet dieses vergnüg-te, charmant-ironische und ausgespro-chen „symbadische“ Kaleidoskop hiesiger Befindlichkeiten „seinen“ Badenern. Und das Museum für Neue Kunst widmet ihm und seinem Schaffen vom 26. Juni bis 25. Oktober eine große Einzelausstellung – ein besonderes Präsent zum Geburtstag. „Kunst kommt von kaufen“ heißt sie, und das Begleitbuch hat Gaymann gerade in Arbeit. Er hat also noch nicht vor, Rentner zu werden. Erika Weisser

KaleidosKop des HomöobadiscHenDas nEuE Buch DEs FrEiBurgErs PEtEr gaymann

64 CHILLI Mai 2015

Peter GaymannTypisch Badisch von Titisee bis Tuniberg64 Seiten, gebundenBelser Verlag 2015,16,95 EuroPeter gaymann: Das Federvieh hat ihn schon in

seiner Kindheit begleitet. Foto: © Belser Verlag

Illustrationen: © Belser Verlag/Peter Gaymann

Page 15: chilli – das Freiburger Stadtmagazin

Wut und WaHnsinn

Die Mutter ist eine versoffene, egozen-trische Schreiberin, der Vater, einst Kas-senwart der Roten Armee Fraktion, auch ziemlich am Ende. Vom Internat in der fränkischen Provinz ist er geflogen und bislang hatte er nur Blümchensex – Robert muss raus. Dabei ist es nun „eine Frage der Moral, ob man lieber in München verspie-ßert oder in Berlin total verzweifelt ist“.Diese Frage stellt der renommierte Regis-seur und Drehbuchautor Oskar Roehler in seinem zweiten Roman „Mein Leben als Affenarsch“ in den Raum und streift so ne-benbei seine eigene Familiengeschichte. Es geht also nach Berlin, in die Frontstadt der Achtzigerjahre: Graue Hinterhöfe, der Geruch nach Kohlsuppe, jede Menge Wod- ka, Speed und Punkrock, hier geht die Welt jeden Tag erneut unter, hier sind alle ande-ren Wahnsinnigen gestrandet. Robert, der verhinderte Literat, putzt in einer fiesen Peep-Show das Sperma weg, hat endlich hemmungslosen Sex und wandert in seinen Springerstiefeln schein-bar ziellos durch die eingemauerte Stadt. Das eingängige Buch hat den harten, energetischen Sound der Mauerstadt, es ist ein anklagender, witziger und scham-los offener Monolog, Übrigens: Mit dem gleichzeitig in die Kinos gekommenen Film „Tod den Hippies, es lebe der Punk!“ (Grandios: Tom Schilling) gibt es nur gro-be Überschneidungen. Wie den väterli-chen Rat: „Junge, am Ende zählt nur die Missionarsstellung.“ Dominik Bloedner

Reine polemiK

Ein extremer Titel ist ein zugkräftiger Titel, und eine Wortwahl wie „vegetari-scher Wahn“ kurbelt sicherlich die Ver-käufe an. Schade nur, wenn es zwischen den Buchdeckeln ebenso reißerisch und einseitig weitergeht: In der „gepfeffer-ten Kampfschrift“ der drei Autoren ist von einem Pro und Kontra leider nichts zu finden – Argumente, die für eine Veggie-Lebensweise sprechen, werden komplett ausgeblendet. Manches, wie der Sinn des Tiermehlverbots, die Bio- Richtlinien zur Behandlung kranker Tie-re oder der Einfluss des Veganismus auf den Flächenverbrauch, ist sicherlich eine Überlegung wert. Doch sich ohne wei-tere Quellen eine fundierte Meinung zu bilden, ist unmöglich.Die Reihenfolge der 75 Fakten ist kom-plett willkürlich, eine Ordnung nach Relevanz oder nach ethischen, umwelt-schutztechnischen und gesundheitlichen Aspekten ist nicht zu erkennen, was die Lektüre verkompliziert.Sprachlich werden die Autoren gerne polemisch: Um Argumente zu unterstrei-chen, werden Tierrechtler als Menschen bezeichnet, die therapeutische Hilfe brau-chen, oder Veganismus wird als Gelegen-heit beschrieben, „Persönlichkeits- und Essstörungen als ethische Hochbega-bung auszugeben“. Schwer nachzuvoll-ziehen, was das mit einem Kampf für To-leranz zu tun haben soll, den die Autoren angeblich führen. tanja Bruckert

AnDERE RäuME

„Sobald man in andere als die üblichen Räume geht, passieren andere Dinge als die erwarte-ten.“ Martin Bruchs Feststellung ist nicht etwa das Ergebnis einer intensiven philosophischen Auseinandersetzung über das komplexe Thema Zeit und Raum. Es ist vielmehr die Quintessenz der Erfahrungen, die der Leiter des Literaturbü-ros mit dem Projekt „Zwischenmiete“ gemacht hat: Die seit vier Jahren gemeinsam mit dem Freiburger Studierendenwerk organisierten Le-sungen junger Autoren in Wohngemeinschaf-ten seien die am besten besuchten Veranstal-tungen des Literaturbüros.Das lassen die vielen Schuhe schon ahnen, die, haufen- und paarweise im Treppenhaus angeordnet, den Weg zur Gastgeber-WG für Raphaela Buder und ihr Erstlingswerk weisen. Der gar nicht mal so kleine Gemeinschaftsraum ist bis zum letzten Millimeter besetzt; wer auf Sofas und Sesseln keinen Platz findet, lässt sich einfach auf dem Boden nieder. Auf den bunten Sitzkissen, die das Literaturbüro den Zwischen-mietern zur Verfügung stellt.Das Stimmengewirr des studentischen Publi-kums verebbt, die außeruniversitäre Vorlesung beginnt. Und die ist, wie es der Natur einer Graphic Novel entspricht, nicht besonders wort- reich. „Roar“ liest die junge Berlinerin, immer wieder. Und das, was sonst noch in den Sprech-blasen der Zeichnungen zu lesen ist, die auf gro-ßer Leinwand zu sehen sind. „Die Wurzeln der Lena Siebert“ heißt Raphaela Buders Buch, und es ist die Abschlussarbeit ih-res Kommunikationsdesign-Studiums. Es wur-de auch schon prämiert: Mit dem Förderpreis AFKAT 2015, dem zu verdanken ist, dass es über-haupt erschienen ist. Und zur Freiburger Zwi-schenmiete kam. In andere als übliche Räume. Erika Weisser

Oskar RoehlerMein Leben als Affenarsch224 Seiten, gebundenUllstein Verlag, 201518 Euro

Udo Pollmer, Georg Keckl, Klaus AlfsDon’t Go Veggie! 222 Seiten, TaschenbuchS. Hirzel Verlag, 201519,80 Euro

Foto: © Raphaela Buder

BÜCHER KOLUMNE

ZWIScHEnMIETE

Page 16: chilli – das Freiburger Stadtmagazin

Unser Fürstenberg: Bierkultur seit 1283.

Eintritt frei

Wir im Süden feiern volles Programm:

Brauereifest 13. - 14. Juni 2015

Brauereihof, Donaueschingen

Samstag, 13. Juni von 18-24 Uhr

LOKAL DERBY-Finale4 Top-Bands live & Special Guest „Otto Normal“

Sonntag, 14. Juni von 11-17 Uhr

Tag der BierkulturGenießen & feiern mit der ganzen Familie

» Brauerei-Rundgang: Schauen, wie wir brauen » Handgemachte Musik » Autogrammstunde mit den Wild Wings-Stars Sascha Goc und Simon Danner

FB_150508_Anz_Brauereifest 2015_210x280_Chilli.indd 1 08.05.15 09:27

Page 17: chilli – das Freiburger Stadtmagazin

Dies war eine Leseprobe der Mai-Ausgabe 2015.

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