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Christian-D. Schönwiese Universität Frankfurt am Main Institut für Atmosphäre und Umwelt © ESA/EUMETSAT: METEOSAT 8 SG – multi channel artificial composite colour image, 23-5-2003, 12:15 UTC

Christian-D. Schönwiese Universität Frankfurt am Main ... · nachfolgenden Generationen („nachhaltig“) erhalten bleibt. WCED, 1987: Heutige Bedürfnisse so befriedigen, dass

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Christian-D. Schönwiese Universität Frankfurt am Main

Institut für Atmosphäre und Umwelt

© ESA/EUMETSAT: METEOSAT 8 SG – multi channel artificial composite colour image, 23-5-2003, 12:15 UTC

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Zur MotivationWarum beschäftigt sich nicht nur die Wissenschaft, sondern auch die Öffentlichkeit intensiv mit dem Problemkreis Klimaänderungen?► Einerseits ist die Menschheit hochgradig von der Gunst des Klimas abhängig, andererseits nimmt sie selbst immer mehr darauf Einfluss (oft nachteilig!).

Vortragsgliederung• Begriffsklärung „Klima“• Übersicht der Klimaänderungen seit Erdentstehung• Klimaänderungen im Industriezeitalter• Ursachendiskussion (Industriezeitalter)• Extremereignisse und Klimafolgen • Klimazukunft• Ethische Aspekte und Klimapolitik

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Klima ≠ Wetter

Klima ist die statistische Beschreibung der relevanten Klimaelemente

(Temperatur, Niederschlag usw.) in einer relativ großen Zeitskala

(i.a. von Jahrzehnten an aufwärts), und dies lokal, regional und global.

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Begriffsklärung: Wetter, Klima, Klimaänderung

Messgröße

Häufigkeit bzw. Wahrscheinlichkeits-dichtefunktion

Streuung

Mittel-wert 1

Wetterereignisse

Klima, z.B. 30-jährige Statistik

Klima-änderung

Mittel-wert 2

(Trend)

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Klima ist stets variabel in Zeit und Raum und dies aus den

unterschiedlichsten Gründen.

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Klimaänderungen, letzte ~ 550 Mill. Jahre

WW

WW

Temperatur (global, bodennah, relativ)

heutiges Niveau

E 3 E 2 E 1

W: Warmklima ohne Eisvorkommen (akryogen)E: Eiszeitalter, seit ca. 2 Mill. J.: Quartäres Eiszeitalter (E1)

Tertiär

Quartär

Primäre Ursache: Kontinentaldrift, Eis-Albedo-RückkopplungBubenzer u. Radtke, 2007

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Klimaänderungen, letzte 450 000 JahreTemperatur (global, bodennah)

Holozän

EemHolsteinCromerWaal

WürmRißMindel

Günz

Neo

Warm- und Kaltzeiten („Eiszeiten“) innerhalb des (noch andauernden) Quartären Eiszeitalters – mittlerer

Temperaturunterschied Würm(K) - Neo(W): 4- 5 °C (IPCC)Primäre Ursache: Orbitalparameter, starke Rückkopplungen

(Eis-Albedo, Spurengase, Vegetation) Bubenzer u. Radtke, 2007

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Klimaänderungen, letzte 10 000 Jahre

Kaltzeit-Niveau ca. 10-11 °CRasche Erwärmung

4 3 2 1

Nordhem.

Fluktuationen zwischen relativ warmen u. kalten Epochen, zuletzt Römerzeit-Warmphase (4), Völkerwanderungszeit-Kaltphase (3), Mittelalter-Warmphase (2), „Kleine Eiszeit“(1)

Ursachen (vielfältig): Sonnenaktivität, Vulkaneruptionen; Besonderheiten ozeanischer und atmosphär. Zirkulation

Viele Quellen, hier nach Schönwiese, 1994

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Klimaänderungen, letzte 2000 Jahre(Referenzperiode 1961-1990)

Unsicherheit

Dazu gibt es etliche Alternativen (IPCC, 2007, 2014) → Unsicherheit Ab ca. 1800/1850 (Industriezeitalter): sicherer, „globale Erwärmung“

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000 Zeit in Jahren

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Klimaänderungen im Industriezeitalter

Seit 1880 ist die Globaltemperatur um rund 1 °C angestiegen (linearer Trend). Aktuelle Datenbasis (je nach Quelle): rund 5600-7300 Stationen

Globaltemperatur, Jahresanomalien 1880-2017

-0,6

-0,4

-0,2

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1

1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000Zeit in Jahren

Tem

pera

tura

nom

alie

n in

°C

CRU4 (Univ. Norwich, UK) GISS (NASA, USA)NOAA (NCDC, GHCN, USA)

Referenzperiode: 1961-1990

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Regionale Strukturen der Temperaturtrends 1880 - 2016

GISS (NASA, USA) , 2017

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Regionale Strukturen der Niederschlagtrends 1951-2000

Lineare Trends der Jahreswerte in mm

Beck, Rudolf, Schönwiese, Trömel und Staeger, 2007

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Je kleinräumiger die Betrachtung,

umso größer sind die den Langfristtrends

überlagerten Fluktuationen

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Ein Blick auf DeutschlandDeutschland-Temperatur, Jahresanomalien 1761-2017

2007

19961962/631956

1940

17991805

1829

20001994

1989/9019341868183418221779

-3,0

-2,0

-1,0

0,0

1,0

2,0

1760 1780 1800 1820 1840 1860 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000Zeit in Jahren

Tem

pera

tura

nom

alie

n in

°C

. (relativ zu 1961-1990) *

30-jährige Glättung polynomialer Trend

* Mittelwert 1961-1990: 8,3 °C

2010

2014

Datenquelle: Rapp, 2000; DWD, 2000-2018; Analyse: Schönwiese, 2018 (hier wie im folgenden: Flächenmittelwerte bzgl. der heutigen Grenzen)

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Ein Blick auf DeutschlandDeutschland-Temperatur, Sommeranomalien 1761-2017

18211805

185918341826

17811947

19831992/94

2003

18161913

1916 19561962 1978

1987

1993

-3

-2

-1

0

1

2

3

4

1760 1780 1800 1820 1840 1860 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000

Zeit in Jahren

Tem

pera

tura

nom

alie

n in

°C

.

(relativ zu 1961-1990)

2015

Datenquelle: Rapp, 2000; DWD, 2000-2018; Analyse: Schönwiese, 2018

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Ein Blick auf DeutschlandDeutschland-Temperatur, Winteranomalien 1761-2017

1796 18341975 1990

199619851970

1963

194719401929

1830-8

-6

-4

-2

0

2

4

6

1760 1780 1800 1820 1840 1860 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000

Zeit in Jahren

Tem

pera

tura

nom

alie

n in

°C

.

2007 (relativ zu 1961-1990)

2010

2016

Datenquelle: Rapp, 2000; DWD, 2000-2018; Analyse: Schönwiese, 2018

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Ein Blick auf DeutschlandÜbersicht der jahreszeitlichen Klimatrends in Deutschland (Flächenmittelwerte, nach Schönwiese und Janoschitz, 2005, aktualisiert)

Klimaelement, Zeitintervall Frühling Sommer Herbst Winter Jahr

Temperatur, 1901 – 2000 + 0,8 °C + 1,0 °C + 1,1 °C + 0,8 °C + 1,0 °C

1971 – 2000 + 1,7 °C + 0,9 °C + 0,7 °C + 0,7 °C + 1,0 °C

1986 – 2015 + 0,8 °C + 1,2 °C + 1,4 °C + 0,1 °C + 1,0 °C

Niederschlag, 1901 – 2000 + 13 % - 3 % + 9 % + 19 % + 9 %

1971 – 2000 + 13 % + 4 % + 14 % + 34 % + 16 %

1986 – 2015 - 15 % + 5 % - 10 % - 13 % - 9 % Datenquelle: DWD, 2000-2018; Analyse: Schönwiese und Janoschitz,

2005; Schönwiese, 2018

(Flächenmittelwerte bzgl. der heutigen Grenzen)

Insbesondere beim regionalen Niederschlag sind die dekadischen und interannuären Fluktuationen sehr ausgeprägt. (Daher oben: „Trendumkehrungen“.)

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Im Industriezeitalter ist neben natürlichen Einflüssen der Mensch mehr und mehr

zu einem zusätzlichen Klimafaktor geworden.

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Cubasch und Kasang, 2000

Zur Ursachendiskussion

► Interne Wechselwirkungen im Klimasystem (Zirkulation, insbes. ENSO)► Externe Einflüsse auf das Klimasystem (insbes. Sonnenaktivität,

Vulkanismus; Mensch: u.a. Emission von Gasen und Partikeln)

(ENSO)

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Klimafaktor Mensch: Kohlendioxid (CO2)

Global Carbon Project 2016 (2017)* Bezugsjahr 2016

Anthropogener CO2-Ausstoß: ca. 42 Gt/Jahr (11,4 GtC/J.)*, davon durch fossile Energie: 36,4 Gt/Jahr (9,9 GtC/J.)*,

rasant steigend (1900 noch insgesamt ca. 2 Gt CO2/Jahr).

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300

320

340

360

380

400

1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015

Zeit in Jahren

Kon

zent

ratio

n in

ppm

.

1

2

3

Jahr - zu - Jahr - Anstieg in ppm

2016: 404,2 ppm

Atmosphär. Kohlendioxidkonzentration, Mauna Loa

Konzentration ~ 1880: ca. 290, in den letzten 10 000 Jahren ca. 270-280, in der letzten Jahrmillion zwischen ca. 180-200 (Kaltzeiten) und 260-280 ppm(Warmzeiten). Weitere wichtige „Treibhausgase“. CH4, N2O, FCKW, O3, …

NOAA, 2017

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Prinzip des Treibhauseffekts1. Jeder Körper strahlt aufgrund seiner Oberflächentempe-ratur Energie aus, so auch die Sonne (UV, Licht, Wärme).

2. Ein Teil der Sonnenenergie wird in der Atmosphäre absorbiert bzw. gestreut.

AtmosphäreWeltraum

3. Einen weiteren Teil absorbiert die Erdoberfläche und erwärmt sich.

6. Wärmeflüsse kompensieren den Energieüberschuss.

O3 H2O

H2O, CO2, CH4, N2O, FCKW, O3 ,...

Erde

Sonne

4. Die Erde strahlt Wärme aus. 5. Einen Teil davon absorbieren die „Treibhausgase“, strahlen z.T. zurück und reduzieren die Abkühlung der Erdoberfläche.

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Modellsimulationen Globaltemperatur, 1860-2012

„Der menschliche Einfluss ist mit extrem hoher* Wahr-scheinlichkeit die dominante Ursache der beobachteten** Erwärmung seit der Mitte des 20. Jahrhunderts“ (IPCC, 2014).

* p > 95% ** bodennah und global

Mit Hilfe neuronaler Netze● lässt sich folgende ursächliche Zuord-nung der Variabilität abschätzen: anthropogen 61 % (~ Trend); natürlich 27 %; zufallsartig 12 %(jeweils überlagerte Fluktuatio-nen, die den Trend zeitweise abschwächen/unterbrechen).

IPCC, 2014; ●Schönwiese et al., 2010 (dabei Datenbasis 1860-2008)

(24 Modellsim., Meehl et al., 2007) (39 Modellsim., Taylor et al., 2012)

Alle Antriebe

Nur natürliche Antriebe

Beob.

Beob.

Modelle

Modelle

Referenzperiode: 1880-1919Beobachtungen

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Globaltemperatur, Anomalien 1960 - 2016Vergleich bodennah (CRU) und Stratosphäre (30 hPa, NOAA)

sowie einige explosive Vulkanausbrüche

-2,0

-1,5

-1,0

-0,5

0,0

0,5

1,0

1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015

Zeit in Jahren

Tem

pera

tura

nom

alie

n in

°C

bodennahAgung(1963)

St. Augustine(1976)El Chichón (1982) Pinatubo (1991)

Stratosphäre

Trend: + 0,9 °C

Trend: - 2,5 °C

Fernandia (1968)

Kasatochi u. Okmok (2008)Ulawun

(2000)

Puyehue (2011)

Stand 1.12.1016Wichtig: Vulkanismus kühlt die Troposphäre (untere Atmosphäre) und wärmt die Stratosphäre (vgl. oben); Sonnenaktivität wärmt bzw. kühlt beides; „Treibhausgase“ wärmen die Troposphäre und kühlen die Stratosphäre; interne Wechselwirkungen (z.B. ENSO) beeinflussen nur die Troposphäre.

Referenzperioden: Stratosphäre 1979-2004, bodennah 1961-1990

*

* ca. 24 km Höhe

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Wird das Klima extremer?Dresden, Aug. 2002

Düsseldorf, Aug. 2003

New Orleans, Aug. 2005 Febr. 2003

Motten (Rhön), Okt. 2005

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Schadenereignisse (global) durch NaturkatastrophenAnzahl der Ereignisse 1980-2016

Quelle: MüRück, NatCatService, 2017

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Klimatologische Extremwertanalyse: Prinzipielle Möglichkeiten (z.B. Normalverteilung)

IPCC, 2001; Hupfer und Börngen, 2004.

In Deutschland zeigt sich bei der Temperatur verbreitet Fall (a), beim Niederschlag teilweise Fall (c). Der Wind (Sturmtiefs, Tornados) zeigt keine signifikanten Änderungen.

Weltweit nehmen Hitzewellen sowie Dürren und Starkniederschläge an Häufigkeit und Intensität vielfach zu; tropische Wirbelstürme scheinen intensiver zu werden.

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Und die Zukunft?Klimaprognosen, vergleichbar den Wetter-prognosen, sind prinzipiell nicht möglich, da• die natürlichen Einflüsse auf das Klima

(z.B. Vulkanismus) nicht vorhersagbar • und die menschlichen Einflüsse (Emission von

Treibhausgasen und Partikeln usw.) im künftigen Verlauf zumindest quantitativ unsicher sind.

Man behilft sich daher mit Projektionen• unter der Annahme, dass der menschliche Einfluss

(insbesondere durch Treibhausgase) dominiert• und aufgrund alternativer Szenarien des in Zukunft

möglichen menschlichen Verhaltens, insbesondere hinsichtlich der Treibhausgas-Emissionen.

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Die wichtigsten Klimamodell-Zukunftsprojektionen (IPCC, 2014; oberes Szenario, derzeitig wirksam )

• Rasante weitere Erwärmung der unteren Atmosphäre: global bis 2100 um 2,6 - 4,8 °C, wahrscheinlichster Bereich 3 - 4 °C, Maxima im Winter polwärts der Tropen.

• Weitere Abkühlung der Stratosphäre (begünstigt den dortigen Ozonabbau, erschwert Schutzmaßnahmen)

• Niederschlagsumverteilungen (→ z.B. Mittelmeer-Region trockener, Skandinavien u. Polarregionen feuchter, Mitteleuropa Winter feuchter / Sommer trockener)

• Weiterer Meeresspiegelanstieg global bis 2100 um 45 - 82 cm; nach alternativen halbempir. Schätzungen bis ca. 2 m (seit 1900 bisher ca. 20 cm).

• Regional häufigere/intensivere Extremereignisse, z.B. Hitzewellen, Dürren bzw. Starkniederschläge, Hagel, Tornados − aber im einzelnen teilweise sehr unsicher; eventuell häufigere, jedenfalls aber intensivere tropische Wirbelstürme; Tendenz außertropischer Stürme fraglich.

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Die Folgen der Klimaänderungen......sind teils positiv (weniger Heizbedarf, Touristik im Norden, potentiell längere Vegetationsperiode),weitaus überwiegend aber negativ:• Rückgang von Meereis (insbes. Arktis) und Gebirgsgletschern• Meeresspiegelanstieg (global seit 1900 bereits ca. 20 cm)• Wasserprobleme (Überschwemmungen, Dürren);• Belastungen der Ökosysteme (Schäden, Artenschwund); • Landwirtschaftliche Probleme (teilweise kompensierbar);• Ökonomische Schäden (insbes. durch Extremereignisse)• Gesundheitsprobleme (Hitze, Tropenkrankheiten usw.)• Regional besondere Gefährdung (Küsten, Gebirge, Städte, ...)

Stern Review, 2007: Klimaschutz kostet ca. 1% WSP*, Klimaschäden bewirken hingegen 5-20% WSP/Jahr; Schaden durch anthropog. Emission pro Tonne CO2: 85 US $/Jahr (► 36 Mrd. t CO2 ►3060 Mrd. US $/Jahr). Allerdings nennt das IPCC (2007) dafür die große Spanne von 3 - 95 US $/Jahr. * Weltsozialprodukt

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Das Risiko weiterer Klimaänderungen (Zukunft) gehört zu den wichtigsten

Weltproblemen. Darauf sollten wir verantwortungs-

bewusst reagieren.

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Ethische Aspekte Im Zentrum der ethischen Aspekte stehen das Nachhaltigkeits- und das Gerechtigkeitsprinzip.

Das Nachhaltigkeitsprinzip wurde erstmals in der sächsischen Forstwirtschaft explizit genannt (Hans Carl von Carlowitz, 1713)und lautet sinngemäß: Den Wald so bewirtschaften, dass er in seiner Quantität (und Qualität!) nutzbar („tragfähig“) für die nachfolgenden Generationen („nachhaltig“) erhalten bleibt.

WCED, 1987: Heutige Bedürfnisse so befriedigen, dass die zukünftigen nicht beeinträchtigt werden.

UNCED, 1992, Rio-Deklaration: „Das Recht auf Entwicklung muss so erfüllt werden, dass den Entwicklungs- und Umwelt-bedürfnissen heutiger und künftiger Generationen gerechtentsprochen wird.“Klimarahmenkonvention: „Endziel ist es, die atmosphärischen Treibhausgaskonzentrationen auf einem für das Klimasystem ungefährlichen Niveau zu stabilisieren“.

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Handlungsbedarf• Anpassung an bereits nicht mehr vermeidbare

Klimaänderungen und deren Folgen• Vorsorge, um den Klimawandel und seine Folgen

auf einem erträglichen Niveau zu begrenzen („Klimaschutz“), d.h. Verringerung der Emission klimawirksamer Spurengase (CO2 …) durch:– Effizientere bzw. sparsamere Energienutzung– Weitgehende Substitution kohlenstoffhaltiger

Energieträger (Kohle, Öl, Gas); möglichst CCS*– Maßnahmen im Verkehrsbereich– Ökonomische Maßnahmen (Emissionshandel)– Vegetationsschutz bzw. Aufforstungen– . . .

*CCS: Carbon Capture and Storage (CO2-Abscheidung u. Speicherung)

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Zur Klimapolitik• Weltklimakonferenzen (WCC) 1979*, 1990, 2009

* Aufruf, mögl. anthropog. Klimawandel zu verhindern• Einrichtung des „Weltklimarats“ (IPCC) durch UN (WMO,

UNEP) 1988, ausführliche Berichte 1990 … 2013/2014 • UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung (UNCED)

1992 mit Klimarahmenkonvention (FCCC): Stabilisierung der Treibhausgaskonzentrationen auf ungefährl. Niveau

• Vertragsstaatenkonferenzen (COP) seit 1995• COP3 (1997, Kyoto): Emissionsreduktion einiger „Treib-

hausgase“ um 5,2% (Mittel IL) bis 2008-2012 rel. zu 1990• COP21 (2015, Paris): Temperaturanstieg rel. zum vorind.

Niveau auf 2°C, möglichst 1,5°C begrenzen, Maßnahmen im Detail freiwillig, aber Pflicht zur Berichterstattung

• Deut. Klimaschutzplan (präsentiert bei COP22, 2016): CO2-Emissionsreduktion um ≥40% → 2020, ≥55% → 2030, 80-95% → 2050, jeweils relativ zu 1990

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Homepage des Autors:http://www.geo.uni-frankfurt.de/iau/klima

Vielen Dank für Ihr Interesse