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Prof. Dr. Norbert Gattermann
Klinik für Hämatologie, Onkologie und Klinische Immunologie
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Chronische transfusionsbedingte Eisenüberladung bei
Patienten mit myelodysplastischen Syndromen (MDS)
Pro Tag: ca. 200 Milliarden neue Erythrozyten (ca. 20 ml Blut)
Pro Sekunde: ca. 2 Millionen neue Erythrozyten (ca. 2 x 1015 Eisenatome)
AML
‘Maladapted
clones‘ mit
Überlebens-
vorteil
Klonale
Evolution
Immun-
reaktion
Zytokinproduktion
Entzündungs-
milieu
Imm
unog
enitä
t
Abnormer
Selektions-
druck
Alteriertes
KM-
stroma
Epi
gene
tisch
e
Rep
rogr
amm
ieru
ng
Klone mit
multiplen
Mutationen
Genetische
Instabilität
(MSI, CIN)
Mutierte
Stammzelle
Chemikalien
Oxidativer Stress
Replikativer
Stress
T-Zell-
Angriff
Strahlung
MDS-Pathogenese
AML
‘Maladapted
clones‘ mit
Überlebens-
vorteil
Klonale
Evolution
Immun-
reaktion
Zytokinproduktion
Entzündungs-
milieu
Imm
unog
enitä
t
Abnormer
Selektions-
druck
Alteriertes
KM-
stroma
Epi
gene
tisch
e
Rep
rogr
amm
ieru
ng
Klone mit
multiplen
Mutationen
Genetische
Instabilität
(MSI, CIN)
Mutierte
Stammzelle
Chemikalien
Oxidativer Stress
Replikativer
Stress
T-Zell-
Angriff
Strahlung
Replikativer Stress
Chemikalien
OxidativerStress
Strahlung
T-Zell-Angriff
MDS-Pathogenese
200–250 mg
iron
100 EK: ≥ 20 g Eisen
Normales
Gesamtkörpereisen: 3-4 g
200–250 mg
Eisen
Wichtigste Ursache der Eisenüberladung bei Erkrankungen
der Blutbildung: Chronische Transfusionsbehandlung
Moderate
Transfusionsbedürftigkeit:
2 EK pro Monat
24 EK pro Jahr
~ 100 EK / 4 Jahre
Starke
Transfusionsbedürftigkeit:
4 EK pro Monat
48 Ek pro Jahr
~ 100 EK / 2 Jahre
O2-Transport und -Austausch
Hämoglobin und Myoglobin
Mitochondriale Atmungskette
Komplex I und III
Biosynthese
Hämsynthese
Fe/S-Proteine
DNA-Synthesis und Reparatur
Ribonukleotid-Reduktase
Endonuklease III
Zellwachstum und -proliferation
Elektronenüberträger
Produktion freier O2-Radikale
Fenton-Reaktion:
Fe2+ + H2O2 Fe3+ + OH− + .OH
ROS
Mitochondriale
Schäden
DNA-SchädenLipid-
peroxidation
Protein-
denaturierung
Lysosomen
Eisen ist essentiell Eisen ist toxisch
“Nur die Dosis macht, daß ein Ding kein Gift ist.“
Oder kurz:
“Die Dosis macht das Gift.“
Paracelsus (1493-1541)Arzt, Philosoph, Astrologe,
Botaniker, Alchemist,
Begründer der Toxikologie
Eisenüberladung
NTBI entsteht bei einer
Transferrinsättigung >70%
LPI = labiles Plasmaeisen:
• redox-aktiv
• chelierbar
• membrangängig
100%
30%
Normal:
Kein NTBI Eisen-
überladung
LPI
NTBI
Oxidativer Stress durch freies Eisen
NTBI (non-transferrin-bound iron) und LPI (labiles Plasmaeisen)
Herz
Leber
Endokrine Organe
• Herzinsuffizienz, Rhythmusstörungen
• Fibrose, Zirrhose, Karzinom
• Diabetes mellitus, Hypothyreose,
Hypogonadismus
• Gestörte Endothelfunktion
Infektabwehr • Begünstigtes Bakterienwachstum
Blutgefäße
Mögliche Folgen der Eisenüberladung
Die Toxizität der Eisenüberladung …
… steigt nicht nur in Abhängigkeit von der
Eisenkonzentration im Gewebe
… sondern auch mit der
Dauer der Exposition gegenüber NTBI/LPI ROS
Ein Patient mit einem Serumferritin von 2500 ng/ml
ist wahrscheinlich über eine längere Zeit erhöhtem
oxidativem Stress ausgesetzt gewesen als ein
Patient mit einem Serumferritin von 1500 ng/ml.
Ferritin <1500 ng/mL (n=10)
Ferritin 1500–2500 ng/mL (n=14)
Ferritin >2500 ng/mL (n=8)
Follow-up (years)
Dis
ea
se-f
ree s
urv
iva
l (%
)
Telfer PT et al. Br J Haematol 2000;110:971–977
0
20
40
60
80
100
0 2.5 5 7.5 10 12.5 15
Cunningham MJ et al. Blood 2004;104:34–39
Klinische Folgen der Eisenüberladung
Hirnanhangsdrüse → Wachstumsstörung
Herz → Kardiomyopathie, Herzversagen
Leber → Leberzirrhose
Pankreas → Diabetes mellitus
Gonaden → Hypogonadismus, Unfertilität
Eisenüberladung hat einen starken negativen Einfluss
auf das Überleben von Patienten mit -Thalassämie
Modell B, et al. Lancet. 2000;355:2051-2
Die verbesserten Überlebenschancen der später Geborenen beruhen
auf der Behandlung mit Eisenchelatoren und steigender Therapietreue
Borgna-Pignatti C et al. Haematologica 2004;89:1187–93
Eisenchelation hat einen starken positiven Einfluss
auf das Überleben von Patienten mit -Thalassämie
Quelle: pixabay, taburi
Oxidativer Stress: ein klinisches Problem bei MDS-Patienten
mit transfusionsbedingter Eisenüberladung?
1. Die Dauer der Eisenüberladung ist bei MDS
deutlich kürzer
Die Transfusionsbehandlung beginnt erst in höherem
Lebensalter
Viele Patienten mit MDS leben nicht lang genug, um
klinische Komplikationen der Eisenüberladung zu
entwickeln
2. Eisen-assoziierte Komplikationen überlappen sich
bei älteren MDS-Patienten stark mit altersbedingten
medizinischen Problemen
Warum lässt sich die Erfahrung mit -TM nicht
einfach auf MDS übertragen?
Herzinsuffizienz
Infektanfälligkeit
Vaskuläre Probleme
Eisen-
überladung
Leberschädigung
Summationseffekt
mit Beeinträchtigung
der Prognose
Bei älteren Patienten mit MDS überlappen sich die eisenbedingten
Komplikationen stark mit altersbedingten medizinischen Problemen
Altersbedingte
Todesursachen
Eisen-
überladung
Herzinsuffizienz
Infektanfälligkeit
Vaskuläre Probleme
Leberschädigung
Summationseffekt
mit Beeinträchtigung
der Prognose
Bei älteren Patienten mit MDS überlappen sich die eisenbedingten
Komplikationen stark mit altersbedingten medizinischen Problemen
Malcovati L, et al. Haematologica. 2006;91:1588-90HR = hazard ratio; RA = refractory anemia;
RARS = RA with ring sideroblasts.
Patients with
RA/RARS/5q−(HR = 1.42;
p<0.001)
Erhöhtes Serumferritin (> 1000 ng/ml) hat bei Niedrigrisiko-MDS
einen dosisabhängigen ungünstigen Einfluss auf das Überleben
Malcovati L, et al. Haematologica. 2006;91:1588-90
Iron burden affects survival
> 1,000 µg/L SF threshold
p = 0.001 p = 0.003
0
0.5
1.0
1.5
Overall Transfusion-adjusted
Non-iron overload
Iron overload
Oberhalb eines Schwellenwertes von 1,000 µg/L findet sich für jeden Anstieg
des SF um 500 µg/L eine Erhöhung des Sterberisikos um 30%
Ove
rall
surv
ival
haz
ard
rat
io
(per
500
µg
/Lse
rum
fer
riti
n)
Serumferritin ist ein unabhängiger Prognosefaktor bei MDS
de Swart L, et al. Blood. 2011;118:abstract 2775.
OS of transfusion-dependent patients by baseline SF status (n=1,000)
0.5
0.75
1.00
0 6 12 18
SF level
< 300 μg/L
300–1,000 μg/L
≥ 1,000 μg/L p < 0.0001
Su
rviv
al
months
Neben der Transfusionsfrequenz waren auch steigende Ferritinwerte ein hochsignifikanter
unabhängiger Prognosefaktor bei transfusionsbedürftigen Patienten mit Niedrigrisko-MDS
European Leukemia Net (ELN) Prospective MDS Registry:
Unabhängiger Einfluss des SF auf das Überleben
LPI detectable
LPI not detectable
de Swart L, et al.
Haematologica 2018; 103:69-79
ELN Prospective MDS Registry: Verkürztes Überleben bei
Nachweis von labilem Plasmaeisen (LPI)
LPI < LLOD, TI
LPI < LLOD, TD
LPI ≥ LLOD, TI
LPI ≥ LLOD, TD
Hoeks et al., Abstract S838, EHA 2019
Transfusion dependency is
associated with presence
of toxic iron species and
inferior survival in patients
with lower-risk MDS
ELN Prospective MDS Registry: Verkürztes Überleben bei
Nachweis von labilem Plasmaeisen (LPI)
Eisen-
überladung
Gesamt-
überleben
Transfusions-
abhängigkeit
Gesamt-
Überleben
Hämatopoetische
Insuffizienz
Infektionen
Blutungen
Anämie
Möglicher Zusammenhang zwischen Knochenmarkinsuffizienz,
Eisenüberladung und Prognose bei Patienten mit MDS
Eisen-
überladung
Gesamt-
überleben
Transfusions-
abhängigkeit
Gesamt-
Überleben
Hämatopoetische
Insuffizienz
Infektionen
Blutungen
Anämie
Kardiale
Probleme
Möglicher Zusammenhang zwischen Knochenmarkinsuffizienz,
Eisenüberladung und Prognose bei Patienten mit MDS
Iron values
derived from
animal studies
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
15
10
5
0
Card
iac iro
n(m
g/g
dry
wt)
LV
EF
(%
)
Cardiac T2* (ms)
Wood JC, et al. Circulation 2005
Relationship between cardiac T2*, cardiac function, and cardiac iron
Klinisch relevante kardiale Dysfunktion entsteht schon
bei deutlich geringeren Gewebseisenkonzentrationen
als klinisch relevante Leberfunktionsstörungen
Das Herz reagiert empfindlicher auf
Eisenüberladung als die Leber
In this retrospective, non-controlled
analysis, for lower IPSS risk MDS
patients receiving RBC transfusions,
receiving iron chelation therapy was
associated with superior overall
survival. Though number and type
of infections were similar between
groups and despite similar
neutrophil counts, time to first infection was significantly longer in ICT patients.These results should be confirmed
in larger, prospective analyses.
Wong C et al., Leuk Res. 67:75-81, 2018
Ein weiteres Problem der Eisenüberladung:
Häufigere Infektionen
AML
‘Maladapted
clones‘ mit
Überlebens-
vorteil
Klonale
Evolution
Immun-
reaktion
Zytokinproduktion
Entzündungs-
milieu
Imm
unog
enitä
t
Abnormer
Selektions-
druck
Alteriertes
KM-
stroma
Epi
gene
tisch
e
Rep
rogr
amm
ieru
ng
Klone mit
multiplen
Mutationen
Genetische
Instabilität
(MSI, CIN)
Mutierte
Stammzelle
Chemikalien
Oxidativer Stress
Replikativer
Stress
T-Zell-
Angriff
Strahlung
Replikativer Stress
Chemikalien
OxidativerStress
Strahlung
T-Zell-Angriff
Fe2+
Fe2+
Eisenüberladung gehört wahrscheinlich zu den genotoxischen Faktoren,
die sowohl hämatopoetische Zellen als auch das KM-Stroma schädigen
Bei allen Erkrankungen ohne Anämie:
Aderlässe
Mutet zwar „mittelalterlich“ an,
ist jedoch die wirksamste Methode,
um innerhalb kurzer Zeit viel Eisen
aus dem Körper zu entfernen
(das meiste Eisen befindet sich im Hämoglobin).
Bei Erkrankungen mit Anämie:
Eisenchelation
Behandlung der Eisenüberladung
Fe2+
Chelator Eisen (toxisch) Chelat (untoxisch)
+Ausscheidung
aus dem Körper
Zwei Moleküle
binden ein Eisenatom.
Das Chelat wird über die
Galle ausgeschieden.
Das Prinzip der Eisenchelation
Chelatbildner können eine negative Eisenbilanz und tolerable
Eisenkonzentrationen im Gewebe erzielen.
Sie können das schädliche „non-transferrin-bound iron“ (NTBI)
neutralisieren.
Zu beachten: es ist stets nur ein kleiner Teil des Eisens für Chelator-
moleküle zugänglich. Der Chelator muss möglichst kontinuierlich
anwesend sein. Die intermittierende Verabreichung hoher Dosen ist
ineffizient.
Für den klinischen Einsatz stehen drei Eisenchelatoren zur Verfügung:
Deferoxamin, Deferipron und Deferasirox.
Therapie mit Chelatbildnern
Deferoxamin (DFO) Deferipron (DFP) Deferasirox (DFX)
Chelatormoleküle:Eisenatom 1:1 3:1 2:1
Übliche Dosierung 20-60 mg/kg 75-90 mg/kg (7-)14-28 mg/kg
Verabreichung subkutan, intravenös (8-12 h),
5-7 Tage in der Woche
oral, 2-3x täglich oral, 1x täglich
Plasmahalbwertszeit 20-30 Min. 3-4 h 12-16 h
Ausscheidung renal und biliär renal (biliär) biliäre Exkretion
Nebenwirkungen* lokale Entzündungsreaktionen,
Seh- und Hörstörungen,
Knochenwachstumsstörungen,
allergische Reaktionen, pulmo-
nale, renale und neurologische
Symptome (selten, hpts. bei
hoher Dosierung)
gastrointestinale Symptome,
Agranulozytose/Neutropenie,
Arthralgie, erhöhte
Leberenzyme
gastrointestinale Symptome,
Hautausschlag, Kreatininanstieg,
Seh- und Hörstörungen (selten)
Zulassung* zugelassen zur Behandlung der
chronischen Eisenüberladung
bei Anämien mit
Transfusionsbedürftigkeit wie
z.B. Thalassämien, SZA, DBA,
PK-Mangel, MDS etc.
zugelassen bei Thalassaemia
major, falls der Einsatz von
DFO kontraindiziert oder
unangemessen ist.
zugelassen zur Behandlung der
chronischen Eisenüberladung
aufgrund häufiger Transfusionen
für: alle ß-Thalassaemia- major-
Patienten älter als 6J. und für
jüngere ß-Thal.-major- Patienten
(2-5 Jahre) sowie Patienten mit
anderen Anämien, wenn eine
Deferoxamintherapie kontraindiziert
oder unangemessen ist.
Eigenschaften zugelassener Eisenchelatoren
Fachinformation Deferoxamin, Fachinformation Deferipron, Fachinformation Deferasirox
SZA: Sichelzellenanämie, DBA: Diamond-Blackfan-Anämie, PK: Pyruvatkinase, MDS: Myelodysplastisches Syndrom, *: Auszug aus den Fachinformationen
DFO steht seit etwa vier Jahrzehnten als Eisenchelator zur Verfügung.
DFO kann mit entsprechender Dosierung bei Thalassämie und anderen "iron loading
anemias" trotz anhaltender Transfusionbehandlung eine ausgeglichene Eisenbilanz
erreichen.
Das Medikament muss parenteral verabreicht werden und hat eine sehr kurze Plasma-
Halbwertszeit (20 Minuten). Deshalb sind parenterale Dauerinfusionen (subkutan oder
intravenös) erforderlich, meistens über Nacht (8-10 h), möglichst täglich.
Vor allem wegen der unbequemen parenteralen Dauerinfusionen und der lokalen
Nebenwirkungen ist die Compliance ein Hauptproblem der DFO-Behandlung.
Bei Patienten mit MDS kann die subkutane Verabreichung zu Hämatomen führen, wenn
eine ausgeprägte Thrombozytopenie und/oder Thrombozyten-funktionsstörung besteht.
Deferoxamin (DFO), parenteraler Eisenchelator
Deferipron wird gastrointestinal resorbiert.
Im randomisierten Vergleich zwischen DFP und DFO zeigte sich bei 144 Patienten mit
Thalassaemia major und einem Ferritin zwischen 1500 und 3000 ng/ml nach
einjähriger Behandlung kein signifikanter Unterschied in der Abnahme des Ferritins, im
bioptisch ermittelten Lebereisengehalt und in der kernspintomographisch beurteilten
Eisenbelastung von Herz und Leber.1
Mehrere Studien deuten darauf hin, daß Deferipron besser als Deferoxamin in der
Lage ist, kardiale Eisenüberladung zu verhindern oder zu reduzieren.2,3,4
Die wichtigste Nebenwirkung ist eine Agranulozytose (Granulozyten < 500/μL), die
aber selten vorkommt (0,5% bzw. 0,2 Fälle pro 100 Therapiejahre). Milde
Neutropenien sind häufiger (8,5% bzw. 2,8 Fälle pro 100 Therapiejahre)3. In einer
Studie mit MDS-Patienten trat eine Agranulozytose bei 4% der Patienten auf 5.
Deferipron (DFP), oraler Eisenchelator
1. Ceci A, et al. The safety and effectiveness of deferiprone in a large-scale, 3-year study in Italian patients. British Journal of Haematology. 2002;118:330.
2. Anderson LJ, et al. Comparison of effects of oral deferiprone and subcutaneous desferrioxamine on myocardial iron concentrations and ventricular function in beta-
thalassaemia. Lancet. 2002;360:516-20.
3. Cohen AR, et al.. Safety and effectiveness of long-term therapy with the oral iron chelator deferiprone. Blood. 2003;102:1583-7.
4. Pennell DJ et al. Randomized controlled trial of deriprone or deferoxamine in beta-thalassemia major patients with asymptomatic myocardial siderosis. Blood.
2006;107:3738-44
5. Cermak J, et al. A comparative study of deferasirox and deferiprone in the treatment of iron overload in patients with myelodysplastic syndromes. Leuk Res 2013;37:1612-15
Die Zulassung bezieht sich neben der ß-Thalassämie auch auf chronische,
transfusionsbedingte Eisenüberladung bei Patienten mit anderen Anämien,
wenn eine Deferoxamin-Therapie kontraindiziert oder unangemessen ist.1
Bei MDS senkt DFX zuverlässig das Ferritin und unterdrückt labiles Plasmeisen.2
Die initiale Dosierung sollte sich nach dem Behandlungsziel im Sinne einer
ausgeglichenen oder negativen Eisenbilanz richten.2,3,4
Die Änderung der Darreichungsform (früher: Tabletten zur Herstellung einer
Suspension zum Einnehmen; jetzt: Filmtabletten) hat zu einer spürbaren Minderung
der gastrointestinalen Nebenwirkungen geführt.
Deferasirox (DFX), oraler Eisenchelator
1. Gattermann N, Musch A. Deferasirox. Orale Therapie bei transfusionsbedingter Eisenüberladung. Arzneimitteltherapie. 2007;25:240-7.
2. Gattermann N, Finelli C, Porta MD, Fenaux P, Ganser A, Guerci-Bresler A, et al. Deferasirox in iron-overloaded patients with transfusion-dependent myelodysplastic
syndromes: Results from the large 1-year EPIC study. Leuk Res. 2010;34:1143-50
3. Cappellini MD, Porter J, El-Beshlawy A, Li CK, Seymour JF, Elalfy M, Gattermann N, et al. Tailoring iron chelation by iron intake and serum ferritin: the prospective
EPIC study of deferasirox in 1744 patients with transfusion-dependent anemias. Haematologica. 2010;95:557-66
4. Nolte F, Angelucci E, Breccia M, Gattermann N, Santini V, Vey N, Hofmann WK. Updated recommendations on the management of gastrointestinal disturbances during
iron chelation therapy with Deferasirox in transfusion dependent patients with myelodysplastic syndrome - Emphasis on optimized dosing schedules and new
formulations. Leuk Res. 2015;39:1028-33
Studie mit Deferoxamin bei MDS-PatientenThe effect of iron chelation on haemopoiesis
in MDS patients with transfusional iron overload
11 Patienten mit MDS und transfusionsbedingter Eisenüberladung
wurden bis zu 60 Monate lang beobachtet
(während und nach Behandlung mit DFO)
Eine Reduktion des Transfusionsbedarfs um ≥ 50% entwickelte sich
bei 7/11 (64%) Patienten
Fünf Patienten verloren ihre Transfusionsbedürftigkeit (46%)
Alle Patienten mit deutlich negativer Eisenbilanz zeigten eine
Verbesserung der Erythropoese
Fehlender Therapieerfolg war hauptsächlich bedingt durch hohen
Transfusionsbedarf, teilweise kombiniert mit Hypersplenismus,
oder unzureichender Eisenchelation.
Jensen PD et al., Br J Haematol 1996:94:288-299
Retrospektive Studie mit Deferipron bei MDSA comparative study of deferasirox and deferiprone in the
treatment of iron overload in patients with myelodysplastic syndrome
Cermak J. et al. Leuk Res. 2013;37:1612-5
„The results confirmed the usefulness of deferasirox as an effective and safe iron chelator
in MDS patients and indication of deferiprone as an alternative treatment only in patients
with mild or moderate iron overload clearly not indicated for deferasirox.“
113 Pat. mit <10% Blasten im KM DFX (n=65) DFP (n=48)
Dosierung 10-40 mg/kg 40-90 mg/kg
Mediane Behandlungsdauer 13,7 Monate 10,9 Monate
Rückgang des Serumferritins um >50% 27,7% 0%
Nebenwirkungen 56,9% 62,5%
Gastrointestinale Symptome 33,8% 37,5%
Verschlechterung der Nierenfunktion 20% 0%
Erhöhte Leberenzyme 0% 18,3%
Granulozytopenie (<v500/µl)
Agranulozytose (< 100/µl)
0%
0%
9%
4%
Eisenchelation mit Deferasirox verbessert bei
manchen MDS-Patienten die Erythropoese
Study Risk IPSS RBC responseNeutrophil
responsePLT response
List A et al. J Clin Oncol. 2012;
30:2134-9
Low/Int-115%
(n=173)
15%(n=52)
22%(n=77)
Gattermann N et al. Haematologica 2012;
97:1364-71
Low/Int-121.5%(n=247)
22%(n=50)
13%(n=100)
Nolte F et al. Ann Hematol. 2013;
92:191-8
Low/Int-111%(n=50)
NR NR
Angelucci E et al. Eur J Hematol 2014;
92:527-36
Low/Int-1
Transfusion
independence in
15.5%(n=152)
NR NR
Meunier M et al. Oncotarget 2017;
8:105510-105524
Low/Int-1
Transfusion
independence in
100%(n=6)
NR NR
Verringerte Inzidenz kardialer Ereignisse
Verminderte Infektanfälligkeit
Verbesserte Knochenmarksfunktion
Bessere Ergebnisse der allogenen SCT
Seltenere leukämische Transformation
Längeres
Überleben?
Potentieller Nutzen der Eisenchelation bei MDS
Retrospektive Auswertungen und Register-Studien
zum Überlebensvorteil der Eisenchelation
bei transfusionsbedürftigen Patienten mit MDS
Delforge M, et al. Leuk Res 2014;38:557-63 Komorokji RS, et al. Blood. 2011;118:abstract 2776. Leitch H, et al. Clin Leuk. 2008;2:205-11. Lyons RM, et al. Blood.
2014;124:abstract 1350. a Neukirchen J, et al. Leuk Res. 2012;36:1067-70. b Neukirchen J, et al. Haematologica. 2012;97 Suppl 1: abstract 0359. Remacha A, et al. Ann
Hematol 2015;94:779-87. Rose C, et al. Leuk Res. 2010;34:864-70. de Witte T, et al. EUMDS Registry. Presented at ELN 2012. Zeidan AM, et al. Blood. 2012;120:abstract
426.
Study N Design SurvivalNon-chelated
patients Chelated patients p value
Leitch 2008 36 Retrospective Median OS 40 mo Not reached 0.003
4-year survival rate 43% 64% 0.003
Rose 2010 97 Prospective follow-up Median OS from diagnosis 53 mo 124 mo < 0.0003
Median OS with adequate vs weak chelation
NA 124 vs. 85 mo < 0.001
Neukirchen 2012a
188 Matched pair analysis Median OS 49 mo 75 mo 0.002
Neukirchen 2012b
417 Retrospective, registry Median time to death in TD patients
30 mo 67 mo NR
Komrokji 2011 97 Retrospective Median OS 34 mo 59 mo 0.013
Zeidan 2012 4,226 Retrospective, registry Median survival 47 wk 110 wk 0.003
HR for 27-52 wks on DFX 1 0.77 NR
HR for ≥ 53 wk on DFX 1 0.34 NR
de Witte T 2012 1,000 Prospective, registry Adjusted HR 1 0.51 (0.19-1.32) NS
Delforge 2014 127 Retrospective Median OS in Low/Int-1 3.1 yrs 10.2 yrs < 0.001
Lyons 2014 600 Prospective, registry Median OS from diagnosis 47.8 mo All 88.0 moICT > 6 mo100.0 mo
< 0.0001
Remacha 2015 263 Retrospective Median OS 105 mo 133 mo <0.001
Canadian MDS Registry:Significant survival benefit of ICT
in all patients
restricted to IPSS-R very low, low and intermediate,
and excluding RARS, RARS-T and RCMD-RS
excluding pts. receiving
HMA and/or lenalidomide
OS measured from start of transfusion dependence
Leitch HA et al., Br J Haematol. 2017; 179:83-97
Overall survival with and without ICTin matched pairs
P = 0.02 P = 0.02
including receiving hypomethylating agents (HMA)
and/or lenalidomide in the matching, and further
excluding pts. receiving HMA
including receiving hypomethylating agents (HMA)
and/or lenalidomide in the matching
restricted to IPSS-R very low, low and intermediate,
and excluding RARS, RARS-T and RCMD-RS
in matched pairs
P = 0.2
P = 0.01 at 2.5 yrs from TDP = 0.03
Leitch HA et al., Br J Haematol. 2017; 179:83-97
http://www.haematologica.org/content/early/2019/07/05/haematol.2018.212332
European MDS Registry:
Überlebensvorteil durch Eisenchelation
http://www.haematologica.org/content/early/2019/07/05/haematol.2018.212332
European MDS Registry:
Überlebensvorteil durch Eisenchelation
Alle Registerstudien deuten in die gleiche Richtung
(Überlebensvorteil durch ICT bei Niedrigrisiko-MDS)
Zwei Registerstudien haben ein hohes Qualitätsniveau erreicht, so
dass sich der demonstrierte Nutzen der Eisenchelation kaum noch
bestreiten lässt.
Registerstudien zur Eisenchelation bei MDS
Potentieller Nutzen der Eisenchelation bei MDS
Prospektive, placebokontrollierte Studien ...
mit Deferoxamin (DFO): nicht vorhanden
mit Deferipron (DFP): nicht vorhanden
mit Deferasirox (DFX): Telesto-Studie
Prospektive, placebokontrollierte TELESTO-Studie mit DFX: Kaplan-Meier Kurven für das ereignisfreie Überleben
Stratification: All patients
No. of patients still at risk
Pro
ba
bil
ity o
f E
FS
(%
)
100
80
60
40
0
20
149 104 82 61 23 13 4 1 076 43 27 15 8 0
DeferasiroxPlacebo
Patients
N
Events
n
Median EFS,
days
3-year EFS,
%
Deferasirox 149 62 1440 61.5
Placebo 76 37 1091 47.3HR (95% CI) = 0.636 (0.421, 0.961); nominal P=0.015
Randomized treatment
Deferasirox
Placebo
Censored
Time (days)
HR = 0.599 (95% CI: 0.38, 0.95)
1st sensitivity analysis
HR = 0.593 (95% CI: 0.39, 0.91)
3rd sensitivity analysis
HR = 0.537 (95% CI: 0.30, 0.97)
2nd sensitivity analysis
0 364 728 1092 1456 1820 2184 2548 2912
Angelucci E et al. ASH abstract 234, Blood 2018
Angelucci E et al. Annals of Internal Medicine 2020
Oxidativer Stress: ein klinisches Problem
bei MDS-Patienten mit transfusionsbedingter Eisenüberladung
kardiales
Time from first RBC transfusion to first cardiac event following onset of
RBC transfusion dependence by receipt of ICT in lower IPSS risk MDS
Time to first cardiac event is delayed
by receipt of ICT in patients with lower-risk MDS
In this retrospective analysis, for
lower IPSS risk RBC transfusion
dependent MDS patients,
time to first cardiac event following
RBC TD was significantly longer in
patients receiving ICT.
Receiving ICT was an independent
predictor for TTCE & OS in multi-
variate analyses.
These results suggest that ICT may
delay cardiac events in transfused
patients.
Wong & Leitch, MDS 2019, abstract 160
Nutzen-Risiko-Abwägung der Eisenchelation bei MDS
Nebenwirkungen der Eisenchelation treten bei älteren
Patienten mit MDS häufiger auf als bei jungen Patienten
mit Thalassaemia major.
Andererseits haben MDS-Patienten mehr Komorbidität
(vor allem kardiale Probleme),
die zu gesteigerter Vulnerabilität gegenüber Eisentoxizität
und daher zu einem besonderen Nutzen der Eisenchelation
führen kann.
Gemäß Leitlininen bei SF > 1000 ng/ml
oder nach Transfusion von 20 EK
TELESTO-Resultate unterstützen Beginn bei SF > 1000 ng/ml
Hauptziel der Eisenchelation:
Kontinuierliche Suppression des oxidativen Stress
Sollte die ICT früher begonnen werden als derzeit empfohlen?
Wann sollte mit der Eisenchelation begonnen werden?
Eisenüberladung ist bei älteren MDS-Patienten nicht weniger toxisch als bei jungen
Thalassämie-Patienten. Altersbedingte Komorbidität erhöht wahrscheinlich sogar die
Empfindlichkeit gegenüber der Toxizität des Eisens.
Das Herz reagiert empfindlich auf Eisentoxizität. Bei älteren MDS-Patienten ist dies
wegen der Häufigkeit kardiovaskulärer Komorbidität klinisch besonders relevant.
Bei älteren MDS-Patienten ist es allerdings schwierig, den ungünstigen prognostischen
Effekt der Eisenüberladung vom Einfluss der altersbedingten Probleme abzugrenzen.
Qualitativ hochwertige Registerstudien haben in den letzten Jahren bei Niedrigrisiko-
MDS übereinstimmend einen Überlebensvorteil durch ICT gezeigt.
Diese Ergebnisse wurden durch das verbesserte ereignisfreie Überleben in der
prospektiven, randomisierten Telesto-Studie untermauert.
Auch im Hinblick auf den Zeitpunkt des Beginns der Behandlung sollte beachtet
werden, dass die Vermeidung von oxidativem Stress durch toxische Eisenspezies wie
NTBI und LPI das Hauptziel der Therapie mit Eisenchelatoren ist.
Zusammenfassung
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