60

Cleanroom Magazin 02-2015

Embed Size (px)

DESCRIPTION

Blühende Natur - Gefährliche Kontamination

Citation preview

Page 1: Cleanroom Magazin 02-2015
Page 2: Cleanroom Magazin 02-2015

Vision. Innovation. Expertise.27. + 28. 10. 2015Frankfurt am Main

Internationale Fachmesse und Kongress für Reinraumtechnologie.

Innovativ & interdisziplinnär – Reinraumlösungen für alle Branchen.Mehr Informationen und Impressionen unterwww.cleanzone.messefrankfurt.com

Savethe Date!

Page 3: Cleanroom Magazin 02-2015

2/2015

3

Heute halten Sie unser völlig neu gestaltetes »Cleanroom Magazin« in den Händen. Drei Jahre nach Erscheinen der Erstausgabe war es an der Zeit, das Magazin inhaltlich und optisch auf das nächste Level zu heben. Ziel war ein reineres Erscheinungsbild für eine reine Branche. Dabei strebten wir von Anfang mehr als kosmetische Veränderungen an. Das Magazin sollte nicht nur optisch ansprechender werden, sondern auch zielgruppenorientierter, nutzwertiger, strukturierter und spannender.Unser Relaunch ist das Ergebnis einer wissenschaftlichen Analyse. Ge-nauer gesagt: von drei Analysen. Wir hatten Medienwissenschaftler da-mit beauftragt, eine Markt-, eine Wettbewerbs- und eine Zielgruppen-analyse für uns zu erstellen. Ein zeitaufwendiger Prozess, dem sich die Medienberatungs-und Marktforschungsagentur comstrat widmete. De-ren Inhaber, Prof. Dr. Jasper A. Friedrich (HMKW Berlin) und Medien-wirtschaftler und Redakteur Christoph Heinemann, präsentierten uns die Ergebnisse in drei langen Konferenzen. Ihre Vorschläge führten mit-unter zu kontroversen Diskussionen. Doch im Schmelztiegel der Fakten, Meinungen, Bauchgefühle und Argumente kristallisierte sich schließlich unsere neue Magazinstruktur heraus.

Das Wichtigste in Kürze: Wir haben den deutsch- und englisch-sprachigen Teil voneinander getrennt und revers gegeneinander geheftet. Wahr-scheinlich ist es Ihnen sofort anhand der doppelten Titelseite aufgefallen. Durch diese Trennung können wir vom bisherigen zweispaltigen Layout (links deutsch, rechts englisch) auf ein dreispaltiges Layout wechseln, was uns ganz andere Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet. Inhaltlich gliedert sich das neue Magazin nun in einen journalistischen, einen technischen und einen Service-Teil.

Damit ist der große Frühjahrsputz in unserem Magazin vollbracht. Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen!

Frank Duvernell Herausgeber

Frank Duvernell »Eine Frage unserer Zielgrup-penanalyse lautete: Welche Themen sind für Sie, liebe Leser, interessant und spannend? Die Antwort überraschte nicht: Deutlich wur-de Ihr Wunsch nach einem möglichst neutra-len und modernen Informationsmedium mit Fachexpertise. Weitere Befragungsergebnisse finden Sie in den Infografiken rechts.«

Liebe Leserinnen und Leser!

54%modern22%

lifestyle

19%technisch

5%abstrakt

46%Reportagen 32%

Artikel

22% nur Text

Aussagen der Befragten:1. Wie wünschen Sie sich das Design dieses Magazins?2. Welcher Zeitschriftenstil wäre passend?

1. 2.

EDIT

ORIA

L

Page 4: Cleanroom Magazin 02-2015

4

2/2015

5

2/2015

INHALT 02/201508 Titelthema: Schöne Natur – gefährliche Kontamination

Reinraumbetreiber sind jetzt besonders gefordert, ihre Produkte vor Kontamina-tionsgefahren aus der Natur zu schützen.

LIFE & BUSINESSNeues aus der Welt der Reinträume

06 Marktgeschehen in KürzeEbola-Impfstoff noch in diesem Jahr? • Halbleiter-Weltmarkt in US-Hand • Europas Mikrotechnikbranche investiert wieder • Pharmaindustrie pusht Schwei-zer Exportbilanz • Neues Forschungszen-trum in Villach • Rekordjahr für Braun Melsungen AG • SEMICON Europe bringt Gründer und Investoren zusammen..................................................16 Krankenhauskeime:Was tun gegen sie? In Europa inf izieren sich jedes Jahr 3,2 Millionen Menschen mit gefährlichen Erregern. Durch die konsequente Anwen-dung von Reinraumtechnologien ließe sich ein Großteil der Infektionen und Todesfälle verhindern...................................................22 NanoBioMedizin: Mit dem U-Boot zur KrebszelleNanosysteme können medizinische Wirkstoffe im Körper direkt an den Krank-heitsherd heranführen und dort gezielt freisetzen. Der Weg zur personalisierten Medizin scheint offen...................................................28 Einblicke: Unterwegs mit… Philippe Trösch, Sales Engineer der Novasina AG..................................................30 OLEDs: +PL�5L\LYÄUK\UN�KLZ�3PJO[ZOrganische lichtemittierende Dioden könnten die Display- und Lichttechnik revolutionieren. Ihre besonderen Eigen-schaften eröffnen faszinierende Möglich-keiten für völlig neuartige Produkte.

16

INHA

LT

08

16

30

08

................................................52 Innovation: Kandidaten für Cleanroom Award 2015 gesuchtNoch bis zum 31. August können Ideen zu Innovation, Nachhaltigkeit und Energie-eff izienz im Reinraum bei der Reinraum-Akademie eingereicht werden................................................53 Cleanroom Award: Jetzt Projekte einreichenBeim Cleanroom Award spielt es keine Rolle, ob eine Idee oder ein marktreifes Produkt vorgestellt werden. So bewerben Sie sich für den Cleanroom Award 2015. ................................................54 Die Sieger: Wer bisher den Cleanroom Award gewannDie Besucher der Fachmesse Cleanzone küren jedes Jahr unter fünf Finalisten die Innovation des Jahres.

36 Im Porträt: Armando Rastelli, LinzProfessor Armando Rastelli leitet das Institut für Halbleiter- und Festkörperphysik in Linz. Dessen Reinräume nehmen in Österreich eine Schlüsselstellung in der Forschung ein.

SCIENCE & TECHNOLOGYLösungen für die Welt der Reinräume 40 Technologie in KürzeTrends in der Dünnschichttechnologie • Men-schenähnlicher Labor-Roboter • Ein Computer im Reiskornformat • Baumaterial für Nano-systeme • Nanomedikament schützt Nerven • Neues Reinigungsverfahren für Therapeutika • Reinraumtaugliche Servopresse..................................................42 Effizienz im Reinraum: So geht’s Reinräume zu betreiben, verursacht hohe Kosten. Doch oft lassen sich schon mit geringen Veränderungen deutliche Ein-sparungen erzielen...................................................46 Nachwuchs: Studierende gründen GMP-SchuleGesetze und Regularien zur Herstellung von Arznei, Kosmetik und Lebensmitteln gehören eher selten zum Lehrplan. Darum haben Studierende aus drei ostdeutschen Universitäten für sich selbst eine GMP-Schule gegründet...................................................49 Was machen Sie da,…?Stefan Grilec, Reinraum-Produktionsmonteur

SERVICEVeranstaltungen, Awards, feste Rubriken

50 Recht und Regularien: Normen sind GeldspartippsNormen und Richtlinien für das Betrei-ben von Reinräumen enthalten nicht nur Pf lichten, sondern auch Hinweise zur Betriebskostensenkung.

30

50

50

................................................55 Preisverdächtig: Das warendie Nominierten der VorjahreDer Cleanroom Award wird seit 2012 ver-liehen. Wer seither zu den Finalisten des Cleanroom-Awards zählte.................................................56 Im Interview: Egon BuchtaWie die Cleanroom-Award-Kandidaten ausgewählt werden, erklärt Jury-Mitglied Egon Buchta, Geschäftsführer der Ingenieurbüro & Reinraumservice Egon Buchta GmbH..................................................58 Veranstaltungen................................................60 Impressum

Page 5: Cleanroom Magazin 02-2015

4

2/2015

5

2/2015

INHALT 02/201508 Titelthema: Schöne Natur – gefährliche Kontamination

Reinraumbetreiber sind jetzt besonders gefordert, ihre Produkte vor Kontamina-tionsgefahren aus der Natur zu schützen.

LIFE & BUSINESSNeues aus der Welt der Reinträume

06 Marktgeschehen in KürzeEbola-Impfstoff noch in diesem Jahr? • Halbleiter-Weltmarkt in US-Hand • Europas Mikrotechnikbranche investiert wieder • Pharmaindustrie pusht Schwei-zer Exportbilanz • Neues Forschungszen-trum in Villach • Rekordjahr für Braun Melsungen AG • SEMICON Europe bringt Gründer und Investoren zusammen..................................................16 Krankenhauskeime:Was tun gegen sie? In Europa inf izieren sich jedes Jahr 3,2 Millionen Menschen mit gefährlichen Erregern. Durch die konsequente Anwen-dung von Reinraumtechnologien ließe sich ein Großteil der Infektionen und Todesfälle verhindern...................................................22 NanoBioMedizin: Mit dem U-Boot zur KrebszelleNanosysteme können medizinische Wirkstoffe im Körper direkt an den Krank-heitsherd heranführen und dort gezielt freisetzen. Der Weg zur personalisierten Medizin scheint offen...................................................28 Einblicke: Unterwegs mit… Philippe Trösch, Sales Engineer der Novasina AG..................................................30 OLEDs: +PL�5L\LYÄUK\UN�KLZ�3PJO[ZOrganische lichtemittierende Dioden könnten die Display- und Lichttechnik revolutionieren. Ihre besonderen Eigen-schaften eröffnen faszinierende Möglich-keiten für völlig neuartige Produkte.

16

INHA

LT

08

16

30

08

................................................52 Innovation: Kandidaten für Cleanroom Award 2015 gesuchtNoch bis zum 31. August können Ideen zu Innovation, Nachhaltigkeit und Energie-eff izienz im Reinraum bei der Reinraum-Akademie eingereicht werden................................................53 Cleanroom Award: Jetzt Projekte einreichenBeim Cleanroom Award spielt es keine Rolle, ob eine Idee oder ein marktreifes Produkt vorgestellt werden. So bewerben Sie sich für den Cleanroom Award 2015. ................................................54 Die Sieger: Wer bisher den Cleanroom Award gewannDie Besucher der Fachmesse Cleanzone küren jedes Jahr unter fünf Finalisten die Innovation des Jahres.

36 Im Porträt: Armando Rastelli, LinzProfessor Armando Rastelli leitet das Institut für Halbleiter- und Festkörperphysik in Linz. Dessen Reinräume nehmen in Österreich eine Schlüsselstellung in der Forschung ein.

SCIENCE & TECHNOLOGYLösungen für die Welt der Reinräume 40 Technologie in KürzeTrends in der Dünnschichttechnologie • Men-schenähnlicher Labor-Roboter • Ein Computer im Reiskornformat • Baumaterial für Nano-systeme • Nanomedikament schützt Nerven • Neues Reinigungsverfahren für Therapeutika • Reinraumtaugliche Servopresse..................................................42 Effizienz im Reinraum: So geht’s Reinräume zu betreiben, verursacht hohe Kosten. Doch oft lassen sich schon mit geringen Veränderungen deutliche Ein-sparungen erzielen...................................................46 Nachwuchs: Studierende gründen GMP-SchuleGesetze und Regularien zur Herstellung von Arznei, Kosmetik und Lebensmitteln gehören eher selten zum Lehrplan. Darum haben Studierende aus drei ostdeutschen Universitäten für sich selbst eine GMP-Schule gegründet...................................................49 Was machen Sie da,…?Stefan Grilec, Reinraum-Produktionsmonteur

SERVICEVeranstaltungen, Awards, feste Rubriken

50 Recht und Regularien: Normen sind GeldspartippsNormen und Richtlinien für das Betrei-ben von Reinräumen enthalten nicht nur Pf lichten, sondern auch Hinweise zur Betriebskostensenkung.

30

50

50

................................................55 Preisverdächtig: Das warendie Nominierten der VorjahreDer Cleanroom Award wird seit 2012 ver-liehen. Wer seither zu den Finalisten des Cleanroom-Awards zählte.................................................56 Im Interview: Egon BuchtaWie die Cleanroom-Award-Kandidaten ausgewählt werden, erklärt Jury-Mitglied Egon Buchta, Geschäftsführer der Ingenieurbüro & Reinraumservice Egon Buchta GmbH..................................................58 Veranstaltungen................................................60 Impressum

Page 6: Cleanroom Magazin 02-2015

6

2/2015

Neues Forschungs-zentrum in Villach

Exzellenzcluster | Mit ASSIC, dem Austrian Smart Systems Integrati-on Research Center, wurde kürzlich im österreichischen Villach ein neu-es Exzellenzcluster bewilligt. Damit wird der Standort Villach als eine der führenden europäischen Regionen im Forschungsbereich Mikroelekt-ronik und Systemintegration weiter ausgebaut. ASSIC erhielt von einer internationalen Expertenjury den COMET-Status für bis zu acht Jahre zuerkannt. Das COMET-Programm (Competence Centers for Excellent Technologies) fördert die Kooperati-on von Wissenschaft und Wirtschaft sowie den Aufbau gemeinsamer For-schungskompetenzen und deren Verwertung. Dank dieser Förderung werden in den nächsten Jahren zahl-reiche intelligente Bauteile und Sys-teme in das Leben vieler Menschen Einzug halten, die die Handschrift des neuen Exzellenzzentrums tra-gen, sei es in Automobilen, Mobil-telefonen, in der Medizintechnik, der Unterhaltungselektronik oder in Haushaltsgeräten.

Pharmaindustrie pusht Schweizer Exporte

Rekordjahr | Die Schweiz hat im ver-gangenen Jahr so viel exportiert wie noch nie. Mit Ausfuhren im Gesamt-wert von 208,3 Milliarden Franken wurde 2014 der bisherige Rekordwert

aus dem Jahr 2008 um rund zwei Mil-liarden Franken übertroffen. Vor al-lem die chemisch-pharmazeutische Industrie hat ihre Exporte gesteigert. Die Ausfuhren dieser Branche stie-gen um fünf Prozent auf 85,3 Milliar-den Franken, wie die Eidgenössische Zollverwaltung mitteilte. Damit trug die chemisch-pharmazeutische In-dustrie 60 Prozent zum letztjährigen Exportplus bei. Ihr Anteil am Gesam-texport stieg auf 41 Prozent.

Neuer Rekord bei Braun Melsungen

Erlössprung | Die B. Braun Melsu-ngen AG hat ihr 175-jähriges Jubi-läumsjahr mit einem Umsatz- und Ergebnisrekord abgeschlossen. Der deutsche Medizintechnikhersteller

steigerte im Geschäftsjahr 2014 sei-nen Umsatz um fünf Prozent auf 5,43 Millionen Euro (Vorjahr: 5,17 Millionen Euro). Der Konzernjahres-überschuss erhöhte sich um 0,3 Pro-zent auf 316,3 Millionen Euro (Vor-jahr: 315,5 Millionen Euro). »Der B. Braun-Konzern befindet sich in ei-

ner guten und stabilen wirtschaft-lichen Verfassung«, sagte der Vor-standsvorsitzende Heinz-Walter Große bei der Bilanzpräsentation am 27. März im hessischen Melsun-gen. Das 1839 in einer Apotheke ge-gründete Unternehmen ist heute in 61 Ländern präsent und hat 50.000 Mitarbeiter.

Ebola-Impfstoff noch in diesem Jahr?

Forschungserfolg | Wissenschaftler des Instituts für Tropenmedizin im südwestdeutschen Tübingen haben einen Erfolg versprechenden Ebo-la-Impftest durchgeführt. An der internationalen Studie nahmen 138 Freiwillige in Gabun, Kenia, Deutsch-land und der Schweiz teil. Verwendet wurde dabei der bereits zehn Jah-re alte, aber noch nicht lizenzierte Wirkstoff rVSV-ZEBOV-GP aus Ka-nada. Wie der Test zeigte, wurde der Wirkstoff von den Probanden gut vertragen, zudem bildeten sie Anti-körper gegen Ebola aus. Die Forscher hoffen, dass der Impfstoff noch im Laufe dieses Jahres zugelassen wird.

Life&BusinessMarktgeschehen in Kürze

Ein neuer Wirkstoff gegen Ebola könnte bald als Impfstoff zugelassen werden. Foto: Schlierner

Produktion von Infusionsgeräten: Rückfüh-rung von Anguss zur Abfallvermeidung. Foto: B. Braun Melsungen AG.

LIFE

& B

USIN

ESS |

IN K

ÜRZE

Page 7: Cleanroom Magazin 02-2015

2/2015

7

Beim aktuellen Ebola-Ausbruch in Westafrika haben sich laut Weltge-sundheitsorganisation bisher 25.000 Menschen mit dem lebensgefährli-chen Virus infiziert, mehr als 10.000 davon sind gestorben.

Halbleiter-Weltmarkt in US-Hand

Studie | US-Unternehmen dominie-ren den Halbleiter-Weltmarkt mit einem Anteil von 55 Prozent. Euro-päische Halbleiter-Konzerne haben dagegen lediglich sechs Prozent An-teil am Weltmarkt. Dies ergab eine Studie des US-Marktforschungsun-

ternehmens IC Insights. Laut dieser Analyse ist Europas Weltmarktan-teil noch geringer als von der EU an-gegeben. Die EU-Kommission hatte 2013 das Ziel ausgegeben, den euro-päischen Weltmarktanteil durch Förderprogramme von zehn auf 20 Prozent zu verdoppeln. IC Insights hatte in der Studie allerdings weder

Chip-Auftragsfertiger noch Werke von Nicht-EU-Konzernen in Europa mitgezählt.

Gründer treffen Investoren

SEMICON Europe | Auf der Halblei-ter-Tagungsmesse »SEMICON Euro-pe« vom 6. bis 8. Oktober 2015 im ost-deutschen Dresden erhalten 60 junge Hightechfirmen die Chance, ihre Ide-en vor Kapitalgebern zu präsentie-ren. Wie der Branchenverband SE-MI ankündigte, soll auf diese Weise mehr Wagniskapital aktiviert wer-den, damit innovative Start-ups in den Schlüsseltechnologien Mikro- und Nanotechnologie, Informations- und Kommunikationstechnologie, Umwelt- und Energietechnik, Auto-mobilbau, Materialwissenschaften, Maschinen- und Anlagenbau sowie Medizintechnik und Life Sciences zu erfolgreichen Unternehmen heran-wachsen können. Start-ups aus ganz Europa können sich bis zum 31. Mai 2015 um einen Auftritt auf Europas größter Chipmesse bewerben.

Mikrotechnikbranche investiert wieder mehr

Optimismus | Die europäische Mi-krotechnikbranche hat zuletzt wie-der mehr investiert. Laut einer Da-

tenerhebung des internationalen IVAM Fachverbandes für Mikro-technik haben 2014 knapp ein Drit-tel der Unternehmen mehr Geld ausgegeben als im Vorjahr. Damit zeigte sich die Branche investiti-onsfreudiger als in vorausgegan-genen Jahren und auch als der Durchschnitt der europäischen Wirtschaft. 2015 Jahr wollen die Mikrotechnikunternehmen er-neut mehr Mittel für Technologie-entwicklung und Unternehmens-wachstum in die Hand nehmen. Knapp 36 Prozent planen, mehr zu investieren als 2014.

Unter den Zielmärkten hat der Me-dizintechnik- und Gesundheits-markt für die Mikrotechnikbran-che die größte Bedeutung. Mehr als die Hälfte der europäischen Unter-nehmen beliefert diesen Mark. Für knapp ein Viertel ist es der wich-tigste Zielmarkt. Daneben ist die Automobilindustrie für die Mik-rotechnikbranche in den vergan-genen zwei Jahren wieder wichti-ger geworden. Automobiltechnik ist derzeit für elf Prozent der Unter-nehmen der Hauptzielmarkt. 2013 waren es nur knapp vier Prozent der Unternehmen.

Die weltweite Halbleiterfertigung wird von US-Konzernen dominiert. Foto: popov48

Die wichtigsten Zielmärkte der europäischen Mikrotechnikbranche 2013 und 2015. Grafik:

IVAM Research

Mikrotechnikbranche investiert wieder

Page 8: Cleanroom Magazin 02-2015

8

2/2015

LIFE

& B

USIN

ESS |

TIT

ELGE

SCHI

CHTE

Nie

ßend

es M

ädch

en v

or e

inem

blü

hend

en B

aum

. Fot

o: fo

tolia

, Tat

yana

Gla

dski

h

Page 9: Cleanroom Magazin 02-2015

2/2015

9

Schöne Natur – gefährliche

Kontamination Blütenstaub und Luftfeuchtigkeit sind

eine Herausforderung für den Reinraum.

Page 10: Cleanroom Magazin 02-2015

10

2/2015

11

2/2015

ation) legt die maximal zulässige Partikelkonzentration in einem Reinraum fest und ist zum Bei-spiel in der Halbleiterindustrie relevant. GMP-Richtlinien (Good Manufacturing Practice) dienen der Qualitätssicherung in Rein-räumen, in denen es neben Parti-kelfreiheit auch um Keimfreiheit geht, zum Beispiel in der Produk-tion von Arzneimitteln, Lebens-mitteln oder Kosmetika.

Was den Filterwechsel angeht, hat es keinen Sinn, unmittelbar vor Beginn der Pollensaison einen Austausch vorzunehmen. Besser ist es, mit den vorhandenen Fil-tern noch die Hauptzeit des Pol-lenflugs zu absolvieren und erst danach, etwa im Frühsommer,

die Abscheidemedien zu wech-seln. Die nächste Wartung sollte dann im November erfolgen, um die Reinraumanlage mit frischen Filtern über den Winter und die im Frühjahr folgende Pollenzeit zu bringen.

Beschleunigtes Keimwachstum

Weitere jahreszeitliche Herausfor-derungen für den Reinraum sind im Frühjahr und Sommer die steigen-den Temperaturen und die damit einhergehende höhere Luftfeuch-tigkeit. Beides treibt das Keimwachs-tum an. Denn so wie die meisten Menschen fühlen sich auch die meisten Keime bei warmen Tem-

peraturen richtig wohl. In der Fol-ge vermehren sie sich erheblich schneller als im Winter.

In der Luft finden die Mikroorganis-men aufgrund fehlender Nährstoffe meist keine günstigen Lebensbedin-gungen und sterben rasch ab. Doch mit zunehmender Luftfeuchtigkeit steigen ihre Überlebenschancen deutlich an (Abb. 1, S. 14: »Überleben von Keimen in Abhängigkeit von der relativen Luftfeuchte«). Tatsäch-lich tritt auch in unseren Breiten bei sommerlichen Temperaturen eine hohe Luftfeuchtigkeit auf (Abb. 2, S. 15: »Wassergehalt der Luft«). Da die Luft mit steigender Temperatur

»Alles, was man jetzt riechen kann, sind Molekülketten, die auch Risiken für den Reinraum bergen können.« Frank Spehl, AAF-Lufttechnik GmbH

Der Winter ist vorbei, die Tage wer-den länger, die Temperaturen stei-gen. Endlich! Und mit dem begin-nenden Frühjahr regen sich in uns Menschen nun neue Lebensgeister. Aber auch die Natur blüht auf. Und das bedeutet: Gräser, Kräuter, Blu-men und Bäume schütten wieder Myriaden von Pollen in die milde Frühlingsluft. Zudem beginnen die Landwirte mit der Feldarbeit und belasten die Luft zusätzlich mit Düngemittelstäuben, Gülleparti-keln und Herbizid-Aerosolen. »Al-les, was man jetzt riechen kann, sind Molekülketten, die auch Risiken für den Reinraum bergen können«, sagt Frank Spehl, Vertriebsleiter Deutschland/Schweiz der AAF-Luft-technik GmbH. Das Unternehmen im westdeutschen Oberhausen ist spezialisiert auf Luftfiltersysteme.

Grundsätzlich, so beruhigt Frank Spehl, sei die Luft- und Filtertechnik heutzutage so gut, dass weder Pol-len noch sonstige Partikel im Rein-raum ankämen. Die erste und zwei-te Filterstufe scheide normalerweise sämtliche Pollen und feinste Par-tikel aus der Luft ab. »Sie müssen allerdings im Vorfeld des Reinrau-mes den Stand der Technik beach-

ten, sorgfältig arbeiten und regel-mäßige Wartungen durchführen, damit die Anlagen sauber bleiben«, betont Spehl. Er kennt den Fall eines Labors in Waldnähe, dessen Betrei-ber mit seinen neuen Filtern wäh-rend der Nadelbaumblüte eine böse Überraschung erlebte. »Was sich da auf die Filter legte, war richtig kleb-riger Staub. Weil die Pollen milchig weiß waren, konnte man sie auf den noch sauberen Filtern nicht erken-nen. Das Ergebnis: Die Filter waren zu, wie mit Sprühkleber behandelt, man konnte es auf den ersten Blick nicht feststellen. Der Reinraum blieb jedoch unbehelligt«, berichtet der AAF-Filterexperte.

Dreistufiges Filterkonzept

Um Pollen sicher aus dem Rein-raum fernzuhalten, empfiehlt sich ein dreistufiges Filterkonzept. Für die Vorstufe sind hochwertige Ta-schenfilter auf synthetischer Basis erste Wahl. Diese haben eine hohe Staubspeicherfähigkeit und kön-nen auch mal Feuchtigkeit vertra-gen. Für die zweite Stufe sind Kom-paktfilter prädestiniert, wegen ihrer

hohen Filterfläche und dem daraus resultierenden niedrigen Druckver-lust bei höchster Effizienz. Die dritte Stufe bilden HEPA-Filter, die je nach benötigter Reinraumklasse alle üb-rigen partikulären Verunreinigun-gen weitestgehend abscheiden.

»Setzt man die in der Luft transpor-tierten Partikel in Größenrelatio-nen zueinander, dann haben wir es im übertragenen Sinne mit einem Mix aus Hüpfbällen, Wassermelo-nen, Äpfeln, Blaubeeren und Mohn-körnern zu tun«, sagt Filterexper-te Frank Spehl. »Die Hüpfbälle und Wassermelonen bleiben schon in der ersten Filterstufe hängen. Die Äpfel entsprechen in diesem Ver-gleich den Pollen, sie werden eben-so wie die Blaubeeren in der zweiten Filterstufe abgeschieden. Die dritte Stufe, die Hepa-Filter, passieren ma-ximal ein paar Mohnkügelchen – abhängig von der Filterklasse.«

Zeitpunkt des Filterwechsels

Da die Pollen bei korrektem An-lagenbau gar nicht bis zu den He-pa-Filtern, geschweige denn in den Reinraum, vordringen können, gibt es auch keine Unterschiede zu beachten zwischen dem Betreiben eines ISO- und eines GMP-Rein-raums. Die ISO-Norm (Internati-onal Organization for Standardiz-

Schöne Natur – gefährliche Kontamination Blütenstaub und Luftfeuchtigkeit sind eine Herausforderung für den Reinraum.

Im Frühjahr verunreinigen Pollen und Düngemittelstäube die Luft. Zugleich explodiert das Keimwachstum durch steigende Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Reinraumbetreiber sind jetzt besonders gefordert, ihre Produkte vor den erhöhten Kontami-nationsgefahren aus der Natur zu schützen.

Rät zum Filteraustausch erst nach der Pollensaison: Frank Spehl, Vertriebsleiter Deutschland/Schweiz der AAF-Lufttechnik GmbH. Foto: René Dreyer, Cleanroom Media

Eine Birke schüttet ihre Pollen aus. Foto: fotolia, Ingo Bartussek

LIFE

& B

USIN

ESS |

TIT

ELGE

SCHI

CHTE

Page 11: Cleanroom Magazin 02-2015

10

2/2015

11

2/2015

ation) legt die maximal zulässige Partikelkonzentration in einem Reinraum fest und ist zum Bei-spiel in der Halbleiterindustrie relevant. GMP-Richtlinien (Good Manufacturing Practice) dienen der Qualitätssicherung in Rein-räumen, in denen es neben Parti-kelfreiheit auch um Keimfreiheit geht, zum Beispiel in der Produk-tion von Arzneimitteln, Lebens-mitteln oder Kosmetika.

Was den Filterwechsel angeht, hat es keinen Sinn, unmittelbar vor Beginn der Pollensaison einen Austausch vorzunehmen. Besser ist es, mit den vorhandenen Fil-tern noch die Hauptzeit des Pol-lenflugs zu absolvieren und erst danach, etwa im Frühsommer,

die Abscheidemedien zu wech-seln. Die nächste Wartung sollte dann im November erfolgen, um die Reinraumanlage mit frischen Filtern über den Winter und die im Frühjahr folgende Pollenzeit zu bringen.

Beschleunigtes Keimwachstum

Weitere jahreszeitliche Herausfor-derungen für den Reinraum sind im Frühjahr und Sommer die steigen-den Temperaturen und die damit einhergehende höhere Luftfeuch-tigkeit. Beides treibt das Keimwachs-tum an. Denn so wie die meisten Menschen fühlen sich auch die meisten Keime bei warmen Tem-

peraturen richtig wohl. In der Fol-ge vermehren sie sich erheblich schneller als im Winter.

In der Luft finden die Mikroorganis-men aufgrund fehlender Nährstoffe meist keine günstigen Lebensbedin-gungen und sterben rasch ab. Doch mit zunehmender Luftfeuchtigkeit steigen ihre Überlebenschancen deutlich an (Abb. 1, S. 14: »Überleben von Keimen in Abhängigkeit von der relativen Luftfeuchte«). Tatsäch-lich tritt auch in unseren Breiten bei sommerlichen Temperaturen eine hohe Luftfeuchtigkeit auf (Abb. 2, S. 15: »Wassergehalt der Luft«). Da die Luft mit steigender Temperatur

»Alles, was man jetzt riechen kann, sind Molekülketten, die auch Risiken für den Reinraum bergen können.« Frank Spehl, AAF-Lufttechnik GmbH

Der Winter ist vorbei, die Tage wer-den länger, die Temperaturen stei-gen. Endlich! Und mit dem begin-nenden Frühjahr regen sich in uns Menschen nun neue Lebensgeister. Aber auch die Natur blüht auf. Und das bedeutet: Gräser, Kräuter, Blu-men und Bäume schütten wieder Myriaden von Pollen in die milde Frühlingsluft. Zudem beginnen die Landwirte mit der Feldarbeit und belasten die Luft zusätzlich mit Düngemittelstäuben, Gülleparti-keln und Herbizid-Aerosolen. »Al-les, was man jetzt riechen kann, sind Molekülketten, die auch Risiken für den Reinraum bergen können«, sagt Frank Spehl, Vertriebsleiter Deutschland/Schweiz der AAF-Luft-technik GmbH. Das Unternehmen im westdeutschen Oberhausen ist spezialisiert auf Luftfiltersysteme.

Grundsätzlich, so beruhigt Frank Spehl, sei die Luft- und Filtertechnik heutzutage so gut, dass weder Pol-len noch sonstige Partikel im Rein-raum ankämen. Die erste und zwei-te Filterstufe scheide normalerweise sämtliche Pollen und feinste Par-tikel aus der Luft ab. »Sie müssen allerdings im Vorfeld des Reinrau-mes den Stand der Technik beach-

ten, sorgfältig arbeiten und regel-mäßige Wartungen durchführen, damit die Anlagen sauber bleiben«, betont Spehl. Er kennt den Fall eines Labors in Waldnähe, dessen Betrei-ber mit seinen neuen Filtern wäh-rend der Nadelbaumblüte eine böse Überraschung erlebte. »Was sich da auf die Filter legte, war richtig kleb-riger Staub. Weil die Pollen milchig weiß waren, konnte man sie auf den noch sauberen Filtern nicht erken-nen. Das Ergebnis: Die Filter waren zu, wie mit Sprühkleber behandelt, man konnte es auf den ersten Blick nicht feststellen. Der Reinraum blieb jedoch unbehelligt«, berichtet der AAF-Filterexperte.

Dreistufiges Filterkonzept

Um Pollen sicher aus dem Rein-raum fernzuhalten, empfiehlt sich ein dreistufiges Filterkonzept. Für die Vorstufe sind hochwertige Ta-schenfilter auf synthetischer Basis erste Wahl. Diese haben eine hohe Staubspeicherfähigkeit und kön-nen auch mal Feuchtigkeit vertra-gen. Für die zweite Stufe sind Kom-paktfilter prädestiniert, wegen ihrer

hohen Filterfläche und dem daraus resultierenden niedrigen Druckver-lust bei höchster Effizienz. Die dritte Stufe bilden HEPA-Filter, die je nach benötigter Reinraumklasse alle üb-rigen partikulären Verunreinigun-gen weitestgehend abscheiden.

»Setzt man die in der Luft transpor-tierten Partikel in Größenrelatio-nen zueinander, dann haben wir es im übertragenen Sinne mit einem Mix aus Hüpfbällen, Wassermelo-nen, Äpfeln, Blaubeeren und Mohn-körnern zu tun«, sagt Filterexper-te Frank Spehl. »Die Hüpfbälle und Wassermelonen bleiben schon in der ersten Filterstufe hängen. Die Äpfel entsprechen in diesem Ver-gleich den Pollen, sie werden eben-so wie die Blaubeeren in der zweiten Filterstufe abgeschieden. Die dritte Stufe, die Hepa-Filter, passieren ma-ximal ein paar Mohnkügelchen – abhängig von der Filterklasse.«

Zeitpunkt des Filterwechsels

Da die Pollen bei korrektem An-lagenbau gar nicht bis zu den He-pa-Filtern, geschweige denn in den Reinraum, vordringen können, gibt es auch keine Unterschiede zu beachten zwischen dem Betreiben eines ISO- und eines GMP-Rein-raums. Die ISO-Norm (Internati-onal Organization for Standardiz-

Schöne Natur – gefährliche Kontamination Blütenstaub und Luftfeuchtigkeit sind eine Herausforderung für den Reinraum.

Im Frühjahr verunreinigen Pollen und Düngemittelstäube die Luft. Zugleich explodiert das Keimwachstum durch steigende Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Reinraumbetreiber sind jetzt besonders gefordert, ihre Produkte vor den erhöhten Kontami-nationsgefahren aus der Natur zu schützen.

Rät zum Filteraustausch erst nach der Pollensaison: Frank Spehl, Vertriebsleiter Deutschland/Schweiz der AAF-Lufttechnik GmbH. Foto: René Dreyer, Cleanroom Media

Eine Birke schüttet ihre Pollen aus. Foto: fotolia, Ingo Bartussek

LIFE

& B

USIN

ESS |

TIT

ELGE

SCHI

CHTE

Page 12: Cleanroom Magazin 02-2015

12

2/2015

immer mehr Wasser aufnehmen kann, erhöht sich auch die Lebens-dauer der luftgetragenen Keime. Zu-sätzlich ist für sie der hohe Anteil an Partikeln in der Sommerluft von Vorteil. Denn Pollen und Staub wir-ken wie Keim-Shuttles und führen zu einer schnellen Verteilung der Mikroorganismen. Erst ein reini-gendes Gewitter dekontaminiert die Luft und spült die Keime mit dem Regen zu Boden.

Reinraum oder Keimraum?

Besonders anfällig für die Ansied-lung von Keimen sind im Frühjahr und Sommer die raumlufttechni-schen Anlagen. Hierbei handelt es sich um Einrichtungen, die den Zustand der Raumluft bezüglich Temperatur, Feuchte und Luftqua-lität in einer gewünschten Form beeinflussen. Sie bewirken den Luftaustauch und versorgen die Reinräume mit aufbereiteter Luft und gekühlter Luft.

Die Ursache für die Anfälligkeit raumlufttechnischer Anlagen liegt im sogenannten Taupunkt der Luft. Das ist diejenige Tempe-raturschwelle, unterhalb der sich das Wasser aus der Luft abscheidet (Abb. 3, S. 15: »Taupunkte für rela-tive Luftfeuchte«). Bei Luft mit ei-ner Temperatur von 25 Grad Celsi-us und 80 Prozent relativer Feuchte liegt der Taupunkt zum Beispiel bei 21 Grad Celsius. Wird diese 25 Grad warme Sommerluft nun bei-spielsweise auf 20 Grad herunterge-

kühlt, dann kondensiert das Wasser und schlägt sich an kühleren Flä-chen oder Baugruppen nieder. Jeder kennt diesen Effekt aus dem heimi-schen Badezimmer, wenn beim Du-schen der Spiegel beschlägt. Trifft das kondensierte Wasser im Rein-raum auf geringfügige Verschmut-zungen, bildet sich ein Mikromilieu, das Keimen ideale Vermehrungsbe-dingungen bietet.

»Die Kühlung und Entfeuchtung der Luft ist eine sehr diffizile Auf-gabe, insbesondere bei Anlagen, deren Temperatur und Feuchtig-keit unabhängig von den Zustän-den der Außenluft in engen Tole-ranzen gehalten werden müssen«, sagt Andreas Machmüller, Ge-schäftsführer der MCRT Micro Cle-anRoom Technology GmbH. Das Unternehmen im hessischen Heu-chelheim ist ein führender Anbie-ter von kundenspezifischen Rein-raumlösungen. Das Problem von Außentemperatur und Raumfeuch-tigkeit betreffe in der Reinraum-technik nahezu alle Bereiche, in denen Medikamente und pharma-

Pollenflugkalender: Etwa von April bis Juli ist Hochsaison für Pollen. Quelle: DAK / Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst

Warnt vor ungenügender Luftentfeuch-tung im Reinraum: Andreas Machmüller, Geschäftsführer der MCRT Micro CleanRoom Technology GmbH. Foto: Maja Franke, Cleanroom Media

LIFE

& B

USIN

ESS |

TIT

ELGE

SCHI

CHTE

Page 13: Cleanroom Magazin 02-2015

2/2015

13zeutische Produkte oder auch Mik-ro- und Nanostrukturen hergestellt werden, betont Machmüller. »Au-ßerdem darf auch der Mensch nicht vergessen werden, der beim Schwit-zen eine noch stärkere Kontamina-tionsquelle als sonst für den Prozess und den gesamten Reinraum dar-stellt.« Umgekehrt könne in zu tro-ckenen Fertigungsbereichen durch elektrostatische Aufladung das Pro-dukt zerstört werden.

Nasse Filter und tropfende Decken

Nach der Erfahrung von Andreas Machmüller sei die in den Nor-men vorgegebene Auslegung von Reinraum-Klimaanlagen mit 32 Grad Celsius bei 40 Prozent rela-tiver Luftfeuchte nicht mehr aus-reichend. Das Beispiel der richtig ausgelegten, aber trotzdem ausge-fallenen Klimaanlagen in ICE-Zü-gen habe das verdeutlicht. »Die Werte sind nach meiner Einschät-zung dringend nach oben zu korri-gieren«, sagt der MCRT-Geschäfts-

führer. Hierfür spreche auch, dass nach neuesten Erfahrungen bislang kondenswasserfreie Kühlwasser-leitungen bei Oberflächentempera-turen von 18 Grad schwitzten. Die-ses Wasser verteile sich dann zum einen über die zirkulierende Luft im Reinraum, was absolut schäd-lich sei, oder treffe schlimmstenfalls auf prozessrelevante Stellen, was zu Beschädigungen führen könne. Zu erkennen sei ein solches Problem an nassen Schwebstofffiltern und tropfenden Decken. »Ich empfehle daher, den ‚nassen’ Außenluftküh-ler auf 34 bis 35 Grad Celsius bei 40 Prozent relativer Luftfeuchte auszu-legen«, sagt Andreas Machmüller.

Die Luftentfeuchtung im Rein-raum ist im Frühjahr und Som-mer folglich unverzichtbar. Nut-zen lassen sich hierfür entweder leistungsstarke Verdichter, die die Luft komprimieren, bis das Was-ser in Tröpfchenform ausfällt – wie bei einem feuchten Schwamm, der zusammengedrückt wird. Oder die feuchte Sommerluft wird über ein Kühlregister geleitet, wodurch das

Wasser durch Unterschreiten des Taupunktes kondensiert. Die Ent-feuchtung der warmen Luft kann durchaus hohe Betriebskosten ver-ursachen. Wer hier sparen will, läuft allerdings Gefahr, dass sich die Keime gut entwickeln können und über die Klimaanlage im ge-samten Reinraum verteilen. Das Thema Luftaufbereitung wird übri-gens eines der Kongressthemen auf der diesjährigen Cleanzone sein. Die internationalen Fachmesse für Reinraumtechnologie findet am 27. und 28. Oktober 2015 in Frankfurt am Main statt.

Strömungstechnische Totpunkte

Eine weitere Kontaminationsquel-le stellen verwinkelte Kanalsys-teme dar. Denn überall dort, wo strömungstechnische Totpunk-te entstehen, also an Knicken, Ab-zweigungen, Kanten, Vorsprüngen oder Unebenheiten, können Parti-kel und Keime den Luftstrom ver-lassen und sich unbemerkt ansie-

Pollen. Foto: fotolia

Page 14: Cleanroom Magazin 02-2015

14

2/2015

deln. Deshalb ist bereits bei der Planung auf ein möglichst wenig verwinkeltes Kanalsystem zu ach-ten. Zudem ist die Einhaltung der Wartungsintervalle sowie die Rei-nigung beziehungsweise Sanitisie-rung des Kanalsystems gerade vor Sommerbeginn wichtig.

Überdies empfiehlt sich eine zu-sätzliche Risikoanalyse für den Sommer. Dabei sind insbeson-dere die strömungstechnischen Verhältnisse im Reinraum zu be-achten und Bereiche mit gerin-ger Luftbewegung zu identifizie-ren, da hier ein erhöhtes Risiko für einen mangelhaften Abtrans-port luftgetragener Keime besteht. Weiterhin sind mögliche Konden-sationsbereiche zu lokalisieren, da bereits geringfügig kältere Flä-chen zur Abscheidung von Luft-feuchtigkeit führen und ideale Wachstumsbedingungen für Kei-me entstehen können.

Richtiges Einschleusen trainieren

Darüber hinaus sind natürlich die großen Einfallstore für Partikel und Keime penibel zu kontrollie-ren. Hierzu zählen neben Luftaus-lässen und Filtern vor allem die Per-sonal- und Materialschleusen. Das Einschleusen von Mensch und Ma-terial sorgt in einem Höchstmaß für die Einbringung und Verschleppung von Pollen, Keimen und Partikeln in den Reinraum. Um diese Verun-reinigungen zu minimieren, gibt es definierte Ankleideschritte. Sie se-hen vor, dass eine Person mehrere Schleusenbereiche betritt und bei den niedrigsten Anforderungen so viel Kleidung von außerhalb ablegt

wie möglich, um dann je Schleu-senstufe entsprechend aufbereite-te, saubere Bekleidungsteile aufzu-nehmen und anzuziehen.

Doch trotz genau beschriebener Abläufe lässt sich bei diesen Proze-deren das Verschleppen von Kon-taminationen nie vollständig ver-hindern, sagt Frank Duvernell, Geschäftsführer der profi-con Gm-bH Contamination Control im säch-sischen Leipzig. Das Unternehmen ist seit 1985 in der Reinigung von staubfreien und sterilen Reinräu-men sowie in der Schulung von Reinraumpersonal tätig. »Die Dis-ziplin und Tagesform der Mitarbei-ter können mitunter zu bedeuten-den Abweichungen führen«, weiß

Steigt die Luftfeuchte von 15% auf 85%, überleben Keime deutlich länger.

Abbildung 1: Überleben von Keimen in Abhängigkeit von der rela-tiven Luftfeuchte. Steigt die Luftfeuchte von 15% auf 85%, überleben

Keime deutlich länger, hier dargestellt am Beispiel von Staphylokokkus aureus, Escherichia coli und Enterokokkus faecialis.

• Halbwertszeit: Zeitraum, in dem die Hälfte der Keime abgestorben ist.• r. F.: Abkürzung für relative Feuchte, d.h. relativer Anteil der

maximal möglichen Wasseraufnahme durch die Luft.(Nach: Böhm et al.: Abfall-Wirtschaft, Neues aus Forschung

und Praxis; M.I.C. BAEZA-Verlag Witzenhaus, 1998.)

LIFE

& B

USIN

ESS |

TIT

ELGE

SCHI

CHTE

Page 15: Cleanroom Magazin 02-2015

2/2015

15

der Experte für richtiges Verhalten im Reinraum. »Darum ist es wich-tig, die Mitarbeiter durch gezieltes Training für die erhöhten Risiken durch Pollen, Partikel und Keime zu sensibilisieren.«

Das gilt genauso für das Einbringen von Material. Ein Werkzeugkoffer, den ein Handwerker zuvor auf ei-ner Baustelle benutzt hat und nun in den Reinraum mitnehmen will, muss zuvor samt Inhalt Quadratmil-limeter für Quadratmillimeter ge-

reinigt werden. Das kann viel Zeit in Anspruch nehmen, wenn es richtig gemacht werden soll. »Auch hierbei spielt die Motivation des Personals eine große Rolle«, sagt Frank Duver-nell. Um den Zeitaufwand und das Kontaminationsrisiko zu vermei-den, rät er dazu, reines Werkzeug im Reinraum zu lagern, welches dann von entsprechendem Fachpersonal gereinigt wird. Ist das Einbringen bestimmter Werkzeug partout nicht zu umgehen, müssen auch hierfür die Einschleuseprozesse exakt be-

schrieben und trainiert werden. Nur dann lässt sich eine maximale Re-duzierung der Verunreinigungen erreichen.

Betreiber von Reinräumen, die sich die Ratschläge der Exper-ten zu Herzen nehmen, können den Herausforderungen der wär-meren Jahreszeit gelassen entge-gensehen. Denn Pollenflug, Luft-feuchtigkeit und Keimwachstum werden ihrem Reinraum nichts anhaben können.

Am 09. und 10. Juni 2015 veranstaltet die CleanroomAcademy GmbH im schwei-zerischen Wangen an der Aare zweitägi-ge Reinraum-Expertentage zum Thema »Reinraum und Umweltschutz«. Das Spektrum der Expertenvorträge reicht von der Energie- und Lärmreduzierung über die Trennung und Entsorgung von Abfall bis hin zum grünen Reinraum.

+PL�=LYHUZ[HS[\UN�ÄUKL[�Z[H[[�PT�Cleanroom Experience Competence Center Vorstadt 4CH-3380 Wangen an der Aare

0UMVYTH[PVULU�a\Y�(UTLSK\UN�E-Mail: [email protected]: www.cl-ex.com (unter »Expert Days«)

Reinraum-Expertentage zu »Reinraum und Umweltschutz«

Abbildung 2: Wassergehalt der Luft.Je höher die Temperatur ansteigt, desto mehr Wasser kann die Luft aufnehmen. Bei 100% relative Feuchte ist die Sättigung erreicht.

Abbildung 3: Taupunkte bei relativer Luftfeuchte von 80%.Die Abkühlung von Luft mit 80% relativer Luftfeuchte führt zur Ab-scheidung von Wasser am Taupunkt.

Page 16: Cleanroom Magazin 02-2015

16

2/2015

17

2/2015

Er ist schnell, aggressiv und hat in-zwischen zwölf Menschenleben auf dem Gewissen. Sein Name: Aci-netobacter baumanii. Der Tatort: das Universitätsklinikum Schles-wig-Holstein in Kiel. Seit Dezember 2014 grassiert hier der gefürchtete Krankenhauskeim. Normalerweise lebt er im Wasser und in der Erde. In die Uniklinik gelangte er mit einem Patienten, der am 11. Dezember 2014 aus dem Mittelmeerraum nach Kiel verlegt worden war. Als der Patient starb, hatte Acinetobacter baumanii bereits weitere Patienten infiziert. Anfang Januar 2015 schien der Aus-bruch unter Kontrolle zu sein. Doch dann brach eine zweite Infektions-welle aus. Niemand weiß, woher der Erreger diesmal kam. Das Tückische an ihm ist: Er verbreitet sich durch die Luft sowie durch Kontaktinfekti-on. Die Unsichtbarkeit des Keims ist dabei nur ein Problem. Das andere ist, dass er gegen mehrere Antibioti-kagruppen resistent ist - er lässt sich zunächst nicht mit Medikamenten ausmerzen.

Täglich 80.000 Patienten Ausbrüche von multiresistenten Keimen wie an der Kieler Unikli-nik gibt es regelmäßig in den Kran-

kenhäusern rund um die Welt. Al-lein in Europa infizieren sich jedes Jahr 3,2 Millionen Menschen mit einem Krankenhauskeim. Zu die-sem erschreckenden Ergebnis kam eine Studie des European Centre for Disease Prevention and Cont-rol (ECDC) im schwedischen Solna. Demnach müssen in Europas Kli-niken täglich 80.000 Patienten we-gen Infektionen behandelt werden, die sie zuvor noch nicht hatten und sich erst durch ihren Aufenthalt im Krankenhaus oder eine Behandlung zuzogen.

An der Studie hatten 1.000 Kliniken aus allen EU-Staaten sowie Norwe-gen und Island teilgenommen. Nach Auswertung von 231.000 Patienten-daten samt Antibiotika-Verschrei-bungen ergab sich folgendes Bild: Bei 19,4 Prozent aller infizierten Pa-tienten verursachten die Keime ei-ne Lungenentzündung, bei 19 Pro-zent eine Harnwegsinfektion. In fast 20 Prozent der Fälle war die Operati-onswunde nach dem chirurgischen

Eingriff keimbelastet. Das größte Ri-siko, von Keimen befallen zu wer-den, besteht laut der Studie auf der Intensivstation. Im EU-Durchschnitt ziehen sich hier 19,5 Prozent aller Pa-tienten eine Krankenhausinfektion

Was tun gegen Krankenhauskeime? In Europas Kliniken infizieren sich jedes Jahr

3,2 Millionen Menschen mit gefährlichen Erregern.

Krankenhauskeime töten allein in Deutschland bis zu 40.000 Pa-tienten pro Jahr. Dies meldet die Deutsche Gesellschaft für Kran-kenhaushygiene. Da es kein zentrales Meldeverfahren gibt, dürfte die Dunkelziffer noch höher sein. Eine konsequente Anwendung von Reinraumtechnologien könnte einen großen Teil der Infek-tionen und Todesfälle verhindern.

Staphylococcus aureus gilt als einer der häu-figsten Verursacher von Krankenhausinfek-tionen. Foto: HZI/Rhode

Instrumententisch: Differential-Flow-Lüftungen verhindern, dass Keime aus der Umgebung in die offene Wunde oder auf den Instrumententisch gelangen. Foto: WavebreakmediaMicro

Clostridium difficile zählt in Krankenhäusern zu den Haupterregern mitunter tödlicher Durchfallerkrankungen. Foto: HZI / Rhode

ECDC-Direktor Marc Sprenger plädiert zur Vermeidung von Krankenhausinfektionen für mehrdimensionale Präventions- und Kontrollprogramme. Foto: ECDC

LIFE

& B

USIN

ESS |

KRA

NKEN

HAUS

KEIM

E

Page 17: Cleanroom Magazin 02-2015

16

2/2015

17

2/2015

Er ist schnell, aggressiv und hat in-zwischen zwölf Menschenleben auf dem Gewissen. Sein Name: Aci-netobacter baumanii. Der Tatort: das Universitätsklinikum Schles-wig-Holstein in Kiel. Seit Dezember 2014 grassiert hier der gefürchtete Krankenhauskeim. Normalerweise lebt er im Wasser und in der Erde. In die Uniklinik gelangte er mit einem Patienten, der am 11. Dezember 2014 aus dem Mittelmeerraum nach Kiel verlegt worden war. Als der Patient starb, hatte Acinetobacter baumanii bereits weitere Patienten infiziert. Anfang Januar 2015 schien der Aus-bruch unter Kontrolle zu sein. Doch dann brach eine zweite Infektions-welle aus. Niemand weiß, woher der Erreger diesmal kam. Das Tückische an ihm ist: Er verbreitet sich durch die Luft sowie durch Kontaktinfekti-on. Die Unsichtbarkeit des Keims ist dabei nur ein Problem. Das andere ist, dass er gegen mehrere Antibioti-kagruppen resistent ist - er lässt sich zunächst nicht mit Medikamenten ausmerzen.

Täglich 80.000 Patienten Ausbrüche von multiresistenten Keimen wie an der Kieler Unikli-nik gibt es regelmäßig in den Kran-

kenhäusern rund um die Welt. Al-lein in Europa infizieren sich jedes Jahr 3,2 Millionen Menschen mit einem Krankenhauskeim. Zu die-sem erschreckenden Ergebnis kam eine Studie des European Centre for Disease Prevention and Cont-rol (ECDC) im schwedischen Solna. Demnach müssen in Europas Kli-niken täglich 80.000 Patienten we-gen Infektionen behandelt werden, die sie zuvor noch nicht hatten und sich erst durch ihren Aufenthalt im Krankenhaus oder eine Behandlung zuzogen.

An der Studie hatten 1.000 Kliniken aus allen EU-Staaten sowie Norwe-gen und Island teilgenommen. Nach Auswertung von 231.000 Patienten-daten samt Antibiotika-Verschrei-bungen ergab sich folgendes Bild: Bei 19,4 Prozent aller infizierten Pa-tienten verursachten die Keime ei-ne Lungenentzündung, bei 19 Pro-zent eine Harnwegsinfektion. In fast 20 Prozent der Fälle war die Operati-onswunde nach dem chirurgischen

Eingriff keimbelastet. Das größte Ri-siko, von Keimen befallen zu wer-den, besteht laut der Studie auf der Intensivstation. Im EU-Durchschnitt ziehen sich hier 19,5 Prozent aller Pa-tienten eine Krankenhausinfektion

Was tun gegen Krankenhauskeime? In Europas Kliniken infizieren sich jedes Jahr

3,2 Millionen Menschen mit gefährlichen Erregern.

Krankenhauskeime töten allein in Deutschland bis zu 40.000 Pa-tienten pro Jahr. Dies meldet die Deutsche Gesellschaft für Kran-kenhaushygiene. Da es kein zentrales Meldeverfahren gibt, dürfte die Dunkelziffer noch höher sein. Eine konsequente Anwendung von Reinraumtechnologien könnte einen großen Teil der Infek-tionen und Todesfälle verhindern.

Staphylococcus aureus gilt als einer der häu-figsten Verursacher von Krankenhausinfek-tionen. Foto: HZI/Rhode

Instrumententisch: Differential-Flow-Lüftungen verhindern, dass Keime aus der Umgebung in die offene Wunde oder auf den Instrumententisch gelangen. Foto: WavebreakmediaMicro

Clostridium difficile zählt in Krankenhäusern zu den Haupterregern mitunter tödlicher Durchfallerkrankungen. Foto: HZI / Rhode

ECDC-Direktor Marc Sprenger plädiert zur Vermeidung von Krankenhausinfektionen für mehrdimensionale Präventions- und Kontrollprogramme. Foto: ECDC

LIFE

& B

USIN

ESS |

KRA

NKEN

HAUS

KEIM

E

Page 18: Cleanroom Magazin 02-2015

18

2/2015

19

2/2015

Notwendig sei daher ein konzertier-tes Zusammenwirken aller Beteilig-ten. Zwar habe die Infektionspro-phylaxe schon seit Jahren für die Kliniken allerhöchste Priorität und es konnten viele Verbesserungen er-reicht werden. »Mehr Infektionsver-meidung wäre aber möglich, wenn alle konsequent dazu beitragen wür-den«, sagt Baum. Dazu seien auch In-vestitionen in bauliche und sanitäre Ausstattungen nötig. Dafür plädiert auch Professor Ger-nod Dittel. Der Vorstandsvorsitzen-

de des Deutschen Reinrauminstituts und Geschäftsführer des Ingenieur-büros Dittel Engineering kritisiert, dass das Gros der Operationssäle in Deutschland nicht dem technologi-schen Stand von heute entspreche. Viele OPs seien um die 30 Jahre alt. Der Professor aus dem oberbayeri-schen Kochel am See ist überzeugt, dass sich die Zahl der Infektionen re-duzieren ließe, wenn es in den »Herz-kammern der Krankenhäuser« sau-berer zuginge. »Jedes Krankenhaus sollte mindestens einen Reinraum

besitzen: den OP«, sagt Gernod Dit-tel. Mit Reinraumtechnologien lasse sich die benötigte mikrobiologische Luftreinheit herstellen.

Reinraumkonzepte für den OP

Hierfür gibt es im Wesentlichen drei Konzepte: die turbulenzarme Verdrängungsströmung, die turbul-ente Mischlüftung und die Schicht-lüftung. Bei allen drei Arten wird kontinuierlich gereinigte Luft zuge-führt. Der Unterschied: Während die turbulente Mischströmung für eine Verdünnung der Konzentration luft-getragener Schwebstoffteilchen sorgt, bewirken die turbulenz- arme Ver-drängungsströmung und die Schicht-lüftung eine Verdrängung - bei der Verdrängungsströmung von oben, bei der Schichtlüftung von unten.

Besonders geeignet für Operations-säle ist die turbulenzarme Verdrän-gungsströmung. Hierbei werden Patient und OP-Team vom Decken-auslass herab mit steriler Reinluft überflutet, welche dann in den Rau-mecken durch Auslässe wieder ent-

zu. In den meisten Fällen sind Atem-wege und Blutbahn betroffen.Der ECDC-Studie zufolge ist das Darmbakterium Escherichia Coli (E.Coli) der häufigste Krankenhaus-heim. Der Zweithäufigste ist Methicil-lin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA). Er verursacht in Deutsch-land zwischen 20 und 40 Prozent aller Krankenhausinfektionen, in Rumänien, Italien und Portugal sind es mehr als 60 Prozent. Der Direk-

tor des ECDC, der Niederländer Marc Sprenger, mahnt die Verantwortli-chen: »Ein Gutteil der Kranken-hausinfektionen könnte durch ein Bündel nachhaltiger und mehrdi-mensionaler Präventions- und Kon-trollprogramme verhindert werden.«

Schärfere Gesetze gefordert

Der Berufsverband der Deutschen Chirurgen geht einen Schritt wei-ter und fordert schärfere Gesetze. Um das Problem in den Griff zu be-kommen, reiche das neue Infekti-onsschutzgesetz nicht aus. Vielmehr müsse schon bei der Entstehung der Keime angesetzt und nicht erst im Krankenhaus gehandelt werden. »Denn die Erreger stammen selten

aus den Kliniken selbst, sondern werden hineingeschleppt«, sagt Ver-bandsvizepräsidentin Professor Julia Seifert. Nach Ansicht des Verbandes gibt es für die Zunahme multiresis-tenter Keime mehrere Gründe: den vermehrten Antibiotika-Einsatz in der Tiermast, verunreinigtes Import-fleisch, die Weitergabe der Erreger durch Bauern, Tierärzte und Touris-ten sowie laxe Hygiene-Vorschriften und ein ebensolcher Umgang mit Antibiotika in vielen Ländern.

Georg Baum, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesell-schaft (DKG), will den Hebel in den Krankenhäusern ansetzen. »Wie der Fall Kiel zeigt, kann trotz konsequen-ter Einhaltung von Hygienemaßnah-men das Risiko einer Erregerübertra-gung nicht ausgeschlossen werden.«

Operation: Offene Wunden sind Einfallstore für Keime. Foto: WavebreakMediaMicroMedizinische Instrumente. Foto: werbefoto-burger.ch

Georg Baum, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, fordert zur Infektionsprophylaxe ein konzertiertes Zusammenwirken aller Beteiligten. Foto: DKG

Julia Seifert, Vizepräsidentin des Berufsver-bandes der Deutschen Chirurgen, beobachtet, dass Erreger selten aus den Krankenhäusern stammen, sondern eingeschleppt werden. Foto: Jenny Sieboldt

Gernod Dittel, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Reinrauminstituts, kritisiert, dass viele Operationssäle nicht dem technologi-schen Stand von heute entsprechen. Foto: Stefan Noack

»Der Kampf gegen resistente Keime erfordert ein konsequentes Vorgehen auf allen Ebenen.« Hermann Gröhe, Gesundheitsminister in Deutschland.

LIFE

& B

USIN

ESS |

KRA

NKEN

HAUS

KEIM

E

Page 19: Cleanroom Magazin 02-2015

18

2/2015

19

2/2015

Notwendig sei daher ein konzertier-tes Zusammenwirken aller Beteilig-ten. Zwar habe die Infektionspro-phylaxe schon seit Jahren für die Kliniken allerhöchste Priorität und es konnten viele Verbesserungen er-reicht werden. »Mehr Infektionsver-meidung wäre aber möglich, wenn alle konsequent dazu beitragen wür-den«, sagt Baum. Dazu seien auch In-vestitionen in bauliche und sanitäre Ausstattungen nötig. Dafür plädiert auch Professor Ger-nod Dittel. Der Vorstandsvorsitzen-

de des Deutschen Reinrauminstituts und Geschäftsführer des Ingenieur-büros Dittel Engineering kritisiert, dass das Gros der Operationssäle in Deutschland nicht dem technologi-schen Stand von heute entspreche. Viele OPs seien um die 30 Jahre alt. Der Professor aus dem oberbayeri-schen Kochel am See ist überzeugt, dass sich die Zahl der Infektionen re-duzieren ließe, wenn es in den »Herz-kammern der Krankenhäuser« sau-berer zuginge. »Jedes Krankenhaus sollte mindestens einen Reinraum

besitzen: den OP«, sagt Gernod Dit-tel. Mit Reinraumtechnologien lasse sich die benötigte mikrobiologische Luftreinheit herstellen.

Reinraumkonzepte für den OP

Hierfür gibt es im Wesentlichen drei Konzepte: die turbulenzarme Verdrängungsströmung, die turbul-ente Mischlüftung und die Schicht-lüftung. Bei allen drei Arten wird kontinuierlich gereinigte Luft zuge-führt. Der Unterschied: Während die turbulente Mischströmung für eine Verdünnung der Konzentration luft-getragener Schwebstoffteilchen sorgt, bewirken die turbulenz- arme Ver-drängungsströmung und die Schicht-lüftung eine Verdrängung - bei der Verdrängungsströmung von oben, bei der Schichtlüftung von unten.

Besonders geeignet für Operations-säle ist die turbulenzarme Verdrän-gungsströmung. Hierbei werden Patient und OP-Team vom Decken-auslass herab mit steriler Reinluft überflutet, welche dann in den Rau-mecken durch Auslässe wieder ent-

zu. In den meisten Fällen sind Atem-wege und Blutbahn betroffen.Der ECDC-Studie zufolge ist das Darmbakterium Escherichia Coli (E.Coli) der häufigste Krankenhaus-heim. Der Zweithäufigste ist Methicil-lin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA). Er verursacht in Deutsch-land zwischen 20 und 40 Prozent aller Krankenhausinfektionen, in Rumänien, Italien und Portugal sind es mehr als 60 Prozent. Der Direk-

tor des ECDC, der Niederländer Marc Sprenger, mahnt die Verantwortli-chen: »Ein Gutteil der Kranken-hausinfektionen könnte durch ein Bündel nachhaltiger und mehrdi-mensionaler Präventions- und Kon-trollprogramme verhindert werden.«

Schärfere Gesetze gefordert

Der Berufsverband der Deutschen Chirurgen geht einen Schritt wei-ter und fordert schärfere Gesetze. Um das Problem in den Griff zu be-kommen, reiche das neue Infekti-onsschutzgesetz nicht aus. Vielmehr müsse schon bei der Entstehung der Keime angesetzt und nicht erst im Krankenhaus gehandelt werden. »Denn die Erreger stammen selten

aus den Kliniken selbst, sondern werden hineingeschleppt«, sagt Ver-bandsvizepräsidentin Professor Julia Seifert. Nach Ansicht des Verbandes gibt es für die Zunahme multiresis-tenter Keime mehrere Gründe: den vermehrten Antibiotika-Einsatz in der Tiermast, verunreinigtes Import-fleisch, die Weitergabe der Erreger durch Bauern, Tierärzte und Touris-ten sowie laxe Hygiene-Vorschriften und ein ebensolcher Umgang mit Antibiotika in vielen Ländern.

Georg Baum, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesell-schaft (DKG), will den Hebel in den Krankenhäusern ansetzen. »Wie der Fall Kiel zeigt, kann trotz konsequen-ter Einhaltung von Hygienemaßnah-men das Risiko einer Erregerübertra-gung nicht ausgeschlossen werden.«

Operation: Offene Wunden sind Einfallstore für Keime. Foto: WavebreakMediaMicroMedizinische Instrumente. Foto: werbefoto-burger.ch

Georg Baum, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, fordert zur Infektionsprophylaxe ein konzertiertes Zusammenwirken aller Beteiligten. Foto: DKG

Julia Seifert, Vizepräsidentin des Berufsver-bandes der Deutschen Chirurgen, beobachtet, dass Erreger selten aus den Krankenhäusern stammen, sondern eingeschleppt werden. Foto: Jenny Sieboldt

Gernod Dittel, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Reinrauminstituts, kritisiert, dass viele Operationssäle nicht dem technologi-schen Stand von heute entsprechen. Foto: Stefan Noack

»Der Kampf gegen resistente Keime erfordert ein konsequentes Vorgehen auf allen Ebenen.« Hermann Gröhe, Gesundheitsminister in Deutschland.

LIFE

& B

USIN

ESS |

KRA

NKEN

HAUS

KEIM

E

Page 20: Cleanroom Magazin 02-2015

20

2/2015

weicht. Bei diesem auch Laminar Flow genannten Belüftungskon-zept können keine Partikel und Kei-me aus der Umgebung in die offene Wunde des Patienten oder auf den Instrumententisch gelangen.

Da es sehr kostenaufwendig wäre, den gesamten OP so zu belüften, empfiehlt sich eine Unterteilung des Raumes in verschiedene Rein-heitsgrade. Bewerkstelligen lässt sich das mit Differential-Flow-Lüf-tungen. Sie erzeugen innerhalb ei-nes Kernbereichs eine schnellere Luftströmung als im übrigen Raum. So wird die höchste Reinheit genau dort realisiert, wo sie gebraucht wird, und sicher verhindert, dass Konta-minationen aus anderen Teilen des Raumes in diese Kernzone eindrin-gen. Klinikbetreiber sollten jedoch bedenken, dass die Bewegungen des OP-Teams sowie die Abwärme

von Lampen und Geräten den ver-drängenden Luftstrom verwirbeln. Um sicherzustellen, dass die Ver-drängungswirkung in jedem Fall aufrechterhalten wird, sollten ge-eignete Dienstleister zuvor unter-suchen, welche Strömungsart und -geschwindigkeit zum Ausgleich der Störfaktoren erforderlich sind.

Schlechte Schutzkleidung

Doch damit allein ist die Gefahr von Infektionen durch luftgetra-gene Krankenhauskeime nicht ge-

bannt. Zwar schützt die Differenti-al-Flow-Lüftung den Kernbereich vor Kontaminationen aus der Um-gebung, doch eine große Kontami-nationsquelle befindet sich inner-halb der Verdrängungsströmung: Es ist das OP-Team selbst.

Um den Patienten zu schützen, ist zwar das Tragen von Schutzklei-dung vorgeschrieben. »Besonders streng sind die Vorschriften hierfür allerdings nicht«, kritisiert Gernod Dittel. »In anderen Reinräumen, zum Beispiel in der Pharmazie, wer-den deutlich strengere Kleidungs-vorschriften und Einschleusetech-niken praktiziert.« Dort wäre es zum Beispiel undenkbar, in Straßenschu-hen einzutreten. Im Operationssaal hingegen seien Ärzte und Helfer keineswegs komplett verhüllt. Meist bestehe die Kleidung aus Schürze, sterilen Handschuhen, Kopf- und Mundschutz sowie normalen Schu-hen und Strümpfen. Trüge das Per-sonal stattdessen Ganzkörperover-alls mit Atemluftabsaugung sowie sterile Stiefel, würde die Zahl der Mikroorganismen pro Kubikmeter Luft drastisch sinken, nämlich auf das Niveau der GMP-Klasse A, die höchste aller sterilen Reinraumklas-sen. Das hätten Tests an der Hoch-schule Luzern gezeigt.

Neben den OPs besitzen Kranken-

häuser meist auch eine hausinterne Apotheke. Lösungen aus der Rein-raumtechnologie sorgen auch hier für die nötige Reinheit. Isolatoren zum Beispiel oder auch Sicherheits- und Laminar-Flow-Werkbänke er-möglichen die aseptische Verarbei-tung von Wirkstoffen. Geschützt durch die Gummiärmel und –hand-schuhe der Isolatoren können die Mitarbeiter im Inneren des isolier-ten Bereichs mit den Stoffen hantie-ren. Ein laminarer Luftstrom stellt hierbei die erforderliche Luftrein-heit sicher. Nach der Arbeit wird der isolierte Bereich mit Wasserstoff-peroxid gereinigt und sterilisiert.

Entscheidend für das Unschädlich-machen von Krankenhauskeimen ist auch eine durchgängige Projekt-planung. Einzelmaßnahmen hel-fen wenig, denn im Krankenhaus hängen alle Subsysteme eng mitei-nander zusammen. »Allein mit dem Umbau des OP wird es nicht gelin-gen, ein Krankenhaus virologisch und bakteriologisch sicher zu ma-chen«, sagt Gernod Dittel. Was nüt-ze eine sterile Operation, wenn an-schließend Keime über die in der Krankenhausküche zubereiteten Speisen oder über Besucher zum Patienten gelangen? Auch komme es immer wieder vor, dass neue Ab-teilungen schon vor der Inbetrieb-nahme wegen Hygienemängeln

Sterilisationsanlage. Foto: werbefoto-burger.ch

Forscherin am Rasterelektronenmikroskop. Auf den Monitoren sind Krankenhauskeime zu sehen. Foto: Jan-Peter Kasper, FSU

LIFE

& B

USIN

ESS |

KRA

NKEN

HAUS

KEIM

E

Page 21: Cleanroom Magazin 02-2015

2/2015

21umgebaut werden müssen. Wurden beispielsweise die Fliesen in einem neuen OP mit normalem Zement verfugt, dann gleicht das einem mi-krobiologischen Super-Gau. Darum müsse sich nicht nur jede Abteilung, sondern das Krankenhaus an sich in einem größeren Zusammenhang sehen. Nötig sei ein interdisziplinä-rer Ansatz.

Der Gesundheits-minister handelt

Eine scharfe Waffe im Kampf ge-gen Krankenhauskeime ist auch der GMP-Leitfaden (Good Manufactu-ring Practice). Diese Richtlinie zur guten Herstellungspraxis sichert die Qualität der Produktionsabläufe und

-umgebung bei der Herstellung von Arzneimitteln. Im Gegensatz zu vie-len hygienekritischen Branchen ha-ben Krankenhäuser aber nur mini-male Erfahrungen mit GMP. Würden sie die Richtlinie konsequent anwen-

den, ließen sich viele Krankenhau-sinfektionen vermeiden. Allein der Umstand, dass Krankenhaus-Apo-theken weniger streng auditiert wer-den als externe Apotheken, verlei-tet in Krankenhaus-Apotheken zu Nachlässigkeiten.

Inzwischen griff Bundesgesund-heitsminister Hermann Gröhe ins Geschehen ein. »Der Kampf gegen resistente Keime erfordert ein kon-sequentes Vorgehen auf allen Ebe-nen«, sagte er nach dem 12. Todes-fall im Kieler Universitätsklinikum und legte einen Zehn-Punkte-Plan vor. Darin fordert er unter ande-rem von den Krankenhäusern die strikte Einhaltung der Hygienevor-schriften sowie Kontrollen durch die Gesundheitsämter. Zudem will er die Meldepflichten verschärfen, so dass resistente Erreger nicht erst bei einem Krankheitsausbruch, sondern schon beim ersten Nach-weis gemeldet werden müssen. Das verschaffe den Gesundheitsämtern wertvolle Zeit. Der Kieler Fall müsse auch Anlass sein, Verfahren zu er-proben, durch die Patienten bereits im Vorfeld geplanter Krankenhaus-aufenthalte auf bestimmte gefähr-liche Keime untersucht werden, sagt Gröhe. Sein Verordnungsent-wurf ist bereits in der Ressortab-stimmung. Er soll noch im Sommer in Kraft treten.

Autoklav im Medizinlabor. Foto: Lyosha Nazarenko

Was sind multiresistente Keime?Hierbei handelt es sich um Krankheitserreger, die durch zu häu-figen oder falschen Antibiotika-Einsatz resistent geworden sind. Da einige Erreger gleich gegen mehrere Antibiotika-Klassen eine Unempfindlichkeit ausgebildet haben, werden sie multiresistente Keime genannt.

Warum sind multiresistente Keime so gefährlich?Keime, die Resistenzen gegen Antibiotika ausgebildet haben, lassen sich nicht mehr medikamentös abtöten. Ihre Übertragung erfolgt durch direkten Körperkontakt, über Gegenstände und über die Luft.

Welche Keime treten am häufigsten auf?MRSA-, VRE- und EBSL-Keime verursachen die meisten Todesfälle. Die Kürzel stehen für Methicillin-resistente Staphylococcus aureus, Vancomycin-resistente Enterokokken und Beta-Laktamase produ-zierende Enterobakterien.

Wer ist infektionsgefährdet?Krankenhauskeime sind besonders gefährlich für alte und immun-geschwächte Menschen sowie für Patienten auf Intensivstationen. Auch Menschen, die mit vielen anderen Patienten auf engem Raum untergebracht sind, sowie mangelnde Hygiene im Krankenhaus er-höhen das Infektionsrisiko.

Multiresistente Krankenhauskeime

Page 22: Cleanroom Magazin 02-2015

22

2/2015

Wenn Ärzte in Zukunft eine Krank-heit diagnostizieren wollen, dann schauen sie dem Patienten nicht mehr in den Mund, sondern in die Zellen. Winzige Sensorsysteme im Nanometerbereich könnten das schon bald ermöglichen. Sie drin-gen minimalinvasiv wie eine Nadel in lebende Zellen ein und nehmen dort vielfältige biochemische Analy-sen vor. So lassen sich aufkeimende Krankheiten erkennen, noch bevor der Betroffene überhaupt die ersten Symptome wahrnimmt.

Forscher im südwestdeutschen Ulm arbeiten bereits an solchen Nano-U-Booten. Sie bestehen aus winzig kleinen halbleitenden Na-nostrukturen, die als Biosensoren in der Zelle vielfältige Prozesse un-tersuchen können, ohne deren kom-plexes Zusammenspiel nennens-wert zu stören. Dies könnte künftig die Arbeit mit Sonden überflüssig machen, die die biochemischen Vor-gänge in den Zellen nachhaltig be-einträchtigen.

Steffen Strehle, Forscher am Institut für Elektronische Bauelemente und Schaltungen der Universität Ulm, erklärt: »Bei halbleitenden Nano-

strukturen reicht oft die Anlagerung weniger Moleküle an der Oberfläche aus, um die elektrische Leitfähigkeit der Struktur deutlich zu ändern.« Dadurch lassen sich krankheitsspe-zifische Biomarker sehr früh auf-spüren, noch bevor der Patient die ersten Symptome spürt. Darüber hi-naus können die Forscher mit Hil-fe der Nanosensoren den Zellen von innen bei der Arbeit zuschau-en. So hat Steffen Strehle gemein-sam mit weiteren Wissenschaftlern beispielsweise den »Herzschlag« ei-ner einzelnen Herzmuskelzelle in-trazellulär aufgezeichnet. »Nano-systeme besitzen ein interessantes und vielseitiges Einsatzpotenzial«, sagt Strehle. Leider schafften es aus-sichtsreiche Laborversuche allzu oft nicht in die Praxis.

Nanobiomedizin-Plattform gegründet

Um das zu ändern, wurde am 4. März 2015 in Frankfurt am Main eine deutsche NanoBioMedi-zin-Plattform gegründet. Ihr Ziel ist die Etablierung forschungsdiszi-plin-übergreifender Konzepte und Wertschöpfungsketten, angefan-

gen bei der Nanomaterialentwick-lung bis hin zur Klinik. Anlass für den Zusammenschluss war die Er-kenntnis, dass sich die Nanotech-nologie nur dann erfolgreich in biomedizinische Anwendungen in-tegrieren lässt, wenn Materialwis-senschaftler, Chemiker, Biologen und Physiker mit Pharmazeuten, Kliniken und Industrieunterneh-men zusammenarbeiten. Mit der Plattform existiert nun erstmals ein Rahmen für den erforderlichen Dia-log aller Akteure.

Das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung unter-stützt die Anwendung der Nano-technologie in der Pharmazie und Medizintechnik mit zahlreichen Fördermaßnahmen in der Werk-stoff- und Gesundheitsforschung. Als besonders aussichtsreich gilt der Einsatz sogenannter nanoskali-ger, funktionalisierbarer Transpor-ter. Sie sollen Wirkstoffe effizienter über biologische Barrieren hinweg an den Wirkort bringen. Forscher arbeiten bereits an der Entwick-lung entsprechender Trägersyste-me. Hierfür werden unter anderem Makromoleküle, Lipide, Biopolyme-re und Hydrogele genutzt. Faszinie-rend daran ist, dass sich zusätzliche Funktionen in die Trägersysteme integrieren lassen. So kann zum Beispiel über Magnetfelder oder pH-Werte die Wirkstofffreisetzung »eingeschaltet« oder der Wirkstoff am Wirkort angereichert werden.

Mit dem U-Boot zur Krebszelle NanoBioMedizin hilft, Krankheiten früher zu erkennen und gezielt zu therapieren.

Durch die Integration von Nanotechnologien in biomedizinische Anwendungen können Wirkstoffe direkt an den Krankheitsherd herangeführt werden und dort gezielt ihre Wirkung entfalten. Zu-dem erkennen die Nanosysteme beginnende Krankheiten schon vor dem Auftreten erster Symptome. Der Weg zur personalisier-ten Medizin scheint offen.

Foto

: fot

olia

LIFE

& B

USIN

ESS |

NAN

OBIO

MED

IZIN

Page 23: Cleanroom Magazin 02-2015

2/2015

23

Nanopartikel als Transportbehäl-ter eignen sich für den Kampf ge-gen eine Vielzahl von Krankheiten, darunter Tumore, Entzündungen, Hautkrankheiten und Alzheimer.

Sie können über die Haut, den Darm oder den Blutkreislauf an ihr Ziel gebracht werden, etwa ins Ge-hirn, in den Verdauungstrakt oder in sonstige Organe. Auch für das

Einschleusen von DNA in Zellen, beispielsweise für Gentherapien, sind Nanopartikel als Transportbe-hälter prädestiniert.

Nano-Roboter könnten künftig medizinische Wirkstoffe transportieren, Krebszellen zerstören und Gentherapien an Zellen vornehmen.

Foto

s: fo

tolia

, bea

wol

f

Page 24: Cleanroom Magazin 02-2015

24

2/2015

Stark wachsender Markt

Nanotechnologische Produkte in der Medizin sind ein boomender Markt. Der weltweite Umsatz mit derarti-gen Produkten soll sich nach einer Prognose des Marktforschungsun-ternehmens BCC von 43 Milliarden Dollar im Jahr 2011 bis 2016 mehr als verdoppeln. Die Zahl nanomedizini-scher Produkte auf dem Weltmarkt wird auf über 100 geschätzt, davon entfallen rund ein Drittel auf den Pharmabereich. Hinzu kommen rund 150 Produkte, die sich derzeit in klinischer Erprobung befinden.

Schon länger etabliert in der phar-mazeutischen Anwendung sind Verfahren, die für eine verbesser-te Aufnahme und Bioverfügbar-

keit von Wirkstoffen sorgen. Hierzu zählen die Verkapselung mit Liposo-men und Polymeren, die Vergröße-rung der Wirkstoffoberfläche durch Mahl- und Emulgierverfahren oder auch die chemische Anbindung von Polyethylenglycol an Pro-tein-Wirkstoffe. Bei letztgenann-tem Verfahren hängen sich zum Beispiel kettenförmige Struktu-ren an den Wirkstoff an, hüllen diesen ein und schützen ihn ge-gen Angriffe des Immunsystems, so dass er unbeschadet an seinen Einsatzort gelangen kann.

Kommerzielle Nanoprodukte

In der Medizintechnik finden sich kommerzielle Nanoprodukte heute

vor allem in der in-vitro- und in-vi-vo-Diagnostik, in Knochenersatz-materialien und in nanobeschich-teten Implantaten. Auf Letztere setzt

zum »Beispiel das Berufsgenossen-schaftliche Universitätsklinikum Bergmannsheil im westdeutschen Bochum. Hier beschäftigen sich Wissenschaftler aus der Chirurgi-schen Forschung mit nanopartiku-lärem Silber. »Die antimikrobielle Wirkung von Silber ist zwar schon sehr lange bekannt, aber der Sieges-zug der Antibiotika hat die Anwen-dung von Silber im medizinischen Bereich fast vergessen lassen«, sagt

»Nanopartikuläres Silber bietet eine neue Perspektive.« Professor Manfred Köller, Chirurgische Universitätsklinik Bochum

LIFE

& B

USIN

ESS |

NAN

OBIO

MED

IZIN

Foto

s: fo

tolia

, bea

wol

f

Setzt im Kampf gegen antibiotika-resistente Keime auf Nanosilber: Professor Manfred Köller, Leiter der Chirurgischen Universitäts-klinik in Bochum. 

Page 25: Cleanroom Magazin 02-2015

2/2015

25

Professor Manfred Köller, Leiter der Chirurgischen Universitätsklinik.

Da viele Mikroorganismen, insbe-sondere die so genannten Kranken-hauskeime, mittlerweile Resisten-zen gegen Antibiotika entwickelt haben, suchen Mediziner un-ter Hochdruck nach Alternativen. »Hier bietet nanopartikuläres Sil-ber eine neue Perspektive«, betont Professor Köller. Anwendungen ergeben sich zum Beispiel bei Be-schichtungen von Kathetern, Ste-rilverpackungen, OP-Geräten oder auch Prothesen. Die Vorteile der Nanopartikel liegen dabei in ihrer

Winzigkeit. Denn ihre Oberfläche ist zusammengenommen viel grö-ßer als die eines einzelnen großen Körpers mit gleicher Silbermen-ge. Da die vergrößerte Oberfläche kontinuierlich mehr Silber freisetzt, kann das Wachstum der Mikroor-ganismen besser gehemmt werden.

Krebszellen im Visier

Eine weitere vielversprechende An-wendung der Nanobiomedizin liegt in der Krebsfrüherkennung. Medi-ziner der Johannes Gutenberg-Uni-versität Mainz forschen hierzu an

einem Verfahren, das die Nanotech-nologie auf neuartige Weise mit Prinzipien aus der Festplattentech-nologie kombiniert. Auf diese Wei-se sollen losgelöste Tumorzellen im menschlichen Kreislauf nachgewie-sen werden. »Es deutet viel darauf hin, dass im Körper verstreute Tu-morzellen tatsächlich ein frühzeiti-ges Warnsignal für eine Krebserkran-kung oder für das Wiederauftreten der Erkrankung nach der Tumorthe-rapie sind«, sagt Projektleiter Profes-sor Roland Stauber.

Der Nachweis solcher Tumorzellen sei sowohl für die Prognose als auch

Foto

: fot

olia

Swiss Medtech Expo 2015Die Swiss Medtech Expo in Luzern, Schweiz, gilt als Branchentreff für die Medizintechnik-Industrie. Sie findet statt vom 15. bis 16.09.2015. Auf der Messe präsentieren sich Systemlieferanten und Dienstleister sowie Forschungs- und Bildungsinstitute mit ihren Produkten und Services. Besucher aus reinräu-me-nutzenden Branchen erhalten hier einen aktuellen Marktüberblick zu Themen wie aktive und pas-sive Implantate, Diagnostik, neue Materialien, Oberflächen, Mikro- und Nanotechnologie, Robotik und elektromechanische Geräte. | Mehr Informationen unter: www.medtech-expo.ch

Foto

s: fo

tolia

, bea

wol

f

Swiss Medtech Expo 2015

Page 26: Cleanroom Magazin 02-2015

26

2/2015

27

2/2015

für die Diagnose besonders interes-sant. In dem Forschungsprojekt ar-beiten die Mainzer Wissenschaftler gemeinsam mit Partnern aus Indus-trie und Wissenschaft daran, die Konzentration der seltenen Zellen im Blut durch magnetische Detek-tion mit einem Festplattenlesekopf zu bestimmen. Der Wissenschaftli-che Vorstand der Universitätsmedi-zin, Professor Reinhard Urban, er-klärt: »Die rechtzeitige Erkennung ist nach wie vor das entscheiden-de Kriterium in der Krebsbekämp-fung.« Der Forschungsansatz des Verbundprojekts sei daher unge-heuer innovativ und verspreche ei-ne neue Dimension für künftige Therapiekonzepte.

Nanosensoren gegen Herzinfarkt

Auch in der Herzinfarkt-Früher-kennung könnte die Nanobiome-dizin bald für einen Durchbruch sorgen. Vielversprechende Arbei-ten auf diesem Gebiet leisten For-scher am Institut für Physik der Karl-Franzens-Universität im ös-terreichischen Graz. Ihr Ziel ist die

Entwicklung hochsensibler Biosen-soren, die es erlauben, einen Herz-infarkt schnell und sicher nachzu-weisen. Dabei kommt bestimmten Proteinen eine besondere Bedeu-tung als Biomarker zu. Ihr Vorkom-men im Blut weist auf die Erkran-kung hin und ermöglicht eine frühe Diagnose.

Grundlage der Früherkennung sind speziell designte Gold-Nanopartikel, die an der Universität hergestellt werden und über besondere opti-sche Eigenschaften verfügen. Diese Nanopartikel werden mit einer mo-lekularen Schicht überzogen, wel-che die gesuchten Proteine an sich bindet. Da sich die spektrale Zusam-mensetzung des von den Nanoteil-

chen gestreuten Lichts durch die eingefangenen Proteine verändert, kann mit entsprechenden Messme-thoden eine Diagnose bereits in ei-nem sehr frühen Stadium erfolgen.

Die wissenschaftlichen Grundla-gen hierfür sind geschaffen. Nun soll der Schritt in die praktische Anwendung folgen. Professor Joa-chim Krenn, Leiter der Arbeitsgrup-pe Nano-Optik, denkt bereits an ent-sprechende optische Nanosensoren: »Wir haben in den letzten Jahren ge-lernt, die Nanopartikel herzustellen und zu charakterisieren. Ihre An-wendung auf die Sensorik ist der lo-gische nächste Schritt.«

Innovative Medizinprodukte dieser Art spielen für die Therapie und Diagnostik des Menschen eine im-mer größere Rolle. Voraussetzung für ihr einwandfreies Funktionie-ren ist, dass sie bei der Herstellung vor jeglichen partikulären und mi-krobiologischen Verunreinigungen sicher geschützt werden. Hier liegt für die Reinraumtechnik ein gro-ßes Potenzial, denn ohne hochreine Forschungs- und Fertigungsanlagen keine Nanobiomedizin.

Ein reiner Raum entsteht im Kopfwww.reinraum-akademie.de

AKADEMIE – Schulungen, Fachseminare, CoachingsCLEANROOM EXPERTS DAYS – TagungenWISSENSPORTAL – Trends und InnovationenCOMPETENCE CENTER – Reinraumwissen zum Anfassen

LIFE

& B

USIN

ESS |

NAN

OBIO

MED

IZIN

Helfen steht jedem gut.

Jette Joop, Designerin und DRK-Botschafterin

DRK.de

Eines für alle ...

'5.�%RWVFKDIWHU�$���F�LQGG���� ����������������

Arbeitet an optischen Nanosensoren für die Herzinfarkt-Früherkennung: Professor Joachim Krenn , Universität Graz.

Page 27: Cleanroom Magazin 02-2015

26

2/2015

27

2/2015

für die Diagnose besonders interes-sant. In dem Forschungsprojekt ar-beiten die Mainzer Wissenschaftler gemeinsam mit Partnern aus Indus-trie und Wissenschaft daran, die Konzentration der seltenen Zellen im Blut durch magnetische Detek-tion mit einem Festplattenlesekopf zu bestimmen. Der Wissenschaftli-che Vorstand der Universitätsmedi-zin, Professor Reinhard Urban, er-klärt: »Die rechtzeitige Erkennung ist nach wie vor das entscheiden-de Kriterium in der Krebsbekämp-fung.« Der Forschungsansatz des Verbundprojekts sei daher unge-heuer innovativ und verspreche ei-ne neue Dimension für künftige Therapiekonzepte.

Nanosensoren gegen Herzinfarkt

Auch in der Herzinfarkt-Früher-kennung könnte die Nanobiome-dizin bald für einen Durchbruch sorgen. Vielversprechende Arbei-ten auf diesem Gebiet leisten For-scher am Institut für Physik der Karl-Franzens-Universität im ös-terreichischen Graz. Ihr Ziel ist die

Entwicklung hochsensibler Biosen-soren, die es erlauben, einen Herz-infarkt schnell und sicher nachzu-weisen. Dabei kommt bestimmten Proteinen eine besondere Bedeu-tung als Biomarker zu. Ihr Vorkom-men im Blut weist auf die Erkran-kung hin und ermöglicht eine frühe Diagnose.

Grundlage der Früherkennung sind speziell designte Gold-Nanopartikel, die an der Universität hergestellt werden und über besondere opti-sche Eigenschaften verfügen. Diese Nanopartikel werden mit einer mo-lekularen Schicht überzogen, wel-che die gesuchten Proteine an sich bindet. Da sich die spektrale Zusam-mensetzung des von den Nanoteil-

chen gestreuten Lichts durch die eingefangenen Proteine verändert, kann mit entsprechenden Messme-thoden eine Diagnose bereits in ei-nem sehr frühen Stadium erfolgen.

Die wissenschaftlichen Grundla-gen hierfür sind geschaffen. Nun soll der Schritt in die praktische Anwendung folgen. Professor Joa-chim Krenn, Leiter der Arbeitsgrup-pe Nano-Optik, denkt bereits an ent-sprechende optische Nanosensoren: »Wir haben in den letzten Jahren ge-lernt, die Nanopartikel herzustellen und zu charakterisieren. Ihre An-wendung auf die Sensorik ist der lo-gische nächste Schritt.«

Innovative Medizinprodukte dieser Art spielen für die Therapie und Diagnostik des Menschen eine im-mer größere Rolle. Voraussetzung für ihr einwandfreies Funktionie-ren ist, dass sie bei der Herstellung vor jeglichen partikulären und mi-krobiologischen Verunreinigungen sicher geschützt werden. Hier liegt für die Reinraumtechnik ein gro-ßes Potenzial, denn ohne hochreine Forschungs- und Fertigungsanlagen keine Nanobiomedizin.

Ein reiner Raum entsteht im Kopfwww.reinraum-akademie.de

AKADEMIE – Schulungen, Fachseminare, CoachingsCLEANROOM EXPERTS DAYS – TagungenWISSENSPORTAL – Trends und InnovationenCOMPETENCE CENTER – Reinraumwissen zum Anfassen

LIFE

& B

USIN

ESS |

NAN

OBIO

MED

IZIN

Helfen steht jedem gut.

Jette Joop, Designerin und DRK-Botschafterin

DRK.de

Eines für alle ...

'5.�%RWVFKDIWHU�$���F�LQGG���� ����������������

Arbeitet an optischen Nanosensoren für die Herzinfarkt-Früherkennung: Professor Joachim Krenn , Universität Graz.

Page 28: Cleanroom Magazin 02-2015

28

2/2015

29

2/2015

ner Techno-Convention oder ähn-lichem heimgesucht wird, ist ein zusätzlicher Bonus.

Was darf unterwegs nie fehlen?

Neben den geschäftlichen Unterla-gen und Produkten darf mein Was-serkocher nicht fehlen. Ich mag es, mir abends im Hotel einen Tee oder einen Kaffee zuzubereiten. Man trinkt auf Reisen sowieso zu wenig oder zu viel vom Falschen. Außer-dem kann ich bei einem Getränk und Lektüre gut runterkommen.

Welche Musik hören Sie auf Reisen?

Meistens höre ich, was gerade im Autoradio läuft, vom 80er-Jah-re-Heuler bis zum aktuellen Ohr-wurm. Manchmal hängt meine Musikauswahl aber auch von mei-ner Stimmung nach einem Kun-denbesuch ab. Wenn ich den Kopf freibekommen will und gleichzei-tig über die deutschen Autobah-nen rase, höre ich zum Beispiel Hardrock.

Welche Länder und Regionen stehen bei Ihren Reisen am häufigsten auf der Liste?

Ich bin in der Schweiz und in Süddeutschland bis hinauf nach Frankfurt am Main unterwegs. Ein häufiges Ziel ist für mich das Clus-ter in Basel mit seinen Pharmafir-men und Zulieferern.

Können Sie vom Tagesgeschäft abschalten, wenn Sie unterwegs sind?

Beim Fahren konzentriere ich mich auf den Verkehr und berei-

te mich gedanklich aufs nächste Kundengespräch vor. Aber wenn ich im Hotel angekommen bin, ge-he ich zum Abschalten gern Joggen oder Spazieren.

Wie gelingt Ihnen das Abschalten am besten?

Indem ich Sport treibe oder in-dem ich durch eine hübsche Alt-stadt gehe und mich in einem Ca-fé entspanne. Oder auch, indem ich mich einfach auf eine Bank setze und den Blick in eine schö-ne Landschaften genieße.

Welche Reiseziele favorisieren Sie und warum?

Ich mag kleine Städtchen mit Altstadtcharme wie zum Bei-spiel Wangen an der Aare, wo man zudem interessante Leute aus der Reinraumbranche trifft. Man staunt auch, wie viele zau-berhafte 300-Seelen-Täler in der Schweiz existieren, in denen High-tech-Startups oder kleine Firmen mit Weltruf sitzen. Privat ist Süd-korea mein Favorit. Ich hatte dort früher beruflich zu tun, das Volk ist mir sehr ans Herz gewachsen.

Was würden Sie als Erstes ändern, wenn Sie die unbegrenzte Möglichkeit dazu hätten?

Ich würde die Herzen der Men-schen für Veränderungen und Un-bekanntes öffnen. Und ich würde dafür sorgen, dass sich die Men-schen weniger auf ihre Computer konzentrieren und stattdessen öf-ter mal Gespräche führen und die Schönheit der einfachen Dinge ge-nießen, zum Beispiel die Frühlings-sonne im Gesicht.

Wie oft sind Sie unterwegs?

Ich bin jede Woche zwei bis drei Ta-ge bei Kunden vor Ort und berate sie, um ideale Lösungen für ihre in-dividuellen Anforderungen zu fin-den. Es ist aber auch Zeit fürs Büro nötig, zur Kontaktpflege per Tele-fon und E-Mail sowie für die Doku-mentation.

Was ist dabei Ihr liebstes Fortbewegungsmittel?

Eigentlich wären Flugzeug und Zug eine gute Wahl. Dann könnte ich mich während der Reisezeit mit an-derem beschäftigen. In der Praxis ist aber das Auto mein bevorzugtes Reisemittel, da ich alles Notwendige unkompliziert mitnehmen und die

Reiserouten flexibel planen kann. Gegen einen Chauffeur hätte ich aber nichts einzuwenden. Oder we-nigstens ein Fahrzeug mit Kaffee-maschine.

Worauf legen Sie beim Reisen wert?

Dass ich alles dabei habe. Das be-trifft nicht nur Unterlagen, An-gebote und Geräte, sondern auch Ersatzkleidung, falls ich mir mal den notwendigen Kaffee oder et-was anderes übers Hemd schüt-ten sollte. Alles andere ergibt sich von selbst. Ein charmantes, ruhi-ges Hotel, das nicht gerade von ei-

Philippe Trösch ist Sales Engineer der Novasina AG. Das schwei-zer Unternehmen entwickelt und produziert Lösungen zur Mes-sung, Visualisierung und Auswertung von Klimaparametern wie Luftfeuchte und Differenzdruck. Philipp Tröschs Aufgabe ist es, aus den vielfältigen Möglichkeiten die optimale Mess- und Re-geltechniklösung für die Anwender zu gestalten.

LIFE

& B

USIN

ESS |

UNT

ERW

EGS

MIT

Unterwegs mit... Philippe Trösch, Novasina AG

��������� ������ ������� ������������ ��� ��� ��������� ������� ������������� ������� �

��������������������������������������������� ������������������

������� ��#��������������!�����������!�������� ���� ����������!�������������������������"��������������

������ �

��������� ������ ������� ������������ ��� ��� ��������� ������� ������������� ������� �

��������������������������������������������� ������������������

������� ��#��������������!�����������!�������� ���� ����������!�������������������������"��������������

������ �

Page 29: Cleanroom Magazin 02-2015

28

2/2015

29

2/2015

ner Techno-Convention oder ähn-lichem heimgesucht wird, ist ein zusätzlicher Bonus.

Was darf unterwegs nie fehlen?

Neben den geschäftlichen Unterla-gen und Produkten darf mein Was-serkocher nicht fehlen. Ich mag es, mir abends im Hotel einen Tee oder einen Kaffee zuzubereiten. Man trinkt auf Reisen sowieso zu wenig oder zu viel vom Falschen. Außer-dem kann ich bei einem Getränk und Lektüre gut runterkommen.

Welche Musik hören Sie auf Reisen?

Meistens höre ich, was gerade im Autoradio läuft, vom 80er-Jah-re-Heuler bis zum aktuellen Ohr-wurm. Manchmal hängt meine Musikauswahl aber auch von mei-ner Stimmung nach einem Kun-denbesuch ab. Wenn ich den Kopf freibekommen will und gleichzei-tig über die deutschen Autobah-nen rase, höre ich zum Beispiel Hardrock.

Welche Länder und Regionen stehen bei Ihren Reisen am häufigsten auf der Liste?

Ich bin in der Schweiz und in Süddeutschland bis hinauf nach Frankfurt am Main unterwegs. Ein häufiges Ziel ist für mich das Clus-ter in Basel mit seinen Pharmafir-men und Zulieferern.

Können Sie vom Tagesgeschäft abschalten, wenn Sie unterwegs sind?

Beim Fahren konzentriere ich mich auf den Verkehr und berei-

te mich gedanklich aufs nächste Kundengespräch vor. Aber wenn ich im Hotel angekommen bin, ge-he ich zum Abschalten gern Joggen oder Spazieren.

Wie gelingt Ihnen das Abschalten am besten?

Indem ich Sport treibe oder in-dem ich durch eine hübsche Alt-stadt gehe und mich in einem Ca-fé entspanne. Oder auch, indem ich mich einfach auf eine Bank setze und den Blick in eine schö-ne Landschaften genieße.

Welche Reiseziele favorisieren Sie und warum?

Ich mag kleine Städtchen mit Altstadtcharme wie zum Bei-spiel Wangen an der Aare, wo man zudem interessante Leute aus der Reinraumbranche trifft. Man staunt auch, wie viele zau-berhafte 300-Seelen-Täler in der Schweiz existieren, in denen High-tech-Startups oder kleine Firmen mit Weltruf sitzen. Privat ist Süd-korea mein Favorit. Ich hatte dort früher beruflich zu tun, das Volk ist mir sehr ans Herz gewachsen.

Was würden Sie als Erstes ändern, wenn Sie die unbegrenzte Möglichkeit dazu hätten?

Ich würde die Herzen der Men-schen für Veränderungen und Un-bekanntes öffnen. Und ich würde dafür sorgen, dass sich die Men-schen weniger auf ihre Computer konzentrieren und stattdessen öf-ter mal Gespräche führen und die Schönheit der einfachen Dinge ge-nießen, zum Beispiel die Frühlings-sonne im Gesicht.

Wie oft sind Sie unterwegs?

Ich bin jede Woche zwei bis drei Ta-ge bei Kunden vor Ort und berate sie, um ideale Lösungen für ihre in-dividuellen Anforderungen zu fin-den. Es ist aber auch Zeit fürs Büro nötig, zur Kontaktpflege per Tele-fon und E-Mail sowie für die Doku-mentation.

Was ist dabei Ihr liebstes Fortbewegungsmittel?

Eigentlich wären Flugzeug und Zug eine gute Wahl. Dann könnte ich mich während der Reisezeit mit an-derem beschäftigen. In der Praxis ist aber das Auto mein bevorzugtes Reisemittel, da ich alles Notwendige unkompliziert mitnehmen und die

Reiserouten flexibel planen kann. Gegen einen Chauffeur hätte ich aber nichts einzuwenden. Oder we-nigstens ein Fahrzeug mit Kaffee-maschine.

Worauf legen Sie beim Reisen wert?

Dass ich alles dabei habe. Das be-trifft nicht nur Unterlagen, An-gebote und Geräte, sondern auch Ersatzkleidung, falls ich mir mal den notwendigen Kaffee oder et-was anderes übers Hemd schüt-ten sollte. Alles andere ergibt sich von selbst. Ein charmantes, ruhi-ges Hotel, das nicht gerade von ei-

Philippe Trösch ist Sales Engineer der Novasina AG. Das schwei-zer Unternehmen entwickelt und produziert Lösungen zur Mes-sung, Visualisierung und Auswertung von Klimaparametern wie Luftfeuchte und Differenzdruck. Philipp Tröschs Aufgabe ist es, aus den vielfältigen Möglichkeiten die optimale Mess- und Re-geltechniklösung für die Anwender zu gestalten.

LIFE

& B

USIN

ESS |

UNT

ERW

EGS

MIT

Unterwegs mit... Philippe Trösch, Novasina AG

��������� ������ ������� ������������ ��� ��� ��������� ������� ������������� ������� �

��������������������������������������������� ������������������

������� ��#��������������!�����������!�������� ���� ����������!�������������������������"��������������

������ �

��������� ������ ������� ������������ ��� ��� ��������� ������� ������������� ������� �

��������������������������������������������� ������������������

������� ��#��������������!�����������!�������� ���� ����������!�������������������������"��������������

������ �

Page 30: Cleanroom Magazin 02-2015

30

2/2015

31

2/2015

möglich, weil sich ihre Moleküle breit verteilen lassen und sie keine Kühlung benötigen wie LCDs. Noch aber schei-tern großflächige Anwendungen an den Kosten, denn je nach Ausführung ist OLED-Licht 10- bis 100-mal so teu-er wie herkömmliches. Trotzdem se-hen Marktbeobachter in großflächi-gen OLED-Beleuchtungen bereits das »next big thing«, sobald deren Prei-se fallen.

An großflächigen OLED-Modulen arbeiteten Forscher im Verbund-

projekt LOIGB. Erste Ergebnisse wurden im März 2015 auf der Inter-nationalen Fachmesse für gedruck-te Elektronik LOPEC in München vorgestellt, darunter farbvariable OLED-Module, die weißes Misch-licht erzeugen. Hierzu müssen die Lichtfarben Rot, Grün und Blau ge-trennt angesteuert werden. Solche farbvariablen organischen Leucht-dioden könnten zum Beispiel in den großen Verbundglasscheiben, die in Zügen als Gepäckablage die-nen, als Leuchtmittel eingesetzt

werden. »Die Anwendungsmöglich-keiten für die im Projekt erreichten Ergebnisse sind außerordentlich vielfältig«, schwärmt Projektlei-ter Jan Hesse. »Neben dem Einsatz in der Allgemeinbeleuchtung, bei-spielsweise in Fenstern, Wandele-menten oder Tapeten, eignen sich die farbvariablen OLEDs in der Au-tomobil- und Schienenfahrzeug-technik zur Fahrzeuginnenraum-beleuchtung – und hier besonders für die Ambient- oder Akzentbe-leuchtung.« Auch in der Luftfahr-

Eine solche Instrumententafel hat die Welt noch nicht gesehen. Statt Tacho und Drehzahlmesser zieren das Autocockpit neuartige Displays – und das vom Lenkrad bis zur Bei-fahrertür. Audi präsentierte diese Innovation im November 2014 auf der Los Angeles Motor Show in dem aufsehenerregenden Showcar Audi prologue Avant.

Die Instrumententafel ist über die gesamte Breite als Anzeigeflä-che mit Touchpads gestaltet. Rund ums Lenkrad steuert der Fahrer die Lichtfunktionen und Assistenzsys-teme. Rechts davon erstreckt sich ein Widescreen-Display, auf dem der Beifahrer das Multimediasys-tem bedient und zum Beispiel Mu-sik aussucht oder Routen eingibt. Mit einer Wischbewegung schickt er dann dem Fahrer die Navigati-onsziele oder Musik-Playlists aufs Lenkraddisplay. Und als wäre die-ses virtuelle Armaturenbrett nicht schon spektakulär genug, setzt Au-di im digitalen Cockpit des prolo-gue Avant noch ein weiteres High-light: Nach dem Starten des Motors wölbt sich dem Fahrer aus der Mit-telkonsole ein zusätzliches Touch-display mit weiteren Funktionen entgegen. Möglich macht diesen

unglaublichen Biegevorgang die OLED-Technologie.

Erstaunliche Eigenschaften

Das Initialwort OLED steht für »or-ganische lichtemittierende Dio-de«. Dabei handelt es sich um ein lichtaussendendes Bauelement aus organischem Halbleitermaterial, das sich in dünnen Schichten herstellen lässt. Im Gegensatz zu Flüssigkristall-bildschirmen (LCDs) bieten OLEDs eine brillante Farbbildqualität, ge-stochen scharfe Kontraste und eine tausendfache schnellere Reaktions-zeit, wodurch jegliches Ruckeln bei der Bildwiedergabe entfällt. Zudem geben organische Leuchtdioden ihr Licht im Gegensatz zu herkömmli-chen Lichtquellen nicht punktförmig, sondern diffus und blendfrei auf der gesamten Fläche ab. Weitere Vortei-le sind der größere Blickwinkel, die hauchdünne Bauweise und der nied-rige Energieverbrauch.

Letzteres prädestiniert OLEDs für den Einsatz in tragbaren Geräten wie Han-dys und Notebooks. »OLEDs brauchen keine Flüssigkristalle, keine Polarisati-onsfilter, keine Hintergrundbeleuch-

tung. Jeder Subpixel ist eine eigene kleine Lampe«, erklärt Manfred Wei-gand, Global OLED Lighting Marketing Director bei der Merck KGaA im hes-sischen Darmstadt. Ein weiterer Vor-zug der OLEDs sei, dass sie auf flexible Substrate aufgebracht werden kön-nen, so dass sich die Displays biegen lassen. »Das eröffnet Herstellern völ-lig neue Möglichkeiten im Produktde-sign«, sagt Weigand.

Denkbar sind zum Beispiel smar-te Verpackungen, die mit Werbefil-men oder Texten vorbeigehende Kun-den auf sich aufmerksam machen. Im Verbundprojekt »cyFLEX« des Bun-desministeriums für Bildung und Forschung arbeiten das Karlsruher Institut für Technologie KIT und die deutsche Cynora GmbH an Materia-lien, die sich für das Bedrucken oder Beschichten mit organischen Leucht-dioden eignen. Mit gedruckten OLEDs ließen sich auch leuchtende Beschil-derungen oder Werbetafeln herstel-len. Das Projekt läuft bis zum Herbst 2015 und könnte das Produktmarke-ting revolutionieren.

Revolution im Licht- und Produktdesign

Gleiches gilt für die Beleuchtungstech-nik. Zu den Visionen der Experten ge-hören leuchtende Tapeten, die sich auf Knopfdruck in Fernsehbildschir-me verwandeln. Große Flächen zum Leuchten zu bringen, ist mit OLEDs

Die Neuerfindung des Lichts OLEDs könnten die Display- und Lichttechnik revolutionieren.

Organische lichtemittierende Dioden sind extrem dünn, sehr kon-traststark und äußerst energieeffizient. Diese Eigenschaften er-öffnen faszinierende Möglichkeiten für völlig neuartige Produk-te. Dass die visionären Anwendungen auch für mehr Bedarf an Reinraumtechnologie sorgen, wissen dabei die Wenigsten.

Die Instrumententafel und weitere Anzeigen des Audi prologue Avant bestehen aus großen Touchdisplays, die teils aus organischen Leuchtdioden gefertigt sind.

LIFE

& B

USIN

ESS |

ZUK

UNFT

DES

LIC

HTS

Foto

s: A

udi A

G

Page 31: Cleanroom Magazin 02-2015

30

2/2015

31

2/2015

möglich, weil sich ihre Moleküle breit verteilen lassen und sie keine Kühlung benötigen wie LCDs. Noch aber schei-tern großflächige Anwendungen an den Kosten, denn je nach Ausführung ist OLED-Licht 10- bis 100-mal so teu-er wie herkömmliches. Trotzdem se-hen Marktbeobachter in großflächi-gen OLED-Beleuchtungen bereits das »next big thing«, sobald deren Prei-se fallen.

An großflächigen OLED-Modulen arbeiteten Forscher im Verbund-

projekt LOIGB. Erste Ergebnisse wurden im März 2015 auf der Inter-nationalen Fachmesse für gedruck-te Elektronik LOPEC in München vorgestellt, darunter farbvariable OLED-Module, die weißes Misch-licht erzeugen. Hierzu müssen die Lichtfarben Rot, Grün und Blau ge-trennt angesteuert werden. Solche farbvariablen organischen Leucht-dioden könnten zum Beispiel in den großen Verbundglasscheiben, die in Zügen als Gepäckablage die-nen, als Leuchtmittel eingesetzt

werden. »Die Anwendungsmöglich-keiten für die im Projekt erreichten Ergebnisse sind außerordentlich vielfältig«, schwärmt Projektlei-ter Jan Hesse. »Neben dem Einsatz in der Allgemeinbeleuchtung, bei-spielsweise in Fenstern, Wandele-menten oder Tapeten, eignen sich die farbvariablen OLEDs in der Au-tomobil- und Schienenfahrzeug-technik zur Fahrzeuginnenraum-beleuchtung – und hier besonders für die Ambient- oder Akzentbe-leuchtung.« Auch in der Luftfahr-

Eine solche Instrumententafel hat die Welt noch nicht gesehen. Statt Tacho und Drehzahlmesser zieren das Autocockpit neuartige Displays – und das vom Lenkrad bis zur Bei-fahrertür. Audi präsentierte diese Innovation im November 2014 auf der Los Angeles Motor Show in dem aufsehenerregenden Showcar Audi prologue Avant.

Die Instrumententafel ist über die gesamte Breite als Anzeigeflä-che mit Touchpads gestaltet. Rund ums Lenkrad steuert der Fahrer die Lichtfunktionen und Assistenzsys-teme. Rechts davon erstreckt sich ein Widescreen-Display, auf dem der Beifahrer das Multimediasys-tem bedient und zum Beispiel Mu-sik aussucht oder Routen eingibt. Mit einer Wischbewegung schickt er dann dem Fahrer die Navigati-onsziele oder Musik-Playlists aufs Lenkraddisplay. Und als wäre die-ses virtuelle Armaturenbrett nicht schon spektakulär genug, setzt Au-di im digitalen Cockpit des prolo-gue Avant noch ein weiteres High-light: Nach dem Starten des Motors wölbt sich dem Fahrer aus der Mit-telkonsole ein zusätzliches Touch-display mit weiteren Funktionen entgegen. Möglich macht diesen

unglaublichen Biegevorgang die OLED-Technologie.

Erstaunliche Eigenschaften

Das Initialwort OLED steht für »or-ganische lichtemittierende Dio-de«. Dabei handelt es sich um ein lichtaussendendes Bauelement aus organischem Halbleitermaterial, das sich in dünnen Schichten herstellen lässt. Im Gegensatz zu Flüssigkristall-bildschirmen (LCDs) bieten OLEDs eine brillante Farbbildqualität, ge-stochen scharfe Kontraste und eine tausendfache schnellere Reaktions-zeit, wodurch jegliches Ruckeln bei der Bildwiedergabe entfällt. Zudem geben organische Leuchtdioden ihr Licht im Gegensatz zu herkömmli-chen Lichtquellen nicht punktförmig, sondern diffus und blendfrei auf der gesamten Fläche ab. Weitere Vortei-le sind der größere Blickwinkel, die hauchdünne Bauweise und der nied-rige Energieverbrauch.

Letzteres prädestiniert OLEDs für den Einsatz in tragbaren Geräten wie Han-dys und Notebooks. »OLEDs brauchen keine Flüssigkristalle, keine Polarisati-onsfilter, keine Hintergrundbeleuch-

tung. Jeder Subpixel ist eine eigene kleine Lampe«, erklärt Manfred Wei-gand, Global OLED Lighting Marketing Director bei der Merck KGaA im hes-sischen Darmstadt. Ein weiterer Vor-zug der OLEDs sei, dass sie auf flexible Substrate aufgebracht werden kön-nen, so dass sich die Displays biegen lassen. »Das eröffnet Herstellern völ-lig neue Möglichkeiten im Produktde-sign«, sagt Weigand.

Denkbar sind zum Beispiel smar-te Verpackungen, die mit Werbefil-men oder Texten vorbeigehende Kun-den auf sich aufmerksam machen. Im Verbundprojekt »cyFLEX« des Bun-desministeriums für Bildung und Forschung arbeiten das Karlsruher Institut für Technologie KIT und die deutsche Cynora GmbH an Materia-lien, die sich für das Bedrucken oder Beschichten mit organischen Leucht-dioden eignen. Mit gedruckten OLEDs ließen sich auch leuchtende Beschil-derungen oder Werbetafeln herstel-len. Das Projekt läuft bis zum Herbst 2015 und könnte das Produktmarke-ting revolutionieren.

Revolution im Licht- und Produktdesign

Gleiches gilt für die Beleuchtungstech-nik. Zu den Visionen der Experten ge-hören leuchtende Tapeten, die sich auf Knopfdruck in Fernsehbildschir-me verwandeln. Große Flächen zum Leuchten zu bringen, ist mit OLEDs

Die Neuerfindung des Lichts OLEDs könnten die Display- und Lichttechnik revolutionieren.

Organische lichtemittierende Dioden sind extrem dünn, sehr kon-traststark und äußerst energieeffizient. Diese Eigenschaften er-öffnen faszinierende Möglichkeiten für völlig neuartige Produk-te. Dass die visionären Anwendungen auch für mehr Bedarf an Reinraumtechnologie sorgen, wissen dabei die Wenigsten.

Die Instrumententafel und weitere Anzeigen des Audi prologue Avant bestehen aus großen Touchdisplays, die teils aus organischen Leuchtdioden gefertigt sind.

LIFE

& B

USIN

ESS |

ZUK

UNFT

DES

LIC

HTS

Foto

s: A

udi A

G

Page 32: Cleanroom Magazin 02-2015

32

2/2015

tindustrie bestehe Interesse, diese Technologie perspektivisch für die Ambientbeleuchtung in Flugzeug-kabinen einzusetzen.

Neue Perspektiven im Fahrzeugbau

Besonders liebäugeln die Fahrzeug-hersteller mit den OLEDs, ermög-lichen sie doch ganz neue Gestal-tungsmöglichkeiten. Audi hat das im Cockpit des Showcars prologue Avant mit den neuartigen Instru-mententafeln bereits demonstriert. Darüber hinaus könnten die dünn-schichtigen organischen Leuchtdi-oden in beliebiger Form als Blinker oder Rücklichter auf Karosserien geklebt werden, den Innenraum be-leuchten oder als Info-Displays die-nen. Mercedes-Benz demonstrier-te Letzteres im Januar 2015 auf der Consumer Electronics Show CES in Las Vegas. Das dort vorgestellte futu-ristische Forschungsfahrzeug F 015 verfügt über flexible OLED-Displays an den Türinnenseiten. Darauf kön-nen die Insassen Medieninhalte be-trachten oder dem Autopiloten bei der Arbeit zuschauen. Streckt ein

Passagier die Hand zum Display aus, erscheinen darauf mittels Eyetra-cking und Sensoren virtuelle Be-dienelemente.

Jede Fläche – egal ob Fenster, Wand, Spiegel oder Lampenschirm – könn-te künftig zur Lichtquelle werden. Und die Hersteller arbeiten bereits mit Hochdruck daran. So kündig-te die südkoreanische LG Chem Ltd. im Herbst 2014 neue OLED-Be-leuchtungspanels an, die bei einer Lebensdauer von 40.000 Stunden ei-ne Lichtausbeute von 100 Lumen pro Watt haben (Glühlampe: 16 bis 20 Lu-men pro Watt). Das stellt einen neu-en Effizienzrekord dar und macht OLEDs konkurrenzfähig gegenüber anderen technologischen Lösungen wie Fluoreszenzlampen und LEDs.

Durchbruch im Displaymarkt

Neben der Raumbeleuchtung erobern die organischen lichtemittierenden Dioden mit Riesenschritten den Dis-playmarkt. Das Marktforschungsins-titut DisplaySearch prognostiziert für 2019 ein weltweites Marktvolumen

von mehr als 30 Milliarden Euro al-lein für OLED-Displays. Dieser Markt soll jährlich um 35 Prozent wachsen. Wegen der noch hohen Kosten der organischen Leuchtdioden sind vor-erst kleinflächige Anwendungen in Smartphones, Tablet-Computern, PC-Monitoren und Flachbildschir-

men prädestiniert für den Einsatz der stromsparenden, kontrastreichen OLED-Displays. Zu den Vorreitern in diesem Markt gehört LG. Der süd-koreanische Konzern sorgte mit ge-krümmten Fernsehern für Aufsehen, die das komplette Gesichtsfeld eines mittig davor sitzenden Zuschauers ausfüllen. Inzwischen gibt es Proto-typen, bei denen der Zuschauer die Stärke der Krümmung per Knopf-druck selbst bestimmen kann. Einen

OLED-Rücklicht-Demonstrator. Foto Osram

Runde Sache: Das Samsung Galaxy S6 Edge ist das weltweit erste beidseitig gewölbte OLED-Display. Foto: Samsung

LIFE

& B

USIN

ESS |

ZUK

UNFT

DES

LIC

HTS

Page 33: Cleanroom Magazin 02-2015

2/2015

33

Schritt weiter gehen Nokia und die japanische Semiconductor Energy Laboratory Co., Ltd. (SEL). Deren ge-meinsam entwickelte OLED-Displays lassen sich nicht nur krümmen, son-dern sogar falten, während sie Videos zeigen. Laut Nokia sollen die Displays bis zu 100.000 Knickvorgänge unbe-schadet überstehen. Auch Samsung hat die flexiblen OLEDs für sich ent-deckt. Am 1. März 2015, einen Tag vor Eröffnung des Mobile World Con-gress in Barcelona, stellte der korea-nische Hersteller das neue Oberklas-se-Smartphone Galaxy S6 Edge vor. Dessen Besonderheit ist ein Bild-schirm, der sich erstmals auf beiden Seiten über den Geräterand wölbt. Die gebogenen Bildschirmränder dienen als zusätzliche  Informa-tionsanzeigen. Samsung will bis 2017 umgerechnet 3,3 Milliarden Euro in die Fertigung von organi-schen Displays investieren.

Deutsche Forscher vorn dabei

Auch deutsche Forscher spielen bei der OLED-Technologie international vorn mit. So erhielten die Forscher des Fraunhofer-Instituts für Organische Elektronik, Elektronenstrahl und Plas-matechnik FEP aus Dresden einen In-novationspreis für eine blickgesteuerte Datenbrille. Sie hat anstelle der norma-

len Brillengläser zwei Minibildschir-me aus organischen Leuchtdioden, die dem Nutzer die Sicht auf die reale Welt und gleichzeitig auf zusätzliche virtu-elle Informationen ermöglichen. Eine Kamerafunktion erfasst dabei die Au-genbewegungen des Nutzers, so dass er

die angezeigten Informationen mit sei-nem Blick steuern kann. Beispielswei-se lässt sich durch einen Blick auf die Pfeiltaste eine Seite in einer virtuellen Anleitung umblättern. Systemdesigner Rigo Herold, der die Augmented-Reality-Datenbrille we-

Neue OLED-Hochleistungsmodule von Philips. Foto: Philips

So funktionieren OLEDsBei OLEDs fließt der Strom nicht wie bei Glühlampen durch ei-nen Draht, sondern durch mehrere organische Schichten. Dabei gibt es leitende Schichten zum Transport der Ladungsteilchen und lichtemittierende Schichten. Die Schichten sind eingebet-tet zwischen zwei großflächigen Elektroden, der Kathode und der Anode. Grafik: www.cl-ex.com

Licht

So funktionieren OLEDsKathode

Anode

Glas/Folie

leitende Schichten

leitende Schichten

Licht emittierende Schichten

Page 34: Cleanroom Magazin 02-2015

34

2/2015

sentlich mitentwickelt hat, sagte stolz: »Der Innovationspreis zeigt, dass ne-ben Google auch in Deutschland in-tensiv an Datenbrillen geforscht wird und dass unsere Datenbrille mit der berührungslosen Augensteuerung ein sensationelles Alleinstellungsmerk-mal besitzt.« Anwendungen ergeben sich in der Chirurgie, im Automobilbe-reich, im Flugzeugbau, in der Wartung oder auch bei Taucheinsätzen, kurz überall da, wo der Nutzer beide Hän-de freihaben muss und gleichzeitig Anleitungen für seine Arbeit benötigt.

OLED-Technologie mit Risiken und Chancen

Bei aller Begeisterung für die neu-en Möglichkeiten – noch steht die OLED-Technologie vor einigen wirt-schaftlichen und technischen Heraus-forderungen. In der jüngsten Studie der Münchner WTS Consulting Gm-bH zum OLED-Display-Markt sehen 76 Prozent der Befragten in den ho-hen Produktionskosten die größte Ge-

fahr für den Markterfolg. Ein weiterer kritischer Faktor seien die technischen Hindernisse in der Massenproduktion, etwa die Skalierbarkeit der Produkti-on, die unausgereiften Druckverfah-ren und die zu hohe Ausschussquo-te. Laut der Studie hängen die Risiken allerdings stark von der Art der Dis-play-Anwendung ab, denn die Kom-plexität und die Kosten der Produk-tion steigen überproportional zur Displaygröße. »Sollten die bestehen-den technischen Hindernisse nicht ge-löst werden, ist eine kosteneffiziente Massenproduktion nicht realisierbar«, befürchtet Thomas Krug, geschäftsfüh-render Partner von WTS Consulting.

OLED-Experte Manfred Weigand von der Merck KGaA in Darmstadt weiß, welche Herausforderungen bei der

Produktion organischer lichtemittie-render Leuchtdioden im Reinraum zu lösen sind. »OLEDs sind hochemp-findlich gegenüber Sauerstoff und Feuchtigkeit. Sie müssen perfekt ein-gekapselt werden, um Korrosion an der Kathode zu verhindern und die empfindlichen OLED-Schichten zu schützen.« Wie dicht diese Einkapse-lung sein muss, verdeutlicht Weigand am Beispiel eines Fußballfeldes, das mit einer Plane vollständig abgedeckt wird. Würde es einen Monat lang per-manent regnen, dann dürfte die Pla-ne höchstens einen einzigen Tropfen durchlassen. Auf die OLED-Herstel-lung übertragen bedeutet das zum Beispiel: weniger als ein sichtbarer Defekt auf einem TV-Panel.

Eine weitere Herausforderung sind die Kosten der Serienfertigung. Hier richten sich die Hoffnungen auf die junge Inkjet-Technologie. Sie könnte das etablierte, aber teure Aufdampfen der OLED-Schichten ersetzen. »Wir sind überzeugt, dass durch gedruck-te OLEDs die Kosten für großflächi-ge Anwendungen signifikant sinken werden«, sagt Manfred Weigand. Sei-ner Meinung nach lautet die Frage da-her nicht, ob OLEDs überhaupt den Durchbruch schaffen, sondern ledig-lich wann.

»Es sind spannende Zeiten für die organische Elektronik«, konsta-tiert Professor Ching W. Tang. Der chinesisch-amerikanische Che-miker an der University of Roches-ter in den USA gilt als Vater der or-ganischen Solarzelle und weiterer optoelektronischer Bauteile, darun-ter auch der organischen Leuchtdio-de. Nach den Zukunftsaussichten sei-ner Erfindung befragt, lautet Tangs Prognose: »OLEDs zur Beleuchtung werden zuerst die Autos, dann die Häuser und Wohnungen erobern.«

Das Jahr des Lichts

Die UNO hat das Jahr 2015 als »Internationa-les Jahr des Lichts und der lichtbasierten Technologien« ausgerufen. Lichtimpulse bil-den das Rückgrat des Internets, verbessern medizinische Methoden, ermöglichen kabel-lose Kommunikation und reduzieren durch Photovoltaik und energieeffizientes OLED-Licht den Ausstoß von Treibhausgasen.

Im Jahr 2015 fallen die Jahrestage vieler wichtiger Veröffentlichungen aus der Wissenschaftsdisziplin Optik zusammen. Vor 400 Jahren entwickel-ten französische Ingenieure den ersten Prototyp einer solarenergiebetrie-benen Maschine. 200 Jahre später publizierte Fresnel sein erstes Werk über die Wellentheorie des Lichts. Maxwell legte 1865 die Grundlagen der Elektrizitätslehre mit seiner Theorie der klassischen Elektrodynamik. 1915 stellte Einstein seine Allgemeine Relativitätstheorie vor. 1965 entdeckten Penzias und Wilson mit der Kosmischen Mikrowellenhintergrundstrahlung einen Beleg für die Urknalltheorie.

Flexible OLED, hergestellt im Sheet-to-Sheet-Verfahren. Foto: Fraunhofer FEP

LIFE

& B

USIN

ESS |

ZUK

UNFT

DES

LIC

HTS

Page 35: Cleanroom Magazin 02-2015

2/2015

35

��������������������/�����'�#���(����!��#&$$"���*�'�$#�$��������/����#�$���'�#��)�*+&��$"���/���������������

�������������� ������������������r� �$!!*�&'$&�)#�'!3')#��#��4&����#&2)"��)#�� $#(&$!!��&(���&$�) (�$#')"���)#��#

r� &���&�#���%�.��!�'(�#��#(+�� �!#�"�1��'��#����&(���&$�) (��)#��

��&'$&�)#�' $#.�%(�

r� �)%%!-�����#��,��!!�#������������ ����&'����&���(�)#���)'(��#���"�� ����&)#��#

r� �"��''�#��'��)�!�(2('%&$�) (��)#����#'(!��'()#�'%$&(�$!�$

r� �!$��!�'���(.+�& ��)'� ����&�#(�#�)#����&(#�&#

Was ist der Unterschied zwischen LED und OLED?

Material: • LED (lichtemittierende Dioden) sind aus anorganischen lichtemittierenden Halbleiter-Bauelementen

aufgebaut. • OLED (organische lichtemittierende Dioden) bestehen aus organischen halbleitenden Schichten.

Eigenschaften:• LEDs strahlen punktförmig. Sie sind daher für Anwendungen prädestiniert, die gerichtetes Licht erfordern,

zum Beispiel Laden-, Straßen- oder Bühnenbeleuchtungen. LED habe eine lange Brenndauer und spielen ih-re Effizienzvorteile überall da aus, wo Licht ganztags eingeschaltet ist.

• OLEDs strahlen auf der gesamten Fläche. Sie geben ein angenehm weiches, blendfreies, diffuses Licht ab, das neue dekorative Anwendungen ermöglicht. Da OLEDs flexibel sind, könnten sie künftig jedes Objekt in eine Lichtquelle verwandeln.

Lebensdauer: • LEDs haben eine lange Lebensdauer. Werden sie unter den richtigen Bedingungen betrieben (Betriebsstrom

und Temperatur), können sie über 100.000 Stunden leuchten. Anders als Glühlampen gehen LEDs nicht plötz-lich kaputt, sondern verlieren im Lauf ihres Lebens langsam an Helligkeit.

• OLEDs haben gemeinhin eine Lebensdauer von 10.000 Stunden. Die von Philips entwickelten Lumiblade-OLEDs erreichen bereits 30.000 Betriebsstunden und verfügen danach noch über 70 Prozent ihrer Leuchtkraft. Zum Vergleich: Eine klassische Glühbirne hält 1.000 Stunden.

Page 36: Cleanroom Magazin 02-2015

36

2/2015

37

2/2015

»Also habe ich mir abends mit Buch und Kassetten selbst deutsch beigebracht«, sagt er und muss da-bei schmunzeln. »Das hat mir in Zürich anfangs wenig geholfen.« Schwizerdütsch sei eben etwas ganz anderes.

Schweizer Lehrzeit

»Der Wechsel in die Schweiz war eine große Umstellung für mich«, sagt Rastelli. Er musste seine locke-re italienische Small-Talk-Menta-lität etwas zügeln. »Als ich einmal auf eine sehr wortreiche und of-fenbar recht ziellos formulierte Frage keine Antwort erhielt, ha-be ich schnell gelernt, mich klar und strukturiert auszudrücken.«

Trotz solch kleiner Anfangs-schwierigkeiten blieb der junge Italiener statt der geplanten vier Monate für anderthalb Jahre in Zürich. Er fand hier alles, was er für seine Doktorarbeit über Sili-zium-Germanium-Nanostruktu-

ren brauchte. In dieser Zeit war er auch für drei Monate in Finnland am Optoelectronic Research Cen-ter der TU Tampere und für vier Monate im italienischen Como am Labor für Nanostruktur-Epita-xie und Silizium-Spintronik. Und zu guter Letzt halfen ihm die an-fangs so distanziert scheinenden Schweizer sogar noch beim beruf-lichen Wechsel.

Dieser Wechsel führte Rastelli nach seiner Promotion in Pavia 2003 nach Deutschland. Er wurde Gruppenleiter am Max-Plank-In-stitut für Festkörperforschung in Stuttgart. »Mein Professor aus Zürich hatte ein Empfehlungs-schreiben für mich dorthin ge-schickt, und die sagten zu.« Auch er sagte zu und ahnte dabei nicht, dass er in Stuttgart neben neuen Erkenntnissen über das Wachs-tum von Halbleiterstrukturen auch das Herz einer Frau gewin-nen würde. Heute sind die beiden Eltern von siebenjährigen Zwil-lingsschwestern.

Schwaben und Sachsen

2007 hieß es erneut Umzugskar-tons packen. »Mein Stuttgar-ter Chef bekam eine Professur in Dresden angeboten und frag-te mich, ob ich mitkomme«, er-zählt Rastelli. Da es sich um eine unbefristete Stelle handelte, griff er zu und wurde Abteilungslei-ter am Leibniz-Institut für Fest-körper- und Werkstoffforschung. Ich frage ihn, wie er das Leben unter Schweizern, Schwaben und Sachsen im Vergleich empfun-den habe. Da muss er nicht lange überlegen: »Die Einstellung der Deutschen gegenüber Italienern ist positiver als die der Schwei-zer«, antwortet er. Und die Sach-sen seien wiederum lockerer als die Schwaben. »Bei denen heißt es immer ‚schaffe, schaffe’, das prägt auch die Forschung. In Dres-den sind die Leute gelassener und freundlicher.« Rastelli trinkt sei-nen Kaffee aus. Gleich wird er auf-brechen, um der Verteidigung ei-ner Doktorarbeit beizuwohnen.

Irgendwie fehlt ihm jegliche pro-fessorale Aura. Man könnte Ar-mando Rastelli fast für einen Studenten halten. Mit seinen 41 Jahren wirkt er unglaublich jung. Und er gibt sich auch so: umgäng-lich, unprätentiös, nahbar. Von Re-spekt einflößendem Habitus kei-ne Spur. Als ich ihn zum Gespräch treffe, liegt mir fast das »Du« auf der Zunge.

Doch der erste Eindruck täuscht. Die Vita von Professor Armando Rastel-li ist durchaus Respekt einflößend. Er hat studiert und promoviert, hat in fünf Ländern Europas als Wis-senschaftler gearbeitet und ist heu-te Chef von 50 Mitarbeitern. Rastelli leitet das Institut für Halbleiter- und Festkörperphysik an der Johannes Kepler Universität in Linz. Mit ihren Reinräumen gilt die Einrichtung als führende Forschungsinstitution in Österreich auf dem Gebiet der Na-nostrukturen aus Halbleitermate-rialien. »Was wir hier machen, ist einzigartig«, sagt der Institutsleiter.

Wegweisende Forschungen

Woran Armando Rastelli mit sei-nem Team forscht, klingt ziemlich kryptisch, ist aber spektakulär. Die Wissenschaftler arbeiten an »Ver-fahren zur Herstellung neuartiger Halbleiter-Nanostrukturen, zur Steuerung von deren optischen und elektronischen Eigenschaften so-

wie an der Untersuchung der ther-moelektrischen Eigenschaften von Halbleiter-Dünnschichten«. So zi-tiere ich es aus einer Quelle. Rastel-li, der mir gegenüber sitzt, beugt sich über den Tisch, schaut auf den Ausdruck und versucht, die für ihn auf dem Kopf stehende Schrift zu lesen. Das ist offenbar zu anstren-gend. Kurzerhand schnappt er sich den Zettel und liest die Pas-sage noch einmal. Ja, das stimme so, sagt er. Er legt mir den Zettel wieder hin, trinkt einen Schluck Kaffee und schaut mich aufmerk-sam durch seine Brille an. Ich frage

ihn, was das nun genau heiße, und er erläutert: »Wir wollen die neu-en Halbleiter-Nanostrukturen als Lichtquelle nutzen und mit Hilfe von Ansätzen aus der Quantenme-chanik neuartige Computer ermög-lichen.« Wenn künftig Lichtteil-chen durch die Leitungen flitzten statt Elektronen, dann würde die Datenkommunikation schneller, si-cherer und energiesparender wer-den. Da es aber bisher kaum solche Lichtquellen gebe, seien die Linzer Forschungen zur Abscheidung und Nanostrukturierung von Halblei-terstrukturen wegweisend.

Deutsch im Selbststudium

Ehe Rastelli vor drei Jahren nach Österreich zog, hatte ihn sein Be-rufsweg schon durch die Schweiz, Italien, Finnland und Deutschland geführt. Neben physikalischen Phänomenen konnte er dabei auch europäische Mentalitätsunter-schiede studieren. Geboren wurde Armando Rastelli im italienischen Fermo als Sohn eines Architekten und einer Hausfrau. Nach dem Physikstudium in Camerino und Bologna forschte er über Halblei-terphysik in Pavia. Bald darauf bot sich die Gelegenheit, an die Eidge-nössische Technische Hochschu-le im schweizerischen Zürich zu wechseln. Der junge Forscher sagte zu, konnte aber kein Wort deutsch.

Die Kunst der NanostrukturierungEinzigartige Grundlagenforschung in Linz

Professor Armando Rastelli leitet das Institut für Halbleiter- und Festkörperphysik an der Johannes Kepler Universität in Linz. Die Reinräume dieser Einrichtung nehmen in Österreich eine Schlüs-selstellung in der Grundlagenforschung und Ausbildung ein.

»Was wir hier machen, ist einzigartig.« Professor Armando Rastelli,

Johannes Kepler Universität, Linz

Professor Armando Rastelli: Der italienische Physiker leitet an der Johannes Kepler Universität in Linz, Österreich, das Institut für Halbleiter- und Festkörperphysik. Foto: JKU/Eder

LIFE

& B

USIN

ESS |

POR

TRÄT

Page 37: Cleanroom Magazin 02-2015

36

2/2015

37

2/2015

»Also habe ich mir abends mit Buch und Kassetten selbst deutsch beigebracht«, sagt er und muss da-bei schmunzeln. »Das hat mir in Zürich anfangs wenig geholfen.« Schwizerdütsch sei eben etwas ganz anderes.

Schweizer Lehrzeit

»Der Wechsel in die Schweiz war eine große Umstellung für mich«, sagt Rastelli. Er musste seine locke-re italienische Small-Talk-Menta-lität etwas zügeln. »Als ich einmal auf eine sehr wortreiche und of-fenbar recht ziellos formulierte Frage keine Antwort erhielt, ha-be ich schnell gelernt, mich klar und strukturiert auszudrücken.«

Trotz solch kleiner Anfangs-schwierigkeiten blieb der junge Italiener statt der geplanten vier Monate für anderthalb Jahre in Zürich. Er fand hier alles, was er für seine Doktorarbeit über Sili-zium-Germanium-Nanostruktu-

ren brauchte. In dieser Zeit war er auch für drei Monate in Finnland am Optoelectronic Research Cen-ter der TU Tampere und für vier Monate im italienischen Como am Labor für Nanostruktur-Epita-xie und Silizium-Spintronik. Und zu guter Letzt halfen ihm die an-fangs so distanziert scheinenden Schweizer sogar noch beim beruf-lichen Wechsel.

Dieser Wechsel führte Rastelli nach seiner Promotion in Pavia 2003 nach Deutschland. Er wurde Gruppenleiter am Max-Plank-In-stitut für Festkörperforschung in Stuttgart. »Mein Professor aus Zürich hatte ein Empfehlungs-schreiben für mich dorthin ge-schickt, und die sagten zu.« Auch er sagte zu und ahnte dabei nicht, dass er in Stuttgart neben neuen Erkenntnissen über das Wachs-tum von Halbleiterstrukturen auch das Herz einer Frau gewin-nen würde. Heute sind die beiden Eltern von siebenjährigen Zwil-lingsschwestern.

Schwaben und Sachsen

2007 hieß es erneut Umzugskar-tons packen. »Mein Stuttgar-ter Chef bekam eine Professur in Dresden angeboten und frag-te mich, ob ich mitkomme«, er-zählt Rastelli. Da es sich um eine unbefristete Stelle handelte, griff er zu und wurde Abteilungslei-ter am Leibniz-Institut für Fest-körper- und Werkstoffforschung. Ich frage ihn, wie er das Leben unter Schweizern, Schwaben und Sachsen im Vergleich empfun-den habe. Da muss er nicht lange überlegen: »Die Einstellung der Deutschen gegenüber Italienern ist positiver als die der Schwei-zer«, antwortet er. Und die Sach-sen seien wiederum lockerer als die Schwaben. »Bei denen heißt es immer ‚schaffe, schaffe’, das prägt auch die Forschung. In Dres-den sind die Leute gelassener und freundlicher.« Rastelli trinkt sei-nen Kaffee aus. Gleich wird er auf-brechen, um der Verteidigung ei-ner Doktorarbeit beizuwohnen.

Irgendwie fehlt ihm jegliche pro-fessorale Aura. Man könnte Ar-mando Rastelli fast für einen Studenten halten. Mit seinen 41 Jahren wirkt er unglaublich jung. Und er gibt sich auch so: umgäng-lich, unprätentiös, nahbar. Von Re-spekt einflößendem Habitus kei-ne Spur. Als ich ihn zum Gespräch treffe, liegt mir fast das »Du« auf der Zunge.

Doch der erste Eindruck täuscht. Die Vita von Professor Armando Rastel-li ist durchaus Respekt einflößend. Er hat studiert und promoviert, hat in fünf Ländern Europas als Wis-senschaftler gearbeitet und ist heu-te Chef von 50 Mitarbeitern. Rastelli leitet das Institut für Halbleiter- und Festkörperphysik an der Johannes Kepler Universität in Linz. Mit ihren Reinräumen gilt die Einrichtung als führende Forschungsinstitution in Österreich auf dem Gebiet der Na-nostrukturen aus Halbleitermate-rialien. »Was wir hier machen, ist einzigartig«, sagt der Institutsleiter.

Wegweisende Forschungen

Woran Armando Rastelli mit sei-nem Team forscht, klingt ziemlich kryptisch, ist aber spektakulär. Die Wissenschaftler arbeiten an »Ver-fahren zur Herstellung neuartiger Halbleiter-Nanostrukturen, zur Steuerung von deren optischen und elektronischen Eigenschaften so-

wie an der Untersuchung der ther-moelektrischen Eigenschaften von Halbleiter-Dünnschichten«. So zi-tiere ich es aus einer Quelle. Rastel-li, der mir gegenüber sitzt, beugt sich über den Tisch, schaut auf den Ausdruck und versucht, die für ihn auf dem Kopf stehende Schrift zu lesen. Das ist offenbar zu anstren-gend. Kurzerhand schnappt er sich den Zettel und liest die Pas-sage noch einmal. Ja, das stimme so, sagt er. Er legt mir den Zettel wieder hin, trinkt einen Schluck Kaffee und schaut mich aufmerk-sam durch seine Brille an. Ich frage

ihn, was das nun genau heiße, und er erläutert: »Wir wollen die neu-en Halbleiter-Nanostrukturen als Lichtquelle nutzen und mit Hilfe von Ansätzen aus der Quantenme-chanik neuartige Computer ermög-lichen.« Wenn künftig Lichtteil-chen durch die Leitungen flitzten statt Elektronen, dann würde die Datenkommunikation schneller, si-cherer und energiesparender wer-den. Da es aber bisher kaum solche Lichtquellen gebe, seien die Linzer Forschungen zur Abscheidung und Nanostrukturierung von Halblei-terstrukturen wegweisend.

Deutsch im Selbststudium

Ehe Rastelli vor drei Jahren nach Österreich zog, hatte ihn sein Be-rufsweg schon durch die Schweiz, Italien, Finnland und Deutschland geführt. Neben physikalischen Phänomenen konnte er dabei auch europäische Mentalitätsunter-schiede studieren. Geboren wurde Armando Rastelli im italienischen Fermo als Sohn eines Architekten und einer Hausfrau. Nach dem Physikstudium in Camerino und Bologna forschte er über Halblei-terphysik in Pavia. Bald darauf bot sich die Gelegenheit, an die Eidge-nössische Technische Hochschu-le im schweizerischen Zürich zu wechseln. Der junge Forscher sagte zu, konnte aber kein Wort deutsch.

Die Kunst der NanostrukturierungEinzigartige Grundlagenforschung in Linz

Professor Armando Rastelli leitet das Institut für Halbleiter- und Festkörperphysik an der Johannes Kepler Universität in Linz. Die Reinräume dieser Einrichtung nehmen in Österreich eine Schlüs-selstellung in der Grundlagenforschung und Ausbildung ein.

»Was wir hier machen, ist einzigartig.« Professor Armando Rastelli,

Johannes Kepler Universität, Linz

Professor Armando Rastelli: Der italienische Physiker leitet an der Johannes Kepler Universität in Linz, Österreich, das Institut für Halbleiter- und Festkörperphysik. Foto: JKU/Eder

LIFE

& B

USIN

ESS |

POR

TRÄT

Page 38: Cleanroom Magazin 02-2015

38

2/2015

Mädchen im Reinraum

Als ich kurz in meine Unterlagen schaue, stützt sich der Wahlöster-reicher mit den Ellenbogen auf die Tischkante und liest wieder mit. Seit 2012 lebt er nun in Linz mit seiner schwäbischen Frau und den Kindern. Er forscht an neuen Halbleiterbauelementen auf Ba-sis von Galliumarsenid für An-wendungen in der Quantenoptik und Quantenkommunikation. Pri-vat liebt er Radfahren, Hardrock und Metal, Familienwanderun-gen und Astronomie. Für Letzte-res kann er auch schon seine Töch-ter begeistern. Apropos Mädchen und Wissenschaft. Sein Institut in Linz bemüht sich sehr um weib-lichen Nachwuchs für Berufe im Reinraum. Bei der Veranstaltung

»Frauen in der Technik« und beim »Girls’ Day« können die Teilneh-merinnen Führungen durch den Reinraum erleben und Experi-mente durchführen, zum Beispiel einen Wafer belichten. Die Begeis-terung sei immer groß. Sogar das aufwendige Ankleideprozedere werde als eher lustig empfunden. »Das Highlight ist immer die Luft-dusche«, berichtet Rastelli. Darü-ber hinaus gibt es die Veranstal-tung »Traumberuf Technik« für beide Geschlechter, ebenfalls mit Reinraum-Führungen und Erklä-rungen. Außerdem, so der Haus-herr, könnten angehende Master und Bachelor ihre Praktika zum Teil im Reinraum absolvieren, was sich für die meisten als Vorteil bei der Jobsuche erweise.

Vorfreude auf 2016

»Reinraumeinrichtungen für die Ausbildung gibt es in Österreich nur hier in Linz und in Wien«, be-tont Professor Rastelli. Er selbst kommt höchstens noch ein Mal pro Woche in den Reinraum. Dort schaut er den Mitarbeitern über die Schulter. »Durch den Lehrbetrieb habe ich leider kaum noch Zeit, selbst etwas auszuprobieren.« Doch das wird sich bald ändern. Das Lin-zer Institut für Halbleiter- und Fest-körperphysik bekommt 2016 eine neue Anlage zur Herstellung von Nanostrukturen auf der Basis von Galliumarsenid-Materialien. Dann, so hat es sich Professor Rastelli fest vorgenommen, will er endlich wie-der selbst im Reinraum experimen-tieren. | Text: Frank Baecke

Professor Armando Rastelli wurde in Fermo, Italien, geboren. Heute lebt er im österreichischen Linz und ist Vater von Zwillingsschwestern. Foto: JKU/Eder

LIFE

& B

USIN

ESS |

POR

TRÄT

Page 39: Cleanroom Magazin 02-2015

2/2015

39

DO YOU SPEAK

More information? Editor in Chief | Roy Fox Tel.: +49 (0) 6201 606714 | [email protected]

Advertising | Roland Thomé Tel.: +49 (0) 6201 606757 | [email protected]

Ê www.gitverlag.com/go/reinraumtechnik

WE SPEAK CLEANROOMS!

Editorial Deadline: April 13

Advertising Deadline: May 11

Special International Issue

ACHEMA Edition

20.000 Copies

CLEANROOMS?

© N

EJRO

N P

HO

TO | F

otol

ia

Page 40: Cleanroom Magazin 02-2015

40

2/2015

41

2/2015

Science & TechnologyTechnologie in Kürze

SCIE

NCE &

TECH

NOLO

GY |

IN K

ÜRZE

Baumaterial für Nanosysteme

Faden-Kristalle | Im Dünnschichtla-bor des Max-Planck-Institutes für In-telligente Systeme in Stuttgart werden Faden-Kristalle hergestellt, die sich als idealer Baustoff für kleinstformatige Roboter eignen. Die Kristalle in Form von »Nano-Haaren« werden durch Verdampfung von Metallen im Vaku-um erzeugt. Sie haben ein vollkomme-nes, defektfreies Gefüge und sind da-durch äußerst belastbar. Sie behalten sogar unter mechanischer Beanspru-chung ihre Form langfristig bei. Da-mit eignen sie sich als idealer Baustoff für intelligente Systeme im Nano-For-mat: Sie verbrauchen wenig Energie und springen bei mechanischer Belas-tung immer wieder in ihre Ausgangs-form zurück.

Schneller Transfer vom Labor auf die Rolle

Beschichtungen | Mit funktionali-sierten Oberflächen können Unter-nehmen Produkte aufwerten und die Wertschöpfung steigern. Das Fraun-hofer-Institut für Silicatforschung

ISC in Würzburg bietet jetzt eine Pi-lotanlage an, auf der Hersteller wich-tige Material- und Prozessparameter vor dem Übertrag auf ihre Fertigungs-anlagen durchtesten und absichern können. Auf der Beschichtungsanlage lässt sich mit unterschiedlichen Subs-traten, Beschichtungsmaterialien und Auftragsverfahren arbeiten. Dies er-öffnet Herstellern ganz neue Entwick-

lungsmöglichkeiten im Bereich der Beschichtungstechnologien. Die Rol-le-zu-Rolle-Anlage wird in einem Rein-raum der Klasse ISO 8 betrieben. Das stellt qualitativ hochwertige und stö-rungsarme Beschichtungen sicher.

Computer im Reiskornformat

Miniaturisierung | Nur ein Kubikmil-limeter groß ist der wahrscheinlich kleinste funktionsfähige Computer der Welt. Er wurde von Forschern an der Universität Michigan gebaut und auf den Namen »Michigan Micro Mo-te« getauft. Der Winzling kann Drü-cke und Temperaturen messen sowie Fotos aufnehmen. Seine gewonnenen

Informationen sendet er dann an ei-nen Empfänger. Da dem Mikrocom-puter sowohl Tastatur als auch Dis-play fehlen, wird er mit Lichtwellen programmiert. Nach Angaben der For-scher könnte »Michigan Micro Mo-te« im Internet der Dinge sowie im menschlichen Körper eingesetzt wer-den. Die Entwicklungsarbeiten dauer-ten zehn Jahre. Jetzt, so die Forscher, sei der Computer serienreif.

Menschenähnlicher Labor-Roboter

Der Roboter-Hersteller Yaskawa zeigt auf der Messe ACHEMA vom 15. bis 19. Juni 2015 in Frankfurt am Main zwei Roboter-Modelle zum Einsatz in der Chemie- und Prozessindustrie, im La-bor- und Analysebereich sowie in der Pharma-, Verpackungs- und Lagertech-nik. Der Handlingroboter Motoman MH3BM erfüllt höchste Hygienestan-dards und kann für die Entwicklung neuer Medikamente ebenso eingesetzt werden wie bei der Probenverarbei-tung oder für pharmazeutische Do-sierapplikationen. Seine Zulassung für

01

02

Bild 01: Die im Vakuum erzeugten Faden-Kris-talle sind mechanisch äußerst belastbar. Foto: Dr. Gunther Richter

Bild 02: Neue Rolle-zu-Rolle-Beschichtungsan-lage im Fraunhofer ISC. Foto K. Dobberke für Fraunhofer ISC

Bild 03: Einen menschenähnlichen Roboter, der komplexe Labortätigkeiten ausführen kann, stellt Hersteller Yaskawa in einer Live-Demo-zelle auf der ACHEMA lässt vor. Foto: Yaskawa

die Reinraumklasse ISO5 ermöglicht seinen Einsatz für Montage-, Hand-ling- und Verpackungsaufgaben in den Labor- oder Produktionsanlagen vieler Industrien.

Daneben stellt Motoman den men-schenähnlichen Roboter CSDA10F vor. Er wurde speziell für die Hygienean-forderungen in Labors entwickelt und ist prädestiniert für den Einsatz in der Biomedizin-Synthese und in der che-mischen Analytik.

Reinraumtaugliche Servopresse

Messeneuheit | Die Berliner PROMESS Gesellschaft für Montage- und Prüf-systeme mbH präsentierte Ende Ap-ril in Stuttgart auf der Messe Medtec 2015 eine Auswahl ihrer hochpräzi-sen Servopressen, darunter auch eine neu entwickelte Reinraumpresse. Die Fügemodule des Herstellers werden

unter anderem eingesetzt bei der Fer-tigung von Herzschrittmachern oder auch bei Funktionsprüfungen, etwa von Spritzen oder Inhalatoren. Die Ein-heiten sind als Modul zur Integration in bestehende Anlagen oder als Präzi-sionsarbeitsplatz lieferbar. Letzterer eignet sich für das präzise Fügen und Krimpen von Einzelteilen oder Bau-gruppen und verfügt über eine integ-rierte Qualitätskontrolle. Darüber hi-naus stehen dem Anwender speziell abgedichtete Einheiten für Anwen-dungen im Reinraum zur Verfügung.

Nanomedikament schützt Nerven

Forschungserfolg | Wissenschaftler der Universität Hacettepe im türki-schen Ankara haben ein Nanome-dikament entwickelt, mit dem sich Erkrankungen wie Knochenmark-verletzungen und Schlaganfälle bes-ser behandeln lassen. Bisher werden bei der Abgabe von Medikamenten

im Organismus viele Moleküle zu schnell abgebaut und ausgeschie-den. Zudem können sie oftmals nicht die Barriere zwischen Blutkreislauf und Gehirn überwinden. Diese Pro-bleme lösten die Forscher nun mit Hilfe von Nanoteilchen, die sie mit dem Wirkstoff Adenosin, der auf die Rezeptoren des Nervensystems wirkt, koppelten. Durch diese Kom-bination wird der Abbau des Wirk-stoffes durch den Stoffwechselpro-zess verzögert, die Überwindung der Blut-Hirn-Schranke verbessert und die Einwirkung auf die Neuronen erhöht. Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet.

Foto: psdesign1

����������������������������������������� ���������������������� ��

ZĞŝŶƌĂƵŵƚĞdžƟ�ůŝĞŶ�ŝŵ�� DŝĞƚƐLJƐƚĞŵ

WƌŽĮ�Ɵ�ĞƌĞŶ�^ŝĞ�ŐůĞŝĐŚ�ŵĞŚƌĨĂĐŚ͗

ͻ� DĂƘŐĞƐĐŚŶĞŝĚĞƌƚĞ�� �ĞŬůĞŝĚƵŶŐƐŬŽŶnjĞƉƚĞ�ƵŶĚ�� ZĞŝŶŝŐƵŶŐƐƐLJƐƚĞŵĞͻ��dƌĂŶƐƉĂƌĞŶƚĞ�� �ŝŶnjĞůƚĞŝůďĞǁĞŐƵŶŐĞŶͻ��>ƺĐŬĞŶůŽƐĞ��ŽŬƵŵĞŶƚĂƟ�ŽŶͻ� �ďƐĐŚćƚnjďĂƌĞ�<ŽƐƚĞŶͻ� WƌŽĨĞƐƐŝŽŶĞůůĞ�ƵŶĚ�� ŬŽŵƉĞƚĞŶƚĞ��ĞƌĂƚƵŶŐ

^ƉƌĞĐŚĞŶ�^ŝĞ�ƵŶƐ�ĂŶ͕�ĨŽƌĚĞƌŶ�^ŝĞ�ƵŶƐ�ŚĞƌĂƵƐ͊

03

Page 41: Cleanroom Magazin 02-2015

40

2/2015

41

2/2015

Science & TechnologyTechnologie in Kürze

SCIE

NCE &

TECH

NOLO

GY |

IN K

ÜRZE

Baumaterial für Nanosysteme

Faden-Kristalle | Im Dünnschichtla-bor des Max-Planck-Institutes für In-telligente Systeme in Stuttgart werden Faden-Kristalle hergestellt, die sich als idealer Baustoff für kleinstformatige Roboter eignen. Die Kristalle in Form von »Nano-Haaren« werden durch Verdampfung von Metallen im Vaku-um erzeugt. Sie haben ein vollkomme-nes, defektfreies Gefüge und sind da-durch äußerst belastbar. Sie behalten sogar unter mechanischer Beanspru-chung ihre Form langfristig bei. Da-mit eignen sie sich als idealer Baustoff für intelligente Systeme im Nano-For-mat: Sie verbrauchen wenig Energie und springen bei mechanischer Belas-tung immer wieder in ihre Ausgangs-form zurück.

Schneller Transfer vom Labor auf die Rolle

Beschichtungen | Mit funktionali-sierten Oberflächen können Unter-nehmen Produkte aufwerten und die Wertschöpfung steigern. Das Fraun-hofer-Institut für Silicatforschung

ISC in Würzburg bietet jetzt eine Pi-lotanlage an, auf der Hersteller wich-tige Material- und Prozessparameter vor dem Übertrag auf ihre Fertigungs-anlagen durchtesten und absichern können. Auf der Beschichtungsanlage lässt sich mit unterschiedlichen Subs-traten, Beschichtungsmaterialien und Auftragsverfahren arbeiten. Dies er-öffnet Herstellern ganz neue Entwick-

lungsmöglichkeiten im Bereich der Beschichtungstechnologien. Die Rol-le-zu-Rolle-Anlage wird in einem Rein-raum der Klasse ISO 8 betrieben. Das stellt qualitativ hochwertige und stö-rungsarme Beschichtungen sicher.

Computer im Reiskornformat

Miniaturisierung | Nur ein Kubikmil-limeter groß ist der wahrscheinlich kleinste funktionsfähige Computer der Welt. Er wurde von Forschern an der Universität Michigan gebaut und auf den Namen »Michigan Micro Mo-te« getauft. Der Winzling kann Drü-cke und Temperaturen messen sowie Fotos aufnehmen. Seine gewonnenen

Informationen sendet er dann an ei-nen Empfänger. Da dem Mikrocom-puter sowohl Tastatur als auch Dis-play fehlen, wird er mit Lichtwellen programmiert. Nach Angaben der For-scher könnte »Michigan Micro Mo-te« im Internet der Dinge sowie im menschlichen Körper eingesetzt wer-den. Die Entwicklungsarbeiten dauer-ten zehn Jahre. Jetzt, so die Forscher, sei der Computer serienreif.

Menschenähnlicher Labor-Roboter

Der Roboter-Hersteller Yaskawa zeigt auf der Messe ACHEMA vom 15. bis 19. Juni 2015 in Frankfurt am Main zwei Roboter-Modelle zum Einsatz in der Chemie- und Prozessindustrie, im La-bor- und Analysebereich sowie in der Pharma-, Verpackungs- und Lagertech-nik. Der Handlingroboter Motoman MH3BM erfüllt höchste Hygienestan-dards und kann für die Entwicklung neuer Medikamente ebenso eingesetzt werden wie bei der Probenverarbei-tung oder für pharmazeutische Do-sierapplikationen. Seine Zulassung für

01

02

Bild 01: Die im Vakuum erzeugten Faden-Kris-talle sind mechanisch äußerst belastbar. Foto: Dr. Gunther Richter

Bild 02: Neue Rolle-zu-Rolle-Beschichtungsan-lage im Fraunhofer ISC. Foto K. Dobberke für Fraunhofer ISC

Bild 03: Einen menschenähnlichen Roboter, der komplexe Labortätigkeiten ausführen kann, stellt Hersteller Yaskawa in einer Live-Demo-zelle auf der ACHEMA lässt vor. Foto: Yaskawa

die Reinraumklasse ISO5 ermöglicht seinen Einsatz für Montage-, Hand-ling- und Verpackungsaufgaben in den Labor- oder Produktionsanlagen vieler Industrien.

Daneben stellt Motoman den men-schenähnlichen Roboter CSDA10F vor. Er wurde speziell für die Hygienean-forderungen in Labors entwickelt und ist prädestiniert für den Einsatz in der Biomedizin-Synthese und in der che-mischen Analytik.

Reinraumtaugliche Servopresse

Messeneuheit | Die Berliner PROMESS Gesellschaft für Montage- und Prüf-systeme mbH präsentierte Ende Ap-ril in Stuttgart auf der Messe Medtec 2015 eine Auswahl ihrer hochpräzi-sen Servopressen, darunter auch eine neu entwickelte Reinraumpresse. Die Fügemodule des Herstellers werden

unter anderem eingesetzt bei der Fer-tigung von Herzschrittmachern oder auch bei Funktionsprüfungen, etwa von Spritzen oder Inhalatoren. Die Ein-heiten sind als Modul zur Integration in bestehende Anlagen oder als Präzi-sionsarbeitsplatz lieferbar. Letzterer eignet sich für das präzise Fügen und Krimpen von Einzelteilen oder Bau-gruppen und verfügt über eine integ-rierte Qualitätskontrolle. Darüber hi-naus stehen dem Anwender speziell abgedichtete Einheiten für Anwen-dungen im Reinraum zur Verfügung.

Nanomedikament schützt Nerven

Forschungserfolg | Wissenschaftler der Universität Hacettepe im türki-schen Ankara haben ein Nanome-dikament entwickelt, mit dem sich Erkrankungen wie Knochenmark-verletzungen und Schlaganfälle bes-ser behandeln lassen. Bisher werden bei der Abgabe von Medikamenten

im Organismus viele Moleküle zu schnell abgebaut und ausgeschie-den. Zudem können sie oftmals nicht die Barriere zwischen Blutkreislauf und Gehirn überwinden. Diese Pro-bleme lösten die Forscher nun mit Hilfe von Nanoteilchen, die sie mit dem Wirkstoff Adenosin, der auf die Rezeptoren des Nervensystems wirkt, koppelten. Durch diese Kom-bination wird der Abbau des Wirk-stoffes durch den Stoffwechselpro-zess verzögert, die Überwindung der Blut-Hirn-Schranke verbessert und die Einwirkung auf die Neuronen erhöht. Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet.

Foto: psdesign1

����������������������������������������� ���������������������� ��

ZĞŝŶƌĂƵŵƚĞdžƟ�ůŝĞŶ�ŝŵ�� DŝĞƚƐLJƐƚĞŵ

WƌŽĮ�Ɵ�ĞƌĞŶ�^ŝĞ�ŐůĞŝĐŚ�ŵĞŚƌĨĂĐŚ͗

ͻ� DĂƘŐĞƐĐŚŶĞŝĚĞƌƚĞ�� �ĞŬůĞŝĚƵŶŐƐŬŽŶnjĞƉƚĞ�ƵŶĚ�� ZĞŝŶŝŐƵŶŐƐƐLJƐƚĞŵĞͻ��dƌĂŶƐƉĂƌĞŶƚĞ�� �ŝŶnjĞůƚĞŝůďĞǁĞŐƵŶŐĞŶͻ��>ƺĐŬĞŶůŽƐĞ��ŽŬƵŵĞŶƚĂƟ�ŽŶͻ� �ďƐĐŚćƚnjďĂƌĞ�<ŽƐƚĞŶͻ� WƌŽĨĞƐƐŝŽŶĞůůĞ�ƵŶĚ�� ŬŽŵƉĞƚĞŶƚĞ��ĞƌĂƚƵŶŐ

^ƉƌĞĐŚĞŶ�^ŝĞ�ƵŶƐ�ĂŶ͕�ĨŽƌĚĞƌŶ�^ŝĞ�ƵŶƐ�ŚĞƌĂƵƐ͊

03

Page 42: Cleanroom Magazin 02-2015

42

2/2015

Wenn dem Controller beim Blick auf die Energierechnung die Ge-sichtszüge entgleisen, dann dau-ert es nicht lange, bis der Ruf nach Kostensenkung laut wird. Leider er-fordert das Erzeugen und Aufrecht-erhalten bestimmter Reinraumklas-sen viel Energie in Form von Wärme, Kälte und Strom. Doch dagegen lässt sich etliches unternehmen. Exper-ten warnen allerdings vor blindem Aktionismus. »Eine Energiespar-maßnahme darf nicht so viel kos-ten, dass sie sich auch in 30 Jahren noch nicht rechnet«, mahnt Steffen Röhm. Er ist Projektleiter im Compe-tence Center Engineering der Phar-maserv GmbH & Co.KG im hessi-schen Marburg.

Energieplanung muss ins Lastenheft

Wer mit seinem Reinraum sozu-sagen auf der weißen Leinwand beginnt, der kann mit dem Ener-giesparen bereits im Lastenheft anfangen. Denn darin werden die wirtschaftlichen, technischen und organisatorischen Erwartun-gen des Auftraggebers an seine Anlage festgehalten. »Im Lasten-

heft steht aber oft nur drin, was man mit der Anlage machen will, nicht wie die Energieplanung aus-sehen soll«, verweist Steffen Röhm auf ein häufiges Manko. Wer also einen Reinraum neu konzipiert, der sollte die Energieplanung be-ziehungsweise den energetisch sinnvollen Betrieb mit ins Lasten-heft aufnehmen. Die technischen Möglichkeiten reichen von einer

energetisch optimierten Gebäu-dehülle über hohe Umluftantei-le, Entfeuchtung mit Direktver-dampfung und Nachheizung über die Heißgasnutzung oder auch das Heizen und Kühlen mit Wärme-pumpe bis hin zum Absenkbetrieb nach Produktionsschluss.

Ist der Reinraum bereits errichtet, lassen sich die laufenden Kosten für Betrieb, Wartung, Schulung und Betreuung oft durch das Dre-hen an bestimmten Stellschrau-ben deutlich reduzieren. »Muss ich wirklich 50 plus/minus fünf Prozent Luftfeuchte einhalten und damit über einen langen Zeitraum im Jahr viel Energie zum Be- und Entfeuchten aufwenden, oder ge-nügt auch der für Menschen be-hagliche Bereich von 35 bis 65 Pro-zent, wenn es keine Vorgaben für das Produkt gibt, so dass ich we-niger nachregeln muss und Ener-gie sparen kann«, nennt Qualifi-zierungsingenieur Steffen Röhm

ein Beispiel. Weitere prozessbe-zogene Einsparmöglichkeiten bö-ten das Anpassen von Kanaldruck und Raumtemperatur, die Fest-legung tatsächlich notwendiger Reinraumklassen und -größen so-wie das Minimieren der Luftwech-selraten auf ein sinnvolles Niveau.

Damit der Reinraum nicht zum Kostentreiber wirdDeutliche Energie- und Kosteneinsparungen lassen sich oft schon mit geringen Veränderungen realisieren.

Das Betreiben von reinen Produktionsumgebungen erfordert ho-he Aufwendungen für technische Ausstattungen und professio-nelle Reinigungsprozesse. Hinzu kommen laufende Ausgaben für Verbrauchsgüter wie Handschuhe, Tücher und Kleidung. Mit gezielten Optimierungen können Kosten und Aufwand reduziert werden. Das Spektrum an Möglichkeiten ist breit.

Der Einkauf von Reinraumpro-dukten nur aufgrund des güns-tigsten Preises kann in der Rein-raumtechnik teuer werden.« Carsten Moschner, Geschäftsführer dastex

SCIE

NCE &

TECH

NOLO

GY |

EFFI

ZIEN

Z IM

REI

NRAU

M

Page 43: Cleanroom Magazin 02-2015

2/2015

43

Mehr Effizienz durch moderne Filter

Großen Einfluss auf die Betriebs-kosten haben auch die Filter. »Die Krux hierbei ist: Eine hohe Ab-scheideleistung erfordert zunächst einmal einen hohen Energieauf-wand«, sagt Frank Spehl, Vertriebs-leiter der AAF Lufttechnik GmbH im nordrhein-westfälischen Ober-hausen. »Der Energiebedarf der Filter soll aber reduziert werden - hier standen wir bisher vor einem Dilemma.«

Neue Entwicklungen brachten die Lösung. Wurden die Filter zu-vor aus einem groben Vorfilterme-dium mit dahinter liegendem fei-neren Material hergestellt, stehen heute neuartige Nanowave-Struk-turen zur Verfügung. »Diese Mate-rialien bewirken nahezu eine Ver-dopplung der abscheidewirksamen Filterfläche bei gleichzeitiger Hal-

bierung des Druckverlustes«, betont Frank Spehl. Mit anderen Worten: Die neuen synthetischen Luftfilter-medien bieten eine viel höhere Ab-scheideleistung bei wesentlich effi-zienterem Energieeinsatz. Positiver Nebeneffekt: Auch die Prozesssi-cherheit steigt und damit die Qua-lität der im Reinraum hergestellten Produkte.

Doch selbst die besten Filter müs-sen eines Tages ausgetauscht wer-den. Für den Reinraumbetreiber ist das ist ein teures Vergnügen, denn das Öffnen der Decke bedeutet nicht nur Produktionsstillstand, sondern auch eine große Verschmutzung des Reinraums. Frank Spehl sagt hierzu: »Den Aufwand des Filterwechsels haben Sie sowieso irgendwann. Aber das Wann können Sie beeinflussen. Darum ist es sinnvoll, teure, aber gu-te Filter mit langer Standzeit zu kau-fen. Dann müssen Sie die Filter selte-ner austauschen und sparen Geld.«

Luftwechselraten optimieren

Weitere kostensenkende Tipps hat Jürgen Blattner parat. Der In-haber des BSR Ingenieur-Büros im baden-württembergischen Ober-hausen-Reinhausen ist auf Qualifi-zierung und Monitoring von Rein-räumen spezialisiert. Der studierte Verfahrenstechniker verweist dar-auf, dass nirgends vorgeschrieben sei, wie oft die Luft in einem Rein-raum gewechselt werden müsse. »Es ist ja schließlich ein Unterschied, ob zwei oder zehn Leute im Raum sind«, nennt Blattner den Grund. Er empfiehlt Betreibern, die Partikel-konzentration im Reinraum über einen gesamten Arbeitstag hinweg messen zu lassen. So werde sichtbar, wie hoch die Partikelkonzentration nach Arbeitsbeginn durch das Ein-schleusen von Personen und Ma-terial ansteige, wie weit sie danach wieder absinke, wie hoch sie nach

ISO 14644-1 GMP US Fed Std209E*

Partikelgrenzwerte (µm/m3)0,1 0,2 0,3 0,5 1 5

ISO Klasse 1 10 2 - - - -ISO Klasse 2 100 24 10 4 - -ISO Klasse 3 1 000 237 102 35 8 -

1 1 240 265 106 35,3 - -ISO Klasse 4 10 000 2 370 1 020 352 83 -

10 12 400 2 650 1 060 353 - -ISO Klasse 5 100 000 23 700 10 200 3 520 832 29

A/B - - - 3 520 - 20/29100 - 26 500 10 600 3 530 - -

ISO Klasse 6 1 000 000 237 000 102 000 35 200 8 320 2931 000 - - - 35 300 - 247

ISO Klasse 7 - - - 352 000 83 200 2 930C - - - 352 000 - 2 900

10 000 - - - 353 000 12 461 2 470ISO Klasse 8 - - - 3 520 000 832 000 29 300

D - - - 3 520 000 - 29 000100 000 - - - 3 520 000 124 610 24 700

ISO Klasse 9 - - - 35 200 000 8 320 000 293 000

Vergleich der Luft-Reinheitsklassen nach der Partikelkonzentration

*Der US-Federal-Standard 209E wurde im Jahr 2001 von der ISO 14644-1 abgelöst und ist nicht mehr gültig.

Page 44: Cleanroom Magazin 02-2015

44

2/2015

45

2/2015

»Der Einkauf von Reinraumproduk-ten nur aufgrund des günstigsten Preises kann in der Reinraumtechnik teuer werden«, warnt Carsten Mosch-ner. »Ich sage: Kosten sparen ja, aber in Relation.« Bei Handschuhen zum Bei-spiel sollten Reißfestigkeit, Dichtheit und Beständigkeit gegen Chemikali-en kaufentscheidend sein und nicht der beste Preis. »Wenn ich beim Anzie-hen schon jeden zweiten Handschuh zerreiße, dann spare ich nichts«, sagt Moschner. Ähnliches gelte für die Aus-wahl von Tüchern. »Wenn Sie Ihren Fingerprint auf dem Handy mit einem Zellstofftaschentuch wegwischen wol-len, dann brauchen Sie recht lange. Aber mit einem Mikrofasertuch geht das sehr schnell«, verdeutlicht Mosch-ner das Optimierungspotenzial. Wer sich vorab damit auseinandersetze, ob er Plexiglas- oder Edelstahloberflä-chen zu reinigen hat, ob er Öl, Fett, lose Partikel oder chemische Verbindun-gen entfernen muss, der könne treff-sicher entscheiden, mit welchem Tuch er den größten Effizienzvorteil erzielt.

Effizienter Reinigen

Vom Einfluss der Einkäufer kann auch Dietmar Pfennig ein Lied sin-gen. »Wenn für die Reinraumreini-gung kein geeignetes, geprüftes oder nicht zertifiziertes Equipment ge-kauft wird, dann kann das dazu füh-ren, dass sie im Reinraum etwas vor-finden, was sie dort nicht vorfinden wollen«, sagt der Geschäftsführer der Pfennig Reinigungstechnik Gm-bH im süddeutschen Durach. Baum-wollfaser-Mopps zum Beispiel gä-ben bis zu 100.000 mal mehr Partikel ab, weil Baumwolle keine Endlos-faser sei, sondern eine kurze Faser. Schon dieses Beispiel zeige, welches Effizienzpotenzial in der Verwen-dung von optimierten Systemen lie-ge. Mopps sollten aus Textilfasern bestehen, die die mechanische Be-lastung des Reinigens und die ther-

mische Belastung des Autoklavie-rens aushalten und trotzdem noch gut reinigen.

Für Reinigungswagen und Geräte sollte unbedingt Edelstahl verwen-det werden, weil dieser sterilisierbar ist. Auch sollten die manuellen Sys-teme immer über offene Abschlüs-se und abgerundete Kanten verfü-gen, weil diese leicht zugänglich und daher gut zu reinigen sind. Die Verbindungen an Geräten sollten entweder fest und ohne Fugen oder zum Abnehmen gestaltet sein, um Ansammlungen von Partikeln und Mikroorganismen zu vermeiden. Letztere lagern sich auch an une-benen Schweißnähten und in Haar-rissen ein. Allein ein Haarriss von nur drei Millimeter Länge und drei Hundertstel Millimeter Tiefe bietet Platz für 100.000 Mikroorganismen.

Neben der Auswahl reinraumopti-mierter Produkte haben auch die Reinigungsmethoden einen Ein-fluss auf den effizienten Betrieb von Reinräumen. »Das Problem ist: Men-schen arbeiten verständlicherweise niemals exakt gleich, dadurch sind Vorgänge nicht reproduzierbar. Ein Mopp beispielsweise könnte folglich nach dem Tränken entweder zu tro-

cken oder zu nass sein«, sagt Diet-mar Pfennig. Ist der Mopp zu trocken, frohlocken die Keime. »Das Wasser, das wir auf den Boden bringen, ist wie eine Straßenbahn, mit der das Desinfektionsmittel zu den Keimen kommt«, erklärt Pfennig. Ein Filmab-riss bedeutet somit: keine Desinfek-tion. Ist der Mopp hingegen zu nass, kommt es zum Schichtaufbau. Man kennt dieses Phänomen von den kle-benden Krankenhaus-Fußböden.

Pfennig löste das Zu-nass-zu-tro-cken-Problem durch die Entwick-lung eines geschlossenen Systems, in dem der Mopp von selbst immer mit derselben Lösungsmenge durch-tränkt wird. Damit lässt sich in der manuellen Reinigung eine reprodu-zierbare Qualität erzielen. Und allen Kunden, die da geringschätzig sa-gen, es gehe doch nur ums Putzen, entgegnet Dietmar Pfennig: »Reini-gung und Desinfektion beeinflussen eine Reinraum-Produktion genau-so wie eine lufttechnische Anlage. Die Anlage wird einmal konzipiert, dann läuft sie – richtige Wartung vorausgesetzt. Reinigung und Des-infektion aber sind individuell und werden von Menschen ausgeführt, darum ist eine reproduzierbare Qualität so wichtig.«

der Frühstückspause wieder anstei-ge und bis zur Mittagspause wieder absinke und so weiter. Wer seine ty-pischen Verläufe kenne, der könne die Luftwechselraten optimal an die Prozesse anpassen. »Auf diese Weise konnten wir zum Beispiel bei einem Kunden die Luftwechselrate um 20 Prozent reduzieren«, beziffert Jür-gen Blattner den Lohn der Mühe.

Weniger Technik, weniger Wartungs- aufwand

Bei der Auslegung eines Reinrau-mes sollten Betreiber auch darauf achten, dass sie diesen nicht über-dimensionieren. Denn je mehr Technik sie einbauen lassen, des-to aufwendiger werden Wartung und Instandhaltung. Und da kommt mehr zusammen, als es auf den ers-ten Blick scheint. Denn regelmä-ßig gewartet werden müssen nicht nur die Prozessmaschinen im Rein-raum, sondern zum Beispiel auch die Elektro-, Lüftungs-, Heizungs- und Kältetechnik, die Anlagen für technische Gase, Wasseraufberei-tung und Druckluft, die MSR-Tech-nik und das GMP-Monitoring. Ne-ben diesen Arbeitsumfängen an sich sei auch der richtige Zeitpunkt

einer Wartung oder Instandhaltung von betriebswirtschaftlicher Rele-vanz, betont Jürgen Blattner: »War-ten Sie mit einem Filteraustausch nicht so lange, bis 90 Prozent der Standzeit erreicht sind. Irgendwann ist ein neuer Filter günstiger als der Energieaufwand für den Leistungsverlust des alten Filters.«

Wurden Änderungen an einer An-lage vorgenommen, muss der Be-treiber sicherstellen, dass sie sich anschließend weiterhin im quali-fizierten Zustand befindet. Zahl-reiche Normen, Richtlinien und Verordnungen beschreiben zwar die Notwendigkeit und Vorgehens-weisen bei einer Requalifizierung, enthalten aber oft keine Hinweise auf deren Häufigkeit. Dr. Lothar Gail, Berater und Experte für Rein-raum- und Steriltechnik, emp-fiehlt Reinraumbetreibern darum, die Zuverlässigkeit ihres Prozes-ses für die Qualität des Produk-tes als Maßstab zu nehmen. Hilf-reich hierfür sei das Hinterfragen der Messungen. »Sind diese ange-messen, dann kann ich entschei-den, ob eine erneute Prüfung in 24 Monaten ausreichend ist, oder ob ich alle sechs Monaten prüfen muss«, erklärt Dr. Gail.

Kein Geiz-ist-geil bei Verbrauchsmaterialien

Hinterfragen sollten Reinraumbetrei-ber auch ihre Kosten für Verbrauchs-güter wie Handschuhe, Kleidung, Tücher, Swabs und Reinigungsmit-tel. Genauer gesagt: nicht die Kosten, sondern das Kosten-Nutzen-Verhält-nis. »Es bringt Ihnen nichts, wenn die Verbrauchsgüter nur aufgrund des günstigsten Preises bestellt werden und Ihnen dadurch Mehrkosten in der Produktion entstehen«, sagt Cars-ten Moschner. Er ist Geschäftsführer der dastex Reinraumzubehör GmbH & Co.KG in Muggensturm am Fuße des Schwarzwaldes. Fast noch harmlose Beispiele für solche Opportunitäts-kosten sind unter anderem schlechte Bekleidung, die vorzeitig ausgetauscht werden muss, oder ungeeignete Tü-cher, die durch ihre geringere Reini-gungsleistung mehr Arbeit verursa-chen.

Richtig teuer wird es dagegen, wenn nach der Geiz-ist-geil-Methode ein-gekaufte Verbrauchsgüter die eige-nen Produkte schädigen. Carsten Mo-schner kennt solche Fälle zur Genüge. Eine Firma im Halbleiterbereich etwa sparte durch den Einkauf von Nitril-handschuhen einen fünfstelligen Eurobetrag im Jahr ein, erlitt aber ei-nen deutlich höheren Schaden in der Produktion, weil die Handschuhe zu Korrosion auf den Wafern führten. In einem Unternehmen der Optikin-dustrie zerstörte ein »falsches« Rein-raumtuch durch Ausgasung vollstän-dig die optische Oberfläche eines sehr teuren Objektes, ohne dieses über-haupt berührt zu haben.

SCIE

NCE &

TECH

NOLO

GY |

EFFI

ZIEN

Z IM

REI

NRAU

M

Produkte aus Edelstahl wie dieser Reinigungs-wagen sind prädestiniert für den Reinraum. Die glatten Oberflächen lassen sich besonders gut reinigen, zudem ist Edelstahl sterilisierbar.

Foto

: ww

w.c

l-ex

.com

Für einen effizienten Betrieb sorgt auch die Auswahl von Reinraummobiliar, das sich leicht reinigen lässt.

Page 45: Cleanroom Magazin 02-2015

44

2/2015

45

2/2015

»Der Einkauf von Reinraumproduk-ten nur aufgrund des günstigsten Preises kann in der Reinraumtechnik teuer werden«, warnt Carsten Mosch-ner. »Ich sage: Kosten sparen ja, aber in Relation.« Bei Handschuhen zum Bei-spiel sollten Reißfestigkeit, Dichtheit und Beständigkeit gegen Chemikali-en kaufentscheidend sein und nicht der beste Preis. »Wenn ich beim Anzie-hen schon jeden zweiten Handschuh zerreiße, dann spare ich nichts«, sagt Moschner. Ähnliches gelte für die Aus-wahl von Tüchern. »Wenn Sie Ihren Fingerprint auf dem Handy mit einem Zellstofftaschentuch wegwischen wol-len, dann brauchen Sie recht lange. Aber mit einem Mikrofasertuch geht das sehr schnell«, verdeutlicht Mosch-ner das Optimierungspotenzial. Wer sich vorab damit auseinandersetze, ob er Plexiglas- oder Edelstahloberflä-chen zu reinigen hat, ob er Öl, Fett, lose Partikel oder chemische Verbindun-gen entfernen muss, der könne treff-sicher entscheiden, mit welchem Tuch er den größten Effizienzvorteil erzielt.

Effizienter Reinigen

Vom Einfluss der Einkäufer kann auch Dietmar Pfennig ein Lied sin-gen. »Wenn für die Reinraumreini-gung kein geeignetes, geprüftes oder nicht zertifiziertes Equipment ge-kauft wird, dann kann das dazu füh-ren, dass sie im Reinraum etwas vor-finden, was sie dort nicht vorfinden wollen«, sagt der Geschäftsführer der Pfennig Reinigungstechnik Gm-bH im süddeutschen Durach. Baum-wollfaser-Mopps zum Beispiel gä-ben bis zu 100.000 mal mehr Partikel ab, weil Baumwolle keine Endlos-faser sei, sondern eine kurze Faser. Schon dieses Beispiel zeige, welches Effizienzpotenzial in der Verwen-dung von optimierten Systemen lie-ge. Mopps sollten aus Textilfasern bestehen, die die mechanische Be-lastung des Reinigens und die ther-

mische Belastung des Autoklavie-rens aushalten und trotzdem noch gut reinigen.

Für Reinigungswagen und Geräte sollte unbedingt Edelstahl verwen-det werden, weil dieser sterilisierbar ist. Auch sollten die manuellen Sys-teme immer über offene Abschlüs-se und abgerundete Kanten verfü-gen, weil diese leicht zugänglich und daher gut zu reinigen sind. Die Verbindungen an Geräten sollten entweder fest und ohne Fugen oder zum Abnehmen gestaltet sein, um Ansammlungen von Partikeln und Mikroorganismen zu vermeiden. Letztere lagern sich auch an une-benen Schweißnähten und in Haar-rissen ein. Allein ein Haarriss von nur drei Millimeter Länge und drei Hundertstel Millimeter Tiefe bietet Platz für 100.000 Mikroorganismen.

Neben der Auswahl reinraumopti-mierter Produkte haben auch die Reinigungsmethoden einen Ein-fluss auf den effizienten Betrieb von Reinräumen. »Das Problem ist: Men-schen arbeiten verständlicherweise niemals exakt gleich, dadurch sind Vorgänge nicht reproduzierbar. Ein Mopp beispielsweise könnte folglich nach dem Tränken entweder zu tro-

cken oder zu nass sein«, sagt Diet-mar Pfennig. Ist der Mopp zu trocken, frohlocken die Keime. »Das Wasser, das wir auf den Boden bringen, ist wie eine Straßenbahn, mit der das Desinfektionsmittel zu den Keimen kommt«, erklärt Pfennig. Ein Filmab-riss bedeutet somit: keine Desinfek-tion. Ist der Mopp hingegen zu nass, kommt es zum Schichtaufbau. Man kennt dieses Phänomen von den kle-benden Krankenhaus-Fußböden.

Pfennig löste das Zu-nass-zu-tro-cken-Problem durch die Entwick-lung eines geschlossenen Systems, in dem der Mopp von selbst immer mit derselben Lösungsmenge durch-tränkt wird. Damit lässt sich in der manuellen Reinigung eine reprodu-zierbare Qualität erzielen. Und allen Kunden, die da geringschätzig sa-gen, es gehe doch nur ums Putzen, entgegnet Dietmar Pfennig: »Reini-gung und Desinfektion beeinflussen eine Reinraum-Produktion genau-so wie eine lufttechnische Anlage. Die Anlage wird einmal konzipiert, dann läuft sie – richtige Wartung vorausgesetzt. Reinigung und Des-infektion aber sind individuell und werden von Menschen ausgeführt, darum ist eine reproduzierbare Qualität so wichtig.«

der Frühstückspause wieder anstei-ge und bis zur Mittagspause wieder absinke und so weiter. Wer seine ty-pischen Verläufe kenne, der könne die Luftwechselraten optimal an die Prozesse anpassen. »Auf diese Weise konnten wir zum Beispiel bei einem Kunden die Luftwechselrate um 20 Prozent reduzieren«, beziffert Jür-gen Blattner den Lohn der Mühe.

Weniger Technik, weniger Wartungs- aufwand

Bei der Auslegung eines Reinrau-mes sollten Betreiber auch darauf achten, dass sie diesen nicht über-dimensionieren. Denn je mehr Technik sie einbauen lassen, des-to aufwendiger werden Wartung und Instandhaltung. Und da kommt mehr zusammen, als es auf den ers-ten Blick scheint. Denn regelmä-ßig gewartet werden müssen nicht nur die Prozessmaschinen im Rein-raum, sondern zum Beispiel auch die Elektro-, Lüftungs-, Heizungs- und Kältetechnik, die Anlagen für technische Gase, Wasseraufberei-tung und Druckluft, die MSR-Tech-nik und das GMP-Monitoring. Ne-ben diesen Arbeitsumfängen an sich sei auch der richtige Zeitpunkt

einer Wartung oder Instandhaltung von betriebswirtschaftlicher Rele-vanz, betont Jürgen Blattner: »War-ten Sie mit einem Filteraustausch nicht so lange, bis 90 Prozent der Standzeit erreicht sind. Irgendwann ist ein neuer Filter günstiger als der Energieaufwand für den Leistungsverlust des alten Filters.«

Wurden Änderungen an einer An-lage vorgenommen, muss der Be-treiber sicherstellen, dass sie sich anschließend weiterhin im quali-fizierten Zustand befindet. Zahl-reiche Normen, Richtlinien und Verordnungen beschreiben zwar die Notwendigkeit und Vorgehens-weisen bei einer Requalifizierung, enthalten aber oft keine Hinweise auf deren Häufigkeit. Dr. Lothar Gail, Berater und Experte für Rein-raum- und Steriltechnik, emp-fiehlt Reinraumbetreibern darum, die Zuverlässigkeit ihres Prozes-ses für die Qualität des Produk-tes als Maßstab zu nehmen. Hilf-reich hierfür sei das Hinterfragen der Messungen. »Sind diese ange-messen, dann kann ich entschei-den, ob eine erneute Prüfung in 24 Monaten ausreichend ist, oder ob ich alle sechs Monaten prüfen muss«, erklärt Dr. Gail.

Kein Geiz-ist-geil bei Verbrauchsmaterialien

Hinterfragen sollten Reinraumbetrei-ber auch ihre Kosten für Verbrauchs-güter wie Handschuhe, Kleidung, Tücher, Swabs und Reinigungsmit-tel. Genauer gesagt: nicht die Kosten, sondern das Kosten-Nutzen-Verhält-nis. »Es bringt Ihnen nichts, wenn die Verbrauchsgüter nur aufgrund des günstigsten Preises bestellt werden und Ihnen dadurch Mehrkosten in der Produktion entstehen«, sagt Cars-ten Moschner. Er ist Geschäftsführer der dastex Reinraumzubehör GmbH & Co.KG in Muggensturm am Fuße des Schwarzwaldes. Fast noch harmlose Beispiele für solche Opportunitäts-kosten sind unter anderem schlechte Bekleidung, die vorzeitig ausgetauscht werden muss, oder ungeeignete Tü-cher, die durch ihre geringere Reini-gungsleistung mehr Arbeit verursa-chen.

Richtig teuer wird es dagegen, wenn nach der Geiz-ist-geil-Methode ein-gekaufte Verbrauchsgüter die eige-nen Produkte schädigen. Carsten Mo-schner kennt solche Fälle zur Genüge. Eine Firma im Halbleiterbereich etwa sparte durch den Einkauf von Nitril-handschuhen einen fünfstelligen Eurobetrag im Jahr ein, erlitt aber ei-nen deutlich höheren Schaden in der Produktion, weil die Handschuhe zu Korrosion auf den Wafern führten. In einem Unternehmen der Optikin-dustrie zerstörte ein »falsches« Rein-raumtuch durch Ausgasung vollstän-dig die optische Oberfläche eines sehr teuren Objektes, ohne dieses über-haupt berührt zu haben.

SCIE

NCE &

TECH

NOLO

GY |

EFFI

ZIEN

Z IM

REI

NRAU

M

Produkte aus Edelstahl wie dieser Reinigungs-wagen sind prädestiniert für den Reinraum. Die glatten Oberflächen lassen sich besonders gut reinigen, zudem ist Edelstahl sterilisierbar.

Foto

: ww

w.c

l-ex

.com

Für einen effizienten Betrieb sorgt auch die Auswahl von Reinraummobiliar, das sich leicht reinigen lässt.

Page 46: Cleanroom Magazin 02-2015

46

2/2015

47

2/2015

Viele gut ausgebildete Absolventen aus naturwissenschaftlichen Stu-diengängen stellten nach dem Be-ginn ihrer beruflichen Laufbahn fest, dass ihnen gewisse Kenntnis-se über die gesetzlichen Regelun-gen im LifeSciences-Bereich fehlen. Da dieses Wissen an Hochschulen nur selten vermittelt wird, starteten Studierende aus Halle an der Saale, Leipzig und Dresden eine beispiel-hafte Eigeninitiative. Sie hoben mit Unterstützung der Studentischen Förderinitiative der Naturwissen-schaften e.V. der Martin-Luther-Uni-

versität Halle das Projekt »GMP für Studenten« aus der Taufe.

GxP in kompakter Form

In dem einwöchigen Lehrgang wur-de den Spätsemester-Studierenden und Berufsanfängern das regula-torische Umfeld der Guten Labor-praxis (GLP), der Guten Klinischen Praxis (GCP), der Guten Herstel-lungspraxis (GMP) und der guten Verteilungspraxis (GDP), kurzum alles zu »GxP« in kompakter Form

vermittelt. Dieser Lehrgang in Halle an der Saale war so erfolgreich, dass umgehend über Folgeveranstaltun-gen nachgedacht wurde. Das Ergeb-nis: Die Studenten gründeten eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und schufen damit geeignete Rahmenbedingungen für die erfolg-reiche Fortführung des Projektes.

Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Für die nächste Veranstal-tung in Dresden meldeten sich be-reits 150 Interessenten an. Dieser Lehrgang fand vom 09. bis 13. März 2015 im Dresdner Zentrum für Re-generative Therapie statt. Die Orga-nisatoren hatten hierzu mit viel En-gagement und Einsatz kompetente Vertreter der regionalen LifeScien-ce-Industrie als Referenten gewin-nen können.

Win-Win-Situation für die Region

Mit ihrer Idee »GMP für Studen-ten« fanden die Organisatoren bei den Industrievertretern schnell of-fene Ohren. Bereits erste Anfragen wurden meist wohlwollend aufge-nommen. Warum hatten die Stu-dierenden mit ihrer Idee so großen

Studierende gründen GMP-SchuleAbsolventen organisieren auf eigene Faust Lehrveranstaltungen zum Thema GxP.

In Eigeninitiative haben Studierende aus drei ostdeutschen Uni-versitäten gemeinsam eine GMP Spring School aus der Taufe ge-hoben. Damit wollen sie ihre Studiengänge um einen kleinen, aber wichtigen Baustein erweitern: das Wissen über Gesetze und Regularien zur Herstellung von Arzneimitteln, Kosmetika und Lebensmitteln.

SCIE

NCE &

TECH

NOLO

GY |

GMP-

SCHU

LE

Müsliboard mit 48 Portionsbechern (à 85g Bio-Müsli)

Folgebestellung zum Vorzugspreis

Lieferrhythmus wählbar, keine Mindestlaufzeit

DE-ÖKO-037EU-/ Nicht-EU-Landwirtschaft

Die von drei ostdeutschen Universitäten initiierte GMP Spring School wendete sich an Studierende und Doktoranden der Lebenswis-senschaften. Foto: Philip Franke

Page 47: Cleanroom Magazin 02-2015

46

2/2015

47

2/2015

Viele gut ausgebildete Absolventen aus naturwissenschaftlichen Stu-diengängen stellten nach dem Be-ginn ihrer beruflichen Laufbahn fest, dass ihnen gewisse Kenntnis-se über die gesetzlichen Regelun-gen im LifeSciences-Bereich fehlen. Da dieses Wissen an Hochschulen nur selten vermittelt wird, starteten Studierende aus Halle an der Saale, Leipzig und Dresden eine beispiel-hafte Eigeninitiative. Sie hoben mit Unterstützung der Studentischen Förderinitiative der Naturwissen-schaften e.V. der Martin-Luther-Uni-

versität Halle das Projekt »GMP für Studenten« aus der Taufe.

GxP in kompakter Form

In dem einwöchigen Lehrgang wur-de den Spätsemester-Studierenden und Berufsanfängern das regula-torische Umfeld der Guten Labor-praxis (GLP), der Guten Klinischen Praxis (GCP), der Guten Herstel-lungspraxis (GMP) und der guten Verteilungspraxis (GDP), kurzum alles zu »GxP« in kompakter Form

vermittelt. Dieser Lehrgang in Halle an der Saale war so erfolgreich, dass umgehend über Folgeveranstaltun-gen nachgedacht wurde. Das Ergeb-nis: Die Studenten gründeten eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und schufen damit geeignete Rahmenbedingungen für die erfolg-reiche Fortführung des Projektes.

Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Für die nächste Veranstal-tung in Dresden meldeten sich be-reits 150 Interessenten an. Dieser Lehrgang fand vom 09. bis 13. März 2015 im Dresdner Zentrum für Re-generative Therapie statt. Die Orga-nisatoren hatten hierzu mit viel En-gagement und Einsatz kompetente Vertreter der regionalen LifeScien-ce-Industrie als Referenten gewin-nen können.

Win-Win-Situation für die Region

Mit ihrer Idee »GMP für Studen-ten« fanden die Organisatoren bei den Industrievertretern schnell of-fene Ohren. Bereits erste Anfragen wurden meist wohlwollend aufge-nommen. Warum hatten die Stu-dierenden mit ihrer Idee so großen

Studierende gründen GMP-SchuleAbsolventen organisieren auf eigene Faust Lehrveranstaltungen zum Thema GxP.

In Eigeninitiative haben Studierende aus drei ostdeutschen Uni-versitäten gemeinsam eine GMP Spring School aus der Taufe ge-hoben. Damit wollen sie ihre Studiengänge um einen kleinen, aber wichtigen Baustein erweitern: das Wissen über Gesetze und Regularien zur Herstellung von Arzneimitteln, Kosmetika und Lebensmitteln.

SCIE

NCE &

TECH

NOLO

GY |

GMP-

SCHU

LE

Müsliboard mit 48 Portionsbechern (à 85g Bio-Müsli)

Folgebestellung zum Vorzugspreis

Lieferrhythmus wählbar, keine Mindestlaufzeit

DE-ÖKO-037EU-/ Nicht-EU-Landwirtschaft

Die von drei ostdeutschen Universitäten initiierte GMP Spring School wendete sich an Studierende und Doktoranden der Lebenswis-senschaften. Foto: Philip Franke

Page 48: Cleanroom Magazin 02-2015

48

2/2015

49

2/2015

»Mein Name ist Stefan Grilec. Seit März 2012 bin ich bei der Tecno Plast Industrietechnik GmbH in Düssel-dorf als Produktionsmonteur tätig. Meine Aufgaben umfassen die Fer-tigung von Single-Use-Systemen im Rein- und Sauberraum sowie die Kontrolle von Zulieferteilen und Rückstellmustern.Im Reinraum fertige ich hochrei-

ne Schlauchsysteme für die Ein-mal-Anwendung in der Pharmain-dustrie. Diese Schlauchsysteme werden individuell nach Kunden-wunsch gestaltet, wodurch ihrer Form und Größe kaum Grenzen gesetzt sind. Während der Pro-duktion erfolgt der Zuschnitt der Schläuche auf die gewünschten Längen. Gemäß technischer Zeich-

nung werden dann die pharma-zeutischen Anschlüsse verbaut und befestigt. Zum Schluss folgt die Mehrfachverpackung mit Eti-kettierung. Die Daten auf dem Eti-kett stellen die Rückverfolgbarkeit der Chargen und die genaue Pro-duktzuordnung sicher. Falls ge-wünscht, werden die Produkte an-schließend gammasterilisiert.

Um die Schlauchsysteme vor Konta-minationen zu schützen, ist ein sehr gewissenhaftes und reines Arbeiten nötig. Darum muss während der ge-samten Produktionszeit im Rein-raum nicht nur Schutzkleidung getragen werden, sondern auch re-gelmäßig eine Reinigung und Des-infektion der Arbeitsflächen nach genauen Vorgaben stattfinden.

Die Tätigkeit im Reinraum erfordert somit ein sehr hohes Maß an Eigen-verantwortung hinsichtlich der rei-nen und sachgemäßen Herstellung der Produkte. Die bereits gefertigten Systeme versehe ich hier mit einer ersten Umverpackung.«

Was machen Sie da,Stefan Grilec?

Kurzprofile aus der Reinraumbranche

SCIE

NCE &

TECH

NOLO

GY |

WAS

MAC

HEN

SIE

DA...

?

Erfolg? Weil das Konzept für eine Win-Win-Situation auf regionaler Ebene sorgt. Einerseits wird das An-liegen der Studierenden, ihre Wis-senslücken vor dem Berufsstart zu schließen, durch lokale Fach- und Sachkompetenz unterstützt, ande-rerseits erleichtern die entstande-nen Kontakte den Unternehmen die Rekrutierung künftiger Mitar-beiter aus dem Kreis der enthusi-astischen Lehrgangsteilnehmer. Tatsächlich war auch für diesen Aspekt viel Zeit vorgesehen wor-den. Die eingeladenen Industriever-treter hatten die Möglichkeit, ihre Unternehmen ausführlich vorzu-stellen. Mehr noch: Mitarbeiter aus den Human-Resources-Abteilun-gen wurden aufgefordert, die Re-krutierungspolitik ihrer Unterneh-men darzulegen.

Praxisnahe Wissensvermittlung

Da viele der zur Veranstaltung »GMP für Studenten« eingeladenen Fach-leute beruflich im GMP-Umfeld zu-hause sind, konnten sie die Themen sehr praxisnah und lebendig prä-sentieren. Weitere Vortragende aus experimentellen und präklinischen Forschungseinrichtungen betonten, wie wichtig es sei, dass die Entwick-lung innovativer diagnostischer und therapeutischer Konzepte innerhalb der regulatorischen Rahmenbedin-gungen erfolgen muss. Denn wer die Anforderungen der Guten La-borpraxis (GLP) und der Guten Kli-nischen Praxis (GCP) unterschätze, der gehe Risiken ein, durch die in-novative Projekte schnell in einem Desaster enden können.

Die Veranstalter von »GMP für Stu-denten« hatten auch begleitende Prozesse ins Programm aufgenom-men. Hierzu waren Referenten aus der Logistik und dem Reinraum-Ma-nagement eingeladen.

GMP reicht über Reinraum hinaus

Der Vertreter eines weltweit operie-renden Logistikdienstleisters berich-tete dabei über die Möglichkeiten und Risiken des (fälschungs-)siche-ren Transports von Arzneimitteln und Analyseproben. Abgerundet wurde der Lehrgang durch einen Überblick über GMP-Anforderungen aus Behör-densicht.

Die Teilnehmer von »GMP für Stu-denten« erhielten ein Zertifikat. Dieses dürfte ihnen Vorteile bei der Bewerbung um einen Arbeitsplatz bringen. Der nächste Lehrgang ist bereits in Planung und wird im Juli in der Saalestadt Halle stattfinden. Informationen gibt es im Internet unter www.gmp-kurs.de. Text: Dr. Rüdiger Laub

Bild oben: Auch das gar nicht so einfache Anziehen von Reinraumanzügen konnte trainiert werden. Foto: Eleni Patelakis

Bild links: Voller Hörsaal: Das Interesse der Studierenden, ihr Wissen über GMP-Regularien zu erweitern, war groß. Foto: Philip Franke

Stefan Grilec ist Reinraum Produktions-Mon-teur bei der TECNO PLAST Industrietechnik GmbH in Düsseldorf, einem Veredler von Schläuchen für die Pharma- und Chemiein-dustrie mit angeschlossener Reinraumpro-duktion. Foto: Lisa Dämmer

SCIE

NCE &

TECH

NOLO

GY |

GMP-

SCHU

LE

Page 49: Cleanroom Magazin 02-2015

48

2/2015

49

2/2015

»Mein Name ist Stefan Grilec. Seit März 2012 bin ich bei der Tecno Plast Industrietechnik GmbH in Düssel-dorf als Produktionsmonteur tätig. Meine Aufgaben umfassen die Fer-tigung von Single-Use-Systemen im Rein- und Sauberraum sowie die Kontrolle von Zulieferteilen und Rückstellmustern.Im Reinraum fertige ich hochrei-

ne Schlauchsysteme für die Ein-mal-Anwendung in der Pharmain-dustrie. Diese Schlauchsysteme werden individuell nach Kunden-wunsch gestaltet, wodurch ihrer Form und Größe kaum Grenzen gesetzt sind. Während der Pro-duktion erfolgt der Zuschnitt der Schläuche auf die gewünschten Längen. Gemäß technischer Zeich-

nung werden dann die pharma-zeutischen Anschlüsse verbaut und befestigt. Zum Schluss folgt die Mehrfachverpackung mit Eti-kettierung. Die Daten auf dem Eti-kett stellen die Rückverfolgbarkeit der Chargen und die genaue Pro-duktzuordnung sicher. Falls ge-wünscht, werden die Produkte an-schließend gammasterilisiert.

Um die Schlauchsysteme vor Konta-minationen zu schützen, ist ein sehr gewissenhaftes und reines Arbeiten nötig. Darum muss während der ge-samten Produktionszeit im Rein-raum nicht nur Schutzkleidung getragen werden, sondern auch re-gelmäßig eine Reinigung und Des-infektion der Arbeitsflächen nach genauen Vorgaben stattfinden.

Die Tätigkeit im Reinraum erfordert somit ein sehr hohes Maß an Eigen-verantwortung hinsichtlich der rei-nen und sachgemäßen Herstellung der Produkte. Die bereits gefertigten Systeme versehe ich hier mit einer ersten Umverpackung.«

Was machen Sie da,Stefan Grilec?

Kurzprofile aus der Reinraumbranche

SCIE

NCE &

TECH

NOLO

GY |

WAS

MAC

HEN

SIE

DA...

?

Erfolg? Weil das Konzept für eine Win-Win-Situation auf regionaler Ebene sorgt. Einerseits wird das An-liegen der Studierenden, ihre Wis-senslücken vor dem Berufsstart zu schließen, durch lokale Fach- und Sachkompetenz unterstützt, ande-rerseits erleichtern die entstande-nen Kontakte den Unternehmen die Rekrutierung künftiger Mitar-beiter aus dem Kreis der enthusi-astischen Lehrgangsteilnehmer. Tatsächlich war auch für diesen Aspekt viel Zeit vorgesehen wor-den. Die eingeladenen Industriever-treter hatten die Möglichkeit, ihre Unternehmen ausführlich vorzu-stellen. Mehr noch: Mitarbeiter aus den Human-Resources-Abteilun-gen wurden aufgefordert, die Re-krutierungspolitik ihrer Unterneh-men darzulegen.

Praxisnahe Wissensvermittlung

Da viele der zur Veranstaltung »GMP für Studenten« eingeladenen Fach-leute beruflich im GMP-Umfeld zu-hause sind, konnten sie die Themen sehr praxisnah und lebendig prä-sentieren. Weitere Vortragende aus experimentellen und präklinischen Forschungseinrichtungen betonten, wie wichtig es sei, dass die Entwick-lung innovativer diagnostischer und therapeutischer Konzepte innerhalb der regulatorischen Rahmenbedin-gungen erfolgen muss. Denn wer die Anforderungen der Guten La-borpraxis (GLP) und der Guten Kli-nischen Praxis (GCP) unterschätze, der gehe Risiken ein, durch die in-novative Projekte schnell in einem Desaster enden können.

Die Veranstalter von »GMP für Stu-denten« hatten auch begleitende Prozesse ins Programm aufgenom-men. Hierzu waren Referenten aus der Logistik und dem Reinraum-Ma-nagement eingeladen.

GMP reicht über Reinraum hinaus

Der Vertreter eines weltweit operie-renden Logistikdienstleisters berich-tete dabei über die Möglichkeiten und Risiken des (fälschungs-)siche-ren Transports von Arzneimitteln und Analyseproben. Abgerundet wurde der Lehrgang durch einen Überblick über GMP-Anforderungen aus Behör-densicht.

Die Teilnehmer von »GMP für Stu-denten« erhielten ein Zertifikat. Dieses dürfte ihnen Vorteile bei der Bewerbung um einen Arbeitsplatz bringen. Der nächste Lehrgang ist bereits in Planung und wird im Juli in der Saalestadt Halle stattfinden. Informationen gibt es im Internet unter www.gmp-kurs.de. Text: Dr. Rüdiger Laub

Bild oben: Auch das gar nicht so einfache Anziehen von Reinraumanzügen konnte trainiert werden. Foto: Eleni Patelakis

Bild links: Voller Hörsaal: Das Interesse der Studierenden, ihr Wissen über GMP-Regularien zu erweitern, war groß. Foto: Philip Franke

Stefan Grilec ist Reinraum Produktions-Mon-teur bei der TECNO PLAST Industrietechnik GmbH in Düsseldorf, einem Veredler von Schläuchen für die Pharma- und Chemiein-dustrie mit angeschlossener Reinraumpro-duktion. Foto: Lisa Dämmer

SCIE

NCE &

TECH

NOLO

GY |

GMP-

SCHU

LE

Page 50: Cleanroom Magazin 02-2015

50

2/2015

Schon Goethe stöhnte: »Wenn man alle Gesetze studieren sollte, so hätte man gar keine Zeit, sie zu übertreten.« In die-se Klage können heutige Betreiber von Reinräumen laut einstimmen. Denn wer den Überblick über alle regulato-rischen Anforderungen an Design, Bau und Betrieb von Reinräumen behalten will, der steht vor einer enormen Her-ausforderung. Und das ist nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist, aus den zahlreichen Normen, Regeln, Richtlinien und Leitfäden die richtigen Schlussfolgerungen für den eigenen Reinraum zu ziehen und die Vorgaben so umzusetzen, dass die Betriebskosten im Rahmen bleiben.

»Die Reinraum-Regularien enthalten vielfältige Hinweise darauf, wie sich ein Reinraum effizient betreiben lässt«, betont Dr. Lothar Gail. Der Mitbegrün-der der Internationalen Gesellschaft

für Reinraumtechnik (ICCCS) ist unter anderem auch im VDI-Fachausschuss Reinraumtechnik und in der interna-tionalen Reinraumnormung tätig. Aus seiner Beratertätigkeit weiß Dr. Gail: »In aller Regel werden die Möglichkeiten zur Effizienzverbesserung nicht aus-geschöpft.«

Das beginnt schon bei der Luftge-schwindigkeit im Reinraum, mit der luftgetragene Kontaminationen vom Produkt ferngehalten werden sollen. Die Standard-Spezifikation hierfür lau-tet 0,45 Meter pro Sekunde plusminus 20 Prozent. Diese Spezifikation hatten US-Forscher einst in den 1960-er Jah-ren festgelegt und dann gebetsmüh-lenartig so lange wiederholt, bis sie sich als Standard etablierte. Das Pro-blem hierbei ist, dass diese Vorgabe ei-nen maßgeblichen Kostenfaktor für den Energieverbrauch darstellt. Dass

die Spezifikation bereits bis auf 0,3 Me-ter pro Sekunde plusminus 20 Prozent ausgeweitet wurde, findet laut Dr. Gail bisher noch wenig Beachtung. Aktuel-le Studien belegen sogar, dass die tur-bulenzarme Verdrängungsströmung selbst noch bei 0,2 Meter pro Sekunde erhalten bleibt. »Der Wert von 0,45 sagt also gar nichts«, konstatiert Dr. Lothar Gail. »Entscheidend ist daher nicht das Einhalten einer bestimmten Luftge-schwindigkeit, sondern das Aufrecht-erhalten der unidirektionalen Verdrän-gungsströmung.« Wie stark diese sein müsse, hänge vom individuellen An-wendungsfall ab. Aktuelle Regulari-en verzichteten daher auf eine Stan-dard-Spezifikation.

Möglichkeiten zur Kostenoptimierung beim Reinraumbetrieb bieten auch Bar-rieretechniken. Sie helfen, den Energie-verbrauch für die Aufbereitung und den Transport der enormen Luftmengen zu senken. Dies gelingt, indem die Pro-zessflächen für die kritischen Arbeits-schritte möglichst klein gehalten wer-den. Empfehlungen hierzu enthält die

Regularien – lästige Pflicht oder geldwerte Tipps?In den Normen und Richtlinien stecken viele Hinweise auf Effizienzsteigerungen.

Die Einhaltung sämtlicher Vorschriften für das Betreiben von Reinräumen verursacht hohe Betriebskosten. Doch es gibt Mög-lichkeiten, diese Kosten zu reduzieren, ohne die Regularien zu verletzen.

Einstieg in die ReinraumtechnikAuf der Cleanzone 2015, der Internationalen Fachmesse für Reinraumtechnologie am 27. und 28. Oktober in Frankfurt am Main, erwartet die Messebesucher eine Diskussionsrunde zum Thema »Einstieg in die Rein-raumtechnik«. Auf dem Podium werden Branchenexperten darüber referieren, wie Zulieferer erfolgreich in die Reinraumbranche vorstoßen können und welche Anforderungen sie nicht unterschätzen dürfen. Anwender von Reinraumtechnologien erfahren hier, wie sie qualifizierte Lieferanten und geeignete Mit-arbeiter finden können. Die Veranstaltung »Einstieg in die Reinraumtechnik« findet am 28. Oktober in der Cleanzone Plaza statt. Die Vorträge auf der Cleanzone Plaza sind für alle Besucher kostenfrei nutzbar.

SERV

ICE |

REC

HT U

ND R

EGUL

ARIE

N

Page 51: Cleanroom Magazin 02-2015

2/2015

51

VDI-Richtlinie 2083, Blatt 4.2 (Energieef-fizienz). Diese Richtlinie beschreibt rein-raumspezifische Energie-Einsparpoten-ziale. Reinraumbetreibern wird hierin geraten, die Prozesse mit den höchsten Reinheitsanforderungen möglichst in abgetrennten Bereichen auszuführen. Der Grund: Werden die kritischen Pro-zesse von der äußeren Umgebung ab-getrennt, können die Flächen mit sehr hohen Luftreinheitsanforderungen so-wie die Zahl der Luftwechsel reduziert werden. Dies bietet neben der Energie-einsparung noch einen weiterer Vorteil: »Je kleiner eine Prozessfläche ist, desto besser wird die Qualität des Produktes, weil sich Kontaminationen, insbesonde-re durch das Personal, leichter vermei-den lassen«, sagt Dr. Lothar Gail.

Kostensenkungspotenzial steckt des Weiteren im Thema Druckdifferenz. In der ISO-Norm 14644-4 (Planung, Aus-führung und Erst-Inbetriebnahme von Reinräumen und zugehörigen Berei-chen) sind Druckunterschiede zwischen den angrenzenden Reinraumbereichen von fünf bis 20 Pascal genannt. Da sich die einzelnen Bereiche nicht hermetisch voneinander trennen lassen, muss die Druckkaskade permanent aufrechter-halten werden. Das ist kostenintensiv. Dr. Lothar Gail hat hierzu einen wichti-gen Hinweis: »Die Druckdifferenz-Spe-zifikation bezieht sich nur auf Produkti-onsräume, nicht auf Schleusenbereiche - hier lässt sich Energie sparen.« Der Reinraum-Experte rät zudem, Druck-differenzen von vornherein als Kosten-

und Qualitätsfaktor zu planen. »Es lohnt sich, darüber nachzudenken, welche Druckkaskade man wirklich braucht.« Um zum Beispiel zwei Räume abzugren-zen, die durch eine Tür oder ein Fenster verbunden seien, benötige man nicht einmal fünf Pascal. Dazu reichten sogar ein oder 0,5 Pascal.

Die VDI-Richtlinie 2083, Blatt 4.2 (Ener-gieeffizienz), hält noch eine weitere Einsparmöglichkeit bereit, nämlich den reduzierten Betrieb oder Absenk-betrieb für produktionsfreie Betrieb-sphasen. Der Absenkbetrieb kann, so die Richtlinie, »in der produktionsfrei-en Zeit zu erheblichen Energieeinspa-rungen bei Lüftungsanlagen und Pro-zessmaschinen führen.« Allerdings muss auch im reduzierten Betrieb die Einhaltung festgelegter Grenzwerte sichergestellt werden. Wichtig ist zu-dem, erst dann in den Absenkbetrieb zu gehen, wenn das Personal den Rein-raum verlassen hat sowie nach Rei-nigungsarbeiten eine Nachlaufzeit einzuplanen. Außerdem sollte die Um-

schaltung zwischen Produktionsbe-trieb und Absenkbetrieb automatisiert erfolgen und mit einer Zugangskont-rolle verknüpft werden.

Welche geldwerten Vorteile ein abge-senkter Betrieb nach VDI 2083, 4.2 brin-gen kann, erläutert Dr. Lothar Gail am Fallbeispiel eines Unternehmens mit Labor, Galenik, Klinikmusterherstel-lung und Tierhaltung. Die Verantwort-lichen standen vor der Frage, ob sich die Absenkung des Befeuchtungsbe-triebs rentieren würde. Hierzu wur-den zwei Varianten vorgeschlagen: eine geringe Anlagenänderung mit durchaus deutlichen Einsparungen sowie eine größere Anlagenänderung für die maximal mögliche Einsparung. Die erste Variante umfasste die Nach-tabsenkung der Befeuchtung für La-bor, Galenik und Klinikmusterherstel-lung von 43 auf 35 Prozent sowie für die Tierhaltung von 48 auf 35 Prozent. Die Kosteneinsparung betrug hierbei 35 Prozent. Die zweite Variante um-fasste eine generelle Absenkung der Befeuchtung für Labor, Galenik, Kli-nikmusterherstellung und Tierhal-tung auf 35 Prozent. Hier belief sich die errechnete Kosteneinsparung so-gar auf 55 Prozent.

Dieses Beispiel zeigt eindrucksvoll, dass das Befolgen von Normen, Re-geln, Richtlinien und Leitfäden mehr als eine lästige Pflicht ist und bei rich-tiger Umsetzung für einen kostenop-timierten Reinraumbetrieb sorgt.

ISO 14644Die EN ISO 14644 ist eine interna-tionale Norm für die Produktion in Reinräumen sowie für zugehö-rige Reinraumbereiche. Sie lös-te den US Federal Standard 209E ab. In der ISO-Norm sind die Reinraumklassen festgelegt.

GMP-LeitfadenDer EU-GMP-Leitfaden für Human- und Tierarzneimittel enthält Richtlinien zur Quali-tätssicherung in der Produktion von Arzneimitteln, Kosmetika, Lebens- und Futtermitteln.

Dr. Lothar Gail gilt als renommierter Experte für Reinraum- und Steriltechnik, Pharmazeu-tische Technologie, Partikelmesstechnik und Reinstmedienversorgung. Foto: René Dreyer

Wichtige Reinraum-RegularienVDI 2083 »Reinraumtechnik« Diese Richtlinienreihe legt die Anforderungen an die Reinheit der Raumluft, des Arbeitsplatzes (Oberflächen, Maschinen, Werk-zeuge), der Prozessmedien (Gase, Flüssigkeiten, Chemikalien) so-wie der Personen in den ver-schiedenen Branchen fest.

Page 52: Cleanroom Magazin 02-2015

52

2/2015

Foto: Francis Rembarz

SERV

ICE |

CLE

ANRO

OM A

WAR

D 20

15

Page 53: Cleanroom Magazin 02-2015

2/2015

53

Haben Sie schon einmal – nur zum Testen – mit Ihrem Auto eine rich-tig scharfe Vollbremsung gemacht? Einfach nur, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie Ihr Wagen reagiert? Wahrscheinlich nicht. Und damit sind Sie nicht allein. Viele Men-schen haben noch nie ausprobiert, wie schnell ihr Wagen zum Stehen kommt, wenn sie mit aller Kraft auf die Bremse treten. Viele trauen sich das auch gar nicht oder es fehlt ih-nen an Kraft oder Entschlossenheit.Darum haben findige Autozuliefe-rer kleine Sensoren entwickelt, die beim Tritt aufs Bremspedal erken-nen, ob der Fahrer eine Vollbrem-sung machen will oder genauer ge-sagt: muss. Der Sensor gibt dann blitzschnell die fehlende Bremskraft hinzu und rettet damit womöglich das Leben des Fahrers. Das Unge-rechte daran ist: Der Fahrer hält sei-ne Rettung für einen Verdienst des Autoherstellers, der so toll brem-

sende Fahrzeuge baut. Der Sensor-hersteller aber, dem eigentlich der Ruhm gebührt, bleibt unbekannt.

Für eine bessere Branchen-Wahrnehmung

Den Unternehmen aus der Rein-raumbranche geht es in aller Regel genauso. Obwohl viele Alltagspro-

dukte ohne Reinraumtechnik nicht in der gewünschten Qualität her-stellbar sind und auch die Funktio-nalität vieler Produkte ausschließ-lich unter Reinraumbedingungen gewährleistet werden kann, wer-den die Unternehmen aus der Rein-raumtechnologie öffentlich kaum wahrgenommen.

Um das zu ändern, hat die Reinrau-mAkademie den Cleanroom Award

Jetzt bewerben für den Cleanroom Award 2015

Auf der Cleanzone wird die Reinraum-Innovation des Jahres gekürt.

Die ReinraumAkademie ruft wieder die Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus der Reinraumbranche zur Teil-nahme am Cleanroom Award 2015 auf. Die fünf besten Inno-vationen werden auf der Cle-anzone präsentiert, die am 27. und 28. Oktober 2015 in Frank-furt am Main stattfindet. Dem Sieger, den das Messepublikum kürt, winken 3.000 Euro Preis-geld.

Was kann eingereicht werden? Gesucht sind Ideen und Innovationen zum Thema Nachhaltigkeit und Energieeffizienz. Sie sollten den Un-ternehmen der Reinraumbranche einen Technologievorsprung, ei-nen Effizienzgewinn oder Wettbewerbsvorteil bringen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Konzepte schon umgesetzt wurden oder erst als Skizze existieren. Eingereicht werden können alle interessanten Ide-en, ob als Scribble auf Papier oder als fertiges Produkt.

Bis wann kann man teilnehmen? Der Einreichungsschluss für die Bewerbungsunterlagen ist der 31. August 2015. Teilnehmen können sowohl Unternehmen, als auch Institutionen, wissenschaftliche Ein-richtungen und Einzelpersonen.

Wohin werden die Unterlagen geschickt? Bewerbungen für den Cle-anroom Award 2015 senden Sie bitte an folgende Adresse:

ReinraumAkademie GmbHKennwort »Cleanroom Award«Rosa-Luxemburg-Str. 12-1404103 LeipzigTel.: +49 341 98989 302E-Mail: [email protected]: www.reinraum-akademie.de

So bewerben Sie sich für den Cleanroom Award 2015

Page 54: Cleanroom Magazin 02-2015

54

2/2015

ins Leben gerufen. Die Auszeich-nung rückt seit 2012 die besten In-novationen aus der Reinraumbran-

che in den Blick der Öffentlichkeit. Hierzu werden jedes Jahr aus ei-ner Vielzahl internationaler Ein-

reichungen die fünf besten Ide-en von einer Jury ausgewählt und auf der Cleanzone in Frankfurt

Die bisherigen Gewinner des Cleanroom Awards (v.l.n.r.): das niederländische Unternehmen Technology of Sense (Apmon, 2012), die portugiesische Laborial S.A.

(Blautouch, 2013), die deutsche Initial Textil Service GmbH & Co.KG (CleanVision-Reinraumanzug, 2014).

Fotos auf dieser Seite: René Dreyer und Stefan Noack, Cleanroom Media; Sandra Gätke, Messe Frankfurt

Exhibition GmbH

SERV

ICE |

CLE

ANRO

OM A

WAR

D 20

15

Das sind die bis-herigen Gewinner des Cleanroom Awards

APMON: Cleanroom Award 2012 | Das niederländische Unterneh-men Technology of Sense gewann 2012 mit dem Projekt APMON den ersten Cleanroom Award über-haupt. APMON steht für Advan-ced Particle Deposition Monitor und bezeichnet ein Messgerät, das vor allem diejenigen Partikel im Raum überwacht, die auf das Pro-dukt fallen könnten. Ein Computer wertet die vom APMON-Gerät ge-sendeten Daten aus, zeigt perma-nent die aktuelle Kontamination der Produktoberfläche an und löst beim Überschreiten eines Gren-zwertes Alarm aus. Auf diese Wei-se lässt sich die Zahl schadhafter Produkte stark reduzieren.

BLAUTOUCH: Cleanroom Award 2013 | Für das Projekt Blautouch wurde das portugie-sische Unternehmen Laborial S.A. mit dem Cleanroom Award 2013 ausgezeichnet. Blautouch ist ein Labortisch mit einer inter-aktiven Oberf läche, die gemäß GMP-Richtlinie für Reinräume entwickelt wurde. Das interak-tive Touchsystem ist unter ei-ner Glasf läche eingebaut und

ermöglicht die Bedienung eines Computers, der nicht mehr im Reinraum, sondern außerhalb untergebracht ist. Damit ent-fallen Kontaminationsquellen am Arbeitsplatz. Die glatte Glasoberf läche ist zudem leicht zu reinigen und zu desinfizie-ren. Blautouch ist eine Lösung für aseptische Einrichtungen.

CLEANVISION-REINRAUMAN-ZUG: Cleanroom Award 2014 | Die Cleanzone-Besucher kürten den neuartigen CleanVision-Rein-raumanzug der deutschen Initi-al Textil Service GmbH zum Cle-anroom Award-Gewinner 2014. Der einteilige Anzug mit integrier-ter Haube und integriertem, aus-tauschbarem Visier ist dank sei-ner »Bauweise« nahezu komplett geschlossen. Das prädestiniert ihn für den Einsatz im Sterilbereich. Der Reißverschluss an den Innen-seiten der Beine statt vor der Brust erlaubt es, den Overall komplett auf links zu ziehen, was die Gefahr der Außenseiten-Kontamination beim Anziehen reduziert. Durch das integrierte Visier wird das Tra-gen von Sichtbrillen überflüssig.

Das sind die bis-herigen Gewinner des Cleanroom Awards

Page 55: Cleanroom Magazin 02-2015

2/2015

55

am Main im Oktober medien- und publikumswirksam vorgestellt. In diesem Jahr findet »Cleanzone – Internationale Fachmesse und Kongress für Reinraumtechnolo-gie«, so der korrekte Messename, vom 27. bis 28. Oktober statt.

Cleanroom Award steigert Bekanntheit

Welche der fünf nominierten Ide-en die beste und wegweisendste für

die Reinraumbranche sein wird, da-rüber entscheiden die Messebesu-cher per Stimmzettel. Die Siegereh-rung erfolgt am zweiten Messetag und beschert dem Gewinner ne-ben 3.000 Euro Preisgeld von der ReinraumAkademie auch ein gro-ßes Medienecho. Jan Gerbrands, Ge-schäftsführer der niederländischen Technology of Sense B.V., hat 2012 den allerersten Cleanroom Award ge-wonnen. Dieser brachte seinem Un-ternehmen einen großen Bekannt-heitsschub. »Über uns wurde in

Fachkreisen viel berichtet«, sagt Ger-brands. »Das war jede Menge kosten-lose Werbung für uns.« Im Ergebnis habe er zahlreiche Kundenanfra-gen für sein neues Produkt erhalten.Bewerben für den Cleanroom Award können sich Unternehmen, wissenschaftliche Einrichtungen oder auch Einzelpersonen. Gesucht sind Innovationen, Konzepte und Verbesserungsideen zum Thema Nachhaltigkeit und Energieeffizi-enz. Teilnahmeschluss ist der 31. Au-gust 2015 (siehe Kasten).

Die Nominierten der Vorjahre

Auf der Cleanzone werden jedes Jahr fünf Kandidaten für den Cleanroom Award vorgestellt, die zuvor von einer Jury aus der Vielzahl der Bewerber ausgewählt wurden. Unter diesen fünf Finalisten wäh-len die Messebesucher schließlich die Innovation des Jahres. Die Sieger der Vorjahre finden Sie im Kasten »Das sind die bisherigen Gewinner des Cleanroom Award«. Und hier sind alle weiteren Nominierten, die es bis in die Endrunden der Vorjahre schafften:

Weitere Finalisten 2012:Palas GmbH: Referenz Aerosol

System zum Kalibrieren von Partikelzählern |TU Graz: Universitätslehrgang Reinraumtechnik | AAF-Lufttechnik GmbH: Eine neue Filtertechnik-Generation | Colandis GmbH: ein Projekt, Kunst in den Reinraum zu bringen

Weitere Finalisten 2013:Berner International GmbH: Die neue Generation von Sicherheitswerkbänken | Albany Door Systems GmbH: Rapid Roll® Clean – Das ers-te zertifizierte Reinraum-Tor | CO2Nexus Inc.: Tersus™ Liquid CO2 Cleanroom Laundry Solution | Curasan AG: Innovatives Reinraumkonzept: Maximierung

der Energieeffizienz und Minimierung des CO2-Ausstoßes durch Reinraumklimatisierung mittels Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung

Weitere Finalisten 2014:Schiller Automatisierungstechnik: Deckenfördersystem für die Fabrikautomatisierung | Topas GmbH: neuarti-ger Nebelgenerator zur Strömungsvisualisierung | W.O.M. World of Medicine GmbH: eine Reinraumfabrik mit ver-schiedenen Produktionsbereichen unter einem Dach | AAF International: terili-sationsstrecke mit Heißluft für die Pharmaindustrie.

Die Nominierten der Vorjahre

Page 56: Cleanroom Magazin 02-2015

56

2/2015

Cleanroom Magazin: Herr Buchta, als Mitglied der Cleanroom Award Jury wählen Sie mit ihren Kollegen aus allen Projekteinreichungen fünf Kandidaten aus, die dann ihr Pro-jekt auf der Cleanzone präsentieren dürfen. Wie geht diese Vorauswahl vonstatten?

Buchta: Das ist fast wie bei der Papst-wahl. Die Jury trifft sich im abge-schlossenen Kämmerchen und dis-kutiert die eingereichten Projekte. Dann wird so lange abgestimmt, bis die fünf Finalisten gefunden sind.

Cleanroom Magazin: Nach welchen Kriterien werden die Award-Kandi-daten ausgewählt?

Buchta: Gesucht sind wegweisen-de Ideen hinsichtlich Innovation,

Nachhaltigkeit und Effizienz. Hier-zu müssen die Bewerbungen aussa-gefähig sein. Nur dann können sich die Juroren ein umfassendes Bild von den Projekten machen und ein fundiertes Votum abgeben. Cleanroom Magazin: Bei rund 30 Be-werbungen hat sicherlich jeder Ju-ror andere Favoriten. Wie kommt man da auf einen gemeinsamen Nenner?

Buchta: Wir müssen nach Mehrhei-ten suchen. Decken sich ein oder zwei Favoriten bei mehreren Juro-ren, dann hat man schnell die ersten Finalisten. Bei den weiteren Kandi-daten muss man noch mal in den Kriterienkatalog schauen und die Argumente der anderen Juroren abwägen. Das ist ja das spannende

an der Juryarbeit: die verschiede-nen Sichtweisen und Meinungen zu den gleichen Projekten. Dadurch be-kommt man oft selbst einen ande-ren Blickwinkel.

Cleanroom Magazin: Wer war denn bei der Vorauswahl 2014 Ihr Favorit?

Buchta: Ich habe den CleanVisi-on-Reinraumanzug ganz weit vorn gesehen. Und tatsächlich hat ihn das Messepublikum dann zur Innovati-on des Jahres 2014 gewählt. Da ja die Besucher der Messe den Sieger wäh-len, bleibt es auch für uns Jurymit-glieder bis zum Schluss spannend.

Cleanroom Magazin: Herr Buchta, wir sind gespannt auf die Clean-room-Award-Kandidaten 2015. Vie-len Dank für das Gespräch.

»Juryarbeit verändert den Blickwinkel«Egon Buchta berichtet über die Arbeit der Cleanroom-Award-Jury.

Zur PersonEgon Buchta ist Geschäftsführer der Ingenieurbüro & Reinraumservice Egon Buchta GmbH im südwestdeutschen Wannweil bei Stuttgart. Das Unternehmen ist auf Qualifizierung und Wartung von Reinräumen und reinraumtechnischen Geräten sowie Reinraumanlagen spezialisiert. Egon Buchta ist ständiger Referent bei der IHK mittlerer Niederrhein zu den Themen Reinraumservicetechniker, Sicherheitswerkbänke und Wissensvermittlung. Zudem bekleidet er die Aufgabe des Obmanns im Arbeitskreis Zytostatikawerkbänke DIN 12980 des Normenausschusses Laborgeräte und Laboreinrichtungen des Deutschen Instituts für Normung.Egon Buchta, Foto Rene Dreyer

SERV

ICE |

CLE

ANRO

OM A

WAR

D 20

15

Page 57: Cleanroom Magazin 02-2015

2/2015

57

CLEANROOMEXPERIENCEDie Lizenz zum Wissen für den Reinraumalltag!

www.cl-ex.comDas Wissens portal der Reinraum-Branche.

Folgen Sie uns auf Facebook!

AnmeldenSo einfach ist das:www.cl-ex.comAuf Registrieren klicken und das Wissen nutzen.*

fürReinraum-AnwenderReinraum-ZuliefererReinraum-VerantwortlicheReinraum-SchulendeReferentenStudenten

Arbeitserleichterungfür alle Reinraumverantwortlichen

Inhaltmehr als 500 Themenbeiträge inklusive: · Best Practice · Präsentationen · Checklisten · Wichtige Normen · Schulungsmaterialien · Arbeitsanweisungen

Downloadviele Materialien als PDF

* Die einmalige Lizenzgebühr für ein Jahr beträgt 98,– €

Page 58: Cleanroom Magazin 02-2015

58

2/2015

Mainz

Stuttgart

München

Magdeburg

Hannover

ErfurtDresden

PotsdamBerlin

Wiesbaden

Saarbrücken

Bremen

SchwerinHamburg

Kiel

Düsseldorf

Luzern

Basel

Wangen

Chur

St. GallenZürichAarau

SolothurnDelèmont

FreiburgBern

Neuenburg

Konstanz

Lausanne

Genf

Frankfurt am Main

Germany

Switzerland

Leipzig

Messen und Kongresse

15.-19.06.2015ACHEMAFrankfurt am Main (Deutschland)

Nürnberg

10.-14.10.2015AnugaKöln (Deutschland)

Köln

SERV

ICE |

VER

ANST

ALTU

NGEN

15.-16.09.2015Swiss Medtech Expo Luzern (Schweiz)

30.09.-03.10.2015EXPOPHARM Düsseldorf (Deutschland)

06.-08.10.2015BiotechnicaHannover (Deutschland)

27.-28.10.2015CleanzoneFrankfurt am Main (Deutschland)

14.-16.07.2015SEMICON West San Francisco (USA)

Page 59: Cleanroom Magazin 02-2015

2/2015

59

Veranstaltungen der ReinraumAkademie (D) und der CleanroomAcademy (CH)REINRAUM-EXPERTENTAGE09.-10.06.2015 | Reinraum und Umweltschutz | Wangen an der Aare (CH)23.-24.09.2015 | Fitness und Ergonomie im Reinraum | Leipzig (D)30.09.-01.10.2015 | Professionelles Reinraummanagement | Wangen an der Aare (CH)18.-19.11.2015 | Design von Reinräumen | Wangen an der Aare (CH)24.-25.11.2015 | Reinraumverhalten, Reinigung und Schulung | Leipzig (D)

TAGESTRAINING PLUS16.06.2015 | Aschaffenburg (D)17.06.2015 | Penzberg (D)18.06.2015 | Innsbruck (A)02.07.2015 | Leipzig (D)06.10.2015 | Wangen an der Aare (CH)08.10.2015 | Aschaffenburg (D)10.11.2015 | Leipzig (D)

FACHSEMINARE28.-29.09.2015 | Grundlagen der professionellen Reinraumreinigung | Wangen an der Aare (CH)11.-12.11.2015 | Grundlagen der professionellen Reinraumreinigung | Leipzig (D)

Page 60: Cleanroom Magazin 02-2015

60

2/2015

Impressum CLEANROOM MAGAZIN wird herausgegeben und verlegt von der Cleanroom Media GmbHRosa-Luxemburg-Straße 12-1404103 Leipzig Deutschland

Internetwww.cleanroom-media.com

Geschäftsführung Frank Duvernell

Leitung Cleanroom Media Maja FrankeTel. +49 341 98989 [email protected]

ChefredakteurFrank BaeckeTel. +49 341 98989 [email protected]

Übersetzung Bill Hillman

AutorenFrank BaeckeProf. Gernod DittelFrank DuvernellMaja Franke Dr. Rüdiger LaubKnut Neubauer

Anzeigen Maja FrankeTel. +49 341 98989 [email protected]

Realisierung Wohlfahrt GmbHwww.wohlfahrt.net

Erscheinungsweise vierteljährlich

Auflage 10.000 Exemplare

Druckerei Löhnert-Druck, Leipzig

ISSN  2364-0405

Nachdruck Nachdruck und digitale Verwendung von Beiträgen aus dieser Zeitschrift, auch auszugsweise, nur nach vorheri-ger Genehmigung durch die Redaktion gestattet. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos wird keine Haftung übernommen.

FrankfurtAttraktives Reiseziel für TechnologenPopular destination for technologists

Hans Lindner„Können, Fleiß und Glück“Ability, Diligence and Luck

ArchitekturGestaltungs-möglichkeiten von ReinräumenCleanroom design ideas

Eine Branche geht auf EmpfangAn industrial sector gets new impulses

Ausgabe 1/2012

NEU / NEW

Ersterscheinung Juni 2

012

www.cleanroom-media.com

CleanroomAwardErster Innovations-preis für die Reinraum-brancheFirst special award in the cleanroom industry

DüsseldorfAttraktives Reiseziel für TechnologenPopular destination for technologists

Norbert OttoVordenken und NachdenkenThinking Ahead and Reflecting

Gut gekleidet im Reinraum

Ausgabe 2/2012

www.cleanroom-media.comWell dressed in a Cleanroom

CleanroomAwardMonitoring fallenderPartikelMonitoring ParticleDeposition

ParisAttraktives Reiseziel für TechnologenPopular destination for technologists

Sieglinde SellemondGenuss, Kunst und KulturIndulgence, artand culture

Tirol – Hightech im Bergparadies

1/2013

Tirol – High tech in mountain paradise

DresdenAttraktives Reiseziel für TechnologenPopular destination for technologists

Jan GerbrandsMotivation und LeidenschaftMotivation andPassion

Cleanroom Award – Herausforderung an die Branche

2/2013

Cleanroom Award – Challenging the branch

CleanroomAwardErster Innovations-preis für die Reinraum-brancheFirst special award in the cleanroom industry

DüsseldorfAttraktives Reiseziel für TechnologenPopular destination for technologists

Norbert OttoVordenken und NachdenkenThinking Ahead and Reflecting

Gut gekleidet im Reinraum

Ausgabe 2/2012

www.cleanroom-media.comWell dressed in a Cleanroom

2/2014

Cleanroom Award –Fortschritt für den ReinraumCleanroom Award – Advancement for the Cleanroom

2/2014

Cleanzone Die Reinraumwelt trifft sich in

Frankfurt / The World of clean-room meets in Frankfurt

BarbaraKanegs-

berg Das Produkt steht im

Mittelpunkt / The focus on the product

Cleanzone Die Reinraumwelt trifft sich in

Frankfurt / The World of clean-room meets in Frankfurt

BarbaraKanegs-

berg Das Produkt steht im

Mittelpunkt / The focus on the product

CLEANROOMLife & ScienceInformationen für die Reinraumtechnologie

MAGAZIN

RegularienLästige Pfl icht oder geldwerte Tipps?OLEDs Die Lichtrevolution aus dem ReinraumKrankenhauskeime Wie Raumtechnologien Infektionen verhindern

Frühjahr 2015

Blühende NaturGefährliche KontaminationSo nehmen Pollen und Luftfeuchtigkeit Einfl uss auf Ihre Produktion

ISSN 2364-0405

02

Gratis-Abo bestellen www.cleanroom-media.com

Nächste Ausgabe | Juli 2015

SERV

ICE |

IMPR

ESSU

M