Upload
others
View
2
Download
0
Embed Size (px)
Citation preview
Computerlexikographie-Tutorium 09.05.2008
● Themen für heute:– Teil I: Aufbau der Wörterbücher
● Mikrostruktur– Rey-Debove– Herbert Ernst Wiegand– Beispiele
– Teil II: Mikrostrukturprogramme in Online-Lexika● eLexiko● DWDS● Wortschatz
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 2
Teil I: Aufbau der Wörterbücher
● Aufbau der Wörterbücher:– Makrostruktur– Mikrostruktur Ordnungsstruktur– Verweisstruktur / Mesostruktur / Mediostruktur– + Umtexte (z.B. Vorwort, Benutzerhinweise, Wörterbuchgrammatik, ...)
● Erwünschte Eigenschaften:– Konsistenz– Benutzerfreundlichkeit– standardisierte Strukturierung (in elektronischen Wörterbüchern)
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 3
Ordnungsstruktur: Verweisstruktur
● Verweisstruktur = Mesostruktur = Mediostruktur● Verweis = Verweisursprung + Verweisziel + Verweissymbol● Verweistypen:
– grammatisch buk ↑ 1backen– inhaltlich Anion ↑ Ion– potentiell tektonisch: die Tektonik betreffend– zirkulär Wenn ein Verweis zu Lemma A auf ein Lemma B zeigt, das
wiederum einen Verweis auf Lemma A enthält.– andere
● Unterschiedliche Verweissymbole (z.B.): ↑, →, s., vgl., a.
● Wichtig: Konsistenz – das Verweisziel muss vorhanden sein!
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 4
Ordnungsstruktur: Mikro- und Makrostruktur
● Die Beziehung zwischen der Mikro- und Makrostruktur nach Hausmann (Wiegand 1989a: 422):
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 5
Ordnungsstruktur: Makrostruktur
● eine geordnete Menge von Wörterbucheinträgen / Lemmata– Die Lemmata können nach verschiedenen Prinzipien geordnet werden,
z.B.:● alphabetisch:
– strikt alphabetisch: glattalphabetisch, nischenalphabetisch– nicht strikt alphabetisch: nestalphabetisch
● konzeptuell: z.B. Thesauri● Zusammenfassung mit Beispielen: Andreas Rothenhöfer & Boris Körkel
(1999): Theorie der Wörterbuchform: Makrostrukturen:http://de.geocities.com/boriskoerkelweb/studies/lexiko/makro1.html
● Lemma: die kanonische Form / Grundform eines Wortes– Teil sowohl der Makro- als auch der Mikrostruktur– stellt die wesentliche Zugriffsstruktur auf die Elemente dar
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 6
Ordnungsstruktur: Makrostruktur
● Beispiele für die verschiedenen alphabetischen Gliederungsmöglichkeiten (Engelberg & Lemnitzer 2001: 127):
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 7
Ordnungsstruktur: Mikrostruktur
● Mikrostruktur: Die zu jedem Lemma verzeichnete strukturierte Information, also:
● Binnengliederung eines Wörterbucheintrages zu einem– konkreten Stichwort → konkrete Mikrostruktur– abstrakten Stichwort → abstrakte Mikrostruktur
● „Die Anzahl der Informationsklassen sowie die Menge der Ordnungsrelationen, in denen die Infromationsklassen des Wörterbuchartikeltyps stehen, der allen Wörterbuchartikel(exemplaren) eines Wörterbuchs zugrunde liegt.” (Wiegand 1989a: 422)
● Theorien über die Mikrostruktur:– Josette Rey-Debove: lineare Mikrostruktur mit linguistischem
Informationsprogramm– Herbert Ernst Wiegand: hierarchische Mikrostruktur:
● Basisstruktur: WA = FK + SK● Angabetypen sind Trägermengen der Mikrostruktur
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 8
Mikrostruktur bei Rey-Debove
● Linear geordnete Struktur des Wörterbuchartikels hinter dem Lemma (Bei Wiegand und bei Hausmann ist das Lemma Teil der Mikrostruktur, bei Rey-Debove nicht!), die durch ein lexikographisches Informationsprogramm fest angegeben wird.– Lexikographisches Informationsprogramm: die abstrakte lineare
Mikrostruktur, die für jede Angabe eine feste Position vorsieht. Für Angaben, die im konkreten Wörterbuchartikel fehlen, werden Nullangaben / Nullinformationen angenommen.
– Informationskern eines Wörterbuches: die kleinste abstrakte lineare Mikrostruktur: Wortartenangabe < Bedeutungsangabe
● Bei mehrdeutigen Lemmazeichen werden mehrere Teilstrukturen innerhalb der Hauptstruktur angenommen.
● Das Analyseergebnis ist auch linear lesbar (parallel zum eigentlichen Wörterbucheintrag).
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 9
Mikrostruktur bei Rey-Debove
● Beispiel für ein Informationsprogramm: – „x < y” heißt: x geht y voran; n ist die Anzahl der Lesarten
– (A < B < C < D) < (E < F < G < H)n-mal – A:Genusangabe < B:Deklinationsangabe < C:Aussrapcheangabe <
D:Abkürzungsangabe < E:pragmatische Angabe < F:Bedeutungsangabe < G:Kompositagruppenangabe < H:Phrasemangabe
Burg, die: -, -en; [bqrk] 1 befestigter Wohn- und Verteidigungsbau mittelalterlicher Feudalherren; Flieh~, Ritter~, Stamm~ ; 2 Wall aus Sand, vor allem um den Strandkorb; Sand~ ; 3 ⟨Jägerspr.⟩ Bau der Biber; Biber~ .
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 10
Mikrostruktur bei Rey-Debove
● Beispiel für ein Informationsprogramm: – „x < y” heißt: x geht y voran; n ist die Anzahl der Lesarten
– (A < B < C < D) < (E < F < G < H)n-mal – A:Genusangabe < B:Deklinationsangabe < C:Aussrapchenangabe <
D:Abkürzungsangabe < E:pragmatische Angabe < F:Bedeutungsangabe < G:Kompositagruppenangabe < H:Phrasemangabe
A B C D:Ø
Burg, die: -, -en; [bqrk] 1 befestigter Wohn- und Verteidigungsbau mittelalterlicher Feudalherren; Flieh~, Ritter~, Stamm~ ; 2 Wall aus Sand, vor allem um den Strandkorb; Sand~ ; 3 ⟨Jägerspr.⟩ Bau der Biber; Biber~ .
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 11
Mikrostruktur bei Rey-Debove
● Beispiel für ein Informationsprogramm: – „x < y” heißt: x geht y voran; n ist die Anzahl der Lesarten
– (A < B < C < D) < (E < F < G < H)n-mal – A:Genusangabe < B:Deklinationsangabe < C:Aussrapchenangabe <
D:Abkürzungsangabe < E:pragmatische Angabe < F:Bedeutungsangabe < G:Kompositagruppenangabe < H:Phrasemangabe
A B C D:Ø E:Ø F G H:Ø
Burg, die: -, -en; [bqrk] 1 befestigter Wohn- und Verteidigungsbau mittelalterlicher Feudalherren; Flieh~, Ritter~, Stamm~ ; 2 Wall aus Sand, vor allem um den Strandkorb; Sand~ ; 3 ⟨Jägerspr.⟩ Bau der Biber; Biber~ .
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 12
Mikrostruktur bei Rey-Debove
● Beispiel für ein Informationsprogramm: – „x < y” heißt: x geht y voran; n ist die Anzahl der Lesarten
– (A < B < C < D) < (E < F < G < H)n-mal – A:Genusangabe < B:Deklinationsangabe < C:Aussrapchenangabe <
D:Abkürzungsangabe < E:pragmatische Angabe < F:Bedeutungsangabe < G:Kompositagruppenangabe < H:Phrasemangabe
A B C D:Ø E:Ø F G H:Ø E:Ø F
Burg, die: -, -en; [bqrk] 1 befestigter Wohn- und Verteidigungsbau mittelalterlicher Feudalherren; Flieh~, Ritter~, Stamm~ ; 2 Wall aus Sand, vor allem um den Strandkorb; Sand~ ; 3 ⟨Jägerspr.⟩ Bau der Biber; Biber~ .
G H:Ø
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 13
Mikrostruktur bei Rey-Debove
● Beispiel für ein Informationsprogramm: – „x < y” heißt: x geht y voran; n ist die Anzahl der Lesarten
– (A < B < C < D) < (E < F < G < H)n-mal – A:Genusangabe < B:Deklinationsangabe < C:Aussrapchenangabe <
D:Abkürzungsangabe < E:pragmatische Angabe < F:Bedeutungsangabe < G:Kompositagruppenangabe < H:Phrasemangabe
A B C D:Ø E:Ø F G H:Ø E:Ø F
Burg, die: -, -en; [bqrk] 1 befestigter Wohn- und Verteidigungsbau mittelalterlicher Feudalherren; Flieh~, Ritter~, Stamm~ ; 2 Wall aus Sand, vor allem um den Strandkorb; Sand~ ; 3 ⟨Jägerspr.⟩ Bau der Biber; Biber~ .
G H:Ø E F G H:Ø
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 14
Mikrostruktur bei Wiegand
● Ein Wörterbuchartikel kann als einen Text angesehen werden. Er besteht aus Textsegmenten. Lexikographische Textsegmente sind:– nichtfunktionale Textsegmente (für uns nicht wichtig)– funktionale Textsegmente: Ein Teil (Segment) des Wörterbuchartikels,
der aus einer Form + mind. einem Zweck besteht. Der Zweck ist die Funktion des Segmentes.
● funktionale Textsegmente:– Angaben: liefern lexikographische Informationen über den
Wörterbuchgegenstand oder über die Wörterbuchform.– Strukturanzeiger: liefern lexikographische Informationen über die
Wörterbuchform. Sie unterstützen den Benutzer, die gesuchte Informationen (schneller) zu finden.
● typographisch (Suprasegmente wie Fettdruck oder Kursiv)● nichttypographisch (zusätzliche Zeichen wie (), [], ⟨⟩, ;, :; ||)
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 15
Lexikogr.Textsegmente● Lexikographische
Textsegmente (Wiegand 1989a: 433)
● Wiegand spricht von insgesamt mehr als 200 Angaben.
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 16
● Text
(Wiegand 1989a: 433)
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 17
Angaben
● sprachlich (mit Zeichen eines Schriftsystems ~ Buchstaben) vs. nichtsprachlich (Illustrationen, pragmatische Angaben wie „⊕”)
● linguistisch (über sprachliche Einheiten) vs. enzyklopädisch (über nichtsprachliche Gegenstände)
● implizit (z.B. Singularbildungsangabe: „-”; Platzhaltersymbole wie „~”) vs. explizit (z.B. Genusangabe: „die”)
● standardisiert vs. nichtstandardisiert
● obligatorisch● optional● nicht zulässig
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 18
Linguistische Angaben(Wiegand 1989a: 433)
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 19
Linguistische Angaben● Eine feinere Aufteilung
(Wiegand 1989b: 468)
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 20
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 21
Mikrostruktur bei Wiegand
● Die Mikrostruktur ist hierarchisch aufgebaut: Die Angaben und Strukturanzeiger werden in einer Teil-Ganzes-Beziehung geordnet.
→ Darstellung als Strukturgraph, der i.d.R. partitiv ist, d.h. seine Endknoten sind nicht linear geordnet.
● Basisstruktur: Wörterbuchartikel (WA) = Formkommentar (FK) + semantischer Kommentar (SK)
● (Wiegand 1989a: 436)
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 22
Abstrakte Mikrostruktur
● Die Mikrostruktur kann konkret realisiert werden oder abstrakt vorliegen.● SSK = Semantischer Subkommentar (für jeweils eine Lesart)
● (Wiegand 1989a: 453)
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 23
Abstrakte und konkrete Mikrostruktur
● Die abstrakte Struktur kann zu einer konkreten ergänzt werden (Wiegand 1989a: 454).
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 24
Beispiel: „famos”
● Wie sieht die Mikrostruktur dieses Wörterbuchartikels aus? (Engelberg & Lemnitzer 2001: 139)
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 25
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 26
Beispiel: „Burg”
● (Wiegand 1989a: 437)
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 27
„Burg”
● linear + hierarchisch● StA.TZ = Strukturangabe: Trennzeichen
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 28
Beispiel: „Generator”
● (Wiegand 1989b: 483)
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 29
„Generator”
● Semantischer Kommentar:
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 30
Teil II: Anwendungen
eLexikoDWDS
Wortschatz
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 31
Lexikographische Informationssysteme
● Kriterien:– Korrektheit– Aktualität– dynamische Bereicherung– angemessene Aquisitionsstrategie
● manuell erstellt● aus Korpora (halb)automatisch gewonnen● aus anderen lexikalischen Ressourcen gewonnen
● Beispiele:– DWDS– eLexiko– wortschatz
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 32
DWDS
● http://www.dwds.de/● Wörterbuch der Deutschen Gegenwartssprache (bis 1977) digitalisiert –
dieser Teil nicht mehr aktuell. ● Verfügt über kein eigenständiges Informationsprogramm.● Zusatzdienste: automatisch extrahierte Angaben aus verschiedenen Korpora
(nicht lesartenbezogen):– Textbeispiele– Kollokationen– lexikalisch-semantische Relationen
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 33
eLexiko
● http://hypermedia.ids-mannheim.de/pls/elexiko/p4_start.portal● Entwickler: IDS-Mannheim● Ein Teil wird von Hand erstellt und verifiziert.● Elementare Einheit: lexical unit = Form-Bedeutung-Einheit (Cruse)● Strategien zur Lemmabearbeitung:
– horizontal: minimale Angabenmenge erstellt– vertikal: das ganze Informationsprogramm erstellt
● Mehrschichtige Architektur:– Datenspeicherungsebene: Datenbankmanagementsystem ORACLE– konzeptuelle Ebene: abstrakte Mikrostrukturen (DTD, XML):
modularer + hierarchischer Aufbau– Präsentationsebene: Konkrete Mikrostrukturen werden dynamisch
erzeugt.● Hyptertextsystem: Verlinkte Struktur zur Erschließung der benötigten
Informationen.
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 34
Wortschatz
● http://wortschatz.uni-leipzig.de/– Wörter des Tages– Wortschatzportal:
● „Search in 23 Corpus-Based Monolingual Dictionaries”● statistisch berechnete Ergebnisse● grammatische und lexikalisch-semantische Relationen● Kookkurrenzen● Kollokationsgraph
– Wörterbuch: Deutsch – Englisch
CoLex SS08, Tutorium 09.05.2008 35
Quellen
● Engelberg, Stefan & Lothar Lemnitzer (2001): Lexikographie und Wörterbuchbenutzung. Tübingen : Stauffenburg. (= Stauffenburg Einführungen, Bd. 14).
● Götz, Dieter, Günther Haensch & Hans Wellmann (Hrsg.) (2008): Langenscheidt: Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache. Berlin / München / Wien / Zürich / New York. Langenscheidt.
● Kunze, Claudia & Lothar Lemnitzer (2007): Einführung in die Computerlexikographie. Tübingen : Narr.
● Rothenhöfer, Andreas & Boris Körkel (1999): Theorie der Wörterbuchform: Makrostrukturen. Link: http://de.geocities.com/boriskoerkelweb/studies/lexiko/makro1.html (Stand: 08.05.2008, 23:47)
● Wiegand, Herbert Ernst (1989a): Der Begriff der Mikrostruktur: Geschichte, Probleme, Perspektiven. In: Hausmann, Franz Josef, Oskar Reichmann, Herbert Ernst Wiegand & Ladislav Zgusta (Hrsg.): Wörterbücher: Ein internationales Handbuch zur Lexikographie. Berlin / New York : de Gruyter. S. 409–462. (= Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft Bd. 5.1).
● Wiegand, Herbert Ernst (1989b): Arten von Mikrostrukturen im allgemeinen einsprachigen Wörterbuch. In: Hausmann, Franz Josef, Oskar Reichmann, Herbert Ernst Wiegand & Ladislav Zgusta (Hrsg.): Wörterbücher: Ein internationales Handbuch zur Lexikographie. Berlin / New York : de Gruyter. S. 462–501. (= Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft Bd. 5.1).