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Sonderdruck ophta 1 Update in Vitreoretinal Surgery Prof. Dr. Arnd Gandorfer, MVZ Memmingen In der vitreoretinalen Chirurgie gibt es Mitte 2012 nichts über grundlegend neue Techniken zu berichten. Aber die aktuellen Verfeinerungen weisen doch in eine neue Ära, so Prof. Gandorfer zur Einleitung des Symposiums. Der Cutter wird immer mehr zum zentra- len Instrument. «Need for speed» ist für je- den Netzhautchirurgen wichtig, denn je Come-and-See Meeting, Lindau 29.–30.06.2012 Das Come-and-See-Meeting fand 2012 zum vierten Mal statt – wie immer am Boden- see, diesmal auf der Insel Lindau. Vom gleichzeitig stattfindenden Nobelpreisträ- ger-Treffen wehte vor allem bei der spät- abendlichen Diskussion ein inspirierender Hauch herüber. Aber das Augenchirurgen- Treffen war weniger eine Huldigung an Theorien und Elfenbeintürme. Hier wurden die Ärmel hochgekrempelt, nicht nur wegen der hochsommerlichen Temperaturen, sondern auch, um wie schon gewohnt leb- haft zu diskutieren, handfest am klinischen Alltag ausgerichtet. Dennoch standen diese Diskussionen auf dem Boden evidenzba- sierter Zahlen, denn etliche Referenten legten konkrete Daten aus ihren laufenden Untersuchungen vor und bezogen sich auf aktuelle Studien. Die knapp 60 Teilneh- merinnen und Teilnehmer aus der Schweiz, Österreich und Deutschland konnten die Experten gewissermassen barrierefrei ausfragen, was gut genutzt wurde. Das Treffen hat sich inzwischen zu einem festen Bestandteil der Symposiumsszene etabliert und dabei seine herausragende Charakteristik behalten. Hier gibt es keine Lehrmeinungen, sondern Referenten und Zuhörer lernen voneinander. Von allen Seiten betrachtet wurden Linsen, Pumpen und Instrumentarium, doch blieb auch Zeit, die einladende Umgebung zu geniessen. Der aufziehende Sturm war ein reines Wetterphänomen; fachlich blieb alles trotz lebendiger Diskussionen in ge- ordneten Bahnen. Auch zu diesem vierten Come-and-See-Wochenende muss das Fazit lauten: Rundum gelungen. Hier lesen Sie Kurzfassungen der Referate. Ein orangeroter Hintergrund, wie er selbst für Augenärzte nicht alltäglich ist. Foto: Dr. André Delley, Basel. Blick vom Pfänder auf Lindau. Vitrektomie, Retina

Come-and-See Meeting, Lindau 29.–30.06.2012 Vitrektomie, Retina

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Page 1: Come-and-See Meeting, Lindau 29.–30.06.2012 Vitrektomie, Retina

Sonderdruck ophta 1

■ Update in Vitreoretinal Surgery

Prof. Dr. Arnd Gandorfer, MVZ Memmingen

In der vitreoretinalen Chirurgie gibt es Mitte 2012 nichts über grundlegend neue Techniken zu berichten. Aber die aktuellen Verfeinerungen weisen doch in eine neue Ära, so Prof. Gandorfer zur Einleitung des Symposiums. Der Cutter wird immer mehr zum zentra-len Instrument. «Need for speed» ist für je-den Netzhautchirurgen wichtig, denn je

Come-and-See Meeting, Lindau 29.–30.06.2012

Das Come-and-See-Meeting fand 2012 zum vierten Mal statt – wie immer am Boden-see, diesmal auf der Insel Lindau. Vom gleichzeitig stattfindenden Nobelpreisträ-ger-Treffen wehte vor allem bei der spät-abendlichen Diskussion ein inspirierender Hauch herüber. Aber das Augenchirurgen-Treffen war weniger eine Huldigung an Theorien und Elfenbeintürme. Hier wurden die Ärmel hochgekrempelt, nicht nur wegen der hochsommerlichen Temperaturen, sondern auch, um wie schon gewohnt leb-haft zu diskutieren, handfest am klinischen

Alltag ausgerichtet. Dennoch standen diese Diskussionen auf dem Boden evidenzba-sierter Zahlen, denn etliche Referenten legten konkrete Daten aus ihren laufenden Untersuchungen vor und bezogen sich auf aktuelle Studien. Die knapp 60 Teilneh-merinnen und Teilnehmer aus der Schweiz, Österreich und Deutschland konnten die Experten gewissermassen barrierefrei ausfragen, was gut genutzt wurde. Das Treffen hat sich inzwischen zu einem festen Bestandteil der Symposiumsszene etabliert und dabei seine herausragende

Charakteristik behalten. Hier gibt es keine Lehrmeinungen, sondern Referenten und Zuhörer lernen voneinander. Von allen Seiten betrachtet wurden Linsen, Pumpen und Instrumentarium, doch blieb auch Zeit, die einladende Umgebung zu geniessen. Der aufziehende Sturm war ein reines Wetterphänomen; fachlich blieb alles trotz lebendiger Diskussionen in ge-ordneten Bahnen. Auch zu diesem vierten Come-and-See-Wochenende muss das Fazit lauten: Rundum gelungen. Hier lesen Sie Kurzfassungen der Referate.

Ein orangeroter Hintergrund, wie er selbst für Augenärzte nicht alltäglich ist. Foto: Dr. André Delley, Basel. Blick vom Pfänder auf Lindau.

Vitrektomie, Retina

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weniger Volumen pro Schnittrate entfernt wird, desto weniger Traktion wirkt auf die Netzhaut. Inzwischen lässt sich der Glaskör-per in einer Zeit entfer-

nen, von der man vor Kurzem nur träumen konnte.Der Referent stellte den neuen Cutter von Oertli vor. Dieser bietet den entscheiden-den Vorteil, dass er ein netzhautschonende-res Vorgehen erlaubt. Ein Cutter wird von perpendikulär geführt; dabei ist es dann vorteilhaft, wenn näher an der Spitze und also präziser geschnitten wird. Unentbehrlich ist ein grosses, gut ausge-leuchtetes Gesichtsfeld, das detailgenau und bei gutem Kontrast die entscheidenden Strukturen darstellt. Eine LED-Beleuch-tung kombiniert das Beste aus zwei Welten: ein warmes Licht sowie exzellente Aus-leuchtung mit Weitwinkeleffekt und den-noch im Detail eine gute Punktdiskrimi-nierung zur kontrastreicheren Darstellung. Bisherige Lichtquellen reichen teils nicht mehr aus, wenn beispielsweise kein Blau zum Färben der inneren Grenzmembran eingesetzt wird.Seit 2006 schafft der Referent den Zugang praktisch immer mit 23G (auch bei Einsatz von Öl) und einem One-Step System. Der ideale Zugang muss dicht sein, die Instru-mente müssen sich glatt einführen lassen. Eine Hypotonie wird vermieden, wenn man so tangenzial wie möglich durch die Sklera geht. Mit einer guten Dichtung in und um den Trokar bleibt immer ein aus-reichender Tonus im Auge.Nach seiner klinischen Erfahrung sind die Systeme sicherer geworden, bei weniger In-strumenten im Auge.

■ Haben hohe Schnittraten einen Einfluss auf die Cutter-Effizienz?

Prof. Dr. Christian Prünte, Vista-Klinik CH-Binningen

«Size matters» – in der Netzhautchirurgie eher im umgekehrten Sinn,

denn hier werden die Instrumente und Schnitte immer kleiner. Je weiter die Miniatu-risierung geht, desto relevanter wird die Art der eingesetzten Pumpe, also Peristaltik- oder (und) Venturipumpe. Der Vakuumaufbau ist heute bei beiden Pumpenarten relativ gleich schnell. Aber nur bei der Peristaltikpumpe lässt sich der Flow steuern sowie das Verhält-nis von Vakuum und Flow. Bei der Venturi-pumpe geht bei höherer Schnittrate der Flow zurück, weniger bei der Peristaltikpumpe, zumindest in den mittleren Einstellungsbe-reichen, erklärte Prof. Prünte. Der Referent hält beide Pumpen heute für vergleichbar effizient und verwendet auch beide. «Einer der Hauptpunkte, warum ich beide Pumpen brauche: Bei der Manipulation von Gewebe erlaubt die Venturipumpe die di-rekte Kontrolle der Haltekraft durch Steue-rung des Vakuums. Schwieriger mit der Ven-turipumpe zu erreichen ist ein zuverlässiger Flow bei niedrigen Vakuumraten. Hierfür brauche ich die Persitaltikpumpe.» Hohe Schnittraten bieten den Vorteil kleine-rer Fragmente. Der Flow effizienter, da eher lamellär. Zudem können grössere Fragmen-te eher okkludieren. Zwar wird es mit höhe-rer Schnittrate schwieriger, die Haltekraft zu liefern, doch dafür wird die Traktion an der Netzhaut geringer. Beim Oertli-Gerät OS3 beträgt das Verhältnis offen/geschlossen immer 50 : 50. Diesen verlässlichen Duty Cycle erreicht das Gerät, indem Öffnen und Schliessen direkt angesteuert werden.

■ 27G Vitrektomie: Je kleiner, desto besser?

Univ. Prof. Dr. Siegfried Priglinger, Augenklinik AKH Linz

Die Trokar-geführte pars-plana-Vitrekto-mie (ppV) durchlief in

den letzten zehn Jahren eine bemerkens-werte Evolution. 2002 führte Fuji die Ein-schritt-25G-Vitrektomie ein, die jedoch die Inzidenz von Hypotonien erhöhte. Eckardt versuchte 2005, dieses Problem mit einer Zweischritt-Methode und 30°-Inzision zu umgehen. Seit 2008 liegt nun das 27G-Sys-tem vor, mit der von Oshima beschriebenen One-Step-Inzision ohne schräge Inzision. Die Effektivität, also das aspirierte Volu-men eines Vitrektoms, hängt vor allem von der erreichten Flussrate ab. Die Flussrate wiederum wird bestimmt vom Radius und der Port-Öffnung des Vitrektoms, von der Höhe des Vakuums, der Schnittrate des Cutters, und - ganz wichtig - dem Durch-messer des aspirierenden Instruments und dem Duty Cycle. Das Lumen des 27G-Vitrektoms beträgt nur noch 0.275 mm. Ein verkleinertes Lu-men reduziert die Flussrate deutlich: Eine Flussrate mit 20G-Instrument, die mit 100% gleichzusetzen ist, wird bei 27G auf 5.8% reduziert, also um einen Faktor 15 vermindert. Dadurch verlängert sich die Operationsdauer erheblich. Durch höheres Vakuum kann die Flussrate deutlich erhöht werden - vor allem bei 23G Vitrektomien. Bei 27G führt jedoch die Steigerung des Vakuums auf 600 mmHg nur zur Flusssteigerung auf 5 ml/min. Durch eine relativ geringe Schnittrate von 1500 Schnitten/min sinkt dieser Fluss auf 2.7 ml/min ab.Um die Effizienz des 27G-Cutters zu erhö-hen, können der Duty Cycle optimiert wer-den (längere Öffnung, kürzere geschlosse-ne Phase), könnten die Portöffnung und der innere Durchmesser vergrössert werden, aber mit heutigen technischen Möglichkei-ten ist dennoch die Flussrate einer 25G-Spitze nicht zu erreichen. Die 23G-Vitrektomie ist mittlerweile in Ge-schwindigkeit und Effizienz bei der Entfer-nung des Glaskörpers in etwa vergleichbar

Fazit: Hohe Schnittraten liefern unter der Voraussetzung eines zuverlässig gleichbleibenden Duty Cycle eine hohe Effizienz. Durch höhere Schnitt-raten werden die Fragmente kleiner, mit lamellärem Flow und geringerer Okklusion; die Haltekraft geht zwar eventuell zurück, aber auch die Netz-hauttraktion ist vermindert.

Fazit: Ein Fortschritt wurde dadurch erzielt, dass die Technik standardi-sierter wurde und damit noch mehr Sicherheit bietet. Bei 5000 Schnitten bewege sich beispielsweise die Netz-haut weniger, beschreibt Gandorfer seinen Eindruck aufgrund der zahl-reichen Operationen mit dem neuen Cutter.

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Tab. 1 Gegenüberstellung der verschiedenen Instrumentenstärken

20G 23G 25G 27G

Bindehaut-/Skleratrauma iii i (i) 0

Astigmatismus-Induktion iii (i) (i) 0

OP-Dauer

Sklerotomie iii kurz kurz kurz

Vitrektomie kurz rel. kurz medium lang

Flussrate i i gi g

Rekonvaleszenz lang kurz kurz kurz

Elastizität gering ok hoch hoch

Gebogene Instrumente gut nicht möglich nicht möglich nicht möglich

Hypotonierisiko 0 minimal minimal 0

mit dem 20G Cutter. Mit dem 25G Cutter kann es manchmal schon schwieriger sein, den Glaskörper abzuheben, zudem verlän-gert sich die Kernvitrektomie, doch er-scheint die Operationszeit bei der 25G Vit-rektomie brauchbar. Im Vergleich dazu verlängert sich bei der 27G Vitrektomie die Operationszeit substanziell. Ein Vorteil von kleineren Instrumenten wie der 25G- und 27G Vitrektomie ist die redu-zierte Gefahr für einen iatrogenen Schaden an der Retina, besonders bei sehr mobiler Netzhaut im Rahmen einer Ablatio retinae.

Der erhöhten Biegsamkeit der immer dün-neren Instrumente wurde mit einer Ver-kürzung des Schafts auf 2.5 cm begegnet. Für eine Silikonölinjektion kommt 27G nicht in Betracht (5000er Silikonölinjektion ist nur mit 23G einzubringen). Gebogene Instrumente stehen für die 27G-Chirurgie nicht zur Verfügung. Eine Alternative wäre, bimanuell zwei Instrumente zu verwenden und den posterioren Pol mit «Twin Lights» auszuleuchten. Bleibt der eine Vorteil des geringeren Risi-kos einer Hypotonie, welches in einer Stu-die von Oshima (n=31) bei 0.0% lag, bei 25G dagegen zwischen 3.8% (Lakhanpal 2005, n=140) und 16.9% (Yanvali 2006; n=63). Die grösste Studie von Sandinha (2009, n= 232) zeigte bei 25G sogar 9.2% an Hypoto-nien. Bei 23G lag diese Rate zwischen 0.6 (Mahajan 2001; n= 160 und Eckardt 2006, n = 370) und 0.9 (Wiechens 2007, n= 450).

■ Ablatio retinae: Neue Erkenntnisse durch die optische Kohärenztomo-graphie (OCT)

Prof. Dr. Michael Georgopoulos Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie, Medizi-nische Universität Wien

Bei Ablatio retinae (rhegmatogenous reti-nal detachment) werden beginnende Netz-hautabhebung («Makula on») und fortge-schrittene Netzhautabhebung mit bereits abgehobener Netzhautmitte («Makula-off», Fovea-Abhebung) unterschieden. Im ersten Fall ist die Visusprognose gut, im zweiten Fall meist schlecht. Die rechtzeitige Opera-tion ist in beiden Fällen wichtig, damit die Makula entweder nicht involviert wird («Makula on») oder um trotz «Makula off» und damit schlechter Prognose ein mög-lichst gutes Visusresultat zu erzielen. Für die präoperative Diagnostik und die Verlaufskontrolle eignet sich die optische

Inhalt

Vitrektomie, Retina1 Update in Vitreoretinal Surgery2 Haben hohe Schnittraten einen

Einfluss auf die Cutter-Effizienz? 2 27G Vitrektomie:

Je kleiner, desto besser?3 Ablatio retinae: Neue Erkennt-

nisse durch OCT4 Relevanz der extraokularen

Chirurgie bei Ablatio retinae

Katarakt- / Refraktivchirurgie

und Phakoemulsifikation 5 Möglichkeiten der Aberrometrie

mittels Ray-tracing (I-Trace)6 Sulcusfixierte Zusatzlinsen.

Möglichkeiten und Alternativen 7 Prospektive Studie: Diffractiva aA

multifokale Intraokularlinse (MC 6125 Diff )

7 Refraktive Katarakt-Chirurgie mit torischen Intraokularlinsen

OP-Techniken 8 Management harter Kerne mit

easyPhaco® und OS39 Vorderkammerstabilität – von

welchen Parametern hängt sie ab?10 Kombinierte Netzhaut- und

Kataraktoperation mit der Preloaded iSert 250 / 251 IOL

11 Sekundärlinsenimplantation mit Injektor über Kleinschnitt und Fixation mittels Z-Naht

11 Strategien zur Irisrekonstruktion

Cornea und Glaukom 12 Presbyopie: KAMRA-Implantate13 Klinische Ergebnisse nach

Descemet Membran Endothel-zelltransplantation

14 Bedeutung von Blaulichtfilter-IOL in der Kataraktchirurgie beim Glaukom

15 Moderne Glaukomimplantate. Trabekulare und Mini-Stent- Ideen

Fazit: Die Operationsdauer verlängert sich bei 27G-Chirurgie erheblich. Da-gegen fallen das Hypotonierisiko und die Gefahr iatrogener Netzhautschä-den geringer aus. Für den OP-Alltag zieht der Referent die «grösseren» In-strumente noch klar vor.

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Kohärenztomographie (OCT) sehr gut, weil sie eine präoperative qualitative und quantitative Beurteilung der Fovea-Abhe-bung erlaubt und postoperativ die Wieder-herstellung der Fovea-Architektur doku-mentieren kann. An der Universitäts-Augenklinik Wien werden seit 2008 in einer Datenbank Infor-mationen zu Patienten, Netzhautbefunden wie Art / Dauer der Netzhautablösung, Snellen Visus, Spaltlampen- und Fundus-untersuchung, zur Operationstechnik (Plombe, Cerclage, Vitrektomie mit Gas oder Silikonöl, kombinierte Cerclage mit Vitrektomie oder Pneumatische Retinope-xie) und zu Nachkontrollbefunden gesam-melt. Unter 411 Datensätzen betrafen 341 primäre Ablationes, darunter 203 «Makula off». Für 83 dieser «Makula-off» Ablationes lagen komplette prä- und postoperative OCT-Untersuchungen vor (Cirrhus-, Spec-tralis- oder Topcon-OCT). Präoperativ werden im OCT morphologi-sche Veränderungen der abgehobenen Netzhaut in der äusseren, mittleren und in-neren Schicht des Makulabereiches unter-sucht. Postoperativ werden zu den Nach-kontrollzeitpunkten 1 Woche, 1, 3, 6 Monate, sowie 1 und 2 Jahre Visus-, Spalt-lampen- und OCT-Untersuchungen durch-geführt.

ErgebnisseIm OCT kann eine beginnende «Makula off» Ablatio genau diagnostiziert werden. Präoperativ kann eine Augenimmobilisa-tion (Lesekarenz, Bettruhe mit Lagekon-trolle) ein Fortschreiten der Netzhautab-hebung verhindern oder zumindest verzögern. Das Monitoring spielt vor al-lem bei schon nahe an die Makula rei-

chenden «Makula on» Ablationes eine grosse Rolle (Abb. 1). In Einzelfällen konnte sogar ein Rückgang der Abhebung mittels 3D-OCT dokumentiert werden. Bei der morphologischen Untersuchung der abgehobenen Netzhautmitte wird auf Wellen und Verdichtungen (äussere Schicht), auf Zysten (mittlere Schicht) so-wie auf epiretinale Membranen (innere Schicht) geachtet. Für diese unterschiedli-chen morphologischen Veränderungen konnte die Arbeitsgruppe des Referenten bisher jedoch noch keine prognostische Bedeutung erkennen. In der postoperativen Phase ist das OCT vor allem zur Diagnostik von persistieren-der subretinaler Flüssigkeit (SRF) im Be-reich der Makula wichtig. Diese verzögert die Visusverbesserung. Hier ergaben sich Unterschiede je nach operativer Methode (Buckelchirurgie mit Plombe oder Cercla-ge vs. Vitrektomie mit Gasfüllung). Auch die langsame Wiederherstellung der Pho-torezeptorschicht kann im OCT erkannt werden.

■ Relevanz der extraokularen Chirurgie bei Ablatio retinae

Prof. Dr. Stefan Mennel, Akad. Lehrkrankenhaus A-Feldkirch

Die minimale extra-okulare Plombenchir-

urgie bei Ablatio retinae wird nicht mehr an allen Augenkliniken gelehrt und ausge-führt. Doch das Thema ist aktuell, wie eine «Coverstory» aus Ocular Surgery News im Juni 2012 zeigt. Ein grosser Netzhautriss über mehrere Uhrzeiten kann mit einer extraokularen Plombe meist nicht ausreichend tamponiert werden. Bei klarer Lochsituation, unab-hängig vom Ausmass der Netzhautablö-sung, lässt sich jedoch eine Plombe gut an-wenden. Das Risiko einer Vitrektomie sollte nicht ausser Acht gelassen werden – subretinale Flüssigkeit kann sich auch bei noch anliegender Netzhaut im Makulabe-reich Richtung Makula verschieben.Die SPR-Studie1-3 untersuchte die interme-diären Fälle: 60% der Patienten mit Ablatio wurden ausgeschlossen, als unkomplizierte Fälle. 10% der gescreenten Fälle betrafen komplizierte Situationen. 30% intermediä-re Fälle wurden in die SPR-Studie einge-schlossen – darunter jedoch etliche, die der Referent nicht mit Buckelchirurgie behan-delt hätte. Die Ergebnisse der Buckelchirurgie hängen davon ab, ob das Auge phak oder pseudo-phak ist. Die Visusergebnisse waren in der Gruppe der phaken Augen bei der Methode mit extraokularer Plombe der Vitrektomie signifikant überlegen. Die Kataraktent-wicklung war mit über 50% typisch nach Vitrektomie. Bei den pseudophaken Augen waren die Visusergebnisse vergleichbar, al-lerdings waren bei der Plomben-OP mehr Reoperationen nötig. Die Operationstechnik ist relevant. So soll-te man Kryo vorsichtig einsetzen. Die Ope-rationsschritte beim Referenten bleiben ausschliesslich extraokular, ohne Injektion von Luft oder Gas.4Über ein Jahr wurden die in Feldkirch von einem Operateur behandelten Netzhautablö-sungen hinsichtlich Methode, Outcome und Reoperationsraten untersucht. Mit Plombe

Abb. 1 Verlauf des OCT-Befundes über 6 Stunden präoperativ unter Lesekarenz und Rechtsseitenlage.

Fazit: Das OCT spielt im prä- und postoperativen Monitoring der Abla-tio retinae eine bedeutende Rolle. Eine makulanahe Makula-on-Ablatio kann so bis zur Operation genau do-kumentiert werden. Dabei hat sich gezeigt, dass durch Lesekarenz und Patientenlagerung eine Stabilisierung oder sogar ein Rückgang der Ablatio-Ausdehnung möglich ist. Im postope-rativen Monitoring kann im OCT das Auftreten von epiretinalen Membra-nen oder Makulaödemen erkannt werden. OCT-Studien ergaben Hin-weise auf unterschiedlich häufiges Persistieren subretinaler Flüssigkeit abhängig von der Operationsmetho-de; hier sind weitere Forschungen vielversprechend.

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n=43 Fällen wurden in 44% Plombenoperati-onen durchgeführt, eine ppV in 56% der Fälle. Zwei mit Buckelchirurgie versorgte Augen waren pseudophak. In der Nachbeobachtung (6 – 7 Monate) gab es nach Plombenchirurgie in 17/19 Fällen eine Netzhautanlage; in 2 Fällen wurde eine ppV zusätzlich durchgeführt. Mit ppV wur-den 24 Fälle operiert, in zwei Fällen wurde eine Silikonöltamponade angelegt, ansons-ten war die intraoperative Tamponade mit SF6 Gas ausreichend. Der postoperative Vi-sus betrug 0.6 nach Plombe und 0.5 nach ppV (dort häufiger PVR und Makulaabhe-bungen). Im Nachbehandlungszeitraum kam es weder in der Gruppe der Plomben-chirurgie noch nach pars-plana Vitrekto-mie zu Re-Amotiones. Das Alter spielt eine Rolle – im noch jüngeren Alter lohnt es sich, die Akkommodation zu erhalten.

■ Möglichkeiten der Aberrometrie mittels Ray-tracing (I-Trace)

Dr. Ulrich Giers, AugenLaserZentrum, DE-Detmold

Wie oberflächlich darf eine Messung sein? Der Hornhauttopograph

nimmt im Prinzip ein Bild vom Tränenfilm auf und gestattet damit eine gute Annähe-rung an das Erscheinungsbild der Cornea sowie die Berechnung der cornealen As-phärizität und der Keratometrie. Der Topo-graph misst die Struktur der Cornea. Ein Aberrometer misst den refraktiven Fehler des optischen Systems mithilfe von Autore-fraktion in verschiedenen Zonen sowie die Pupillengrösse. Damit erfasst der Aberro-meter die Funktion des kompletten opti-schen Systems. Zur Aberrometrie stehen verschiedene Methoden zur Verfügung:– Hartmann-Shack Lenslet Array– Tscherning Aberrometer– Differenzielle Skiaskopie– Ray-tracing

Das Ray-tracing ist gekennzeichnet durch – schnelle Punkt-zu-Punkt Infrarotmes-

sung– keine Datenkonfusion (von ein- und

austretenden Strahlen)– Pupillometrie mit Auto-trackingIn jeder Pupillengrösse bis 8 mm können 256 Punkte programmiert werden. Auf-grund der Open Field Fixierung lässt sich eine durch das Messgerät induzierte Myo-pie vermeiden und die Akkommodation messen. Die korneale Topographie wird in-tegriert, sodass auch Linsenaberrationen gemessen werden können. Ist dies nur eine weitere neue Methode, oder bringt sie wirkliche Vorteile? Die Me-thoden nach Hartmann-Shack und Tscher-ning messen alle Punkte gleichzeitig, so-dass es schwierig ist, die Daten zu diskriminieren, die Auflösung ist dadurch verschlechtert. Der dynamische Bereich ist begrenzt, sodass hochirreguläre Augen nicht gemessen werden können. Die Geräte sind langsam und benötigen mehrere Scans, abgesehen von hohen Kosten des Ge-räts, auch für Reparaturen. Der Hartmann-Shack misst reverse Aberrationen, also nicht auf physiologische Art, besonders bei

Katarakt- / Refraktivchirurgie und Phakoemulsifikation

Referenzen1. Feltgen N, Heimann H, Hoerauf H, et al. Scleral buckling

versus primary vitrectomy in rhegmatogenous retinal detachment study (SPR study): Risk assessment of anatomical outcome. Acta Ophthalmol 2012; doi: 10.1111 / j.1755-3768.2011.02344.x.

2. Heimann H, Barth-Schmidt KU. Bornfeld N, et al. Scleral buckling versus primary vitrectomy in rhegmatogenous retinal detachment: a prospective randomized multicenter clinical study. Ophthalmology 2007 Dec;114(12):2142-54.

3. Heussen N, Hilgers RD, Heimann H, et al. Scleral buckling versus primary vitrectomy in rhegmatogenous retinal detachment study (SPR study): multiple-event analysis of risk factors for reoperations. Acta Ophthalmol. 2011 Nov;89(7):622-8.

4. Kreissig I. Treatment of primary retinal detachment. Minimal extraocular or intraocular? Ophthalmologe 2002;99:474-84.

Abweichungen höherer Ordnung bei Ak-kommodation. Die Methode nach Tscher-ning benötigt ein 2D-Retinabild, was zu weiterem Rauschen und Fehlern beiträgt. Refraktive Fehler niedrigerer Ordnung (Myopie, Hyperopie und Astigmatismus) lassen sich verhältnismässig einfach korri-gieren. Fehler höherer Ordnung (z.B. Cor-nea-, sphärische und Dreiblatt-Fehler) be-einträchtigen den Visus ebenfalls: Koma verursacht Doppel- und Verschwommense-hen, sphärische Aberrationen verursachen Glare und Halos. Mit konventionellen Me-thoden können sie nicht korrigiert werden.

(Fortsetzung nächste Seite)

wurden Phake und Pseudophake (bei gutem Einblick auf die Netzhaut) behandelt. Eine PVR war kein Ausschluss, wenn der Netz-hautdefekt nicht innerhalb der PVR lag. Unter

Fazit: Sofern keine unklare Lochsitua-tion vorliegt oder der Netzhautdefekt aufgrund seiner Grösse oder Lage durch Plombe nicht gut angelegt wer-den kann, und vorausgesetzt, dass ein guter Einblick in den Fundusbereich möglich ist, kann bei phaken Augen und gegebenenfalls sogar auch bei pseudophaken Augen in einem be-trächtlichen Prozentsatz auch eine Buckelchirurgie erfolgreich vorge-nommen werden. Damit ist eine Rele-vanz auch heute noch gegeben.

Fazit: Nicht nur die Corneatopogra-phie, sondern die Refraktion des ge-samten optischen Systems sollten er-fasst werden. Das Ray-tracing bringt gegenüber bisherigen Aberrometrie-verfahren deutliche Vorteile: Es dis-kriminiert Linsen- und Corneaaber-rationen und liefert zuverlässige und schnelle Ergebnisse auch bei Aberra-tionen höherer Ordnung.

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Vor Berechnung einer korrigierenden Linse sollte bekannt sein, ob die vorliegenden Ab-errationen in Cornea, Linse oder in beiden verursacht sind. Eine linsenverursachte Ab-erration wird durch Linsentausch ausgegli-chen. Beispielsweise kann es notwendig sein, einem Patienten, der nicht astigma-tisch ist, eine torische Linse zu implantieren – wenn sich bislang cornealer und Linsenas-tigmatismus ausgeglichen haben.

■ Sulcusfixierte Zusatzlinsen: Neue Möglichkeiten, bewährte Alternativen

Dr. Jens Schrecker, Augenklinik Rudolf Virchow Klinikum, DE-Glauchau

Eine Intraokularlinse (IOL) im Kapselsack lässt sich durch eine in

den Sulcus ciliaris implantierte Zusatzlinse vergleichsweise einfach ergänzen. Inzwi-schen steht ein breites Spektrum dieser Zu-satzlinsen zur Verfügung (Standardberei-che: sphärisch von -6 bis + 6 dpt, multifokal mit + 3,5 dpt Addition, torisch mit Zylin-dern von +1 bis +6 dpt, mit und ohne Blau-lichtfilter). Die Implantation ist sowohl bei bereits vorbestehender Pseudophakie (se-kundär) als auch simultan (primär) bei ge-planter Katarakt-OP oder refraktivem Lin-senaustausch möglich.Die sekundäre Implantation kommt in Frage– bei postoperativen verbliebenen Ametro-

pien (Myopie, Hyperopie und Astigma-tismus)

– beim nachträglichen Wunsch nach Bril-lenfreiheit auch in der Nähe (bi- oder multifokale Zusatzlinsen)

– bei veränderlicher Refraktion (nach Ein-satz von Silikonöl, bei juveniler Katarakt oder bei Keratoplastik / Keratokonus).

Durch die simultane Implantation ist eine räumlich und ggf. abrechnungstechnisch getrennte Astigmatismus- oder Presbyopie-Korrektur möglich. Das Design dieser Linsen wie beispielsweise der MicroSil Add-On von Dr. Schmidt IOL® oder der Sulcoflex von Rayner Surgical ® ist für eine sichere und stabile Fixation im Sul-cus optimiert. Hierzu wurden die C-förmi-

gen Haptiken auf einen Gesamtdurchmes-ser von 14 mm und der Optikdurchmesser auf 7.0 mm vergrössert. Die posteriore Op-tikfläche ist konkav gestaltet, um einen Kontakt zwischen den beiden Linsen zu vermeiden. Mit der zusätzlichen Linse trifft der Licht-strahl auf vier optische Grenzflächen. The-oretisch könnte das zu einem Kontrastver-lust oder vermehrter Lichtstreuung führen. Optische Simulationen zeigten aber nur minimale Auswirkungen. Klinische Ver-gleichsstudien zu etablierten multifokalen und torischen Kapselsack-IOL werden der-zeit durchgeführt. Eine Pigmentdispersion wurde bei einer Nachbeobachtungszeit von einem Jahr nur in milder [+] bis mässiger [++] Ausprägung (Stufung bis +++) festgestellt. Dies oder die Positionierung der Linse im Sulcus könnten prinzipiell einen Anstieg des intraokularen Drucks (IOD) bewirken. Im Rahmen der vergleichenden prä- und postoperativen Auswertungen war dies aber nicht nach-weisbar. In zwei Fällen kam es zur einer vermehrten postoperativen Entzündungsreaktion. Die-se traten im Rahmen der allerersten Im-plantationen auf und sind damit eher auf die Lernkurve des Operateurs zurückzu-führen.Die Berechnungsgenauigkeit der erforderli-chen Brechkraft der IOL zeigte keine Nach-teile für das Add-on-Linsensystem im Ver-gleich zu den etablierten Kapselsacklinsen. In Gegenüberstellung der beiden Verfahren ergab sich eine Abweichung vom Refrakti-onsziel innerhalb von ± 0.5 dpt bei 97% der Patienten nach Zusatzlinsen-Implantation, bei 87.5% nach alleiniger MIOL-Implanta-tion. Das Linsenpaket ist zwar dicker als eine al-leinige IOL, aber insgesamt flacher als die kristalline Linse. Durch eine geeignete Lin-sengeometrie verbleibt bei entsprechender Aufteilung dieses Raumes ein ausreichen-der Abstand sowohl zwischen den beiden Linsen als auch zur Irisrückfläche.Eine aktuelle prospektive Studie vergleicht die simultane Implantation einer multifo-kalen Zusatzlinse im Rahmen einer Kata-rakt-Operation mit der Implantation einer multifokalen Kapselsack-IOL mit gleichar-tiger Optik. Nach 3 Monaten wurden 33 Linsen im Kapselsack mit 34 Add-on-Im-

plantationen verglichen. Intraoperative IOL-Komplikationen traten in der bisheri-gen Zwischenauswertung in keinem Fall auf. Die biometrischen und refraktiven Er-gebnisse sind gut und der einer multifoka-len Einzellinse ebenbürtig.

Die Vorteile der Add-On-Linse summierte der Referent wie folgt: Add-on-Linsen er-lauben ein nachträgliches Fine-tuning bei Pseudophakie und damit ein Auskommen ohne Brille oder Kontaktlinsen. Die Im-plantation ist langfristig reversibel. Ein Tausch ist dabei ohne Alteration des Kap-selsackes und der Zonula möglich. Dies ist besonders vorteilhaft für den Einsatz bei veränderlichen Refraktionen (Silikonöl, ju-venile Katarakt, Keratokonus). Für «sensib-le» Patienten, die nach MIOL-Implantation unter Blendung oder Halos leiden könnten, bietet sich die potenzielle Möglichkeit einer Explantation der Zusatzoptik unter Beibe-haltung des Standard-Aphakieausgleiches. Auch logistisch sind Vorteile möglich: Bei einer One-Session-Strategie genügen z.B. für die Lagerhaltung 6 torische Add-on-Linsen (+1 bis +6 dpt) sowie eine multifoka-le Add-On-Linse (Add +3.5), um damit na-hezu das gesamte notwendige Spektrum abzudecken.

Zusätzliche LiteraturSchrecker J, Zoric K, Messner A, Eppig T. Effect of interface reflection in pseudophakic eyes with an additional refractive intraocular lens. J Cataract Refract Surg. 2012 Sep;38(9):1650-6. Epub 2012 Jul 20.

Fazit: Die Add-on-Linse kann eine gut geeignete Methode sein, um Brillen-freiheit zu erreichen. Ihre einfache Implantation und Austauschbarkeit ermöglicht ein breites Feld an Ein-satzmöglichkeiten. Bezüglich poten-zieller Risiken werden Langzeitbeob-achtungen weitere Informationen liefern.

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■ Prospektive Studie: Diffractiva aA multifokale Intraokularlinse (MC 6125 Diff )

Dr. Alois Dexl, MSc – Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie, Paracelsus Medizinische Privat-universität Salzburg

Studienergebnisse zu einer neuen diffraktiven Multifokallinse (MIOL) mit +3.5 D Nahzusatz legte Dr. Alois Dexl vor. Die Diffractiva-aA (Abb. 2, Dr. Schmidt Intraocularlinsen GmbH) ist eine einstückige diffraktive MIOL mit einer vorderen asphärischen und einer posterio-ren sphärischen Oberfläche und 360° scharfer Kante. Diese asphärische MIOL weist eine 6.0 mm Optik mit integrierter apodisierter diffraktiver Zone innerhalb der zentralen 3.5 mm und eine rein refrak-tive äussere Zone auf. Bei grösseren Pupil-lenweiten soll sich dadurch zunehmend Licht auf den Fernfokus verteilen, und die-ses Optikdesign soll störende optische Phä-nomene wie Glare und Halo verringern, was die Studie überprüfte.24 Katarakt-Patienten (18 Frauen, 6 Män-ner; Alter: 70.9 ± 9.0 Jahre) wurden an zwei Zentren (Univ.-Augenklinik der PMU Salz-burg und Polyclinic St. Roche, Cabestany) in die Studie eingeschlossen und bilateral mit dieser MIOL versorgt. Postoperativ wurden die unkorrigierte Sehschärfe in verschiedenen Distanzen, Defokus-Kur-ven, Kontrastsensitivität sowie die Patien-tenzufriedenheit evaluiert. Die sechs Monate nach bilateraler Implan-tation erreichten Werte für den binokula-ren unkorrigierten Visus (Mittelwert±SD; logMAR) sind in Abbildung 3 dargestellt. Alle Patienten erreichten unkorrigierte Vi-suswerte von mindestens 20 / 25 oder besser in Ferne und Nähe und 20 / 40 oder besser im Intermediärbereich. Die monokularen und binokularen Defokuskurven (Abb. 4)wiesen maximale Sehschärfen im Bereich des Fernfokus (0.0 D) sowie des Nahfokus auf (–2.5 D) mit zusätzlich guten Visuswer-ten im Intermediärbereich. Die photopi-sche und mesopische Kontrastsensitivität lag im normalen alterskorrigierten Bereich. Die Mehrzahl der Patienten (n=22; 91.7%)

gab an, in jeder Entfernung brillenfrei zu sein; 8.3% (n=2) gaben an, manchmal eine Brille «nur zum Fernsehen» bzw. «für Kleingedrucktes» zu benötigen. Insgesamt gaben alle Patienten an, «sehr zufrieden» (n=22; 91.7%) oder «zufrieden» (n=2; 8.3%) mit dem Ergebnis der bilateralen MIOL Im-plantation zu sein. Störende optische Phä-nomene wurden selten bemerkt: Ein Patient

(4.2%) war sehr gestört durch Halos, merkte jedoch über die Zeit eine Besserung dieser Symptome. Ein weiterer Patient (4.2%) be-merkte «sehr selten» Glare in der Nacht.

■ Refraktive Katarakt-Chirurgie mit torischen Intraokularlinsen

Dr. Ludger Hanneken, Sehkaft Augenzentrum Köln

Während die Katarakt-Operation einen kurati-ven Eingriff darstellt, verfolgt die refraktive

Katarakt-Chirurgie das Ziel, einen mög-lichst guten unkorrigierten Visus zu errei-chen. Man verbindet die Prinzipien der Ka-tarakt- und Refraktiv-Chirurgie und kann mit multifokalen IOL (MIOL) auch in ver-schiedenen Distanzen einen guten unkorri-gierten Visus erhalten.Ein cornealer Astigmatismus ist häufig und muss hierbei berücksichtigt werden. Bei nur einem von vier Patienten liegt er unter 0.5 dpt, bei 80% unter 1.5 dpt. Astigmatis-men > 2.5 dpt liegen bei 4.51% vor, bei 2% sogar über 3 dpt (40.41% > 1.00 dpt). Ein Astigmatismus lässt sich durch inzisio-nale Verfahren (limbus relaxing incisions, Inzision am steilsten Meridian) beeinflus-sen; dieses Verfahren kann jedoch ungenau sein. Bioptics, die an die Operation an-schliessende «Feinkorrektur» mit Laser, ist sehr gut steuerbar, bedeutet aber einen zusätzlichen Eingriff und hat Indikations-einschränkungen bei gewissen Hornhautpa-thologien oder auch «nur» einem Trockenen Auge. Zudem erfordern Bioptics die Infra-

Abb. 2 Asphärische Diffractiva-aA MIOL (Dr. Schmidt IOL GmbH, DE-Erlangen).

Abb. 4 Monokulare und binokulare Defokuskurven 6 Monate postoperativ. Die Fehlerbalken repräsentieren die 95%-Konfidenzintervalle.

Abb. 3 Binokulare unkorrigierte Visuswerte 6 Monate nach bilateraler MIOL Implantation.

Fazit: Die multifokale Diffractiva-aA erzielte sehr gute Visuswerte in Ferne und Nähe bei gleichzeitig gutem Inter-mediärvisus und sehr guter Kontrast-sensitivität. Sie geht mit einer geringen Inzidenz an Halos und Glare einher; die Patientenzufriedenheit ist sehr hoch, eine Brillenunabhängigkeit für alle Distanzen wird fast immer er-reicht.

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struktur einer laserrefraktiven Chirurgie. Eine Alternative sind torische IOL, die in einer einzeitigen Operation implantiert werden können. Das Ergebnis ist gut vorher-sagbar, bei guter Stabilität. Korrekturen sind ab –0.75 cyl möglich, die Höhe der Zylinder-korrektur ist fast unbeschränkt. Nachteilig ist der höhere Preis der Linse. Erfolgsentscheidend ist, neben einer genauen Biometrie, die Rotationsstabilität. Der eigene SIA (surgically induced astigmatism) muss bekannt sein. Die korrekte Implantationsach-se ist essenziell, die Cyclorotation beim lie-genden Patienten muss bei der Markierung der Implantationsachse beachtet werden. Kontraindikationen sind der junge Patient mit Keratokonus, eine ausgeprägte Instabi-lität der Zonula und unter Umständen auch eine vorausgegangene LASIK bei Hyper-opie in Kombination mit asphärischer IOL und negativer asphärischer Komponente. Die Implantation einer torischen Linse efor-dert eine umfangreiche präoperative Dia-gnostik, wie wir sie aus der refraktiven Chi-rurgie kennen. Neben der HH-Topographie sollten Pentacam und IOL-Master-Messun-gen eingesetzt werden. Der Referent fertigt eine Fotografie an, um die IOL anhand von konjunktivalen Gefässen und der Irisanato-mie zu positionieren, bereitet die OP-Mas-ken vor und plant die OP in Abstimmung mit dem Liefertermin. Mit einem Online-Kalkulator bestimmt er die IOL mit einer Unterkorrektur und einem erwarteten Res-tastigmatismus von 0.17 dpt bei 90°. Es gibt etliche Verfahren, um die Implanta-tionsachse zu markieren, beispielsweise – an Spaltlampe und Mendez-Ring– mit Laser und Mendez-Ring– Pendelmarkeur nach Gerten

– Markeur nach T. Neuhann (Wasserwaagen-Prinzip)

– Callisto (Zeiss)– SMIT Surgery Guidance– ORA von WaveTec

Deutlich preisgünstiger als die letztgenann-ten drei Methoden, aber ebenfalls zuverläs-sig, ist eine vergrösserte Spaltlampenaufnah-me. Drei Monate postoperativ beträgt die Achsabweichung im Patientengut des Refe-renten im Schnitt 1-5° (0-9). Unter 187 Im-

Abb. 5 Oben easyPhaco® Tip mit vergrössertem Irrigationsfluss, unten traditioneller Tip.

OP-Techniken■ Management harter Kerne mit easyPhaco® und OS3

Dr. Christoph Binder, Schwarzwaldaugenkli-nik Schramberg

Harte Kerne stellen den Chirurgen nicht nur vor Probleme anatomi-scher Art: Auch die

Anforderungen an die Hard- und Software sind hoch. Gewünscht wird ein schnelles, sicheres Ansaugen des Linsenmaterials (Followability), dabei soll das Material fest am Tip bleiben (Holdability), und dies bei immer kleineren Inzisionen. Der Referent bevorzugt das Oertli-OS3-Gerät mit easyPhaco® Tip. Dessen Öffnung

ist durch ein starkes Bevel gekennzeichnet (Abb. 5), das die Fragmente gut festhält, welche die Ultraschallenergie sofort absor-bieren. Bei immer kleineren Phakospitzen gehen zunächst die Holdability und die Emulsifi-kationsleistung zurück. Eine Emulsifikati-onsleistung von 100% bei 19G sinkt mit ei-ner 20G-CMP-Spitze relativ auf 54%, die Holdability auf 59%; noch deutlicher gehen beide bei der traditionellen CO-MICS zu-rück (29% / 34%). Durch den speziellen Schliff des easyPhaco Tip® kommt es zur perfekten Kupplung der Spitze mit den Fragmenten, sodass hartes ebenso wie wei-ches Linsenmaterial problemlos emulsifi-ziert wird. Aufgrund der sehr feinen Emul-sifikation verstopft der Tip nicht. Der starke Inflow über den Mantel sorgt für eine hohe

Fazit: Der unkorrigierte Visus post-operativ lässt sich mit torischen Lin-sen deutlich verbessern, bei grösserer Brillenunabhängigkeit. Ein zusätzli-ches Risiko besteht bei dieser einzeiti-gen Operation nicht. Die Unterlas-sung der Information des Patienten über die Option der torischen IOL (wie auch über andere Premium-Lin-sen) kann unter Umständen sogar rechtliche Konsequenzen haben, be-tonte der Referent.

plantationen fand er drei Monate postopera-tiv Restzylinderwerte von –0.25 bis –0.75 unter den Linsen Zeiss Torbi, iSert 351, Acry-Sof Ttoric und AcrySof IQ Toric sowie –0.25 bis –.05 bei der lichtadjustierbaren Linse.Die Akzeptanz ist sehr gut, entsprechend entwickeln sich die Implantationszahlen des Referenten: Während er 2009 noch kei-ne torische Linse implantiert hatte, waren es 2010 gut 60, 2011 bereits 200, und diese Marke überstieg er 2012 schon im ersten halben Jahr.

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Stabilität der Vorderkammer. Aufgrund des sehr feinen Aspirationskanals ist der Out-flow gebremst. Damit bleibt die Vorderkam-mer selbst bei plötzlich gelöster Okklusion stabil. Das Operations-Setup des Referenten be-steht aus dem Oertli OS3 mit Vitrektomie-Modul. Verwendet werden sollten mög-lichst Einmalprodukte für Parazenthese, Schlauch- und Kassettensystem sowie I / A-Handgriffe. Er implantiert Mikroinzisi-ons-IOL mit Shooter und legt überwiegend Inzisionen von 2.0 / 2.2mm an.

■ Vorderkammerstabilität – von welchen Parametern hängt sie ab?

Univ. Prof. Dr. Rupert Menapace, Medizi-nische Universität Wien

Wer effizient, also mit raschem Flow für hohe Followability und ra-

schen Vakuumanstieg sowie mit hohem Vakuum für starken Kraftschlus (Holdabi-

lity) und optimalem Energietransfer pha-koemulsifizieren will, muss die Vorder-kammerstabilität im Auge behalten. Dies betonte Prof. Menapace in seinem Referat.Die «SupraFluidics»-Phako mit ihren ma-ximalen Rollpumpen-Einstellungen von 50  ml / min und 600 mmHg gewährleistet für alle Linsenhärtegrade eine effiziente Kernaufarbeitung mit minimalem Phako-energieeinsatz. Dies darf aber nicht zu Las-ten der Kammerstabilität gehen, warnte der Referent. Die Gefahren bei mangelnder Kammerstabilität sind die Endothelberüh-rung und die Kapselruptur. Wie lässt sich die Kammerstabilität opti-mieren? Dies ist eine Frage des Zu- und Ab-flusses. Der Zufluss muss bei coaxialer (COAX) wie bei biaxialer Phako (BIAX) den Abfluss zu jedem Zeitpunkt überstei-gen. Dabei ist auch die Verzögerung auf-grund des Innenwiderstands der Infusions-linie zu beachten.Der Nettozufluss ergibt sich aus Infusions-angebot minus der Leckage. Das Infusions-angebot hängt von der Flaschenhöhe und vom Widerstand in der Infusionslinie ab. Der Widerstand wird bei COAX vornehm-lich vom Querschnitt des Infusionsmantels zwischen Sleeve und Tip bestimmt, bei BIAX vom Lumen der Infusionskanüle. Der Abfluss hängt bei fehlender Okklusion =«freiem Fluss» von der Pumpengeschwin-digkeit ab, nach Okklusionsbruch vom Windkesseleffekt (Surge). Dabei wird die elastische Vorspannung, die sich infolge des Vakuums aufbaut, schlagartig freigesetzt. Neben der Schlauchwandung trägt auch der Luftgehalt der Flüssigkeit im Aspirations-system zur Vorspannung bei.Der innere Widerstand der Aspirationslinie dagegen bremst den Fluss nach Desokklusi-on (mithin also den Surge). Einige Anbieter erhöhen den Widerstand durch ein separat erhältliches Interponat in der Aspirations-linie. Der Referent zieht eine Phakonadel vor, die aufgrund ihrer Charakteristika als Surge-Bremse wirkt: eine Nadel mit schlan-kem Schaft und entsprechend breiterem In-fusionsmantel und einer engen Schaftboh-rung («slim-shaft-small-bore» oder «SSSB» Design, wie in der patentierten easyTip® Spitze verwirklicht). Der bedeutsamste Faktor für den Wider-stand entlang der Infusionslinie ist der Querschnitt des Infusionsmantels zwi-

Die Einstellungen des Referenten

Cataracta matura – easyPhaco® Tip 2.2 mm – Flaschenhöhe 110 mm– Vakuum 600 mmHg (Venturi)– Phakoleistung 100%– 40 Hz Pulse Cataracta nucl. II– easyPhaco® Tip 1.8 mm – Flaschenhöhe 109 mm– Vakuum 460 mmHg (Venturi)– Phakoleistung 80%– Inzision 2.0 mm– 40 Hz Pulse

Abb.7 a (links) und b (rechts): Operationssitus.

Abb. 6 Tip: Kupplung der Fragmente.

Fazit: Im Alltagseinsatz hat sich die easyPhaco® Technologie als ideal für harte Kerne bewährt. Damit lässt sich eine effektive, schnelle Kernemulsifi-kation bei 90°-Tipdrehung erreichen. Die Vorderkammer bleibt stabil, bei deutlich weniger Spülflüssigkeit als mit anderen Tips. Das Angebot an Tip-Durchmessern ist gross. Der Standard im High-Volume-OP des Referenten ist der 2.2 mm Tip mit 2.3 mm Inzision, für refraktive Lin-senchirurgie die 1.8 CO-MICS-Spit-ze. Essenziell ist das duolineare Pedal.

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schen Nadelschaft und Silikonsleeve. Letz-terer nimmt mit Verkleinerung der Phako-tips ab, der Widerstand somit entsprechend zu (Abb. 8). Für eine 20G Spitze (easyTip® 2.2 für Miniinzisionen von 2.2 - 2.4 mm) reicht der Zufluss über den koaxialen Slee-ve alleine auch bei maximalen Fluidic-Ein-stellungen für eine gute Vorderkammersta-bilität noch aus, für eine 23G Spitze (easyTip® CO-MICS für Inzisionen von 1.6 -1.8 mm) hingegen nicht mehr. Hier erlaubt die «infusions-assistierte» oder «Hybrid»-Mikroinzisionsphako ein hoch-effizientes und sicheres Arbeiten auch mit den extremen SupraFluidics-Einstellungen, indem der Nachstrom von Flüssigkeit über den koaxialen Infusionsmantel durch einen zusätzlichen Infusionsspatel supplemen-tiert wird. Entsprechende klinische Studien zeigten extrem niedrige Phakoenergiever-brauchswerte bei Endothelzellverlusten von

nur 3% sowohl für die rein koaxiale easy-Tip® 2.2 Miniphako als auch für die infusi-ons-assistierte easyTip® CO-MICS Mikro-phako.

■ Kombinierte Netzhaut- und Kataraktoperation mit der Preloaded iSert 250 / 251 IOL

Priv. Doz. Dr. Christia-ne Isolde Falkner-Rad-ler, Ludwig-Boltzmann Institut für Retinologie und Biomikroskopische Laserchirurgie, Wien

Die Kataraktbildung und/oder -fortschrei-tung ist die häufigste Komplikation nach pars-plana-Vitrektomie (PPV). Fünf Jahre nach der PPV tritt sie in bis zu 80% der Pati-enten auf und bei Verwendung einer Gas- oder Silikonöltamponade in fast 100%. Die Phakovitrektomie (kombinierte Kata-raktoperation und PPV) und die sequenzi-elle Kataraktoperation nach der PPV sind zwei sichere und effektive chirurgische Ver-fahren zur Behandlung von Netzhaut- und Glaskörpererkrankungen mit Katarakt. Die Vorteile der Phakovitrektomie sind eine schnellere Rehabilitation, geringere Kosten (nur ein Spitalaufenthalt, eine Anästhesie und ein Eingriff) und eine kontrolliertere PPV (leichtere anteriore PPV, klarerer Ein-blick auf den hinteren Augenabschnitt). Mögliche Nachteile der Phakovitrektomie sind eine höhere Nachstar-Rate und ver-mehrte Entzündungszeichen nach der Ope-ration, v. a. bei Diabetes.

Die sequenzielle Kataraktoperation nach der PPV wurde in der Literatur in vielen Fällen als «schwierigere» Kataraktoperation beschrieben. Das Fehlen des Glaskörpers, die dadurch meist tiefere, instabilere Vor-derkammer und die erhöhte Rigidität der posterioren Kapsel können Komplikationen während der Kataraktoperation begünsti-gen. Somit konnte sich die Phakovitrekto-mie für die Therapie zahlreicher Netzhaut- und Glasköpererkrankungen etablieren. Studien zur Phakovitrektomie, v. a. nach kombinierter SCI (sclerocorneal incision)oder CCI (clear cornea incision) über 2.8  mm und 20Gauge Phakovitrektomie beschrieben gute anatomische und funktio-nelle Ergebnisse. Auch konnten bei der Pha-kovitrektomie neueste Intraokularlinsen komplikationslos eingesetzt werden. Ande-rerseits wurden postoperative Refraktions-fehler, meist eine postoperative Myopisie-rung, und Induktion oder Verstärken eines Astigmatismus beschrieben. Kann die «nahtlose» 23Gauge-Mikroinzisi-ons- (CCI von 2.2 mm)-Phakovitrektomie mit Implantation der preloaded iSert IOL 250/251 bessere und stabilere refraktive Er-gebnisse ermöglichen? Dies untersuchte die Referentin prospektiv. Die Indikationen für den kombinierten Eingriff waren epiretinale Membranen (ERM), Makulaschichtforami-na (MSF), asteroide Hyalose und vitreoma-kuläre Traktion (VMT). Hauptzielparame-ter war der «IOL power prediction error» (PE), Nebenzielparameter waren Vorder-kammertiefe, Achsenlänge, Keratometrie-werte, Augendruck, Visus- und OCT-Er-gebnisse sowie die Komplikationsraten. Die ersten refraktiven, funktionellen und anatomischen Ergebnisse von 20 in die Stu-

Abb. 8 Die verschiedenen Oertli-easyTips®.

Fazit: Die Kammerstabilität ist durch folgende Faktoren optimierbar:– Hohe Flasche (CAVE: intraokuläre

Druckschwankungen!)– Dichte Inzision, beispielsweise

durch «sleeved» koaxiale Phako und enge Parazentesen

– Charakteristika der Phako-Nadel SSSB

– Bei Mikrophako mit Inzisionen < 2.0 mm zusätzlicher Infusions-spatel («infusionsassistierte» oder Hybrid-Mikrophako)

Parameter Befund 3 Monate postOP

Ø IOL power prediction error -0.28 Dpt (+ 1 dpt bis -1 dpt)

Ø Vorderkammertiefe 4.37 mm (präOP 2.77mm)

Ø Achsenlänge 23.51 mm (präOP 23.41)

Ø postOP K1-values 7.84 (präOP K1-value 7.82)

Ø postOP K2-values 7.62 (präOP K2-value 7.61)

Ø IOP 13 mmHg (präOP 14 mmHg)

Ø Fernvisus 0.23 logMAR

K1/K2-value = Keratometrie-Werte bei 90° and 180°, logMAR = logarithm of the minimum angle of resolution

Tab. 3 Refraktive und funktionelle Resultate bei 20 Patienten nach 23Gauge-Mikroinzisi-ons-Phakovitrekto-mie mit Implantation der preloaded iSert IOL.

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die eingeschlossenen Patienten (13 Frauen, 7 Männer, Durchschnittsalter 71 Jahre) mit einem Follow-up von mindestens 3 Mona-ten wurden auf dem Kongress präsentiert. Der präoperative Fernvisus lag bei 0.63 log-MAR. Bei 12 wurde eine Luft-, bei 4 Patien-ten eine Gastamponade vorgenommen.Intraoperative Komplikationen traten nicht ein. Ein Sklerotomieverschluss während der Operation wurde bei 3 Patienten notwendig; in einem Fall trat eine postoperative Hypo-tonie ein, die mit Lufttamponade 3 Tage postoperativ behandelt wurde. Bei einem Patienten trat eine passagere Glaskörperblu-tung ein. Bei einem Patienten kam es zu ei-ner IOL-Dislokation nach 7 Tagen, sie wur-de reponiert. Refraktive und funktionelle Ergebnisse sind in Tabelle 3 beschrieben. Die OCT-Befunde bestätigten den anatomi-schen Heilungsverlauf.

■ Sekundärlinsenimplantation mittels Injektor über Kleinschnitt und Fixation mittels Z-Naht

Prof. Dr. Florian Gekeler, Universitäts-Augenklinik Tübingen

Die Sekundärlinsenim-plantation bei fehlen-dem Kapselapparat stellt

eine grosse Herausforderung für den Kata-raktchirurgen dar. Prof. Gekeler demonst-rierte eine Technik zur Injektorimplantati-on faltbarer Intraokularlinsen über einen Kleinschnitt und eine Nahttechnik zu de-ren Sklerafixierung. Die Vorteile dieser Technik sind: – ein kleiner Schnitt (clear cornea-Phako- tunnel)– stabile Verhältnisse der Sklera während der gesamten Operationsdauer– sichere Sulkuslokalisation– relative Astigmatismusneutralität bei guter Langzeitstabilität– Anwendbarkeit auch bei Aniridie – Nahterosionen treten durch die Z-Naht ohne Knoten nicht auf. Aber auch Nachteile sind in die Waagschale zu legen: Notwendig sind saubere Sulkus-verhältnisse (die aber meist «geschaffen» werden können), und das Vorgehen um-schrieb der Referent unumwunden manch-mal als «Fummelei». Die Operationsdauer ist etwa ca. 30 Minuten länger als bei einer retropupillär irisfixierten IOL.

■ Strategien zur Irisrekonstruktion

Prof. Peter Szurman, Knappschaftskranken-haus DE-Sulzbach

Heute ist in Bezug auf die Irisrekonstruktion sehr viel möglich. Viele Augen, die nach frühe-

rem Stand der Technik inoperabel waren, können (und sollten) heute durch Irisre-konstruktion versorgt werden. Prof. Szur-man gab einen Überblick über das heute verfügbare vielfältige Armamentarium.

Traumatische KolobomeIn der Irischirurgie gilt das Prinzip, so zu-rückhaltend und einfach wie möglich vor-zugehen, um den Visus zu verbessern, bei gleichzeitig ästhetisch gutem Ergebnis. Bei traumatischem Iriskolobom kann dies z.B. auch eine Hornhauttätowierung sein. Die Iris verträgt einiges an Eingriffen, aber Regeln müssen respektiert werden. Wird nicht blickdicht genäht, kommt es zu sehr störenden Doppelbildern ohne ausreichen-den Visusanstieg. Die Iris ist wenig elas-

tisch, sodass Fäden das Gewebe durchwan-dern können, z.B. durch Sphinktertraktion. Für die modifizierte Pupilloplastik nach Engels verwendet der Referent eine Schlau-fentechnik mit gleitendem Knoten.

Traumatische IrisdialyseBei dieser klassischen Folge einer Kontusi-onsverletzung ist nur wenig Gewebe sicht-bar. Wenn nur noch kleine, weissliche Reste zurückgeblieben sind, ist man versucht, diese wegzuschneiden. Davon rät der Refe-rent ab. «Es ist erstaunlich, wie viel man mit den kaum sichtbaren Resten anfangen kann. Oft ist das Gewebe durch Fibrin ein-gerollt, aber nach einigen Tagen löst sich das Fibrin, die Iris öffnet sich wieder, und man gewinnt so die Möglichkeit zu nähen. Man darf dabei das Gewebe jedoch nicht zu stark anziehen. Die Iris wird durch die Naht lediglich adaptiert, wächst also nicht fest zusammen und wird selbst nach 20 Jahren nur durch den Faden gehalten.»

Traumatische Mydriasis Auch kaum noch sichtbares Gewebe lässt sich häufig noch enorm mobilisieren. Es atrophiert nach 10 Jahren, aber selbst ein halbes Jahr nach dem Trauma ist alles noch vorhanden. Die traumatische Mydriasis entspricht einer anterioren PVR. In den frühen und mittleren Stadien kann man Gewebe mit einer Skleracerclage zurückge-winnen. Dabei ist es wichtig, engmaschig zu nähen. Das Gewebe wird über drei Para-zentesen alle 120 Grad aufgefädelt.

IrisprotheseIn etlichen Fällen ist hier mit den genann-ten Methoden keine Irisrekonstruktion mehr möglich. Irisimplantate waren lange problematisch, kosmetisch unbefriedigend und konnten zur Hornhautdekompensati-on führen. Ein grosses Stück voran kamen die Ophthalmochirurgen jetzt mit der Iris-prothese nach Koch, die inzwischen nicht mehr nur in grossen Zentren implantiert wird. Diese Implantate werden aufwändig individualisiert. Die erzielbaren kosmeti-schen Ergebnisse nannte der Referent phantastisch.Teilimplantate sind möglich, jedoch besteht hier die Möglichkeit, dass an den Seit-zu-Seit-Anastomosen zwischen Irisgewebe und Implantat Reizungen entstehen. Der Refe-

Fazit: Die 23Gauge-Mikroinzisions-Phakovitrektomie ist eine sichere und effektive Methode zur Behandlung von vitreoretinalen Erkrankungen und mehr oder weniger ausgeprägter Kata-rakt. In Kombination mit der Preloa-ded iSert 250/251 IOL kommt es zu vielversprechenden anatomischen und funktionellen Resultaten bei geringen Komplikationsraten, stabilen Augen-druckverhältnissen und guter IOL-Sta-bilität. Trotz Tamponade wurden gute refraktive Ergebnisse erzielt (durch-schnittlicher IOL-power PE 0.28 dpt). Grössere Fallzahlen über einen länge-ren Nachbeobachtungszeitraum wer-den gestatten, die Nachstarrate dieses Vorgehens zu beurteilen.

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rent zieht die vollständige Irisprothese vor, deren Material sehr weich ist und sich auch – wichtig bei Trauma-Augen – rascher und weniger traumatisch implantieren lässt. Die Irisprothese kann z.B. auch hilfreich bei irislosen Augen mit Silikonöltamponade sein; hier ersetzt es das Irisdiaphragma bei Aniridie. An Komplikationen ist ein zystoides Maku-laödem zu erwähnen. Eine verbliebene Rest-iris kann häufig nachdunkeln, so dass das Implantat etwas dunkler gewählt werden sollte. Insgesamt sieht der Referent die Iris-prothese als ein wichtiges Tool, mit dem es dem Chirurgen heute noch eher möglich ist, der bisher problematischen Situation des Iristraumas gerecht zu werden.

Referenz1. Spitzer MS, Yoeruek E, Leitritz MA, Szurman P, Bartz-Schmidt KU. A new technique for treating postraumatic aniridia with aphakia- Arch Ophthalmol 2012;130:771-775

Cornea und Glaukom■ Presbyopie: KAMRA-Implantate

Dr. Alois Dexl, Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie, Paracel-sus Medizinische Privatuniversität Salzburg

Zur Verbesserung des Nahvisus bei Presby-opie steht seit Kurzem das Kamra™-Inlay zur monokularen Implantation in die Hornhaut des nicht ferndominanten Auges zur Verfü-gung (Abb. 9). Das Implantat ist eine 5 μm dünne, mikroperforierte künstliche Blende mit einem Aussendurchmesser von 3.8 mm und einem Innendurchmesser der zentralen Apertur von 1.6 mm. Das Wirkprinzip des Kamra™-Inlays beruht auf der Bildung einer «stenopäischen Lücke». In Kameras wird analog dazu durch Verkleinerung der Blen-de das Licht von den Randstrahlen «befreit» und dadurch die Schärfentiefe erhöht.Primär wurde das Implantat bei Emmetro-pie-Presbyopie verwendet. Heute wird die Implantation auch in Kombination mit LASIK durchgeführt, um im gleichen Schritt Ametropie und Presbyopie behan-deln zu können. Die Indikation zur Im-plantation des Kamra™-Inlays wird derzeit

erweitert, um auch etwa Pseudophake oder Patienten nach refraktiven Eingriffen be-handeln zu können. Das Kamra™-Inlay kann mit zwei unter-schiedlichen Techniken eingesetzt werden, die beide einen Femtosekunden-(fs-)Laser voraussetzen. Bei ametropen Patienten wird bei Eignung der Hornhaut ein 200 μm dicker Flap ge-schnitten, das Inlay nach der Excimerlaser-Behandlung auf das Stromabett gelegt und zentriert, bei Emmetropie kann dank spezi-eller Software eine Hornhauttasche (Abb. 9) angelegt werden, in die das Inlay einge-setzt wird. Die Zentrierung des Implantates ist wesentlich zum Erreichen eines guten Ergebnisses. In 24 Zentren weltweit wurden 507 emme-trope (±0.5 sph), presbyope Testpersonen im Alter zwischen 45 und 60 Jahren in eine Studie eingeschlossen, die eine Nahkorrek-tur von +1.0 sph bis +2.5 sph benötigten. Ihr unkorrigierter Nahvisus lag zwischen 20 / 100 und 20 / 40, der beidseitige unkorri-gierte Fernvisus bei mindestens 20 / 20. Das Kamra™-Inlay wurde monokular in das nicht dominante Auge ohne Excimerlaser-Korrektur in eine Hornhauttasche in 200  μm Tiefe implantiert (Standardtech-nik). Nach 24 Monaten konnten 429 Patien-ten nachuntersucht werden. Der durch-schnittliche unkorrigierte Nahvisus am implantierten Auge verbesserte sich von Jg8 auf Jg2, der intermediäre Visus zeigte eben-falls eine Verbesserung von 20 / 32 auf 20 / 25, während der unkorrigierte, mon-okulare Fernvisus bei 20 / 20 (binokular 20 / 16) stabil war (Abb. 10).

Abb. 9 Das KAMRA™ Inlay mit sichtbaren, der Diffusion von Nährstoffen dienenden pseudorando-misiert angelegten Mikroperforationen (Gesamt-zahl: 8400, 5 μm bis 11 μm im Durchmesser).

Rechts: Spezifikationen einer Hornhauttasche (Pocket): Durchmesser der Hornhauttasche (4.4 mm; orange); Gesamtdurchmesser (9.3 mm; grün). Der rote Pfeil markiert die temporale Öffnung. Inlay-Position: Schwarzer Ring. © Dr. Schmidt Intraocularlinsen GmbH.

Abb. 10 Binokularer Nahvisus (J=Jäger) – Salz-burger Ergebnisse. B) Monokularer Intermediär-visus am implantierten Auge. C) Monokularer Fernvisus am implantierten Auge.d) Refraktion am implantierten Auge – Salz-burger Ergebnisse.

Die Subanalyse erbrachte zwei die Patien-tenzufriedenheit und die Visusergebnisse wesentlich beeinflussende Hauptfaktoren. Leicht myope Patienten (0 D bis –0.75 D)zeigten einen signifikant besseren Lesevi-sus ohne Verschlechterung in der Ferne als die leicht hyperopen Testpersonen (0 D bis +0.5  D). Das führte zur Empfehlung, bei ametropen Patienten die Zielrefraktion der LASIK im gering myopen Bereich zu pla-nen. Ebenso konnte nachgewiesen werden, dass bei verfeinerten Einstellungen des Femtosekundenlasers aufgrund eines gleichmässigeren Stromabettes die funktio-nellen Ergebnisse besser wurden.Mehrere Studien untersuchten das Lesever-mögen der Patienten. Der Salzburg Reading Desk (SRD, SRD Vision LLC) ist ein Sys-tem, das unter standardisierten Bedingun-

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■ Klinische Ergebnisse nach Desce-met Membran Endothelzelltransplan-

tation

Prof. Dr. Efdal Yörük, Universitätsaugen-klinik TübingenIn den letzten Jahren er-lebten lamelläre Kerato-plastiktechniken eine

Renaissance.1-3 Die letzte Weiterentwicklung der posterioren lamellären Keratoplastik ist die isolierte Transplantation der Descemet-Membran (DM) mit Endothelzellen, kurz als DMEK (Descemet Membrane Endothelial Keratoplasty) bezeichnet, welche 2006 von Melles aus Rotterdam beschrieben wurde.4,5

Das Konzept der posterioren lamellären Ke-ratoplastik besteht darin, gezielt die betrof-fene Endothelzellschicht mit der DM zu er-setzen und dabei die nicht betroffenen Stroma- und Epithelschichten in ihrer Struktur unangetastet zu lassen. Im Prinzip sind daher alle isolierten endothelialen Er-krankungen der Hornhaut, die noch nicht zu einer irreversiblen Trübung des Horn-hautstromas geführt haben, mit einer DMEK behandelbar. Die besondere Heraus-forderung bei der DMEK-Chirurgie liegt einerseits in der schonenden Präparation des Endothel-Descemet-Komplexes und an-derseits in der wenig manipulativen intra-operativen Ausbreitung und Zentrierung.6,7

Tübinger ErgebnisseDas mittlere Alter der Patienten betrug zum Operationszeitpunkt 71,7 Jahre (36 -

91 Jahre). Der mittlere postoperative Nach-untersuchungszeitraum betrug 8,7 Monate. 36 Augen hatten eine bullöse Keratopathie, 79 Augen eine Fuchs-Endotheldystrophie als Ursache der Endothel-Dekompensation. Bei einem Patienten wurde eine autologe DMEK, bei vier Patienten eine Triple-DMEK (gleichzeitig eine Kataraktoperati-on) durchgeführt. Der mittlere präoperati-ve LogMAR-Visus betrug 0,91 ± 0,45. Bereits in der ersten Woche konnten wir einen geringen Anstieg auf einen LogMAR-Visus von 0,87 ± 0,53 beobachten. Bei der Abschlussuntersuchung (Mittelwert: 8,7 Monate) wurde ein LogMAR-Visus von 0,35 ± 0,41 erreicht, der im Vergleich zu den präoperativen Werten eine hoch signifi-kante Verbesserung darstellte (Abb. 11).

Referenzen1. Dapena I, Ham L, Melles GR. Endothelial keratoplasty:

DSEK / DSAEK or DMEK--the thinner the better? Curr Opin Ophthalmol. 2009;20:299-307.

2. Jain S, Azar DT. New lamellar keratoplasty techniques: posterior keratoplasty and deep lamellar keratoplasty. Curr Opin Ophthalmol. 2001;12:262–268.

3. Van Dijk K, Dapena I, Moutsouris K, Ham L, Nieuwend-aal C, Melles GR. First DLEK series: 10-year follow-up. Ophthalmology. 2011;118:424.e1-3.

4. Melles GR. Posterior lamellar keratoplasty: DLEK to DSEK to DMEK. Cornea. 2006;25:879-81.

5. Melles GR, Ong TS, Ververs B, van der Wees J. Descemet membrane endothelial keratoplasty (DMEK). Cornea.

Fazit: Das Kamra™-Corneal-Inlay kann nach derzeitiger Datenlage als sicheres und effektives Verfahren zur Presbyo-piekorrektur bei Emmetropen gesehen werden. Bei ametropen Patienten kann die Implantation gut mit LASIK kom-biniert werden. Durch Erhöhung der Schärfentiefe bessert sich die Lesefä-higkeit, ohne signifikant verschlech-terten Fernvisus. Auch wesentliche postoperative Untersuchungstechni-ken und zukünftige Operationen sind ohne wesentliche Einschränkungen möglich.Der operative Eingriff kann von jedem refraktiv-chirurgisch tätigen Augen-operateur ambulant durchgeführt wer-den. Die präzise Positionierung des Implantates ist von grösster Bedeu-tung. Ein weiterer Vorteil dieser Tech-nik ist die weitgehende Reversibilität.

Fazit: Bisherige Studien deuten darauf hin, dass die DMEK den bisherigen posterioren lamellären Keratoplasti-ken, wie etwa der DSAEK (Descemet stripping automated endothelial kera-toplasty), bei der mit einem Mikro-keratom noch Stromaanteile trans-plantiert werden, überlegen ist [8]. Zu sam menfassend lässt sich festhal-ten, dass wir die Sicherheit und Effizi-enz der DMEK bestätigen konnten. Vergleichbare Studien deuten darauf hin, dass die DMEK-Operation inzwi-schen zum Goldstandard der isolierten therapiebedürftigen endothelialen Er-krankung geworden ist. Für eine ab-schliessende Beurteilung sind jedoch weitere Studien mit längeren Follow-up und grösseren Kollektiven nötig.

gen automatisiert bei einem möglichst «na-türlichen» Lesevorgang die kleinste gelesene Schriftgrösse (logarithmische Skala), den Leseabstand und die Lesege-schwindigkeit messen und daraus den Lesevisus errechnen kann. Die Patienten können damit ihren subjektiv angenehms-ten Leseabstand frei wählen. Der SRD-Test wurde bei 24 emmetropen presbyopen Testpersonen zwischen 48 und 58 Jahren zwei Jahre nach Implantation er-neut durchgeführt. Der mittlere Leseab-stand verringerte sich von präoperativ 46.7 cm auf postoperativ 39.5 cm (p < 0.001), während sich der mittlere Lesevisus von 0.33 logRAD (±0.13) auf 0.23 logRAD (±0.11, p = 0.004) verbesserte. Als wichtig-ster Parameter verringerte sich die kleinste gelesene Schriftgrösse von 1.5 mm auf 1.01 mm (p < 0.001). Leseanforderungen des alltäglichen Lebens (Zeitungstexte, Pa-ckungsbeilagen und Börsenberichte) mit Schriftgrössen von 1.5 mm bis 3.0 mm kön-nen Patienten nach Implantation erfolg-reich meistern.

Referenz1. Yilmaz OF, et al. Intracorneal inlay for the surgical

correction of presbyopia. J Cat Refract Surg. 2008;34:1921-27.

Abb. 11 Der mittlere präoperative LogMAR-Visus betrug 0,91 ± 0,45. Bei der Abschlussuntersu-chung (Mittelwert: 8,7 Monate) wurde ein LogMAR-Visus von 0,35 ± 0,41 erreicht, im Vergleich zu den präoperativen Werten eine hoch signifikante Verbesserung.

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len. Bei der Bildung von Adenosintriphos-phat (ATP) aus Sauerstoff werden 0,4 – 4% des Sauerstoffs durch Elektronenverlust in-nerhalb der Atmungskette nicht korrekt in Wasser umgewandelt, sondern bilden reak-tive Sauerstoffspezies, sogenannte freie Ra-dikale mit einem freien, sehr reaktionsfreu-digen Elektron. Die Bildung dieser Radikale (reactive oxygen species, ROS) benötigt Übergangsmetalle wie Eisen oder Kupfer. Freie Radikale haben physiologische Be-deutung, beispielsweise in der Regulation der Apoptose und in der Expression von Strukturgenen, die für antioxidative Enzy-me kodieren. Pathologische Bedeutung ha-ben die ROS aber ebenfalls, u.a. bei der In-duktion der Apoptose, der Expression proinflammatorischer Zytokine und Adhä-sionsmoleküle und bei metabolischen Pro-zessen. Als oxidativen Stress bezeichnet man die überschiessende Produktion von ROS oder / und eine Verminderung der Schutz-systeme vor den ROS. Er tritt auf bei Alte-rungsprozessen, Entzündungen, Ischämien und Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes mellitus und wird induziert durch viele weitere Situationen, auch durch Genuss-mittel, Medikamente und Umweltfaktoren wie UV-Belastung und besonders Rauchen.

Oxidativer Stress am AugeBeim primären Offenwinkelglaukom (POWG) wurden mitochondriale Abnor-

malitäten und eine verminderte mitochon-driale respiratorische Aktivität beschrie-ben. Das Kammerwasser bei Gesunden hat eine sehr hohe Konzentration an Antioxi-danzien: Der Ascorbinsäurespiegel ist 20- bis 35-mal höher als im Blut und konzent-riert damit 75-85% der gesamten antioxidativen Wirkung auf sich. Auch Glutathion und Cystein / Tyrosin gehören zu den antioxidativen Schutzsystemen. Beim Glaukom ist im Rahmen eines erhöh-ten oxidativem Stresses der Ascorbinsäure-gehalt des Kammerwassers wie auch der Glutathiongehalt herabgesetzt, im Ver-gleich zu Katarakt-Patienten war das totale antioxidative Potenzial im Kammerwasser beim POWG um 64% vermindert. Dadurch wird die Lipidperoxidation gesteigert. Für die Auswirkungen des oxidativen Stres-ses auf das Trabekelmaschenwerk (TM) lie-gen bereits zahlreiche Hinweise vor (erhöh-ter Abflusswiderstand im Trabekelwerk, verminderte Adhäsion der TM-Zellen, Erhöhung von Signalstoffen etc.). Der oxi-dative Schaden im TM korreliert mit dem Gesichtsfeldschaden und der Augeninnen-druckhöhe. In der Retina sowie in der La-mina cribrosa führt oxidativer Stress unter experimentellen und klinischen Bedingun-gen zu erheblichen Umbauvorgängen und zu immunologischen Reaktionen.

Bedeutung von kurzwelligem Licht für das GlaukomEnergiereiches, kurzwelliges Blaulicht kann den oxidativen Stress im Glaukomauge ver-stärken. Die Durchlässigkeit für blaues Licht (Wellenlänge 430 – 510 nm) hängt vom Trübungsgrad der Linse ab. Blaulicht führt – zu photochemischem Schaden

(Ham 1976, Nature)– zur Dysfunktion der Blut-Retina-

Schranke im RPE (Putting 1994)– induziert Apoptose in Retina und RPE

(Hafezi 1997)– wird absorbiert im Rhodopsin = Photo-

pigment der Stäbchen (Grimm 2001)– zur Bildung von reaktiven Sauerstoffspe-

zies in der Mitochondrienmembran (Jung 1990)

– hemmt die mitochondriale Atmungsket-te (Osborne 2006)

Zur Wirkung von Blaulichtfilterlinsen bei altersbedingter Makuladegeneration liegt

2006;25:987-90.6. Dapena I, Moutsouris K, Droutsas K, Ham L, van Dijk K,

Melles GR. Standardized «no-touch» technique for descemet membrane endothelial keratoplasty. Arch Ophthalmol. 2011;129:88-94.

7. Kruse FE, Laaser K, Cursiefen C, Heindl LM, Schlötzer-Schrehardt U, Riss S, Bachmann BO. A stepwise approach to donor preparation and insertion increases safety and outcome of Descemet membrane endothelial keratoplasty. Cornea. 2011;30:580-7.

8. Tourtas T, Laaser K, Bachmann BO, Cursiefen C, Kruse FE. Descemet membrane endothelial keratoplasty versus descemet stripping automated endothelial keratoplasty. Am J Ophthalmol. 2012;153:1082-90.e2.

■ Bedeutung von Blaulichtfilter-IOL in der Kataraktchirurgie beim Glaukom

Prof. Dr. Carl Erb, Augenklinik am Wittenbergplatz, Berlin Das primäre Offenwin-kelglaukom wird durch zahlreiche pathophy-siologische Prozesse

beeinflusst (Abb. 12). Im Zentrum dieser Störungen steht neben anderen biochemi-schen Entgleisungen der oxidative Stress. Der oxidative Stress hat seine Grundlage in der Atmungskette, dem grundlegenden Vor-gang in der Energiegewinnung lebender Zel-

Abb. 12 Pathophysiologische Einflussgrössen bei primärem Offenwinkelglaukom (POWG).

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bisher keine prospektive Studie vor. Experi-mentell wurde unter Blaulichtfilterlinse eine Apoptosereduktion um 80% von RPE-Zellen nach Lichtexposition (Sparrow 2004) gezeigt. Für das Glaukom könnte bedeutsam sein, dass eine Blaulichtfilterlinse die Last an freien Radikale und ROS vermindert. Blau-es Licht spielt zwar bei der Regulierung des zirkadianen Rhythmus eine Rolle, aber Blaulichtfilterlinsen filtern, sperren jedoch das Blaulicht nicht vollständig. Die meisten filtern im Bereich von 350-470 nm (Schrage 2012). Daher ist kein Einfluss der Blaulicht-filterlinse auf die circardiane Rhythmik zu erwarten (Espindle 2005, Augustin 2008). Studien konnten belegen: – Kein signifikanter Unterschied in der

Kontrastempfindlichkeit zwischen Pati-enten mit einer Blaulichtfilterlinse und einer konventionellen UV-absorbieren-den IOL (Muftuoglu 2007, Leibovitch 2006)

– Blaulichtfilterlinse zeigt keinen Einfluss auf das postoperative Autofahren beim Tages- und vor allem beim Abend-licht / in der Nacht (Espindle 2005)

– Kein Nachweis einer postoperativ erwor-benen Farbsinnstörung (Vuori 2006, Mester 2007, Greenstein 2007)

– Kein Einfluss auf die achromatische Pe-rimetrie, aber auf die Blau-Gelb-Perime-trie (Castro 2006)

– Blaulichtfilterlinse reduziert die Blend-empfindlichkeit (Gray 2011)

– Multifokales ERG sowie multifokales VEP werden durch die Blaulichtfilterlin-se nicht beeinträchtigt (Hoffmann 2010, 2012).

■ Moderne Glaukomimplantate. Trabekulare und Mini-Stent-Ideen

Prof. Dr. Manfred Tetz, Augentagesklinik Spreebogen und Berlin Eye Research Institute, Berlin

Einige neue Ansätze zu Mikroimplantaten bei

Glaukom befinden sich in frühen klini-schen Studien, so der Glaukos iStent®, der Stegman Kanalexpander von Grieshaber, das Hydrus Implantat von Ivantis und die Kollagenröhrchen von Aquesys, berichtete Prof. Tetz.

iStent®

Hierzu liegt eine unkontrollierte 24-Mo-nats-Evaluation von 58 Patienten aus ver-schiedenen Zentren vor. Alle litten an un-kontrolliertem Offenwinkelglaukom und Katarakt. Die Implantation des iStent® plus Katarakt-OP gemeinsam senkten statis-tisch und klinisch signifikant den IOD und den Medikamentenbedarf gegenüber allei-niger Kataraktoperation. In einer Studie lag der Druck, bei Baseline 21.7 mmHg, nach 12 Monaten bei 17.4 mmHg, und insgesamt wurde der Bedarf an Medikamenten um 1.2 Medikamente gesenkt (p < 0.001). Jeweils ohne Medikamente erreichten folgende Prozentsätze der Population einen Augen-druck (IOD) von< 18 mmHg: 62%< 15 mmHg: 26%< 21 mmHg: 69% Eine postoperative Hypotonie, flache Vor-derkammer oder choroidale Effusion wa-ren nicht zu verzeichnen, bei unveränderter Sehschärfe.

Stegmann multiperforierte Polyimid- Implantate (Kanalexpander Grieshaber®)Hierzu stellte der Referent eigene Daten von initial 10 Patienten vor. Der Druck sank von 24.8 mmHg im Mittel bereits am ersten postoperativen Tag auf 14.3 mmHg und blieb dann über drei Monate recht stabil (16.0 mmHg). Prof. Körber, so berichtete Tetz, überblickt Daten von 12 Patienten mit präoperativem IOD von 30.9 mmHg, die drei Monate postoperativ auf 14.6 mmHg gesenkt werden konnten.

Hydrus Implant IvantisDas bananenförmige Implantat misst 8 mm. Die hoch biokompatible superelasti-sche Nickel-Titan-Legierung besitzt ein Formgedächtnis, die Form kann durch Hit-ze eingestellt werden. Ergebnisse wurden von zwei Gruppen gezeigt: Von Patienten, deren Therapie hauptsächlich im Implantat bestand, und von Patienten, bei denen von Anfang an eine Kombination aus Medika-ment und Implantat geplant war. In einer Multicenterstudie wurden 22 Pati-enten nur mit Implantat versorgt (bei Stu-dienbeginn IOD 22.7 mmHg, 1.1 Medika-mente). An Tag 1 postoperativ lag der Druck medikamentenfrei bei 13.1 mmHg, nach 1 Monat bei 20.3 mmHg mit 0.1 Medi-kamenten, nach drei Monaten bei 15.7 mmHg (0.3 Med.). Weniger stark fluk-tuierte der Druck in der Gruppe, die zu-nächst weiter Medikamente erhielt (n=28): Hier betrug der präOP- Druck 21.1 mmHg, nach 1 Tag 15.9 mmHg, nach 3 Monaten 14.8 mmHg und nach 6 Monaten 15.6 mmHg.

AqueSysDie o.g. Implantate sind für den Schlemm-schen Kanal ab interno oder ab externo ge-dacht; dagegen ist das AqueSys Implantat, quasi mini-subkonjuktival filtrativ plat-ziert, ab interno minimal invasiv. Das AqueSys-Implantat wird in einem Inserter der vierten Generation angeboten, bereits geladen, steril und fertig für den Einsatz. Die Implantatplatzierung ist hiermit sehr genau möglich. Bei 54 Patienten mit schwie-riger Druckkontrolle zeigte sich nach ei-nem Ausgangsdruck von 23.8 mmHg bei Verwendung von 2.8 Medikamenten eine stetige Druckreduktion nach Kataraktex-traktion und Implantateinsatz. Nach einem Monat war der Druck um 18%, nach 6 Mo-naten um 31% und nach 12 Monaten um 40% gesenkt, bei dann noch durchschnitt-lich einem verwendeten Medikament. Fazit: Ein erhöhter oxidativer Stress

kommt beim POWG vor. Blaulichtfil-terlinsen können den photooxidativen Stress verringern, dabei sind keine un-mittelbar negativen sinnesphysiologi-schen wie auch circardianen Effekte durch Blaulichtfilterlinse nachgewiesen worden. Beim Glaukom sind Blaulicht-filterlinsen daher die bevorzugte IOL.

Fazit: Diese neuen Ansätze hält der Referent für sehr vielversprechend. Die Im-plantate und das Vorgehen werden immer atraumatischer und weniger invasiv; die Tendenz geht zu physiolo-gischeren Abflusswegen.

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ImpressumophtaSchweizerische Fachzeitschrift für augenärztliche Medizin und Technologie mit Mitteilungen SOG

Sonderbeilage ophta 6/20124. Come and See Meeting, Lindau 201229. und 30. Juni 2012

Mit freundlicher Unterstützung von Dr. Schmidt Intraocularlinsen GmbH, Hoya Surgical Optics GmbH, Mediconsult AG und Oertli Instrumente AG

Verlag: u. novotny fachverlag ein Bereich der novomedtext ag Mittlere Mühlestrasse 3 CH-8598 Bottighofen +41 71 688 58 00 [email protected]: Oertli Instrumente AG Hafnerwisenstrasse 4 CH-9442 BerneckRedaktion: Dr. med. Ulrike NovotnyLayout: Felicitas Kälin, heussercrea ag Schachenstrasse 9, CH-9016 St. GallenDruck: UD print AG, Reusseggstrasse 9 CH-6004 LuzernBildnachweis: Dr. André Delley, Dr. Schmidt Intraocularlinsen GmbH, UNo, Oertli Instrumente AG, Hoya Surgical Optics GmbH

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5. Come-and-See Meeting 201328. – 30. Juni 2013Bad Horn, Schweizwww.come-and-see.ch

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