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Journal of Geometry, Vol.17 (1981)
0047-2468/81/010077-0651.50+0.20/0 C 1981 Birkh~user Verlag, Basel
(d-3)-Skelette nicht-polytopaler (d-1)-Sph~ren
Herrn Professor Dr. R. Artzy zum 70. Geburtstag
von Christoph Schulz
I. Einleitun~
In dieser Arbeit wird untersucht, inwieweit bereits ein nieder-
dimensionales Skelett einer Zellzerlegung der (d-1)-Sph~re dar-
~ber Aufschlu6 gibt, ob sie polytopal, d.h. zum Randkomplex
eines d-Polytops isomorph ist.
Unter einem Zellkomplex verstehen wir im folgenden stets einen
geometrischen Zellkomplex gem~6 [5], d.h. eine endliche Menge C
konvexer Polytope des euklidischen Raumes E n, so dab mit F C C
auch alle Seiten von F zu C geh6ren und mit F,F' s C der (evtl.
leere) Durchschnitt F n F' eine gemeinsame Seite von F und F'
ist. Eine (d-1)-Sph~re Sd_ I ist ein Zellkomplex, dessen Tr~ger-
menge (Vereinigung aller Zellen) eine (topologische) (d-1)-SphMre
ist. Der Randkomplex ~(P) eines d-Polytops ist eine (d-1)-
Sphere. F~r d = 3 besagt der bekannte Satz von Steinitz ([5],
Theorem 13.1.1), daS umgekehrt jede 2-Sphere polytopal, d.h. zum
Randkomplex eines Polytops isomorph ist. F~r d > 4 gibt es
nicht-polytopale (d-1)-Sph~ren (siehe z.B. [2], [4], [5], [10]).
Die - oft als Steinitz-Problem bezeichnete - Frage nach der Cha-
rakterisierung der polytopalen (d-1)-Sph~ren f~r d > 4 ist bis-
her nur in einigen SpezialfMllen beantwortet worden (siehe u.a.
[61, [7], [81).
Einige Eigenschaften eines d-Polytops sind bereits durch das
k-Skelett skel k P von P (aus den Seiten bis zur Dimension k
gebildeter Teilkomplex), k < d - 1 , festgelegt. So ist ~(P)
durch skeld_ 2 P vollst~ndig bestimmt, d.h. for ein Polytop P'
mit isomorphem (d-2)-Skelett, skeld_ 2 P ~ skeld_ 2 P' , gilt
~(P) ~ ~(P') ([5], Theorem 12.3.2). Die Dimension yon P ist
[~]-Skelett bestimmt ([5], Theorem 12.2.1). bereits durch das L~J
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Es liegt nun die Frage nahe, ob bereits ein niederdimensionales
Skelett festlegt, ob eine Sphere polytopal ist. Barnette gibt
in [3] eine notwendige Bedingung fur das 1-Skelett einer poly-
topalen Sphere an. Hinreichende Bedingungen kann das 1-Skelett
jedoch selbst im Fall d = 4 nicht geben, da es z.B. sowohl
polytopale als auch nicht-polytopale 3-Sph~ren gibt, deren
1-Skelett ein vollst~ndiger Graph mit 9 Ecken ist (Altshuler/
Steinberg [I], [2]). Andererseits ist aber durch das (d-2)-Ske-
lett die kombinatorische Struktur einer (d-1)-Sph~re eindeutig
bestimmt. (Der in [5], Theorem 12.3.2 fur Poiytope gefUhrte
Beweis iMSt sich wSrtlich auf SphMren ~bertragen.) Wir zeigen
im folgenden, dab i.a. bereits das (d-3)-Skelett nicht mehr
ausreicht, um zwischen polytopalen und nicht-polytopalen (d-1)-
Sph~ren zu unterscheiden.
2. Ergebnis
Satz: In jeder Dimension d ~ 4 gibt es ein d-Polytop Pd mit
d + 4 Ecken und eine nicht-polytopale (d-1)-SphMre Sd_ I mit
skeld-3 Pd ~ skeld-3 Sd-1
Wir fUhren den Beweis im n~chsten Abschnitt durch zwei Lemmata.
Bemerkun~en: 1. Die im Satz genannte Eckenzahl d + 4 ist mini-
mal, da nach [6], [8] (d-1)-Sph~ren mit bis zu d + 3 Ecken
stets polytopal sind.
2. Es w~re interessant zu wissen, inwieweit die Aussage des
Satzes bestehen bleibt, wenn man zus~tzliche Forderungen an
die Sph~ren stellt, etwa indem man sich auf simpliziale Sph~ren
beschr~nkt.
3. Die im folgenden Abschnitt gegebene Konstruktion ist nicht
eindeutig. Man kann sie vielmehr dazu benutzen, um zu zeigen,
da6 die Anzahl nicht-polytopaler (d-1)-Sph~ren mit d + 4 Ecken
mindestens mit der Ordnung d 4 w~chst. Diese Absch~tzung dUrfte
jedoch nur sehr schwach sein, da z.B. bereits die Anzahl der
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simplizialen d-Polytope mit d + 3 Ecken exponentiell anw~chst
([5], Theorem 6.3.2).
3. Beweis
Im folgenden bezeichnen eckige Klammern die konvexe H~lle.
Lemma I: Es sei Qd-1 ein (d-1)-Polytop mit folgenden Eigen-
schaften:
(I) Qd-1 hat d + 2 Ecken.
(2) Qd-1 hat zwei Facetten G I, G 2 mit dim G 1 n G 2 = d - 3
und vert G I U vert G 2 = vert Qd-1 "
(3a) Qd-1 hat zwei Facetten F I, F 2 , die (d-2)-Simplizes sind,
und deren Durchschnitt ein (d-3)-Simplex ist.
(3b) Es ist relint [Vl,V2] cint Qd-1 , wobei
{Vl,V 2] = (vert F I U vert F2) ~vert (F I NF 2) ist.
Dann gibt es eine nicht-polytopale (d-1)-Sph~re Sd. I mit
ske!d-3 Sd-1 ~ skeld-3 Pd ' wobei Pd die Doppelpyramide ~ber
Qd-1 ist.
Beweis: Wegen (3b) gibt es einen Punkt x E int Qd-1 , derart dab
relint [Vl,V 2] ~ relint [x,F I N F 2] $ ~ ist. Dann ist
F o = [x,FI,F 2] ein (d-1)-dimensionales Doppelsimplex. Wit betten
Qd-1 in den E d ein, w~hlen y EE d ~ aff Qd-1 und bilden die
folgende Menge von (d-1)-Zellen:
Md_ 1 = IF o} U {[x,F] : F Facette von Qd-l' FI # F # F 2}
U [[y,F] : F Facette von Qd_1 } .
Dann ist Sd_ I = {F : F ist Seite eines F' E Md_ I} eine
(d-1)-Sph~re, und (Sd_ I ~{Fo}) U {[x,F1],[x,F2],[x,F1 0F2]}
ist isomorph zum Randkomplex der Doppelpyramide Pd ~ber Qd-1
Angenommen, Sd_ I ist als Randkomplex eines a-Polytops P~ re-
alisiert. Sd_ I enth~it als Teilkomplex eine (d-2)-Sph~re S'
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die zu ~(Qd_1 ) isomorph ist. Wegen (2) gilt dim aff S' = d - I.
Da F ~ mit S' die beiden (d-2)-Zellen F1,F 2 gemeinsam hat,
ist x 6aff S' , so dab sich der Widerspruch dim st(x,P~) =d - 1
ergibt.
Lemma 2: Zu jedem d ~ 4 gibt es ein (d-1)-Polytop Qd-1 mit
den in Lemma I geforderten Eigenschaften.
Beweis: Wir zeigen die Existenz von Qd-1 dutch Angabe seines
Gale-Diagramms (Figur I).
X2
Figur I
, Xd+2
Dabei handelt es sich um eine Darstellung der Ecken
x I .... ,Xd+ 2 von Qd-1 durch (nicht notwendig verschiedene)
Punkte Xl,...,X--d+2 des Einheitskreises im E 2 (vgl. [5], Ab-
schnitt 5.4), aus der man die kombinatorische Struktur von
~(Qd_1) folgenderma6en ablesen kann:
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(+) conv {x i : i E I} ist genau dann eine Seite von Qd-1 '
wenn O E relint conv {xi : i E{I, .... d+2} ~ I} ist.
Die Dimension einer Seite F von Qd-1 l~Bt sich ebenfalls aus
dem Gale-Diagramm ablesen ([9], S. 125):
(++) dim F = d + dim {xi : xi ~ F} - card {xi : xi ~ F} - I
Wegen [5], Theorem 5.4.2 zeigt Figur I das Gale-Diagramm eines
(d-1)-Polytops, und man pr~ft mit (+) und (++) leicht nach, dab
mit G I = cony {x i : i ~ {1,2}} , G 2 =conv {x i : i ~ {3,4}} ,
F I =conv {x i : i ~ {2,5,6}} und F 2 =conv {x i : i ~ {3,5,6}}
die Bedingungen (I) - (3a) von Lemma I erf~llt sind. Den Ecken
Vl,V 2 aus (3b) entsprechen hier x2,x 3 . Angenommen, (3b) ist
verletzt. Dann gibt es eine Seite F mit x2,x 3 E F . Dies f~hrt
mit (+) zum Widerspruch, da {xi : i ~ {2,3}} ganz in einer
durch eine Gerade durch O berandeten Halbebene des E 2 liegt.
Bemerkun@: Q3 ist ein Dreiecksprisma, bei dem eine viereckige
Facette durch eine Diagonale unterteilt ist (vgl. [5], Figur
6.3.1). Die zugeh~rige Sphere S 3 finder man auch in [10].
Literatur
I.
2.
Altshuler, A. / Steinberg, L.; Neighborly 4-Polytopes with
9 Vertices, J. Comb. Theory (A) 15 (1973), 270 - 287
Altshuler, A. / Steinberg, L.; Neighborly Combinatorial
3-Manifolds with 9 Vertices, Discrete Math. 8 (1974),
113 - 137
3. Barnette, D. ; A Necessary Condition for d-Polyhedrality,
Pac. J. Math. 23 (1967), 435 - 440
Schulz 82
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
Barnette, D.; Diagrams and Schlegel-Diagrams, Combinatorial
Structures and their Applications, Gordon and Breach, New
York 1970, I - 4
Gr~nbaum, B.; Convex Polytopes, Interscience Publishers,
New York 1967
Kleinschmidt, P.; Sph~ren mit wenigen Ecken, Geom. Dedi-
cata 5 (1976), 307 - 320
Kleinschmidt, P.; Konvexe Realisierbarkeit symmetrischer
Sph~ren, Arch. der Math. 28 (1977), 433 - 435
Mani, P.; Spheres with Few Vertices, J. Comb, Theory (A) 13
(1972), 346 - 352
McMullen, P. / Shephard, G.C.; Convex Polytopes and the
Upper Bound Conjecture, London Mathematical Society Lecture
Note Series 3, Cambridge Univ. Press 1971
Schulz, Ch.; An Invertible 3~Diagram with 8 Vertices,
Discrete Math. 28 (1979), 201 - 205
Anschrift des Verfassers:
Christoph Schulz Fernuniversit~t Zentrum f~r Fernstudienentwicklung Postfach 940 D-58OO Hagen Bundesrepublik Deutschland
(Eingegangen am 27. Januar 1981)