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lbo
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EDITORIAL
Sollte ich mich eines schwerwiegen-
den Verstoßes gegen mein Ehe-
gelübde schuldig machen, blüht
mir mehr als nur das übliche Ungemach.
Meine Frau, so ließ sie durchblicken, wür-
de dann die Pappcounter aller meiner
Cosims auf einen Haufen schütten. Das
wären wohl hunderttausende. Wollte
ich sie wieder sortieren, bliebe keine Zeit
mehr für irgendwelche Eskapaden. Mein
Leben lang. Daran, dass dies kürzer sein
kann als erwartet und wie die Zeit ver-
geht, erinnerten uns bedauerlicherweise
zwei spielbox-Kollegen, die binnen einer
Woche zu Grabe getragen werden muss-
ten (s. S. 62 u. 63).
Mögen wir am Spieltisch noch immer
die Kindsköpfe sein, die wir mal waren,
besteht das spielbox-Team von wenigen
Ausnahmen abgesehen doch aus einer
Riege älterer Herren. Und selbstverständ-
lich prägt der Jahrgang die Sicht auf die
Dinge unseres Hobbys. Dass wir unseren
Lesern im Durchschnitt nur zehn Jahre
voraus sind, ist normalerweise kein Grund
zum Jubeln, hat aber auch etwas Positi-
ves, weil anzunehmen ist, dass diese un-
sere Vorlieben und Abneigungen teilen.
Früher ein Jäger und Sammler reagiere
ich zunehmend ablehnend auf unnützen
Materialaufwand. Wenn sich unsere Serie
Spielelemente der Neuzeit (s. S. 34) dies-
mal mit verborgenen Spielerfarben be-
schäftigt, führt sie am Beispiel von Heim-
lich & Co ganz nebenbei vor Augen, wie
wenig Material vor ein paar Jahrzehnten
für preisgekrönte Spiele nötig war – und
nein, früher war keineswegs alles besser.
Zugegebenermaßen könnte Heimlich &
Co heute wohl keinen Blumentopf mehr
gewinnen. Adel verpflichtet hingegen
schon, obwohl es neben dem Spielplan
nur aus fünf Figuren und 95 Karten be-
steht. Verglichen mit diesem Teuber-Werk
war sein Drunter & drüber mit 60
Pappplättchen neben 38 Karten und vier
Halmakegeln schon fast eine Ausstat-
tungsorgie. Wirklich in diese Kategorie
fielen das astronomisch teure 1829 oder
Big Boss, für dessen Ausgabe im Akten-
koffer man das Taschengeld eines ganzen
Jahres hätte hinblättern müssen. Die fünf
genannten und alle anderen Spiele dieser
Zeit hatten ge-
mein, dass sich
jedes einzelne
Stück Material
auf dem kalkula-
torischen Prüfstand
beweisen musste.
Heutzutage scheint
ein großer Fußabdruck
für Qualität zu stehen.
Und offensichtlich haben sich die Her-
stellungs- und Wettbewerbsbedingungen
derart verändert, dass mancher Verlag lie-
ber einen Stanzbogen zu viel als zu wenig
beipackt, damit das Produkt bloß wertig
genug aussieht. Bis vor kurzem ließ auch
ich mich von Säcken voller Gemüsemee-
ple beeindrucken, und die Plättchensta-
pel konnten nach dem Auspöppeln nicht
hoch genug sein. Inzwischen nervt mich
das viele Zeug eher – und das nicht etwa,
weil alles auf einem riesigen Haufen zu
landen droht. Vielmehr weil vieles davon
überflüssig ist. Braucht es bei Potion Ex-
plosion (s. S. 40) wirklich 64 Pappfläsch-
chen, wo doch nur acht in der Wirkung
verschiedene Tränke existieren? Wäre es
bei Simurgh (s. S. 42) nicht mit der Hälfte
der 72 Papptafeln getan, und hätten die-
se Tafeln nicht Spielkarten sein können,
wodurch obendrein das Mischen leichter
fiele?
Immer häufiger wird durch randvol-
le Schachteln Vielfalt vorgegaukelt, die
spielerisch kaum Niederschlag findet.
Kickstarter mag nicht die Ursache für die
zunehmenden Materialschlachten sein,
doch durch die dort unvermeidlichen
Stretch-Goals verdirbt Kickstarter den
Charakter. Wurden die nötigen Euro für
die nächste Stufe gezeichnet? Gut, dann
hier: noch ein Drachen (Simurgh: Call
of the Dragonlord), noch ein Kunst-
werk (The Gallerist) oder auch noch die
Wasserflaschen der Abenteurer als Plas-
tikminiatur (Outlive). Blöd für all jene,
die mehr vom Spielmaterial erwarten als
Schachtelgewicht. Blöd vor allem aber für
herkömmlich produzierende Verlage, die
unweigerlich an Kickstartermaßstäben
gemessen werden und sich schwertun,
diesen zu genügen.
Die Kickstarter zugrundeliegende Idee
ist, Projekte ans Laufen zu bringen, die
sich anders nicht hätten realisieren las-
sen. Doch im Spielebereich dient diese
Plattform immer mehr dazu, Ideen aufzu-
blasen, bis sie aussehen wie Liberace in
Las Vegas. Matthias Hardel
Bei Gravity Maze rollt eine Metallkugel
durch Türme aus durchsichtigem Kunst-
stoff ins Ziel - allerdings muss bei allen
60 Aufgaben vorher die Bahn ausgetüftelt
werden!
Die unterschiedlich großen Türme haben
in ihrem Inneren Löcher und gebogene
Wände und bilden nur richtig kombiniert
einen Weg durch das Labyrinth.
Ein magnetischer Turm, bestehend aus zwei Hälften, steht vor jedem Spieler. Im
Inneren verbirgt sich ein geheimer Code aus einer Zahl und einer Farbe.
Nun versucht ihr, die geheimen Kombinationen eurer Mitspieler zu erraten. Aber Vorsicht: Bei einem Falschen Verdacht, fliegt ihr selber aus dem Spiel. Wer am Ende durch gutes Erinne-rungsvermögen und viel Scharfsinn alle Codes kennt, wird König von Merkurya!
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Liberace in Las Vegas
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I INTERVIEW04 I 1,7 Millionen – und kein Ende abzusehen
20 Jahre Wizard
I SERIE09 I Marschbefehl
Oldie: Elefantenparade
34 I Pöppel InkognitoSpielelemente der Neuzeit
I REPORTAGE14 I Gestaltung als brotlose Kunst?
Einkommenssituation von Spieledesignern
27 I Ungebrochener ForscherdrangBoard Game Studies in Nürnberg
I ERWEITERUNGEN17 I German Railroads
37 I Ticket to Ride: United Kingdom
I PORTRÄT22 I Die Furcht vor dem Paketboten
Kirsten Hiese
I EVERGREEN53 I Ein Kind seiner Zeit
The Last Spike
I KRITIK06 I Mama, ich will ein Kind von dir!
Dynasties
10 I (Pi)raten, was kommtSkull King - Das Würfelspiel
12 I Elefant terribleKerala
18 I Willkommen zurück im ClubLegends
20 I Viel Lärm um LichtShakespeare
24 I Gemeinsam geht die Welt zugrunde
Pandemic Legacy
30 I Der Kapitän geht als Letzter von Bord
Celestia
32 I Wahnsinn mit variabler DauerAlte Dunkle Dinge
38 I Mehr als 12.000 Unterstützer wollten dabeisein
Winziges Weltall
40 I Explosionen ohne KnalleffektPotion Explosion
42 I Jede Menge DrachenSimurgh
44 I Ein höchst vergänglicher SpaßNitro Glyxerol
46 I Kreuz und quer durch die Staaten
Switching Tracks
48 I Durchhalten bis ein anderer platzt
Ponzi Scheme
50 I MangamurmeltierTragedy Looper
INHALTsp
ielb
ox
22
46
50
32
I KINDERSPIELE54 I Burg Flatterstein
54 I Das kleine Gespenst - Wettlauf zur Burg Eulenstein
55 I Die Helden von Kaskaria
56 I Ausgefuchst!
56 I Dschungel Bande
I SPIELWIESE57 I Raid & Trade
58 I Game of Trains
59 I Crossing
60 I Pingvasion
I RUBRIKEN26 I Appropos
59 I Impressum
61 I In Kürze
64 I Besser spielen
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53
57
3 I 2016
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spielbox: Wie kam Wizard ins Programm
von Amigo?
Uwe Mölter: Ich bin sozusagen der Ent-
decker des Spiels. Das muss 1995 gewe-
sen sein. Für Amigo war es eine gewisse
Umbruch-Zeit, weil Uno, Rage und andere
Spiele gerade aus dem Programm gegan-
gen waren. Es musste also ein neues Kar-
tenspiel-Programm aufgebaut werden.
Mein ehemaliger Kollege Joe Nikisch hat
damals damit begonnen. Für Rage habe
ich einen Nachfolger gesucht. Und in ei-
nem Katalog von U. S. Games habe ich
Wizard gefunden, das dort 1994 erschie-
nen war.
Amigo stand zu U. S. Games wegen Ta-
rot-Karten in Kontakt, die Amigo damals
vertrieben hat. So ist eines Tages der Ka-
talog auf meinem Schreibtisch gelandet,
wir haben das Spiel besorgt, gespielt und
gesehen: Jo! Das macht Spaß! Nach mei-
nem persönlichen Geschmack sogar noch
ein bisschen mehr als Rage. Rage ist un-
berechenbarer, Wizard richtet sich mehr
an Taktiker. Schnell war klar: Das machen
wir!
sb: Und jetzt ist Wizard eine der großen
Säulen im Programm von Amigo. War die-
ser Erfolg zu erahnen?
UM: Wenn wir ein Spiel veröffentlichen,
haben wir natürlich immer die Erwartung
oder zumindest die Hoffnung, dass es er-
folgreich ist. Nicht jedes Mal erfüllt sich
das.
Wizard hatte ich auf jeden Fall das
Potenzial zugetraut, länger im Programm
zu bleiben. Schließlich gab es die Vorer-
fahrung mit dem ähnlichen und sehr er-
folgreichen Rage. Mir war klar, Wizard ist
eines dieser Spiele, bei denen man etwas
Besonderes machen muss.
sb: Damit ist sicher die Grafik gemeint.
Während die amerikanische Ausgabe von
U. S. Games Systems bis heute schlicht ge-
halten ist und nur aus einem Pokerblatt
mit den Sonderkarten Narr und Zauberer
besteht, hat sich Franz Vohwinkel in der
Amigo-Ausgabe so richtig ausleben dür-
fen.
UM: Weil ich einen Fantasy-Look wollte,
habe ich Franz Vohwinkel mit der Grafik
beauftragt. Das Design entstand im stän-
digen Austausch zwischen uns beiden,
das war wie beim Ping-Pong-Spiel. Von
Franz Vohwinkel kam die Idee, jedem
Kartenwert einen Beruf zuzuweisen, hie-
rarchisch aufsteigend vom Dieb über den
Händler bis hin zur Königin. Jede Karte
bekam so ihre eige-
ne Gestaltung. Schließlich kam noch die
Idee dazu, die Völker als Panorama zu ge-
stalten. Nebeneinander gelegt ergeben
alle Werte einer Farbe ein Gesamtbild.
Wenn Magic - The Gathering damals
nicht im Vertrieb von Amigo gewesen
wäre, hätte Wizard wohl nicht diese Fan-
tasy-Grafik bekommen. Wir wollten uns
von der damals gängigen Kartenspiel-
gestaltung absetzen. Viele Kartenspiele
waren abstrakt gestaltet – oder lustig.
Dies entsprach aber nicht dem Charakter
von Wizard. Dem wollten wir Rechnung
tragen.
sb: Die Grafik kann man sicher als einen
der wesentlichen Erfolgsfaktoren anse-
hen?
UM: Zweifellos. Eine derart aufwändige
Grafik für ein reines Kartenspiel war vor
20 Jahren sehr ungewöhnlich. Ich hätte
allerdings nicht erwartet, dass die Fanta-
sy-Grafik auch so sehr Familien anspricht.
Als ich vor neun Jahren mit meiner Fami-
lie im Kroatien-Urlaub war, habe ich im
Hotel beobachtet, dass zwei andere Fa-
milien an zwei Tischen unabhängig von-
einander Wizard spielten. Spätestens da
wusste ich: Es hat sich auf ganzer Linie
durchgesetzt!
sb: Stich-Vorhersagespiele kann man
auch leicht mit einem normalen Po-
ker-Blatt spielen. Hat die Grafik auch den
Zweck, von dieser Tatsache abzulenken,
damit das Spiel trotzdem verkauft wird?
UM: Es ist richtig: Man kann auch mit ei-
nem Normalblatt spielen, und die ameri-
kanische Ausgabe ist ja auch so gestaltet,
und wir sind bewusst davon abgewichen.
Andererseits ist es aber schon ein großer
Unterschied. Mau Mau kann man auch
mit normalen Karten spielen. Trotzdem
ist Uno extrem erfolgreich. Es sind eben
speziell die Sonderkarten, die einen er-
heblichen Zusatzreiz ausmachen. Und vor
allem möchte man als Spieler Atmosphä-
re haben, man möchte sich einfangen las-
sen. Um diese Atmosphäre
Daran erkennt man die treue Fan-Basis: Zum neunten Mal wird in diesem Jahr
die Deutsche Wizard-Meisterschaft ausgetragen, eine vierstellige Zahl von Spie-
lern nimmt an den Vorrunden-Turnieren teil. Wizard, wie wir es kennen, also in
der Amigo-Optik, gibt es in 14 Sprachen und Ländern, allein in Deutschland
wurden über 1,7 Millionen Exemplare verkauft. Woher stammt dieser Erfolg?
Verdanken wir das Stichvorhersagespiel tatsächlich dem Wirken des Archäolo-
gen Dr. Hensch Stone, der laut Spielanleitung selbige unter den Steinplatten
von Stonehenge entdeckt haben soll? Da es nicht möglich war, mit Dr. Stone
persönlich zu sprechen, fragten wir Amigo-Redakteur Uwe Mölter.
1,7 Millionen – und kein Ende abzusehen
20 Jahre Wizard
INTERVIEW
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zu schaffen und um ins Flair einzuführen,
habe ich damals diese Phantasiege-
schichte an den Anfang der Regeln
geschrieben. Vor 20 Jahren gab es
so etwas sonst nicht.
sb: Neben Grafik und Fanta-
sy-Thema: Was sind weitere
Erfolgsfaktoren von Wi-
zard?
UM: In Deutschland
gibt es eine lange Tradi-
tion der Stichspiele. Wenn
man Stichspiele mag, ist die Vor-
hersage, wie viele Stiche ich mache, eine
Herausforderung, die viele Menschen an-
spricht. Autor Ken Fisher hat als Sonder-
karten Narr und Zauberer hinzugefügt,
mit denen nicht bedient werden muss.
Damit hat er einen Kniff geschaffen,
der Wizard locker und taktisch zugleich
macht.
sb: Die aktuelle Jubiläums-Ausgabe zum
20. Geburtstag enthält nun gleich sechs
neue Sonderkarten. Inwieweit war Ken
Fisher bei deren Entwicklung beteiligt?
UM: Mehrere Fans hatten Ideen bei uns
eingereicht. Diese Ideen haben wir mit
Ken Fisher diskutiert, der auch bereits
eigene Sonderkarten entwickelt hat-
te. Er war den neuen Ideen gegenüber
sehr aufgeschlossen und hat sie intensiv
mitgetestet. Ohne seine Hilfe wären die
Karten nicht so geworden, wie sie sind.
Ken Fisher legt großen Wert darauf, dass
das Gleichgewicht des Spiels gewahrt
wird.
sb: Sicher eine schwierige Gratwande-
rung. Denn als Verlag muss man ja auch
immer wieder neue Impulse setzen, um
ein Erfolgsspiel aufzufrischen?
UM: Als Wizard zehn Jahre alt war, ha-
ben wir es in einer Metallschachtel ver-
packt. Das war damals noch etwas Be-
sonderes. Der Ausgabe zum 15-Jährigen
haben wir Metallmünzen zur Anzeige
der angesagten Stiche beigelegt. Für den
Handel machen wir immer wieder beson-
dere Aktionen, außerdem veranstalten
wir regelmäßig Turniere, Deutsche Meis-
terschaften und auch Weltmeisterschaf-
ten an wechselnden Orten.
Im Jahr 2010 haben wir angefangen,
Wizard zur Spielefamilie auszubauen. Zu-
nächst mit Wizard Extreme und Wizard
Junior, später kam
als Schwester noch
Witches hinzu, das Ken
Fisher aus Hearts adaptiert
hat. Alle Spiele sind grafisch ein-
heitlich angelegt. Die Wizard-Fans
kennen es und fühlen sich sofort zu Hau-
se.
sb: Wizard Extreme hieß früher Die sie-
ben Siegel und war schon immer ein tolles
Spiel. Ironischerweise ist es erst als Wi-
zard Extreme eingeschlagen.
UM: Ich bin ein besonderer Fan von Die
sieben Siegel und war immer traurig, weil
es am Markt nicht so richtig funktioniert
hat. Wir hatten es erst in einer größeren
Schachtel, dann haben wir es mit einer
kleinen Schachtel probiert. Beides nur mit
mäßigem Erfolg. Als wir es dann aber in
die Wizard-Familie aufgenommen haben,
hat es sich aus dem Stand so gut verkauft
wie all die Jahre zuvor zusammengenom-
men.
Ganz wichtig ist dabei aber, dass es ein
gutes Spiel ist. Man kann nicht einfach ir-
gendwas unter der Marke Wizard verkau-
fen. Dann funktioniert es nicht.
sb: Wie wichtig ist Wizard für Amigo?
UM: Jeder Verlag lechzt danach, einen
Longseller zu kreieren. Spiele wie Wizard,
Halli Galli, 6 nimmt, Bohnanza und im
Ausland auch ganz stark Saboteur ga-
rantieren Umsatz, weil sie bekannt
sind und immer wieder geordert
werden. Wizard wurde allein
in Deutschland über 1,7
Millionen Mal verkauft.
Wenn sich ein Spiel
durchgesetzt hat,
kann man mit diesen
Zahlen rechnen.
Die Nachproduk-
tion eines Spiels
kostet weniger
Geld als eine
komplette Neu-
entwicklung. Das
heißt, mit Longsel-
lern spart man
Geld, das man wieder
in Neuheiten stecken
kann. Außerdem be-
deutet eine Marke
wie Wizard Renom-
mee. Weil Händler
und Kunden gute
Erfahrungen ge-
macht haben, entwickeln
sie Vertrauen zum Verlag.
sb: Vor zwei Jahren erschien bei Schmidt
Skull King, das Wizard sehr ähnlich ist.
Hat Sie das geärgert?
UM: Geärgert nicht, gefreut aber auch
nicht. Ich habe großes Vertrauen zu
Thorsten Gimmler, dem Produktmanager
von Schmidt. Er hat mich auch im Vor-
feld informiert, und damit ist die Sache
für mich gegessen. Skull King macht
ja nichts anderes, als das bestehende
Grundkonzept in eine andere Richtung
weiterzuentwickeln. Das ist völlig legitim.
sb: Wie geht es mit Wizard weiter?
UM: Wir werden unsere Wizard-Familie
auch in Zukunft weiter pflegen und aus-
bauen, sei es mit Sondereditionen, Son-
derkarten, neuen Spielen. Wer weiß, was
uns in den nächsten 20 Jahren sonst noch
so alles einfällt – aber da sind dann Ken
Fisher, Franz Vohwinkel und ich längst in
Rente.
Das Interview führte
Udo Bartsch
Damit ist das Thema vorgegeben.
Wir Spieler verkörpern Fürsten-
häuser, und wie im rich-
tigen Leben der Vergangenheit
versuchen wir, unseren Einfluss
in den Ländern Europas zu meh-
ren, indem wir die Mitglieder
unseres Adelsgeschlechts in
fremde Städte entsenden und
dort verheiraten. Das
kostet natür-
lich, darum müssen
wir Handel treiben,
um die Ausgaben
bezahlen zu kön-
nen.
Anfangs ist
es von Vorteil,
unverheiratet zu
bleiben und das
ungebundene Le-
ben zu genießen.
Irgendwann al-
lerdings schlägt
das Gefühl in
Einsamkeit um, und die ledigen Familien-
mitglieder ziehen sich in ein Kloster zu-
rück. Wer dagegen einen
Partner findet, teilt mit
ihm die Mitgift und setzt
vielleicht sogar Nach-
wuchs in die Welt. Am
Ende wird in jedem Land
Bilanz gezogen, welches
Fürstenhaus dort den
größten Einfluss genießt.
Angetrieben wird Dynasties durch Akti-
onskarten, von denen jeder anfangs – je
nach Größe der Runde – vier, fünf oder
sechs auf der Hand hat. Sind alle ausge-
spielt, folgt eine Wertung. Dieses Proze-
dere wiederholt sich zweimal, dann ist
auch schon Schluss. Doch ganz so kurz,
wie sich das jetzt anhören mag, sind die
Partien dann doch nicht.
I Viele bunte KlötzchenWer am Zug ist, spielt eine Karte aus
und führt eine von meist drei möglichen
Aktionen durch. Beispielsweise kön-
nen wir einen Fürst oder eine
Fürstin in die Welt schi-
cken. Ob Mann oder
Frau ist vorgegeben,
das Ziel können wir
uns aussuchen. Der Spielplan – ein Aus-
schnitt der Landkarte Europas – zeigt 20
Städte und nennt die Kosten für den
Einsatz einer Figur. Gezahlt wird mit
Warenklötzchen; für die Fürstin müs-
sen dies weiße sein, für den Fürsten
schwarze. Mal ist der männliche,
mal der weibliche Part kostspieli-
ger. Fürs Platzieren gibt es in jeder
Stadt eine kleine Belohnung, die
sich teils sofort, teils erst am
Schluss auswirkt.
Neben Weiß und
Schwarz gibt es
noch drei weitere
Warensorten. Jede
wird für einen be-
stimmten Zweck
gebraucht. Einen kleinen Grundstock be-
kommen wir zu Beginn, weitere müssen
durch Handel erworben werden – auch
das ist eine Aktion, die die Karten ermög-
lichen. Die Waren stammen aus einer
Ecke des Plans, wo drei Schiffe im Hafen
liegen, die mit Klötzchen – blind aus ei-
nem Beutel gezogen – beladen wurden.
Mit einer Spielfigur signalisieren wir die
Bereitschaft zum Handeln. Zu-
stande kommt das Geschäft al-
lerdings erst, wenn eine zweite
Figur das Schiff betritt. Dazu teilt
der später an Bord gekommene
Händler die Waren in zwei Grup-
pen auf und überlässt dem ersten
die Wahl, welche Gruppe er be-
vorzugt; der zweite nimmt dann
den Rest – die berühmte Kuchenregel.
Die Kuchenregel wird auch bei einer
Hochzeit angewandt, wenn sich zu einem
Fürsten in einer Stadt eine Fürstin gesellt.
Oder umgekehrt. Bei der Vermählung
kommen die Mitgiftwürfel zum Ein-
satz. Ein Ehepartner würfelt und
teilt die drei Würfel in zwei
Gruppen, der ande-
re entscheidet
dann,
ob er das Ergebnis des
einen oder der anderen beiden Würfel
nutzen möchte. Zu gewinnen gibt es
immer etwas: mal mehr, mal weniger
Siegpunkte, Waren, Wappen, und manch-
mal kommt sogar ein Kind zur Welt.
Eine andere Möglichkeit, einen Adli-
gen auf den Spielplan zu bringen, ist als
Sonderaktion auf den Karten definiert.
In diesen Fällen ist die Stadt
vorgegeben, in der die Fi-
gur angesiedelt werden
muss; dafür können wir
uns diesmal aussuchen,
ob wir Fürst oder Fürstin
platzieren. Auch kostet der
Einsatz in diesem Fall keine
„Heirate und herrsche!“ So lautete der Ratschlag, den der Vater seinem Sohn mit
auf den Weg ins Leben gab. Oder war es die Mutter, die dies ihrer Tochter riet?
Wir wissen es nicht. Tatsächlich blickte in der ersten Version des Schachtelcovers
ein junger Mann vom Balkon auf eine Trauungsszene. In der endgültigen Fas-
sung wurde daraus eine junge Frau, in deren Augen eine Träne glänzt, während
Rosenblüten auf das junge Paar herunterregnen.
Mama, ich will ein Kind von dir!
KRITIK
Dynasties
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spie
lbo
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