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Bayerisches Staatsministerium des Innern Das System Scientology Fragen und Antworten

Das System Scientology 2010 - verfassungsschutz.bayern.de · Das System Scientology 5 I. Das System Scientology – Fragen und Antworten 1. Was bedeutet das Wort Scientology? Scientology

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Bayerisches Staatsministerium des Innern

Das System Scientology Fragen und Antworten

Vorwort

Was ist die Scientology-Organisation (SO)? Warum befassen sich staatliche Stellen überhaupt mit ihr? Was macht sie so gefährlich – für den Einzelnen, aber auch für die Gesellschaft?

Diese und andere Fragen will die Broschüre beantworten. Denn Aufklärung über die

Organisation ist das wirksamste Mittel, um ihre Ziele und Mechanismen offen zu legen

und ihr den Nimbus einer vermeintlich um uneigennützige Lebenshilfe bemühten, selbst­

losen Gemeinschaft zu nehmen. Erkennt man erst einmal das System Scientology mit sei­

nen menschenverachtenden Zügen, wird die Organisation auf das reduziert, was sie tat­

sächlich ist: ein internationaler Wirtschaftskonzern, der nach Gewinnmaximierung strebt,

der aber auch ein weltweites totalitäres Herrschaftssystem nach eigenen Vorstellungen

errichten will. Das System Scientology lebt von der lückenlosen Kontrolle des Einzelnen,

der im System funktionieren muss. Menschenrechte sind diesem Denken fremd.

Sicher ist: Bei der Auseinandersetzung des Staates mit der SO geht es nicht um religiöse

oder weltanschauliche Fragen. Was der Einzelne glaubt, geht staatliche Stellen grund­

sätzlich nichts an. Verfolgt aber eine Organisation verfassungsfeindliche Ziele, gilt es

hierüber aufzuklären und dem entgegen zu wirken. Der Staat darf nicht zusehen, wenn

eine Organisation Menschen wirtschaftlich ruiniert, geistig abhängig macht, Familien

zerstört und versucht, Wirtschaftsunternehmen, Behörden und die Gesellschaft zu will­

fährigen Instrumenten ihrer Welteroberungspläne zu machen.

Seit Mitte der 1990er Jahre steht die Organisation verstärkt im Blickfeld der Behörden.

Bayern hat früh einen ressortübergreifenden Maßnahmenkatalog erarbeitet, um den

Aktivitäten der SO zu begegnen. Die Maßnahmen richten sich dabei gegen das System

Scientology, aber nicht gegen den einzelnen Scientologen, der oft nicht Täter, sondern

selbst Opfer der totalitären Organisation ist. Für sie wurden spezielle Beratungseinrich­

tungen geschaffen.

Die SO hat die selbst gesetzten Ziele bislang nicht erreicht, was sich auch am Rückgang

der Mitgliederzahlen bemerkbar macht. Insbesondere durch staatliche Aufklärung und

eine breite Darstellung in den Medien wurde die Organisation im Laufe der Jahre immer

transparenter. Hierzu hat vor allem das Internet beigetragen. Es gibt nichts „geheimnis­

volles“ mehr hinter der Organisation, was sich teuer verkaufen ließe. Die SO ist „ent­

zaubert“. Allerdings hat sich ihre Ideologie nicht geändert, so dass sie nach wie vor

insbesondere für den Einzelnen, der in ihre Fänge gerät, höchst gefährlich ist.

Mit Fragen und Antworten will diese Broschüre die Funktionsweise des Systems Sciento­

logy in Grundzügen erklären. Von Los Angeles/USA aus gesteuert arbeitet die SO überall

in der Welt übereinstimmend nach den Methoden ihres Gründers L. Ron Hubbard. Bei

der Auseinandersetzung mit der SO darf man sich nicht von Science­Fiction­Geschichten

täuschen lassen und ihre Anhänger als „Sektierer“ verharmlosen. Wer das System ver­

standen hat, kann die Gefahren richtig einschätzen und wird nicht mehr leichtgläubiges

Opfer.

Diese Broschüre berücksichtigt auch die Ergebnisse der im Auftrag der Bayerischen

Staatsregierung von Prof. Dr. Heinrich Küfner vom Institut für Therapieforschung (IFT),

Prof. Dr. Norbert Nedopil von der Psychiatrischen Klinik der Ludwig­Maximilians­Uni­

versität München (LMU) und Prof. Dr. Heinz Schöch vom Institut für die gesamten Straf­

rechtswissenschaften der LMU München erstellten wissenschaftlichen Expertise „Aus­

wirkungen und Risiken unkonventioneller Psycho­ und Sozialtechniken“ (Expertise), die

Ende 2002 im Pabst­Verlag unter dem Titel „Gesundheitliche und rechtliche Risiken bei

Scientology“ (Scientology–Gutachten), ISBN 3–936142–40–8, herausgegeben und ver­

öffentlicht worden ist.

Die Neubearbeitung dieser Broschüre beruht auf der 6. Auflage der Vorausgabe aus dem

Jahr 2004. Sie ist konzeptionell und inhaltlich fortentwickelt und berücksichtigt auch

neuere Erkenntnisse und Entwicklungen.

2

3Das System Scientology

Inhalt

I. Das System Scientology – Fragen und Antworten 51. Was bedeutet das Wort Scientology? 5

2. Wer war L. Ron Hubbard? 5

3. Dianetik – wie fing alles an? 6

4. Wer führt die SO heute? 7

5. Wie ist die SO organisiert? 8

5.1 Was ist die Church of Scientology International (CSI)? 8

5.2 Was ist das ABLE­Netzwerk? 9

5.3 Was ist WISE? 10

5.4 Was gehört noch zur SO? 10

6. Wie viele Scientologen gibt es? 11

7. Ist Scientology eine Religion? 12

8. Welches Menschenbild hat die SO? 15

9. Was ist das Ziel der SO? 17

10. Was ist die SO­Technologie? 19

11. Was ist die Brücke zur völligen Freiheit? 20

12. Was ist Auditing? 23

13. Beruht Scientology auf einer Science­Fiction­Geschichte? 25

14. Warum haben Scientologen eine eigene Sprache? 26

15. Wie zieht die SO Menschen in ihr System? 27

16. Wie beeinflusst die SO Kinder und Jugendliche? 30

17. Wie verkauft sich die SO? 31

18. Ist scientologische Ethik ethisch? 32

19. Wie setzt die SO Gehorsam durch? 34

20. Wie hält es die SO mit der Wahrheit? 35

21. Wie reagiert die SO auf Kritik? 36

22. Unterhält die SO einen Geheimdienst? 38

23. Was hat die Gehirnwäsche­Organisation gegen die Psychiatrie? 39

24. Unterwandert die SO die Wirtschaft? 40

25. Warum ist die SO eine verfassungsfeindliche Organisation? 41

26. Wie gefährlich ist die SO? 43

II. Das System Scientology – Was der Staat dagegen unternimmt 47

III. Das System Scientology – Wie Sie sich dagegen schützen können 49

Sachwortregister 55

5Das System Scientology

I. Das System Scientology – Fragen und Antworten

1.

Was bedeutet das Wort Scientology?

Scientology ist ein Kunstwort, gebildet aus „scire“ (lateinisch für

„wissen“) und „logie“ (auf das griechische „logos“ zurückge­

hend: „Lehre von“). Gemeint ist eine „Lehre vom Wissen“. Die­

ses Kunstwort hat der US­amerikanische Science­Fiction­Autor

L. Ron Hubbard als Bezeichnung für seine von ihm entwickelte

technische Lehre zur Veränderung des Menschen verwendet.

2.

Wer war L. Ron Hubbard?

Um Lafayette Ronald Hubbard (1911–1986) haben seine Anhän­

ger ein Netz von Legenden gesponnen. Hubbard war in den

1940er Jahren als Autor von Science­Fiction­Romanen tätig. Im

Zweiten Weltkrieg diente er der Familientradition folgend in der

US­Marine. In Zusammenhang mit seinem Kriegseinsatz kam er

in psycho therapeutische Behandlung. Dort lernte er die Psycho­

analyse Sigmund Freuds und dessen Therapie­Verfahren kennen.

Aus Teilen dieser Lehre und anderen psychologischen Konzepten

entwickelte Hubbard seine Lehre und sein Verfahren zur Manipu­

lation der menschlichen Psyche, die er in seinem 1950 veröffent­

lichten Buch „Dianetik – Die moderne Wissenschaft der geistigen

Gesundheit“ vorstellte. Die SO selbst leitet den Begriff Dianetik von

„dia“ (griechisch für „durch“) und „nous“ (griechisch für „Seele“)

ab. 1983 wurde Hubbard zum letzten Mal in der Öffentlichkeit

gesehen, 1986 starb er.

6 Das System Scientology | Fragen und Antworten

3.

Dianetik – wie fing alles an?

Nachdem Hubbard 1950 sein Dianetik­Buch veröffentlicht hatte, in

dem er seine Technologie zur „Heilung psychosomatischer Krank­

heiten und geistiger Störungen“ darstellte, wurden in den folgen­

den Jahren in den USA Dianetik-Zentren eingerichtet. Hubbards

„Heilverfahren“ liegt seine Anschauung zugrunde, dass das

menschliche Gehirn ein Computer sei. Die menschliche Psyche

ist für ihn durch „elektronische Schaltkreise“ im Gehirn bestimmt.

Sein dianetisches Verfahren versteht er als technische Prozedur

zur „Reparatur“ fehlerhafter Gehirnschaltungen, es unter scheidet

sich daher laut Hubbard gänzlich von herkömmlichen psycho­

therapeutischen Verfahren. Hubbard nannte seine neue vermeint­

lich „wissenschaftliche“ Disziplin eine Ingenieur-Wissenschaft.

7Das System Scientology | Fragen und Antworten

Mitte der 1950er Jahre erfand Hubbard ein „Ich“, das sich mit Hilfe

von ihm entwickelter scientologischer Übungen vom Körper tren­

nen könne. Hubbard behauptete von nun an, der Mensch sei ein

„Geistwesen“, ein Thetan. Sein bishe riges Kursprogramm Dianetik

behielt er bei. Er nannte die dianetischen und die sich anschließen­

den scientologischen Übungen Brücke zur völligen Freiheit und gab

seiner Bewegung den Namen Scientology. Die 1952 gegründete

Hubbard Association of Scientologists International (HASI) erhob

allerdings bezeichnenderweise noch nicht den Anspruch, eine Reli­

gionsgemeinschaft zu sein. Als Hubbard jedoch wirtschaftliche und

steuerl iche Vorteile einer Umwandlung seiner Organisation in eine

Kirche erkannte, gründete er 1954 die erste Scientology Kirche in

Los Angeles/USA.

Hubbard standardisierte seine Prozesse und Trainings im Lauf der

Zeit immer weiter und entwickelte hierfür eine Vielzahl präziser

Verhaltensvorschriften, deren Einhaltung er unter immer schärfe­

re Kontrollen stellte. Daneben entwickelte er für den Geschäfts­

betrieb von Scientology eine bis ins Letzte ausgefeilte Organisa­

tions­ und Management­Technologie. Die Kunden seiner Dienst­

leistungen beschrieb er darin als von der Produktionsmaschine

Scientology herzustellende Produkte.

4.

Wer führt die SO heute?

Nach dem Tod Hubbards übernahm David Miscavige die Führung

der Organisation. Er steht dem Religious Technology Center (RTC),

der Befehlszentrale der SO in Los Angeles/USA, vor. Das RTC ist

Inhaber der Markenzeichen, die von der SO weltweit verkauft wer­

den. Die oberste Autorität dieses als Kirche getarnten Wirtschafts­

konzerns ist somit ein Wirtschaftsmanager.

Nach Hubbards Tod war es in der neuen Führungsspitze zu einem

heftigen Machtkampf gekommen, aus dem Miscavige letztendlich

siegreich hervorging. Von Hubbard selbst noch in einer Art Testa­

ment an seine Organisation benannte Nachfolger verschwanden

aus der Öffentlichkeit.

Scientology-Symbol

8 Das System Scientology | Fragen und Antworten

5.

Wie ist die SO organisiert?

Die SO ist wie ein internationaler Wirtschaftskonzern organisiert.

Alle Einrichtungen unterliegen trotz scheinbarer Selbstständigkeit

der strikten Befehls­ und Disziplinargewalt des obersten Manage­

ments in Los Angeles/USA, dem Religious Technology Center (RTC)

unter der Leitung von Hubbard­Nachfolger David Miscavige.

Das RTC bezeichnet sich selbst als „Inhaber der Dianetik und

Scientology Marken“.

Dem RTC sind drei Sektoren nachgeordnet: die Church of Scien-

tology International (CSI), das ABLE-Netzwerk (Association for

Better Living and Education) und das World Institute of Scien-

tology Enterprises (WISE). Daneben gibt es noch weitere kleinere

Organisationen.

Hubbards Erfahrungen aus seiner Zeit bei der Marine spiegeln

sich in Führungsstil und Aufbau der SO wider. Die einzelnen Mit­

arbeiter, die Staff Members, sind einem strikten Kontroll­ und

Disziplinar system unterworfen, das nach den Grundsätzen von

Befehl und unbedingtem Gehorsam funktioniert. Das Manage­

ment ist verpflichtet, die SO nach strategischen Grundsätzen zu

führen, die Lehrbüchern über Kriegsführung entnommen sind.

Es gibt eine militärisch organisierte vermeintliche Eliteeinheit, die

Sea Org, deren Mitglieder militärische Dienstgrade haben. Das

Personal dieser Einheit unterstützt das Management, wenn dieses

bei der Führung der SO in Schwierigkeiten geraten ist. Hubbard

selbst nannte sich zuletzt „Admiral“.

5.1 Was ist die Church of Scientology International (CSI)?

Kern der SO ist der Church-Bereich, der in vielen Ländern „ Kirchen“,

Missionen und für prominente Anhänger, die wegen ihrer Werbe­

wirksamkeit besonders zuvorkommend behandelt werden, Celebrity

Centers unterhält. Die „Kirchen“ werden intern Orgs (Abkürzung

RTC-Logo

9Das System Scientology | Fragen und Antworten

für „Organisationen“) genannt. Die Church of Scientology Inter-

national organisiert, verbreitet und vermarktet die Techniken und

Produkte der SO.

Dachverband der SO ist in Deutschland die Scientology Kirche

Deutschland e.V. (SKD), in Bayern tritt auch die Scientology Kirche

Bayern e.V. (SKB) auf. Beide haben ihren Sitz in München.

5.2 Was ist das ABLE-Netzwerk?

Mit der Association for Better Living and Education (ABLE) will

die SO im sozialen Bereich „wirken“. Zu ABLE gehören die ver­

meintliche Hilfsorganisation für Drogenabhängige NARCONON,

die vermeintliche Hilfsorganisation für Straftäter CRIMINON, das

SO­Lernprogramm Applied Scholastics sowie die Stiftung Der

Weg zum Glücklichsein (The Way to Happiness). Aus Sicht der SO

sind Betroffene hier leichter zu beeinflussen und für ihre Lehren

empfänglicher.

10 Das System Scientology | Fragen und Antworten

5.3 Was ist WISE?

Das World Institute of Scientology Enterprises (WISE) ist ein fran­

chise­ähnlicher Zusammenschluss von Unternehmen, die teils

durch Lizenzverträge an die SO gebunden sind und nach deren

Methoden arbeiten. WISE soll die Wirtschaft unterwandern und

Geld beschaffen. WISE­Unternehmen sind vor allem in der Immo­

bilienbranche sowie in der Unternehmens­ und Personalberatung

aktiv. Darüber hinaus versucht die SO, Einfluss auf die IT­Branche

zu gewinnen, die Zugang zu sensibelsten Unternehmensbereichen

eröffnen kann. Durch die Organisation der SO als Wirtschafts­

konzern werden die Unterorganisationen und Einzelunternehmer

streng kontrolliert.

5.4 Was gehört noch zur SO?

Während die SO früher offen für sich geworben hat, versteckt

sie sich heute auch hinter Tarnorganisationen. Diese Organisatio­

nen verwenden Bezeichnungen, die zum Teil positiv belegte Ziele

nahe legen und auf den ersten Blick nicht immer erkennen lassen,

dass dahinter die SO steht. Grund ist wohl, dass viele Menschen

mittlerweile über die wahren Ziele der SO aufgeklärt sind. Gerade

beim ersten Kontakt soll daher nicht gleich ein SO­Bezug deutlich

werden.

Der SO sind beispielsweise auch folgende Organisationen, Initia­

tiven und Kampagnen zuzurechnen:

– die International Association of Scientologists (IAS),

– die Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen

Menschenrechte (KVPM, Citizens Commission on

Human Rights – CCHR),

– der Verlag New Era Publications International,

– die Initiative Jugend für Menschenrechte (Youth for

Human Rights),

– und Kampagnen wie Sag NEIN zu Drogen – sag JA

zum Leben

WISE-Logo

11Das System Scientology | Fragen und Antworten

6.

Wie viele Scientologen gibt es?

Es gibt keine verlässliche Zahl, wie viele Scientologen weltweit

aktiv sind. Das liegt insbesondere daran, dass bereits die Definiti­

on, wer Scientologe ist, schwerfällt. Anhaltspunkte können sein:

– Eine Person ist Mitglied bzw. Mitarbeiter einer Organisations­

einheit der SO.

– Eine Person ist ein „abtrünniger“ Scientologe, d.h. sie hat sich

rechtlich und tatsächlich von der SO gelöst, hält aber an den

Lehren Hubbards fest und praktiziert diese weiter.

Neben der 1954 von Hubbard gegründeten SO gab es in den

1950er Jahren verschiedene Gruppen und Organisationen, die

versuchten, die Lehren Hubbards umzusetzen. In den 1970er

Jahren entfernte sich die von Hubbard 1967 gegründete Sea

Org – die damalige faktische Machtzentrale der SO – immer

stärker von der Basis der anderen Scientology­Organisationen.

Zudem wurde Hubbards Führungsstil immer autokratischer.

Nachdem einige führende Mitglieder der Church of Sciento-

logy Hubbards Organisation und Führungsstil als zu autori­

tär ansahen, gründeten sie ab 1982 eigenständige Gruppen,

insbesondere die „Freie Zone“. Diese lehnen meist die harte

Organisations­ und Managementlehre der SO ab und praktizie­

ren in der Regel lediglich die „Heil­ und Erziehungsmethoden“

Hubbards.

– Eine Person ist Anhänger der Lehre Hubbards und praktiziert

diese, ohne jedoch in einer Beziehung zur SO oder zu einem

abtrünnigen Scientologen gestanden zu haben.

Soweit Managementtrainer, ohne Angestellte des Konzerns

oder Mitglieder der Internationalen Vereinigung der Scientolo-

gen (IAS) zu sein, Trainingstechniken der SO benutzen, das von

Hubbard vertretene Menschenbild und seine Ideologie guthei­

ßen oder seine Techniken verbreiten, nennt man diese „Hub­

bardisten“ und spricht von „Hubbardismus“. Solche Personen

haben sich aus dem veröffentlichten Schrifttum Hubbards im

Selbststudium die Lehre und Methoden Hubbards angeeignet.

12 Das System Scientology | Fragen und Antworten

Nicht jeder, der ein Kursangebot bei der SO in Anspruch genom­

men hat, ist somit ein Scientologe. Die Angaben der SO über

Mitgliederzahlen schwanken erheblich. Aus den verkauften Mit­

gliederzeitschriften und aus der Zahl von belegten Kursen sind

aber grobe Schätzungen möglich. Weltweit dürfte es somit etwa

130.000 Scientologen geben; die SO selbst spricht dagegen von

bis zu zehn Millionen.

Für Deutschland hatten die Verfassungsschutzbehörden über

Jahre hinweg rund 5.000 bis 6.000 Anhängern angenommen, in

Bayern etwa 2.600. Da die SO trotz andauernder Webungsbemü­

hungen aber zunehmend an Bedeutung verloren hat und die Mit­

gliederzahlen zurückgegangen sind, hat der Verfassungsschutzbe­

richt Bayern 2009 die Mitgliederzahlen für Deutschland auf etwa

5.000 und für Bayern auf etwa 1.700 Personen nach unten korri­

giert, wobei die Tendenz fallend ist.

7.

Ist Scientology eine Religion?

Hubbard nannte seine Lehre und Technik zur Manipulation

menschlichen Verhaltens selbst eine Ingenieur-Wissenschaft. Zur

Dianetik heißt es:

„Dianetics is a science; as such, it has no opinion about religion, for

sciences are based on natural laws, not opinions.“

(Dianetik ist eine Wissenschaft; sie enthält daher keine Meinung über

Religion, denn Wissenschaften basieren auf Naturgesetzen und nicht

auf Meinungen.)

THE DIANETIC AUDITOR’S BULLETIN, Volume 1, No. 4, Oktober 1950,

Official Publication of The Hubbard Dianetic Research Foundation, Inc., Elizabeth,

New Jersey

Nach ihren Grundlagen(werken) sah sich die SO ursprünglich nicht

als Religionsgemeinschaft. Die 1952 gegründete Hubbard Asso-

ciation of Scientologists International (HASI) hatte noch nicht den

Anspruch erhoben, eine Kirche zu sein. Nachdem Hubbard jedoch

wirtschaftliche und steuerliche Vorteile erkannt hatte, betrieb er

13Das System Scientology | Fragen und Antworten

ab 1954 die Umwandlung seiner Organisation in eine „Kirche“.

Seitdem tritt die SO der Öffentlichkeit gegenüber als „Kirche“ und

„Religionsgemeinschaft“ auf und nennt ihre Trainer, die Auditoren,

„Geistliche“.

Ein hochrangiger SO­Aussteiger aus den USA berichtete, dass er

in den 1970er Jahren in San Francisco die Aufgabe hatte, bei den

dortigen SO­Einrichtungen zur Täuschung der Öffentlichkeit eine

pseudorel igiöse Fassade zu organisieren. Dazu gehörten beispiels­

weise das Tragen von Kragen wie bei katholischen Priestern oder

der Bau einer Kapelle. Auch die Wahl der religiösen Bezeichnung

Church of Scientology habe bezweckt, die staatlichen Behörden

zu täuschen. Diese Angaben werden durch Äußerungen der SO

bestätigt:

„Der einzige Grund, aus dem es Orgs gibt, ist die Aufgabe, MATERIALIEN

UND DIENSTLEISTUNGEN AN DIE ÖFFENTLICHKEIT ZU VERKAUFEN UND

ZU LIEFERN UND LEUTE AUS DER ÖFFENTLICHKEIT HEREINZU HOLEN;

AN DIE MAN VERKAUFEN UND LIEFERN KANN. DIE ZIEL SETZUNG SIND

TOTAL BEFREITE KUNDEN! … Es war offensichtlich unmöglich, dass ein

einziges Wesen 2,5 Milliarden Menschen individuell ausbilden und auditie-

ren würde. Die Zeit allein hätte dies verhindert.“

HCO­Policybrief vom 31.01.1983, korrigiert und wieder herausgegeben am

06.02.1983, um einen Tippfehler zu korrigieren, Hubbard­Kommunikationsbüro,

Saint Hill Manor, East Grinstead, Sussex

In Deutschland sind religiöse Bezeichnungen wie „Kirche“ und

„Geistliche“ rechtlich nicht geschützt. Mit Ausnahme der Zuer­

kennung des Status einer „Körperschaft des öffentlichen Rechts“

gibt es auch kein Anerkennungsverfahren, in dem der Status als

Religionsgemeinschaft förmlich zuerkannt wird. Deshalb kann

sich zunächst jede Gruppe – unabhängig von ihrer tatsächlichen

Zielsetzung – Religionsgemeinschaft nennen. Eine andere Frage

ist es aber, ob sich eine Organisation auch auf das Grundrecht

der Religionsfreiheit nach Artikel 4 und 140 des Grundgesetzes

berufen kann. Die Bundesregierung und die Bayerische Staats­

regierung sprechen dies der SO ab. Nach deutschem Religions­

verfassungsrecht muss sich eine Organisation, um sich auf Arti­

kel 4 und 140 des Grundgesetzes berufen zu können, im Schwer­

punkt mit religiösen oder weltanschaulichen Fragen befassen.

Überwiegen dagegen wirtschaft liche Interessen oder wendet eine

14 Das System Scientology | Fragen und Antworten

Organisation bloße geistige oder psychologische Techniken an,

kann sich die Organisation nicht auf das Grundrecht der Religions­

freiheit berufen. Dabei ist, wie das Bundesverfassungsgericht fest­

gestellt hat (Beschluss vom 5. Februar 1991, Az. 2 BvR 263/86),

nicht die Selbsteinschätzung der Organisation entscheidend. Viel­

mehr muss es sich auch tatsächlich, nach geistigem Gehalt und

äußerem Erscheinungsbild, um eine Religion und Religionsge­

meinschaft handeln.

Deutsche Gerichte haben die Frage, ob sich die SO auf das Grund­

recht der Religionsfreiheit nach Artikel 4 und 140 des Grundge­

setzes berufen kann, bisher regelmäßig offen gelassen, weil es

für ihre Entscheidungen schlicht nicht darauf ankam. Anders aller­

SO-Kirche in Los Angeles/USA

15Das System Scientology | Fragen und Antworten

dings das Bundesarbeitsgericht: Es stellte mit Beschluss vom

22. März 1995 (Az. 5 AZB 21/94) fest, dass die Selbsteinschät­

zung der SO und ihr Auftreten als „Kirche“ lediglich als Vorwand

zur Verfolgung ihrer wirtschaftlichen Interessen dient und dass

sich die SO nicht auf die Religionsfreiheit nach Artikel 4 und 140

des Grundgesetzes berufen kann. Das Bundesverwaltungsge­

richt entschied zwar in einem Einzelfall, dass sich ein einzelner

Scientologe unter Umständen auf die individuelle Religions­ oder

Weltanschauungsfreiheit berufen kann, falls die SO­Lehren für

ihn die Bedeutung einer Religion oder Weltanschauung erreichen

(Urteil vom 15. Dezember 2005, Az. 7 C 20.04); wie die Organisa­

tion als Ganzes zu bewerten sei, ließ das Bundesverwaltungs­

gericht aber ausdrücklich offen.

Die von SO hochstilisierte Frage der Religionseigenschaft ist

letztlich für die Auseinandersetzung mit ihr nicht entschei­

dend. Denn auch Religionsgemeinschaften haben sich im freien

demokratischen Staat an Recht und Gesetz zu halten und die

demokratische Ordnung zu respektieren.

8.

Welches Menschenbild hat die SO?

Nach Hubbard bestehe der Mensch aus Körper, Verstand und

einem Geistwesen.

Das Geistwesen, das „Selbst“ bzw. das unsterbliche Wesen des

Menschen, nannte er nach dem griechischen Buchstaben Theta

Thetan. Der Verstand, der nach scientologischer Lehre zwischen

Thetan und sterblichem Körper vermittle, sei in einen reaktiven

und einen analytischen Teil aufgespalten. Im reaktiven Teil seien

alle negativen schmerzhaften Erfahrungen als Engramme in Form

von elektrischen Ladungen gespeichert. Der somit negative reak­

tive Verstand halte den analytischen Verstand, der für Problem­

lösungen zuständig sei, davon ab, positiv zu handeln.

So werde aberriertes Verhalten erzeugt, das Hubbard als unver­

nünftiges Handeln definierte. Da alle Menschen einen reaktiven

Theta

16 Das System Scientology | Fragen und Antworten

Verstand besäßen, solange sie nicht durch scientologische Ver­

fahren von ihm befreit, d.h. clear (geklärt) seien, sind alle Nicht­

Scientologen nach Hubbards Theorie Aberrierte. Diese seien eine

potenzielle Gefahr für die Gesellschaft, weil sie nicht zurechnungs­

fähig seien.

„Wir können also aufgrund echter Beweise schließen, dass die erste wahre

Demokratie auftreten wird, wenn wir jedes Individuum von seinen bös-

artigen reaktiven Impulsen befreit haben.“

HCO Policy Letter vom 13.02.1965, korrigiert und wieder herausgegeben am

07.10.1985, Hubbard Communications Office, Saint Hill Manor, East Grinstead,

Sussex; aus dem Englischen übersetzt

„Der einzelne Mensch läßt sich in drei Teile unterteilen. Der erste Teil ist das

geistige Wesen, das in Scientology ein Thetan genannt wird. Der zweite Teil

ist der Verstand. Der dritte Teil ist der Körper.“

L. Ron Hubbard, Die Wiederentdeckung der menschlichen Seele, S. 45, Die Ron­

Serie, hrsgg. von L. Ron Hubbard Personal Public Relations Office International, Los

Angeles/USA

17Das System Scientology | Fragen und Antworten

9.

Was ist das Ziel der SO?

Ziel der SO ist der durch dianetische und scientologische Prozesse

und Trainings erzeugte, entsprechend den scientologischen Inter­

essen perfekt funktionierende Mensch, der Clear.

Dem Thetan soll wieder die volle Handlungsfähigkeit zurückge­

geben werden. In einem ersten Schritt gilt es, den reaktiven Ver-

stand zu löschen. Ist dies geschehen, ist der Mensch clear, also

von „negativen Blockaden“ geklärt bzw. befreit. Danach folgen in

weiteren Schritten die OT-Stufen (OT steht für Operierender The-

tan). Hier soll das Geistwesen seine unbegrenzten Fähigkeiten

zurückerhalten, auch die Fähigkeit, sich in Raum und Zeit frei zu

bewegen. Den Weg dorthin bezeichnete Hubbard als die Brücke

zur völligen Freiheit.

„Eine Zivilisation ohne Geisteskrankheit, ohne Verbrecher und ohne Krieg, in

der fähige Wesen erfolgreich sein und ehrliche Leute Rechte haben können,

und in der der Mensch die Freiheit hat, zu größeren Höhen auf zusteigen

– das sind die Ziele der Scientology.“

Was ist Scientology?, S. XIII, Church of Scientology International, hrsgg. von NEW ERA

Publications International ApS, Kopenhagen, Dänemark, 1993, ISBN 87­7336­969­1

„Geisteskrank“ sind dabei laut Hubbard alle, die sich nicht den

scien tologischen Verfahren unterzogen haben. „Verbrecher“ sind

für die SO alle, die sich gegen die SO stellen.

„Eine ideale Gesellschaft wäre eine Gesellschaft nichtaberrierter Menschen,

Clears, die ihr Leben in einer nichtaberrierten Kultur führen. … Es genügt

nicht, als Einzelner nicht aberriert zu sein, wenn man sich innerhalb der

Schranken einer Gesellschaft wiederfindet, die ihre Kultur mit vielen unver-

nünftigen Vorurteilen und Angewohnheiten vermischt hat.“

L. Ron Hubbard, Dianetik, Der Leitfaden für den menschlichen Verstand, Buch Drei,

Kapitel Zehn, S. 482; 1974, 1999, 2007, ISBN 978­87­7687­131­4

Diese Planung Hubbards lässt den Schluss zu, dass die ange­

strebte scientologische Gesellschaft (Scientocracy) keine freie

Gesellschaft wäre, sondern eine Diktatur. Hinter dem angeblichen

18 Das System Scientology | Fragen und Antworten

Reformprogramm, die Welt zu „klären“ (Clear Planet), steht daher

als Endziel die Machtergreifung über die Welt.

Ziel der SO ist eine ausschließlich nach scientologischen Richt­

linien funktionierende Welt. Eine neue „wahre Demokratie“ soll

an die Stelle der bisherigen Demokratien treten, die Scientologen

als Produkt einer aberrierten Gesellschaft ansehen. Dabei sollen

zunächst 10 % bis 15 % der politischen Meinungsführer, dann

80 % bis 98 % der Bevölkerung geklärt werden und die Gesell­

schaft schließlich nur noch aus den Nichtaberrierten, den Clears,

bestehen. Damit erhebt die SO den für totalitäre Organisationen

typischen Absolutheitsanspruch.

Die SO verknüpft politische und wirtschaftliche Ziele. Durch die

Vermarktung von Kursen und Publikationen sowie mit den Gewin­

nen aus Unternehmen, die nach den Vorgaben Hubbards geführt

werden, schafft sich die SO die wirtschaftliche Grundlage für ihre

weltweite organisatorische Expansion sowie für die Verbreitung

ihrer totalitären Ideologie und Praxis.

Der ideologische Überbau der SO beruht auf drei Säulen:

Dianetik Lehre Scientology Scientologische Ethik

SO­Methodik zur Auffindung und Beseitigung angeblicher traumatischer Erlebnisse

Sie richtet sich zusätzlich an einen Thetan, ein angenommenes Geistwesen des Menschen

Disziplinierungs­technologie für Mitglieder, Mitarbeiter und die gesamte Gesellschaft

Die Ideologie der SO stützt sich ausschließlich auf die Schriften

von Hubbard, die unveränderte Gültigkeit besitzen. Vor allem sei­

ne programmatischen Äußerungen werden in Richtlinien briefen

(policy letters; Hubbard Communication Office Policy Letter =

HCO PL) den Mitgliedern und Mitarbeitern als verbindliche Orien­den Mitgliedern und Mitarbeitern als verbindliche Orien­

tierung vorgegeben.

„Das gesamte Wissen, das Scientology ausmacht, ist auf Hunderttausenden

von Seiten und in Millionen von gesprochenen Worten festgehalten – alle

von L. Ron Hubbard, dem Urheber und Gründer der Scientology.“

Was ist Scientology?, Einleitung, Church of Scientology International, hrsgg. von

NEW ERA Publications International ApS, Kopenhagen, Dänemark, 1993,

ISBN 87­7336­969­1

19Das System Scientology | Fragen und Antworten

10.

Was ist die SO-Technologie?

Die SO­Lehre der Technologie ergänzt die Thetan­Lehre. Demnach

ist Scientology eine technische Ideologie zur Herrschaft über den

einzelnen Menschen und die ganze Gesellschaft. Seine Lehre und

Technik zur Manipulation menschlichen Verhaltens nannte Hub­

bard selbst eine Ingenieur-Wissenschaft.

Sie geht davon aus, dass der Mensch wie eine Maschine zu bedie­

nen ist (Mensch­Maschine­Modell). Der durch die scientologi­

schen Verfahren zu erzeugende neue Mensch, der Scientologe,

ist nach Hubbard ein Produkt, das durch die Trainings vom noch

unvollkommenen bis zum perfekten Produkt gebracht werden

muss.

In seinen Schriften betont Hubbard zwar seine Nähe zu Sigmund

Freud; Ausgangspunkt für seine Dianetik ist aber vielmehr eine

amerikanische Verhaltens­ und Lerntheorie (Behaviorismus) sowie

eine Lehre über gleiche Steuerungs­ und Kommunikationsab läufe

in Lebewesen und Maschinen (Kybernetik). Hubbard überträgt

das maschinentechnische Modell der Kontrolle, der Kommunika­

tion und des Lernens aus der kybernetischen Lehre auf den Men­

schen. Demzufolge behandelt er den Menschen wie einen fehler­

haft programmierten Computer, der erst neu programmiert wer­

den müsse.

Die Trainings der SO zur Persönlichkeitsentwicklung erinnern da­

her häufig an maschinelle Prozeduren, wie sie bei der Programmie­

rung eines Roboters durchgeführt werden. Die endlosen Wieder­

holungen bestimmter Übungen haben Ähnlichkeit mit einer Dres­

sur. Die „Befehlsgeber“ steuern die „Befehlsempfänger“ dabei

wie Marionetten. Zwischenmenschliche Beziehungen werden wie

technische Abläufe behandelt.

Um den Kunden zur Mensch­Maschine umzuformen wird ihm eine

natürliche Grundlage für humanes Handeln, das Mitleid, aberzo­

gen. Nach Hubbard mindert Mitleid das „Überlebenspotenzial“.

20 Das System Scientology | Fragen und Antworten

„Auditor und PC [= Preclear, d.h. der zu Klärende] gehen herum, der Audi-

tor hat, wenn nötig, körperlichen Kontakt mit dem PC. Der Auditor auditiert

die folgenden Anweisungen:

1. DU SCHAUST AUF DIESE WAND. DANKE.

2. DU GEHST HINÜBER ZU DIESER WAND. DANKE.

3. DU BERÜHRST DIESE WAND. DANKE.

4. DREH DICH UM. DANKE. …“

HCOB 14.11.87 III, CCH 2 (Ton 40 8­C.)

Die Auditoren „löschen“ zum besseren „Funktionieren“ der

„Mensch­Maschine“ ohne Rücksicht auf Intimsphäre, Selbstbe­

stimmung und Würde der Person im scientologischen Technik­

labor durch ihre Verhöre dessen Engramme, d.h. dessen fehler­

hafte Daten, und machen so den „Mensch­Computer“ clear.

Den Clear verglich Hubbard mit einer perfekt funktionierenden

Maschine, die sich selbst warten könne.

Die Organisations­ und Erziehungstechnologie der SO missachtet

somit die Würde und Selbstbestimmung des Menschen. Perso­

nen, die sich dem aussetzen, merken am Anfang ihres Trainings

davon in der Regel nichts. Sie werden mit angelernter Freundlich­

keit behandelt und meist schmerzlos in die Erziehungs maschine

Scientology eingeschleust. In den scientologischen Lernlabors

werden sie dann nach Hubbards Technologie einer Umformung

unterworfen. Mittels Erziehungsdrill werden sie zu blindem Gehor­

sam gegenüber dem System erzogen. Ihnen wird auch anerzogen,

Systemabweichler, Gegner und Kritiker, zu handhaben, d.h. sie mit

rücksichtslosen Methoden gefügig zu machen. Die Technologie

dient der SO zur Gehirnwäsche.

11.

Was ist die Brücke zur völligen Freiheit?

Wer sich der SO anschließt, muss einen genau vorgezeichneten

Trainingsweg mit dianetischen und scientologischen Übungen

beschreiten, um das Endziel Operierender Thetan (OT) der höchs­

ten Stufe zu erreichen. Er beginnt in aller Regel mit einem Kommu­

21Das System Scientology | Fragen und Antworten

nikationskurs, in dem bestimmte Fähigkeiten trainiert werden, die

für den weiteren scientologischen Trainingsweg notwendig sind.

Begleitet wird dieser von einem Reinigungsrundown, der den Kör­

per von allen Umwelteinflüssen und Drogen (auch „Atomstrah­

lung“) befreien soll. Dieser Reinigungsrundown besteht aus stra­

paziösen stundenlangen Saunagängen und aus der Einnahme von

extrem hohen Vitamindosen. Es folgen lange Auditing­Sitzungen;

Auditing ist eine Psychotechnik, mit der der Zustand clear erreicht

werden soll. Hieran schließen sich die Kurse für die OT-Stufen von

OT I bis zur höchsten derzeit angebotenen Stufe OT VIII an. Die

Stufe OT VIII ist jedoch nicht die Endstufe, die dem Thetan die

ihm zugesprochenen Fähigkeiten zurückgeben soll; oberhalb von

OT VIII sind auf dem Trainingsplan Die Brücke zur völligen Freiheit

(Scientology-Klassifizierungs-, Gradierungs- und Bewusstseinskarte

der Stufen und Zertifikate) noch weitere Stufen konzipiert.

Nach der SO­Karte „Die Brücke zur völligen Freiheit“ ist der Ope­

rierende Thetan

„Ein Seinszustand oberhalb von Clear, in dem sich der Clear mit seinen

ursprünglichen Fähigkeiten erneut vertraut gemacht hat. Ein Operierender

Thetan ist wissentlich und willentlich Ursache über Leben, Denken, Materie,

Energie, Raum und Zeit.“

Was ist Scientology?, beiliegende Karte, Church of Scientology International, hrsgg.

von NEW ERA Publications International ApS, Kopenhagen, Dänemark, 1993, ISBN

87­7336­969­1

Wesentliches Ziel beim OT­Training ist es, in verändertem Wach­

bewusstseinszustand außergewöhnliche Erfahrungen beim Pro­

banden zu erzeugen, wie etwa das Erleben der „Außerkörper­

lichkeit“. Entsprechende Erfahrungen sind allerdings bei vielen

Menschen ohne weiteres mit bestimmten Psychotechniken wie

Hypnose und Meditation, aber auch durch Drogen aus lösbar;

dazu bedarf es keiner SO­Techniken. Bei unsachgemäßem

Umgang kann es allerdings zu ernsthaften Gesundheitsschäden

kommen, insbesondere wenn diese Methoden exzessiv oder zur

Bestrafung eingesetzt werden (Black Dianetics).

Wer vom ersten bis zum letzten Kurs alle Dienstleistungen in

Anspruch nimmt, muss unter Umständen Beträge von mehre­

ren hunderttausend Euro entrichten, auch wenn Preisnachlässe

22 Das System Scientology | Fragen und Antworten

aufgrund einer Mitgliedschaft in der Internationalen Vereinigung

der Scientologen (IAS) oder einer Mitarbeit in der Organisation in

Anspruch genommen werden.

Bei manchen Kunden kann sich aufgrund des Trainings ein sucht­

ähnliches Verlangen nach weiteren Kursen entwickeln. Man wird

durch den raffinierten Einsatz von Psycho­ und Sozialtechnolo­

gie in der Regel zum Weitermachen verführt, d.h. vom Werber

durch unseriöse Verkaufstechniken zum Kauf weiterer Trainings

gedrängt.

Die höchsten Trainingsstufen werden in Advanced Organizations,

u.a. in Los Angeles/USA und in Kopenhagen/Dänemark, angebo­

ten. Kurse für höhere Stufen werden auch in Clearwater in Flo­

rida, die höchsten auf einem SO­eigenen Schiff, der Freewinds,

abgehalten.

23Das System Scientology | Fragen und Antworten

12.

Was ist Auditing?

Auditing (abgeleitet vom lateinischen „audire“ = hören) ist die

maßgebliche Psychotechnik, die von der SO zur Veränderung des

Menschen eingesetzt wird. Das Auditing dient dazu, eine Person

in das System hineinzuziehen und für das System zum „Funktio­

nieren“ zu bringen. Laut SO sind schmerzhafte Erfahrungen – von

Hubbard Engramme genannt – die Hauptursache für psycho­

somatische Leiden. Aber auch „unmoralisches“ Verhalten, sexu­

elle Perversionen oder soziales Fehlverhalten gegenüber Mitmen­

schen haben nach Hubbard ihren Grund in derartigen Engrammen.

Durch das Auditing – auch dianetisches Processing genannt – sol­

len alle Engramme – wie die Falschprogrammierung eines Compu­

ters – beseitigt werden können.

Beim Auditing­Verfahren sitzen sich der „zu Klärende“ (Preclear)

und der Auditor, der scientologische Psycho­Technologe, in der

Regel gegenüber. Der Preclear muss dem Auditor in einer verhör­

ähnlichen Prozedur alle negativen Erlebnisse, die sich im Verlauf

seines Lebens auf der so genannten Zeitspur aufgezeichnet haben,

alle Probleme, aber vor allem auch seine eigenen Verfehlungen

und Vorlieben bis hin zu intimsten Details mitteilen. Der Preclear

muss sich der Befehls­ und Kontrollgewalt des Auditoren bedin­

gungslos unterwerfen.

Als Kontrollinstrument dient das E-Meter, das aber nur den elek­

trischen Widerstand der menschlichen Haut misst, was zwar

objektiv keinerlei belastbare Aussagekraft hat, von der SO aber

nichtsdestotrotz eingesetzt wird. Der Proband nimmt hierzu zwei

Dosen aus Metall in die Hände, über die ein schwacher elektri­

scher Strom durch den Körper geschickt wird. An einem Messge­

rät kann der Hautwiderstand an einer Skala abgelesen werden. Die

Haut ändert ihren elektrischen Widerstand ständig, was neben vie­

len anderen Ursachen u.a. auch durch die gedankliche Vorstellung

eines erschreckenden oder freudigen Ereignisses bewirkt werden

kann. Durch die E­Meter­Messung könne dagegen laut SO entlang

der Zeitspur jedes erdenkliche Engramm aufgefunden, gelöscht

und der Preclear hierdurch von seiner Aberration geheilt werden.

E-Meter

24 Das System Scientology | Fragen und Antworten

Dementsprechend verbessere sich die „Tonhöhe“, d.h. die Stärke

der Spannkraft auf der Tonskala, der Emotionsskala; psychosoma­

tische Beschwerden würden gelindert. Trotz des laienhaften Ein­

satz eines von vorne herein untauglichen Messverfahrens gelingt

es dem Auditor durch ständiges Insistieren und Nachbohren regel­

mäßig, dem Preclear Persönliches zu entlocken, was dann wiede­

rum Ansatz für weitere ausforschende Fragen ist.

Der Preclear wird vom Auditor zu Beginn der Sitzung in einen

Zustand gebracht, der ihm das „Beichten“ von Geheimnissen,

auch intimster Geschehnisse und schwerer Verfehlungen, erleich­

tern soll. Hubbard äußerte in einem Vortrag im Jahr 1961, Geheim­

nisse seien die Ursache aller Aberrationen und der Gegner von

Kommunikation. Der große aberrierende Faktor der Gegenwart sei

die Notwendigkeit, Geheimnisse zu haben. Solange der Preclear

Geheimnisse habe, die er nicht mitteilen wolle, werde er sich nicht

verbessern.

Auditing-Sitzung

25Das System Scientology | Fragen und Antworten

Alle „Geständnisse“ des Preclear während des Auditings wer­

den in einem Sitzungsprotokoll festgehalten und die Details akri­

bisch aufgeschrieben. Anschließend werden die Daten an einen

Fallüberw acher zur Begutachtung weitergeleitet. Dadurch wird

der Preclear für die SO zu einem „gläsernen“ Menschen. Die SO

behauptet zwar gegenüber der Öffentlichkeit, die Auditingproto­

kolle vertraulich zu behandeln. Gegenteiliges ergibt sich jedoch

aus internen Anweisungen der SO und aus Aussagen von Aus­

steigern. Da die SO eine Sammlung von im Auditing gewonne­

nen Intimdaten ihrer Mitglieder besitzt, müssen diese befürchten,

von der Organisation erpresst zu werden, wenn sie gegen diese

vorgehen.

Die beim Auditing gefundenen Schwachpunkte dienen dazu, die

Person zum Kauf eines weiteren Kurses zur angeblichen Lösung

des vermeintlich aufgefundenen Problems zu drängen.

13.

Beruht Scientology auf einer Science-Fiction-Geschichte?

Für die Stufe OT III hat Hubbard – als Science­Fiction­Autor – die

Geschichte des bösen Herrschers Xenu erfunden, der vor 75 Milli­

onen Jahren eine galaktische Konföderation aus 21 Sonnen und 76

Planeten regiert habe. Er habe laut Hubbard das Problem der Über­

bevölkerung dadurch gelöst, dass er Milliarden von Menschen mit

Drogen behandelt, getötet und anschließend als Thetane auf die

Erde gebracht habe. Hier hätten sie dann durch die Entwicklung

der modernen technischen Zivilisation und durch den Einsatz von

Atombomben planetarischen Selbstmord begehen sollen. Die SO

wolle dieses Weltuntergangsszenario im intergalaktischen Krieg,

der jetzt noch andauere, verhindern.

26 Das System Scientology | Fragen und Antworten

14.

Warum haben Scientologen eine eigene Sprache?

Die SO verwendet – je nach Zielgruppe – zwei verschiedene Spra­

chen: eine um Allgemeinverständlichkeit bemühte pseudoreligiöse

in der für die Öffentlichkeit bestimmten Propaganda und eine orga­

nisationsinterne technische Sondersprache. Die orga nisations­

interne Sprache trägt zur Abschottung gegenüber der Außenwelt

und zur engeren Bindung der Anhänger an die Organisation bei.

Hubbard „redefinierte“ Wörter und gab ihnen damit einen neuen

Inhalt. Begriffe aus der Alltagswelt können somit bei der SO einen

ganz anderen Sinn haben, wie z.B. der Begriff „Ethik“. Scientolo­

gen besitzen deshalb eigene Wörterbücher, die in ingenieurtech­

nischer Art „redefinierte“ oder neugeschaffene Wörter und deren

Definition enthalten. Mit der Bezeichnung downstat wird beispiels­

weise der Zustand eines Scientologen definiert, der krank oder

verwirrt ist. Ausgangspunkt für diese Definition ist die niedrige

Produktions­Statistik eines Mitarbeiters, der in seiner Kraft, für

die SO tätig zu sein, eingeschränkt ist. Die neue Sprache wird in

Kursen nachdrücklich unterrichtet. Diese Praxis der sprachlichen

Umerziehung ist ein Mittel totalitärer Systeme, das Denken und

Handeln der Systemangehörigen zu steuern und zu kontrollieren.

„Es gibt viele Beispiele dafür. Es sind keine ‚natürlichen’ Veränderungen der

Sprache. Sie sind Veränderungen von Propaganda, sorgfältig geplant und

durchgeführt, um einen Vorteil in der öffentlichen Meinung für die Grup-

pe zu erhalten, die die Propaganda betreibt. Wenn man die neue Definiti-

on oft genug wiederholt, kann man die öffentliche Meinung durch Verän-

derung einer Wortbedeutung ändern. ... ‚Psychiatrie’ und ‚Psychiater’ sind

leicht umdefiniert, um ‚ein antisozialer Feind der Menschen’ zu bedeuten. ...

Das ist ein positiver Gebrauch der Technik, da der Psychiater in einem Jahr-

hundert für alle Zeiten den Rekord an Unmenschlichkeit unter der Mensch-

heit aufgestellt hat. ... Der Weg, ein Wort umzudefinieren, besteht darin, die

neue Definition so oft wie nur möglich wiederholen zu lassen. Deshalb ist es

notwendig, Medizin, Psychiatrie und Psychologie ‚nach unten’ umzudefinie-

ren und Dianetik und Scientology ‚nach oben’ zu definieren.“

HCO­Policybrief vom 05.10.1971, PR­Serie Nr. 12 „Propaganda durch

Umdefinierung von Wörtern“

27Das System Scientology | Fragen und Antworten

15.

Wie zieht die SO Menschen in ihr System?

Die Anwerbung für SO funktioniert ähnlich wie eine Reuse, eine

Falle zum Fischfang: Man gerät in das System, bewegt sich vor­

wärts und glaubt sich dabei frei – möchte man allerdings umkeh­

ren, ist der Rückzug versperrt. Gewöhnlich ergibt sich ein erster

Kontakt mit der SO

– durch die Zusendung von Werbematerial,

– durch Ansprechen bei Informationsständen in Fußgängerzonen,

– durch Veranstaltungen in Fußgängerzonen,

– durch Angebote auf dem Nachhilfemarkt,

– und durch Ansprechen auf der Straße mit dem Angebot, einen

„Persönlichkeitstest“ zu machen.

Die SO bedient sich auch Neben­ bzw. Tarnorganisationen, die

auf den ersten Blick keinen Zusammenhang mit der SO erkennen

lassen, um Botschaften zu unterschiedlichen gesellschaftlichen

und politischen Themen zu transportieren. Bei der Kontaktanbah­

nung versucht die SO, sich dabei als humanitäre und sozial verant­

wortliche Organisation darzustellen.

Mit ihrem 200 Fragen umfassenden „Persönlichkeitstest“ (Oxford

Capacity Analysis – OCA) sucht die SO nach subjektiv empfun­

denen Schwachstellen bei ihren potenziellen Kunden: Hemmung,

vor Publikum zu sprechen, Unzufriedenheit mit dem beruflichen

Weiterkommen oder der Wunsch, seine Fähigkeiten zu erweitern

und zu verbessern. Die SO bietet neuen Interessenten scheinbar

ein individuell abgestimmtes Lebenshilfeangebot; dazu gehören

Dianetik- und Scientology-Einführungsdienste wie

– grundlegende Bücher und Heimkurse

– Filme für die Öffentlichkeit

– aufgezeichnete Vorträge von L. Ron Hubbard für die Öffentlichkeit

– Kurse zur Verbesserung des Lebens

– Hubbard-Dianetik-Seminar

– Erfolg durch Kommunikation

– Einführendes Scientology-Auditing.

28 Das System Scientology | Fragen und Antworten

In diesen Kursen wird man nach und nach in das scientologische

Denkgebäude und ihre Techniken eingeführt. Dabei nutzen die Sci­

entologen die Grundbedürfnisse des Menschen nach Zuwendung,

Kontakten, Angstfreiheit, Sicherheit, Erklärungsmustern und Erfolg.

Die SO erweckt in der Einstiegsphase den Eindruck, kompetente

Hilfe durch ein schlüssig wirkendes Konzept anbieten zu können,

das die Beseitigung aller subjektiv als störend, unangenehm oder

unerträglich wahrgenommenen Gefühle wie Ängste, Unsicherhei­

ten, schwach entwickeltes Selbstwertgefühl und daraus resultie­

render Verhaltensweisen in Beruf, Partnerschaft oder Freundeskreis

verspricht. Der neue Kunde glaubt, bei Selbsterfahrungsübungen

und Rollenspielen „Herr des Geschehens“ zu sein. Er wird jedoch

schnell – ohne es zu merken – zum Spielball des Systems.

Im Rahmen des Reinigungsrundowns werden strapaziöse Sauna­

besuche zur „Entgiftung“ des Körpers durchgeführt. Ausstei­

ger haben berichtet, dass die überlangen Saunabesuche auf sie

euphorisierend gewirkt haben.

In das System Scientology können aber auch Arbeitnehmer von

ihrem Arbeitgeber gezogen werden. Oft geschieht dies über „Fort­

bildungskurse“, in denen die Arbeitnehmer in die scientologische

Technik eingeführt werden, teils ohne dass dies zu erkennen ist.

Folgende Anhaltspunkte können dafür sprechen, dass ein Betrieb

nach scientologischen Managementgrundsätzen geführt wird:

– zum Teil die Menschenwürde verletzende Kontrolltechniken,

– unmenschlicher Leistungsdruck,

– Führung von Ethik-Akten neben normalen Personalakten,

– Verpflichtung der Mitarbeiter, über Kollegen Wissensberichte

an die Firmenspitze zu schreiben, die geeignet sind, die Kolle­

gen bloßzustellen oder zu denunzieren.

Wachsamkeit ist auch beim Abschluss von Verträgen geboten, die

Dienstleistungen der Personalentwicklung, der Betriebsorganisa­

tion und der betrieblichen Kommunikation (Errichtung von Kom­

munikationsnetzen, Erstellung von Software usw.) betreffen. Denn

dadurch haben scientologische Firmen die Möglichkeit, Einfluss

auf das auftraggebende Unternehmen und dessen Mitarbeiter zu

nehmen.

29Das System Scientology | Fragen und Antworten

Die International Association of Scientologists (IAS) sieht ihre

Hauptaufgabe darin, mit Hilfe von Mitgliedsbeiträgen und ­spen­

den die Aktivitäten einzelner SO­Einheiten zu finanzieren. Ihre

Schwerpunkte sind daher die Öffentlichkeitsarbeit und die damit

verbundene Anwerbung neuer Mitglieder. Die IAS unterstützt u.a.

die Kampagne Sag NEIN zu Drogen – sag JA zum Leben, die mit

Informationsangeboten und Flugblättern regelmäßig aktiv ist.

Über das gesellschaftlich grundsätzlich akzeptierte Anliegen sol­

len verbrämt neue Mitglieder gewonnen werden.

Im Rahmen von ABLE betreibt die SO in Deutschland als Stiftung

Der Weg zum Glücklichsein (The Way to Happiness) immer wie­

der aktiv Öffentlichkeitsarbeit. Beispielsweise werden gleichna­

mige Broschüren vom Stammsitz in Kalifornien aus an Behörden,

Unternehmen und Banken wie auch an Bürgermeister und andere

Mandatsträger versandt. Die Titelseite der Broschüre erscheint mit

den persönlichen Daten des Adressaten, so dass der Eindruck ent­

steht, der Adressat selbst würde hinter der Aktion stehen.

Der SO­Verlag New Era Publications International, Kopenhagen/

Dänemark, schickt regelmäßig Werbebroschüren und DVDs wie

„Eine Einführung in die Scientology“ an Bibliotheken und an Schu­

len. Es wird angeboten, kostenlos weitere Publikationen über die

SO erhalten zu können, wenn ein Fragebogen ausgefüllt zurückge­

sandt wird. Das Werbematerial wurde auch schon an Politiker und

Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes verschickt, zum Teil auch an

deren Privatadresse.

30 Das System Scientology | Fragen und Antworten

16.

Wie beeinflusst die SO Kinder und Jugendliche?

SO­Einrichtungen sind im Bereich der Betreuung und Förderung

von Kindern und Jugendlichen tätig, sie sind aber oft schwer zu

erkennen. Der Organisation geht es hier nicht nur darum, Kin­

der und Jugend liche möglichst früh zu beeinflussen, etwa indem

Bücher wie die Lernfibel Kinder in scientologische Denkweisen ein­

führen; sie sieht hier auch die Möglichkeit, einen scheinbar unver­

fänglichen Kontakt zu den Eltern anzubahnen und ihre Produkte

gewinnbringend zu vermarkten. Die Organisationseinheit Applied

Scholastics schafft dazu Einrichtungen, um Kinder und Jugendliche

in jeder Lebensphase indoktrinieren zu können, von Kindertages­

stätten bis zum Nachhilfemarkt.

„Es können nicht mehr nur unsere Lernzentren sein, unsere Schulen. Die

Studiertechnologie muss überall sein. … So schaffen wir die Mittel, um die

Tech in jeder Schule einzuführen und das Problem auf globaler Ebene zu

lösen.“

Impact, Das Magazin der International Association of Scientologists, Ausgabe 106,

Feier zum 19. Jahrestag der IAS

In Supermärkten oder Fußgängerzonen werden oft Handzettel ver­

teilt. Von Scientologen geführte Nachhilfeeinrichtungen führen mit­

unter neutrale Namen wie Lernstudio, Lerncenter oder Tutoring.

In der Regel kommen Kinder und Jugendliche über ihre Eltern, die

selbst Scientologen sind, zur SO. Für diese unterhält die SO im Aus­

land auch eigene Schulen, z.B. in Großbritannien und Dänemark.

Kinder werden in der Ideologie der SO als Erwachsene in kleinen

Körpern angesehen:

„Ein Kind ist ein Mann oder eine Frau, der oder die noch nicht zur vollen

Größe herangewachsen ist.

Jedes Gesetz, das für das Verhalten von Männern und Frauen gilt, gilt auch

für Kinder.“

Kinder­Dianetik – Dianetik­Prozessing für Kinder, S. 2, hrsgg. von New Era

Publications ApS, Kopenhagen, 1951, 1983, ISBN 87­7336­242­5

31Das System Scientology | Fragen und Antworten

Die SO überfordert Kinder und Jugendliche und verlangt ihnen ein

nicht kindgerechtes Verhalten ab. Die scientologischen Verfahren

gefährden das Kindeswohl erheblich.

Neben dem „Bildungsbereich“ wirbt die SO außerdem mit Kam­

pagnen wie Jugend für Menschenrechte (Youth for Human Rights)

um junge Anhänger. Sie organisiert vorgeblich zum Thema Men­

schenrechte Veranstaltungen speziell für Jugendliche und verbrei­

tet über DVDs und das Internet Videobeiträge. Diese können auf

Jugendliche durchaus ansprechend wirken, zumal ein Bezug zur

SO nicht unmittelbar deutlich wird.

17.

Wie verkauft sich die SO?

Ob man ein guter oder schlechter Scientologe ist, ergibt sich aus

dem mittels Statistik gemessenen Ergebnis aus Bücher­ und Trai­

ningsverkauf (Produktion). Es wird daher rücksichtslos geworben

und verkauft. Die SO­Funktionäre werden von der SO mit Zucker­

brot (finanzielle Belohnung) und Peitsche (Ethik­Maßnahmen)

dazu gezwungen, zu produzieren. Mitglieder und Kunden müs­

sen daher damit rechnen, mit unseriösen Methoden dazu veran­

lasst zu werden, Dienstleistungen und Artikel zu kaufen. Der Weg

auf der Brücke beruht somit kaum auf freier Entscheidung. Man

wird durch den raffinierten Einsatz von Psycho­ und Sozialtech­

nologien in der Regel zum Weitermachen verführt, d.h. vom Wer­

ber durch unseriöse Verkaufstechniken zum Kauf weiterer Trai­

nings gedrängt. Die SO bezeichnet ihre Verkaufs methoden auch

als Hard-Sell:

„Hard-Sell bedeutet, darauf zu bestehen, dass die Leute kaufen. Es bedeu-

tet, ein Interesse an der Person zu haben und nicht nachsichtig zu sein,

wenn es Stopps oder Barrieren gibt, sondern sich genug zu kümmern, um

die Person durch die Stopps oder Barrieren durchzubringen, so dass sie die

Dienstleistung bekommt, durch die sie rehabilitiert werden wird.“

HCO Policy Letter vom 26.09.1979 Issue III, Marketing Series 12, PR Series 42,

Hubbard Communications Office, Saint Hill Manor, East Grinstead, Sussex; aus dem

Englischen übersetzt

32 Das System Scientology | Fragen und Antworten

In Frankreich führte diese Vorgehensweise am 28. Oktober 2009

zur Verurteilung von vier führenden Mitgliedern der SO zu Bewäh­

rungsstrafen von eineinhalb bis zwei Jahren sowie zu individuellen

Geldbußen wegen organisierter Betrugsstraftaten; zudem wurde

die Scientology Kirche Frankreich wegen bandenmäßig organisier­

ten Betrugs zu einer Geldstrafe von 600.000 Euro verurteilt.

18.

Ist scientologische Ethik ethisch?

Mit dem herkömmlichen Verständnis von Ethik als eine das Wollen

und Handeln des Menschen positiv prägende Sittenlehre hat die

Neudefinition dieses Begriffs durch die SO nichts zu tun.

Hubbard definierte vier verschiedene Kategorien von „unethi­

schem Verhalten“: Fehler, Vergehen, Verbrechen und Schwer-

verbrechen1.

– Fehler seien kleinere unbeabsichtigte Unterlassungen oder

Irrtümer.

– Vergehen sind laut Hubbard beispielsweise Unhöflichkeit oder

Gehorsamsverweigerung, Verweigerung einer Überprüfung am

E-Meter, Verweigerung eines Auditings trotz Anordnung durch

eine höhere Stelle oder Verschwendung von Geldmitteln.

– Verbrechen sind nach SO­Definition beispielsweise die Nicht­

befolgung dringender und äußerst wichtiger Befehle, was zu

einem schlechten Ruf in der Öffentlichkeit führen könnte; Ver­

brechen sind auch, die SO oder Scientologen einem Risiko aus­

zusetzen, Anstiftung zur Gehorsamsverweigerung, Verbreitung

zerstörerischer Gerüchte über höhere Scientologen oder SO­

Materialien oder Richtlinien ins Lächerliche zu ziehen, der Ver­

achtung oder dem Spott preiszugeben.

1 | HCO­Richtlinienbrief vom 23.12.1965RA, revidiert am 10.09.1983, Ethik,

Unterdrückerische Handlungen, Unterdrückung von Scientology und Scientologen,

Hubbard­Kommunikationsbüro, Saint Hill Manor, East Grinstead, Sussex

L. Ron Hubbard, Einführung in die Ethik der Scientology, L. Ron Hubbard Library,

1989, 1998, ISBN 87­7816­539­3

33Das System Scientology | Fragen und Antworten

– In der SO­Logik ist es ein Schwerverbrechen, sich öffentlich

von der SO oder von Scientologen loszusagen, die bei der SO

in gutem Ansehen stehen, außerdem Anti­Scientology­Briefe

an die Presse zu schreiben oder der Presse Anti­Scientology­

Informationen zu geben und im Dienste von Anti­Scientology­

Gruppen oder ­Personen zu stehen; ein Schwerverbrechen ist

es auch, Vorschriften, die auf die Unterdrückung der SO aus­

gerichtet seien, vorzuschlagen, zu empfehlen oder dafür zu

stimmen und vor staatlichen oder öffentlichen Untersuchungen

der SO ein feindlich gesinntes Zeugnis abzulegen, um sie zu

unterdrücken. Das kann zur Folge haben, dass Scientologen,

die in einem verbeamteten Dienstverhältnis stehen, gegenüber

ihrem Dienstherrn nur geschönte Aussagen zur SO machen. Sie

dürfen sich dementsprechend auch an keiner Handlung betei­

ligen, die die SO kritisch überprüft. Sie geraten – wenn sie kein

scientolo gisches Schwerverbrechen begehen wollen – in einen

Loya litätskonflikt zwischen staatlicher Autorität und ihrer Gehor­

samspflicht gegenüber dem Zwangssystem Scientology.

Ethik ist nach Hubbards Ideologiegebäude letztlich also gleich­

bedeutend mit totalem Gehorsam, Unterdrückung und zwangs­

weiser Umerziehung mittels drakonischer Strafen, z.B. für Sea

Org­Mitglieder in besonderen Strafanstalten. Sie ist der Kern des

repressiven totalitären Systems Scientology.

Zweck von Ethik ist es, „Gegenabsichten aus der Umgebung zu

entfernen“1. Diesem „Ethik“­Begriff folgt auch Hubbards Moral,

die einem strengen „Schwarz­Weiß­Denken“ verpflichtet ist und

den in einer pluralen Gesellschaft unverzichtbaren offenen Dialog

unterbindet. „Gut“ ist nur, was der SO und ihrer Verbreitung

nützt; „schlecht“, „böse“ oder „unethisch“ ist, was der Ausbrei­

tung der Organisation im Wege steht. Diese Ideologie zieht sich

durch das gesamte Organisationsgeflecht der SO. Ständig müs­

sen die „Guten“ von den „Bösen“ unterschieden, die angeblich

„ Schlechten“ aufgespürt, enttarnt, bekämpft und ausgeschaltet

werden. In gleicher Weise grenzt die SO die Begriffe „legal“ und

„illegal“ ab. Danach betrachtet die SO unter Missachtung der

Rechtsordnung als „ungesetzlich“, was der (von der SO verlangten

1 | HCO Policy Letter vom 18.06.1968, Ethics, Hubbard Communications Office,

Saint Hill Manor, East Grinstead, Sussex; aus dem Englischen übersetzt

34 Das System Scientology | Fragen und Antworten

hohen) Statistik und den Anweisungen der Organisation zuwider­

läuft. Dies ergibt sich aus der im Lexikon Modern Management

Technology Defined abgedruckten Definition des Begriffs „illegal“.

Zur Durchsetzung ihrer Ethik verfügt die SO über zahl reiche Vor­

schriften, die Ethik-Richtlinien.

19.

Wie setzt die SO Gehorsam durch?

Die präzise Befolgung der Ethik-Richtlinien, d.h. der scientolo gischen

Verhaltensvorschriften, wird in der SO durch Androhung und Voll­

zug ungewöhnlich harter Erziehungsmaßnahmen (z.B. schika nöser

Drill, Zwangsarbeit) erzwungen – selbst wenn ein persönliches Ver­

schulden fehlt. Beim Vollzug von Ethik­Maßnahmen werden daher

auch Menschenrechtsverletzungen in Kauf genommen.

„Niemand unter uns richtet oder bestraft gerne. Trotzdem sind wir viel-

leicht die einzigen Leute auf der Erde mit dem Recht zu bestrafen – da wir

den Schaden, den wir anrichten, in den meisten Fällen wieder beseitigen

können. Bestrafen Sie deshalb niemals über das Maß unserer Fähigkeit, es

durch Auditing oder Wiederherstellung wieder zu beheben, hinaus.“

Handbuch des Rechts von L. Ron Hubbard, S. 8, Hubbard Kommunikationsbüro,

Scientology Publications Organization, Dänemark, 1959, Neuauflage 1979

Für die Überwachung sind Ethik-Offiziere der Ethik-Abteilung, ein

Ethik-Gericht und ein Komitee der Beweisaufnahme (ausgestattet

mit interner „richterlicher“ Vollmacht) verantwortlich. Die Sank­

tionen werden mittels schriftlicher Ethik-Befehle festgesetzt. Jeder

Scientologe hat die Möglichkeit, sich wegen „unethischen Ver­

haltens“ anderer Scientologen an diese Institutionen zu richten.

Dabei zählt laut Hubbard nicht jede Aussage gleich viel.

Das Ethik-Gericht orientiert sich an der jeweiligen Statistik des Kla­

genden oder des Beschuldigten. Die Statistik misst die Produkti-

onsleistung des Angestellten, d.h. seinen Verkauf von Büchern oder

Trainings. Es liegt in der Logik der SO – Hubbard hat dies ausdrück­

lich festgeschrieben –, dass ein für die Organisation hochprodukti­

ver Scientologe nicht im Unrecht sein kann (KHA-KHAN-Doktrin).

35Das System Scientology | Fragen und Antworten

Wird diese Doktrin konsequent angewendet, werden auch sitten­

widrige, illegale und kriminelle Handlungsweisen von SO­Anhän­

gern nach dem Grundsatz „der Zweck heiligt die Mittel“ von der SO

letztlich nicht verurteilt, sondern gebilligt, wenn sie nur der Orga­

nisation nützen. „Gut und böse“ werden so an den für das System

erbrachten nützlichen Leistungen gemessen. Selbst Überschreitun­

gen von internen Richtlinien können nach der KHA-KHAN- Doktrin

statthaft sein, wenn derjenige, der die Verstöße begeht, genü­

gend Geld oder Dienstleistungen für die Organisa tion erbracht hat.

Dagegen ist derjenige, der bei der SO „unproduktiv“ ist oder keine

„Erfolge“ im Sinn der Organisation hat, ein Fall für die Ethik-Abtei-

lung. Die interne scientologische Schiedsgerichtsbarkeit ist deshalb

generell nicht geeignet, effektiven Rechtsschutz zu gewähren. Da

es einem Scientologen bei Strafe verboten ist, staatliche Gerichte

anzurufen, kann die Anwendung der KHA-KHAN-Doktrin praktisch

zur gänzlichen Entrechtung der weniger „produktiven“ Partei im

scientologischen Schiedsverfahren führen.

Mit der strikten Durchsetzung der Ethik-Richtlinie wird letztendlich

auch das Denunziantentum gefördert. Jeder Scientologe soll regel­

mäßig Wissensberichte abliefern. Unerlässlich sind diese Berichte

jedenfalls dann, wenn ein Scientologe von einem aus seiner Sicht

„unethischen“ Verhalten eines anderen Scientologen erfährt.

20.

Wie hält es die SO mit der Wahrheit?

„TRUTH, truth is what is true for you.“

„Wahr ist das, was für Sie wahr ist.“

L. Ron Hubbard: Modern Management Technology Defined, Church of Scientology

of California Publications Organization United States, Los Angeles 1976,

Stichwort: Truth

Nicht Objektivität, nicht Fakten und auch nicht Beweise sind die

Grundlage des scientologischen Wahrheitsbegriffs, sondern dieser

orientiert sich allein am System Scientology. Wahr ist, was dem

System nützt.

36 Das System Scientology | Fragen und Antworten

Beispielsweise startete die SO im Jahr 2008 eine deutschland­

weite Informationskampagne über die angebliche europaweite

Anerkennung der SO als Religionsgemeinschaft. In Flugblättern

behauptete die SO, der Europäische Gerichtshof für Menschen­

rechte habe sie mit bindender Wirkung für alle Mitgliedstaaten der

Europäischen Menschenrechtskonvention als Religionsgemein­

schaft anerkannt. Auch wenn dieses Urteil vom 5. April 2007 von

der SO offensichtlich falsch interpretiert wurde und auch keine

Auswirkungen auf die Rechtslage in Deutschland hatte, entsprach

der Inhalt der Kampagne aus Sicht von SO der Wahrheit, da die

Kampagne dem System dienen sollte.

21.

Wie reagiert die SO auf Kritik?

Die SO akzeptiert keine Auseinandersetzung mit ihren Zielen

und Methoden. Grundlage dieser Haltung ist ihr Anspruch auf

Weltbeherrschung; demnach habe nur die SO die Psycho­ und

Sozial­Technologie, um die Erde bzw. das ganze Universum vor

dem Untergang zu retten. Wer sich diesem Auftrag in den Weg

stellt, wird zum „Feind des Überlebens“ der Menschheit, was

den Kampf gegen Kritiker mit allen Mitteln rechtfertigt. Hubbard

hat dafür die Lehre der Unterdrückerische Personen ( Suppressive

Persons – SP –) entwickelt. Alles, was sich der SO in den Weg

stellt, ist ein „unterdrückerischer“ Akt einer Unterdrückerischen

Person. Von Hubbard wird die Unterdrückerische Person nicht nur

einer antisozialen Person gleich gesetzt, sondern sie ist darüber

hinaus schlechthin der Anti­Scientologe.

Rund 20 % der Gesellschaft sind laut Hubbard eine Potenzielle

Schwierigkeitsquelle (Potential Trouble Source – PTS –) und rund

2,5 % Unterdrückerische Personen. Diese gelte es zu entdecken,

zu entlarven und zu bekämpfen. Basis für den Kampf gegen die

Unterdrückerischen Personen ist die Fair-Game-Doktrin (Freiwild-

Doktrin) der Scientologen.

37Das System Scientology | Fragen und Antworten

„Eine unterdrückerische Person oder Gruppe wird zum ‚Freiwild’.

FREIWILD heißt: ohne Rechte für sich selbst, Besitztümer oder Stellung …

Eine tatsächlich unterdrückerische Person oder Gruppe hat keinerlei Rechte,

und gegen sie unternommene Handlungen sind nicht strafbar.“

HCO­Richtlinienbrief vom 01.03.1965, HCO (Abt. I), Gerechtigkeit, Unterdrückerische

Handlungen, Unterdrückung von Scientology und Scientologen, Das Freiwild­Gesetz,

Hubbard­Kommunikationsbüro, Saint Hill Manor, East Grinstead, Sussex

Will eine Person auf der Brücke zu einem höheren Auditing­

Verfahren zugelassen werden, muss sie sich zuvor einem Sicher-

heitscheck am E-Meter unterziehen. Dabei soll geklärt werden,

ob der Verhörte eine Potenzielle Schwierigkeitsquelle sein könnte.

Dies ist der Fall, wenn der Betreffende nicht selbst „unterdrückeri­

sche“ Handlungen begeht, er jedoch von einer Unterdrückerischen

Person negativ beeinflusst wird. Jede vom Verhörten genannte

Person wird, sofern sie Scientologe ist, der gleichen Prozedur

unterzogen und mit Ethik-Maßnahmen entsprechend gehand-

habt, d.h. zur Räson gebracht. Auch Nicht­Scientologen können

zum Ziel des SO­Geheimdienstes werden. Am Ende der Sicher­

heitsüberprüfung kann dann ein Trennungsbefehl stehen, d.h. die

widerspruchslos zu befolgende Aufforderung, die Verbindung zu

einer Person abzubrechen – auch zu Angehörigen.

Als wichtige Vorgabe für scientologische Propaganda ordnete

Hubbard an, eine „feindliche Kampagne“ niemals auf die eigenen

Linien weiterzuleiten. Dies bedeutet, sich nicht zu verteidigen,

sondern selbst anzugreifen. Beispielsweise ignorierte die SO die

in Deutschland erhobene Kritik an ihren Praktiken und diffamierte

stattdessen die in den 1990er Jahren verstärkten Maßnahmen von

Bund, Ländern und Kommunen zum Schutz der Bürger vor der SO

als „Menschenrechtsverletzungen“.

38 Das System Scientology | Fragen und Antworten

22.

Unterhält die SO einen Geheimdienst?

Die SO hält sich gemäß ihren Ethik-Richtlinien für berechtigt, die

nicht­scientologische Welt, soweit sie der Expansion der SO entge­

gentritt, gefügig zu machen, d.h. Gegner wegen ihrer Aktionen gegen

das System abzustrafen. Für die Überwachung der generell als feind­

lich eingeschätzten Außenwelt ist das Büro für Spezielle Angelegen-

heiten (Office of Special Affairs – OSA –) zuständig. Dieses hat auch

die Verteidigung des Systems nach außen zu organisieren. Die OSA­

Einheit für Deutschland, das Department of Special Affairs (DSA), ist

bei der Scientology Kirche Deutschland e.V. angesiedelt.

Hubbard sah in der OSA u.a. folgendes Ziel:

„Das Ziel der Abteilung besteht darin, die Behörden und ihnen entgegenge-

setzte Denkmodelle oder Gesellschaften in einen Zustand der völligen Über-

einstimmung mit den Zielen von Scientology zu bringen. Dies geschieht

durch die hochrangige Fähigkeit zur Steuerung und – falls sie nicht gegeben

ist – durch die weiter unten angesiedelte Fähigkeit zur Überwältigung.“

HCO­Richtlinienbrief vom 15.08.1960, Abteilung für Behördenangelegenheiten

(DEPT OF GOVT AFFAIRS), Hubbard­Kommunikationsbüro, London

Es sollen Informationen über Kritiker, Behördenangehörige und

andere Gegner gesammelt, ausgewertet und als Druckmittel ver­

wendet werden.

Die Agenten des OSA sind nach den von der SO vertraulich ein­

gestuften Materialien, insbesondere der unter dem Tarnnamen

Manual of Justice (Handbuch des Rechts) laufenden Schrift, und

Berichten hochrangiger ehemaliger Funktionäre in Angriffstech­

niken der Operativen Psychologie gedrillt, wie sie von Geheim­

diensten totalitärer Staaten zur Bekämpfung von Feinden benutzt

werden. Das OSA setzt danach sowohl weiche als auch harte

Manipulationstechniken ein. Zu den weichen Maßnahmen gehört

das Erkaufen von Wohlverhalten, zu den harten Techniken die

missbräuchliche Offenbarung intimer Daten, die im Auditing

gewonnen wurden. Zielstrebig soll auch nach dem Ruinpunkt, der

verwundbarsten Stelle des Kritikers gesucht werden.

39Das System Scientology | Fragen und Antworten

„Lokalisiere die Potenziellen Schwierigkeitsquellen, indem Du nach Leuten

Ausschau hältst, die Gerüchte verbreiten usw. Finde dann den Unter drücker

und ‚drück ab’“.

HCO Policy Letter vom 16.05.1965, Issue II, HCO Div 1, Dept Insp & Rpts

(Dept 3), Ethics Section, Hubbard Communications Office, Saint Hill Manor,

East Grinstead, Sussex; aus dem Englischen übersetzt

„Die Abteilung muss zur Kenntnis nehmen, dass Presse und Öffentlichkeit

an Mord, Überfällen, Zerstörung, Gewaltanwendung, Sex und Unehrlichkeit

interessiert sind – in dieser Reihenfolge. Ermittlungen, die diese Faktoren

in den Aktivitäten von Personen oder Gruppen aufdecken, die Sciento logy

angreifen, sind in dem Maße wertvoll, wie sie eine Anzahl dieser Faktoren

enthalten.“

HCO Policy Letter vom 17.02.1966, HCO Div 1, Department 3, Section 5,

Public Investigation Section, Hubbard Communications Office, Saint Hill Manor,

East Grinstead, Sussex; aus dem Englischen übersetzt

23.

Was hat die Gehirnwäsche-Organisation gegen die Psychiatrie?

Die 1972 von Scientologen gegründete Kommission für Verstö-

ße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V. (– KVPM –; Citi-

zens Commission on Human Rights – CCHR –) sieht ihr Ziel darin,

angebliche Missbräuche und Menschenrechtsverletzungen der

Psychiatrie zu untersuchen und aufzudecken. Ihre Mitglieder kri­

tisieren mit Flugblattaktionen, Demonstrationen oder im Internet

die Psychiatrie und ihre Behandlungsmethoden. Die Kritik richtet

sich sowohl gegen die Psychiatrie im Allgemeinen als auch gegen

einzelne psychiatrische Kliniken und deren ärztliche Leiter. Die

Angriffe dürften im Alleinvertretungsanspruch der SO begründet

sein, den einzig wahren Weg zur Heilung von psychischen Krank­

heiten und geistigen Störungen zu besitzen.

40 Das System Scientology | Fragen und Antworten

24.

Unterwandert die SO die Wirtschaft?

Zur Einführung der scientologischen Methoden in der Wirtschaft

gründete die SO 1979 das World Institute of Scientology Enter-

prises (WISE). Ziel dieser weltweiten SO­Unterorganisation ist es,

systematisch in wichtigen Wirtschaftsunternehmen Schlüssel­

positionen zu besetzen und einen schlagkräftigen Dachverband

scientologischer oder scientologisch geführter Firmen zu schaffen,

um so die Einflusssphäre der SO in der Gesellschaft zu vergrö­

ßern. WISE­Mitgliedsfirmen, die Hubbards Technologie als Perso­

nal­, Management­ oder Unternehmensberater verkaufen, führen

bis zu 15 % ihres Bruttoumsatzes (nicht nur ihres Gewinns) an die

SO als Lizenzgebühr ab. Diese Einnahmen werden zum weiteren

Ausbau des Systems benutzt.

Aufgabe des WISE­Topmanagements soll es sein, die Verwal­

tungstechnologie von Hubbard in Spitzenunternehmen und in der

öffentlichen Verwaltung einzuführen.

„Erobern Sie, egal wie, die Schlüsselpositionen, die Position als Vorsit-

zende des Frauenverbandes, als Personalchef einer Firma, als Leiter eines

guten Orchesters, als Sekretärin des Direktors, als Berater der Gewerk-

schaft – irgendeine Schlüsselposition.“

HCO­Bulletin vom 10.06.1960, wieder herausgegeben am 12.04.1983, wieder

herausgegeben als Nr. 33 der Serie „Die Funktionsfähigkeit der Scientology

erhalten“, „Was wir von einem Scientologen erwarten“, Hubbard­Kommuni­

kationsbüro, Saint Hill Manor, East Grinstead, Sussex

Ist dies erreicht, wird vor allem die scientologische Ethik im Unter­

nehmen oder Verband angewendet. Erfahrungen zeigen, dass in

Firmen, die nach den scientologischen Prinzipien umstrukturiert

werden, neben den Personalakten auch Ethik-Akten von Mitar­

beitern angelegt werden, dass Betriebsangehörige über Kollegen

denunziatorische Wissensberichte anfertigen müssen und dass

Angestellte zur Teilnahme an scientologischen Kursen gedrängt

werden. Wer sich weigert, die scientologische Ethik im Betrieb

zu akzeptieren, muss mit einer Kündigung rechnen. Die Art und

Weise, wie die SO ihre Mitarbeiter immer wieder zu neuen Höchst­

WISE-Logo

41Das System Scientology | Fragen und Antworten

leistungen treiben will, nannte das Bundesarbeitsgericht in einem

Beschluss vom 22. März 1995 (Az. 5 AZB 21/94) – bezogen auf die

Org in Hamburg – „menschenverachtend“. WISE­Unternehmen

sind vor allem in der Immobilienbranche sowie in der Unterneh­

mens­ und Personalberatung aktiv. Darüber hinaus versucht die

SO, Einfluss auf die IT­Branche zu gewinnen, die Zugang zu sensi­

belsten Unternehmensbereichen eröffnen kann.

25.

Warum ist die SO eine verfassungsfeindliche Organisation?

Die Verfassungsschutzbehörden in Deutschland haben die gesetz­

liche Aufgabe, Bestrebungen zu beobachten, die gegen die frei­

heitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind (= verfas­

sungsfeindliche Bestrebungen). Sie müssen tätig werden, wenn

tatsächliche Anhaltspunkte für solche Bestrebungen vorliegen.

Auf der Grundlage des Abschlussberichts einer Arbeitsgruppe der

Verfassungsschutzbehörden, die eigens zur Prüfung dieser Frage

gebildet worden war, hatte die Ständige Konferenz der Innen­

minister und ­senatoren der Länder (IMK) auf ihrer Sitzung am

5./6. Juni 1997 einstimmig festgestellt, dass bei der SO solche tat­

sächlichen Anhaltspunkte vorliegen und die gesetzlichen Voraus­

setzungen für die Beobachtung der Organisation durch den Ver­

fassungsschutz gegeben sind. Dieser Abschlussbericht war das

Ergebnis einer systematischen Prüfung und Bewertung des den

Verfassungsschutzbehörden zur SO vorliegenden Materials. Der

Bericht zeigt deutlich die Unvereinbarkeit der Programmatik und

der Aktivitäten der SO mit den Grundprinzipien der freiheitlichen

demokratischen Grundordnung.

Mit einer Klage hatte sich die SO im März 2003 gegen die Beob­

achtung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz gewandt,

da sie eine Religionsgemeinschaft sei und keine verfassungs­

feindlichen Ziele verfolge. In seinem Urteil vom 12. Februar 2008

(Az. 5 A 130/05) hat das Oberverwaltungsgericht Münster die

Frage, ob sich die SO auf das Grundrecht der Religionsfreiheit nach

Artikel 4 und 140 des Grundgesetzes berufen kann, ausdrücklich

42 Das System Scientology | Fragen und Antworten

offen gelassen, da dies für die Entscheidung nicht relevant sei. Zur

Verfassungsfeindlichkeit hat das Oberverwaltungsgericht Münster

mit seinem Urteil festgestellt, dass

– tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die SO Bestre­

bungen verfolgt, die gegen die freiheitliche demokratische

Grundordnung gerichtet sind,

– zahlreiche Hinweise ergeben, dass die SO eine Gesellschafts­

ordnung anstrebt, in der zentrale Verfassungswerte außer Kraft

gesetzt oder eingeschränkt werden,

– der Verfassungsschutz die Organisation daher – auch mit nach­

richtendienstlichen Mitteln – beobachten darf.

Die SO

– will ein scientologisches Rechtssystem etablieren, in dem es

keine Menschen­ und Grundrechte gibt,

– missachtet die Menschenwürde (Art. 1 GG) und den Gleich­

heitsgrundsatz (Art. 3 GG), da sie nur Scientologen Rechte

zugesteht,

– missachtet das Grundrecht der freien Meinungsäußerung

(Art. 5 GG), da sie Kritik mit allen – auch illegalen – Mitteln

unterdrücken will,

– baut auf ein totalitäres Herrschaftssystem, das Gewalt und Will­

kürherrschaft einschließt.

„Scientology gibt uns eine erste Chance zur Schaffung einer wahren Demo-

kratie. … Somit können wir aufgrund vorliegender Beweise davon ausge-

hen, dass die erste wahre Demokratie entsteht, wenn wir jedes Individuum

von den bösartigen reaktiven Impulsen befreit haben. Derartige Wesen kön-

nen vernünftige Maßnahmen besprechen und ihnen zustimmen, und man

kann ihnen vertrauen, dass sie nützliche Maßnahmen entwickeln.“

HCO Policy Letter vom 13.02.1965, korrigiert und wieder herausgegeben am

07.10.1985, Politics, Hubbard Communications Office, Saint Hill Manor, East

Grinstead, Sussex

43Das System Scientology | Fragen und Antworten

„Wenn wir über einen erstklassigen Gesetzeskodex und ein Rechtssys-

tem verfügen, die den Menschen echte Gerechtigkeit bringen, werden wir

die Gesellschaft schnell überschwemmen, und jeder wird gewinnen. Dort,

wo wir es nicht schaffen, unsere eigenen Verwaltungs-, Technologie- und

Gerechtigkeitsverfahren auf die uns umgebende Gesellschaft (ganz abgese-

hen von der Scientology) anzuwenden, versagen wir.“

HCO­Schreiben vom 27.03.1965, Die Gerechtigkeit der Scientology – Anwendung

und Zweck für Scientologen, Hubbard Communications Office, Saint Hill Manor,

East Grinstead, Sussex

„Vielleicht werden in ferner Zukunft nur dem Nichtaberrierten die Bürgerrech-

te vor dem Gesetz verliehen. Vielleicht ist das Ziel irgendwann in der Zukunft

erreicht, wenn nur der Nichtaberrierte die Staatsbürgerschaft erlangen und

davon profitieren kann. Dies sind erstrebenswerte Ziele, deren Erreichen die

Überlebensfähigkeit und das Glück der Menschheit erheblich steigern würde.“

L. Ron Hubbard, Dianetik, Der Leitfaden für den menschlichen Verstand,

Buch Drei, Kapitel Zehn, S. 483; 1974, 1999, 2007, ISBN 978­87­7687­131­4

Die Ständige Konferenz der Innenminister und ­senatoren der Län­

der (IMK) hat auf ihrer Sitzung am 20./21. November 2008 die ver­

fassungsfeindliche Zielrichtung der SO und die Erforderlichkeit der

Beobachtung durch den Verfassungsschutz erneut bestätigt.

26.

Wie gefährlich ist die SO?

Das System Scientology ist mit dem Bild eines freien, selbst­

bestimmten Menschen und unserer demokratischen Ordnung

nicht vereinbar. Jeder Einzelne ist als Mitglied, Kunde oder Kritiker

der SO Gefahren ausgesetzt.

Personen, die sich den SO­Verfahren unterziehen, verändern ihre

Persönlichkeit erheblich. Sie werden im Kurssystem der Organi­

sation gefangen und entwickeln ein suchtähnliches Verlangen

nach weiteren Kursen mit Kosten bis zu mehreren hunderttau­

send Euro. Am Ende steht aber oft nicht nur finanzieller Ruin, son­

dern auch eine lückenlose Kontrolle durch die SO. Scientologen

44 Das System Scientology | Fragen und Antworten

werden darauf programmiert, wie eine Maschine zu funktionie­

ren. Soziale und berufliche Bindungen werden zerstört. Das macht

deutlich, dass es der SO nicht um seelischen Zuspruch oder um

uneigen nützige Lebenshilfe, sondern darum geht, ein steuerba­

res Produktionselement im System der Organisation zu schaffen.

Darüber hinaus besteht die Gefahr einer gesundheitlichen Schädi­

gung durch die Anwendung von Psychotechniken 1.

Kritiker werden von der SO als „unterdrückerische“, „ antisoziale“

und „geisteskranke“ Personen bezeichnet, Kriminellen gleich­

gestellt und müssen mit Verfolgung und Bedrohung rechnen.

Durch Unterwanderungsbestrebungen der SO ist die Wirtschaft

gefährdet. Die Anwendung der scientologischen Technologie in der

Wirtschaft schadet den Betrieben, da soziale Beziehungen einem

absoluten Kontroll­ und Kommandosystem unterworfen werden,

das auf menschliche Bedürfnisse keine Rücksicht nimmt.

Die SO ist nicht nur eine Gefahr für Einzelne, sondern stellt das

politische System der Bundesrepublik Deutschland in Frage.

Schon in seinem Grundlagenwerk „Dianetik“ wies Hubbard auf die

politische Relevanz seiner Lehre hin. Nach seinen bis heute für alle

Scientologen verbindlichen Vorstellungen soll eine ausschließlich

nach scientologischen Richtlinien funktionierende Welt geschaffen

werden. Mit harten psycho­ und sozialtechnischen Maßnahmen

will die Organisation nicht nur den einzelnen Menschen steuern,

sondern durch Einflussnahme auf Staat, Politik und Wirtschaft in

die Gesellschaft eindringen und ihren Zielen unterwerfen.

Das Bundesarbeitsgericht hat bereits mit seinem Beschluss vom

22. März 1995 (Az. 5 AZB 21/94) festgestellt, dass die von der

SO angewendeten Praktiken „gesundheitsgefährdend“ und

„menschen verachtend“ sind.

1 | Gesundheitliche und rechtliche Risiken bei Scientology, 2002, Pabst Science

Publishers, ISBN 3­936142­40­8, Heinrich Küfner, Norbert Nedopil, Heinz Schöch (Hrsg.)

45Das System Scientology | Fragen und Antworten

Die SO ist ein internationaler Wirtschaftskonzern, der aber nicht nur nach Gewinnmaximierung strebt, sondern auch ein weltweites Herrschaftssystem nach eigenen Vorstellungen errichten will. An die Stelle des Demokratie-prinzips und der Grundrechte soll ein auf Psycho-Technolo-gien und der bedingungslosen Unterordnung des Einzelnen beruhendes totalitäres Herrschaftssystem treten.

47Das System Scientology

II. Das System Scientology – Was der Staat dagegen unternimmt

Der beste Schutz vor der SO ist der informierte Bürger, der das Sys­

tem und seine Methoden kennt. Die Bayerische Staatsregierung

hat früh einen Maßnahmenkatalog entwickelt. Ziel der Maßnah­

men ist es, die Bürgerinnen und Bürger und unsere demokratische

Grundordnung vor den Praktiken der Organisation zu schützen. Ziel

ist es dagegen nicht, einzelne Anhänger der SO auszugrenzen, die

nicht Täter, sondern in der Regel selbst Opfer sind.

Auszüge aus dem

15-Punkte-Maßnahmenkatalog der Bayerischen Staats-regierung gegen die Scientology-Organisation (Beschlüsse vom 17. Oktober 1995 und 8. August 1996)

und aus dem

Erweiterten Maßnahmenkatalog der Bayerischen Staats-regierung gegen die Scientology-Organisation (Beschluss vom 12. November 2002)

Wichtige Bestandteile der Maßnahmenkataloge sind u.a.:

– Beobachtung durch den Verfassungsschutz

– Prüfung der Gemeinnützigkeit der Vereine und gegebenen­

falls Entzug und Überprüfung aller Organisationen auf

Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten

– Prüfung der Abführung der Sozialversicherungsbeiträge

durch die Organisationen für ihre Mitarbeiter und der

Einhaltung der Regeln des Arbeits­, Arbeitsschutz­ und

Gesundheitsrechts

– Verwendung von so genannten Schutzerklärungen öffent­

licher Stellen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge

– Vereinbarung von Beziehungen zur Scientology­Organisa­

tion mit einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst

– Anregung eines Verbotsverfahrens durch das

Bundesministerium des Innern

– Verstärkte Öffentlichkeitsarbeit

– Einrichtung einer Scientology­Krisenberatungsstelle

49Das System Scientology

III. Das System Scientology – Wie Sie sich dagegen schützen können

Hinschauen! Hinhören! Hinweisen!

– Schauen Sie genau hin, welche Broschüren, Flugblätter usw.

Ihnen an Informationsständen in die Hand gedrückt werden

oder was Sie in Ihrem Briefkasten finden.

– Fragen Sie im Zweifel nach, wer der Betreiber des Informa­

tionsstands ist.

– Sprechen Sie mit Ihren Kindern, Verwandten und Freunden,

wenn Sie den Verdacht haben, dass diese in die Fänge der

SO zu geraten drohen.

Seien Sie vorsichtig!

– Geben Sie der SO nicht Ihre Adresse!

Adressen sind für die SO die Grundlage für intensive

Werbemaßnahmen.

– Seien Sie beim Abschluss von Dienstleistungsverträgen in

sensiblen Bereichen vorsichtig!

Die SO ist insbesondere dort tätig, wo schnell und wirksam

Einfluss auf Menschen oder Unternehmen ausgeübt werden

kann (z.B. im Erziehungs­ und Bildungsbereich, auch beim

Nachhilfeunterricht für Schüler, in der Betriebs­ und Perso­

nalberatung, im Managementtraining, in der IT­Beratung).

Staatliche Stellen lassen sich schriftlich bestätigen, dass der

Auftragnehmer weder nach einer Technologie von L. Ron

Hubbard arbeitet noch er selbst oder seine Mitarbeiter Schu­

lungen, Kurse oder Seminare bei der SO absolviert haben.

50 Das System Scientology | Wie Sie sich dagegen schützen können

Informieren Sie sich!

– Informationen zu den aktuellen Entwicklungen der SO

geben der jährlich vom Bayerischen Staatsministerium des

Innern herausgegebene Verfassungsschutzbericht sowie

auch die Verfassungsschutzinformationen für das jeweilige

1. Halbjahr.

– Einen kurzen Überblick über die Organisation bietet auch das

vom Bayerischen Staatsministerium des Innern herausgege­

bene Faltblatt zur Scientology­Organisation aus der Reihe

„Demokratie in Gefahr“.

– Die Broschüren des Bayerischen Staatsministeriums des

Innern sowie weitere Informationen zur SO können Sie auch

im Internet unter

www.innenministerium.bayern.de

oder

www.verfassungsschutz.bayern.de

einsehen und bestellen.

Demokratie

in Gefahr

Bayerisches Staatsministerium des Innern

Scientology-Organisation

51Das System Scientology | Wie Sie sich dagegen schützen können

Holen Sie sich Unterstützung!

– SO-Krisenberatungsstelle Die Scientology­Krisenberatungs­

stelle beim Bayerischen Landesjugendamt ist telefonische

Anlaufstelle für SO­Aussteiger, Betroffene, Angehörige und

weitere Bezugspersonen. Sie bietet Ratsuchenden eine

erste pädagogisch­psycho logische Beratung, Unterstüt­

zung und Krisenhilfe an. Bei Bedarf wird an entsprechende

öffentliche, kirchliche und private Stellen wie Rechtsanwäl­

te, Schuldnerberatungs stellen, psychosoziale Beratungs­

stellen, Therapeuten, Selbsthilfegruppen, sowie an andere

ambulante und stationäre Einrichtungen weitervermittelt.

Die SO­Krisen beratungsstelle ist aus dem Festnetz zum Orts­

gesprächstarif erreichbar:

Telefon: 0180/100 00 42

www.blja.bayern.de/dasamt

– Vertrauliches Telefon Für Opfer und Aussteiger der SO

sowie für Angehörige der SO­Mitglieder unterhält das Baye­

rische Landesamt für Verfassungsschutz ein „vertrauliches

Telefon“; dort können Hinweise zur SO gegeben werden:

Telefon: 089/31 20 12 96

– Polizei Bei der Polizei gibt es in drei Polizeipräsidien speziel­

le Ansprechpartner bei Problemen mit der SO:

Polizeipräsidium München, Kommissariat 105

Bayerstraße 35–37, 80335 München

Telefon: 089/29 10­44 44

Polizeipräsidium Schwaben Nord

Gögginger Straße 43, 86159 Augsburg

Telefon: 08 21/323­35 00

Polizeipräsidium Mittelfranken

Jakobsplatz 5, 90402 Nürnberg

Telefon: 09 11/211­13 40

52 Das System Scientology | Wie Sie sich dagegen schützen können

– Weitere Beratungsstellen finden Sie im Internet unter

www.innenministerium.bayern.de

Prüfen Sie Nachhilfeangebote!

– Für den Bereich der Schüler­Nachhilfe veröffentlicht das Bay­

erische Staatsministerium für Unterricht und Kultus Warn­

meldungen und eine Kriterienliste, die Eltern bei der Aus­

wahl seriöser Anbieter hilft:

www.km.bayern.de

Das Kultusministerium rät, insbesondere nach Methoden,

Zielen und möglichen Probestunden zu fragen. Hilfreich sind

auch Erkundigungen zu Erfahrungen der Schule und zum

Ruf des Anbieters.

– Die SO selbst wirbt auch mit Nachhilfeeinrichtungen, die ihr

zuzurechnen sind; eine im Internet veröffentlichte Liste ist

allerdings nicht vollständig:

www.appliedscholastics.org/global_locator

53Das System Scientology | Wie Sie sich dagegen schützen können

Machen Sie Ihre Rechte geltend!

Wenn man sich von der SO trennt, kann es Streit bei der Rück­

zahlung noch nicht verbrauchter Kursgebühren geben.

Prüfen Sie, ob Sie Ihrerseits noch Ansprüche gegen die SO

haben, z.B. falls Sie kein Gehalt oder ein zu geringes Gehalt

erhalten haben oder falls die SO für Sie keine Sozialversiche­

rungsbeiträge abgeführt hat.

Prüfen Sie, ob die von der SO gegen Sie geltend gemachten

Ansprüche zu Recht bestehen.

Holen Sie sich gegebenenfalls Rat bei einem Rechtsanwalt!

Sollten Sie oder ein Angehöriger bei oder nach Ihrem Ausschei­

den aus der SO unter Druck gesetzt oder bedroht werden, wen­

den Sie sich sofort an die Polizei!

Das System Scientology

Sachwortregister

Aberriert 15, 18

Analytischer Verstand 15

Applied Scholastics 9, 30, 50

Association for Better Living and

Education (ABLE) 8, 9, 29

Auditing 21, 23

Auditor 13, 23

Behaviorismus 19

Beratungsstellen 52

Black Dianetics 21

Brücke zur völligen Freiheit 7, 17, 20

Büro für Spezielle Angelegenheiten 38

Celebrity Center 8

Church of Scientology International (CSI) 8

Citizens Commission on Human

Rights (CCHR) 10, 39

Clear 15, 17, 20, 21

Clear Planet 18

CRIMINON 9

Department of Special Affairs (DSA) 38

Der Weg zum Glücklichsein 9, 29

Dianetik 5, 6, 12, 18

E­Meter 23

Engramm 15, 20, 23

Ethik 18, 32

Ethik­Abteilung 34

Ethik­Akte 28, 40

Ethik­Befehl 34

Ethik­Gericht 34

Ethik­Offizier 34

Ethik­Richtlinien 34, 38

Fair­Game­Doktrin 36

Fallüberwacher 25

Fehler 32

Freie Zone 11

Freiwild­Doktrin 36

Geheimdienst 38

Handhaben 20

Hard Sell 31

Hubbard, L. Ron 5, 6

Hubbard Association of Scientologists

International (HASI) 7, 12

Hubbardismus 11

Hubbard Communication Office Policy

Letter (HCO PL) 18

Ingenieur­Wissenschaft 6, 12, 19

International Association of

Scientologists (IAS) 10, 29

Jugend für Menschenrechte 10, 31

KHA­KHAN­Doktrin 34

Kirche 7, 8, 12

Kommission für Verstöße der Psychiatrie

gegen Menschenrechte (KVPM) 10, 39

Kybernetik 19

Lehre Scientology 18

Maßnahmenkatalog 47

Miscavige, David 7, 8

Mission 8

Nachhilfe 27, 30, 50

NARCONON 9

New Era Publications International 10, 29

Office of Special Affairs (OSA) 38

Operierender Thetan (OT) 17, 20

Oxford Capacity Analysis (OCA) 27

Persönlichkeitstest 27

Policy letter 18

Polizei 51

Potential Trouble Source (PTS) 36

Potenzielle Schwierigkeitsquelle 36

Preclear 23

Produkt 7, 19

Produktion 31, 34

55

Das System Scientology | Sachwortregister

Reaktiver Verstand 15, 17

Reinigungsrundown 21, 28

Religious Technology Center (RTC) 7, 8

Richtlinienbrief 18

Ruinpunkt 38

Schwerverbrechen 32

Scientocracy 17

Scientology 5

Scientology Kirche Bayern e.V.

(SKB) 9

Scientology Kirche Deutschland e.V.

(SKD) 9

Scientology­Krisenberatungsstelle 51

Sea Org 8

Staff Members 8

Statistik 31, 34

Suppressive Person (SP) 36

Technologie 6, 19

The Way to Happiness 9, 29

Thetan 7, 15, 18

Tonskala 24

Unterdrückerische Person 36

Verbrechen 32

Vergehen 32

Vertrauliches Telefon 51

Wissensbericht 28, 35 40

World Institute of Scientology

Enterprises (WISE) 8, 10, 40

Xenu 25

Youth for Human Rights 10, 31

Impressum

Herausgeber:

Bayerisches Staatsministerium des Innern

Odeonsplatz 3, 80539 München

Druck:

Ludwig Auer GmbH, Donauwörth

Papier:

Gedruckt auf PEFC­zertifiziertem Papier aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung

Bildnachweis:

Helen, Photocase: Umschlag; AP: U2, U3; manun, Photocase: 4; cwalter, Photocase: 46;

do.rit, Photocase: 48; jarts, Photocase: 54; L. Ron Hubbard, Ein Portrait, CSI: 6; New Era Publications

International ApS/Kopen hagen/Was ist Scientology?: 7, 8, 14, 22, 24, 29, 30

Hinweis:

Die Broschüre „Das System Scientology“ ist auch über das Internet abrufbar:

www.innenministerium.bayern.de, www.verfassungsschutz.bayern.de

56

Bayerisches Staatsministerium des Innern

Odeonsplatz 3, 80539 München

www.innenministerium.bayern.de

www.verfassungsschutz.bayern.de

Die Scientology-Organisation ist ein internationaler Wirtschafts-konzern, der aber nicht nur nach Gewinnmaximierung strebt, sondern auch ein weltweites Herrschaftssystem nach eigenen Vorstellungen errichten will. An die Stelle des Demokratieprinzips und der Grundrechte soll ein auf Psycho-Technologien und der bedingungslosen Unterordnung des Einzelnen beruhendes totalitäres Herrschaftssystem treten.