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Landesgütegemeinschaft für Bauwerks- und Betonerhaltung Rheinland-Pfalz/Saarland e.V., „Güteüberwachte Bauwerksinstandsetzung“, Vortragsveranstaltung am 4. April 2006, Kaiserslautern Dauerhafte und kostenoptomierte Instandsetzung von abwasserberührten Stahlbetonbauteilen Rainer Auberg WISSBAU Beratende Ingenieurgesellschaft mbH, Essen Berlin Kruppstraße 88, 45145 Essen, [email protected] Zusammenfassung: Die Besonderheiten bei abwasserberührten Stahlbetonbauteilen erfordern im Instandsetzungsfall eine detaillierte Bestandsuntersuchung, um ein Instandsetzungskonzept abzustimmen. Im Folgenden werden die Grundlagen der Bestandsuntersuchung und exemplarisch an einer Instandsetzung die ausgeführten Maßnahmen vorgestellt und hinsichtlich der Dauerhaftigkeit bewertet. Durch ein optimiertes Konzept und prüftechnische Nachweise mit dem CIF-Test konnte der Bestandsbeton als tragender Untergrund weitestgehend erhalten bleiben. Die Schutzfunktion gegenüber abwasserbedingten Schadstoffen und erhöhter Wassersättigung des Bestandsbetons wird durch einen hochwertigen, diffusionsoffenen, abwasserbeständigen Feinspritzmörtel in geringer Schichtdicke bis zu 20 mm sichergestellt. 1 SCHÄDIGUNG UND URSACHEN Nach acht Betriebsjahren wiesen einige offene, abwasserführende Bauwerke einer zu untersuchenden Kläranlage Oberflächenschäden im Beckenkronenbereich und der Wasserwechselzone auf. Die Schädigung zeigte sich durch millimetertiefe Abplatzungen der oberen Mörtelschicht, so dass an einigen Bauteilen das grobe Zuschlagskorn frei lag (siehe Abb. 1 und 2). Abbildung 1: Ansicht der Räumerlaufbahn mit Frost-Tausalz-Schaden

Dauerhafte und kostenoptomierte Instandsetzung …betoninstandhaltung.com/veroeffentlichungen/20060404...Im Rahmen der Untersuchungen mussten folgende Fragen geklärt werden: 1. Wie

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Landesgütegemeinschaft für Bauwerks- und Betonerhaltung Rheinland-Pfalz/Saarland e.V.,

„Güteüberwachte Bauwerksinstandsetzung“, Vortragsveranstaltung am 4. April 2006, Kaiserslautern

Dauerhafte und kostenoptomierte Instandsetzung von abwasserberührten Stahlbetonbauteilen Rainer Auberg WISSBAU Beratende Ingenieurgesellschaft mbH, Essen Berlin

Kruppstraße 88, 45145 Essen, [email protected]

Zusammenfassung: Die Besonderheiten bei abwasserberührten Stahlbetonbauteilen erfordern im Instandsetzungsfall eine detaillierte Bestandsuntersuchung, um ein Instandsetzungskonzept abzustimmen. Im Folgenden werden die Grundlagen der Bestandsuntersuchung und exemplarisch an einer Instandsetzung die ausgeführten Maßnahmen vorgestellt und hinsichtlich der Dauerhaftigkeit bewertet. Durch ein optimiertes Konzept und prüftechnische Nachweise mit dem CIF-Test konnte der Bestandsbeton als tragender Untergrund weitestgehend erhalten bleiben. Die Schutzfunktion gegenüber abwasserbedingten Schadstoffen und erhöhter Wassersättigung des Bestandsbetons wird durch einen hochwertigen, diffusionsoffenen, abwasserbeständigen Feinspritzmörtel in geringer Schichtdicke bis zu 20 mm sichergestellt. 1 SCHÄDIGUNG UND URSACHEN Nach acht Betriebsjahren wiesen einige offene, abwasserführende Bauwerke einer zu untersuchenden Kläranlage Oberflächenschäden im Beckenkronenbereich und der Wasserwechselzone auf. Die Schädigung zeigte sich durch millimetertiefe Abplatzungen der oberen Mörtelschicht, so dass an einigen Bauteilen das grobe Zuschlagskorn frei lag (siehe Abb. 1 und 2).

Abbildung 1: Ansicht der Räumerlaufbahn mit Frost-Tausalz-Schaden

Im Rahmen der Untersuchungen mussten folgende Fragen geklärt werden: 1. Wie haben sich die Betonfestigkeiten entwickelt? 2. Inwieweit ist der Korrosionsschutz der Bewehrung gefährdet? 3. Erfordern die Karbonatisierungstiefe oder seit der Inbetriebnahme eingedrungene

Fremdstoffe wie Chloride und Sulfate besondere Maßnahmen? 4. Inwieweit ist ein ausreichender Frostwiderstand gegeben?

Abbildung 2: Darstellung einer geschädigten Wasser-Wechsel-Zone

Bei der Untersuchung konnten bedeutende flächige Oberflächenschädigungen nur an Bauteilen der offenen Bauwerke mit direktem Wasserkontakt festgestellt werden. Hier konnten Bauteile mit unterschiedlichen Schädigungsklassen direkt nebeneinander gefunden werden. Es wurde ein enger Zusammenhang zu der eingebauten Betongüte bzw. eingebauten Zementgüte herausgestellt. Zwei verwendete Betonrezepturen unterschieden sich zwar nicht grundlegend in der Zusammensetzung, jedoch wurden die Betone von zwei Transportbetonlieferanten geliefert, die Zemente aus unterschiedlichen Zementwerken verwendeten. Betonzusammensetzung: CEM III/B 32,5 NW/HS 310 kg/m³; FA 40 kg/m³; w/b 0,49; Gesteinskörnung A/B16 Kies/Sand 1880 kg/m³ Die Betongüte wurde vor Ort mittels Ultraschalllaufzeitmessung detailliert je Bauwerk und Wandabschnitt untersucht. Eine Kalibrierung der ermittelten Ultraschallgeschwindigkeiten wurde anhand zerstörender Druckprüfungen an entnommenen Bohrkernen vorgenommen. Die Ergebnisse der Druckprüfung sind in Abb. 3 dargestellt. Ergänzend wurde angegeben, inwieweit eine Oberflächenschädigung vorlag. Die ermittelte Druckfestigkeit im Bauwerksalter von ca. 8 Jahren entspricht bei beiden Betonen einer Betongüte der Festigkeitsklasse B 35. Die Ergebnisse entsprachen den Werten aus den Güteprüfungen. Bei den Wandabschnitten mit dem Beton der höheren Druckfestigkeit wurde eine zementspezifische Nacherhärtung festgestellt. Bei der Betongüte mit den geringeren Festigkeiten fand nur eine mäßige Nacherhärtung statt. Außenbauteile mit geringen bzw. keinen Oberflächenschäden erreichten durchgehend höhere Festigkeiten, die sogar einem B 55 genügen. Der Beton in den übrigen Bauwerken entspricht ebenfalls der Betongüte B 35.

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sichtbarsichtbar

Oberflächenschädigung

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gering

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Abbildung 3: Gegenüberstellung der Druckfestigkeit der zwei ermittelten Betongüten im Bauwerksalter

von ca. 4 Jahren und sichtbare Oberflächenschäden

An den Wandabschnitten mit der Betongüte der geringeren Druckfestigkeit wurden Ultraschalllaufzeiten von 3900 bis 4100 m/s gemessen. Vergleichend dazu lagen die Werte der Wandabschnitte mit höherer Betonfestigkeit bei 4300 bis 4500 m/s. Es konnte also vor Ort anhand der zerstörungsfreien Ultraschallmessung eine sichere Einstufung der zwei Betongüten vorgenommen werden. Aufgrund der Untersuchungen zum Frostwiderstand mit dem im Wasserbau anerkannten Prüfverfahren CIF-Test1 [1,2,3] konnte herausgestellt werden, dass eine der beiden eingesetzten Betone mit der geprüften Betongüte B 35 (folgend Betongüte S genannt) keinen ausreichenden Frostwiderstand aufwies und die andere Betonsorte mit der geprüften Betongüte B 55 (folgend Betongüte G bezeichnet) einen mäßigen bis hohen Frostwiderstand zeigte. Die Ergebnisse sind in den Abbildungen 9 und 10 in Kapitel 3 vergleichend zu den Ergebnissen der ertüchtigten Bauteile dargestellt. Der damalige Grenzwert des CIF-Tests für einen hohen Frostwiderstand lag bei einem Abfall des relativen dynamischen E-Moduls (kurz RDM) unter 60 % nach 56 Frost-Tau-Wechseln. In dem neuen BAW-Merkblatt „Frostprüfung von Beton“ wird für den Neubau ein neuer Grenzwert für die Eignungsprüfung von Beton nach 28 Frost-Tau-Wechseln und der Güteprüfung nach 24 Frost-Tau-Wechseln mit einem RDM von 75% vorgeschrieben. Bei allen wasserberührten Bauteilen ist naturgemäß die Tiefe der Karbonatisierung oberhalb der Wasserwechselzone höher als in der Wasserwechselzone und unterhalb der Wasserwechselzone, wo die niedrigsten Werte gemessen wurden. Dies war zu erwarten, da bei einer relativen Feuchte von 60–90% die günstigsten Randbedingungen für eine Karbonatisierung vorliegen und bei ständigem Kontakt mit Wasser der Prozess zum Stillstand kommt.

1 Geprüft nach ZTV-W LB 219: Instandsetzung von Wasserbauwerken. 1998 [5]. Aktuelle Prüfvorschrift: Merkblatt „Frostprüfung von Beton“ der ZTV-W LB 215: Neubau von Wasserbauwerken. 2004. [6]

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Bauwerk 7, Bauteil 15 (ohne OF-Schädigung)

Bauwerk 8, Bauteil 11 (mit OF-Schädigung)

Bauwerk 10, Bereich B (ohne OF-Schädigung)

Abbildung 4: Vergleich der Karbonatisierungstiefen verschiedener Bauwerke verteilt über die Bauteilhöhe (WWZ = Wasserwechselzone, o = oberhalb, u = unterhalb)

Anhand der Untersuchungsergebnisse können wieder die zwei Betonqualitäten hinsichtlich der Karbonatisierung unterschieden werden: Bauteile mit geringeren Karbonatisierungstiefen bis 3 mm unterhalb der Wasser-Wechselzone (Betongüte G) und bis 12 mm oberhalb der Wasserwechselzone und Bauteile mit erhöhter Karbonatisierungstiefe bis zu 25 mm oberhalb der Wasser-Wechselzone (Betongüte S). Bei der vorgegebenen Betondeckung der ersten Bewehrungslage von 30 mm war im zweiten Fall nur noch ein geringe Schutzreserve des Betons vorhanden. Auffällig bei den Betonschädigungen war, dass sich trotz der besseren Betongüte G, die im Bauwerk Sand- und Fettfang durchgehend eingebaut wurde, an der Beckenkrone und der Räumerlaufbahn ein signifikant auffälligeres Schädigungsbild einstellte (siehe oben Abb. 2). In diesen luftberührten Bereich war durch Abwitterungen das Größtkorn flächig sichtbar. Die Ursache lag in einer zusätzlichen erhöhten Tausalzbelastung durch den Winterbetrieb, wobei die Betongüte G diesen erhöhten Nutzungsanforderungen nicht genügte. Bei dem Bauwerk Sand- und Fettfang musste der Bereich der Räumerlaufbahn im Winterdienst mit Tausalzen bzw. Taumitteln eisfrei gehalten werden. Aus diesem Grund wurden bei diesem Bauwerk im Vergleich zu anderen untersuchten Bauwerken erhöhte Chloridgehalte bezogen auf das Zementgewicht ermittelt (Abb. 5). Der Außenbereich der Beckenwand war am stärksten betroffen. Hier lagen in der Randzone die höchsten gemessenen Werte vor. Die gemessenen Werte in anderen Becken waren i.d.R. unauffällig bis leicht erhöht und nicht kritisch.

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Tiefe ab Betonoberfläche [cm]

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Abbildung 5: Chloridgehalt (bez. auf den Zement) ermittelt am Sand- und Fettfang (uWWZ, oWWZ, WWZ stehen

für unter- und oberhalb sowie in der Wasserwechselzone; Außen für Außenseite)

Bei der Untersuchung des Sulfatgehaltes ist eine Grenzwertbetrachtung besonders bei CEM III-Zementen mit Flugasche schwierig. Die ermittelten Sulfatgehalte lagen jedoch in einer Größenordnung, die aufgrund der Ausgangsstoffe erwartet werden konnten (um ca. 4 bis 5 Mass.-% bez. Z). Korrosionsbedingte Schäden lagen nur vereinzelt und lokal begrenzt an wenigen Bauteilen vor. Der Schaden resultierte in diesen Fällen aus einer lokal zu geringen Betondeckung, z.B. oberhalb konstruktiv eingelegter Bewehrung, bei gleichzeitig vorliegender Karbonatisierung oder einer Rissbildung mit erhöhter Rissbreite. Die Auswertung der zerstörungsfrei durchgeführten Betondeckungsmessungen zeigte, dass die Ausführungsqualität der Rohbauarbeiten an allen Bauwerken gut war. Es wurden alle Wandabschnitte untersucht. Die geforderte Betondeckung von 30 mm konnte bis auf lokale Ausnahmen durchgehend nachgewiesen werden. Die statistische Auswertung der Betondeckung erfolgte entsprechend dem DBV-Merkblatt „Betondeckung“. Als Messgerät wurde das computerunterstützte Messsystem Lithoskop der Fa. Hochtief eingesetzt.

Abbildung 6: Exemplarische Darstellung der Messergebnisse der Betondeckungsmessung.

Zur Klärung der Frage des Anlagenbetreibers, ob die unterschiedlichen Betongüten zu einem erhöht vorliegenden Korrosionsrisiko führen, wurden in Anlehnung an die ASTM 876 „Standard test method for half cell potentials of uncoated reinforcing steel in concrete“ mit einer Kupfer-Kupfersulfat-Sonde

zerstörungsfrei2 die Potentialverteilung an den Beckenwänden bestimmt. Es wurde das Messgerät CANIN der Fa. SUSPA verwendet. In den Messungen konnten drei Bereiche klar unterschieden werden (Abb. 7 bis 9): 1. Über der Wasser-Wechselzone war ein positives Potential nachweisbar. 2. In der Wasser-Wechselzone war ein Übergang zu einem negativen Potential zu beobachten. 3. Unter der Wasser-Wechselzone war das Potential negativ, und zwar beginnend unmittelbar unter

Wasser-Wechselzone bei Werten um -100 mV bis -150 mV, die nach unten proportional zum Abstand zur Wasser-Wechselzone linear weiter abnahmen und eine Größenordnung von bis zu – 380 mV annahmen.

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lokale Reparaturstelle

Bauwerk 8 (Nitrifikationszone), Bauteil 19

Abbildung 7: Horizontale Messung des Korrosionspotentials an einem typischen Wandabschnitt in 4

unterschiedlichen Bauteilhöhen. In der Höhe 0.75 m befindet die Wasserwechselzone.

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Tiefe [m]

Po

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Bauwerk 8 (Nitrifikationszone), Bauteil 19

unterhalb der WWZ

oberhalb der WWZ

Abbildung 8: Vertikale Messung des Korrosionspotentials an einem typischen Wandabschnitt in 4 unterschiedlichen

Bauteilhöhen. In der Höhe 0.75 m befindet die Wasserwechselzone. Messung kurz nach dem Entleeren des Beckens.

2 Es ist eine lokale Bauteilöffnung zur Ankopplung des Messgerätes an das Bewehrungsnetz erforderlich.

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Ankopplungsstelle des 1. Termins (verschlossen)

Bauwerk 8 (Nitrifikationszone), Bauteil 19

Wiederholungsmessung am 2. Ortstermin

unterhalb der WWZ

oberhalb

der WWZ

Abbildung 9: Wiederholung der Messung aus Abbildung 8 vier Wochen nach dem Entleeren des Beckens.

Bei Anwendung der Richtwerte der ASTM würde man für den unteren Wandabschnitt ein kritisches Korrosionspotential diagnostizieren. Auffällig ist, dass sich die Potentiale in Abhängigkeit vom Trocknungszustand der Wand deutlich erhöhen, d.h. aus der Sicht der Korrosionsbewertung günstiger werden. Der Feuchtegehalt des Betons unterhalb der Wasser-Wechsel-Zone war unabhängig von der Wandhöhe vergleichbar hoch und konnte daher die Messergebnisse nicht begründen; zudem wurden an exemplarisch geöffneten Bereichen keine korrosionsbedingten Auffälligkeiten festgestellt. Die Abnahme der gemessenen Potentiale unterhalb der Wasser-Wechselzone mit der Wandtiefe lässt sich durch das so genannte Strömungspotential problemlos erklären [4]. Setzer3 konnte rechnerisch nachweisen, dass folglich kein Korrosionspotential der Bewehrung vorliegt. Diese Potentialverläufe sind daher typisch für wasserberührte Bauteile, wie z.B. Klärbecken, bei denen die Beckenkrone als luftberührender Bauteilbereich vorliegt. Ein erhöhtes Korrosionsrisiko aufgrund der vorliegenden Betongüte konnte aus diesem Grund ausgeschlossen werden und erforderte daher keine Maßnahmen. Durch diese Ergebnisse konnte ein abgestimmtes Instandsetzungskonzept entwickelt werden, dass vorwiegend die Erhöhung des Frostwiderstands der Bestandsbetone sicherstellt und eine Ertüchtigung von Oberflächenschäden berücksichtigt.

3 Gutachten der WISSBAU Beratende Ingenieurgesellschaft mbH, 1999.

2 ZIELE UND NACHWEISE Bei der ausgeführten Instandsetzung wurden die folgenden Punkte berücksichtigt: 1. Bau- und sicherheitstechnische Gebrauchstüchtigkeit, geprüfte Standsicherheit 2. Sicherstellung der Nutzungsdauer vergleichbar mit einer mängelfreien Kläranlage 3. Wirtschaftliche Planung und Durchführung, Vermeidung von Ausführungsrisiken 4. Geringe Einschränkung des laufenden Betriebs während der Ausführung Die bau- und sicherheitstechnische Gebrauchstüchtigkeit und Standsicherheit war durch die aufgetretenen Oberflächenschäden nicht beeinträchtigt. Diese Aussage konnte durch die durchgeführten Untersuchungen, insbesondere der Bewertung des Korrosionspotentials, sicher getroffen werden. Die Sicherstellung der Nutzungsdauer entsprechend einer vergleichbaren mängelfreien Kläranlage konnte durch Untersuchungen mit dem CIF-Test herausgestellt werden. Hierzu wurden in Voruntersuchungen verschiedene, vorwiegend mineralische, abwasserbeständige Feinspritzmörtel hinsichtlich der Schutzwirkung des Bestandsbetons vor erhöhter Wassersättigung geprüft. Mit einem ausgewählten Produkt wurde dann der Nachweis an Proben aus zwei Musterflächen (Betonuntergrund Betongüte S und G) für die Verbesserung des Frostwiderstands der instand gesetzten Wandfläche erbracht. Die Ergebnisse des CIF-Tests zeigen eine deutliche Erhöhung des Frostwiderstands. Nach 56 Frost-Tau-Wechseln wurde am geschützten Bestandsbeton nur ein geringer Abfall im RDM festgestellt. Im Vergleich dazu zeigte der ungeschützte Bestandsbeton abhängig von der Betongüte schon im Mittel nach 10 bzw. 24 Frost-Tau-Wechsel eine Unterschreitung des Grenzwertes nach ZTV-W LB 219 (Abb. 10 und 11).

Abbildung 10: Vergleich der Ergebnisse der CIF-Prüfung zum Frostwiderstand von Proben aus dem Bestandsbeton

(Betongüte G) und aus einer instand gesetzten Betonfläche.

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Abbildung 11: Vergleich der Ergebnisse der CIF-Prüfung zum Frostwiderstand von Proben aus dem Bestandsbeton

(Betongüte S) und aus einer instand gesetzten Betonfläche.

Eine kostenoptimierte und fachgerechte Umsetzung der Instandsetzung im laufenden Betrieb der Kläranlage konnte nur durch eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten sichergestellt werden. Hierzu wurde ein Bauzeitenplan abgestimmt, der unter Berücksichtigung der erfahrungsbedingten, zeitabhängigen Abwasserbelastungen Bauwerke für die Untersuchung und Instandsetzung innerhalb eines kleinen Zeitfensters von i.d.R. jeweils 6 bis 10 Wochen freigab. Eine Schlüsselstellung nahmen der Sand- und Fettfang und das Schneckenbauwerk ein, da diese Becken jeweils nur einmal vorliegen. Zur Überbrückung musste zeitweise eine überirdisch verlegte Abwasserführung für eine Umverteilung des Abwassers eingesetzt werden. Es musste ein Notfallkonzept erarbeitet werden, dass bei plötzlich auftretenden starken Niederschlägen, die im Einzugsgebiet auftraten, von dem Einsatz einfacher Pumpenanordnung bis zur Notevakuierung der gerade zu bearbeitenden Becken alle möglichen Szenarien berücksichtigte, um ein sicheres Arbeiten zu ermöglichen. Die Ermittlung des Ist-Zustands für eine Ausführungsplanung der notwendigen Instand-setzungsmaßnahmen begann im Frühjahr 2003 und wurde fortlaufend bis August 2004 im laufenden Betrieb der Gesamtanlage fortgeführt. Bei jedem Becken wurde nach Ablassen des Klärwassers und gründlichem Reinigen der Betonoberflächen eine Untersuchung der relevanten Kenngrößen, wie Rissaufnahme, Karbonatisierungstiefe, Betondeckung, Korrosionsschäden, Festigkeiten und Fremdsalzgehalt vorgenommen. Die Untersuchungen wurden u. a. mittels zerstörungsfreier Messtechniken wie Ultraschall, Induktion und Potentialmessung durchgeführt. Nach Kenntnis der Kenngrößen erfolgte ein Abgleich mit den Zielgrößen aus dem Instand-setzungskonzept und eine Festlegung der erforderlichen Maßnahmen, d.h. welche Abtragtiefe erforderlich und welcher Systemaufbau notwendig war. Die Instandsetzungsarbeiten wurden - in Kürze dargestellt - wie folgt durchgeführt: • Lokale Bearbeitung von korrosionsbedingten Oberflächenschäden oder anderen lokalen

Auffälligkeiten gemäß Instandsetzungsprinzip R2 der DAfStb-Richtlinie Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen.

• Risse mit Rissbreiten größer 0,20 mm wurden entsprechend ZTV-ING geschlossen. • Luftberührte Außenseiten der Becken wurden durch eine hochwertige PUR-Beschichtung, einem

rissüberbückenden, CO2-bremsenden Oberflächenschutzsystem, geschützt. Diese Beschichtung wurde auch in modifizierter Form gegen Erdreich und auf waagerechten, begehbaren Flächen verwendet.

• Abwasserführende offene Bauwerke mit geringer Schädigung wurden abhängig vom Schädigungsgrad vollflächig oder nur in der Wasser-Wechselzone durch ein wasserreduzierendes, diffusionsoffenes Oberflächenschutzsystem geschützt. Es wurde ein hochwertiger, abwasserbeständiger,

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nach Instandsetzung Bestandsbeton + OFS

Bestandsbeton Betongüte S

kunststoffmodifizierter Feinspritzmörtel verwendet. Das Produkt wurde aufgrund von Eignungsprüfungen verschiedener Oberflächenschutzsysteme mit dem CIF-Test ausgewählt. Ziel war ein sehr hoher Frostwiderstand des Systems in Verbindung mit dem Bestandsbeton. In den geschädigten Bereichen wurde die vorgeschädigte Betonschicht mittels Hochdruckwasserstrahlen (HDW-Strahlen, u.a. mittels Roboter) entfernt. Auf den gereinigten Betonuntergrund wurde entsprechend der Abtragtiefe entweder als Egalisierungsschicht ein frostwiderstandsfähiger Spritzmörtel oder direkt das hochwertige Oberflächenschutzsystem zweilagig aufgetragen. Die Ober-fläche wurde leicht geglättet und sorgfältig nachbehandelt.

• Abwasserführende offene Bauwerke mit stärkerer Schädigung wurden vollflächig durch den hochwertigen Feinspritzmörtel geschützt. In den geschädigten Bereichen wurde die vorgeschädigte Betonschicht mittels HDW-Strahlen entfernt. Nach Überprüfung des Betonuntergrunds wurde entsprechend der Abtragtiefe als Egalisierungsschicht ein frostwiderstandsfähiger Spritzbeton oder Spritzmörtel appliziert und darauf das hochwertige Oberflächenschutzsystem zweilagig aufgetragen. Die Oberfläche wurde ebenfalls leicht geglättet und sorgfältig nachbehandelt.

• Im Falle einer äußeren Chloridbelastung wurde ein erhöhter Betonabtrag vorgesehen. • Zur Vermeidung eines weiteren Taumitteleinsatzes wurde die Räumerlaufbahn des Sand- und

Fettfangs mit beheizbaren Edelstahlplatten ausgeführt. 3 ZUSAMMENFASSUNG Die Herstellung von Beckenbauwerken erfordert ein abgestimmtes Konzept der Tragwerksplanung, der Betontechnologie und der Ausführung. Es müssen teilweise gegensätzliche Anforderungen an das Stahlbetonbauteil eingehalten werden: 1. Geringer Bewehrungsgehalt 2. Rissbreitenbeschränkung 3. Reduktion der Hydratationswärme 4. Wasserundurchlässigkeit 5. Hoher Frostwiderstand 6. Teilweise hoher Frost-Tausalz-Widerstand 7. Widerstand gegen hohen chemischen Angriff 8. Hohe mechanische Belastbarkeit Diese zum Teil gegensätzlichen Anforderungen können nur durch Kompromisse in bestimmten Betoneigenschaften sichergestellt werden. Zur Reduzierung des Bewehrungsgehaltes und Vermeidung von zu großen Rissbreiten soll die Hydratationswärmeentwicklung des Betons verringert werden. Hierzu wird ein Zement mit niedriger Hydratationswärmeentwicklung und ein Zementgehalt im unteren zulässigen Bereich gewählt. Eine gute Verarbeitung erfordert entsprechend der verwendeten Gesteinskörnung einen ausreichenden Wassergehalt, so dass der erforderliche w/z-Wert an die obere zulässige Grenze angepasst wird. Zudem wird Flugasche als Zementersatz eingesetzt. Die Festbetoneigenschaften (Pkt. 4 bis 8) sind vorwiegend durch die Festigkeit und die Dichtigkeit bestimmt. Aus der o.g. Vorgehensweise kann am Ende ein Beton entstehen, der gegenüber Produk-tionsschwankungen der Ausgangsstoffe keine Sicherheitsreserven mehr enthält. Wenn, wie im vorliegenden Fall, umweltbedingt ein erhöhter Frostangriff durch schroffe Winterperioden auftritt, kann ein Versagen des Betons auftreten, obwohl alle normativ geforderten Kenngrößen und Anforderungen der Betonzusammensetzungen eingehalten wurden. Aufgrund der nahezu gleichzeitigen Verarbeitung und Ausführungsbedingungen der beiden o.g. Betongüten gleicher Betonzusammensetzung können ausführungstechnische Ursachen größtenteils ausgeschlossen werden. Eine Weiterführung des „Performance concept“ entsprechend der neuen ZTV-W LB 215 kann hier für alle Beteiligten höhere Sicherheiten schaffen.

Abbildung 11: Sand- und Fettfang nach der Instandsetzung

Auf der Basis der detaillierten Bauwerksuntersuchung konnte eine angepasste Beschreibung der Instand-setzungsmaßnahmen vorgenommen werden. Aufgrund von neuen Erkenntnissen aus der Baustoffuntersuchung mit dem CIF-Test wurde bei der Instandsetzung der Innenwände als Beschichtungssystem ein abwasserbeständiger, frostwiderstandsfähiger, kunststoffmodifizierter Feinmörtel festgelegt, der den Bestandsbeton hinsichtlich Frost- und Abwasserangriff schützt und zusätzlich einen erhöhten CO2-Widerstand bietet (Abb. 11). Durch das prüftechnisch abgestimmte Instandsetzungssystem konnten die Kosten der erforderlichen Ertüchtigung der Klärbecken deutlich gegenüber einer konventionellen Sanierung reduziert und zudem eine deutlich höhere Qualität erzielt werden. LITERATUR [1] Auberg, R. Zuverlässige Prüfung des Frost- und Frost-Tausalz-Widerstands von Beton mit dem CIF- und

CDF-Test. Shaker Verlag, Aachen, 1998, ISBN 3-8265-4716-0 [2] Setzer, M.J.; Auberg, R. CIF-Test - Prüfverfahren des Frostwiderstands von Beton. Betonwerk + Fertigteil-Technik, 64(4), 94-105, 1998 [3] Auberg, R.; Setzer, M.J. Influence of water uptake during freezing and thawing. In: Frost Resistance of Concrete (eds.) M.J. Setzer, R. Auberg RILEM Proceedings No 34, E & FN Spon, London 1997. [4] Setzer, M.J. Auberg, R., Wehling, M., Wowra, O. Einfluss von Wasserströmungen auf die Potentialfeldmessung zur Korrosionsdetektion DGfQZP-Tagungsband, Leipzig, 2001. [5] ZTV-W LB 219: Zusätzlich technische Vertragsbedingungen - Wasserbau für Schutz und Instandsetzung der

Betonbauteile von Wasserbauwerken, 1997. [6] ZTV-W LB 215: Zusätzlich technische Vertragsbedingungen – Neubau von Wasserbauwerken;

mit Merkblatt „Frostprüfung von Beton“, 2004. [7] DAfStb-Richtlinie: Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen, 2001