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1 Dr. Stefan Hiebl Rechtsanwalt Fachanwalt für Strafrecht Rechtsanwälte Eimer Heuschmid Mehle Friedrich-Breuer-Straße 112 53225 Bonn Tel.: (0228) 62 09 20 Fax: (0228) 46 07 08 E-Mail: [email protected] www.ehm-kanzlei.de Den Kopf in der Schlinge – Kennen Sie Ihre Pflichten als GmbH- Geschäftsführer Vortrag IHK Köln 21.04.2015 Strafrechtliche Haftungsrisiken für den Geschäftsführer

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Dr. Stefan Hiebl Rechtsanwalt

Fachanwalt für Strafrecht

Rechtsanwälte Eimer Heuschmid Mehle Friedrich-Breuer-Straße 112 53225 Bonn Tel.: (0228) 62 09 20 Fax: (0228) 46 07 08 E-Mail: [email protected] www.ehm-kanzlei.de

Den Kopf in der Schlinge – Kennen Sie Ihre Pflichten als GmbH-Geschäftsführer Vortrag IHK Köln 21.04.2015 Strafrechtliche Haftungsrisiken für den Geschäftsführer

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Gliederung:

I. Gliederung

II. Erhöhtes Strafbarkeitsrisiko des Geschäftsführers

III. Strafrechtliche Verantwortlichkeit für eigenes Verhalten am

Beispiel des Untreuetatbestandes sowie der Bestechungsdelikte

IV. Strafrechtliche Risiken in der Unternehmenskrise

V. Strafrechtliche Verantwortung für fremdes Verhalten

VI. Präventivverteidigung und Notfallmanagement

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II. Erhöhtes Strafbarkeitsrisko des Geschäftsführers

- Der Volksmund sagt: Der Geschäftsführer einer GmbH steht mit einem Bein im Gefängnis.

- Daran ist richtig, dass es ein erhöhtes Strafbarkeitsrisiko des Geschäftsführers gibt, und zwar aus folgenden Gründen:

- (Zweckwidrige) Anwendung des Strafrechtes zur Lenkung der Wirtschaft. Der Bundesgerichtshof hat im Jahre 2004 wörtlich wie folgt ausgeführt:

„Nur durch die Anwendung strafrechtlicher Zwangsmaßnahmen kann das Bewusstsein dafür geschafft werden, dass sich strafbare Geschäfte nicht lohnen und es wirtschaftlich sinnvoller ist, wirksame Kontrollmechanismen zur Verhinderung von Straftaten einzurichten.“

- Die Anwendung des Strafrechts zur Wirtschaftslenkung hat seitdem zu einem wahren Boom geführt.

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II. Erhöhtes Strafbarkeitsrisko des Geschäftsführers

- Der Ermittlungsapparat wurde sowohl in personeller als auch in sachlicher Hinsicht deutlich ausgebaut.

- Es wurden Schwerpunktstaatsanwaltschaften, die sich nur mit der Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität beschäftigen, eingerichtet, so u. a. auch in Köln.

- Geschäftsführer werden nicht nur für eigenes Verhalten strafrechtlich zur Verantwortung gezogen, sondern auch für fremdes.

- Neue Straftatbestände werden geschaffen.

- Bestehende Straftatbestände werden ausgeweitet

- In der Unternehmenskrise machen sich 50 bis 90 % der Geschäftsführer strafbar.

- Sämtliche Insolvenzen werden der Staatsanwaltschaft mitgeteilt, sodass ein extrem hohes Entdeckungsrisiko besteht.

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III. Strafrechtliche Verantwortlichkeit für eigenes Verhalten am Beispiel des Untreuetatbestandes sowie der Bestechungsdelikte

1. Zum Vorwurf der Untreue

- Der Vorwurf der Untreue ist der zentrale Straftatbestand im Bereich der Wirtschaftskriminalität.

- Ausweislich der polizeilichen Kriminalstatistik sollen durch Untreue hier jährliche Schadenssummen von mehr als 1 Mrd. € entstehen.

- Der Tatbestand der Untreue zeichnet sich durch eine fast uferlose Weite aus, die das Verfassungsgericht gebilligt hat, sodass das Risiko deutlich erhöht ist.

- Der Straftatbestand der Untreue umfasst zwei Varianten der Tatbestandsverwirklichung, nämlich eine Missbrauchs- und eine sog. Treubruchsvariante, wobei für beide Varianten das Vorliegen einer sog. Vermögensbetreuungspflicht verlangt wird.

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III. Strafrechtliche Verantwortlichkeit für eigenes Verhalten am Beispiel des Untreuetatbestandes sowie der Bestechungsdelikte

- Der Missbrauch der rechtlichen Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, setzt ein rechtsgeschäftliches Handeln des Geschäftsführers voraus. Diese Variante ist erfüllt, wenn der Täter ein rechtliches Können (im Außenverhältnis zu Dritten) ausnutzt, um über das rechtliche Dürfen (im Innenverhältnis zum Vermögensinhaber) hinauszugehen.

- Die Treubruchsvariante ist erfüllt, wenn der Geschäftsführer seine Verpflichtung gegenüber der GmbH, diese vor Schaden zu bewahren, verletzt.

Beispiele: - Bezug eines überhöhten Gehaltes

- Übertriebener Aufwand für Repräsentation, Spesen pp.

- Nichteinfordern der Stammeinlagen

- Unzulässige Privatentnahme

- Kick-Back-Vereinbarungen

- Abschluss übermäßig riskanter Geschäfte

- Bildung schwarzer Kassen

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III. Strafrechtliche Verantwortlichkeit für eigenes Verhalten am Beispiel des Untreuetatbestandes sowie der Bestechungsdelikte

Problem der schwarzen Kassen

- Mit der Bildung einer „schwarzen“ Kasse wird häufig die Absicht verfolgt, einen Vermögensvorteil für den Treugeber zu erzielen, etwa zur Finanzierung von Bestechungsgeldern, die zur Akquirierung von Aufträgen genutzt werden sollen.

- Durch das bloße Einrichten einer schwarzen Kasse wird dem Unternehmen das Geld nicht entzogen, sodass ein Schadenseintritt fraglich ist.

- Gleichwohl nimmt die Rechtsprechung in diesen Fällen Untreue an, wenn dem Täter die Möglichkeit verschafft wird, nach seinem Gutdünken eigenmächtig und unkontrolliert über die Mittel zu verfügen und sie als geheimen, keiner Zweckbindung unterliegenden Dispositionsfonds zu nutzen, aus denen je nach selbst eingeschätzten Bedarf künftige Mittel für erst noch zu bestimmende Zwecke entnommen werden können.

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III. Strafrechtliche Verantwortlichkeit für eigenes Verhalten am Beispiel des Untreuetatbestandes sowie der Bestechungsdelikte

Der Empfang von Schmiergeld als Untreue

- Das Problem sei am Beispiel des sog. Kölner Müllskandals verdeutlicht:

- Die Abfallverwertungsgesellschaft hatte den Auftrag zum Bau einer Restmüllverbrennungsanlage zu vergeben. Der Zuschlag ging für 792 Mio.€ an die Firma X. diese hatte dem alleinigen Geschäftsführer der AVG vorab 3% des Auftragswertes als persönliche Provision versprochen und tatsächlich auch gezahlt.

- Das Landgericht Köln und der Bundesgerichtshof haben dies als Untreue des Geschäftsführers der AVG gewertet.

- Der Geschäftsführer habe seine Vermögensbetreuungspflicht verletzt, da er die Möglichkeit eines vorteilhafteren Geschäftes, nämlich zum Angebotspreis abzüglich des Bestechungsgeldes, im Interesse des betreuten Vermögens hätte nutzen müssen.

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III. Strafrechtliche Verantwortlichkeit für eigenes Verhalten am Beispiel des Untreuetatbestandes sowie der Bestechungsdelikte

Risikogeschäfte als Untreue

- Hier wird die uferlose Weite des Straftatbestandes besonders deutlich.

- Das Risiko i. S. einer mehr oder weniger hohen Wahrscheinlichkeit des Verlustes ist allgemeines Kennzeichen der marktwirtschaftlichen Ordnung.

- Eine Strafbarkeit nach § 266 StGB soll nach der vielfach verwendeten Formel dann gegeben sein, wenn der Täter „nach Art eines Spielers“ und außerhalb kaufmännischer Sorgfalt sich auf Drängen der Verlustgefahren eingeht, um dafür nur eine vage Chance eines Gewinns zu erlangen.

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III. Strafrechtliche Verantwortlichkeit für eigenes Verhalten am Beispiel des Untreuetatbestandes sowie der Bestechungsdelikte

Vermeidungsstrategien

- Ein strafrechtliches Risiko in diesen Fällen lässt sich durch zwei unterschiedliche Maßnahmen vermeiden:

- Einholung eines Gutachtens.

- Wenn der Geschäftsführer sich durch einen Anwalt beraten lässt, kann er auf diesen Rat vertrauen und entgeht so dem Vorwurf der Strafbarkeit.

- Die Genehmigung des Geschäfts durch die Gesellschafter. Voraussetzung ist allerdings, dass die Zustimmung der Gesellschafter zu dem Rechtsgeschäft nicht ihrerseits treuwidrig und daher rechtswidrig ist. Letzteres ist der Fall, wenn durch ein Rechtsgeschäft der GmbH das Stammkapital angegriffen und die Existenz der Gesellschaft oder deren Liquidität nachhaltig gefährdet wird.

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III. Strafrechtliche Verantwortlichkeit für eigenes Verhalten am Beispiel des Untreuetatbestandes sowie der Bestechungsdelikte

2. Korruptionsdelikte

a) Vorteilsgewährung/Bestechung §§ 331 ff. StGB

Die §§ 331 ff. StGB normieren eine Strafbarkeit hinsichtlich der Vorteilsgewährung an Amtsträger bzw. einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten.

Nach § 333 StGB macht sich strafbar, wer einem Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr für die Dienstausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten anbieten, verspricht oder gewährt.

Der Straftatbestand der Korruptionsdelikte ist einerseits vom Gesetzgeber und andererseits von der Rechtsprechung im Laufe der Zeit immer weiter ausgedehnt worden.

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III. Strafrechtliche Verantwortlichkeit für eigenes Verhalten am Beispiel des Untreuetatbestandes sowie der Bestechungsdelikte

Unter einem Vorteil i. S. d. § 331 StGB versteht man jede Leistung des Zuwendenden, die dem Amtsträger oder auch einem Dritten materiell oder immateriell in seiner wirtschaftlichen, rechtlichen oder auch nur persönlichen Lage objektiv besser stellt und auf die dieser keinen begründeten Anspruch hat.

Erfasst ist damit also praktisch jede irgendwie geartete Besserstellung.

Im Umgang mit Amtsträgern und für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten ist deshalb allerhöchste Vorsicht geboten, um nicht in den Verdacht korruptiven Verhaltens zu geraten.

Erfasst werden nunmehr sowohl sog. Anbahnungszuwendungen (Anfüttern), die sich auf die Dienstausübung beziehen, wie auch die sog. „Klimapflege“ zur Schaffung allgemeinen Wohlwollens im Rahmen der Dienstausübung als auch Maßnahmen zur allgemeinen „Stimmungspflege“. Auch sog. Dankeschön-Zuwendungen sollen erfasst sein.

Der Tatbestand erhält damit eine fast uferlose Weite und birgt enorme Risiken.

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III. Strafrechtliche Verantwortlichkeit für eigenes Verhalten am Beispiel des Untreuetatbestandes sowie der Bestechungsdelikte

Einschränkungen durch Fälle de sog. Sozialadäquanz

- Die Strafbarkeit wird allerdings eingeschränkt bezüglich solcher Leistungen, die der allgemeinen Höflichkeit oder Gefälligkeit entsprechen und sowohl sozialüblich als auch unter den Gesichtspunkten des Rechtsschutzes allgemein gebilligt sind (z. B. Neujahrsgeschenke an Postboten).

- Vorsicht bei Wertgrenzen. Es kommt immer auf den Einzelfall an.

- Der Tatbestand ist jetzt sehr weit gefasst. Dies ergibt sich auch aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes. Dieser hat wie folgt ausgeführt:

„Der Senat ist sich bewusst, dass das Merkmal der Unrechtsvereinbarung nach der hier vorgenommenen Auslegung im Randbereich kaum trennscharfe Konturen aufweist; dies kann zu Beweisschwierigkeiten führen und räumt dem Tatrichter eine beträchtliche Entscheidungsmacht ein.“

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III. Strafrechtliche Verantwortlichkeit für eigenes Verhalten am Beispiel des Untreuetatbestandes sowie der Bestechungsdelikte

b) Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr, § 299 StGB

Wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs einem Angestellten oder Beauftragten eines geschäftlichen Betriebes einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er ihn oder einen anderen bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen in unlauterer Weise bevorzuge, wird gemäß § 299 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Für die Bestechung im geschäftlichen Verkehr reicht es nicht aus, dass Zuwendungen zur Schaffung allgemeinen Wohlwollens gegeben werden. Erforderlich ist vielmehr eine konkrete Unrechtsvereinbarung im dem Sinne, dass der Vorteil als Gegen-leistung für eine künftige unlautere Bevorzugung gewährt wird.

Eine Bevorzugung ist als unlauter zu bezeichnen, wenn sie geeignet ist, Mitbewerber durch Umgehung der Regelung des Wettbewerbs und durch Ausschaltung der Konkurrenz zu schädigen.

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IV. Strafrechtliche Risiken in der Unternehmenskrise

1. Insolvenzverschleppung gemäß § 15a InsO durch unterbliebene Antragstellung

a) Pflicht des GmbH-Geschäftsführers zur Stellung eines Insolvenzantrages gemäß § 15a Abs. 1 InsO bei

aa) Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 Abs. 2 InsO

„Der Schuldner ist Zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist i. d. R. anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

bb) Überschuldung gemäß § 19 Abs. 1 InsO

„Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich.“

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IV. Strafrechtliche Risiken in der Unternehmenskrise

b) Frist zur Insolvenzantragstellung:

Ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung.

c) Strafbarkeit bei Pflichtenverstoß

Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer gegen die Pflicht zur Insolvenzantragstellung verstößt. Die Tat ist sowohl vorsätzlich als auch fahrlässig begehbar, § 15a Abs. 4 InsO.

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IV. Strafrechtliche Risiken in der Unternehmenskrise

2. Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt gemäß § 266a StGB

- Der Geschäftsführer einer GmbH macht sich schon dann gemäß § 266a StGB wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt strafbar, wenn er als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung vorenthält, und zwar unabhängig davon, ob überhaupt Arbeitsentgelt gezahlt wird.

- Die Strafbarkeit bezieht sich „nur“ auf die Arbeitnehmeranteile.

- Schon die bloße nicht (rechtzeitige) Zahlung an die Sozialversicherung erfüllt den Straftatbestand.

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IV. Strafrechtliche Risiken in der Unternehmenskrise

- Vermeidungsstrategien:

- Eine Strafbarkeit nach § 266a StGB lässt sich relativ einfach dadurch vermeiden, dass – wenn Teilzahlungen möglich sind – eine sog. Tilgungsbestimmung getroffen wird. Die Zahlung muss für die Arbeitnehmeranteile erfolgen. Wenn diese vollständig ausgeglichen sind, kommt eine Strafbarkeit nicht in Betracht.

- Möglich ist es auch, mit den Sozialversicherungsträgern bzw. der Einzugsstelle eine Stundung zu vereinbaren, sodass die Fälligkeit hinausgeschoben wird. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Stundungsabrede dokumentiert wird. Es ist dringend zu empfehlen, eine solche schriftlich zu vereinbaren.

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IV. Strafrechtliche Risiken in der Unternehmenskrise

3. Banktrottdelikte gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 5 (unordentliche Führung der Handelsbücher) und Abs. 1 Nr. 7 StGB (verspätete bzw. Nichterstellung von Bilanzen)

- Eine Strafbarkeit ist bereits dann gegeben, wenn die Drei- bzw. Sechs-Monats-Frist nicht eingehalten wird und die objektive Billigung der Strafbarkeit, nämlich Einstellung der Zahlung bzw. Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfüllt ist.

- Die längeren steuerlichen Bilanzfeststellungsfristen sind nicht anwendbar!

- Es kann bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen also nicht geltend gemacht werden, der Steuerberater habe eine Fristverlängerung beantragt oder sogar bewilligt bekommen. Darauf kommt es strafrechtlich nicht an.

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V. Strafrechtliche Verantwortlichkeit für fremdes Verhalten

1. Strafrechtliche Risiken für den Geschäftsführer durch die Verpflichtung zur Verhinderung von Straftaten durch Mitarbeiter

- Der Geschäftsführer hat Kraft seiner Weisungsbefugnis die Möglichkeit, das Verhalten der Mitarbeiter zu leiten und aus diesem Grund auch Sorge für rechtmäßiges Verhalten in Bezug auf betriebsbezogene Handlungen zu tragen.

- Die Pflicht beschränkt sich auf die Verhinderung sog. betriebsbezogener Straftaten und umfasst nicht solche Taten, die der Mitarbeiter lediglich bei Gelegenheit seiner Tätigkeit im Betrieb begeht.

- Betriebsbezogen ist eine Tat dann, wenn sie in einem inneren Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit des Begehungstäters oder mit der Art des Betriebs aufweist.

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V. Strafrechtliche Verantwortlichkeit für fremdes Verhalten

2. Strafrechtliches Risiko für den Geschäftsführer durch sog. Produktverantwortung

- Der Geschäftsführer einer GmbH hat als Garant dafür einzustehen, dass Gefahren, die von den hergestellten Produkten für die Gesundheit der Verbraucher ausgehen, abgewendet werden.

- Da es sich um eine ressortübergreifende Ausnahmesituation handelt, trifft diese Pflicht alle Geschäftsführer.

- Diese haben nach Maßgabe der gesellschaftsinternen Regelung der Geschäftsführung auf eine entsprechende Entscheidung hinzuwirken.

- Kann der einzelne Geschäftsführer seine Aufgaben nicht durchsetzen, geht die Garantenpflicht nicht dahin, gegen den Willen der anderen Maßnahmen zu ergreifen, z. B. die Verbraucher zu warnen oder die Aufsichtsbehörde zu informieren (streitig)

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VI. Präventivverteidigung und Notfallmanagement

Aus Sicht eines Strafverteidigers ein absolutes Muss! Im Einzelnen:

1. Jeder Geschäftsführer sollte im Rahmen einer Präventivberatung die strafrechtlichen Risiken für sich selbst aber auch für das jeweilige Unternehmen einschätzen lassen.

2. Errichtung eines „Alarmplanes“ für das Unternehmen und die Mitarbeiter

3. Vorsorgliche Benennung eines Unternehmensverteidigers

4. Vorsorgliche Benennung eines Verteidigers für den Geschäftsführer

5. Rechtliche und tatsächliche Vorbereitung der Mitarbeiter auf eventuelle Ermittlungsmaßnahmen

6. Entscheidung über eine mögliche Kostenübernahme

7. Verbot von Verdunklungshandlungen

8. Einrichtung eines Compliance-Systems

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