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Denkmalpf lege in Westfalen-Lippe 2.04 Der spätgotische Kalvarienberg der St. Felizitaskirche in Lüdinghausen Umbau der Bochumer „Jahrhunderthalle“ zur Hauptspielstätte der Ruhr-Triennale Ein Villengarten der 1930er Jahre in Lübbecke

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Denkmalpflegein Westfalen-Lippe

2.04

Der spätgotischeKalvarienbergder St. Felizitaskirche in Lüdinghausen

Umbau der Bochumer„Jahrhunderthalle“zur Hauptspielstätte der Ruhr-Triennale

Ein Villengarten der1930er Jahrein Lübbecke

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Impressum:© 2004 Ardey-Verlag MünsterAlle Rechte vorbehaltenSatz/Litho/Druck: Thiekötter, MünsterPrinted in GermanyISSN 0947-829910. Jahrgang, Heft 2/04

Erscheinungsweise 2mal jährlich zum Preis von4,50 € (Einzelheft) zuzüglich Versand über den Ardey-Verlag Münster, Holtmannsweg 21a48157 Münster

Herausgegeben vom Westfälischen Amt für Denk-malpflege im Auftrag des LandschaftsverbandesWestfalen-Lippe

Redaktion:Dr. Jost Schäfer (Leitung)Almuth GumprechtDr.-Ing. Roswitha KaiserDr. Fred KasparDr. Andrea PufkeDr. Thomas SpohnDr. Dirk Strohmann

Anschrift:Westfälisches Amt für DenkmalpflegeSalzstraße 38 (Erbdrostenhof)48133 Mü[email protected]

Die AutorenAus dem Westfälischen Amt für Denkmalpflege:Prof. Dr. Eberhard GrunskyDipl.-Ing. Hartmut OchsmannDr. Marion Niemeyer-TewesDipl.-Ing. Uwe Siekmann

Markus Kamps M.A.Dr. Reinhard Karrenbrock

LandschaftsverbandWestfalen-Lippe www.lwl.org

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AUFSÄTZE

Reinhard KarrenbrockDER SPÄTGOTISCHE KALVARIENBERG DER ST. FELIZITASKIRCHE IN LÜDINGHAUSEN

Seite 47

Eberhard GrunskyDER UMBAU DER BOCHUMER „JAHRHUNDERTHALLE“ ZUR HAUPTSPIELSTÄTTE

DER RUHR-TRIENNALESeite 53

Uwe SiekmannEIN VILLENGARTEN DER 1930ER JAHRE IN LÜBBECKE

Seite 57

Marion Niemeyer-TewesDIE EVANGELISCHE PAULUSKIRCHE IN GELSENKIRCHEN-BULMKE

UND DER KIRCHENBAU DER FRÜHEN FÜNFZIGER JAHRE IN WESTFALENSeite 64

BERICHT

Markus KampsDER FUND EINER SPÄTGOTISCHEN KASEL IN SENDENHORST

Seite 80

MITTEILUNGEN

LEIPZIGER MESSE „DENKMAL“ – MEKKA FÜR DENKMALPFLEGERSeite 81

1. WESTFÄLISCHER TAG FÜR DENKMALPFLEGE 2004 – EINE NACHLESESeite 82

NEUERWERBUNGEN DER BIBLIOTHEK IN AUSWAHLSeite 83

BUCHBESPRECHUNG

EKKEHART HÄHNEL, FACHWERKINSTANDSETZUNG.EIN PRAXISHANDBUCH. STUTTGART 2003

(Hartmut Ochsmann) Seite 84

VERKÄUFLICHE BAUDENKMÄLERSeite 86

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INHALT

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An der Nordseite der St. Felizitaskirche in Lüdinghau-sen befindet sich, auf einem kleinteilig gearbeitetenGolgathahügel stehend, ein lebensgroßes, spätgoti-sches Steinkreuz, das bislang, trotz seiner beachtli-chen bildhauerischen Qualität, weitgehend unbe-kannt geblieben ist und auch in der wissenschaftli-chen Forschung bis zum heutigen Tage keinerlei Be-achtung gefunden hat. Offensichtlich handelt es sichhier um den Überrest eines größeren, möglicherwei-se aus mehreren Figuren bestehenden Kalvarienber-ges, wie er sich seit der 2. Hälfte des 15. Jahrhundertsauf den Kirchhöfen Westfalens, insbesondere imMünsterland, mehrfach nachweisen lässt.Der ursprüngliche Zusammenhang dieser zumeistaus Sandstein geschaffenen, monumentalen Kalva-rienberge, die als Veranschaulichung der PassionChristi vielfach in unmittelbarer Nähe eines Kirch-baues aufgestellt waren, hat sich jedoch nur selten biszum heutigen Tage bewahrt. In den meisten Fällenwurden die der Witterung ausgesetzten Figurengrup-pen, soweit sie sich erhalten haben, bereits an Ort undStelle durch Kopien ausgetauscht und in den Innen-raum verbracht. Auch das Kalvarienbergkreuz in Lü-dinghausen, das bis vor kurzem vollkommen unge-schützt vor der Nordwand der St. Felizitaskirche auf-gestellt war, musste nach der im Jahr 2000 durchge-führten Restaurierung 2002 durch eine originalge-treue Kopie ersetzt werden, um weiterem Substanz-verlust vorzubeugen. Die erhaltenen mittelalterlichenTeile dieser Anlage – der spätmittelalterliche Corpusund der zugehörige Golgathahügel – befinden sichseitdem im Sandstein-Museum in Havixbeck, da amOrt selbst keine angemessene Aufstellungsmöglich-keit gefunden werden konnte.Ursächlich für die Errichtung derartiger Kalvarienber-ge dürften im späten Mittelalter die vielfach bezeug-ten Pilgerreisen nach Jerusalem gewesen sein, die,ausgehend von den Frömmigkeitsbestrebungen derdevotio moderna, im Verlauf des 15. Jahrhundertsverstärkt unternommen wurden. Die Pilger, die dasHeilige Land besucht hatten, konnten nach ihrerRückkehr aus eigener Erfahrung von den Grabesstät-ten berichten, was vielfach den Anstoß zur Errichtungeines Kalvarienberges gab. Ein besonders frühes Bei-spiel einer derartigen, aus mehreren Darstellungenbestehenden Passionsfolge bildet der 1468 errichte-te, aus mehreren Stationen bestehende Kreuzweg„auf dem Jerusalemberg“ der Hansestadt Lübeck,dessen Reliefs im Vergleich zu den nachfolgenden An-lagen jedoch eher klein erscheinen. Konkrete Anre-gungen zur Vergegenwärtigung des Leidens Christidürften zudem von den 1486 erschienenen Reisebe-richten des Kanonikers Johann von Breidenbach aus-gegangen sein, der zwischen 1474 und 1483 das Hei-lige Land bereist und die heiligen Stätten aufgesuchthatte.Im unmittelbaren Anschluss an diese Pilgerfahrtenwurde in Westfalen und am Niederrhein eine großeAnzahl derartiger, zumeist monumentaler Kalvarien-berge angelegt, so etwa an der Dominikanerkirche inDortmund, deren Kirchhof im Jahre 1500 mit einemmehrteiligen Passionszyklus ausgestattet wurde, deraus einer Kölner Bildhauerwerkstatt stammte. Der ur-sprüngliche Umfang dieser Anlage dürfte jedoch

kaum noch festzustellen sein, da sich nur das zentra-le Kreuz dieses Kalvarienberges sowie zwei Figuren-gruppen bis zum heutigen Tage erhalten haben.Ein weiteres frühes Beispiel bildet der zwischen 1493und 1498 vor den Toren der Stadt Wesel errichtete,aus einer Christusfigur und den beiden Schächern be-stehende Kalvarienberg, der sich heute in Dinslakenbefindet, wo er an der Außenwand der St. Vincentius-kirche Aufstellung gefunden hat. Die Skulpturen die-ser Kreuzigungsgruppe können, wie stilistische Ver-gleiche zeigen, dem zu Beginn des 16. Jahrhundertsin Münster ansässigen Bildhauer Joest van Vorden zu-geschrieben werden, von dem auch die mehrfiguri-gen Kalvarienberge an den Kirchen in Metelen undMeppen (1517) stammen.Münstersche Bildhauerwerkstätten dürften zudem indieser Zeit, den erhaltenen Werken zufolge, auch diemeisten anderen Kalvarienberge in Westfalen ge-schaffen haben. Charakteristische Beispiele hierfürbilden die steinernen Kreuzigungen in Langenberg(bei Wiedenbrück), Warburg und Horstmar, die zu Be-ginn des 16. Jahrhunderts bei Evert van Roden, demherausragenden münsterschen Bildhauer der Zeit um1500, in Auftrag gegeben wurden. Besonders pracht-volle Kalvarienberge dieses bedeutenden Bildhauers,die der Spätphase seines Werkes um 1520/25 zuzu-rechnen sind, haben sich zudem am Dom zu Osna-brück und in der Propsteikirche in Werl erhalten.Die umfangreichste Anlage dieser Zeit dürfte in West-falen jedoch der aus einer Vielzahl von Figuren gebil-dete Kalvarienberg des Domes in Münster gewesensein, der bereits 1534, nur wenige Jahre nach seinerAufstellung, von den Wiedertäufern zerstört wurde.Seine Fragmente befinden sich heute im Westfäli-schen Landesmuseum in Münster. Die von HeinrichBrabender geschaffenen, monumentalen Skulpturendieses Kalvarienberges, die zu den bedeutendstenspätmittelalterlichen Bildhauerarbeiten im nordwest-deutschen Raum zu rechnen sind, werden einst an derSüdseite des Domes gestanden haben. Es handeltsich hier um eine ungemein ergreifende Vergegen-wärtigung der Passion Christi, die im weiten Umkreisnahezu singulär gewesen sein wird. In der unmittel-baren Nachfolge dieser Figurengruppen dürfte je-doch der sog. Berendoncksche Kalvarienberg derXantener Stiftskirche entstanden sein, der zwischen1525 und 1536 wohl von einem niederländischenBildhauer geschaffen und in den nachfolgenden Jah-ren um weitere Passionsszenen ergänzt wurde. Hin-zuweisen ist zudem auf die steinernen Kreuzigungs-gruppen in Benninghausen und Marienfeld, die in dendreißiger Jahren des 16. Jahrhunderts in der mün-sterschen Brabender-Werkstatt entstanden sind. Einegenauere Einordnung des Kalvarienberges in Lü-dinghausen ist hingegen noch nicht erfolgt, was da-mit zusammenhängen dürfte, dass seine Bedeutungbisher nicht erkannt wurde. Die älteste Abbildung, dievon diesem Kreuz bekannt ist, hat sich im Archiv desWestfälischen Amtes für Denkmalpflege erhalten. Aufeiner 1891 angefertigten Aufnahme der Nordseite derKirche ist das Kreuz dort bereits an seinem heutigenAufstellungsort zu sehen, möglicherweise in der ur-sprünglichen Aufstellung als Kirchhofs- oder Fried-hofskreuz, wie es sich auch bei den bereits angeführ-

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DER SPÄTGOTISCHE KALVARIENBERG DERST. FELIZITASKIRCHE IN LÜDINGHAUSEN

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1 Havixbeck, Sandsteinmuseum, Kalvarienberg aus Lüdinghausen. 2003.

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ten Beispielen nachweisen lässt. Zum damaligen Zeit-punkt diente das Kreuz allerdings als Missionskreuz,wie aus der am Kreuzschaft angebrachten Aufschrift„Rette deine Seele“ deutlich wird, die durch eine klei-ne Laterne hervorgehoben wurde; darüber hinaus istoberhalb des Querbalkens ein Kreuztitulus mit In-schrift zu sehen.Eine weitere, wohl um 1951 gefertigte Aufnahme zeigtdas Kreuz bereits ohne diesen Titulus, zudem sindauch die Inschrift („Rette deine Seele“) und die darü-ber angebrachte Laterne nicht mehr vorhanden. ImVergleich mit seinem heutigen Zustand war der Cor-pus damals noch sehr viel besser erhalten und in sei-nen Detailformen sehr viel präziser, weshalb diese Auf-nahme für eine genauere Beurteilung des Kreuzes vonbesonderer Wichtigkeit erscheint.Zu diesem Zeitpunkt waren zudem auch die Füße unddie Fingerkuppen des Gekreuzigten noch vorhanden,während sie auf einem 1960 aufgenommenen Pho-to, das den Corpus stark verschmutzt zeigt, fehlen.1974 wurde deshalb bereits eine größere Restaurie-rung durchgeführt, bei der die fehlenden Gliedmaßenergänzt wurden; darüber hinaus wurde der vorhande-ne, wohl nicht originale Kreuzbalken ausgetauscht.Zudem wurde damals auch der rundum bearbeiteteGolgathahügel gedreht, so dass nun nicht mehr dasauf dem Hügel liegende Gewand Christi, sondern diezuvor zur Kirchenwand hin ausgerichtete Seite mitHammer, Zange und weiteren Gerätschaften zu sehenist. Abschließend wurden die mittelalterlichen Be-standteile des Kalvarienberges mit einem Konservie-rungsmittel getränkt.Da der Standort des Kalvarienberges nach dieser Re-staurierung beibehalten und auch keinerlei Verda-chung errichtet wurde, obwohl Corpus und Hügel ausstark witterungsanfälligem Material – dem Baumber-ger Sandstein – gearbeitet sind, musste das Kreuz,

das mittlerweile wieder einen starken Moos- und Al-genbewuchs zeigte, nun von neuem restauriert wer-den. Bei den Arbeiten, die von der Dipl. RestauratorinEva Möllenkamp durchgeführt wurden, ließen sichdarüber hinaus größere Abplatzungen und Schalen-bildungen am Sandstein feststellen, so dass das Kreuznicht nur gereinigt, sondern auch in seiner Substanzgesichert werden musste.Trotz der heutigen Steinsichtigkeit konnten zudem amCorpus, zumeist in winzigen Resten, insgesamt vierFassungen nachgewiesen werden. Die polychromeErstfassung, bei der es sich um die ursprünglicheFarbfassung handeln könnte, weist im Haar- und Bart-bereich „braunfarbige Fassungsreste auf, in derMundpartie sind rote Fassungsreste ersichtlich, an derDornenkrone konnten grünfarbige Reste ermitteltwerden, am Ohrbereich hatte sich ein roter Fas-sungsrest erhalten (vermutlich Blutstropfen) und amLendentuch konnten azuritblaue und goldfarbige Re-ste festgestellt werden“ (Restaurierungsbericht E. Möl-lenkamp).Um den langfristigen Erhalt des Kalvarienberges zu si-chern, wurde zudem beschlossen, den spätmittelal-terlichen Corpus und den zugehörigen Golgathahü-gel durch eine exakte bildhauerische Kopie zu erset-zen – anders als bei den zuvor genannten Steinkreu-zen, deren Kopien in Form von Abgüssen angefertigtworden waren (so etwa in Warburg, Horstmar undOsnabrück). Die bildhauerischen Arbeiten, die durchSebastian Springer ausgeführt wurden, waren 2002abgeschlossen, so dass das Kreuz wieder an seiner al-ten Stelle vor der Nordwand der Lüdinghauser Kircheaufgestellt werden konnte. Das mittelalterliche Origi-nal, das im Inneren der St. Felizitaskirche nur schwerhätte untergebracht werden können, wurde dem

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2 Lüdinghausen, St. Felicitas, Kalvarienbergkreuz.Um 1951.

3 Lüdinghausen, St. Felicitas, Kalvarienberg (Kopie). 2002.

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Sandstein-Museum in Havixbeck als Leihgabe über-lassen, wo es nun an herausragender Stelle eine neueAufstellung gefunden hat. Die durchgeführten Maß-nahmen boten zudem auch die Gelegenheit, sich auskunsthistorischer Sicht näher mit dem LüdinghauserKreuz zu beschäftigen.Der mit weit ausgebreiteten Armen nahezu axial andas Kreuz geheftete Corpus, dessen Oberflächen-struktur – mit Ausnahme des bereits stärker angegrif-fenen Hauptes – noch weitgehend intakt sein dürfte,erscheint kräftig, beinahe gedrungen, was durch dieverhältnismäßig kurzen, wohl auf Untersicht gearbei-teten Beine noch verstärkt wird. Besonders hervorzu-heben sind die stark eingezogene Taille und der mar-kant herausgearbeitete Rippenbogen, der durch straf-fe Sehnen mit der Bauchpartie verbunden ist.Überaus prägnant gestaltet ist zudem das relativgroße, nur leicht zur Seite geneigte Haupt Christi, des-sen breites, knochiges Gesicht von einzelnen, beina-he ornamental anmutenden Bart- und Haarlockeneingefasst wird. Die Präzision der bildhauerischenAusarbeitung, die auf älteren Photos an einzelnen De-tails des Gesichtes noch abzulesen ist, ist heute je-doch nur noch zu erahnen. Besonders charakteri-stisch erscheinen die großen, von gratigen Brauenüberfangenen Augen, die Faltenzüge beiderseits derkraftvollen Nase, deren Wurzel durch markante Rit-zungen betont wird, und die aus einzelnen Taubän-dern geflochtene Dornenkrone, die oberhalb der Stirndurch ein eng gewundenes Band zusammengehaltenwird.Die differenziert gearbeitete, kraftvolle Körperlichkeitund das stilisierte, zugleich überaus markant ausge-bildete Gesicht Christi, das auf eine spätmittelalterli-che Entstehung hinweist, unterscheidet den Lüding-hauser Corpus von den Gekreuzigten der bereits ge-nannten, wohl einige Jahre später entstandenen Kal-varienberge der münsterschen Bildhauerwerkstätten,die, trotz mancher Unterschiede untereinander, gänz-lich anderen Stilvorstellungen folgen. Unmittelbar ver-wandte Kruzifixe lassen sich jedoch weiter südlich, imDortmunder Raum finden, wo sich mehrere ver-gleichbare Kreuzigungsdarstellungen bewahrt haben,die allerdings nicht aus Sandstein, sondern sämtlichaus Holz gefertigt wurden.Besonders enge Übereinstimmungen zeigen sichbeim Triumphkreuz der St. Marienkirche in Dort-mund, dessen Gekreuzigter dem Lüdinghauser Cor-pus in seiner gedrungenen Gesamtauffassung rechtnahe kommt, bis hin zu den relativ kurzen Beinen, die

auch hier deutlich auf Untersicht hin gearbeitet sind.Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Kreuzen wer-den zudem in der prägnanten Wiedergabe des Ober-körpers und in der charakteristischen Anlage des re-lativ breiten Gesichtes deutlich, dessen Wangenkno-chen, wie in Lüdinghausen, besonders hervorgeho-ben sind – bis hin zur Gestaltung der großen, schwe-ren Augen, die auch hier von gratig zugespitzten Brau-en überfangen werden. Abweichend erscheinen da-gegen die aus langen Strängen gebildeten Haare unddas sehr viel kleinteiligere Lendentuch des Dortmun-der Gekreuzigten, was jedoch möglicherweise auf ei-ne etwas spätere Entstehung schließen lassen könn-te.Direkte Entsprechungen hierzu finden sich jedoch beieinem kleinen, leider nur noch fragmentarisch erhal-tenen Corpus in der Sammlung des Vestischen Mu-seums in Recklinghausen, dessen ursprüngliche Her-kunft jedoch nicht mehr festzustellen ist. Der Gekreu-zigte im Vestischen Museum, der im Vergleich mitdem Kreuz in Lüdinghausen etwas verschliffener undweniger artikuliert erscheint, kommt dem Kalvarien-bergkreuz in der Anlage und Stofflichkeit des Len-dentuches sowie insbesondere in der Gestaltung desHauptes sehr nahe; beide Kruzifixe dürften ungefährzeitgleich in derselben Bildhauerwerkstatt gefertigtworden sein.Erweitert werden kann diese Reihe durch eine ausmehreren Bildwerken gebildete, monumentale Kreu-zigungsgruppe aus der St. Viktorskirche in Schwerte,deren Hauptbestandteile seit 1895 zur Sammlung desWestfälischen Landesmuseums in Münster gehören.Das Zentrum dieser aus lebensgroßen Figuren zu-sammengesetzten Kreuzigung bildet die Darstellungdes Gekreuzigten mit den beiden Schächern; darüberhinaus haben sich, als trauernde Assistenzfiguren,Maria und Johannes erhalten, sowie zwei weitere Fi-guren, bei denen es sich möglicherweise um Longi-nus und Stephaton handelt. Die zentrale Christusfigur

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4 Lüdinghausen, St. Felicitas, Kalvarienbergkreuz, Detail.Um 1951.

5 Dortmund, St. Marien, Triumphkreuz. 2004.

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dieses Zusammenhangs, deren Kalotte und Dornen-krone zu großen Teilen zerstört sind, weist sich durchihre Körperbehandlung und ihre charakteristischeGesichtszeichnung als direktes Pendant zum Lüding-hauser Kreuz aus; beide Bildhauerarbeiten werden inderselben Werkstatt geschaffen worden sein.Abschließend sei zudem auf das monumentale, 1945zerstörte Triumphkreuz der St. Petrikirche in Dort-mund hingewiesen, das ebenfalls dieser Werkstatt zu-geschrieben werden kann. Ein 1890 aufgenommenesPhoto des Westfälischen Amtes für Denkmalpflegelässt erkennen, daß der Gekreuzigte dem Lüding-hauser Corpus in seiner Körperbehandlung sowie ins-besondere in der Gestaltung des Hauptes – des kno-chigen Gesichtes und den ornamental gewellten Haa-ren – recht nahe kam. Das Triumphkreuz der St. Pe-trikirche in Dortmund, das somit einen weiteren Be-zugspunkt für das Lüdinghauser Kreuz bildet, dürfteeines der Hauptwerke dieses bislang nur in Ansätzenuntersuchten Werkkreises gewesen sein.Ausgehend von der Figurengruppe aus Schwertescheint es nun möglich, den Blick zu weiten und auchandere Figurengruppen in die Überlegungen einzu-beziehen, was an anderer Stelle weiter ausgeführt wer-den muss. Die geographische Verteilung dieser mehrals dreißig Werke – zumeist Vesperbilder, Annengrup-pen und Einzelfiguren – erlaubt es jedoch, diese bis-lang unbekannt gebliebene Werkstatt in der Reichs-stadt Dortmund zu lokalisieren, wo sie, den bekann-ten Arbeiten zufolge, zwischen 1460 und 1480 tätiggewesen sein dürfte. Dass in dieser Zeit in Dortmundnachweislich eine Bildhauerwerkstatt existierte, ist zu-dem einer archivalischen Quelle der Propsteikirche inKempen zu entnehmen, die 1468 eine Salvatorfigurbei einem Dortmunder Bildhauer erworben hatte.Auch der Kalvarienberg der St. Felizitaskirche in Lü-dinghausen wird – als bislang einziges steinernesWerk dieses größeren Stilzusammenhangs – um1470 in dieser Dortmunder Bildhauerwerkstatt ge-

schaffen worden sein. Das Steinkreuz in Lüdinghau-sen, dessen unmittelbare Parallelen nicht in der Stein-, sondern in der Holzskulptur gefunden werdenkonnten, dürfte demnach der Überrest eines bemer-kenswert frühen Kalvarienberges gewesen sein, des-sen Bedeutung erst jetzt erkannt werden konnte.

LITERATURGunther Fabian, Spätmittelalterliche Friedhofskruzifixi und Kal-varienberge in Rheinland und Westfalen. (Diss.) Bonn 1986. –Reinhard Karrenbrock, Zwei spätmittelalterliche Kalvarienbergein Horstmar und Warburg, in: Westfalen 67, 1989, S. 277–281.– Christus am Kreuz. Der Gekreuzigte in der mittelalterlichenSkulptur Westfalens. (= Ausstellungskatalog Ev. Stadtkirche Un-na) Bearb. von Reinhard Karrenbrock unter Mitarbeit von MariaAnczykowski. Unna 1990. – Reinhard Karrenbrock, Spätmittel-alterliche Bildwerke im heutigen Ruhrgebiet, in: Mittelalter imRuhrgebiet. (=Ausstellungskatalog Ruhrlandmuseum) Essen1990, Bd. 2, S. 246–255. – Westfälische Steinskulptur des spä-ten Mittelalters. (= Ausstellungskatalog Ev. Stadtkirche Unna.)Bearb. von Reinhard Karrenbrock unter Mitwirkung von MariaAnczykowski und Joachim Eichler, Unna 1992. – Géza Jászai,Die monumentale Kreuzigungsgruppe aus der Stadtpfarrkirche

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6 Recklinghausen, Vestisches Museum, Kruzifixtorso.

7 Münster, Westfälisches Landesmuseum,Kruzifix aus Schwerte, St. Viktor.

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St. Viktor zu Schwerte. Zur Kunst der Reichsstadt Dortmund um1430. (= Kunstwerk des Monats April, Westfälisches Landes-museum) Münster 1996. – Jutta Prieur/Reinhard Karrenbrock/Holger Kempkens (Hg.), Jerusalem in Wesel. Die große Kalva-rienbergstiftung des Kaufmanns Hermann Saelen. Wesel 1998.– Eva Möllenkamp, Restaurierungsbericht zum LüdinghauserKreuz, o. O. 2000.

BILDNACHWEISWestfälisches Amt für Denkmalpflege: 1 (Nieland); 2, 4, 8 (Bild-archiv); 3 (Brockmann-Peschel); 5 (Schüttemeyer). – Westfäli-sches Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte: 7. – , R.Karrenbrock: 6.

Reinhard Karrenbrock

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8 Dortmund, St. Petri, Triumphkreuz (zerstört). 1890.

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Eines der größten und besonders komplizierten Pro-jekte zur Neunutzung von Industriebrachen inDeutschland ist das ehemalige Krupp-Gelände in Bo-chum. 1842 gründeten hier Jacob Mayer und Eber-hard Kühne die Gussstahlfabrik Mayer & Kühne, die1854 zu der Aktiengesellschaft „Bochumer Verein fürBergbau und Gussstahlfabrikation“ umgewandeltwurde. Auf dem etwa 70 Hektar großen Areal hat sichder „Bochumer Verein“ in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts zu einem der größten Montan-Unter-nehmen des Landes entwickelt, das 1926 in dem neu-en Konzern „Vereinigte Stahlwerke“ aufging. Damalshatte der Betrieb als größter Arbeitgeber der Stadt et-wa 17.000 Beschäftigte. 1958 erwarb die FriedrichKrupp AG die Mehrheitsbeteiligung am „BochumerVerein“, der 1966 mit der „Hütten- und BergwerkeRheinhausen AG“ zur „Fried. Krupp Hüttenwerke AG“fusionierte. 1968 wurde der letzte von ehemals fünfHochöfen stillgelegt. 1987 erwarb die Landesent-wicklungsgesellschaft Nordrhein-Westfalen im Rah-men des Grundstücksfonds Ruhr etwa die Hälfte(34,5 ha) des ausgedehnten Industriegeländes, weiles als beachtliches Entwicklungspotenzial für dieStadt Bochum eingeschätzt wurde. Wesentliche Fak-toren davon sind nicht nur weitläufige Freiflächen na-he der Innenstadt, sondern auch einige hochkarätigeIndustriedenkmäler.Im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Em-scher Park wurden 1989 für das Areal des BochumerVereins im Rahmen eines Workshop erste Planungs-konzepte dafür entwickelt, wie ein großes und kom-pliziertes altes Industriegelände in eine neue Stadt-entwicklung mit ökologischer Perspektive einge-

bracht werden kann. Die planerische Ideenfindung fürden neuen Stadtpark West wurde 1995 in Angriff ge-nommen und 1997 in mehreren kleineren Wettbe-werben näher konkretisiert. Wesentliche Teile der Er-schließung und Parkgestaltung sind inzwischen aus-geführt.Das Zentrum des Parks bilden die Baudenkmäler derKraftzentrale des „Bochumer Vereins“, die aus ein-drucksvollen Bauwerken und Anlagen des 19. und desfrühen 20. Jahrhunderts besteht. Dazu gehört nebendem schmalen, hoch aufragenden Backsteinbau derDampfgebläsehalle von 1873 (erweitert 1882 und1890), neben der 1895 gebauten und bis 1922 mehr-fach erweiterten Dampfturbinenhalle, neben hochaufgeständerten, unvermittelt endenden Resten vonRohrleitungsbündeln und neben zwei Wasserhoch-behältern aus dem frühen 20. Jahrhundert und von1938 auch die sogenannte Jahrhunderthalle. Dasäußerlich unscheinbare Bauwerk zeigt sich im Inne-ren als leichte Stahlkonstruktion mit beeindrucken-den Abmessungen.Nachforschungen zur Baugeschichte durch die zu-ständige Referentin des Westfälischen Amtes fürDenkmalpflege, Dipl.-Ing. Imme Wittkamp, habenEnde der 1980er Jahre ergeben, dass die Halle ur-sprünglich als Ausstellungspavillon des BochumerVereins auf der Düsseldorfer Industrie- und Gewerbe-ausstellung 1902 gestanden hat. Anschließend wur-de die Stahlkonstruktion ohne die temporäre, ausStuck auf Drahtgeflecht bestehende äußere „Archi-tektur“ nach Bochum verbracht und auf dem Fir-mengelände mit einer neuen Hülle aus Backstein-mauerwerk wieder aufgestellt. Zwischen 1910 und

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DER UMBAU DER BOCHUMER „JAHRHUNDERTHALLE“ ZURHAUPTSPIELSTÄTTE DER RUHR-TRIENNALE

1 Die „Jahrhunderthalle“ nach dem Umbau und der Erweiterung. 2004.

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1927/28 wurde die ursprüngliche Dreigelenkbogen-Konstruktion mehrfach erweitert. Die überbauteGrundfläche ist dabei von 2.500 Quadratmetern auf8.500 Quadratmeter angewachsen. Der Zeugniswertfür die Entwicklung der Montanindustrie im Ruhrge-biet, für die Geschichte der Stadt Bochum und für denStahlbau im frühen 20. Jahrhundert und außerdemder ausgeprägte Alterswert machen die historischeBedeutung und den spezifischen Reiz des Denkmalsaus. Diese Wertschätzung hat im Laufe der 90er Jah-re allen Beteiligten die Notwendigkeit vor Augen ge-führt, die Halle möglichst unverändert zu erhalten undmit einer neuen Nutzung in den Stadtpark West zu in-tegrieren.Als Grundlage für die Weiterentwicklung des IBA-Pro-jektes hat die Stadt Bochum zunächst Ulrike Robeckmit einer detaillierten bau- und nutzungsgeschichtli-chen Untersuchung des Gesamtareals beauftragt. Inzwei Bauabschnitten 1992/93 und 1997 hat man dieHalle soweit instandgesetzt, dass sie temporären Nut-

zungen zur Verfügung stand und in näherer Zukunftkeine substanzgefährdenden Schäden auftretenkonnten. Um die Zukunftsaussichten des Denkmalszu verbessern, wurde es außerdem als wichtiger wei-terer Schritt angesehen, seine historische Bedeutungund die Faszination des Raumerlebnisses einer brei-ten Öffentlichkeit zu vermitteln. Deshalb war es einwichtiger Teil der Erhaltungsstrategie, die „Jahrhun-derthalle“ immer wieder für große kulturelle Veran-staltungen, vor allem für Konzerte der BochumerSymphoniker, zu nutzen. Am großen Erfolg dieser Ver-anstaltungen hatten der Kontrast zur üblichen Gestaltvon Spielorten klassischer Musik, der Charme desProvisorischen, die unübersehbaren Altersspuren derIndustriehalle und ihre Verlorenheit als leergeräumteund abgetakelte Hülle offensichtlich wesentlichen An-teil. Wurde die Entdeckung des Denkmals anfangs inder Öffentlichkeit vielleicht noch eher als Hindernisempfunden, das einer schnellen Ansiedelung neuerBetriebe und damit der Schaffung neuer Arbeitsplät-

2 Die Halle von 1902/03 nach dem Umbau. 2004.

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ze im Wege stand, so waren nach einigen Jahren kul-tureller Nutzung ein Abbruch oder ein radikal ver-fremdender Umbau kaum noch vorstellbar.Zu Beginn des Jahres 2002 wurden als Ergebnis ei-nes Gutachterverfahrens mit Beteiligung von mehre-ren Architekturbüros die Düsseldorfer Architektenge-meinschaft Prof. Karlheinz Petzinka und Thomas Pinkbeauftragt, die Jahrhunderthalle zur zentralen Spiel-stätte der Ruhr-Triennale umzubauen. Obwohl alleBeteiligten von Anfang an der Auffassung waren, dassdie Halle ihren spezifischen, durch mehrere Umbau-ten und durch Alterung geprägten Charakter nichtverlieren dürfe, gab es beim Westfälischen Amt fürDenkmalpflege zunächst die Sorge, dass die Anfor-derungen der neuen Nutzung zu einer weitgehendenVerfremdung der überlieferten Substanz führen wer-den. In einem Planungsprozess mit vielen Erörte-rungsterminen zur Abstimmung der zahlreichen un-terschiedlichen Belange ist es den Architekten jedochgelungen, Substanz und Erscheinungsbild der altenHalle im Inneren ohne gravierende Veränderungen zuerhalten, oder besser gesagt: die neue Nutzung vomspezifischen Charakter des authentischen alten Indu-striebaus profitieren zu lassen. Sehr hilfreich dabei wa-ren das eng begrenzte Baubudget und die daraus fol-gende Entscheidung, die Halle nicht für ganzjährigenGebrauch, sondern nur für eine Spielzeit von Mai bisOktober herzurichten.Um das Gebäude für anspruchsvolle große kulturelleVeranstaltungen nutzbar zu machen, war es erforder-lich, ein Foyer mit allen notwendigen Nebenräumenzu schaffen. Dafür wurde vor die freie Längsseite derHalle eine „Südspange“ gestellt, die sich mit dergroßen Geste des weit ausladenden Daches und mitder lang gestreckten Glasfront sehr selbstbewusst alsErgänzung von 2002/03 präsentiert. Ein zunächst vor-

gesehener entsprechender Anbau auf der Nordseitewurde fallen gelassen, weil seine Ausführung zu er-heblichen Verlusten an benachbartem Denkmalbe-stand geführt hätte. Statt der ursprünglich geplanten„Nordspange“ wurde ein kleinerer Neubau angefügt,der für den Betrieb unverzichtbare Räume wie Künst-lergarderoben, Büros usw enthält. Sein äußeresErscheinungsbild wird durch eine Verkleidung miteinem Gitter aus Zinkblech geprägt.Im Inneren der Jahrhunderthalle wurden drei variabelnutzbare Spielstätten geschaffen. Ihre Anordnungfolgt den Wachstumsstufen des Baukomplexes: EineSpielstätte ist das ursprüngliche Ausstellungsgebäu-de, das 1903 hier neu errichtet und 1912 verlängertworden ist. Die zweite Spielstätte entspricht demQuerbau von 1910, der wenige Jahre später noch ein-mal verlängert wurde. Als dritte Spielstätte dient dieErweiterung, die 1927/28 im Winkel zwischen derAusstellungshalle und dem Querbau entstanden ist.Die drei Hallenbereiche sind nicht durch fest einge-baute Wände, sondern nur durch bewegliche Vor-hänge voneinander getrennt. Für die umfangreicheBühnen- und Sicherheitstechnik, speziell für die Be-leuchtung und für die Sprinkleranlage, wurden aufden alten Kranbahnen zusätzlich neue fahrbare Lauf-kräne eingebaut, die sich in ihrer Form deutlich vonden alten unterscheiden. Sie fügen sich in die Struk-tur der Industriehalle ein, auch wenn sie zu einer er-heblichen Verdichtung in der Ebene der Kranbahnenführen. Weitere, für den Spielbetrieb unverzichtbareEinbauten wie z. B. eine Innenverkleidung der Dächermit Dämmplatten, frei aufgehängte Akustiksegel unddie umfangreiche Elektroinstallation wurden soweitminimiert oder so platziert und gestaltet, dass sie sichzwanglos in das Industriedenkmal einordnen.Von den Veränderungen am Denkmalbestand fällt die

3 Die Hallenerweiterung von 1927/28 nach dem Umbau. 2004.

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für die neue Nutzung zwingend erforderliche Ände-rung des Fußbodenniveaus ins Gewicht: In der Aus-stellungshalle von 1902 sind die markanten Fußge-lenke der Dreigelenkbogen-Konstruktion in den neu-en Fußboden eingesunken. Damit ist ein konstrukti-ves Charakteristikum des ursprünglichen Baues inseiner Gestalt prägenden Wirkung gemindert. Ehedieses Detail mit dem von vornherein absehbaren Er-gebnis ausgeführt wurde, haben die Beteiligten imPlanungsprozess eine Reihe von Alternativen erwogenund gemeinsam wieder verworfen. Die intensive Be-schäftigung mit diesem Detail brachte keinen Lö-sungsvorschlag, der die unterschiedlichen Anforde-rungen zwangloser vereinbart hätte. Als weitere, fürdie neue Nutzung notwendige Veränderung istschließlich noch die statische Ertüchtigung der altenStahlkonstruktion zu erwähnen. Mit einer Seilunter-spannung der Binder, für deren Vorspannung die„Südspange“ herangezogen wurde, haben die Planerdie notwendige Verstärkung in ihrem Erscheinungs-bild soweit minimiert, dass von einer Beeinträchti-gung des Denkmals keine Rede sein kann (Trag-werksplanung: Weischede, Herrmann und Partner,Beratende Ingenieure, Stuttgart).Trotz der extrem kurzen Planungs- und Bauzeit ist dasErgebnis des Umbaus exemplarisch dafür, dass Zeug-

nisse der industriellen Vergangenheit des Ruhrgebie-tes ein kulturell ertragreiches Kapital für die nachin-dustrielle Zukunft der Region sind. Die hohe Aner-kennung des Vorhabens in der Fachwelt wird dadurchbelegt, dass die Gesamtanlage des Westparks mit derJahrhunderthalle im Zentrum vom Bund DeutscherArchitekten im Frühjahr 2004 und die Jahrhundert-halle alleine beim Preis des deutschen Stahlbaus2004 mit Auszeichnungen für beispielhafte Bautengeehrt wurden.

LITERATURWalther Däbritz, Bochumer Verein für Bergbau und Gusstahl-fabrikation in Bochum. Düsseldorf 1934. – Ulrike Robeck, Die„Jahrhunderthalle“ in Bochum (Technische Kulturdenkmale inWestfalen Heft 11). Münster 1992. – Ulrike Robeck, Die älterenBauten der Kraftanlage des Bochumer Vereins (Technische Kul-turdenkmale in Westfalen Heft 13). Münster 1995. – Kultur RuhrGmbH (Hg.), Jahrhunderthalle Bochum – Montagehalle fürKunst. Wuppertal 2003.

BILDNACHWEISWestfälisches Amt für Denkmalpflege, Angelika Brockmann-Pe-schel.

Eberhard Grunsky

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Die Villa „Auf dem Gallenkamp 25“ in Lübbecke wur-de nach Plänen des Herforder Architekten Karl Krau-se für den Lübbecker Zigarrenfabrikanten August Wil-helm Blase jun. errichtet. Die Villa ist mit dem Bau-jahr 1934 ein spätes und sehr eigenwilliges Beispielexpressionistischer Architektur (Michels,1995). Diegroße zweigeschossige Villa wurde auf einem ca.13.230 m² großen, teils waldartig belassenem, teilsparkartig gestaltetem Grundstück errichtet. Die Lagedes Grundstücks auf dem Sporn einer Bergkuppe amNordhang des Wiehengebirges bietet eine freie undreizvolle Aussicht über die Stadt Lübbecke hinaus indie norddeutsche Tiefebene. Der zugehörige Gartenist in seinen Grundstrukturen vollständig und in sei-ner Bepflanzung noch teilweise vorhanden.Als gut erhaltenes Beispiel eines großbürgerlichenGartens ist das Grundstück Bestandteil des sich öst-lich bis zur Altstadt von Lübbecke anschließendenStadterweiterungsgebietes mit Villen und aufwändigenWohnhäusern des frühen 20. Jahrhunderts. Ver-gleichbare gut erhaltene Gärten sind auch über Lüb-becke hinaus nur in wenigen Beispielen dokumentiert.Die Villa diente von 1945 bis in die 1990er Jahre alsOffiziersmesse für die in der Region stationierten bri-tischen Streitkräfte und befindet sich seither wieder inPrivatbesitz. Noch heute ist das Grundstück aufgrundder ehemals militärischen Nutzung mit einem sta-cheldrahtbewehrten doppelten Metallgitterzaun undeinem dazwischen liegenden Grünstreifen umgeben.Der Grünstreifen weist in den Ecken des Grundstücksnoch Fundamentreste von ehemals militärisch ge-nutzten Wachhäuschen auf. Wie eine frühere Grund-stückseinfriedung ausgesehen hat, ist in einem Ver-merk der Bundesvermögensstelle Bielefeld vom

3. 2. 1961 angegeben. Dort heißt es, dass das Grund-stück an seiner Nord-, Ost- und Südseite mit einemJägerzaun eingefriedet war, die übrige Einfriedigungbestand aus einem einfachen, stark abgängigen Lat-tenzaun. Möglicherweise gehörte der Lattenzaun zurbauzeitlichen Grundstückseinfriedung. Heute wirdder Metallgitterzaun von einer stellenweise lückenhaf-ten Hainbuchenhecke begleitet.Die Villa wurde auf einem aufgeschütteten Plateau amhöchsten Punkt des Geländes unmittelbar am Randdes Waldes errichtet, der etwa ein Drittel des Grund-stücks einnimmt. Die rechte Hausseite und die Haus-rückseite mit dem erkerartigen Wintergarten sind we-niger als 20 m vom Waldrand entfernt, während dieTiefe des Gartens nördlich und östlich des Hauses biszu 90 m beträgt.Mit der Anordnung des Hauses auf dem Grundstückwurde ein möglichst großer Abstand zu bebautenoder bebaubaren Nachbargrundstücken gewahrt, eswurden weite Blickbeziehungen in die Landschaft er-möglicht und es wurde nicht zuletzt eine zusammen-hängende Fläche für eine großzügige Gartengestal-tung geschaffen.Vom Standort des Hauses fällt das umgebende Gelän-de nach allen Seiten ab, nach Norden und Nordwe-sten etwas steiler, nach Süden und Osten etwas fla-cher. Diese Geländemorphologie hat den ArchitektenKarl Krause dazu veranlasst, nach Norden und Nord-westen das Gelände zu terrassieren, wobei besondersnordwestlich des Hauses mehrere bis zu 1,20 m ho-he Stützmauern zuzüglich angeschüttetem Erdreicherforderlich wurden. Nach Osten und Süden wurdeder natürliche Geländeverlauf mit Ausnahme einervermutlich späteren Aufschüttung für die Garage

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EIN VILLENGARTEN DER 1930ER JAHRE IN LÜBBECKE

1 Minden-Lübbecke, Auf dem Gallenkamp 25. Ansicht des Hauses von Südwesten. 2002.

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südöstlich des Hauses nicht wesentlich verändert.Es lassen sich mehrere Gartenräume erkennen: (a)der parkartig gestaltete Bereich östlich und südlichdes Hauses, (b) der Terrassengarten, (c) der Waldwestlich des Hauses. Vom Haus her kommend undzum Wald führend verbindet ein in Serpentinen ver-laufender Weg alle Gartenräume miteinander.Zu (a): Der durch das parkartig angelegte Areal vonder Straße zum Haus führende Weg folgt in seinemVerlauf einem bereits vor der Errichtung des Hausesvorhandenen Pfad. Das ist auf dem Lageplan er-kennbar, der auf den Entwurfsplänen für die Villa ausdem Jahr 1934 abgebildet ist. Ursprünglich wuchsneben dem Weg an der Grundstücksgrenze eine (heu-te nicht mehr vorhandene) Hängebuche. Der Weg istheute mit Betonsteinen gepflastert und dient als Zu-fahrt zur Garage und als Zugang zum Haus.Zur Villa hin steigt das Gelände leicht an. Die großzü-gigen Rasenflächen sind mit Bäumen und Baum-gruppen bestanden. Besonders drei der älteren Bäu-me scheinen hinsichtlich ihres Wuchsortes bewusstausgewählt worden zu sein, da diese Bäume exakt ineiner Linie mit sich diagonal gegenüberliegendenHausecken stehen (Stieleiche, dreistämmige Hainbu-che) bzw. achsial auf den Balkon an der linken Haus-seite bezogen sind (Stieleiche). Auch der Wuchsort ei-ner heute nicht mehr vorhandenen Blauzeder scheintaufgrund einer solchen achsialen Beziehung ausge-wählt worden zu sein, wobei allerdings nicht bekanntist, ob der Baum zur ursprünglichen Bepflanzung desGartens gehört hat.

Wege, die den landschaftlichen Gartenteil erschlie-ßen, sind nicht (mehr) erkennbar. Die Anordnung derGehölze legt die Vermutung nahe, dass ein Rundwegüber die Rasenfläche geführt hat. Gewissheit in dieserFrage kann ggf. nur eine gartenarchäologische Gra-bung geben. Den Übergang vom landschaftlich ge-stalteten Areal zum Parterre des Terrassengartens vordem Haus bilden eine Bruchsteinmauer und ein vonder nordöstlichen Grundstücksgrenze in den Gartenvorspringender dichter Gehölzstreifen. Ein den Ge-hölzstreifen querender und als Rampe ausgebildeterWeg verbindet Park und Terrassengarten miteinander.An diesem Weg könnte auch der genannte Rundwegdurch den landschaftlich gestalteten Gartenteil seinenAnfang genommen haben.Zu (b): Der aus Bruchsteintrockenmauern gestaltetedreistufige Terrassengarten erstreckt sich nördlichund nordwestlich des Hauses. Aus statischen Grün-den und um die Stützmauern nicht zu massiv wirkenzu lassen, wurde an Stellen mit größerem Gefälle derHöhenunterschied durch jeweils zwei hintereinandergestaffelte und Pflanzbeete einschließende niedrigereMauern aufgefangen.Ein wesentliches expressionistisches Gestaltungsmo-tiv des Hauses sind die abgerundeten Hausecken so-wie die abgerundeten Fenster und Türen. Dieses Mo-tiv wird auch im Garten bei der Gestaltung der Ter-rassenmauern und der Pflanzbeete angewendet undso die Formensprache des Hauses auf den Gartenübertragen.Der Terrassengarten gliedert sich in das Plateau (ba),

2 Blick vom Haus auf das Parterre. 2003.

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auf dem die Villa errichtet wurde, ein vor dem Hausgelegenes Parterre (bb) und eine der rechten Haus-seite zugeordnete Abfolge von terrassierten Pflanz-beeten, Rasenflächen, Treppen und Wegen (bc), dieden Übergang zum Wald bildet.Zu (ba): Das Plateau ist die obere Terrassenstufe. Eswurde aufgeschüttet und betont den ohnehin höch-sten Punkt der Kuppe zusätzlich. Mittig auf dem Pla-teau steht die Villa, deren Grundriss an drei Seiten umca. 6 m vom Plateau überragt wird. An der Ostseitedes Hauses verläuft die Begrenzung des Plateausdurch Einbeziehung der Garagenzufahrt ca. 9 m vonder Hauswand entfernt. Hier ist von einer Änderungder ursprünglichen Gestaltung aus dem Jahr 1934auszugehen, denn in dem o.g. Vermerk der Bundes-vermögensstelle Bielefeld vom 3.2.1961 heißt es,dass „nach Aussage des Hausmeisters ... die Garage... von den Stationierungsstreitkräften erbaut wordensein“ soll. Die heutige Garage wurde Ende der 1990erJahre nach Abbruch des Vorgängerbaus errichtet.Aus dem Vermerk der Bundesvermögensstelle Biele-feld geht auch hervor, dass damals die Zufahrt, dieFläche vor dem Gebäude und die Zufahrt zur Garagemit einer festgewalzten Feinsplittdecke versehen wa-ren. An der Vorderseite rechts und links vom Haupt-eingang befand sich Traufpflaster – 1 m breit – ausunregelmäßigen, rauen Bruchsteinplatten. In den1990er Jahren ist das Plateau mit Betonpflasterstei-nen befestigt worden und wird heute unmittelbar amHaus und an seinen Außenrändern von ca. 1 m brei-ten Blumenrabatten gesäumt, deren Formen dieGrundrisslinie des Hauses aufnehmen. Die heutigeForm des Plateaus mag der bauzeitlichen entspre-chen, allerdings liegen über die Gestaltung und Nut-zung des Plateaus vor 1961 keine Erkenntnisse vor.Die rückwärtige Seite des Hauses mit den Fensterndes Salons ist zwar nach Südwesten ausgerichtet unddamit der Sonne zugewandt, doch dürfte aufgrunddes nahen Hochwaldes der Freisitz am Wintergartenim Laufe des Jahres eher beschattet worden sein. DieZugänge vom Haus zum Garten beschränken sich aufeine schmale (nachträglich eingebaute ?) Tür zur Ter-rasse am Wintergarten, eine Küchentür, den Keller-zugang und die Haustür. Bewusst geschaffene Bezü-ge zwischen Außen und Innen in Form eines nachaußen erweiterten Wohnraums sind nicht erkennbar.Zu (bb): Vor der Vorderseite des Hauses erstreckt sichdas zur mittleren Terrasse gehörende Parterre, dasdurch Bodenab- und -auftrag eingeebnet worden istund dementsprechend an seinen Rändern von Stütz-mauern begleitet wird. Durch einen Höhenversatz istdas Parterre in eine rechteckige und eine 30 cm tieferliegende halbkreisförmige Teilfläche gegliedert. DieHöhendifferenz wird durch eine Bruchsteintrocken-mauer aufgefangen, an deren Endpunkten sich ausBruchsteinen aufgeschichtete, 1 m² große quadrati-sche Beete befinden, die die Mauer nicht überragen.Das mit Rasen eingesäte Parterre kann über eine acht-stufigeTreppe von der oberen Terrasse erreicht wer-den. Die Treppe befindet sich gegenüber der Haustürund führt auf einen 2 m breiten Gartenweg (Serpen-tinenweg). Rechts dieses Weges wird, vom Plateauausgehend, das Gelände durch eine ca. 70 cm hoheund 12 m lange Bruchsteintrockenmauer abgestützt.Diese Stützmauer wird von einem 3 m breiten und ca.12 m langen Pflanzbeet begleitet. Der zunächst gera-de verlaufende Serpentinenweg begrenzt die innenund tiefer liegende Rasenfläche halbkreisförmig, umdann parallel zur westlichen Hausseite bis fast zur süd-

westlichen Grundstücksgrenze zu führen. Der Schei-telpunkt des halbkreisförmigen Weges liegt exakt inder Sichtachse zum Küchenfenster an der Vordersei-te des Hauses. Im Scheitelpunkt des halbkreisförmi-gen Weges zweigt ein weiterer Weg ab, der über einedreistufige Treppe und einen Trampelpfad hangab-wärts zum Wald führt. Ebenfalls zum Wald hinab führteine zwanzigstufige Treppe, die die mittlere mit der un-teren Terrasse verbindet und gewissermaßen den Ser-pentinenweg abkürzt.Zwei aus Bruchsteinen gemauerte „Torpfosten“ ste-hen an der plateauseitigen Bruchsteinmauer in derRasenfläche. Sie haben heute keine Funktion mehr,weisen aber auf eine ursprünglich andere Aufteilungoder Nutzung des Parterres hin. Ob es nun einen Nutz-garten oder ein Staudengarten mit Rasenflächen undeinem Sitzplatz unter den Eichen gegeben hat, lässtsich nur vermuten. Die exponierte und zugleich gegenEinblicke geschützte Lage dieser Fläche vor demHaus und die von hier möglichen Ausblicke in dieLandschaft sprechen dafür, dass das Parterre für das„Gartenleben“ der Bewohner eine zentrale Bedeutunghatte und entsprechend gestaltet war.Zu (bc): Die terrassierte Beetanlage nordwestlich desHauses besteht aus symmetrisch angeordnetenPflanzflächen mit zwei integrierten Treppen. Nachaußen schließen sich an die Treppen 3 x 3 m bzw. 3 x 4 m große Pflanzbeete an, in die jeweils ein ein-stämmiger Hainbuchen-Solitär gepflanzt wurde. Überdie Treppen, die eine etwa in Höhe der Vorderseite desHauses und die andere in Höhe des Wintergartens ge-legen, ist die mittlere Terrasse vom Haus her zugäng-lich. Hier befindet sich ein von einer Ligusterheckeumgebener 4 m breiter und 22 m langer Rasenplatz,der über den Serpentinenweg auch vom Parterre er-reichbar ist. Der Rasenplatz bietet Ausblicke in den an-grenzenden Wald. Der in den 1990er Jahren errich-tete Holzschuppen direkt unterhalb des Rasenplatzesverstellt die Sicht in den Wald und missachtet die Be-deutung des Rasenplatzes als Aufenthaltsort und Aus-sichtspunkt.Die Bruchsteintrockenmauern der mittleren Terrassesind, wie auch die Ecken des Hauses, abgerundet undnehmen dessen Formensprache auf. In ihrer nordöst-lichen Verlängerung stützt die Bruchsteintrocken-mauer der mittleren Terrasse die Aufschüttung desParterres und bildet dessen nördliche Begrenzung.An der südwestlichen Grundstücksgrenze führt derSerpentinenweg treppab auf die untere Terrasse, dieparallel zum Waldrand verläuft.Zu (c): Hangabwärts schließt sich an die Terrassen-anlage ein Eichen-Hainbuchenwald an. Der Wert desWaldes für die angrenzenden Gartenräume bestehtvor allem in der raumbildenden Wirkung des Wald-randes, der für das Erscheinungsbild des Gartens vonBedeutung ist.Die Bepflanzung des Gartens Anfang der 1990er Jah-re wurde im Zuge der Erarbeitung eines Baumkata-sters eine Liste des Pflanzenbestandes erstellt und dieWuchsorte einiger Bäume in einer Karte ungefähr ge-kennzeichnet. In dieser Liste sind neben Laub- undNadelbäumen (u. a. Stieleiche, Sommerlinde, Rotbu-che, Hänge-Buche, Blauzeder, Lärche, Eibe, Ulme,Platane, Silberweide, Sandbirke) auch Obstbäume(Apfel, Zwetschge) und Ziersträucher (Forsythie,Kirschlorbeer, Magnolie, Flieder, Hortensie, Spier-strauch, Rhododendron, Pfeifenstrauch) verzeichnet.An Stauden werden Pfingstrosen genannt. Die Flächedes Parterres war mit einzelnen Sträuchern und einer

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Hainbuchenhecke bepflanzt. Beete auf dem Plateauam Wintergarten waren mit Beetrosen bewachsenund der Rasenplatz innerhalb der Terrassenanlage warvon einer Reihe Obstbäume bestanden.Der im März 2003 vorhandene Pflanzenbestand desGartens besteht aus Rotbuche, Stieleiche, Hainbu-che, Scheinzypresse, Sommerlinde, Ahorn, Amerika-nischer Roteiche, Lärche, Platane, Hemlockstanne,Schwarzkiefer, Weißtanne und einem Kirschbaum. Äl-tere Sträucher fehlen weitgehend, einige Rhododen-dren und Ziersträucher sowie die Liguster-Schnitt-hecke im Terrassengarten sind ebenso jüngeren Da-tums wie die Formbäumchen in einem Gartenbeet vordem Haus. Staudenpflanzungen sind nur noch rudi-mentär vorhanden, teilweise sind die Beete in der Ter-rassenanlage flächig mit Felsenmispel bewachsen,was auf den Wunsch der Besitzer nach einer verrin-gerten Unterhaltungspflege deutet.Ein Vergleich des Pflanzenbestandes aus dem Jahr1990 mit dem von 2003 zeigt, dass seit 1990 gut dieHälfte der Gehölze entfernt worden ist. Inwieweit dieFällung notwendig war und ob Gehölze betroffen wa-ren die zur ursprünglichen Bepflanzung des Gartensgehörten, ist nicht mehr nachvollziehbar.Es ist anzunehmen, dass einzelne der heute noch er-haltenen Bäume bereits vor der Anlage des Gartensauf dem Grundstück vorhanden waren. Das betrifft imparkartig gestalteten Gartenbereich die Stieleichen(Stammdurchmesser 110 cm) und die Hainbuchen-gruppe. Die Linde und die Scheinzypresse nordöst-lich des Hauses wurden wahrscheinlich bei der Anla-ge des Gartens gepflanzt. Andere Bäume sind ver-mutlich nach 1945 in die Rasenfläche gepflanzt wor-den, so z. B. die Amerikanischen Roteichen, die Som-merlinden, einige Hainbuchen und die jüngerenScheinzypressen.Von der nordöstlichen Grundstücksgrenze her kom-mend, reicht ein etwa 12 m breiter Gehölzstreifen bisauf ca. 12 m an das Plateau heran und trennt denparkartig gestalteten Garten und den Terrassengarten

optisch voneinander. Der Gehölzstreifen ist überwie-gend mit Nadelgehölzen und Ilex bepflanzt. Zwischender nordöstlichen Grundstücksgrenze und dem que-renden Weg wachsen ca. 10 bis 15 Jahre alte Hem-lockstannen sowie ältere Rotfichten und Schwarzkie-fern, auf der anderen Seite des Weges bestimmen zurursprünglichen Bepflanzung gehörende Scheinzy-pressen und eine Hainbuche (Stammdurchmesserca. 35 cm) das Erscheinungsbild der Pflanzung.Im Parterre gehört z. B. die Stieleiche, die einenStammdurchmesser von 130 cm aufweist, zur ur-sprünglichen Bepflanzung des Grundstücks. Ihr Alterkann auf ca. 100 Jahre geschätzt werden (+/- 20 Jah-re). Sie wächst gemeinsam mit einer näher am Hausstehenden Stieleiche mit 80 cm Stammdurchmesseram linken Rand des Parterres. Beide Bäume wurdenals 10–30jährige Exemplare (möglicherweise von ei-ner anderen Stelle des Grundstücks) hierhin verpflanzt,um den Zugang zu einer zwanzigstufigen Treppe zumarkieren, die vom Parterre in den Wald führt.Auch die von Zeit zu Zeit geschnittenen Hainbuchen-Solitäre (Stammdurchmesser 45 cm) im Terrassen-garten gehören zur bauzeitlichen Bepflanzung.Der sich hangabwärts anschließende Hochwald mitseinen alten Eichen und Buchen ist aufgrund desstark schattenden Kronendaches ohne strauchigenUnterwuchs. Vereinzelt sind Altbäume bereits zusam-mengebrochen oder gefällt worden, so dass der Wald-bestand lückig ist. Durch das Roden weiterer Bäume,die im Bestand und parallel des unteren Serpenti-nenweges wuchsen (die Stubben sind noch erkenn-bar), ist die Funktion des Waldes als rahmengebendeKulisse vermindert. Lediglich zwei Altbäume sindnoch am Serpentinenweg vorhanden.Zumindest bis 1990 waren wegen ihres auffallendenWuchses (z. B. Blauzeder, Hängebuche) und wegenihrer auffallenden Blüte gepflanzte Bäume und Sträu-cher (z. B. Magnolie, Mandelbäumchen, Flieder, For-sythie) im Garten vorhanden. Hinsichtlich der Farb-wirkung der Gehölze fällt auf, dass der Gehölzstreifen

3 Treppe vom Parterre zum Wald. 2003.

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4 Plan des Gartens mit Bestandsaufnahme. 2003.

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zwischen Park und Terrassengarten überwiegend ausdunkellaubigen Nadelgehölzen bestanden hat. Es istanzunehmen, dass mit der Wahl der dunkellaubigenGehölze die Wirkung der Bepflanzung in den angren-zenden Gartenbereichen (Parterre bzw. parkartig ge-staltetes Areal) gesteigert werden sollte. Zugleich istzu vermuten, dass der Architekt auch Wert auf einenfarblichen Kontrast zwischen Haus und Bepflanzunggelegt hat. Die Außenfassade des Hauses ist in einemhellen Farbton gehalten, gegen den die dunkellaubi-gen Nadelgehölze (und auch die eher dunklen Farbendes Bruchsteinmauerwerks der Stützmauern) zurück-treten und die Farbwirkung des Hauses steigern.

GARTENKÜNSTLERISCHE EINORDNUNG So wiees dem Expressionismus in der Kunst um die radika-le Beschränkung auf den wesentlichen Ausdruckging, wurden im expressionistisch geprägten Gartenz. B. Stauden rein abstrakt im Hinblick auf die künst-lerische Wirkung ihrer Blütenfarbe verwendet. Die for-male Gestaltung eines expressionistischen Gartenshatte ein Vorbild in der barocken Gartenkunst. Gehöl-ze sollten durch ihre kubische Masse wirken, was ihreSchnittverträglichkeit voraussetzte. „Diese kubischeWirkung muss der Gestalter in seiner Raumkomposi-tion in Rechnung stellen; je mehr es ihm gelingt, siezu steigern, indem er den Baum oder die Gruppe frei-stellt, sie bindet an den Boden durch niederigeHecken am Sitzplatz oder sie in das Architekturbildseines Hauses einfügt, um so stärker wird die Wirkungsein“ (Koch 1927, zit. in Wimmer 2001). Neben ge-schnittenen Hecken genügten im expressionistischenGarten ausdrucksstarke Gehölze, die als freiplastischeElemente eingesetzt wurden. Gefordert wurde zudemeine Reduzierung des Pflanzensortiments, eine Be-schränkung auf das Wenige, was zur Erreichung derjeweiligen künstlerischen Absicht unentbehrlich war.Der für den expressionistischen Garten gefordertenHinwendung zur Klarheit, Sachlichkeit, Materialge-rechtigkeit ist der Architekt Krause aber nur ansatz-weise gefolgt. Vorrangig hat er auf die bewährten Ge-staltungsmittel Symmetrie und Achsialität zurück ge-griffen.Der Garten weist mit dem Terrassengarten an ba-rocken Vorbildern orientierte und auf das Haus oderTeile des Hauses bezogene Bereiche auf. Er nimmt fürden Garten die architektonische Formensprache auf,die das Haus im Inneren wie im Äußeren prägt undschafft so eine starke formale Beziehung zwischenHaus und Garten. Das für das Haus prägende (ex-pressionistische) Motiv der abgerundeten Ecken fin-det sich sowohl bei den Terrassenmauern als auch beider Form der Pflanzbeete wieder. Ebenso zeigen dieWahl der Gehölzarten und die Wuchsorte bestimmterBäume den Willen des Architekten zu einer ausge-prägten formalen Gestaltung. Symmetrisch angeord-nete schnittverträgliche Pflanzen wie Hainbuchen undEiben sind heute noch vorhanden. Krause hat aller-dings nicht den gesamten Garten dem architektoni-schen Gestaltungsprinzip unterworfen, sondern ne-ben den Terrassengarten das parkartig gestalteteAreal gestellt, dessen einzelne Elemente aber eben-falls (Sicht-)Bezüge zum Haus aufweisen. Bei der Be-pflanzung des Gartens scheinen hinsichtlich Wuchsund Farbigkeit prägnante Gehölze (Scheinzypresse,Hängebuche, Blauzeder, knorrig wachsende Eichen)das Grundgerüst gebildet zu haben. Der vorwiegendaus dunkellaubigen Nadelgehölzen bestehendeGehölzstreifen bot den kontrastreichen Hintergrund

für eine auf Farbigkeit angelegte Strauch- und Stau-denbepflanzung.Die formale Gestaltung des Gartens und die Art derPflanzenverwendung war nicht im oben beschriebe-nen Sinne „expressionistisch“, sondern war Vorbildernund Vorstellungen aus dem 19. Jahrhundert nach-empfunden, wie sie z. B. Gustav Meyer in seinem 1860erschienen „Lehrbuch der schönen Gartenkunst“ pro-pagierte. Mit dem Nebeneinander von architektoni-schen Gartenbereichen in Hausnähe und landschaft-lich geformten Gartenbereichen in den hausfernerenPartien entspricht die Gartenanlage dem so genann-ten „gemischten Stil“ und steht damit in einer Tradi-tion der Gartengestaltung, die in der zweiten Hälftedes 19. Jahrhunderts weit verbreitet war.Es ist auffällig, dass die deutlichen formalen Bezügezwischen Haus und Garten keine Entsprechung hin-sichtlich der funktionalen Bezüge zwischen Innen undAußen finden. Obwohl zu Beginn des 20. Jahrhun-derts zukunftsweisende Architekturkonzepte dasWohnhaus von entbehrlicher Repräsentation befrei-ten und einer gesteigerten Funktionalität Raum ga-ben, derzufolge sich das Haus dem Garten öffnen soll-te und auch vom Garten eine gesteigerte Beziehungzum Haus verlangt wurde, hat der Architekt Karl Krau-se auf eine so verstandene funktionale Beziehung zwi-schen Haus und Garten wenig Wert gelegt. Statt des-sen zielte sein Entwurf darauf ab, das Haus als künst-lerisches Objekt in den Vordergrund zu stellen. So-wohl vom Wald her als auch von der Straßenseite herwird das Haus als Monolith wahrgenommen, der iso-liert in seiner Umgebung steht. Das durch das unge-wöhnliche Verhältnis von Wand- zu Fensterflächensehr geschlossen wirkende Haus wird durch die Gar-tengestaltung in seinem Ausdruck gesteigert.Gerade weil eine funktionale Beziehung zwischenHaus und Garten fehlt, beide sozusagen beziehungs-los nebeneinander stehen, fällt das merkwürdig indif-ferente Verhältnis von Haus und Garten auf, das sei-nen Ursprung in den verschiedenen Zeitschichten fin-det, in denen Garten und Haus verwurzelt sind. Dernach traditionellen Vorstellungen aus der zweitenHälfte des 19. Jahrhunderts gestaltete Garten und dasspätexpressionistische Haus bilden trotz formaler Ge-meinsamkeiten keine gestalterische Einheit. Vielmehrbestehen beide relativ unabhängig nebeneinanderund sind zugleich Ausdruck des Wunsches nachZurückgezogenheit und Repräsentation, nach Freiheitund Ordnung, nach Natur und Kultur, kurz: Haus undGarten sind widersprüchlich. Ob diese Widersprüch-lichkeit nun vom Hochbauarchitekten Karl Krause ge-wollt war oder schlicht seinem Mangel an gartenar-chitektonischem Können entspringt, entzieht sich derKenntnis. Wie dem auch sei: Das Baudenkmal „Aufdem Gallenkamp 25“ bleibt ein einprägsames und be-deutendes Zeugnis des Verständnisses von Architek-tur und Gartenarchitektur des Bauherrn und seinesArchitekten in der Zeit zwischen dem Ersten und demZweiten Weltkrieg.Bei der Würdigung des Gartens ist aber zu bedenken,dass der Garten nur elf Jahre vom Bauherrn, dage-gen ca. 58 Jahre von den britischen Bewohnern undihren Nachfolgern genutzt und gepflegt wurde. Undalle haben den Garten nach ihren Vorstellungen undMöglichkeiten verändert und ergänzt. Das Pflanzender Hemlockstannen, Lärchen und AmerikanischenRoteichen, die Pflasterung der Wege mit Betonver-bundsteinen, die Rodung einzelner Altbäume, derBau der Garage und die Anlage des Schutzzaunes

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sind reversibel und/oder haben die bauzeitliche Struk-tur des Gartens nicht entscheidend beeinträchtigt, sodass der Garten die Wohnverhältnisse und Lebens-gewohnheiten eines großbürgerlichen Industriellen inLübbecke im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts er-kennen lässt. Deshalb liegen auch sozialgeschichtli-che Gründe für seine Unterschutzstellung vor.

QUELLEN UND LITERATURSchreiben der Bundesvermögensstelle Bielefeld als Kopie vonder Stadt Lübbecke. – Hubertus Michels, Eine spätexpressioni-stische Fabrikantenvilla in Lübbecke, in: Denkmalpflege in West-falen-Lippe 1/95, S. 16–21. – Gustav Meyer, Lehrbuch der schö-

nen Gartenkunst. Mit besonderer Rücksicht auf die praktischeAusführung von Gärten, Parkanlagen usw. Faksimile der Ausga-be von 1860. Nicolaische Verlagsbuchhandlung 1999. – Cle-mens Alexander Wimmer, Bäume und Sträucher in historischenGärten: Gehölzverwendung in Geschichte und Denkmalpflege.Dresdner Verlag der Kunst, 2001.

BILDNACHWEIS:Westfälisches Amt für Denkmalpflege: 1 (Brockmann-Peschel);2-4 (Siekmann).

Uwe Siekmann

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DIE EVANGELISCHE PAULUSKIRCHE INGELSENKIRCHEN-BULMKE UND DER KIRCHENBAUDER FRÜHEN FÜNFZIGER JAHRE IN WESTFALEN

2 Ruine der Pauluskirche von Südosten. Nach 1945.

„Der Romanik steht eine Auferstehung bevor“ pro-phezeit Oskar Beyer 1923 in seiner Publikation „...Vom Sinn und Wesen früher mittelalterlicher Kunst“(zitiert nach Brülls 1994, S. 11). Und tatsächlich be-stimmt der Rundbogen als historisierendes Stilphä-nomen den Kirchenbau der dreißiger und vierzigerJahre und wird in der Sakralbaukunst nach dem Zwei-ten Weltkrieg bis zur Mitte der fünfziger Jahre fortge-führt. Auch in Westfalen-Lippe bestimmt der archai-sierende Rundbogenstil eine grosse Zahl neuer Got-teshäuser, die zwischen 1950 und 1953/54 vor allemin den rasch wachsenden Erweiterungsgebieten derStadt- und Ortskerne entstehen. Trotz der Dominanzdieses Stilphänomens liegen bislang kaum Untersu-chungen zu den Werken dieser traditionalistischen Ar-chitekturrichtung vor und werden – wie andere kon-servative Strömungen auch – in der Architekturhisto-riographie zum 20. Jahrhundert weitgehend ausge-blendet (Lammers 1990, S. 101, Petsch 1995, S. 18,Kieser 1998, S. 13f). Holger Brülls weist in seiner 1994erschienenen Dissertation über die romanisierendenSakralbauten der dreissiger und vierziger Jahre auf dieKontinuität des Rundbogens im Kirchenbau nach1945 hin. Die derzeit laufende Dissertation von Hein-rich Otten über den Sakralbau im Erzbistum Pader-born von 1930 bis 1970 verspricht u. a. eine grundle-gende Untersuchung dieses Phänomens.Um die Mitte der fünfziger Jahre vollzieht sich vieler-orts in Westfalen-Lippe ein Wandel im Kirchenbau,der durch die Abkehr von der romanisierenden Dikti-on zugunsten moderner Architekturströmungen ge-

kennzeichnet ist. Innerhalb der großen Zahl früherNachkriegskirchen hat sich ein Beispiel erhalten, dasseine Bedeutung u.a. dem besonderen Umstand ver-dankt, im Entwurfsprozess exemplarisch Kontinuitätund Wandel im Kirchenbau der ersten Hälfte der fünf-ziger Jahre zu dokumentieren. Es handelt sich um diePauluskirche in Gelsenkirchen-Bulmke, deren ersterEntwurf von 1954 von der Fortsetzung romanisieren-der Kirchenbaukunst nach dem Zweiten Weltkrieg ge-kennzeichnet ist, während die beiden darauffolgen-den Entwurfsvarianten (1955 bzw. 1956) exempla-risch die Tendenz zur Nachkriegsmoderne kurz vorMitte der fünfziger Jahre überliefern.Entwürfe und Ausführung gelten dem Wiederaufbauder weitgehend zerstörten historistischen Kirche von1911. Man entscheidet sich Anfang des ersten Nach-kriegsjahrzehnts für einen Neubau und folgt hierin derallgemeinen Ablehnung von Kunst und Architektur des19. und 20. Jahrhunderts, die in den fünfziger Jahrenbesonders negativ bewertet wird (Körner 2000, S. 77).Im Folgenden steht der Zeugniswert von Planung undAusführung für die Entwicklung im Kirchenbau derfünfziger Jahre im Vordergrund, während die Fragenach den Positionen von Denkmalpflege und archi-tekturgeschichtlicher Forschung der ersten Hälfte des20. Jahrhunderts und deren Bedeutung für den Kir-chenbau der fünfziger Jahre einer umfangreicherenBearbeitung bedarf. Es sei hier auf die Dissertationenvon Holger Brülls, Burkhard Körner und Andreas Bau-merich verwiesen, die der Frage – in unterschiedli-chen Zusammenhängen – nachgehen.

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1 Pauluskirche von Südwesten 1911.

DER ARCHITEKT Die Entwürfe zur Pauluskirchestammen von dem Gelsenkirchener Architekten OttoPrinz, der Mitte der zwanziger Jahre an der Techni-schen Hochschule in Stuttgart u. a. bei Paul Bonatzstudiert und anschliessend Meisterschüler an derKunstakademie in Düsseldorf wird. Nach seinen be-ruflichen Anfängen im Essener Büro von Georg Met-zendorf gründet Otto Prinz Ende der Zwanziger Jahremit Ludwig Schwickert, den er bei Metzendorf ken-nengelernt hatte, ein eigenes Architekturbüro in derKünstlersiedlung Halfmannshof in Gelsenkirchen,

das er nach dem baldigen Ausscheiden Schwickertsmit Unterbrechung bis zu seinem Tod Anfang 1958fortführt. Hat er bei Metzendorf vorrangig an der Pla-nung öffentlicher Bauten mitgearbeitet, so kommennach 1945 Industriebauten, private Wohnhäuser,Siedlungsbau sowie ein Gemeindezentrum (ohne Kir-che) als Bauaufgaben hinzu, wobei er für die Verwal-tungsgebäude eine zeittypische Rasterarchitekturwählt. Die Pauluskirche bleibt sein erstes und einzigesKirchbauprojekt, dessen Vollendung im Januar 1958Prinz nicht mehr erleben kann.

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3 Südansicht/Planung 1954.

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Als Student bei Bonatz, einem der Hauptvertreter derStuttgarter Schule, dürfte Otto Prinz zunächst von dertraditionalistischen Architekturauffassung seines Leh-rers geprägt worden sein, während er sich in der zwei-ten Hälfte der zwanziger Jahre im Büro Metzendorf mitder Planung und Realisierung von Verwaltungsge-bäuden, Werksbauten, Kultur- und Bildungseinrich-tungen im Stil der ‘Neuen Sachlichkeit’ auseinander-setzt. Das Büro Metzendorf plant einige wenige Kir-chen, wählt für diese – im Gegensatz zu den Verwal-tungs- und Bürogebäuden – eine Formen- und Mate-rialsprache konservativ-traditionalistischer Prägung.Insbesondere die Josephskirche in Welper (1927–29),deren Wettbewerbsentwurf Otto Prinz möglicherwei-se noch miterlebt hat, zeigt romanisierende Stilphä-

nomene, die Ende der zwanziger Jahre zunehmendden Kirchenbau bestimmen. Bei Metzendorf lerntPrinz also die Vorstellung eines durch überlieferte Bau-formen geprägten Kirchbaustils kennen. Prinz selbstlegt in seinem eigenen Büro den Schwerpunkt auf öf-fentliche Bauaufgaben (Büro und Verwaltung), sam-melt daher bis zum Bau der Pauluskirche keine eige-nen Erfahrungen in Konzeptionierung, Planung undBau von Sakralarchitektur.

ZUR BAU- UND PLANUNGSGESCHICHTE DER PAU-LUSKIRCHE 1944 wird die erste, nach Plänen vonEmil Fritsche 1911 errichtete Pauluskirche (Abb. 1)durch Bombentreffer so schwer geschädigt, dassgroße Teile des Kirchenschiffes verloren gehen. Nach

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der Gründung eines Kirchbauvereins 1952 nimmt diePaulusgemeinde den Wiederaufbau ihrer Kirche inAngriff und beauftragt zwei Jahre später Otto Prinz,der 1952 bereits erste Entwurfsarbeiten angefertigthatte, offiziell mit der Planung. Ende 1955 beginnendie Rohbauarbeiten und Anfang 1958 ist die neue Kir-che vollendet.Zum Zeitpunkt der Neubauplanung stehen von demFritsche-Bau noch der nach Norden ausgerichteteChor mit Apsis und Nebenräumen, der Glockenturmsowie die Westseite bzw. Teile der Ostseite des Kir-chenschiffs jeweils bis zur Höhe ihrer Mauerkronen(Abb. 2). (Nur über dem Chor sind Teile von Gewölbeund Dachwerk erhalten, die allerdings vollständig auf-gegeben werden.). Die genannten Bauteile werdenvon Otto Prinz in die Neubauplanung einbezogen.Schon in der ersten Entwurfsvariante entsteht eineGrundform (Abb. 3), die für die beiden nachfolgendengültig bleibt, und die einen niedrigen Längsbau mit

Rechteckchor nach Norden und dreiteiliger, turmbe-standener Eingangsfront nach Süden zeigt. Dabeiwerden Langhaus und Chor von einem durchlaufen-den, sehr flachen Satteldach zusammengefasst. Ob-schon Prinz mit dem Aufgehenden Längen- und Brei-tenausdehnung, bossiertes Quadermauerwerk desAussenbaus sowie Lage von Chorraum und Ein-gangszone der ersten Pauluskirche übernimmt – letz-teres um die vorgefundene städtebauliche und topo-graphische Einbindung fortführen zu können –, un-terscheiden sich die drei Entwurfsvarianten für dieneue Kirche in Volumen, Form und Stil so grundle-gend von ihrem Vorgängerbau, dass sie als eigenstän-dige Planungen ihrer Zeit zu werten sind.Die drei Entwurfsphasen folgen in kurzem zeitlichenAbstand aufeinander. Ende 1954 entsteht zunächstdie erste Variante, die als Bauvoranfrage bei der StadtGelsenkirchen eingereicht wird und als Grundlage fürden Vertragsabschluss zwischen Paulusgemeinde

4 Grundriss/Planung 1954.

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5 Westansicht/Planung 1954.

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und Architekt im März 1955 dient. Drei Monate spä-ter, im Juni 1955, folgt mit dem Bauantrag eine zwei-te Variante, auf deren Grundlage man mit vorberei-tenden Rohbauarbeiten beginnt und im Anschluss andie Baugenehmigung im Dezember 1955 feierlichden Grundstein legt. Eine dritte und letzte Variante,die Prinz im Herbst 1956 dem Bauamt als endgültigePlanfassung nachreicht, resultiert aus mehrerenPlanänderungen und dokumentiert den Zustand desKirchenbaus gegen Ende des Jahres 1956.

DER ENTWURF VON 1954: EIN BEISPIEL ROMANI-SIERENDER ARCHITEKTUR DER FRÜHEN FÜNF-ZIGER JAHRE Der erste Entwurf von Otto Prinz istsowohl bautypologisch, formal-stilistisch wie auch in

seiner Raumbildung ein typisches Beispiel für den Kir-chenbau der frühen fünfziger Jahre (Abb. 4). So stelltder von ihm geplante Saalbautypus eine weit verbrei-tete Variante des Längsbaus nach 1945 dar. Insge-samt dominiert der Längsbau die Entwicklung der Sa-kralbaukunst bis zum Ende der fünfziger Jahre, wobeiin der zweiten Hälfte des Jahrzehnts eine wachsendeFreiheit der Grundform festzustellen ist (s. u.). Insge-samt kommt er sowohl in basilikaler, hallen- wie auchsaalartiger Ausführung vor, doch scheinen in den frü-hen fünfziger Jahren insbesondere Saalbauten – alsschlichter Kastenraum oder als Längsraum mit zumTeil scheibenartigen Wandpfeilern – errichtet wordenzu sein. Eine Tendenz zum Längsbau kann schon fürdas 19. und frühe 20. Jahrhundert festgestellt wer-

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den. Mit der ‘Auferstehung’ der Romanik in den dreis-siger Jahren wird dieser Bautypus zumeist als Teilkomplexer, monumentaler Anlagen eingesetzt, wiez. B. an den Kirchen Christus-König von Albert Bos-slet im pfälzischen Hauenstein (1932) und St. Wolf-gang von Dominikus Böhm in Regensburg (1940).Nach dem Zweiten Weltkrieg verwenden die Archi-tekten den Längsbau jedoch bescheidener und ver-zichten nicht selten auf Querhaus, Vierungsturm o. ä.,wie der Entwurf zur Pauluskirche exemplarisch be-zeugt (Abb. 5 und Abb. 4).In der Regel ist dem schlichten Längsbau der Nach-kriegszeit aus liturgischen Gründen ein eigenständi-ger Chorraum angefügt. Prinz sieht in seinem Entwurfvon 1954 einen Rechteckchor vor, dem ein flaches

Apsisrund sowie seitliche niedrige Anbauten angefügtsind (Abb. 6). Er wählt eine Chorlösung, die – wie dieApsis oder der seltener verwendete Chorturm – zumgängigen Repertoire romanisierender Bauten derfrühen fünfziger Jahre gehört, wie die Liebfrauenkir-che von Bernhard Deppe in Gevelsberg (1953/54)oder die Kilianskirche von Josef Lukas in Bad Salzuf-len-Schötmar (1954) exemplarisch zeigen. Indem Ot-to Prinz den Chor in gleicher Höhe plant wie denLängsbau, findet am Außenbau eine Vereinheitli-chung beider Teile und damit verbunden eine Straf-fung des gesamten Baukörpers statt, die auch ande-re Kirchen dieser Zeit kennzeichnen. Apsisrund undAnbauten sind im Kern Fragmente der ersten Paulus-kirche, die der Achitekt in sein neues Konzept inte-

6 Nordansicht/Planung 1954.

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7 Ostseite/Planung 1954.

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griert. Dabei umstehen die Anbauten das Chorhauptzu beiden Seiten als unterschiedlich dimensionierteKuben, so dass der Eindruck einer gewachsenen An-lage entsteht. Diese Suggestion von Geschichtlichkeitist ein wesentliches Merkmal der Kirchenbaukunst derdreißiger Jahre, das sich die Architekten in WestfalenAnfang der fünfziger Jahre in vielfältiger formaler Aus-führung für ihre Bauten zunutze machen. So gebensich die Säulen der Jakobikirche von H. A. Schäfer inCoesfeld (1953) den Anschein von Historizität, indemihre Schäfte eine Entasis aufweisen und von romani-sierenden Würfelkapitellen bekrönt werden.Bei der Gestaltung der Eingangsseite entscheidet sichPrinz für eine schlichte Fassade, die den Querschnitt

des Kirchenraums spiegelt (Querschnittsfassade)(Abb. 3). Dieser Fassadentypus gehört neben derDoppelturmfassade, dem Einturm oder dem Quer-riegel zum Typen- und Formenrepertoire des romani-sierenden Kirchenbaus zwischen 1950 und 1955.Sind die Querschnittsfassaden oftmals turmlos oderwerden von einem Glockenturm flankiert wie z.B. anSt. Gottfried von Johannes Dinnendahl in Münster(1952) oder an St. Pius von Alfons Boklage in Wie-denbrück (1954), so entscheidet sich Prinz für eineFassade mit integriertem Eckturm (Glockenturm von1911), dem er ein turmstumpfförmiges Treppenhausals Pendant zuordnet. In die breite Mauerzone zwi-schen den Türmen ist eine große, zentral angeord-

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nete Fensterrose eingelassen, die sich oberhalb einesgroßen Rechteckportals befindet. Fensterrose undPortal sind in den fünfziger Jahren – neben dem Rund-bogen – konstituierende Elemente von Querschnitts-fassaden und werden zusammen mit diesen bis in diesechziger Jahre tradiert. Sowohl die Querschnittfas-sade wie Querriegel, Einturm oder Doppelturmfassa-de finden sich an den Kirchenbauten der dreißigerund vierziger Jahre, so dass die Architekten um 1950auch in der Gestaltung der Eingangssituation unmit-telbar an die voraufgehende Entwicklung anknüpfen.Der erste Entwurf zur Pauluskirche erweist sich nichtnur bautypologisch, sondern auch in struktureller,materieller und formaler Gestaltung als typischer Kir-chenbau der frühen 1950er Jahre. So sind die einzel-nen Bauteile als kräftig proportionierte Baukuben aus-geführt und nach dem Prinzip der Addition aneinan-dergefügt. Die romanisierenden Kirchen nach 1945verfügen zwar größtenteils nicht mehr über die Viel-gestaltigkeit und Komplexität großer Zwischenkriegs-kirchen, doch ist das additive Konzept auch nach demZweiten Weltkrieg wirksam und trägt nicht unerheb-lich zum romanisierenden Charakter des Außenbausbei. Prinz’ Planung sieht außerdem vor, die kräftigenBaukuben mit einer Vormauerschale aus Trümmer-steinen ausführen zu lassen. Hierin folgt er nicht nurder zeitbedingten Notwendigkeit, die Baukosten zuminimieren, sondern gleichermaßen einer allgemei-nen Vorliebe seiner Zeit zu traditionellen Baumateria-lien. Es sollen die kräftigen Natursteinbossen der er-sten Pauluskirche zum Einsatz kommen, die in Mate-rial und Oberflächenbearbeitung sinnfällig den Stil-vorstellungen romanisierender Sakralbaukunst ent-sprechen. Wie z. B. an den Dortmunder Kirchen St.Bonifatius von Emil Steffann (1953–54) und St. Jo-seph von Bruno Haupt und Alfred Kalmbacher(1954/55) ist vorgesehen, die Steine in traditionellerWeise zu versetzen, so dass die kleinen Chor- oderTurmfensterchen des ersten Entwurfes durch gemau-erte Bogenhäupter ausgezeichnet sind. Prinz schließt

sich wie die Mehrzahl seiner Kollegen, die in den frü-hen fünfziger Jahre Gotteshäuser planen, auch in die-ser Versatztechnik den Stilvorstellungen der dreißigerund vierziger Jahre an.Das signifikanteste Merkmal romanisierender Kir-chenbaukunst ist der Rundbogen. Prinz setzt ihn inseinem Entwurf von 1954 in zweifacher Weise ein.Zum einen projektiert er kleinformatige Rundbogen-fenster mit gemauertem Bogenlauf (s. o.), die ingroßer Zahl – einzeln oder gruppiert – das Bossen-quaderwerk von Turm und Choranlage durchbre-chen. Zum anderen plant er monumentale Rundbo-genfolgen, die sich als Stahlbetonkonstruktion an derOstseite von Längsbau und Chor erstrecken sowie fürdie Glockenstube verwendet werden sollen (Abb. 7).In den fünfziger Jahren finden sich monumentale Öff-nungen häufig an einer oder an beiden Seitenwändendes Chorraumes, während das Langhaus über klein-formatige, nicht selten hoch unter die Traufe gerück-te Fenster verfügt, wie die Christophoruskirche von Al-fred Kalmbacher in Dortmund (1954–56) oder die Kir-che Mariä Himmelfahrt von Otto Weicken in Olpe(1953/54) beispielhaft belegen. Auf diese Weise he-ben die Architekten im Inneren den hell erleuchtetenAltarbereich gegen einen dunklen Gemeindebereichab und setzen so unmittelbar die Tradition der dreis-siger und vierziger Jahre fort. Prinz verwendet die Bo-genfolgen allerdings nicht unmittelbar für den Chor-raum, sondern an der Ostseite des Saalbaus, die imKrieg vollständig zerstört worden war. (Die Bogenfol-ge im Chorbereich gehört zum zweigeschossigenChoranbau.) Wie bei den Chorfenstern zeitgleicherBauten erstrecken sich die schlanken Bogenfolgendes Saales in monumentalisierter, raumhoher Aus-führung und stimmen mit diesen in ihrem hohen Maßan Stilisierung und Abstraktion überein, womit sie un-mittelbar an die Bauten der dreißiger und vierzigerJahre anschliessen. Den freien und eigenständigenUmgang mit historischen Bauformen, wie ihn bei-spielsweise Rudolf Schwarz mit den Rundbogen-

8 Längsschnitt/Planung 1954.

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9 Querschnitt/Planung 1954.

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öffnungen an der Kirche St. Anna in Duisburg (1952–53) verwirklicht, zeigt keines der bislang untersuchtenwestfälischen Beispiele.Mit den monumentalen Bogenfolgen treten also auchim Inneren der Pauluskirche Elemente romanisieren-der Baukunst in Erscheinung. Prinz plant für sie einefigürliche Verglasung, wie dem Längsschnitt von 1954zu entnehmen ist. Stellt man sich diese Verglasungfarbig vor, wie es der stilistische Modus der Aussen-baugestalt nahe legt, so wäre der Innenraum zur Gän-ze in ein Dämmerlicht getaucht und würde sich darinvon den Bauten sowohl der dreißiger wie auch derfrühen fünfziger Jahre unterscheiden, wo der halb-dunkle Gemeinderaum in einen großzügig belichte-ten Chor mündet. Bewerkstelligen die Architekten derdreißiger und vierziger Jahre dies mit theatralischenMitteln, indem sie z. B. die Lichtquelle des Choresdurch den Triumphbogen verdecken und dergestaltdem Innenraum eine mystische Wirkung verleihen, sobilden die Kirchenplaner nach 1945 lichterfüllte Chor-räume im großen und ganzen ohne diese bühnen-wirksamen Effekte. Stimmung als Kategorie des bau-lichen Gestaltens ist in der Zeit des Wiederaufbausund der gesellschaftlichen Neuorientierung eher sel-ten zu finden. Insgesamt bilden auch die Innenräumeder frühen fünfziger Jahre Schutzräume für Andacht,Gebet und Sammlung, und auch der Entwurf von Ot-to Prinz folgt dieser Konzeption, verzichtet aber aufLichtfülle im Chorraum, um die vorhandenen Neben-räume weiter nutzen zu können. Dies führt zu einer in-direkten seitlichen Belichtung des Chores, wodurchdas liturgische Zentrum nicht so ausdrücklich als gei-stige und räumliche Mitte des Kirchenraums heraus-gestellt wird wie dies an zeitgleichen Bauten ge-schieht.Überraschenderweise folgt der Innenraumentwurfvon 1954 in seinen übrigen Elementen einem Stil-modus, der grundlegend von dem bisher beschrie-benen romanisierenden Duktus abweicht (Abb. 8).Insgesamt entspricht das Raumschema aus flachge-decktem Saal mit erhöhtem Chorraum und seitlichenRaumzonen (hier für die Emporen) der allgemeinenEntwicklung des Längsbaus der frühen fünfziger Jah-

re (s. o.), doch unterscheidet sich der Entwurf in derForm seines Grundrisses sowie in der Gestaltungraumbestimmender Elemente offenkundig von denInnenraumgestaltungen romanisierender Bauten derZeit. Denn Prinz entwickelt den von zwei Reihenschlanker Rundstützen ausgeschiedenen Saal übertrapezoidem Grundriss und folgt hierin einem Wandelim Kirchenbau, der kurz vor Mitte der fünfziger Jahreeinsetzt (Abb. 4). Um diese Zeit beginnen einige Ar-chitekten das starr rechteckige Raumschema, dasauch die Innenräume der dreißiger Jahre prägte, auf-zulockern, indem sie die Wände der Kirchenbautenschräg stellen. Die dabei entstehende Trapezformwird zu einem charakteristischen Merkmal des Längs-baus bis ca. 1960, wie es z. B. die Heilig-Kreuz-Kirchevon Rudolf Schwarz in Bottrop (1952–57) in präg-nanter Weise überliefert (Kahle 1990, S. 90). Nebeneiner großen Zahl an Kirchenbauten, die diese räumliche Aufweitung zeigen, wird in den fünfzigerJahren der reine Längsbau nicht aufgegeben.Doch nicht nur die Raumform, auch die grazilen,raumhohen Rundstützen folgen den Formvorstellun-gen moderner Architekturströmungen der Nach-kriegszeit und werden annähernd zeitgleich zum In-nenraumentwurf der Pauluskirche beispielsweise inder Auferstehungskirche von Diez Brandi in BadOeynhausen (1953–1956), der Kirche Heilige Familievon Rudolf Schwarz in Oberhausen (1956–58) oderder Lukaskirche von Landeskirchenoberbaurat H.E.Nau in Hagen (1957) eingesetzt. Diese grazilen Stüt-zen unterscheiden sich grundlegend von den dickenMauerscheiben der Wandpfeilerkirchen bzw. den ge-drungenen Arkadenstützen basilikaler Bauten derfrühen fünfziger Jahre, wie ein Vergleich z. B. mit derMarienkirche in Sande bei Paderborn (1950) und derKirche St. Mariä Himmelfahrt von Paul Günther in Gel-senkirchen (1953–54) verdeutlicht. Gleiches gilt fürdie kannelierten Brüstungselemente, die zwischendiesen grazilen Stützen vorschwingen sollen (Abb. 9und Abb. 10). Stützen und Emporenbrüstung verlei-hen dem Innenraumentwurf einen Ausdruck vonLeichtigkeit und Entmaterialisierung, der bereits seitEnde der vierziger, Anfang der fünfziger Jahre im Pro-

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fanbau wirksam ist und ab 1953/54 zunehmend auchdie Architekturentwicklung des Kirchenbaus beein-flusst.

ENTWURFSVARIANTEN ZWEI UND DREI UND DIEABKEHR VOM RUNDBOGEN Bis Juni 1955 überar-beitet Prinz den ersten Entwurf, indem er die Rund-bogenfolgen der Ostseite (Abb. 11) und die rosenge-schmückte Querschnittsfassade (Abb. 12) konse-quent durch hohe Stahlbetonrahmenkonstruktionenmit schmalen, orthogonalen Fensterbahnen ersetztund dem Kirchenbau einen sachlichen Ausdruck ver-leiht. Auch die kleinen Rundbogenfenster von Turm

und Chor werden konsequent durch hochrechtecki-ge Öffnungen ersetzt, und der Kirchturm erhält alsGlockenstube eine flachgedeckte Stahlbetonkon-struktion mit hochrechteckigen Schallöffnungen. Mitdem beschriebenen Stilwandel geht eine weitereStraffung und Klärung des Baukörpers einher. So wer-den die Bauteile des Kirchenschiffs mit Ausnahme derApsis in gleicher Höhe ausgeführt, wodurch der ad-ditive Charakter der ersten romanisierenden Varianteund damit verbunden ein wesentlicher Teil der Histo-rizität aufgegeben wird. Für das Innere besteht derWandel zum einen in der Trennung von Stützen undEmporen, wobei die Emporen mit geraden Brüstun-

10 Emporengeschoss/Planung 1954.

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11 Ostseite/Planung 1955.

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gen hinter die Stützenreihe zurücktreten, so dass diegrazilen Rundstützen deutlicher als im ersten Entwurfden Innenraum dominieren (Abb. 13). Zum anderenfällt nun über die raumhohen, weitgehend transparentverglasten Fensterbahnen der Süd- und Ostseitegroßzügig Tageslicht in den Innenraum, wodurchdieser seinen abschirmenden Charakter gegenüberdem ersten Entwurf mindert und sich zur Außenweltöffnet; für die Südseite plant Prinz eine figürliche, wohlfarbige Verglasung als Schutz gegen den beträchtli-chen Lichteinfall, der von dort zu erwarten ist. Auchder Chor erhält mehr indirektes Seitenlicht, da Prinzdurch o. g. Vereinheitlichung der Bauhöhen die Fen-sterfläche der Chornebenräume vergrößert. Zum

Ausdruck von Leichtigkeit und Entmaterialisierungdes ersten Innenraumentwurfs kommen in der zwei-ten Entwurfsvariante Lichtfülle, Orthogonalität undein hohes Maß an Transparenz hinzu, so dass Atmo-sphäre und Ausdruck des Kirchenraums sich in Gän-ze wandeln.Die dritte Entwurfsvariante führt die Tendenz zurKlärung und Straffung des Baukörpers fort, indem derChor anstelle der Apsis einen raumhohen Fenstervor-bau erhält (Abb. 14 und Abb. 15). Auf diese Weise gibtPrinz ein letztes traditionelles Bauglied zugunsten ei-ner sachlichen Lösung auf und erzielt zudem eine di-rekte Belichtung des Altarraums. Auf Anregung derKunstkommission der westfälischen Landeskirche

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nimmt Prinz zudem eine Veränderung an der Raum-bildung des Inneren vor: Die zuvor trapezoide Haupt-zone erstreckt sich nun über einen rechtwinkligenGrundriss, wobei die Stützenreihen von der Ein-gangsfront in gerader Linie bis zum Ansatz des nunebenfalls rechtwinkligen Chores durchlaufen (Abb.15). Abmessung und Orthogonalität der Hauptzonebetonen die Längsrichtung des Inneren, die der Ar-chitekt durch einen von der Eingangsfront bis zurChorrückwand durchlaufenden Deckenspiegel aussägezahnartigen Schallelementen zusätzlich hervor-hebt (Abb. 16).Die flachgedeckte Glockenstube gibt Prinz zugunsten

schlichter Schallöffnungen im rundbogenfriesge-schmückten Turmmauerwerk von 1911 und einemtraditionellen Pyramidendach wieder auf. Diese Plan-änderung geht auf den ausdrücklichen Wunsch derKirchengemeinde zurück (Abb. 14).Alles in allem setzt Prinz in seinen beiden letzten Ent-würfen den Stilwandel, der für den ersten Innenrau-mentwurf festgestellt werden konnte, konsequent amAußenbau fort, indem er anstelle des archaisierendenRundbogens schmale, vertikale Fensterbahnen pro-jektiert. Diese werden in der Sakralarchitektur ab1953/54 gebräuchlich und prägen bis ca. 1960 als einwesentliches gestalterisches Merkmal eine Vielzahl

12 Südseite/Planung 1955.

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der Kirchenbauten in Westfalen. Können diese Fen-sterbahnen eine gerasterte Struktur aufweisen, für diez. B. Alfons Leitl eine Vorliebe entwickelt, so kommensie vielfach ohne Querstreben vor, wie die Laurenti-uskirche von Wilhelm Seidensticker in Gelsenkirchen(1954) exemplarisch zeigt. Diese dokumentiert zu-dem, dass vertikale Fensterbahnen nicht nur an derPauluskirche als bestimmendes Gestaltungselementeiner Eingangsfront eingesetzt werden können. Auchim Umfang der Durchfensterung folgen die beidenletzten Entwurfsvarianten von Otto Prinz den Neue-rungen im Kirchenbau kurz vor Mitte der fünfzigerJahre. Waren die Kirchen bis dahin zumeist schüt-zende Hüllen für die versammelte Gemeinde, so tre-ten nun Bauten hinzu, die sich vermehrt ihrer Umge-bung öffnen (Kahle 1990, S. 142–146). Dieser neuenKonzeption eines Lichtraums folgt auch Prinz, indemer in seiner Planung ganze Mauerzüge durch transpa-rente Glasflächen ersetzt, die beim Bau der Kirche1955–58 in gelb bzw. grün abgetöntem Antikglas aus-geführt werden. Hier klingt an, was Ende der fünfzi-ger, Anfang der sechziger Jahre zu einem Charakteri-stikum im Kirchenbau beider Konfessionen wird: dassymbolische Öffnen zur Welt. Sind Glaswände im Kir-chenbau beider Konfessionen zu finden, so bleibt dieDurchlichtung der Chorrückwand ein Spezifikumevangelischer Gotteshäuser (Kahle 1990, S. 144),wenngleich sie auch hier vergleichsweise selten reali-siert wird. Die Pauluskirche gehört also zu den weni-gen Beispielen, die diese Besonderheit aufweisen. DieTrapezform, die zu den wichtigen Neuerungen im Kir-chenbau der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre gehört,gibt Otto Prinz auf Anraten von außen in der drittenEntwurfsvariante wieder auf. Vollzieht eine große Zahlan Kirchenbauten die Tendenz zur Auflockerung undAufweitung der Räume, die um 1960 zu zentralenGrundrissformen führt, so setzen nicht wenige Archi-tekten den strengen Längsbau – in Teilen Westfalens

bis in die sechziger Jahre – fort. Dieser Richtung desKirchenbaus kann die dritte Entwurfsvariante von Ot-to Prinz, nach der man die Pauluskirche in den Jah-ren 1955–58 errichtet, zugeordnet werden

ZUSAMMENFASSUNG Der erste Entwurf für die Pau-luskirche von 1954 bezeugt, dass in Westfalen zwi-schen 1950 und 1955 der romanisierende Kirchen-bau der dreißiger und vierziger Jahre fortgesetzt wird.Die evangelische Kirche formuliert nach 1945 keinekonkreten Forderungen nach einem eigenen kirchli-chen Stil und lässt den Architekten künstlerische Frei-heit, sofern ihre Kirchen sich von Profanbauten we-senhaft unterscheiden (Rummelsberg 1951, S. 160).Die erhaltenen Kirchenbauten legen die Vermutungnahe, dass man auf evangelischer Seite wie auch aufder katholischen zu Beginn der fünfziger Jahre in tra-ditionellen christlichen Bauformen auch weiterhin dasüberzeugende und allgemein verständliche Unter-scheidungsmerkmal gegenüber den Profanbautensieht. Auch die als Empfehlung formulierte Forderungder evangelischen Kirche nach einem besonderenGestaltungswert des Gotteshauses, der das Wesendes Bauwerks als dem „Ort der Begegnung mit demgnadenhaften Gott“ gleichnishaft zum Ausdruck brin-gen soll, führt zu Beginn der großen Neubauwelle An-fang der fünfziger Jahre nicht zu einer Neubestim-mung des Kirchenbaus. Augenscheinlich hält manauch nach dem Zweiten Weltkrieg an der Vorstellungfest, dass der romanische Rundbogen in seiner Ge-schichtlichkeit einen unvergänglichen, ewigen Wertdarstellt, mit dem sich das Wesen der Kirche zei-chenhaft ausdrücken lässt. Wie differenziert diese Hi-storizität ins Bild gesetzt werden kann, hat die Analy-se des Außenbauentwurfs von 1954 gezeigt. OttoPrinz folgt in seinem ersten Entwurf also einer allge-meinen Entwicklung seiner Zeit, wobei seine Ausbil-dung in Stuttgart und die Erfahrungen mit romani-

13 Längsschnitt/Planung 1955.

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sierender Kirchenbaukunst bei Metzendorf eine mög-liche Grundlage für den ersten Entwurf der Pauluskir-che bilden.In gleicher Weise, wie der Entwurf von 1954 durch dieGestaltung des Außenbaus die Kontinuität romani-sierender Stilphänomene bis in die Mitte der fünfzigerJahre dokumentiert, bezeugt die des Innenraums ei-ne Neubestimmung des Kirchenbaus, die allgemeinum 1953/54 einsetzt und durch eine Orientierung anden Tendenzen und Strömungen der vielgestaltigenNachkriegsmoderne gekennzeichnet ist. Der Entwurfvon 1954 zeigt in anschaulicher Weise, dass nicht nurein Gebäude als Ganzes, sondern auch nur Teile des-selben von diesem Stilwandel erfasst werden können.Dass diese neuen Form- und Raumvorstellungenzunächst der Gemeinde vorbehalten bleiben sollten,während die Kirche nach außen in tradierter Gestalterscheint, entspricht wohl dem Bedürfnis der Zeitnach Kirchen, die sich in vertrauter Weise als Orte desGlaubens und Heils zu erkennen geben. In jedem Fallzeigt der erste Entwurf eine formal-stilistische Ge-mengelage, die sich einer eindeutigen Zuordnung zurmodernen (= bogenlosen) oder konservativ-traditio-nalistischen Architekturströmung entzieht.Diese Zuordnung ist bei der zweiten und dritten Ent-wurfsvariante möglich, denn Prinz gibt dort auch amAußenbau den archaisierenden Rundbogen zugun-sten der Nachkriegsmoderne auf. Beide Variantensind demzufolge wichtige Zeugnisse für die allgemei-ne Abkehr vom archaisierenden Rundbogen in derMitte der fünfziger Jahre, die das Ende historisieren-den Kirchenbaus in Westfalen markiert. Man scheintnun endgültig die romanisierende Diktion als nichtmehr zeitgemäß zu empfinden und sucht – wie Otto

Prinz – innerhalb der modernen Architekturströmun-gen nach neuen Wegen, dem symbolischen Gehaltdes Kirchenbaus bauliche Gestalt zu verleihen.

Ich danke dem Architekten Herrn Dipl.-Ing. GerhardPrinz, Gelsenkirchen, für die biographischen Angabenzu seinem Vater.

QUELLEN UND LITERATURPfarrarchiv der ev. Paulusgemeinde, Gelsenkirchen-Bulmke. –Andreas Baumerich, Die lebendige Spur. Vom Umgang mit go-tischer Sakralarchitektur in Deutschland nach 1945. 2 Bde. Diss.Köln 2000. Köln 2003 (= Kölner Architekturstudien. 78. Veröf-fentlichung der Abteilung des Kunsthistorischen Instituts derUniversität zu Köln). – Oskar Beyer, Romanik. Vom Sinn und We-sen früher mittelalterlicher Kunst. Berlin 1923. – Holger Brülls,Neue Dome. Wiederaufnahme romanischer Bauformen und an-timoderne Kulturkritik im Kirchenbau der Weimarer Republikund der NS-Zeit. Diss. Bonn 1991. Berlin/München 1994. – Wer-ner Durth, Deutsche Architekten. Biographische Verflechtungen1930–1970. Braunschweig/Wiesbaden 1986. – EvangelischeKirchenbautagung Rummelsberg 1951. Fünfte Tagung für evan-gelischen Kirchenbau vom 24. bis 28. Mai 1951. Hrsg. vom Ar-beitsausschuss des Evangelischen Kirchenbautags. Berlin o.J. –Marco Kieser, Heimatschutzarchitektur im Wiederaufbau desRheinlandes. Diss. Köln 1994, Köln 1998 (= Beiträge zur Hei-matpflege im Rheinland 4). – Barbara Kahle, Deutsche Kirchen-baukunst des 20. Jahrhunderts. Darmstadt 1990. – BurkhardKörner, „Zwischen Bewahren und Gestalten“. Denkmalpflegenach 1945. Diss. Bamberg 1999. Petersberg 2000. – Künstler-siedlung Halfmannshof. Text von Heinrich Maria Denneborg.Gelsenkirchen 1956, ohne Seitenzählung. – Joseph Lammers,Bauten der Zeit des Wieder- und Neuaufbaus 1949–1963, in:Edeltraud Klueting (Hg.), Der Wiederaufbau nach dem 2. Welt-

14 Pauluskirche nach Norden.

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15 Grundriss.

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krieg und die Probleme des Denkmalschutzes. Münster 1990, S.99–107. – Rainer Metzendorf, Georg Metzendorf 1874–1934.Siedlungen und Bauten. Diss. Aachen 1993. Darmstadt/Mar-burg 1994 (= Quellen und Forschungen zur hessischen Ge-schichte 96). – Joachim Petsch, Architektur 1933–45. Bauauf-gaben – Leitbilder – Kontinuitäten und Brüche in der Architek-tur von den 20er bis zu den 50er Jahren, in: Edeltraud Klueting,(Hg.), Denkmalpflege und Architektur in Westfalen 1933–45.Münster 1995, S. 18–42.

BILDNACHWEIS

Ev. Kirchengemeinde Gelsenkirchen-Bumke: 1, 2. – Stadt Gel-senkirchen, Bauakten zur Pauluskirche: 3–13, 15. – Westfäli-sches Amt für Denkmalpflege: 14 (Brockmann-Peschel.).

Marion Niemeyer-Tewes

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16 Pauluskirche von Süden.

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Eine komplette holzgeschnitzte neugotische Krippevom Dachboden des Pfarrhauses, lebensgroße neu-gotische Skulpturen, mehrere schlichte Barockkaselnsowie ein großes Wechselbild vom ehemaligen Hoch-altar der münsterischen Lambertikirche aus den1840er Jahren: Das waren Funde, die Besuche imPfarrhaus und in der Pfarrkirche St. Martinus in Sen-denhorst seit 2001 zutage gefördert hatten. Ein Anrufim Jahr 2003 lautete sinngemäß: „Die neue Küsterinhat im Heizungskeller aufgeräumt und so altes Zeuggefunden, schau Dir das mal an, wenn Du das näch-ste Mal zu Besuch kommst ...“Dem Blick vor Ort einige Tage später zeigten sichdann gut erhaltene neugotische Kirchenfahnen mitgestickten Figuren, große Teile des neugotischen Pro-zessionsbaldachins mit Gestänge und auch ein alterPappkarton, der eine sorglos hineingesteckte Baß-geigenkasel aus broschiertem rot-goldenem Granat-apfelsamt des 19. Jahrhunderts beinhaltete. BeimAuseinanderfalten kam es dann zu der völlig uner-warteten Entdeckung eines in Zweitverwendung auf-gebrachten Kaselstabes in Kreuzform: In unglaubli-cher Farbenfrische strahlten hier Figurenstickereiendes spätgotischen Übergangsstils. Auf dem Rücken-kreuz zu oberst Christus Salvator, in der Mitte der hei-lige Johannes Evangelist und unten eine weiblicheHeilige, allesamt von hervorragender Qualität, ent-standen um 1520. Die Querbalkenenden zeigen jezwei weniger qualitätvolle, und wohl um 1550 zu da-tierende männliche Dreiviertelfiguren (Apostel?) unterRenaissancebaldachinen. Aus der früheren Zeit wie-derum stammen die Figuren des Vorderstabes: Einheiliger Diakon, eine weibliche Heilige und die heiligeKatharina. Im Inventar der Bau- und Kunstdenkmäler

von Westfalen nicht verzeichnet, war die Kasel ledig-lich noch älteren Pfarrmitglieder bekannt, die dasMessgewand vor der Liturgiereform noch an hohenFesttagen in liturgischem Gebrauch erlebt hatten. VielÜberzeugungsarbeit war nötig, um die Verantwortli-chen vom Wert des Stückes zu überzeugen und eineAbnahme der Stickereien vom neugotischen Gewandund die Aufbringung auf ein „zeitgemäßes Messge-wand“ zu verhindern.Ein immer wieder zu erlebendes Maß an mangelnderKenntnis in Teilen des Klerus’ und bei vielen verant-wortlichen Kirchenvorständen stellt bis heute ein im-menses Gefährdungspotential für einige Bereiche deskirchlichen Kulturerbes dar. Dazu zählen vor allem al-le Arten von Paramenten (Messgewänder, Antependi-en, Fahnen, Prozessionsbaldachine und das heutevöllig vernachlässigte Gebiet der Weißstickerei).In den mit ihrem Kunstbesitz noch nicht durch dieKunstpflege und die amtliche Denkmalpflege inven-tarisierten Pfarrkirchen der westfälischen Bistümerharren größere Bestände wichtiger und empfindlicherSakralobjekte auf kenntnisreiche Augen und pflegen-de Hände. Viel zu oft vergessen Geistliche und Kir-chenvorstände, dass sie nur als zeitliche Sachwaltereines allgemeinen und bedeutenden kulturellen Erbeseingesetzt sind, dass sie qua kirchlichem und auchstaatlichem Recht zur sorgfältigen und pflegendenBewahrung verpflichtet.

BILDNACHWEIS:Andreas Lechtape

Markus Kamps

DER FUND EINER SPÄTGOTISCHEN KASELIN SENDENHORST

1 Kasel mit Christus Salvator, hl. Johannesund weiblicher Heiligen. 2004.

2 Hl. Diakon, weibliche Heilige und hl. Katharina. 2004.

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Vom 27. bis 30 Oktober 2004 wird die Messe „denk-mal“ wieder zum Mekka für Denkmalpfleger und Re-stauratoren aus ganz Europa. Zur Europäischen Leit-messe für Restaurierung, Denkmalpflege und Stadt-erneuerung erwartet die Leipziger Messe rund 400Aussteller. Außerdem wird die Messe wieder von zahl-reichen Seminaren, Vorträgen und Tagungen beglei-tet.Zu den Höhepunkten in diesem Jahr zählen die Ge-meinschaftsbeteiligungen aus Polen, Russland, demBaltikum, Ungarn und Österreich. Italien gibt als dies-jähriges Partnerland der „denkmal“ einen Einblick inseine reichen Erfahrungen im Denkmalschutz und inder Restaurierung. Auf dem Gemeinschaftsstand stel-len sich Ausbildungseinrichtungen, Regionen sowiespezielle Gewerke der Restaurierung und Denkmal-pflege vor. Außerdem werden interessante Restaurie-rungsbeispiele gezeigt. Spezialisten demonstrieren anOriginalobjekten ihr handwerkliches Können. Semi-nare und Workshops zu Denkmalpflege und Restau-rierung in Italien ergänzen die Präsentation.Darüber hinaus berichten Experten aus West- undOsteuropa über ihre Erfahrungen in der Denkmal-pflege und Restaurierung. »Stärker als bisher lassenwir in den Podien möglichst viele Fachleute aus ver-schiedenen Ländern zu Wort kommen und miteinan-der diskutieren. Damit wollen wir einen lebendigenWettstreit der Meinungen über Ländergrenzen hinausinitiieren«, informiert „denkmal“-Projektleiterin UlrikeLange. Bisher sind bereits Beiträge aus Polen, Un-garn, Russland, dem Baltikum, Spanien, Frankreich,den Niederlanden und Italien angekündigt.»Ökologie und Ökonomie bei der Sanierung histori-

scher Bauten« ist am 28. Oktober das Thema einerTagung für Architekten, Bauingenieure und Hausher-ren, die der Arbeitskreis Bautechnik der Vereinigungder Landesdenkmalpfleger in Zusammenarbeit mitder Wissenschaftlich-Technischen Arbeitsgemein-schaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege(WTA) organisiert. Die Teilnehmer erörtern unter an-derem die Frage, ob sich Nachhaltigkeit und Wirt-schaftlichkeit ergänzen oder widersprechen. WeitereDiskussionspunkte sind die Energieeinsparverord-nung, intelligente Systeme für die Bauwerksanalyseund Sanierungsplanung, moderne Techniken zumBautenschutz und die experimentelle Standsicher-heitsprüfung. Die Arbeitsgruppe „Historische Baufor-schung“ (ebenfalls Vereinigung der Landesdenkmal-pfleger) stellt ihre Veranstaltung am 29. Oktober un-ter die Überschrift: „Von der Spurensuche zur prakti-schen Anwendung: Historische Bauforschung in derstaatlichen Denkmalpflege“. Das ganztätige Seminarist in drei Themenkomplexe gegliedert: 1. Baufor-schung als Wissenschaft – Quellenkunde und Er-kenntnis; 2. Bauforschung in der Vorbereitung vonSanierung; 3. Exemplarische Projekte der Baufor-schung.Der Zentralverband des Deutschen Handwerks undder Verband der Restauratoren (VDR) richten sich miteiner Podiumsdiskussion an Restauratoren, Denk-malpfleger, Handwerker und Architekten. Auch dasDeutsche Nationalkomitee Denkmalschutz veranstal-tet eine Diskussionsrunde.Programm und Anmeldung über pdf (Aktuelles)www.lwl.org/LWL/Kultur/WAFD/start_html

LEIPZIGER MESSE „DENKMAL“ –MEKKA FÜR DENKMALPFLEGER

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Am 2. und 3. Juli 2004 richtete das Westfälische Amtfür Denkmalpflege zum ersten Mal den „WestfälischenTag für Denkmalpflege“ aus. Als Tagungsort für denAuftakt dieser neuen Veranstaltungsreihe hatte manden Sitz des Denkmalamtes, den Erbdrostenhof inMünster gewählt. Unter den ca. 170 Tagungsteilneh-mern befanden sich neben zahlreichen Unteren undOberen Denkmalbehörden, Denkmaleigentümer,Vertreter der kirchlichen Bauämter, Architekten, Re-stauratoren, Ehrenamtliche und interessierte Laien.Das Tagungsthema „Weiterbauen am Denkmal“ hat-te, wie Landeskonservator Prof. Dr. Grunsky in seinemEinführungsvortrag betonte, programmatischenCharakter. Es solle deutlich werden, dass Denkmal-pflege nicht möglichst viel von unserer Umwelt mu-sealisieren wolle. Absoluter Schutz, die berüchtigteKäseglocke, sei nicht das Ideal der Denkmalpfleger.Mit Hilfe der Themenwahl solle vielmehr dieser Sicht-weise ein grundsätzlich anderes Aufgabenverständnisvon Denkmalpflege entgegengehalten werden. Er er-läuterte, dass gerade die Definition des Denkmals alsGeschichtszeugnis beachtliche Freiheiten für notwen-dige Fortschreibungen eröffne. Die Bedeutung, diedie Nutzung für die Erhaltung von Denkmälern habe,mache Veränderungen immer wieder erforderlich.Dabei seien nachträgliche Hinzufügungen nichtdurch eine altertümliche Anpassung an das Vorhan-dene zu gestalten, sondern man solle sie bewusst als Zeugnisse der Gegenwart kenntlich machen. Ab-schließend machte er noch einmal deutlich, dass sichzum Thema „Weiterbauen am Denkmal“ jedoch keinschematisches Regelwerk erstellen lasse, da Lösun-gen nur jeweils aus den individuellen Bedingungendes konkreten Einzelfalls zu entwickeln seien.

In den sieben folgenden Kurzvorträgen, deren Spek-trum von der Geschichte des Weiterbauens am Denk-mal bis zu aktuellen Fallbeispielen reichte, kamen ne-ben Denkmalpflegern des Westfälischen Amtes fürDenkmalpflege auch Architekten und Hochschulleh-rer aus dem Bereich Denkmalpflege und Baufor-schung zu Wort. Eines der aktuelleren Fallbeispiele,die Umnutzung der ehemaligen Synagoge in Blom-berg zum Stadtarchiv, wurde in einem Korreferat vonDenkmalpflegern und Nutzern des Denkmals vorge-stellt. Einen vergnüglichen Abschluß des ersten Tagesbildete das Abendprogramm mit dem „Architektur-historischen Kabarett“ von Markus von Hagen, Mün-ster.Am nächsten Tag wurde das Tagungsthema durchdrei Exkursionen mit den Zielen Münster, Münster-land/nördliches Ruhrgebiet und Ruhrgebiet vertieft.Vor Ort ergaben sich noch einmal zahlreiche Mög-lichkeiten zum fachlichen Diskurs anhand ausge-wählter „weitergebauter“ Baudenkmäler.Die durchweg positive Resonanz auf den „1. Westfä-lischen Tag für Denkmalpflege“ lässt die Mitarbeiterdes Denkmalamtes mit Freude an die Planung für dienächste Veranstaltung dieser Reihe im Sommer 2006gehen. Dabei wird die Anregung aus dem Kreis derTeilnehmer, die Tagung an wechselnden StandortenWestfalens zu veranstalten, gern aufgenommen wer-den.

BILDNACHWEISWestfälisches Amt für Denkmalpflege (Hedwig Nieland)

Hans H. Hanke, Barbara Pankoke

1. WESTFÄLISCHER TAG FÜR DENKMALPFLEGE –EINE NACHLESE

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Arendt, Claus: Modernisierung alter Häuser: Planung, Bautech-nik, Haustechnik/Claus Arendt. – Vollst. neu bearb. Ausg. von„Altbausanierung“, 1. Aufl. 1993 (erw. Ausg. von „Erneuerungvon Altbauten“, 1. Aufl. 1977). – München: Dt. Verl.-Anst., 2003.– 351 S.: zahlr. Ill., graph. Darst. ISBN ·3-421-03412-5·

Das Buch will, bewusst mit unterschiedlicher Ge-wichtung, alle relevanten Probleme, die mit der „Mo-dernisierung alter Häuser“ entstehen können, aufzei-gen. Ausführlich behandelt werden die Bereiche Bau-technik, Bauphysik und Haustechnik. Darüber hinausbeschreiben die Kapitel „Recht und Finanzierung“und „Vorbereitung“ wesentliche Kriterien, die vor derModernisierung geprüft werden sollten.

Denkmalpflege in den Städten: Stadtbaukunst, Stadtökologie,Stadtentwicklung/Hrsg.: Helmut Lange. – Berlin [u. a.]: Deut-scher Städtetag, 2003. – 340 S. – (Neue Schriften des DeutschenStädtetages·; 83). ISBN ·3-88082-215-8·

20 Jahre Arbeitsgruppe „Kommunale Denkmalpfle-ge“ des Deutschen Städtetages: Die vorliegende Ju-biläumsschrift umfasst neben einer Bestandsaufnah-me auch Positionen und Perspektiven zu den zukünf-tigen Aufgabenfeldern. In ihren über 40 Beiträgen the-matisieren die kommunalen Denkmalpfleger The-men wie Agenda 21, Fachwerkbauten, PräventiveDenkmalpflege, Stadtbaukunst und Denkmalpflege,Denkmal- und Naturschutz, Umnutzung, Kulturland-schaft, Eventkultur, Moderne Informationstechnolo-gie und Denkmalverwaltung, Denkmal-Bereich,Nachhaltigkeit, Architektur, Sanierung, Wiederauf-bau, Zukunft. Das breite Themenspektrum der Auf-sätze ist durch ein ausführliches Sachregister er-schlossen.

Historische Gärten heute: [zum 80. Geburtstag von Professor Dr.Dieter Hennebo]/hrsg. von Michael Rohde ... – Leipzig: Ed. Leip-zig, 2003. – 296 S.: zahlr. Ill., graph. Darst. ISBN ·3-361-00567-1

Zu seinem 80. Geburtstag wurde Prof. Dr. Dieter Hen-nebo mit der Internationalen Fachtagung „Histori-sche Gärten in Gegenwart und Zukunft – Bedeutungund Konsequenzen für den Umwelt- und Kulturgüter-schutz“ geehrt. Aus dieser Tagung hervorgegangen isteine Festschrift, in deren Mittelpunkt die Bedeutung„Historischer Gärten heute“ steht. Verschiedene For-schungsansätze aus unterschiedlichen Fachgebietenspannen in sechs großen Themenkomplexen den Bo-gen von der Gartenkunstgeschichte, Garten- undLandschaftsarchitektur, Kunstgeschichte und Gei-steswissenschaften, Umwelt- und Naturwissenschaf-ten, Politik und Gesellschaft zur Denkmalpflege. Ins-gesamt 47 Beiträge mit zahlreichen Abbildungen ver-mitteln die vielfältigen Aspekte der aktuellen Be-schäftigung mit den historischen Gärten.

Krausch, Heinz-Dieter: „Kaiserkron und Päonien rot ...“: Ent-deckung und Einführung unserer Gartenblumen/Heinz-DieterKrausch. – 1. Aufl. – München [u. a.]: Dölling und Galitz, 2003.– 535 S.: Ill. – (Gartenkultur). ISBN 3-935549-23-7·

In diesem umfassenden Nachschlagewerk ist die Ge-

schichte unserer häufigsten Gartenzierpflanzen nach-zulesen. Die Mehrzahl der heutigen Gartenpflanzenwurde eingeführt: Hortensien aus Japan, Pelargonienaus Südafrika ... Ihre Entdeckung, Einführung undAusbreitung in Europa wird in 250 Kapiteln für mehrals 500 Arten erzählt. Veranschaulicht wird die Ent-wicklung der Pflanzen durch die Illustration der Arti-kel mit Holzschnitten und Kupferstichen des 16. bis18. Jahrhunderts. Sie sollen eine Vorstellung davongeben, „wie bescheiden die inzwischen üppigen Ro-sen, Chrysanthemen und Nelken einst in unsere Gär-ten kamen“.

Die Kunst- und Kulturdenkmäler in Rheine/von Rudolf Breuingund Karl-Ludwig Mengels unter Mitarb. von Wolfgang Knitsch-ky. Hrsg.: Stadt Rheine. – Steinfurt: Tecklenburg. Bd. 1·. Diekirchlichen Denkmäler ohne Elte, Hauenhorst, Mesum. – 2003.– 520 S.: zahlr. Ill., graph. Darst., Kt. ISBN ·3-3934427-39-1

Diese Veröffentlichung ist eine auf drei Bände ange-legte Gesamtdarstellung der Kunst- und Kulturdenk-mäler der Stadt Rheine. Alle 204 Denkmäler, die ge-genwärtig in der amtlichen Denkmalliste der Stadteingetragen sind, sollen behandelt werden. Mit denprofanen Denkmälern in Rheine wird sich der zweiteBand beschäftigen. Der dritte Band soll die kirchli-chen und profanen Denkmäler der Stadtteile Elte,Hauenhorst und Mesum vorstellen.Der vorliegende erste Band beinhaltet „Die kirchli-chen Denkmäler ohne Elte, Hauenhorst, Mesum“. Je-dem Objekt ist ein Kapitel gewidmet. Die jeweilige Be-schreibung beginnt, einem einheitlichen Aufbau fol-gend, zuerst mit der Lage des Denkmals, seiner Bau-geschichte, der Baubeschreibung (von außen nachinnen), seiner Anbauten und der Ausstattung; es fol-gen Kunstwerke und Kirchenschatz sowie die ab-schließende Würdigung des Denkmals. Reich ausge-stattet mit Fotos, Zeichnungen, Karten und/oder Plä-nen der Objekte und ihrer Details, ergänzen die Ab-bildungen ausdrucksvoll den Text. Hingewiesen seinoch auf das einführende Kapitel, das wichtige Datender Stadtgeschichte von den ersten Siedlungsansät-zen bis heute zusammenfasst und damit gleichsameinen historischen Bezug zu den heutigen Denk-mälern herstellt.

Schrader, Mila: Bauhistorisches Lexikon: Baustoffe, Bauweisen,Architekturdetails/Mila Schrader; Julia Voigt. – Suderburg-Hös-seringen: Ed. Anderweit, 2003. – 335 S.: Ill., graph. Darst. ISBN3-931824-29-2·

Das Lexikon ist ein umfangreiches und mit 700 Ab-bildungen auch ein sehr anschauliches Nachschlage-werk. Über 3800 Stichworte informieren zu Begriffenwie Biberschwanz, Diebesverband, Feldbrandziegel,Pinselputz, Vorreiber oder Waldglas, über historischeBaustoffe und Bauweisen.

Umfassende Informationen über unsere Neuerwer-bungen erhalten Sie durch unsere aktuelle Neuer-werbungsliste, die wir monatlich per Email ver-schicken. Sie können die Liste unter folgender Adres-se abonnieren: [email protected]

NEUERWERBUNGEN DER BIBLIOTHEK IN AUSWAHL

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Ekkehart Hähnel, Fachwerkinstandsetzung. Ein Praxishand-buch. HUSS-MEDIEN GmbH, Verlag Bauwesen, Berlin undFraunhofer IRB Verlag, Stuttgart 2003, 200 Seiten, mit zahlrei-chen Fotos und Zeichnungen, mit 100 großformatigen Arbeits-blättern.

Zahlreiche Veröffentlichungen sind in den vergange-nen Jahren zum Thema Fachwerkbau erschienen,dennoch ließ die Literatur im Hinblick auf die prakti-sche Instandsetzung bisher noch manche Wünscheoffen. Insbesondere fehlte eine umfassende Darstel-lung der Instandsetzung konstruktiver Details, die denhandwerklichen und denkmalfachlichen Anforderun-gen gerecht werden. Das Handbuch von Hähnel fülltdiese Lücke aus.Das Buch ist von einem Praktiker verfasst, einem Ar-chitekten, der langjährige Erfahrungen in der Planungund Bauleitung von Baumaßnahmen an historischenFachwerkhäusern besitzt. Darüber hinaus ist er alsLehrender in der Ausbildung von Restauratoren imHandwerk tätig. Beide Erfahrungen kommen auchdem Buch zugute. Nach eigenem Anspruch richtetsich das Buch vornehmlich an Bauherren und Ei-gentümer, aber auch an Architekten, Fachingenieure,Denkmalpfleger, Handwerker sowie an Ausbilder undAuszubildende.Das Buch gliedert sich im Wesentlichen in drei Teile:Einen Textteil, einen Bildteil und den eigentlichenHauptteil mit Arbeitsblättern; daran schließt sich nochein kleiner Anhang mit Quellentexten und Arbeitshil-fen aus der Denkmalpflege an.Das erste von vier Kapiteln des Textteils bietet eine all-gemeine Einführung in die Grundprobleme um die In-standsetzung eines Fachwerkhauses. Es werdenAspekte der Baugeschichte, der Denkmalpflege, derBestandsaufnahme, der Planung und des Genehmi-gungsverfahrens bis zur Dokumentation vermittelt.Wenn auch die einzelnen Themen etwas knapp ab-

gehandelt werden, so bietet die Darstellung doch ge-rade für den Bauherrn einen ersten umfassendenÜberblick. Außerdem geben Literaturhinweise amSchluss der Abschnitte dem Leser nützliche Hinweiseauf weitere Informationsmöglichkeiten. Die emotio-nal gefärbte Kapitelüberschrift „Fachwerkfreud undFachwerkleid“ lässt erkennen, dass die Thematik desersten Kapitels nicht der eigentliche Arbeitsgegen-stand des Autors ist. Vielmehr fühlt er sich in den fol-genden Kapiteln erst richtig heimisch. Im zweiten Ka-pitel „Richtig Konstruieren“ führt der Autor in die kon-struktiven Probleme des Fachwerkbaus ein. Der kon-struktive Holzschutz, Wärme-, Brand- und Schall-schutz werden in ihrer Problematik ebenso dargestelltwie Wind- und Schlagregendichtigkeit sowie dieGrundzüge der Holzverbindungen. Das dritte Kapitel„Auf der Baustelle“ erläutert die Arbeiten am Bau vonder Einrichtung der Baustelle über die verschiedenenBaumaterialien und Bauteile bis hin zu den Hand-werkstechniken am Fachwerk. Das vierte Kapitel be-schreibt grundsätzliche „Fehler und Mängel an histo-rischen Konstruktionen“ und liefert Hinweise zu Ab-hilfe und Instandsetzung. Der Autor vermittelt, wiesorgfältig die Fachwerkinstandsetzung in allen Detailsauszuführen ist. Er weist darauf hin, dass Fachwerk-schäden häufig auf falschen Umgang mit dem Ge-bäude und falsche Restaurierungen zurückzuführensind, wie auch die vernachlässigte Bauunterhaltunghäufig Schadensursache ist. Aber sogar historischeFachwerkbauten weisen gelegentlich schon bauzeit-liche Baumängel auf.Der „Bildteil“ als zweiter Buchteil vermittelt einen klei-nen Eindruck von der Vielfalt des Fachwerkbaus in Eu-ropa. Die Philatelisten unter den Lesern mögen Ge-fallen finden an den Abbildungen von historischenFachwerkbauten auf Briefmarken. Recht illustrativund zugleich anschaulich sind zahlreiche Detailbei-spiele, allerdings lässt der Abbildungsteil erläuterndeVerbindungen und Querverweise zu den beiden an-deren Buchteilen vermissen.Den Hauptteil des Buches bilden die insgesamt 100„Arbeitsblätter“, die aus der praktischen Arbeit ent-standen sind und Arbeitsvorschläge für den Architek-ten und Bauausführenden darstellen. Jedes Arbeits-blatt erläutert die beispielhafte Lösung eines Instand-setzungsdetails mit Hilfe von Zeichnung, Legendeund Arbeitsbeschreibung; alternative Lösungen wer-den dargestellt. Dabei erfreut jeden Denkmalpfleger,wie der Autor die Forderungen an jede Reparaturlö-sung benennt: Die Maßnahme muss die Originalsub-stanz schonen, wertvolle Oberflächen erhalten unddabei statisch wirksam sein. Neben den mehr allge-meinen Arbeitsblättern zu Bauteilbezeichnungen, Si-cherungsmaßnahmen und Holzverbindungen wer-den alle Verbindungspunkte von der Schwelle bis zurDachkonstruktion abgehandelt. Auch den Gefachen,den Bekleidungen, den Fenstern und Türen sind Ar-beitsblätter gewidmet. Wenngleich die grundsätzli-chen Holzverbindungen auch in anderen Buchpubli-kationen zu finden sind, so ist die Systematik und Voll-ständigkeit bemerkenswert, mit der zu jedem wichti-gen Detailpunkt am Fachwerk Reparaturlösungenvorgestellt werden. Selbst die richtige Anfertigung derHolznägel und der Hinweis zur Drainage der Zapf-löcher werden nicht ausgelassen. Die Materialsammlung des Anhanges macht wieder-

BUCHBESPRECHUNG

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um deutlich, dass der Autor mit seinem Buch beson-ders die Instandsetzung von Baudenkmalen im Blickhat. Nützlich sind die Hinweise zur Darstellung der Be-standsaufnahmen, der Schadensbildkartierung undder Instandsetzungsdokumentation. Von besonde-rem Interesse für den Praktiker ist das Muster einesLeistungsverzeichnisses für die Ausschreibung.Um bei der besonders angesprochenen ZielgruppeBauherr/Eigentümer, die mehrheitlich nicht fachlichvorgebildet ist, das Verständnis der Zeichnungen zuunterstützen, hätte man dem Buch einen stärkerenBezug von Arbeitsblattteil und fotografischem Abbil-dungsteil gewünscht. Dennoch wird es dem An-spruch eines Praxishandbuches gerecht. Es ist gut

brauchbar und stellt viele Lösungsmöglichkeiten dar.Die gute Gliederung und das ausführliche Sachwör-terverzeichnis ermöglichen ein bequemes Auffindender Problemerläuterungen und Instandsetzungsvor-schläge. Das Buch wird den Anforderungen der Denk-malpflege gerecht, indem es die Möglichkeiten der In-standsetzung mit den historisch und handwerklichrichtigen Verbindungen beschreibt. Es wird für Bau-herrn und Eigentümer, für Architekten und Ingenieu-re aber auch für Denkmalpfleger und Studenten einewertvolle Hilfe sein.

Hartmut Ochsmann

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Ort: VlothoKreis: HerfordAdresse: Lange Straße 71Objekt: Zweigeschossiges FachwerkgiebelhausDatierung: 1619Nutzung: Wohnhaus mit bisheriger AnwaltskanzleiGrundstücksfläche: 630 m²Kaufpreisvorstellung: 190.000 €

Zweigeschossiges Fachwerkgiebelhaus mit auf Knag-gen vorkragendem Giebel und Anbau liegt inmittender historischen Vlothoer Innenstadt leicht erhöht aufdem sog. „Brink“ an einer verkehrsberuhigten Ge-schäftsstraße.Ehem. Nutzung mit Anwaltskanzlei im Erd- sowieWohnräumen im Erd- und Obergeschoss.Das Gebäude ist umfassend modernisiert.Zum Grundstück gehört eine kleine, abgeschirmte,unmittelbar am Gebäude gelegene Aussenfläche.Kontaktadresse: Lennart Adriani

Lange Str. 7132602 VlothoTel.: 0 57 33 / 32 57

VERKÄUFLICHE BAUDENKMÄLER

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Ort: Meschede-WallenKreis: HochsauerlandkreisAdresse: Im Oth 4Objekt: Niederdeutsches HallenhausDatierung: 1810Nutzung: Leerstehend vor AbbruchKosten: Konditionen auf Anfrage.

Das ehemalige Bauernhaus (Durchgangsdielenhaus)ist am historischen Ort nicht zu halten und daher aufAbbau/Abbruch abzugeben.Die Umfassungswände des Erdgeschosses bestehenaus Bruchstein (mit Backsteinausflickungen), dieübrigen Außen- und Innenwände aus solidem Holz-fachwerk von 21 Gebinden; die rechte Traufwand imBereich des Wirtschaftsteiles duch Stallanbau der Zeitum 1900 stark gestört. Das Innengerüst stöckig ab-gezimmert und im Bereich des oberen Stockwerkeseinschließlich der beiden Dielenseitenwände weitge-hend intakt erhalten.Kehlbalkendachwert mit mittig stehendem Stuhl.Seit den 1960er Jahren ausschließlich landwirt-schaftliche Nutzung, deshalb historische Ausstattungweitgehend entfernt.

Kontaktadresse: Wilhelm BödefeldUntere Denkmalbehörde der StadtMeschedeFranz-Stahlmecke-Platz 259872 MeschedeTel. 02 91 / 20 52 [email protected]

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Ort: Meschede-VisbeckKreis: HochsauerlandkreisAdresse: Fischbachstraße 53Objekt: SpeicherDatierung: um 1750Nutzung: Leerstehend, vorher Schweine- und Hühner-

stallKosten: Konditionen auf Anfrage.

Der Fachwerkspeicher (aufgrund jahrelangen Leer-standes in schlechtem baulichen Zustand) ist am hi-storischen Ort nicht zu halten und daher für eineTranslozierung in der näheren Region abzugeben.Geschossig abgezimmerter Fachwerkbau von fünfGebinden über nahezu quadratischem Grundriss;Fußstrebenaussteifung und zwei bis drei Riegelkettenpro Gefach mit zweifacher Vernagelung; leichte Vor-kragungen der verbretterten Giebeldreiecke mit Zier-schnitzereien; aufgelegte Dach- und eingezapfte Ge-schossbalken.Das Innere ist weitgehend entkernt.

Kontaktadresse: Wilhelm BödefeldUntere Denkmalbehörde der StadtMeschedeFranz-Stahlmecke-Platz 259872 MeschedeTel. 02 91 / 20 52 [email protected]

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Ort: EmsdettenKreis: SteinfurtAdresse: Kirchstraße 12Objekt: Wohn- und GeschäftshausDatierung: Haupthaus 1902, Anbau 1926Nutzung: seit 01. 08. 04 leerstehend

Repräsentatives Wohn- und Geschäftshaus, das über150 Jahre als alteingessener Fachhandel für Büro-und Schreibbedarf weit über die Stadtgrenzen hinauseinen Namen hatte. Das Haus ist in Familienbesitzund steht wegen seines 1902 errichteten Haupthau-ses in Eisenfachwerkonstruktion unter Denkmal-schutz. Das Gebäude ist 2½ geschossig und hat denHaupteingang an der gestalterisch aufwändigen Gie-belseite. Die Grundstücksgröße beträgt 124 m² bei ei-ner Gebäudebreite von 6,0 m und einer BGF von ca.300 m².Es ist als stadtbildprägendes Gebäude im öffentlichenund privaten Interesse zu erhalten. Wegen seiner her-vorragenden Lage am Kreuzungsbereich zweier wich-tiger innerstädtischer Hauptachsen Pankratiusgasse(Schulen – Rathaus) und Fußgängerzone (Kirch-straße) ist eine Nutzung zu Handels-, Wohn- undDienstleistungszwecken wie in der Vergangenheitauch in Zukunft ausgesprochen geeignet. Ziel ist dieErhaltung und zeitgemäße Sanierung und Nutzungdes Anwesens.

Kosten: 100.000 € (VB)Kontaktadresse: Bernhard Poetschki

Stadtfeld 1547906 KempenTel. 0 21 52 / 20 49 75Fax: 0 21 52 / 20 49 76Mobil: 01 70 / 7 80 71 99

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