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Der Alte würfelt nicht Einsteins Dialog mit Gott

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Der Alte würfelt nicht

Einsteins Dialog mit Gott

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Wenn ich öfters von Gott reden werde, dann nicht aus theologischen, sondern aus physikalischen Gründen.

Einstein pflegte so oft von Gott zu reden, dass ich beinahe vermute, er sei ein

verkappter Theologe gewesen.

F. Dürrenmatt,Vortrag zu Einsteins 100. Geburtstag,

ETH Zürich, 1979.

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Der Alte würfelt nicht• Der Alte

– Kosmos und Gravitation– Quantentheorie

• Einsteins Glaube– Pantheismus und Spinoza

• Erkenntnis– Das Gesetz– Die Erkennbarkeit der Welt– Wahrheit und Schönheit– Die beste aller Welten ?

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Der Alte• 1921 Vorlesungen an der Princeton University. zu

einer Messung gegen Gravitationstheorie: “Raffiniert ist der Herr Gott, aber boshaft ist Er nicht.““Subtle is the Lord but malicious He is not.”über den Kamin der Jones Hall in Princeton gemeißelt

• Auf die Frage, was er damit meine, ersetzt er Gott durch Natur*: “Die Natur verbirgt ihr Geheimnis durch die Erhabenheit ihres Wesens, aber nicht durch List.”

• 1923 zu V. Bargmann: „Ich habe noch einmal darüber nachgedacht. Vielleicht ist Gott doch boshaft.“

• zu A. Pais 1947:Had God been satisfied with inertial systems,he would not have created gravitation.

•zu Johanna Fantova 1939:„Respekt vor dem lieben Gott muss man haben, auch wenn es keinen gibt.“

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Gott würfelt nicht•Brief an C. Lanczos 1921:

„Es scheint hart, dem Herrgott in die Karten zu gucken. Aber dass er würfelt und sich telepathischer Mittel bedient … kann ich keinen Augenblick glauben.“

•an Max Born 1926: „Die Quantenmechanik ist sehr Achtung gebietend. Aber eine innere Stimme sagt mir, dass das doch nicht der wahre Jakob ist. Die Theorie liefert viel, aber dem Geheimnis des Alten bringt sie uns kaum näher. Jedenfalls bin ich überzeugt, dass der nicht würfelt.“

• zu Ilse Rosenthal-Schneider 1945:„Obwohl ich nun ein alter Knochen bin, bin ich noch fest bei der Arbeit und glaube immer noch nicht, dass Gott würfelt.“

Einstein redet über den ‚Alten‘, als verfüge er über einen direkten Draht zum Gott seiner Väter.

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Stop telling God what to do !

Bohr zu Einstein

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Einsteins GlaubeAufsatz über „Religion und Wissenschaft“

Berliner Tageblatt, 11.11. 1930„Religion and Science“, New York Times Magazine, 9.11.1930

„Cosmic Religion“, 1931

“Andererseits aber behaupte ich, dass diekosmische Religiosität die stärkste und edelste Triebfeder

wissenschaftlicher Forschung ist ...

Es ist die kosmische Religiosität, die solche Kräfte spendet.Ein Zeitgenosse hat nicht mit Unrecht gesagt, dass

die ernsthaften Forscherin unserer im allgemeinen materialistisch eingestellten Zeit

die einzigen tief religiösen Menschen seien.“

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Mein GlaubensbekenntnisCaputh 1932

Schallplatte für die Deutsche Liga für Menschenrechte

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Mein Glaubens bekenntnis

Das Schönste und Tiefste,was der Mensch erleben kann,

ist das Gefühl des Geheimnisvollen.

Es liegt der Religion sowie allem tieferen Strebenin Kunst und Wissenschaft zugrunde.

Wer dies nicht erlebt hat, erscheint mir,wenn nicht wie ein Toter, so doch wie ein Blinder.

Zu empfinden, dass hinter dem Erlebbaren ein für unseren Geist Unerreichbares verborgen sei, dessen Schönheit und Erhabenheituns nur mittelbar und in schwachem Widerschein erreicht, das ist

Religiosität.

In diesem Sinne bin ich religiös.Es ist mir genug, diese Geheimnisse staunend zu ahnen und zu versuchen,

von der erhabenen Struktur des Seienden in Demutein mattes Abbild geistig zu erfassen.

Caputh 1932

Schallplatte für dieDeutsche Liga für Menschenrechte

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25. April 1929

“Professor Albert Einstein, the author of the theory of relativity, professed belief in ‘Spinoza's God’ in a radiogram

received here yesterday from Dusseldorf, Germany, by Rabbi Herbert S. Goldstein of the Institutional Synagogue,

37 West 116th Street.

The message came in response to a cablegram

to the scientist asking him in German:

‘Do you believe in God ? Prepaid reply fifty words.’“

Einstein formulierte sein Credo mit 27 Worten:

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Ich glaube an Spinozas Gott,der sich in der gesetzlichen Harmonie

des Seienden offenbart,

nicht an einen Gott,der sich mit Schicksalen und Handlungen

der Menschen abgibt.

Man wird zum tief religiösen Ungläubigen.Dies ist eine einigermaßen neue Art von Religion.

Brief an Hans Mühsam 1954

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Spinoza + Pantheismus

„Über wissenschaftliche Wahrheit“Aufsatz 1922:

Jene mit tiefem Gefühl verbundene Überzeugungvon einer überlegenen Vernunft,

die sich in der erfahrbaren Welt offenbart,bildet meinen Gottesbegriff;

man kann ihn also in der üblichen Ausdrucksweiseals ‚pantheistisch‘ (Spinoza) bezeichnen.

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Spinoza + Pantheismus• Baruch Spinoza, sephardischer Philosoph, Amsterdam 1632-1677. wegen unorthodoxer Gedanken aus jüd. Gemeinde ausgestoßen

• Goethes Naturphilosophie. Proömion, 1812:Was wär ein Gott, der nur von außen stieße, Im Kreis das All am Finger laufen ließe!Ihm ziemts, die Welt im Innern zu bewegen, Natur in Sich, Sich in Natur zu hegen,So dass, was in Ihm lebt und webt und ist, Nie seine Kraft, nie Seinen Geist vermisst.

• Einsteins Lobgedicht nach der Lektüre von Spinozas ‚Ethik‘: Wie lieb ich diesen edlen Mann / mehr als ich mit Worten sagen kann.

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Spinoza + PantheismusDeus sive natura

Gott oder Natur = verschiedene Begriffe ein und derselben Sache.

Einstein kannte Spinozas Ethica Ordinae Geometrico Demonstrata:

Deum unicum, hoc est in rerum natura non nisi unam substantiam dari.Gott ist der Eine, also gibt es in der Natur der Dinge nur eine Substanz.

Die Natur ist eins von Gottes unendlich vielen Attributen.

Einstein kannte auch:

� אל�ה�ינו �ה �הו י א�ל יש��ר� ש��מ�עא�ח�ד �ה �הו י

Sh’ma Yisrael,Adonai Eloheinu, Adonai Ehad.

Höre, Israel,der Herr ist unser Gott,der Herr ist der Eine.

Deuteronomium 6:4

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Spinoza + Pantheismusan einen Talmudlehrer, 26.4.1947:

It seems to me that the idea of a personal Godis an anthropomorphic concept which I cannot take seriously.

I feel also not able to imaginesome will or goal outside the human sphere.

My views are near to those of Spinoza:admiration for the beauty of and belief inthe simplicity of the order and harmony

which we can grasp humbly and only imperfectly.

Brief an M. Magalaner, 26.4.1947:

Meine Überzeugungen sind denjenigen Spinozas verwandt:Bewunderung für die Schönheit und Glaube

an die logische Einfachheit der Ordnung und Harmonie*,welche wir demütig und nur unvollkommen fassen können.

Einstein ist eins mit der Schöpfung:Und Gott sah, das es gut war.

Genesis Billigung 7x

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Das Gesetz erkennenהספר היכל

Schrein des Buches

Jerusalem

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Das Gesetz erkennen• Brief an die Berliner Studentin Esther Salaman, 1922:

“I want to know how God created this world. I am not interested in this or that phenomenon, in the spectrumof this or that element. I want to know His thoughts.The rest are details.”

• Aufsatz “Physics and Reality” 1936:

“The eternal mystery of the world is its comprehensibility.” “The fact that it is comprehensible is a miracle.”

• William Hermanns, Gespräch 1954:

“I do not believe in the God of theology who rewards good and punishes evil. My God created laws that take care of that. His universe is not filled by wishful thinking, but by immutable laws.”

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Das Gesetz erkennen:Moses, Jesus, Spinoza, Marx, Kafka, Einstein

• Gott gibt seinem Volk durch Moses am Berge Sinai die Gesetze. Juden seitdem Volk des Buches und Hüter der Gesetze.

‚Das Gesetz‘ zu erkennen ist Jahrtausende alte jüdische Tradition.

• Heine: Thora das „portative Vaterland der Juden“

• Marx, Kapital: ‚Gesetz‘ hinter dem Chaos der Märkte

• Freud: das ‚Gesetz‘ der Seele

• Kafka: Parabel ‚Vor dem Gesetz‘ im Roman ‚Der Prozess‘

• suche den ‚Geist Gottes‘, das רוח. (Ruach) des Alten Testaments,der die Welt im Innersten bewegt und zusammenhältStoiker + Paulus: ‚Pneuma‘. Pantheismus.

Physik als GottesdienstDas Gesetz erkennen,

sich dem ‚Alten‘ nähern,ihm ‚in die Karten schauen‘

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• Jesus, Bergpredigt: „Denn wahrlich, ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird nicht vergehen der kleinste Buchstabe noch ein Tüpfelchen vom Gesetz.“„Das ist alles geschehen, dass erfüllet würden die Schriften der Propheten.“(Matth. 5,18; 26,56)

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Erkennbarkeit der Welt

E. Hubble

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Erkennbarkeit der Welt•1st Conference on Science, Philosophy and Religion am Union Theological Seminary in New York, 1940:

Hierher gehört auch das Vertrauen in die Möglichkeit, die in der Welt des Seienden geltenden

Gesetzmäßigkeiten seien vernünftig, d.h. durch die Vernunft begreifbar.

Ohne solchen tiefen Glauben kann ich mir einen wirklichen Forscher nicht vorstellen.

Man kann den Sachverhalt durch ein Bild ausdrücken:

Wissenschaft ohne Religion ist lahm,Religion ohne Wissenschaft blind.

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Glaube an ErkennbarkeitKant, Apriori des Denkens

Raum + Zeit, Kausalität

Brecht, Leben des Galilei3.Szene, Galilei an Sagredo

Ich glaube an den Menschen, und das heißt,

ich glaube an seine Vernunft!

Ohne diesen Glauben würde ich nicht die Kraft haben,

am Morgen aus meinem Bett aufzustehen.

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Leben wir in derBesten aller Welten?

• Gespräch mit Einsteins Assistenten Banesh Hoffmann:

When I am judging a theory, I ask myself whether,if I were God, I would have arranged the world in such a way.

• Gespräch mit Ernst Gabor Straus, seinem Assistenten 1940-1948:

Was mich eigentlich interessiert, ist, ob Gott die Welt hätte anders machen können; das heißt, ob die Forderung der logischen Einfachheit überhaupt eine Freiheit lässt.

Leibniz‘ Frage,ob wir in der ’besten aller Welten‘ leben,

in der Physik.

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Einsteins Dialog mit Gott... dem Herrgott in die Karten gucken ...

I want to know how God created this world.I want to know His thoughts.

• Einstein tat gern so, als habe er einendirekten Draht zum 'Alten'.

His universe is … filled by immutable laws.The eternal mystery of the world

is its comprehensibility.

• In alter jüd. Tradition suchte Einstein dieWahrheit hinter den Dingen - das Gesetz.

• Wir können diese Wahrheit - das Gesetz - erkennen.

• Cosmic Religion - Forschung als Gottesdienst:durch Erkennen der Gesetze Gott = Natur nahe kommen

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Einsteins Dialog mit GottGott, der sich in der

gesetzlichen Harmonie des Seienden offenbart

Bewunderung für die Schönheit und Glaube an die logische Einfachheit der Ordnung und Harmonie

• Einstein glaubte daran, dass diese Welt schön und einfach und von durch uns erkennbaren Gesetzen regiert sei.

Dieser Glaube war eine Voraussetzung seines Denkens.

• Einstein fragte, ob Gott eine Wahl hatte und die Welt hätte anders machen können.

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Einsteins Dialog mit GottEinsteins Art zu fragen ist auch heute noch produktiv für unsere Suche nach der Urkraft, Extra Dimensionen etc.:

•Warum erscheinen uns die Natur und ihre Gesetzeeinfach + schön ?

•Sind Schönheit + Einfachheit Kriterien der Wahrheit*oder nur eine erfolgreiche Reduktion der Realität?

•Hätte Gott die Welt anders machen können?– antropisches Prinzip– Fine-Tuning der Parameter– Universum - Multiversum

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