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von morgenDer Designer
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Voraussichtlich wird sich die Modebranche in den nächsten zehn Jahren genauso stark verändern
wie in den letzten 100 Jahren. Heutzutage kennzeichnen Konsolidierung, Digitalisierung und Globalisierung den größten Umbruch. Dies wird auch zukünftig aufgrund stetiger Veränderungen und Umstrukturierungen noch so sein. Modedesigner sind als Erste von den Veränderungen betroffen.
Lectra führte in Zusammenarbeit mit dem Council of Fashion Designers of America (CFDA) eine Umfrage unter führenden Fachkräften in der heutigen, sich ständig verändernden, schnelllebigen internationalen Mode- und Bekleidungsindustrie durch. Der CFDA ist ein gemeinnütziger Berufsverband amerikanischer Modedesigner, dem mehr als 450 führende US-Designer von Damen- und Herrenmode, Schmuck und Accessoires angehören.
Die Umfrage gibt Aufschluss darüber, warum und wie sich die Rolle des Modedesigners derzeit wandelt. Sie zeigt die wichtigsten Herausforderungen, Umbrüche und Veränderungen auf, denen Modedesigner derzeit gegenüberstehen und die diesen Berufsstand noch über Jahre beeinflussen werden. Wir entwickeln eine Vision, wie die nächste Generation von Designern im heutigenModeumfeld weiterhin kreativ arbeiten kann.
lectra.com 3
H O H E E R W A R T U N G E N
„Als Modedesigner habe ich mich nie als
Künstler betrachtet, da meine Kreationen
verkauft, vermarktet, gebraucht und letzt-
endlich entsorgt werden.“
Tom Ford
Doch auch Designer sind Künstler. Heut-
zutage schlagen in der Designerbrust
sozusagen zwei Herzen: Das eines Künstlers
und eines Technikers. Der Modedesigner ist
mittlerweile eine Mischung aus Kreativem,
Techniker und Merchandiser geworden. Die-
ses Anforderungsprofil ist durch den immer
anspruchsvolleren und härter umkämpften
Markt entstanden.
Laut der Lectra/CFDA-Studie ist der größte
Druck, der auf dem Designer lastet, die im-
mer schnellere Markteinführung von Kollek-
tionen und die kontinuierliche Aktualisierung
des Angebotes in den Geschäften.
Konsumenten von Fast-Fashion- und trendi-
gen Marken ist durch Werbung eine „Wer
schläft, verliert!“-Mentalität eingebläut wor-
den. Alle paar Wochen verändert der Handel
das Warenangebot, um dadurch seine Wett-
bewerbsfähigkeit – insbesondere gegenüber
der Online-Konkurrenz – zu erhalten und zu
Sofortkäufen anzuregen. Dementsprechend
verändern sich auch die Erwartungen und
Kaufgewohnheiten der Verbraucher: Ein
Kreislauf, in dem mehr und häufiger gekauft
wird.
Neben den kürzeren Markteinführungszei-
ten und der Entwicklung von mehreren Kol-
lektionen stehen Designer einem erhöhten
Wettbewerb gegenüber. Markenhersteller
sind gezwungen, sich stärker von anderen zu
differenzieren. Gleichzeitig müssen sie gut
informierte und mündige Konsumenten an-
sprechen, die eine schwach ausgeprägte Mar-
kenloyalität aufweisen, teure Produkte und
Billigware mischen und rigoros online nach
dem besten Preis suchen.
Zum Glück sind Designer dieser neuen Si-
tuation nicht wehrlos ausgeliefert: Digitale
Hilfsmittel ermöglichen die Speicherung und
Wiederverwendung von Daten. So lassen
sich Aufgaben schneller erledigen. Außer-
dem werden durch die Implementierung von
Softwarelösungen für die virtuelle 3D-Mus-
terentwicklung zeitintensive Aufgaben, wie
z. B. die manuelle Gradierung, vollständig
eliminiert und der Bedarf an physischen
Mustern auf nur ein Muster reduziert.
Auch wird eine nahtlose Zusammenarbeit
möglich: Digital erstellte Schnitte können
über Landesgrenzen und Zeitzonen hinweg
eingestellt, gespeichert, geändert, optimiert
und erneut bearbeitetet werden. So entsteht
eine neue, kollektive Kreativität. Vorausset-
zung dafür ist – laut unserer Umfrage – ein
Designer, der seine neuen Werkzeuge hervor-
ragend zu nutzen weiß.
„Technische Innovation bedeutet, dass Her-
stellungsverfahren wie auch die Systeme, die
für Design und Entwicklung genutzt werden,
anspruchsvoller geworden sind. Deshalb ist
es so wichtig, dass sich Designer stets mit den
neuesten Technologien vertraut machen.“
Teilnehmer an der CFDA-Umfrage
Die nahtlose Zusammenarbeit erfolgt aber
auch über Unternehmensgrenzen hinweg.
Designer und Produktentwicklungsteams
müssen Informationen mit externen Part-
nern und Lieferanten in Echtzeit austau-
schen. Auch Verbraucher haben über soziale
Medien die Möglichkeit mit Designern zu
kommunizieren und ihre Lieblingsmarken
und Präferenzen zu bekunden. Die Mode-
landschaft erfährt derzeit eine massive Um-
gestaltung.
Geschäftsmodelle, die bisher die Arbeitswei-
sen von Designern vorgeschrieben haben,
wurden modifiziert. Einige chinesische Her-
steller entwickeln und vertreiben mittler-
weile ihre eigenen Marken, anstatt nur für
andere Unternehmen zu produzieren. Dies
scheint durchaus eine machbare und attrak-
tive Alternative zu sein. Designer arbeiten
nicht mehr länger isoliert, sondern eng mit
Einkäufern, Merchandisern, Händlern und
Herstellern zusammen.
Zwar scheint durch digitale Hilfsmittel eine
kreative Freiheit möglich, doch wieso unter-
scheidet sich die Mode nicht mehr wesent-
lich? Warum lassen wir uns wie nie zuvor von
Luxuslabels leiten und inspirieren? Was wird
von einem Designer in dieser nachfragege-
steuerten Wirtschaft erwartet?
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D E R N E U E K O N S U M E N T
W E L C H E T O O L S U N D F Ä H I G K E I T E N S I N D G E F R A G T ?
Heutzutage spielt der Verbraucher für die Designer eine tra-
gende Rolle. Dank digitaler Medien entsteht eine aktive Zwei-
wegekommunikation zwischen dem Verbraucher und der Marke.
Sie schafft somit auch eine Beziehung zwischen dem Designer und
dem Kunden. Um dauerhaft Erfolg zu haben, müssen Designer die-
sen Dialog aufrechterhalten und gleichzeitig ihrer Markenästhetik
treu bleiben. Die aus unserer Befragung gewonnenen Erkenntnisse
zeigen, dass Designer den Konsumenten als eine wichtige Person
sehen. Ein Umfrageteilnehmer bringt dies treffend auf den Punkt:
„Vorbei sind die Zeiten, als man fern jeglicher Realität Produkte
kreieren und den Verbrauchern einfach aufzwingen konnte. Wer
näher am Kunden ist, der macht letztendlich das Rennen...“
Teilnehmer an der CFDA-Umfrage
Der Designer muss dieselben
sozialen Medien wie der Ver-
braucher nutzen, um mit dem
Kunden zu kommunizieren
und seine Anregungen und
Vorschläge zum Designpro-
zess einzuholen. Aus passiven
Käufern, die lediglich auf ein
begrenztes Angebot an vorgefer-
tigten Designs reagieren, sind
anspruchsvolle und gut infor-
mierte Verbraucher geworden,
die aktiv Einfluss auf die Marke,
den Designer und das Endpro-
dukt nehmen. Die Macht der
Verbraucher zeigt sich beispiels-
weise in der Vergabe von „Likes“
auf Facebook. Konsumenten
äußern ihre Meinung in sozi-
alen Medien und Verbraucherforen und beeinflussen somit die
Kaufentscheidung anderer Käufer. Letztendlich wirkt sich das
auch auf die produzierten Mengen von Markenherstellern aus.
Infolge der neuen Wechselbeziehung zwischen Konsument
und Designer entsteht ein geschlossener Kreislauf, in dem der
Kunde die Marke fördert. Dies zeigt sich beispielsweise durch
die Entstehung virtueller Communities und Gruppen, die
zum Crowdsourcing von Inhalten für Marketing-, Design- und
Brandingzwecke herangezogen werden können. Dadurch ent-
wickelt sich ein vollständig neues kreatives Umfeld für Desi-
gner. Ein Umfeld, das nicht nur bewältigt werden muss, son-
dern das sich für Designer als wertvolle Inspirationsquelle
erweisen kann und deren Kreativität auf eine neue Ebene erhebt.
Laut unserer Umfrage sind Designer
heute besser über technische Prob-
leme und die Produktion unterrichtet als
noch vor zehn Jahren. Damit Markenher-
steller den kürzeren Markteinführungs-
zeiten nachkommen können, verlangen
sie von Designern höhere Flexibilität und
Vielseitigkeit. Designer müssen wiederum
ihre Universalität unter Beweis stellen und
bei der Entwicklung ihrer Kreationen die
Kosten und Preisgestaltung berücksichtigen.
Angesichts kleinerer Teams und rationa-
lisierter Prozesse entfallen immer mehr
Aufgaben auf die Designer. Sie müssen sich
oftmals mit den technischen Aspekten der
Bekleidungsproduktion auseinanderset-
zen. Ein Designer berichtet:
„Die Beziehung zwischen Designer und
Produzenten ist direkter geworden, da
Mode- und Bekleidungsfirmen keine Mo-
dellmacher oder Näherinnen mehr inhouse
beschäftigen. Modelle und Muster werden
von den Produzenten erstellt.“
Teilnehmer an der CFDA-Umfrage
Enge Terminvorgaben werden durch den
Einsatz zeitsparender, digitaler Hilfsmittel
eingehalten. Dazu gehören Speicherme-
dien, die das Wiederverwenden früherer
Schnitte ermöglichen sowie die Anwen-
dung der 3D-Modellerstellungstechnologie,
die digitale Abstimmung der Farbpalette
und kooperative Lösungen, wie z. B. eine
Fashion PLM Lösung. Die befragten Desig-
lectra.com 5
ner waren sich einig, dass heutzutage beim
Modedesign wesentlich mehr zusammen-
gearbeitet wird als noch vor zehn Jahren.
Der Designer von heute ist Kooperations-
partner.
In diesem hart umkämpften Wettbewerb-
sumfeld, wo alles für jeden erhältlich ist,
muss den Designern die Auswirkung ihrer
Entscheidung bewusst sein. Dazu gehören
Faktoren wie Markteinführungszeiten,
Kosten, Preise und Marktgängigkeit genau-
so wie die Fragen wann, wie und an wen
das Endprodukt verkauft wird. Um erfolg-
reich zu sein, müssen sich Markenherstel-
ler darauf verlassen, dass Designer bei der
Entwicklung der Produkte nicht nur den
Endverbraucher, sondern auch das Han-
delsumfeld berücksichtigen. Dazu gehören
Onlineshops und Ladengeschäfte.
„Die Rolle des Merchandisers hat zuneh-
mend an Bedeutung gewonnen und ist heu-
te – mehr noch als Qualität und Innovation
– ein entscheidender Faktor.”
Teilnehmer an der CFDA-Umfrage
Markenhersteller versuchen stets, ihre
Konkurrenten in den Schatten zu stellen.
Die ästhetische Richtung eines Designers
spiegelt sich im Gesamtlook seiner Kollek-
tionen und Verkaufsdisplays wider. Das
bedeutet, dass Merchandiser und Designer
Hand in Hand arbeiten. Bei kleineren Mar-
ken übernimmt der Designer die Rolle des
Merchandisers. Ein weiterer Teilnehmer
bestätigt, dass ein neues Bewusstsein und
Vielseitigkeit erforderlich sind, um sich in
diesem wettbewerbsintensiven Markt be-
haupten zu können. Er beschreibt die An-
forderungen an einen Designer von heute
folgendermaßen:
„Designer müssen wissen, wie sich ihre
Entscheidungen auf den gesamten Lebens-
zyklus eines Kleidungsstückes auswirken
- von der Kostenstruktur bis zur Kundener-
fahrung.“
Teilnehmer an der CFDA-Umfrage
I S T M O D E V O N E I N E R G E W I S S E N T R E N D L O S I G K E I T G E P R Ä G T ?
„Warum sind Designer immer noch verzweifelt auf der Suche nach
Trends, wenn es keine Trends gibt?“
John Fairchild unter dem Pseudonym Gräfin Louise
J. Esterhazy, 2014
Im Leitartikel „The Countess Talks Trends - or Lack of Them“
schreibt der ehemalige Vorsitzende und Chefredakteur von
Fairchild Publications, John Fairchild, ein Plädoyer für die neue
Erreichbarkeit und allumfassende Transparenz. Verbraucher
zeigen sich zuversichtlicher bei ihren Kaufentscheidungen. Sie
sind weniger markentreu, mischen Teile verschiedener Labels
und Preiskategorien zur Gestaltung individueller und origineller
Looks. Einer unserer Teilnehmer beschreibt dies folgendermaßen:
„Snobismus in der Mode gehört der Vergangenheit an. Vor allem
Amerikaner und viele Europäer lassen sich nicht gerne vorschreiben,
welche Kleidung sie tragen sollen.“
Teilnehmer an der CFDA-Umfrage
Mittlerweile werden immer häufiger Mode-Basics einer Fast-
Fashion- oder Supermarktmarke mit einem Designerteil oder einer
Luxusmarke kombiniert. Diese Entwicklung steht in Kontrast zum
Verbraucherverhalten von vor zehn Jahren, als Konsumenten ihre
gesamten Outfits von einer Marke oder einem Designer kauften,
der bzw. dem sie oft jahrelang treu waren. Dies machte den
Verkauf von Mode-Basics nach Worten eines High-End-Designers
„extrem schwierig“ und es war verlockend, solche Teile erst gar
nicht in eine Kollektion aufzunehmen.
Der Aufstieg von Sport- und Freizeitmarken wie Lululemon und
produktorientierten, innovativen Marken wie Uniqlo zeugen von
diesem neuen Verbraucherverhalten. Einerseits werden Produkte
von nun an nach ihren eigenen Vorzügen anstatt nach ihren Labels
beurteilt. Dies ist ein positiver Schritt in puncto Qualität und eine
Demonstration des neuen, wertorientierten Verbraucherfokus.
Andererseits ist jetzt der Preis für Verbraucher kaufentscheidend.
Auch wenn nun der Eindruck von einem individuell und originell
gekleideten Verbraucher entsteht, weist das Modeangebot eine
erstaunliche Gleichheit auf. Wohlhabende Käufer halten an den
Verkaufsschlagern der Vorsaison fest, weswegen man weltweit
und über alle Marken hinweg nahezu dasselbe Kleidungsstück
sieht. Diese Gleichförmigkeit ist das Ergebnis einer Branche, die
auf Nummer sicher geht. Als Folge der weltweiten Finanzkrise von
2008 zeigen sich Unternehmen weitaus risikoscheuer. Sie kaufen
nur Artikel, die sich schon bei früheren Kollektionen gut verkauft
haben. Dies bedeutet nicht nur weniger Differenzierung in den
Angeboten, sondern auch eine Gefährdung der Kreativität.
Der Designer von heute muss sich mit den positiven und
negativen Aspekten dieser branchenspezifischen Veränderungen
auseinandersetzen und sich den entsprechenden Situationen
stellen. Ein offensichtlicher Nachteil der derzeit erhältlichen,
immensen Datenmengen in der Industrie ist also Gleichförmigkeit.
Doch es zeichnen sich auch Vorteile ab. Wenn Einzelhändler die
Fantasien der Verbraucher anregen, können Designer – dank
ausgefeilter Hilfsmittel und Konzepte – diese Vorstellungen mit
mehr Feinheit und Finesse im Design festhalten.
„Der revolutionäre Omnichannel bietet reichhaltige Möglichkeiten:
genauso wie viele Industriebereiche Anfang des 18. Jahrhunderts
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L U X U S S E K T O R N I M M T V O R R E I T E R R O L L E E I N
T R A N S PA R E N Z U N D U N M I T T E L B A R K E I T: D I E N E U E N O R M
Die Rolle des Designers für Luxus-
güter hat sich in den vergangenen
Jahren ebenfalls verändert. Neben den
üblichen Forderungen nach einem größe-
ren Produktangebot und kürzeren Markt-
einführungszeiten müssen Designer von
Luxusmode zunehmend ein vielfältiges
Produktangebot und unter Lizenz verkauf-
te Produkte liefern. Sie schließen Verträge
für den Vertrieb von Sonnenbrillen und
Duftlizenzen ab und geben ihren Namen
für einmalige Sonderkollektionen anderer
Marken und Kategorien her.
Auch die Arbeitsweise der Designer von Lu-
xusmode hat sich geändert: Designer ste-
hen zunehmend an der Spitze der großen
Modehäuser. Gleichzeitig treiben sie ihre
eigenen Labels voran, um somit ihre Krea-
tivität freier entfalten zu können. Hermès
jüngste Ernennung von Nadège Vanhee-Cy-
bulski zur Designerin für Damenbeklei-
dung deutet eventuell einen Richtungs-
wechsel an: Hermès hat öffentlich die
Vorteile dieser „exklusiven“ Zusammenar-
beit bestätigt.
Auch bei der Förderung und dem
Sponsoring von Jungtalenten stehen
Luxusunternehmen an vorderster Stelle.
Kering führt beispielsweise in Zusammen-
arbeit mit Parsons, The New School for De-
sign, aus News York alljährlich den Wett-
bewerb „Empowering Imagination“ durch.
Im Jahr 2013 hat der Luxuskonzern LVMH
den „Young Fashion Designer Prize“ ins Le-
ben gerufen. Teilnehmen dürfen Designer
unter 40 Jahren. Mit diesen Wettbewerben
will man junge Nachwuchsdesigner unter-
stützen und das dringend benötigte Me-
dieninteresse wecken. Außerdem tragen
sie zum Aufbau der Reputation und des An-
sehens der Marke bei Jugendlichen, neuen
Designern und Verbrauchern bei.
Daneben spielen Luxusmodehäuser eine führende Rolle bei
der Konfrontation und Kontrolle der größten von Designern
empfundenen Angst und Bedrohung: Der Transparenz. Angesichts
der Live-Übertragung von Modeschauen der Luxushäuser über
das Internet sind Designer auf neue Parameter der Exklusivität
angewiesen. Luxusmarken haben gezeigt, dass man der Angst
vor Nachahmern durch Innovation und Informationsaustausch
entgegentreten muss. Es ist besser Marken-Communities
aufzubauen und zu kontrollieren, als diese einzuschränken.
Neuinterpretationen und sofortiges Feedback können vorteilhaft
in den laufenden kreativen Prozess eingebracht werden.
Der Live-Stream von bislang exklusiven Modenschauen über das
Internet und die neue Erwartungshaltung der Verbraucher, diese
erstmals gezeigten Kollektionen sofort kaufen zu können, werden
von den neuen, mit Dampfkraft betriebenen Fabriken
profitierten, haben Modemarken heute die Chance, durch die
Nutzung von vernetzten Informationen überdurchschnittliche
Gewinne zu erwirtschaften. Voraussetzung dafür ist die
Entwicklung einer ausgereiften Omnichannel- Strategie, die
eine fundierte und flexible Entscheidungsfindung auf Basis
dieser Daten ermöglicht.“
John Squire, 2014
Personalisierung von Modellen könnte eine positive,
kreative Antwort auf die Verbindung zwischen Kunden und
Designern sein. Wenn sich Designer tatsächlich zunehmend
zum „Übersetzer“ der Verbraucherforderungen entwickeln,
böte sich ein kooperativer Prozess als optimale Lösung für
Designer an. So können sie weiterhin ihre schöpferische und
künstlerische Seite zum Ausdruck bringen. Heute schon zu
wissen, welche Produkte sich erfolgreich verkaufen lassen und
welche ein Flop sind, könnte sich nicht nur auf den Umsatz,
sondern auch auf die Kreativität auswirken und sich als
Inspirationsquelle erweisen.
lectra.com 7
mittlerweile zur Regel. Dies zeigt, wie Luxusmodehäuser die
Initiative ergreifen und in ihrer Branche – in der Unmittelbarkeit
und Transparenz derzeit an ihre Grenzen stoßen – die digitale
Veränderung sinnvoll nutzen. Allgemein lässt sich feststellen, dass
Veränderungen gefördert anstatt verhindert werden sollten.
Es zeigt sich ein fast ironisches Ungleichgewicht der
Informationsinhalte für Kunden. Einerseits . Einerseits herrscht
im Internet ein Überangebot an Informationen hinsichtlich
bestimmter Aspekte des Modeangebots, wie z. B. Preis, Auswahl
und Markenstory. Andererseits gibt es keinerlei Informationen
über die Entstehung von Kleidungsstücken, was wiederum
unrealistische Erwartungen bei den Verbrauchern weckt.
R Ü C K V E R F O L G B A R K E I T U N D N A C H H A L T I G K E I T: E I N W E I T E R W E G
„Ein Geheimnis zu kaufen, wird schon bald ein absurdes Konzept
sein. Luxus darf kein Rätsel sein.“
Bruno Pieters, Gründer und Designer von Honest By
Der Verfechter von Rückverfolgbarkeit und frühere Art Director
von Hugo by Hugo Boss setzt auf größere Transparenz über die
gesamte Lieferkette hinweg. Die von uns befragten amerikanischen
Designer sehen keine Dringlichkeit in der Rückverfolgbarkeit und
die meisten von ihnen sagen, dass sie bei ihren täglichen Entschei-
dungen keine Rolle spielt. Ein Designer fügt schnell hinzu:
„Kurzfristigkeit ist ein chronisches Problem in der Bekleidungsin-
dustrie.“
Teilnehmer an der CFDA-Umfrage
Obwohl Rückverfolgbarkeit und Nachhaltigkeit laut unserer Umfra-
ge weiterhin nur eine untergeordnete Bedeutung spielen, nimmt das
Interesse der Medien an diesen Themen immer mehr zu. Bestimmte
Marken aus dem Fast-Fashion- und Luxussegment zählen zu den
Vorreitern. Der Fast-Fashion-Geschäftszweig F&F des britischen
Einzelhandelsunternehmens Tesco ist stolz auf die Verwendung von
nachhaltigen Materialien und die Reduzierung von unnötigen Mus-
tern durch den Einsatz von 3D-Technologie. Großunternehmen wie
H&M spielen eine führende Rolle in Bezug auf nachhaltige Methoden
im Fast-Fashion-Sektor, wie z. B. die Schaffung eines geschlossenen
Kreislaufsystems, in dem nicht mehr benötigte Kleidungsstücke
recycelt und für die Herstellung neuer Kleidungsstücke verwendet
werden können.
„Der Nachhaltigkeitsprozess zwingt die Modebranche zum Umden-
ken und zur Durchführung von tiefgreifenden Veränderungen. Dazu
gehören der Wandel zu mehr Umweltverträglichkeit sowie eine ef-
fizientere und respektvollere Nutzung von Ressourcen als es bisher
der Fall war. Ebenso gilt es die Dimensionen sowie schnellstmöglich
die zugrundeliegenden Strukturen zu ändern und diese mit einem
Zusammengehörigkeitsgefühl zu durchdringen. .“
Kate Fletcher & Lynda Grose, 2012
Designer können diese zunehmend mit Polemik und Chancen be-
haftete Thematik in ihre Arbeiten integrieren und als einen Aspekt
des Branding betrachten. Dadurch können sie ihr Ansehen bei den
Verbrauchern stärken, Respekt für ihre Designmethoden gewinnen
und ihre Marke in einem überfüllten Markt von anderen differenzie-
ren. Verbraucher wollen eine emotionalen Bindung zu der von ihnen
gewählten Marke entwickeln. Ethische Modemarken haben dies-
bezüglich einen großen Vorteil, weil sie eine spannendere und be-
wegendere Hintergrundgeschichte erzählen – eine Geschichte, die
den Transparenzanforderungen des digitalen Zeitalters entspricht.
Heutzutage müssen Designer diese Informationen vermitteln, da bei
ihnen der Ursprung des Produktes liegt und Verbraucher der traditi-
onellen Marketingaktivitäten zunehmend überdrüssig werden.
Wenn der Designer zunehmend für die Vermittlung der Markenbot-
schaft verantwortlich ist, könnten sich nachhaltige, transparente
und umweltfreundliche Methoden, die langfristige betriebliche Vor-
teile bieten, als erfolgsversprechend erweisen.
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W E L C H E R O L L E K O M M T D E N S O Z I A L E N M E D I E N Z U ?
Transparenz gewinnt zunehmend an Bedeutung. Nicht nur in
Bezug auf die Rückverfolgbarkeit von Produkten, sondern
auch im Hinblick auf den Werdegang und Hintergrund eines
Designers und seine Interaktion in den sozialen Medien.
Der Dialog mit den Kunden über soziale Medien ist mittlerweile
für Unternehmen Pflicht geworden. Größere Marken setzen für
die Nutzung der sozialen Medien einen speziellen Mitarbeiter
ein. Für Designer- oder Nischenmarken wird der Designer zur
„Stimme der Marke“. Laut einem Teilnehmer bringt die Nutzung
sozialer Medien, insbesondere beim direkten Kontakt zum
Kunden, unbestreitbare Vorteile:
„Dank der sozialen Medien kann ich mit einer großen Anzahl an
Kunden in Echtzeit kommunizieren. Dadurch wird mein Job um
einiges direkter und ich fühle mich viel besser informiert. Nun
kann ich jederzeit ausloten, wie meine Kreationen ankommen. Vor
noch nicht allzu langer Zeit konnte ich nach der Entwicklung nur
auf den Erfolg hoffen.
Teilnehmer an der CFDA-Umfrage
Ein anderer Designer hat die Frage „Welche Kompetenzen sollte
ein angehender Designer haben?“, folgendermaßen beantwortet:
„Er muss die Stimme der Marke und nicht nur ein Designer sein.
Er muss regelmäßig durch Twitter-, Instagram- und Blog-Beiträge
den Kontakt zum Verbraucher vertiefen.“
Teilnehmer an der CFDA-Umfrage
Die große Bedeutung der „Stimme des Designers“, sein öffentliches
Image und seine Popularität zeigen sich auch in der steigenden
Anzahl von Prominenten, die den Sprung ins Designmetier wagen
und die Zugkraft ihres Namens nutzen, um ihrer Modemarke
Popularität zu verleihen. Dieser Punkt hat bei den Befragten eine
gewisse Spannung ausgelöst, denn sie sahen darin einen unfairen
Wettbewerbsvorteil.
F A Z I T
Designer müssen ihren Platz in einem von digitalen Veränderungen geprägten Umfeld finden. Laut unserer Umfrage sind sich
Designer durchaus bewusst, dass sie in einer Zeit des Umbruchs leben. Kurze Markteinführungszeiten, selbstsichere Verbraucher
mit veränderten Erwartungen und Kaufgewohnheiten, nachlassende Trends und Markentreue sowie ein verändertes Wechselspiel
zwischen Exklusivität und Transparenz haben ein Umfeld geschaffen, in dem die Vorstellung von Wertigkeit neu definiert wird.
Der Designer von morgen ist ein zentrales Bindeglied zwischen einer verflochtenen Supply Chain und digitalen Datenflüssen. Hersteller,
Händler, Merchandiser und Verbraucher haben sich zu einem untrennbaren Element des Modedesigns entwickelt. Die Nutzung
sozialer Medien für neue Formen der Kommunikation in Verbindung mit einem Markt, wo alles für jeden erhältlich ist, hat einem
ehemals passiven Verbraucher eine enorme Macht verliehen. Folglich hat sich der Designprozess in Richtung Interpretation – anstatt
Suggestion – von Kundenwünschen entwickelt.
Das ausschließlich auf Design ausgerichtete, einseitige Denken ist durchbrochen. Zusammenarbeit heißt die neue Devise.
lectra.com 9
Die aus dem veränderten Umfeld der internationalen
Modebranche entstehenden Entwicklungen schlagen sich
in der Arbeitsweise, Kreativität, Zusammenarbeit und dem
Informationsaustausch unter Modedesignern nieder. Der Vorteil:
Es entstehen Rahmenbedingungen zur Verwendung der derzeit
innovativsten technologischen Lösungen für Modeexperten.
Basierend auf 40 Jahren Erfahrung unterstützt Lectra Unterneh-
men mit modespezifischen Lösungen, zukunftsweisenden Tech-
nologien und besten Methoden, damit sie der Konkurrenz stets
einen Schritt voraus sind.
Die virtuellen 3D-Prototyp-Lösungen sorgen für eine grundlegende
Änderung der Design- und Produktentwicklung, indem sie
Designern und Modellmachern die Darstellung und Anpassung
von Kleidungsstücke nahezu in Echtzeit ermöglichen. Mithilfe
der digitalen Gradierung und Passformkontrolle können Designer
die Passform über alle Schnitte und Größen hinweg virtuell
überprüfen. Produkteinführungszeiten werden verkürzt. So kann
auch schneller auf Kundenwünsche reagiert werden. Bessere
Kontrollen und hohe Transparenz steigern die Kreativität und
optimieren die Marken-DNA. Aspekte, die letztlich in den Augen
der Kunden den Wert des Unternehmens definieren.
Die Product Lifecycle Management (PLM) Lösung von Lectra
ist ein weiteres Beispiel dafür, wie Technologie Designern
ihre Arbeitsabläufe vereinfacht. Die Eingabe von Daten
wird minimal gehalten und die Transparenz wird in jeder
Phase der Produktentwicklung, von der Beschaffung bis zur
Fertigung, erhöht. Designer sehen förmlich die Umsetzung und
Markteinführung ihrer Kreationen, was die Motivation steigert.
Technologie unterstützt die Visionen des Designers und minimiert
Routinetätigkeiten. Damit konzentrieren sich Designer auf das
was sie am besten können: Design.
W A R U M L E C T R A ?
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Wir möchten uns ganz herzlich bei allen Teilnehmern an unserer Online-Umfrage, die wir in Zusammenarbeit mit dem CFDA durchgeführt haben,
bedanken.
lectra.com 11
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Lectra in FashionÜber 40 Jahre Erfahrung in Mode und Bekleidung sprechen für sich. Lectra bietet Ihnen das komplette Spektrum an Design-, Entwicklungs- und Produktionslösungen. Mit Lectra als Partner können Sie sich den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts stellen. Unsere professionellen Dienstleistungen erfassen den gesamten Prozess – vom ersten kreativen Funken bis zum Endprodukt. Wir unterstützen den alltäglichen Betrieb unserer Kunden in über 100 Ländern durch Prozessoptimierung rund um die Uhr. Die 23.000 Kunden von Lectra stammen aus unterschiedlichen Marktbereichen und erzeugen Fast Fashion, Luxusartikel und Konfektionskleidung für die Segmente Freizeit, Sport, Outdoor, Jeans und Damenwäsche unter Nutzung jedes vorstellbaren Entwicklungs- und Sourcing-Modells. Sie liefern die Marken, die in den Einkaufszentren weltweit am beliebtesten sind.