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Forschungsteam internationaler Arbeitsmarkt Der öffentlich geförderte Beschäftigungssektor (ÖBS) in Berlin – eine Zwischenbilanz Präsentation auf der Konferenz des Vereins „Helle Panke“ – Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin und der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus „Der öffentliche Beschäftigungssektor in Berlin – Praktische Erfahrungen, Vergleiche, Chancen und Grenzen“ am 12. März 2010 in Berlin Dr. Alexandra Wagner

Der öffentlich geförderte Beschäftigungssektor (ÖBS) in Berlin – eine Zwischenbilanz

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Dr. Alexandra Wagner. Der öffentlich geförderte Beschäftigungssektor (ÖBS) in Berlin – eine Zwischenbilanz. Präsentation auf der Konferenz des Vereins „Helle Panke“ – Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin und der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus - PowerPoint PPT Presentation

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Der öffentlich geförderte Beschäftigungssektor (ÖBS) in Berlin – eine Zwischenbilanz

Präsentation auf der Konferenz des Vereins „Helle Panke“ – Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin und der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus

„Der öffentliche Beschäftigungssektor in Berlin – Praktische Erfahrungen, Vergleiche, Chancen und Grenzen“

am 12. März 2010 in Berlin

Dr. Alexandra Wagner

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Gliederung

(1) Relevanz des Themas für die aktuellen politischen Debatten

(2) Konzeptionelle Überlegungen zum ÖBS Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik Die Debatten im Umfeld der PDS / Linkspartei

(3) Ergebnisse der Zwischenbilanz Umsetzung und Bewertung der beteiligten Akteure

(4) Der Berliner ÖBS – Möglichkeiten und Grenzen

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Aktuelle Debatten

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„Hartz IV“ und Beschäftigung

• Diskussion über (Fehl-) „Anreize“ zur Beschäftigungsaufnahme– Regelsatzhöhe und Lohnabstand– anrechnungsfreie Zuverdienste

• Beschäftigung …– …als Gegenleistung für den Transferbezug (Pflichtarbeit)– …als Angebot für ansonsten Chancenlose

• …und darüber hinaus???

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Notwendige Diskussionen (1)

• Beschäftigungspolitik– Reduzierung des Arbeitsplatzdefizits

• Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten• Arbeitszeitpolitik• Öffentliche Verantwortung

– „Gute Arbeit“• Entgelt, Arbeitszeit, Arbeitsbedingungen• Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit

– Mindeststandards• Existenzsicherung / Mindestlohn• soziale Sicherung

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Notwendige Diskussionen (2)

• Arbeitsmarktpolitik– Sicherung von Teilhabe

• Erwerbschancen und materielle Sicherung– Qualität der arbeitsmarktpolitischen Dienstleistungen

• Überwindung der Machtasymmetrie – „Ko-Produktion“ von Fachkräften und Adressat/inn/en der Dienstleistung

– Grenzen der „Aktivierung ohne Arbeit“– Ausloten der Nachfrage steigernden Potentiale– Stärkung des Fördern beim „Fördern und Fordern“!! Grenzen der Arbeitsmarktpolitik!!

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Diskrepanz…

• …zwischen den realen Herausforderungen– Erhöhung der Nachfrage– Sicherung von Qualitätsstandards der Beschäftigung– Sicherung von Teilhabechancen

• …und aktuellen Debatten– „aktivierende“ Arbeitsmarktpolitik– Ökonomisierung /Instrumentalisierung der Sozialpolitik– Individualisierung eines gesellschaftlichen Problems

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Konzeptionelle Überlegungen

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AMP und Beschäftigung

• Beschäftigung schaffende Instrumente– Nachfrage schaffende Funktion (ABM,SAM, AGH)

• Beschäftigung begleitende Instrumente– Förderung der Integration bestimmter Personengruppen durch

Verbesserung ihrer Wettbewerbsposition (Lohnkostenzuschüsse)

• Zielvielfalt– Marktersatz (Überbrückung eines Beschäftigungstals)– Zielgruppeninklusion– Überprüfung der Arbeitsbereitschaft• dabei gleichzeitig: Wertschöpfung - Verbesserung der Infrastruktur• jede Förderung verfolgt konkrete Ziele (potentielle Widersprüche)

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Ziele im Wandel der Zeit

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Quelle: Knuth, Matthias (2009)

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Zweiter Arbeitsmarkt

• breite Debatte im Kontext des Transformationsprozesses in Ostdeutschland– AMP nicht nur zur individuellen Integration, sondern auch zu

beschäftigungs- und regional- und strukturpolitischen Zwecken– Massenhafte Ersatzbeschäftigung für gut qualifizierte und nicht in der

Leistungsfähigkeit eingeschränkte Personen • Unterschiede zum „ersten“ Arbeitsmarkt

– Öffentliche Finanzierung über Mittel der AMP– „Zusätzlichkeit“ der Tätigkeiten– generelle Befristung der Arbeitsverhältnisse– Zuweisung durch Arbeitsvermittlung

• „doppelter Betriebszweck“: Wertschöpfung + Förderung

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Marktnahe AMP

• ABS-Gesellschaften als Wirtschaftsunternehmen– Investive Arbeiten (Sanierung von Industrieflächen u. ä.)– „Arbeitgeberverband Sanierungsgesellschaften“ - Tarifpartei

• §249h AFG als produktiver LKZ Ost– Umwelt, soziale Dienste, Jugendhilfe (später mehr)– für Wirtschaftsunternehmen und Träger der Jugendhilfe– Lange Förderdauer (36 Monate, ggf. 48 Monate)– Kostenneutralität für Bundesanstalt für Arbeit– Notwendigkeit der Ko-Finanzierung

fließende Grenzen zwischen 1. und 2. Arbeitsmarkt in einer historisch kurzen Periode – wichtiger Anknüpfungspunkt für ÖBS-Idee

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AMP nach den Hartz-Reformen

• Paradigmenwechsel– von der „aktiven“ zur „aktivierenden“ AMP– Instrumentalisierung der AMP zur Durchsetzung von

Niedriglöhnen - ALG II als allgemeine Lohnsubvention• Beschäftigungsförderung in der AMP

– kaum noch nachfrageorientiert– Vorrang der AGH-MAE (statt ultima ratio)– Teilkorrektur:

Beschäftigungszuschuss und Kommunalkombi

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Zusatzjobs / Ein-Euro-Jobs

• breite Kritik– Vorrangiger statt nachrangiger Einsatz– Einsatz häufig nicht vorschriftsmäßig (BRH)

• Nicht im öffentlichen Interesse• Nicht zusätzlich

– Nicht kostengünstiger als ABM (BRH)• Arbeitsmarktforschung:

– soziale Dienstleister häufig auf Zusatzjobs angewiesen– kein Unterschied in den Tätigkeiten zu regulär Beschäftigten!! Risiko der Verdrängung regulärer Beschäftigung und der Schaffung

von „Ersatzbeschäftigung“ zu schlechteren Konditionen

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ÖBS und PDS/ Linkspartei

• ÖBS als Segment zwischen Markt und Staat– keine Pflichtaufgaben des Staates, keine Marktgängigkeit– öffentliche Nachfrage und private Initiative – auf Basis

regionaler Entwicklungskonzepte– Stärkung der „Selbstorganisationsfähigkeit“ der Gesellschaft – unbefristete tariflich bezahlte Beschäftigung– Finanzierung aus „Fonds für soziale und ökologische

Gemeinschaftsaufgaben“ nicht AMP, sondern Beschäftigungspolitik Umbau der Arbeitsgesellschaft

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GAP in MVP

• Neuer Typ von Beschäftigungsförderung ab 1999– Definition von Handlungsfeldern– Ideenwettbewerb und Projektentwicklung im Dialog der

lokalen Akteure– Ausschreibung der Aufgaben - Wettbewerb– Träger außerhalb der klassischen AMP (kleine Projekte bei

Vereinen)– hoher Grad an Transparenz– Mischfinanzierung (überwiegend: BA)– 300 Projekte, über 500 Teilnehmer/innen

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Vorschlag Harald Wolf 2005

• Aktivierung passiver Leistungen– LKZ aus: Regelsatz, KdU,SV-Beiträge, MAE

• Drei Ebenen:– AGH-MAE als Instrument der AMP (Erprobung)– Befristete geförderte Beschäftigung (12 Monate)– Öffentlich finanzierte unbefristete Beschäftigung

• Grundsätze– Ausschreibungsähnliches Verfahren (Zusätzlichkeit)– Vollförderung maximal 15 Monate– Notwendig: Erwirtschaftung von Eigenanteilen (Bedingung für

Trägerförderung)

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Berliner ÖBS (1)

• Duales Ziel :– Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten für

Langzeitarbeitslose– Verrichtung werthaltiger Arbeit in gesellschaftlich

notwendigen Bereichen

• Politisches Ziel: – exemplarischer Beweis, dass öffentlich geförderte

Beschäftigung existenzsichernd sein kann und für die Beschäftigten neue Perspektiven eröffnet

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Berliner ÖBS (2)

• Weitere Verabredungen:– Keine Verdrängung oder Beeinträchtigung regulärer

Beschäftigung – Förderung nur im Fall zusätzlicher Beschäftigung

– Steuerung und Kontrolle des ÖBS im lokalen Konsens– Merkmale der ÖBS-Beschäftigung:

• Freiwilligkeit• Langfristigkeit• tarifliche Entlohnung (mindestens 1.300 Euro AN-

Brutto)

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Berliner ÖBS (3)

• ÖBS - ein politischer Kompromiss– Aktivierung passiver Leistungen bundespolitisch vereitelt– Nutzung von „fremden“ Instrumenten

(KK tendenziell passfähig; Funktionswandel des BEZ??)– Abhängigkeit von Entscheidungen Dritter (BA/JC, BVA)– Einschränkung bei der Auswahl der Beschäftigten – aber: Steuerungsmöglichkeiten über den Landeszuschuss

• ÖBS - AMP mit Qualitätsanforderungen– Umwandlung Beschäftigung begleitender Instrumente in Beschäftigung

schaffende (Erhöhung der Nachfrage)– Vorgabe eines Mindestentgelts – Existenz sichernde Beschäftigung– Definition von Handlungsfeldern im öffentlichen Interesse

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Zwischenbilanz

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Methode und Empirie

• Dokumentenanalyse– Literatur, Statistik, Projektbeschreibungen etc.

• Standardisierte schriftliche Befragung (TN ÖBS)– Repräsentative Stichprobe (Brutto: N = 500) – Rücklauf: 291 auswertbare Fragebögen (entspricht 58 %)

• Qualitative Interviews (Exploration)– 36 leitfadengestützte Interviews mit am ÖBS beteiligten Akteuren

(Beschäftigte, Arbeitgeber/Träger, Bezirksvertreter/innen, Kammern, Sozialpartner, JobCenter)

– Spiegelung und systematische Kontrolle der Wahrnehmungen der unterschiedlichen Akteure (Triangulation)

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Arbeit für Langzeitarbeitslose

• Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten in nennenswertem Umfang – Nutzung von BEZ und KK in großem Ausmaß durch Landesförderung– ohne ÖBS-Förderung:

• entweder weniger Arbeitsplätze finanzierbar • oder gleiche Tätigkeiten in qualitativ schlechterer Form

(AGH-MAE bzw. „Ein-Euro-Jobs“)

• Faktisch „Teilaktivierung“ passiver Mittel– Teil-Refinanzierung durch KdU, Einsparung von ALG II, Ausgaben in Form von BEZ– ohne Nutzung von BEZ und KK wären für gleiche Zahl an

Beschäftigungsmöglichkeiten mehr Landesmittel erforderlich(Nutzung von nur KK wäre teurer gewesen, aber passfähiger)

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BEZ und KK – Anteile Berlins

• Beschäftigungszuschuss (Stand 2/2010)

– Stellen Gesamt: 42.286– Stellen Berlin: 6.278 = 11 Prozent

• Kommunalkombi (Stand 1.1.2010)

– Stellen gesamt: 15.825– Stellen Berlin: 1.736 = 11 Prozent

• Arbeitslose SGB II (Stand 2/2010)

– Personen gesamt: 2.283.051– Personen Berlin: 194.716 = 8,5 Prozent

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Teilhabe• Ausweitung der Teilhabemöglichkeiten für ÖBS-Beschäftigte

– Eintritt in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und Überwindung der Arbeitslosigkeit

– häufig auch: Überwindung des ALG II-Bezugs (bei Alleinstehenden)• überwiegend sehr positive Bewertung durch die Betroffenen:

– Sinnstiftung, Anerkennung und Teilhabe, selbst verdientes Geld– Erwerb neuer Kompetenzen, – soziale Kontakte und Kommunikation, gesundheitliche Stabilisierung– quasi-reguläres Arbeitsverhältnis (im Unterschied zu AGH-MAE), – Unabhängigkeit von Jobcenter (und der „Aktivierung“)– finanzielle Situation meist etwas besser als mit ALG II– im Einzelfall: Kontakte zu potentiellen Arbeitgebern

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ÖBS im Vergleich mit AMP

• ÖBS wird tendenziell besser bewertet als aktuelle Alternativen in der AMP-Beschäftigungsförderung– 84 % der ÖBS-Beschäftigten haben Erfahrung mit anderen

Maßnahmen: AGH-MAE (71 %), ABM/SAM (68 %)– ÖBS wird überwiegend deutlich positiver bewertet,

• weil die Laufzeit länger ist (74 %), • weil die Arbeit interessanter ist (62 %), • weil das Entgelt besser ist (56 %), • weil es sich um einen „echten Arbeitsvertrag“ handelt.

– 9 % der ÖBS-Beschäftigten sehen keinen Unterschied zwischen ÖBS und anderen arbeitsmarktpolitischen Instrumenten.

– 6 % bewerten den ÖBS schlechter als andere Maßnahmen. – ABER: ÖBS schlechter als „frühere ABM“ (Entgelt, volle SVP)

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Erreichung der Zielgruppe

• Zielgruppe:– Langzeitarbeitslose > 25 Jahre mit mehreren Vermittlungshemmnissen

• Ergebnisse der Zwischenbilanz:– Geförderte i.d.R. > 30 Jahre (zwei Drittel > 50 Jahre)– 12 % ohne beruflichen Abschluss, 54 % mit Lehrberuf, 34 % mit Hoch- oder

Fachschulabschluss– 64 % letzte Erwerbstätigkeit vor fünf oder mehr Jahren, 82 % mindestens drei

Jahre ohne Beschäftigung– BEZ-Förderung erfordert zwei weitere Vermittlungshemmnisse, aber:

• breite Interpretation von „Vermittlungshemmnissen“ • Expert/inn/enmeinung: „Creaming“ aufgrund der ÖBS-Förderung (Anforderungen

an Geförderte in werthaltigen Projekten)• Rekrutierungswege zeigen selektiven Zugang (Angebot und Nachfrage)

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Werthaltigkeit

• ÖBS-Projekte:– Arbeit im gesellschaftlichen Interesse – dazu Vorgabe / Vereinbarung von

entsprechenden Handlungsfeldern• Ergebnisse der Zwischenbilanz:

– 90 % der Beschäftigten: Arbeit wird gebraucht– 88 % der Beschäftigten: ÖBS ist keine Beschäftigungstherapie– !! in Einzelfällen: Trägerinteresse an Erhalt der Sachkostenpauschalen wichtiger als

Orientierung an werthaltiger Arbeit – Orientierung auf Werthaltigkeit bringt Umsetzungsprobleme:

• !! teilweise Widerspruch zwischen ehrgeizigen Projekten mit hohen Anforderungen und Förderkonditionen bei KK und vor allem BEZ

• !! wegen der Orientierung auf Verbesserung der soziokulturellen Infrastruktur der Stadt: dauerhafte Abhängigkeit von öffentlicher (Voll-) Förderung (75%ige BEZ-Förderung nötig, wenn Land bei 25% bleibt)

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Verdrängung

• Ergebnisse der Zwischenbilanz:– transparenter Prozess der Prüfung nur bei KK - Bundesverwaltungsamt– ÖBS-Beschäftigte: viele Tätigkeiten gehören in den ÖD– Bezirksvertreter: in Einzelfällen Verdrängung (z. B. Hausmeister)– IHK, HWK und Gewerkschaften:

• Zusätzlichkeit der Tätigkeiten nicht immer gegeben, keine systematische Kontrolle vor Bewilligung, Beurteilung nach Papierlage (Lyrik)

• Probleme: – Zusätzlichkeit kann „haushaltstechnisch“ herbeigeführt werden – Risiko: ÖBS-Tätigkeiten in „Einsatzstellen“

• Dilemma der großen Zahl: Risiko steigt mit Umfang• Dilemma: Zusätzlichkeit vs. Sinnhaftigkeit/Notwendigkeit

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Die Akteure

• ÖBS – ein Kompromiss der Berliner Wirtschafts- und Arbeitsmarktakteure– Unterzeichner der Gemeinsamen Erklärung verfolgen unterschiedliche

Interessen, präferieren unterschiedliche Strategien und verbinden mit ÖBS unterschiedliche Vorstellungen:

• Förderung des ersten vs. Förderung des zweiten Arbeitsmarktes• Unterstützung vs. Tolerierung des ÖBS• ÖBS als „Ersatz-ABM-Programm“ vs. ÖBS als Förderung langfristiger Beschäftigung

– Gefundener Kompromiss lässt Umsetzung des ÖBS in jetziger Form zu, Umsetzung erfolgt jedoch suboptimal

– Kontroversen basieren nicht auf dauerhaft unvereinbaren Positionen: Chance für Transformation der ÖBS-Idee in ein gemeinsames Projekt

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Freiwilligkeit, Langfristigkeit

• Freiwilligkeit– durch Rekrutierungswege zwar häufig gegeben, aber keine

Sanktionsfreiheit aufgrund der Einbindung in die „aktivierende“ Arbeitsmarktpolitik

• Langfristigkeit– konzeptionell nicht verankert – erhebliche Unklarheiten bei allen

Akteuren– Abhängigkeit von (befristeten) Förderinstrumenten der AMP: KK– BEZ – Dauerförderung möglich, aber

• Widerspruch zur Haushaltslogik• ggf. Absenkung des Zuschusses auf unter 75% - Fehlbedarf

/Finanzierungslücke– Entfristung wird überwiegend nicht erwartet (aber erhofft)

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Entgelt

• Entlohnung– Arbeitgeber im ÖBS häufig nicht tarifgebunden, Definition der Entgelthöhe

nicht immer transparent– ca. drei Viertel der ÖBS Beschäftigten erhalten „Mindestlohn“ von 1.300 €

• Einschätzung der Beschäftigten– 48 %: in etwa das, was man erwarten kann– 44 %: Entgelt zu niedrig (v. a. Akademiker/innen) - 7%: viel zu niedrig

• Einkommenssituation nach Eintritt in ÖBS– etwas (55%) oder deutlich (22%) verbessert– 18%: unverändert– 5 %: verschlechtert

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Bewertung durch ÖBS-TN

• sehr positive Bewertung im Grundsatz…– deutliche Verbesserung der Lebenssituation im Vergleich zur (Langzeit-)

Arbeitslosigkeit – Teilhabe durch Erwerbstätigkeit ist wichtig!• …aber auch Kritik im Detail

– unsichere Perspektive, Befristung– niedriges Entgelt: Schere zwischen Leistung und Entgelt– finanzielle Situation: kaum besser als mit ALG II plus AGH-MAE, teilweise schlechter

(GEZ, Sozialticket u. a. Vergünstigungen entfallen)– keine volle Sozialversicherungspflicht bei BEZ– Stigmatisierung: ÖBS ist „zweiter Arbeitsmarkt“

„Der ÖBS war politisch anders geplant. Es sollten feste Stellen geschaffen werden, es sollten Stellen geschaffen werden, die leistungsgerecht bezahlt werden […] und das hat sich nicht realisiert.“ (ÖBS-Beschäftigte)

• besser als Arbeitslosigkeit, schlechter als reguläre Beschäftigung

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Bewertung durch Akteure

Uneinheitliche Bewertung:• Kammern und Gewerkschaften: sehen Priorität bei regulärer

Beschäftigung und Risiken des ÖBS in Bezug auf Verdrängung und Wettbewerbsverzerrung; kritisieren Lücken im Verfahren

• Bezirke: sehen Potentiale für die Stadt/ den Bezirk und die Betroffenen – teilweise Kritik im Detail (Umsetzung und Steuerung)

• Träger: ÖBS als neues „Geschäftsfeld“ mit neuen Chancen – für Träger und Betroffene; Kritik im Detail (Prozess der Beantragung und Bewilligung); Unsicherheit aufgrund ungeklärter Perspektiven

• JobCenter: ÖBS-Landesförderung ermöglicht Vermittlung auf sonst nicht entstehende Arbeitsplätze, Unsicherheit im Umgang mit BEZ

• Kund/inn/en bzw. Nutzer/innen: Nachfrage zeigt Bedarf (nicht untersucht)

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Der Berliner ÖBS – Möglichkeiten und Grenzen

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Zwischenbilanz (1)

• Berliner ÖBS…– …bleibt zurück hinter dem ursprünglichen Anspruch der

ÖBS-Diskussion in der PDS/Linkspartei– …ist eine pragmatische Antwort unter widrigen

Bedingungen (Krise der öffentlichen Haushalte)– …hebt sich positiv ab von anderen Formen

arbeitsmarktpolitischer Beschäftigungsförderung, insbesondere den AGH-MAE

– …hat Zwischenziel erreicht: ca. 7.500 Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose – für diese Menschen überwiegend sehr positive Wirkungen

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Zwischenbilanz (2)

• Kompromisscharakter des Berliner ÖBS impliziert Widersprüche– Marktersatz versus Zielgruppenorientierung– Gesellschaftliches Interesse versus „Zusätzlichkeit“– Freiwilligkeit versus „aktivierende Arbeitsmarktpolitik“– Langfristigkeit versus begrenzte Frist

arbeitsmarktpolitischer Programme– Orientierung auf volle Sozialversicherungspflicht versus

Ausklammerung des Beitrags der BA bei SGB II-Förderung– …

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Zwischenbilanz (3)

• Implementation des ÖBS ist gelungen, aber– keine nachhaltige Implementation…

• befristete Beschäftigungsverhältnisse, bislang genutzte Instrumente stehen nicht mehr oder nicht in bisheriger Weise zur Verfügung

– … und eine Reihe von Kritiken im Detail• Deshalb: „nach dem Spiel ist vor dem Spiel“

– Diskussion über Fortsetzung des ÖBS unter neuen Rahmenbedingungen (neue Instrumente)

– Diskussion über Möglichkeiten einer nachhaltigen (über die AMP hinaus weisenden) Ausweitung öffentlich finanzierter Beschäftigung

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Möglichkeiten und Grenzen

• ÖBS ist öffentlich finanzierte Beschäftigung (Steuermittel) – derzeit Orientierung auf öffentlich finanzierte Beschäftigung in der AMP (folgt

der Logik der AMP, Zusätzlichkeit: in „Nischen“)– Alternativen: öffentlich finanzierte reguläre Beschäftigung (und Ergänzung

durch zielgruppenspezifische AMP)• Grenzen zwischen 1. und 2. Arbeitsmarkt sind fließend und politisch

gestaltbar– Risiko: Abwärtsspirale (Verschiebung in den Bereich der AMP)– Ausweitung des „Zweiten Arbeitsmarktes“ ist keine nachhaltige Lösung; hat

negative Rückwirkungen – Verbesserungen innerhalb der AMP (aktueller ÖBS) war legitimer

Zwischenschritt – zur offensiven öffentlichen Beschäftigungspolitik?

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Weitere Diskussion (1)

• Weiterentwicklung und Präzisierung des Konzepts des ÖBS– ÖBS derzeit mit Zielen/Erwartungen überfrachtet

(Enttäuschungen vorprogrammiert)– Kritik der Kammern/Gewerkschaften ernst nehmen! – ganzheitliches Konzept entwickeln:

Beschäftigung, Stadtentwicklung, soziale Integration– Berlinpolitische Initiative zur Stärkung öffentlich finanzierter Beschäftigung in

verschiedenen Formen• öffentlicher Dienst• öffentliche Aufträge• öffentliche Subventionen• öffentliche Förderung im Rahmen der Arbeitsmarktpolitik

– jeweils: Ziele, Prinzipien, Mindeststandards

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Weitere Diskussion (2)

• Steuerung des ÖBS– offensive statt defensive Steuerung,

inhaltlich statt instrumentell(Ideenwettbewerbe, lokale Entwicklungskonzepte usw.)

– Stärkung von Transparenz und Beteiligung– Zusammenwirken aller beteiligten Akteure in einer gelebten

Kooperation mit realen Einflussmöglichkeiten– Offenlegung der Probleme, Diskussion kontroverser Meinungen

ÖBS braucht Professionalisierung

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