52
BAND 5 · AUSGABE 3 · 19,80 € JAHRGANG 2017 AK in Deutschland DEUTSCHE ÄRZTEGESELLSCHAFT FÜR APPLIED KINESIOLOGY Journal of Professional Applied Kinesiology Zahnstörfelder, NICO – ein Aspekt der biologischen Zahnheilkunde RANTES – ein Chemokin Bedeutung und klinische Erfahrungen AK-spezifischer Befundstandard in der manualmedizinischen Praxis Verhaltensstörungen und neuropsychiatrische Erkrankungen – Verbindung zu humanpathogenen Erregern Rückblick 2017 und Ausblicke für 2018

DEUTSCHE ÄRZTEGESELLSCHAFT FÜR APPLIED KINESIOLOGY Journal ... · JOURNAL OF PROFESSIONAL APPLIED KINESIOLOG 4 Inhalt EDITORTIAL INHALT / IMPRESSUM WISSENSCHAFT Zahnstörfelder

Embed Size (px)

Citation preview

BAND 5 · AUSGABE 3 · 19,80 €JAHRGANG 2017

AK in Deutschland

D E U T S C H E Ä R Z T E G E S E L L S C H A F T F Ü R A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

Journal of Professional

Applied KinesiologyZahnstörfelder, NICO –

ein Aspekt der biologischen Zahnheilkunde

RANTES – ein Chemokin

Bedeutung und klinische Erfahrungen

AK-spezifischer Befundstandard

in der manualmedizinischen Praxis

Verhaltensstörungen und neuropsychiatrische Erkrankungen –

Verbindung zu humanpathogenen Erregern

Rückblick 2017 und Ausblicke für 2018

EDITORIAL

B A N D 5 · A U S G A B E 3 · J A H R G A N G 2 0 1 7

E DITORIAL

3

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Wir freuen uns wieder eine Ausgabe des JPAK vorlegen zu

können. Das JPAK hat in dieser Ausgabe einen Schwerpunkt

auf dem Thema Herd/Störfeld, vor allem im Bereich des Kie-

fers, ein bekanntermaßen schwieriges Thema.

„Herdbedingte Krankheitsbilder passen nur selten in die typi-

schen Syndromschemata und die praktische Herddiagnostik

und – therapie gehören zu den undankbarsten, mühsamsten

Bereichen der Medizin. Daher ist es nicht verwunderlich, wenn

häufig der einfachste Weg gegangen wird- die Ablehnung des

Begriffs“ O. Bergsmann, Neuraltherapeut

Zu diesem Thema wurde auch innerhalb der AK bereits viel

diskutiert. Nachdem inzwischen eine Vielzahl von klinischen

Erfahrungen dazu vorliegen, möchten wir dieses kontroverse

Thema noch einmal aufgreifen und zur Diskussion stellen.

Im Oktober ist die Jahrestagung der DÄGAK in Ludwigsburg

erfolgreich zu Ende gegangen. Die Veranstaltung war von

Konrad Bosch hervorragend organisiert und zeigte erneut

das hohe Niveau, auf dem die DÄGAK-TherapeutInnen seit

Jahren arbeiten und dies auch in Ihren Vorträgen vermitteln.

Bezeichnend war das Interesse der eingeladenen Referenten

aus anderen Fachgebieten, die alle am Gesamtprogramm

über ihren eigenen Beitrag hinaus weiter teilnahmen.

Das Jahr neigt sich dem Ende zu und passend zur bevorste-

henden Weihnachtszeit gibt es neben viel fachlicher Anre-

gung eine besonders umfangreiche Abteilung an Buchbe-

sprechungen. Vielleicht findet sich darunter das eine oder

andere Buch für wohlverdiente Mußestunden oder auch als

Geschenk in letzter Minute.

Die Redaktion ist wie immer sehr dankbar für Rückmeldun-

gen, seien sie fachlicher oder persönlicher Natur.

Hinweise für interessante Themen für das JPAK 2018 oder

auch für interessante Literatur werden ebenfalls sehr begrüßt.

In diesem Sinne bedanke ich mich für das fortgesetzte Inter-

esse und die positiven Rückmeldungen zur Arbeit der Redak-

tion für das Jahr 2017 und wünsche Ihnen und Ihren Lieben

eine frohe und besinnliche Weihnachtszeit und einen guten

Start ins neue Jahr.

Ihre

Anita Ginter

Anita Ginter, Chefredaktion

J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

4

Inhalt

EDITORTIAL

INHALT / IMPRESSUM

WISSENSCHAFT

Zahnstörfelder speziell: NICO – ein Aspekt der biologischen Zahnheilkunde Babette Klein, Anita Ginter

RANTES – Bedeutung im Serum und in fettig-degenerativen Osteonekrosen im Kiefer Volker von Baehr

Fallbeispiel RANTES Anita Ginter

AK-spezifischer Befundstandard in der manualmedizinischen Praxis Nicola Dewald

ERNÄHRUNG UND AK

Verhaltensstörungen und neuro- psychiatrische ErkrankungenMaurizio Italiano

SERVICE

Kurskalender: Januar bis September 2018

Ankündigungen/Sonderveranstaltungen

VERMISCHTES

Rückblick Sommerakademie 2017

Jahrestagung 2017 in Ludwigsburg

Buchbesprechungen

3

4

5

18

21

26

33

40

41

43

44

46

Impressum:

Herausgeber: DÄGAK

Deutsche Ärztegesellschaft

für Applied Kinesiology

Anschrift: Nederlinger Str. 35

D - 80638 München

Telefon: +49 -89 159 59 51

Fax: +49 -89 159 61 61

E-Mail: [email protected]

Chefredaktion: Dr. Anita Ginter

Redaktion: Dr. Gerald Weiss, Dr. Hans Garten,

Dr. Michael Wittke

Satz & Layout: InVIA Marketing, München

Namentlich gekennzeichnete Artikel liegen in der

Verantwortlichkeit des Autors. JPAK oder Teile davon

dürfen nicht ohne schriftliche Genehmigung von JPAK

oder des Autors in irgendeiner Form reproduziert wer-

den. Eine Nachdruckerlaubnis wird in der Regel gerne

erteilt. Die Aussagen von Anzeigen liegen in der Verant-

wortung des Auftragsgebers und decken sich nicht in

jedem Fall mit der Ansicht der Redaktion.

Anzeigen: Anzeigenwünsche bitte bei der Redaktion

einreichen: [email protected]. Ankündigun-

gen von Kursen (AK-Kurse und verwandte Kursinhalte,

letztere nach Genehmigung des Vorstandes) werden als

Liste im JPAK mit Link zur Webseite der DÄGAK veröf-

fentlicht. Darüber hinaus können Kurse mit Anzeigen

beworben werden. Bitte fordern sie unsere aktuellen

Anzeigenpreisliste bei der Redaktion des JPAK an:

E-Mail: [email protected]

Autorenrichtlinien: Autoren werden gebeten, grund-

sätzlich für Artikel die einheitliche Formatvorlage zu

verwenden. Eine Bearbeitung unformatierter Artikel ist

nicht möglich. Die Formatvorlage kann auf der Inter-

netseite der DÄGAK unter http://www.daegak.de/die-

daegak/journal-jpak/ als Worddatei aufgerufen werden.

Die Autoren von Leserbriefen bitten wir zu beachten,

dass sich die Redaktion vorbehält Leserbriefe (in Ab-

stimmung mit dem Autor) redaktionell zu kürzen.

Band 5 · Ausgabe 3 · Jahrgang 2017

B A N D 5 · A U S G A B E 3 · J A H R G A N G 2 0 1 7

W I S S E N S C H A F T · Z A H N S TÖ R F E L D E R S P E Z I E L L : N I CO – E I N A S P E K T D E R B I O L O G I S C H E N Z A H N H E I L K U N D E

5

Zahnstörfelder speziell: NICO – ein Aspekt der biologischen Zahnheilkunde VON BABETTE KLEIN UND ANITA GINTER

ZusammenfassungDie NICO (Neuralgia Inducing Cavitational Osteonecrosis des

Kieferknochens) ist eine spezielle Form des entzündlichen

Störfelds im Kiefer. Die NICO stellt besondere Anforderungen

an die Diagnostik, da sie oft mit herkömmlichen bildgeben-

den Verfahren nicht oder nur ungenügend darstellbar ist. Dies

hat zu sehr konfliktreichen Diskussionen um die Existenz und

Relevanz dieses Krankheitsbildes geführt. Der Artikel fasst

noch einmal kurz die wichtigsten Punkte zur NICO anhand

von Praxisfällen zusammen. Im Folgenden werden diagnosti-

sches Vorgehen und klinische Fälle mit positiven intraoperati-

ven Befunden vorgestellt, die nach Sanierung der NICO eine

deutliche Besserung ihrer Beschwerden und der entzündli-

chen Stoffwechsellage erfahren haben. Wichtige Aspekte

des kieferchirurgischen Vorgehens und der notwendigen

Begleitbehandlung werden ebenfalls besprochen. Betroffe-

ne sind daher auf die Kenntnis der Behandler um diese Zu-

sammenhänge angewiesen. Bei entsprechendem klinischem

Verdacht und positivem AK-Test für Störfeldbelastung sind

weitere spezifische Untersuchungen anzustreben bzw. muss

zu entsprechend erfahrenen Kollegen und Kolleginnen zur

Mitbehandlung überwiesen werden.

Schlüsselwörter NICO, neuralgia inducing cavitational osteonecrosis, Störfeld,

Inflammation, chronisch entzündliche Erkrankung

1. EinleitungDie Diagnostik von Zahnherden und deren Therapie haben in

der biologischen Zahnheilkunde einen wichtigen Stellenwert.

Das Konzept von Herden bzw. Störfeldern geht dabei auf die

Begründer der Neuraltherapie (Huneke) und deren klinische

Erfahrungen zurück (Huneke 1934, Huneke 1953).

Leitsatz nach HUNEKE: „Jede Krankheit kann störfeldbe-

dingt sein“ (Dosch 1980).

Herde werden dabei als Orte mit lokal entzündlicher (bakte-

riell, viral, aseptisch) Gewebsveränderung definiert, die patho-

morphologisch fassbar ist. Von Herden können Streuwirkungen

durch Bakterien oder Toxine ausgehen, also Fernwirkungen im

Organismus entstehen und die Regulationsfähigkeit des Orga-

nismus durch unterschwellige Entzündungsvorgänge schwä-

chen (Dosch 1980, Pischinger 1991, Heine 1997).

Störfelder sind als Regionen ohne fassbare Gewebeverände-

rung definiert, die jedoch ebenfalls zu Fernwirkungen im Or-

ganismus führen können und allgemein ebenfalls die Regu-

lationsfähigkeit des Organismus schwächen, so dass weitere

einwirkende Stressoren mehr zum Tragen kommen.

Diesem Konzept entsprechend sind Injury-Regionen im Or-

ganismus ebenfalls als Störfelder wirksam. Herde sind immer

als Störfelder wirksam (Dosch 1980, Heine 1997, Pischinger

1991). Der in der AK bekannte sogenannte neurologische

Zahn ist eine Form eines lokal mechanisch bedingten Stör-

felds, das ebenfalls für eine Reizung des Trigeminus verant-

wortlich sein kann. (Garten und Weiss 2017), Garten 2012,

Garten 2016)

Definitionen Herd und Störfeld

Herd: Unter Herd oder Fokus versteht man im enge-ren Sinne eine lokale entzündliche (bakterielle, virale, aseptische) Gewebsveränderung, die pathomorpho-logisch fassbar ist und von der Streuwirkungen durch Bakterien oder Toxine ausgehen können, wodurch Fernwirkungen entstehen.

Störfeld: Unter einem Störfeld versteht man eine Regi-on mit veränderter Beschaffenheit der Grundsubstanz, welche histopathomorphologischen Routinemethoden nicht zugänglich ist, die aber vegetativ oder kyber-netisch gestört ist, und zu segmentalen oder systemi-schen Störungen führt.

J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

W I S S E N S C H A F T · Z A H N S TÖ R F E L D E R S P E Z I E L L : N I CO – E I N A S P E K T D E R B I O L O G I S C H E N Z A H N H E I L K U N D E

6

Es gibt nach Kramer und Gleditsch Schemata für die Zuord-

nung der einzelnen Zahnlogen zu Meridianen und Organen,

die auf Voll (Leonhardt 1977) zurückgehen. Demnach hätte

ein Störfeld in der entsprechenden Zahnregion eine Auswir-

kung auf die zugeordneten Organe (Gleditsch 2000, Garten

2012). Diese Zuordnungen sind eher als Hinweis zu verste-

hen, denn als lineare Zuordnung. Die Fernwirkungen von

Herden sind topographisch nicht vorhersehbar. Herde gelten

als starke Treiber jeglicher entzündlichen Erkrankung, wohl

vor allem durch eine Veränderung im humoralen System der

Immunabwehr (Kellner 1963) Sie sind im Kontext mit neu-

rodegenerativen Erkrankungen wie ALS, Alzheimer; Parkin-

son oder MS zu finden (Lechner 2010 und einigen Autoren

zufolge sind sie auch für andere chronische Erkrankungen

wie z. B. Krebsgeschehen bedeutsam bei dem ebenfalls ein

Überwiegen der humoralen Abwehr vorliegt (Lechner 2010).

In der biologischen Zahnheilkunde sind verschiedene Ursa-

chen bekannt, die zur Entwicklung eines Herdes im Sinne ei-

ner chronischen Kieferostitis führen können (s. Kasten). Die

diagnostische Aufgabe der Behandelnden liegt darin, das

Störfeldgeschehen in Bezug auf die klinische Situation des

Patienten sowohl zu erkennen als auch dessen Qualität zu

bestimmen, so dass entsprechende therapeutische Schritte

eingeleitet werden können. Dies ist eine nicht gerade einfa-

che Aufgabe, die oft eine Zusammenarbeit von verschiede-

nen Fachgebieten erfordert. Der kritischste Moment ist die

Einschätzung eines Störfeldes / Herdes: Ist es noch dynamisch

regulierbar bei gestörter Grundregulation (Störfeld) oder liegt

ein Herd vor, der von der Grundregulation abgekoppelt und

nicht mehr dynamisch regulierbar ist, was eine chirurgische

Intervention erfordert.

Meist steht der Befund der NICO in einer Reihe mit weiteren

Belastungsfaktoren auf der infektiösen, strukturellen, che-

misch/toxischen (Schwermetalle wie Quecksilber, Blei, Palladi-

um, Zinn, Aluminium) oder emotionalen Ebene, die ebenfalls

der Therapie bedürfen. Dies ist ganz im Sinne der bekannten

Theorien zur Entstehung von Störfeldern und Herden. Auch

die zunehmende allgemeine Elektrosmogbelastung, sowie

die lokaler Nähe von Kiefer und Handystrahlung soll hier er-

wähnt werden, ebenso wie die Antennenwirkung von Metal-

len im Mund (Titanimplantat) absorbiert die 400 – 700fache

EMF-Dosis wie Kieferknochen. Hier sind insbesondere zur

Chronifizierung neigende Infektionen zu nennen wie: EBV

und andere chronische virale Infekte, Borrelien, Chlamydien

etc. Dies entspricht ebenfalls dem Stress Modell wie es in der

AK gelehrt wird. Es ist sowohl bei schulmedizinischen als auch

komplementären Verfahren Aufgabe der Behandelnden, kli-

nische und radiologische Befunde, sowie Testergebnisse mit

AK in der Gesamtschau des einzelnen Falles einzuschätzen

und zu bewerten, statt sie als nicht zu hinterfragenden Fakt

zu interpretieren.

Zur Diagnostik und Therapie von Herden und Störfeldern im

Zahn- und Kieferbereich liegen bereits sehr detailliert aufge-

arbeitete Veröffentlichungen vor. (Garten 2014, Angermaier /

Meierhöfer 2012) Der vorliegende Artikel fokussiert auf die

NICO als spezielle Form eines entzündlichen Störfeldes.

Die chronische Kieferostitis wurde in der Zahnheilkunde be-

reits Anfang des letzten Jahrhunderts von Dr. Greene Vardiman

Black als ein fortschreitender chronischer Entzündungsprozess

beschrieben, der Hohlräume produziert und Knochenzellen

abbaut (Bouquot, Roberts et al. 1992). Die besonderen klini-

schen Kennzeichen sind dabei, dass dieser chronische Entzün-

dungsprozess ohne Entzündungszeichen an der Schleimhaut

und ohne erkennbare Schwellungen im Kieferbereich und

ebenfalls ohne systemische Zeichen der Entzündung wie z.B.

einer Erhöhung der Körpertemperatur fortschreitet. Sensible

Patienten beschreiben allerdings häufig ein Spannungsgefühl

entlang der betroffenen Lymphbahnen oder auch eine dis-

krete Schwellung der Lymphknoten auf der entsprechenden

Halsseite. 1930 beschrieb Dallas Burton Phemister in den USA

erstmalig diese Prozesse als „Cavitations“ und beschrieb sie

als primär „avaskulär“ (= Fehlen von entzündungsbedingten

Gefäßvermehrungen) und weniger als „infektiös“. In den

70er Jahren gab der amerikanische Pathologe Bouquot dem

pathologischen Geschehen den Namen NICO.

Das Akronym NICO steht für: Neuralgia inducing cavitational

osteonecrosis. Diese sogenannte NICO definiert eine kavitä-

tenbildende Zerstörung des Knochens, welche neuralgiforme

Schmerzen verursachen kann.

Zahn- und Kieferherde

• Tote Zähne (Pulpen-Gangrän, wurzelbehandelter Zahn, wurzelresezierter Zahn) • Kieferostitis in Leerkieferregionen• NICO: fettig degenerierter Kieferknochen im Bereich einer Kiefer–Leerstrecke (DD: Störfeld) • Weisheitszähne: retiniert, verlagert, impaktiert, PA-Tasche, follikuläre Zyste• Metallsplitter, anderes Fremdmaterial im Knochen oder KH • Zysten • Parodontitis

B A N D 5 · A U S G A B E 3 · J A H R G A N G 2 0 1 7

W I S S E N S C H A F T · Z A H N S TÖ R F E L D E R S P E Z I E L L : N I CO – E I N A S P E K T D E R B I O L O G I S C H E N Z A H N H E I L K U N D E

7

Hinweise für die Ursache der weitreichenden Folgen für das

Immunsystem geben die Arbeiten des Chemikers Boyd Haley,

der die chemische Zusammensetzung von durch NICO ver-

änderten Bereichen des Kieferknochens untersuchte. Haley

konnte nachweisen, dass im Bereich der chronischen Kiefe-

rostitis (NICO) durch Bakterien Toxine gebildet werden, die

lebenswichtige Enzymsysteme des Körpers blockieren. Haley

beschreibt diese Toxine als weitaus giftiger als das Botulinum-

Toxin: „Some of the most toxic substances known to man“.

Zu diesen Toxinen gehören neben Abbauprodukten anae-

rober Bakterien auch Mercaptan/Thioäther. Diese Toxine stö-

ren den Energie-Stoffwechsel der Zellen und potenzieren die

Schadwirkung von Schwermetallen mit denen sie chemische

Verbindungen eingehen (Lechner 2003). In der aktuellen im-

munologischen Diagnostik konnten weitere Faktoren zur Er-

klärung einer systemischen Belastung gefunden werden.

Von einer mit NICO belasteten Region werden vermehrt pro-

entzündliche Zytokine ins Blut ausgeschüttet. Ein für diesen

Prozess hinweisendes Zytokin trägt den Namen RANTES (Re-

gulated on Activation, Normal T Cell Expressed and Secreted).

Es wird von zytotoxischen T-Zellen gebildet. RANTES ist regel-

mäßig im Blut betroffener Patienten nachweisbar und so gut

wie immer in den Resektaten von befallenem Kieferknochen

(Lechner and von Baehr 2013). RANTES ist bisher bekannt als

proinflammatorisches Cytokin der „silent Inflammation“ des

adipösen Fettgewebes und ist keineswegs spezifisch für NICO

(v. Baehr 2017, in diesem Heft). In Fällen von NICO sind eben-

falls weitere proinflammatorische Zytokine nachweisbar wie

IL-6 und TNF-alpha, wenn auch nur in geringen Mengen, auch

diese können zahlreiche andere Auslöser haben. Die deutliche

Präsenz des Down-regulation Zytokins IL-1RA (anti-inflamm-

atorisches Interleukin1 RA) erklärt, warum eine NICO in der

Regel ohne typische klinische Entzündungszeichen und lokal

häufig asymptomatisch abläuft. (Lechner, v. Baehr 2013)

2. Klinik der NICODie NICO stellt sich klinisch dar als Minderdurchblutung / lo-

kalisierter Infarkt im Knochen bei gleichzeitigem Fehlen loka-

ler Beschwerden. Durch die Situation der Mangelversorgung

in Form einer chronisch-trophischen Störung des Knochenge-

webes mit ischämisch-nekrotischer und fettig-degenerativer

Osteolyse gibt es keine Regeneration oder Heilung über Jah-

re. Morphologisch stellt sich die NICO im fortgeschrittenen

Stadium als fettige Klumpen dar, die aus dem Markraum des

Kieferknochens leicht auszulöffeln sind.

Lange galt in zahnmedizinischen und manualmedizinischen

Kreisen die Ansicht, daß eine NICO ohne Gesichtsschmerz

oder Körperschmerz, kein echtes Herdgeschehen sei und kei-

ne operative Revision rechtfertigt. Diese Ansicht lässt jedoch

die Auswirkung auf das Immunsystem und damit auf die Kör-

perchemie völlig ausser acht. So wiesen viele der erfolgreich

behandelten Patienten eine entzündliche Multisystemerkran-

kung auf und nicht primär eine Schmerzsymptomatik. Das

Thema ist also offensichtlich sehr komplex und nicht allein

auf die lokale Wirkung im Bereich des Trigeminus beschränkt.

Klinisch bedeutsame Charakteristika von NICO

• Häufig im Unterkiefer lokalisiert, dabei evtl. bis weit hinter das eigentliche Weisheitszahn-Gebiet reichend (sogenanntes 9er Gebiet nach Gleditsch)• Sie ist sowohl im Oberkiefer- als auch im Unterkiefer- knochen zu finden, wo bereits Zähne fehlen. • Sie kann im Unterkiefer den 3. Trigeminus-Ast und im Oberkiefer die Kieferhöhle irritieren. • Die nekrotischen Knochenprozesse einer NICO gehen häufig auch von toten und wurzelgefüllten Zähnen aus.

NICO – klinisch beobachtbare Fakten

• Häufigste Lokalisation: zahnlose Kieferstelle des Unterkiefers• Fettig-degenerativ erweichter (chron. entzündlich veränderter) Knochen • Klinisch lokal fast immer blande• MTL testet mit Applied Kinesiology im Sinne eines Störfelds • Von dieser Region gehen proinflammatorische Zytokine (RANTES, u.a.) ins Blut

Abb. 1: Operationsresektat, Morphologie einer NICO

J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

W I S S E N S C H A F T · Z A H N S TÖ R F E L D E R S P E Z I E L L : N I CO – E I N A S P E K T D E R B I O L O G I S C H E N Z A H N H E I L K U N D E

8

Erklärungsmodelle zur Entstehung einer NICOZur Entstehung der NICO gibt es verschiedene Erklärungs-

modelle. Es wird angenommen, dass möglicherweise eine

nicht ganz adäquate Chirurgie eine lokale Wundheilungs-

störung ausgelöst wird, die eine Durchblutungsstörung und

unter Einfluss weiterer metabolischer Faktoren wie z. B.

Substratmangel (Vitamin D, Mineralstoffversorgung) dann

eine NICO auslöst. Diese Theorie wird unterstützt durch

die vermehrte Präsenz von FGF-2 (FGF, von engl. Fibroblast

Growth Factor) in NICO Resektaten. Weiterhin wird ange-

nommen, dass anaerobe Bakterien z. B. aus wurzelgefüll-

ten Wurzelkanälen oder parodontalen Taschen und ihre

Stoffwechselprodukte (Mercaptopuran, Thiöäther u. a.) eine

chronisch fortschreitende Ostitis auslösen und unterhalten

(Lechner 2003).

Klinische Beobachtungen in der Praxis der Autorinnen zeig-

ten, dass auch intraossäre Spannungszustände des Kiefers im

Sinne einer Injury Region unter Umständen im AK-Test durch

eine Kieferostitis-Nosode aufgehoben werden. Dies rechtfer-

tigt im ersten Schritt eine probatorische Behandlung eines

solchen Befundes nach dem erweiterten Injury Protokoll. An-

dererseits könnte eine NICO die Folge eines lange bestehen-

den intraossären Spannungszuständes des Kiefers darstellen.

Diese Zusammenhänge bedürfen weiterer Untersuchung. In

der Praxis der Autorinnen sind solche Beobachtungen ge-

macht worden.

2. Diagnostisches Vorgehen Herdgeschehen Die Herdsuche ist eine Stufendiagnostik, die primär in zahn-

ärztlicher Hand liegt. Das Vorgehen führt üblicherweise über

mehrere Stufen zur letztendlichen Verdachtsdiagnose eines

Herdgeschehens.

Klinische Stufendiagnostik Herdgeschehen 1. Anamnese

2. Inspektion, Zahnfleischveränderungen, Schwellungen, ver-

färbte Zähne, freiliegende Zahnhälse

3. Palpation, submandibuläre Lymphknoten, Adler-Langer

Punkte, Muskulatur

4. Vitalitätsprüfung, Klopfschall der Zähne

Abb. 2: Immunologisches Modell NICO, Silent Inflammation durch gestörte Immuntoleranz

Modifiziert nach Martin L. Pall: Explaining ‚Unexplained‘ Illnesses / IMD Labor Berlin

Kunststoffe

Metalle Pilze EMF

Mercaptane / Thioether

Biozide

Psychische Traumaten

Industriegifte

Lösungsmittel

Weichmacher

Nahrungsmittel

Gestörte Funktionvon Treg-Zellen

gestörteImmuntoleranzTH2-Dominanz

Entwicklung weiterer Sensibilisierungen

Viren

Bakterien

RANTES ??

Entzündung TNF-a IFN-g

Histamin Lp-PLA2

Nitrosativer Stress Nitrotyrosin

Mitochondriopathie ATP

Superoxid

Peroxynitrit

iNOS

Oxidativer Stress MDA-LDL

B A N D 5 · A U S G A B E 3 · J A H R G A N G 2 0 1 7

W I S S E N S C H A F T · Z A H N S TÖ R F E L D E R S P E Z I E L L : N I CO – E I N A S P E K T D E R B I O L O G I S C H E N Z A H N H E I L K U N D E

9

Klinische Hinweise auf die Belastung eines Zahnes geben die

dem entsprechenden Zahn lymphatisch zugeordneten Ab-

flussgebiete, nämlich die Adler-Langer Druckpunkte. Sie sind

auch für palpatorisch geübte Nicht-Zahnärzte eine zuverlässi-

ge und sensitive klinische Diagnosemöglichkeit ipsilateral vor-

liegender lymphatischer Störungen (s. Abb 3). Allerdings ist

die Projektion nicht spezifisch auf Störungen im Zahnbereich,

so dass es hier einer entsprechend differenzierten Einschät-

zung bedarf.

AK-Ausgebildete sind bei der Differenzierung eines Herdge-

schehens deutlich im Vorteil, da sie die AK-Diagnostik (s. u.)

mit einbeziehen können.

2.1 Die klinische Diagnostik der NICO Die klinische Diagnostik der NICO gestaltet sich nicht ein-

fach, was unter anderem dazu führte, dass in weiten medizi-

nischen Kreisen die Existenz und auch die Relevanz der NICO

für chronisch entzündliches Geschehen negiert wurde und

wird. In konventionellen Röntgenaufnahmen des Kiefers sind

oft keine Hinweise auf eine Veränderung im Sinne der NICO

erkennbar. Sehr erfahrene Diagnostiker auf diesem Gebiet

meinen, radiologische Kriterien dafür angeben zu können (Lit

Lechner 2010). Dies ist jedoch sicher nicht einfach für den

praktischen Kliniker umsetzbar.

Hier stehen inzwischen in vielen Praxen die sogenannte digi-

tale Volumentomographie DVT zur Verfügung. Das DVT ist

ein speziell für die Zahnmedizin entwickeltes röntgenologi-

sches Verfahren, bei dem eine dreidimensionale Darstellung

des Kiefers aus Schichtaufnahmen berechnet werden kann.

Allerdings erfordert die Erstellung und Befundung eines DVT

in der Fragestellung NICO ebenfalls eine besondere Expertise.

Es kommt relativ häufig zu falsch negativen Befundungen(s.

Fallbeschreibung unten). Experten auf diesem Gebiet zwei-

feln auch prinzipiell die Möglichkeit der korrekten Darstel-

lung einer NICO mit Hilfe des DVT an (persönliche Mittei-

lung PD Dr. Schulz). Aus der Schwierigkeit der Bildgebung

und dem Umstand der im chirurgischen Resektat gefundenen

Minderdurchblutung im Bereich von NICOS wurde als weite-

res bildgebendes Verfahren eine Form der Ultraschalluntersu-

chung vom Zahnarzt Lechner in München entwickelt. Dieses

Verfahren weist Areale von Minderdurchblutung relativ zu

den restlichen Arealen des Kieferknochens nach. In Kombi-

nation mit allen anderen diagnostischen Schritten hat dieses

Verfahren schon zu verlässlichen Diagnosen geführt, die eine

klinische Bedeutung hatten.

5. Röntgendiagnostik: Panoramaaufnahme (OPG) suche nach

Verdachtsmomenten: wurzelbehandelte Zähne, verbreiter-

ter Periodontalspalt, retinierte Metallspitter, Aufhellung im

Bereich der Kiefer-Leerstrecke, vertikaler/horizontaler Kno-

chenabbau am Zahn dann entsprechend Einzelzahnfilm.

6. Probebehandlung mit Neuraltherapeutikum

7. Weiterführende Diagnostik (DVT, Denta-CT, MRT)

8. Ergänzend sind hier noch die Ultraschallmethode CAVITAT

oder die Decoder-Dermographie (Garten 2014, Garten

und Weiss 2017) zu nennen sowie laborchemische Entzün-

dungsmarker, die Zytokine RANTES, TNF-a und IL-6 (siehe

Artikel V. von Baehr in diesem Heft).

Die klinische Diagnostik gestaltet sich oft schwierig. Schon

die Vitalitätsprüfung kann oft nicht eindeutig ausfallen wenn

z. B. nur ein Wurzelkanal avital und auch beherdet ist, wäh-

rend ein anderer noch intakt reagiert oder aber der Zahn

überkront ist. Im Falle der NICO ist die klinische Diagnostik

extrem schwierig, da zahnärztliche Routine-Röntgenbilder

eine NICO entweder gar nicht abbilden oder zum Erkennen

eine große Erfahrung in der Beurteilung erfordern.

Abb. 3: Adler-Langer Punkte (aus Garten 2016)

J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

W I S S E N S C H A F T · Z A H N S TÖ R F E L D E R S P E Z I E L L : N I CO – E I N A S P E K T D E R B I O L O G I S C H E N Z A H N H E I L K U N D E

10

Das Verfahren der Decoder-Dermographie zur Diagnostik

von Störfeldern soll nicht unerwähnt bleiben. Diese ist nur

nach vorheriger Störfeldsuche mit AK oder EAV als Kontroll-

test praktikabel. In der Praxis der Autorinnen findet es aktuell

keine Anwendung. Ebenfalls soll das kontrastmittelverstärkte

MRT des Kiefers mit Spezialspule nicht unerwähnt bleiben.

Dieses Verfahren wurde in der Praxis der Autorinnen bisher

ebenfalls nicht verstärkt angewendet mangels lokaler Verfüg-

barkeit und mangels positiver Erfahrungen, die weite Über-

weisungswege rechtfertigen würden.

In der klinischen Erfahrung der Autorinnen erfolgt die exaktes-

te Darstellung des veränderten Kiefers mit einem sogenann-

ten Denta-CT, ein hochauflösendes CT des Kieferknochens.

Beim Denta-CT werden Untersuchungsserien ohne Kontrast-

mittel in sehr dünnen Schichten angefertigt. Diese Bilddaten

werden speziell verarbeitet. Dies ermöglicht eine sehr diffe-

renzierte Beurteilung der Binnenstruktur des untersuchten

Kieferknochens, so dass hier oft der Nachweis erweichter, im

Sinne chronisch entzündlich veränderter Knochensubstanz

gelingt. Durch ein Denta CT mit spezieller Software gelingt

die Messung und der Nachweis fettisodenser Werte in einer

Region, mit dem Nachweis von Wurzelresten, Sequestern

< 2 mm, um die herum oft eine NICO vorliegt. Ebenfalls sind

Metallpartikel (z. B. Amalgam) in einer Größe von 1 mm nach-

weisbar um die herum ebenfalls oft eine NICO vorliegt. So

ist das Denta-CT das aktuell einzig verfügbare bewährte und

radiologisch beweisende bildgebende Verfahren für das Vor-

liegen einer NICO.

2.2 Vorgehen mit AK Besonders gründlich sollten bei der Suche nach einer NICO

die Extraktionsstellen von Weisheitszähnen und Leerstrecken

im Kiefer von früheren Extraktionen untersucht werden, ins-

besondere wenn diese aufgrund einer Entzündung erfolgten.

Ein erster Hinweis ergibt sich nach einer entsprechenden

Anamnese durch einen positiven AK-Test. Für die Testung mit

AK gibt es prinzipiell zwei Zugangswege zur Diagnostik von

Herden und Störfeldern im Zahnbereich.

Beim Zugang über einen normoreaktiven Indikatormuskel

haben sich Testmuskeln, die entweder lokal zugeordnet und

Muskeln, die im weitesten Sinne dem lymphatischen System

und dem Immunsystem zugeordnet sind als besonders zu-

verlässig in der Testung von Störfeldern bewährt. Diese sind:

• M. sternocleidomastoideus

• tiefe Nackenbeuger

• Mittlerer und unterer Trapezius

• M. pectoralis minor

• M. infraspinatus

Die Therapielokalisation wird am besten magnetverstärkt

durchgeführt (mindestens 3000 Gauss starker Magnet über

den Daumen gesteckt), während der Patient mit einem ande-

ren Finger oder noch besser über eine Sonde (Kugelstopfer

oder ähnliches) aus verträglich getestetem Metall die Thera-

pielokalisation ausführt (s. Abb. 4). Den theoretischen Hinter-

grund für diese Anordnung bilden die Lymphmeridiane nach

Voll, die am Daumen entlanglaufen (Ly2) und die durch den

Magneten zusätzlich stimuliert werden (s. Abb. 5).

Eine weitere Sensibilisierung der Therapielokalisation kann durch

Ausübung von axialem Druck auf die entsprechende Zahnregion

erreicht werden. Auf diese Art kann die Empfindlichkeit der AK-

Testung deutlich verstärkt werden (Garten 2016). Die Therapie-

lokalisation wird im Fall der NICO durch die Nosode Kieferostitis

D6, fettige Kieferostitis D6 (erhältlich über http://moestel.de)

oder auch Mercaptopuran D6 oder Thioäther D6 aufgehoben.

Bei Verdacht auf lokale Metallbelastung (Splitter etc.) heben

auch die Isoden Silberamalgam oder non-Gamma Amalgam

den positiven Befund auf. Ein solcher Befund sollte eine weitere

Abklärung nach sich ziehen. Insbesondere wenn er im weiteren

zeitlichen Verlauf auch nach vorerst konservativer Therapie (er-

weitertes Injuryprotokoll, Neuraltherapie mit entsprechend ge-

testeten Therapeutika) mehrfach erhoben werden kann.

Ebenfalls denkbar sind dem Fall entsprechende sinnvolle an-

dere Ko-Stressoren, die dann unter Therapielokalisation des

Diagnostik der NICO

Erster Hinweis: Positiver Herd-Störfeldbefund mit Fern-wirkung nach AK – Test Weitere Diagnostische Möglichkeiten zur Absicherung des Verdachts:• DVT (spez.für die Zahnmedizin entw. 3D -Technik)• Denta-CT mit spezieller Software• Cavitat (spez Ultraschalltechnik nach Lechner, München)

1. Dysreaktiver Problem-/ Organ-zugeordneter Muskel.

Hyporeaktive Muskeln mit Herd- Störfeld-Zuordnung wei-

sen eine negative autogene Fazilitation auf, im Sinne eines

Störfeldes (persönliche Beobachtung Dr. Garten, bedarf

weiterer Erfahrungswerte). Die Therapielokalisation zum

entsprechenden Störfeld hebt die Hyporeaktion auf. Dies

dokumentiert den Zusammenhang bzw. die Fernwirkung

des Störfeldes bzw. Herdes auf den Organismus.

2. Ein normoreaktiver Indikatormuskel wird mit Therapielo-

kalisation zum Störfeld dysreaktiv.

B A N D 5 · A U S G A B E 3 · J A H R G A N G 2 0 1 7

W I S S E N S C H A F T · Z A H N S TÖ R F E L D E R S P E Z I E L L : N I CO – E I N A S P E K T D E R B I O L O G I S C H E N Z A H N H E I L K U N D E

11

potentiellen Störfeldes einen positiven Befund ergeben. Als

wichtigster Ko-Stressor ist hier die Reklination der HWS zu

nennen (der IRT-spezifische Ko-Stressor). In der klinischen

Praxis der Autorinnen sind Verläufe bekannt nach denen sich

aus intraossären Spannungszuständen trotz intensiver post-

operativer Behandlung des Kiefers mit IRT NICOS entwickel-

ten und es sind auch Verläufe bekannt bei denen die Behand-

lung mit erweitertem Injury Protokoll einen zuvor positiven

Kieferostitis Befund in die Abheilung führen konnte.

3. Therapie Konservative Therapieformen • IRT /manualmedizinische Korrektur von intraossären Span-

nungszuständen des Kiefers. Diagnose und Korrektur evtl.

vorliegender intraossärer Spannungszustände und Injury

Regionen im Sinne von: Fix the injury first ( W. Schmitt)

• Neuraltherapeutische Injektionen am Zahnfach mit ent-

sprechenden homöopathischen Präparaten. Hier sind als

häufig in Kombination mit einem Lokalanästhetikum zur

Anwendung kommende Präparate zu nennen:

• potenzierte Organpräparate der Firma WALA wie z. B.

Medulla ossium, Periodontium / Stannum und Periodon-

tium / Silicea sowie WALA Symphytum

• homöopathische Präparate der Firma Sanum: Arthro-

kehlan A und Arthrokehlan U, sowie Fortakehl D6 und

Notakehl D5.

• Diese therapeutischen Schritte sollten natürlich in eine

Stoffwechselentlastung des Gesamtsystems mit Auffüllen

evtl. Defizite an Mineralstoffen und weiteren Mikronähr-

stoffen eingebettet sein.

• Sollte im weiteren Verlauf eine kieferchirurgische Therapie

notwendig sein, bringen die konservativen Therapieschritte

das Gesamtsystem in eine positive Ausgangslage, die zum

Gelingen der Therapie entscheidend beiträgt.

Kieferchirurgische TherapieDie kieferchirurgische Therapie umfasst eine konsequente

und fachgerechte kieferchirurgische Sanierung und parallel

eine systemische Unterstützung um die Gefahr einer erneu-

ten Wundheilungsstörung zu minimieren. Bereits präoperativ

werden mindestens 4 Wochen vor dem geplanten Eingriff

Defizite an Mineralstoffen und Vitaminen aufgefüllt, falls

noch nicht geschehen. Neben gut bioverfügbarem Calcium

und Magnesium, Vitamin D und – K ist eine Zufuhr von Spu-

renelementen wichtig. Entsprechende Kombinationspräpara-

te werden von vielen Firmen angeboten.

Mögliches Therapieschema orthomolekulare Unterstützung – Tagesdosen:

• Vitamin C, gepuffert bis 2 g • Mineralien z. B. in Form von Algen z. B. Chlorella 5 – 10 g• Vitamin D 10.000 I. E. in Kombination mit Vitamin K2 100 µg • Zinkcitrat, -gluconat 20 mg• Magnesiumcitrat 3 x 1000 mg in Kombination mit Calciumcitrat oder Calciumascorbat 1000 mg• Mangangluconat 2 x 5 mg• Phosphor in Form von Hydroxyapatit 400 mg • Bor 2 mg• Kupfercitrat 2 mg• Omega-3 Fettsäuren EPA / DHA 3000 g• Antientzündliche Substanzen (Weihrauch, Omega-3 Fettsäuren, Borretschöl, Nachtkerzenöl, Enzyme) • Hilfen zur Ausscheidung von Toxinen (Chlorella, Spirulina, Zeolith) • Säure-Basenregulation

Abb. 5: Lymphgefäße nach Voll (aus Garten und Weiss 2017)

Abb. 4: Herd- und Störfeldtest im Kieferbereich (aus Garten 2016)

J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

W I S S E N S C H A F T · Z A H N S TÖ R F E L D E R S P E Z I E L L : N I CO – E I N A S P E K T D E R B I O L O G I S C H E N Z A H N H E I L K U N D E

12

Nach Kenntnis und positivem AK-Test können perioperativ

weitere Hilfen zur Abheilung gegeben werden wie z.B. ho-

möopathische Mittel (Bellis perennis C30, Arnika C30, Pyro-

genium D30). und postoperativ zusätzlich (Symphytum D12,

Calcium phosphoricum D12, Calcium fluoricum D12, Luesi-

num D30). Auch hier werden entsprechende Komplexmittel

angeboten wie z. B. WALA Symphytum comp, Mesenchym/

Calcium carbonicum comp, Quarz D12, Medulla Ossium D12.

Diese Präparate werden nach positivem AK-Test lokal an die

entzündeten Regionen infiltriert (Neuraltherapie). Eine orale

Gabe in Wasser gelöst ist auch möglich. Ebenfalls bewährt

hat sich die orale Gabe von Odonton Echtroplex, Weleda

Aufbaukalk I + II oder Apatit D6. Zur besseren Abheilung vor-

mals entzündeter Kieferbereiche können auch die Nosoden

der Firma Sanum wie z. B. Arthrokehlan U, Arthrokehlan A

oder Notakehl D5, Fortakehl D6 perioperativ als Neuralthera-

pie angewendet hilfreich sein.

Von der Chirurgie sind zu fordern:• Schnitt stört nicht die Perfusion im OP Gebiet

• Knochenchirurgie mit Piezotechnik (besonders schonende

Technik zur Knochenpräparation mit Ultraschall, Schnitt-

breite: 0,5 mm) (s. Abb. 7)

• Knochendeckeltechnik (auf dem Kieferkamm wird aus der

Kortikalis mittels Ultraschalltechnik ein rechteckiger Deckel

z. B. 8 x 10 mm herauspräpariert, dies ist der Zugang zu der

NICO im spongiösen Anteil des Kieferknochens).

• Manuelle Curettage des völlig erweichten Knochens mit

kleinen chirurgischen Löffeln

• Am Ende der Curettage muss sicher in alle Richtungen Kor-

tikaler Knochen tastbar sein

• Ozoninsufflation mittels Spezialsonden

• Mikroskop-Kontrolle mit Operationsmikroskop

• Membranabdeckung des Knochendefektes (hergestellt aus

autologem Fibrin), hiermit verhindert man neue Verwach-

sungen von Periost und und sich neu bildendem Knochen

oder im Falle des Oberkiefers Verwachsungen mit der Kie-

ferhöhlenmembran

• Defektauffüllung mit PRF (autologes Fibrinkonzentrat)

4. Fallbeispiele

Fallbeispiel 1: 50-jährige Frau2015 Fokussuche mit AK und DVT aufgrund chronisch ent-

zündlicher Grunderkrankung. Nach positivem DVT Befund

Entfernung von 2 wurzelbehandelten Zähnen 16 und 24.

Laut radiologischem Befund im DVT kein Anhalt für Herdbe-

lastung im Bereich der Weisheitszahnnarben. Diese waren im

Rahmen einer kieferorthopädischen Behandlung im Jugend-

alter ohne besondere Komplikationen entfernt worden.

Klinischer Hinweis auf ein weiteres Störfeld im Kieferbereich

mit gestauter Lymphe und subjektiv faszialem Zug an der

rechten Halsseite. Rezidivierende segmentale Dysfunktion

des Atlas und C2. Kein Anhalt für CMD, keine chronisch rezi-

dierende Sinusitis, Tonsillitis, keine HWS Traumata in der Ana-

mnese. Amalgam war entfernt worden und durch Gold und

Keramik ersetzt worden vor mehr als 20 J. Mit EAV-Testung

nach Voll erfolgte wegen Herdbefund an 38 und 48 neural-

therapeutische Infiltration von Procain.

Mit AK-Test: Nackenbeuger und SCM normoreaktiv, positi-

ve magnetverstärkte TL an den Regionen 28, 38 und 48 nur

mit Ko-Stressor Reklination des Kopfes aufgehoben durch

Kieferostitis. Zweimalige Behandlung mit erweitertem Injury

Protokoll ohne klinische Änderung. 2016 Untersuchung mit

CAVITAT zeigte alle Weisheitszahnregionen als minderdurch-

blutet: rechte Seite 18 Grad 3 und 38 Grad 4, linke Seite 48

mit Grad 4 und 28 mit Grad 3 (s. Abb. 8).

Daraufhin erfolgte in erster Sitzung die kieferchirurgische Sa-

nierung von 18 und 38 unter homöopathischer und ortho-

Abb. 6: DVT-Ausschnitt Präoperativ

Abb. 8: Fallbeispiel 1, CAVITAT-Befunde

Abb. 7: Knochenchirurgie mit Piezotechnika

B A N D 5 · A U S G A B E 3 · J A H R G A N G 2 0 1 7

W I S S E N S C H A F T · Z A H N S TÖ R F E L D E R S P E Z I E L L : N I CO – E I N A S P E K T D E R B I O L O G I S C H E N Z A H N H E I L K U N D E

13

molekularer Begleitbehand-

lung. Die Kieferchirurgie

ergab insb. Im Bereich der

Unterkiefers einen massiven

ausgedehnten Befund fet-

tiger Kieferostitis mit Kno-

chenerweichung in Regio

38 und 39 in der auch ein

Wurzelrest enthalten war

(s. Abb. 9). Der postoperative Verlauf wurde durch ein großes

Hämatom kompliziert. Es erfolgte weitere AK-basierte Be-

gleittherapie inklusive IRT. Aktuell gutes klinisches Ergebnis,

HWS frei, keine Atlasdysfunktionen mehr.

Fallbeispiel 2: NICO mit retiniertem WurzelrestPatientin 82 J.Optikusatrophie nach Sehnerventzündung links mit zuneh-

mendem Gesichtsfeldausfall

Z. n. Mamma-Ca rechts

NNH CT: o. B.

Denta CT (Regio 27) (s. Abb. 10)

Befund mit AK: Kieferostitis im Oberkiefer wurde vom Os-

teopathen und AK-Therapeuten getestet, der die Patientin

wegen anderen Beschwerden behandelt. Veranlassung Den-

ta CT auf Empfehlung des AK-Therapeuten der eine Kiefe-

rostitis links oben getestet hat.

Denta CT: Apikal-laterale Aufhellung 22, Wurzelrest in Re-

gio 27 mit umgebender Osteolysezone. Nach chirurgischer

Sanierung wie oben beschrieben spontane Besserung des

Gesichtsfeldausfalles links (s. Abb. 11 – 14).

Abb. 9: Fallbeispiel 1, Resektat

Abb. Fallbeispiel 2:10: Denta-CT, Wurzelrest 27 mit umgebender NICO11: Resektat, Operationssitus12: Nico Region nach Eröffnung, man sieht mittig das Fettgewebe, das sich vorwölbt13: Lokale Knochensituation nach Beseitigung der Osteolyse 27, Kieferhöhle punktförmig eröffnet14: zusätzlich entfernter Zahn 22 mit lateralem Granulom und anheftenden ankylotischen Knocheninseln

10

11

13

12

14

J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

W I S S E N S C H A F T · Z A H N S TÖ R F E L D E R S P E Z I E L L : N I CO – E I N A S P E K T D E R B I O L O G I S C H E N Z A H N H E I L K U N D E

14

Fallbeispiel 3: NICO mit retiniertem Metall- fremdkörper / Patientin 66 J.Chronische PanSinusitis, nur unter Dauer Cortisonspray kli-

nische Besserung, extreme Kälteempfindlichkeit des Kopfes,

jetzt zunehmende Lungenproblematik mit häufiger Broncho-

pneumonie.

EAV Testbefund: Zahn 15 Ostitis, Regio 17 fettige Kiefero-

stitis. Veranlassung Denta-CT durch den EAV Therapeuten:

Nachweis von NICOs um retinierten Metallfremdkörper Re-

gio 17, apikale Aufhellung 15 26, wandständige polypoide

Schleimhautverdickung, subtotale Verlegung der rechten Kie-

ferhöhle (s. Abb. 15). Nach chirurgischer Sanierung (s. Abb. 16

u. 17) Begleittherapie wie oben beschrieben: keine Sinusitis

mehr, seither keine entzündliche Lungenproblematik mehr.

Fallbeispiel 4: Patient 66 J.Seit 5 Jahren chronischer therapieresistenter Schmerz im Be-

reich des Trigeminus (2. + 3. Ast) und temporal. Mehrfache

neurologische Untersuchungen, MRT, Angiographie der zulei-

tenden Hirngefäße ohne hinweisenden Befund. Im Alter von

35 Jahren an Myelitis erkrankt, seither motorische Störungen

der unteren Extremität (braucht Gehstock). Der behandelnde

Physiotherapeut und AK-Therapeut hat getestet, dass Kiefe-

rostitis D6 den temporalen Schmerzpunkt aufhob. Der behan-

delnde Orthopäde ordnete daraufhin das Denta-CT an. Denta

CT: Fettig degenerierter Knochen in Regio 18 und 48 sowie api-

kale Ostitis 26. Zunächst operative Sanierung der Regio 18 wie

oben beschrieben: kleines Areal an erweichtem Knochen ent-

fernt. Keine Besserung der Beschwerden nach dieser OP. Nach

chirurgischer Sanierung der ausgedehnten NICO im Bereich 48

nach 49 (s. Abb. 18 u. 19) und Begleittherapie sofortige Be-

schwerdebesserung des seit 5 Jahren bestehenden Schmerzes

temporal rechts und im Unterkiefer rechts (s. Abb. 21).

5. ErgebnisseLange wurde die klinische Existenz der NICO angezweifelt.

Nach klinischer Beobachtung der kieferchirurgischen Autorin

nimmt die klinische Häufigkeit der intraoperativ bestätigten

NICO Befunde jedoch zu.

• 2015: 200 Fälle

• 2016: 300 Fälle

• 2017: in 6 Monaten 180 Fälle

In 25 % der operativ behandelten NICO-Fälle verschwanden

die körperlichen Beschwerden, die zuvor diesem Störfeld im

AK-Test zugeordnet wurden, vollständig. Diese Patienten wa-

ren unter 51 Jahre alt. Bei weiteren 30 % besserte sich die Be-

schwerde. Bei weiteren 20 % der behandelten Fälle besserten

Abb. Fallbeispiel 3:15: Denta-CT, Osteolyse (NICO) 17 um retinierte MEtallspitze 15Jahre nach Extraktion des Zahne 16: Eröffnung der regio 017, Fettgewebe wölbt sich vor17: Nico mit darin steckender Metallspitze

Abb. Fallbeispiel 4:18: Nach Eröffnung der regio 048, kommt ein fettig-öliger Tropfen aus dem Knochen empogestiegen19: NICO Resektat aus der Tiefe20: Denta-CT, Nico Regio 48 bis in den aufsteigenden Ast hineinreichend21: Denta-CT, 1 Jahr postop vollständige Ausheilung der knöchernen Region 048-049; im CT keine fettisodensen Werte mehr nachweisbar.

16

18

15

17

19

20

21

B A N D 5 · A U S G A B E 3 · J A H R G A N G 2 0 1 7

W I S S E N S C H A F T · Z A H N S TÖ R F E L D E R S P E Z I E L L : N I CO – E I N A S P E K T D E R B I O L O G I S C H E N Z A H N H E I L K U N D E

15

sich Allgemeinsymptome wie Müdigkeit, Energielosigkeit, Er-

schöpfung, Schlafstörungen. In der Beurteilung des klinischen

Verlaufs chronischer Erkrankungen hat sich die Beseitigung

einer NICO als wichtiger Baustein erwiesen um die Regula-

tionsfähigkeit des Systems wieder herzustellen. Die bislang

größte Schwierigkeit im Umgang mit dem Phänomen NICO

stellt die schnelle und zweifelsfreie Diagnose dar. Sämtliche

konventionellen bildgebenden Verfahren greifen hier zu kurz,

insbesondere sind DVT Befunde nur hilfreich, wenn die Beur-

teilung durch einen auf dem Gebiet der NICO Behandlung

erfahrenen Kollegen erfolgt. Die radiologische Befundung im

Falle der NICO erfordert spezielle Erfahrung und Kenntnisse,

die im Allgemeinen nicht vorausgesetzt werden können. Die

Diagnose der NICO kann nur aus der Kombination von Klinik,

funktioneller Testung mit AK und weiteren speziellen bild-

gebenden oder energetischen Verfahren gestellt werden. Es

hat sich klinisch nicht bewährt, KieferchirurgInnen, die in der

Thematik nicht speziell fortgebildet sind, mit der operativen

Therapie einer NICO zu betrauen.

6. DiskussionDie hier beispielhaft vorgestellten Fälle stellen nur einen

plakativen Ausschnitt aus der Vielzahl an klinischen Fällen

dar. Bei der Zahl der Fälle ist ein alleiniger Plazebo-Effekt

durch die Operation kaum vorstellbar. Die klinische Be-

obachtung entspricht dem Konzept des Störfeldes nach

Huneke, nach dem bei vorliegendem Störfeld die Grund-

regulation derart gestört wird, dass der Organismus ins-

gesamt anfälliger für die Einwirkung infektiöser, allergi-

scher, toxischer, mechanischer, chemischer, thermischer,

elektromagnetischer, nervaler oder emotionaler Einflüsse

wird. Das Störfeld kann somit selbst zu Symptomen füh-

ren oder die Reizschwelle soweit senken, dass erst ein

sogenannter „Zweitschlag“, d. h. die Einwirkung eines

weiteren Stressors, zur Entwicklung von Symptomen

führt (Lit Garten). Injury Regionen stören diese Kommu-

nikation ebenfalls im Sinne eines Störfeldes mit Fernwir-

kung. Weitere Faktoren könnten das Zusammenwirken

von Mikronährstoffmangel und erhöhtem vegetativen

Stressmomenten mit den o.g. Störfeldwirkungen sein.

Hier stellt sich daher oft die Frage der strategischen Pla-

nung wie im einzelnen Fall vorzugehen ist. die Indikation

einer chirurgischen Intervention sollte immer im Hinblick

auf die Gesamtsituation gestellt werden um das Regulati-

onssystem des Patienten nicht weiter zu überfordern. Für

eine solche Einschätzung ist neben klinischer Erfahrung

der Einsatz der AK von großem Wert.

7. Schlussfolgerung Die enorme Bedeutung von chronischer Entzündung für

die Entstehung vieler Krankheitsbilder steht klinisch seit

langem außer Frage. Die NICO ist nach unserer klinischen

Beobachtung ein klinisches Krankheitsbild von hoher Be-

deutung für sämtliche chronisch entzündlich oder neu-

rodegenerativ basierten Erkrankungen. Nach Beurteilung

des klinischen Verlaufs der Vielzahl der behandelten Fälle

lässt sich die Aussage, dass NICOs klinisch nicht relevante

Veränderungen im Kieferknochen darstellen, nach An-

sicht der Autorinnen nicht länger halten. In jedem Fall

einer chronischen Erkrankung oder einer therapiere-

sistenten Erkrankung sollte eine Untersuchung auf ein

entzündliches Störfeld in Angriff genommen werden.

Das dynamische System des Organismus (Konzept der

Homöostase) erfordert eine diagnostische Möglichkeit

zur Einschätzung der Situation Störfeld versus entzünd-

licher Herd. Die AK bietet sowohl für das Auffinden von

entzündlichen Herden als auch für dessen Einschätzung

wertvolle diagnostische Unterstützung. Alle an der Dia-

gnostik oder Therapie eines Patienten Beteiligten sollten

daher eine Bereitschaft zu Kommunikation und gegen-

seitigem Dazulernen zeigen um unnötige Verzögerungen

und Umwege für die Patienten zu vermeiden.

8. FazitIn Anbetracht schwieriger und nicht flächendeckend ver-

fügbarer bildgebender Diagnostik ist die AK oft der einzig

schnell verfügbare erste Hinweis auf das Vorliegen einer

NICO, insbesondere bezüglich Leerstrecken im Kiefer und

8er Regionen von extrahierten Weisheitszähnen. Entspre-

chende Fortbildungsmaßnahmen, sowohl für den klinischen

Bereich als auch für RadiologInnen, ZahnärztInnen und Kie-

ferchirurgInnen sind für die Zukunft unabdingbar um die Si-

tuation betroffener PatientInnen zu erleichtern. Mangelnde

Akzeptanz dieses Themas in der Zahnärzteschaft kann nur

überwunden werden, wenn aktiv die Sicht auf den gan-

zen Menschen, der an dem Zahn hängt, praktiziert wird.

Dies wird möglich durch erweiterte Anamnese, erweiterte

manuelle Exploration (Adler-Punkte) und Ärzt / ZahnärztIn-

nen, die ausgebildet sind mittels AK das Gesamtsystem auf

Störfelder und entzündliche Herde zu testen. Operativ täti-

ge ZahnärztInnen und KieferchirurgInnen sollten zukünftig

durch statistische Aufarbeitung und Nachverfolgung ihrer

NICO Fälle die klinischen Ergebnisse dieser Arbeit unter-

mauern. Multizentrische Fallsammlungen und entsprechen-

de statistische Aussagen würden dann möglich werden.

J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

W I S S E N S C H A F T · Z A H N S TÖ R F E L D E R S P E Z I E L L : N I CO – E I N A S P E K T D E R B I O L O G I S C H E N Z A H N H E I L K U N D E

16

Literatur1. Angermaier, U., Meierhöfer E., et al. (2012). „Funktio-

nelle und strukturelle Auswirkungen von Zahnstörfel-

dern.“ Medical Journal for Applied Kinesiology (MJAK)

16/2 (07/2012)

2. Bouquot, J. E., A. M. Roberts, P. Person and J. Christian

(1992). „Neuralgia-inducing cavitational osteonecrosis

(NICO). Osteomyelitis in 224 jawbone samples from

patients with facial neuralgia.“ Oral Surg Oral Med Oral

Pathol 73(3): 307-319; discussion 319-320.

3. Dosch, P. (1980). Neuraltherapie nach Huneke. Heidel-

berg, Haug.

4. Garten, H. (2012). Applied Kinesiology, Muskelfunktion,

Dysfunktion und Therapie. München, Urban&Fischer,

Elsevier.

5. Garten, H. (2014). „Herde und Störfelder im Trigemi-

nusbereich: Ein Update.“ JPAK 2(3): 5-19.

6. Garten, H. (2016). Applied Kinesiology - Funktionelle

Myodiagnostik in Osteopathie und Chirotherapie. Mün-

chen, Urban & Fischer, Elsevier.

7. Garten, H. and G. Weiss (2017). Systemische Störungen

- Problemfälle lösen mit Applied Kinesiology. München,

Urban & Fischer, Elsevier.

8. Gleditsch, J. M. (2000). Mundakupunktur. Schorndorf,

Biologisch Medizinische Verlagsgesellschaft.

9. Gleditsch, J. M. (2002). MAPS- MikroAkuPunktSysteme.

Stuttgart, Hippokrates.

10. Graf KH, Störfeld Zahn, Urban & Fischer Verlag/Elsevier

GmbH (18. Oktober 2010)

11. Huneke, F. (1934). „Unbekannte Fernwirkungen in der

Lokalanaesthesie.“ Fortschritte der Medizin - Die Zeit-

schirft des praktischen Arztes 52(10): 213-223.

12. Huneke, W. (1953). Impletoltherapie und andere

Neuraltherapeutische Verfahren. Stuttgart, Hippokrates-

Verlag Marquardt &Cie.

Autorenkontakt:Dr. Anita GinterMozartstrasse 20, 79104 FreiburgE-Mail: [email protected]

Autorenkontakt:Dr. Babette KleinFachärztin Mund-Kiefer-Gesichts-chirurgie / Fachärztin Anästhesie / NaturheilverfahrenNeuer Jungfernstig 7, 20354 HamburgTe. 040 76971271E-Mail: [email protected] www.babette-klein.de

13. Kellner, G. (1963). „Die Wirkung des Herdes auf die La-

bilität des humoralen Systems.“ Österr.Zschr.Stomat. 60.

14. Lechner, J. and V. von Baehr (2013). „RANTES and fib-

roblast growth factor 2 in jawbone cavitations: triggers

for systemic disease?“ Int J Gen Med 6: 277-290.

15. Leonhardt, H. (1977). Grundlagen der Elektroakupunk-

tur nach Voll. Uelzen, Medizinisch Literarische Verlags-

anstalt.

16. Lechner, J. (2003) „Kieferostitis und Systemerkrankun-

gen-Dokumentation des NICO-Störfeldes.“ Regulations-

medizin 2, 41-43.

17. Lechner J, (2010) NICO – Ist fehlende röntgenologische

Evidenz Beweis fehlender klinischer Existenz?, ZWR –

Das Deutsche Zahnärzteblatt; 119 (10) 578-592

18. Matter CM Handschin C, RANTES (Regulated on Activa-

tion, Normal T Cell Expressed and Secreted), Inflamma-

tion, Obesity, and the Metabolic Syndrome, Circulation.

2007;115:946-948

19. Virtanen H, Huttunen J, Toropainen A, Lappalainen

R.: Interaction of mobile phones with superficial

passive metallic implants. Phys Med Biol. 2005 Jun

7;50(11):2689-700. Yoshiro Fujii: Sensation of Balance

Dysregulation caused/aggravated by a Collection of

Electromagnetic Waves in a Dental Implant. Open Jour-

nal of Antennas and Propagation, 2014; 2, 29-35.)

Danksagung• Dr. Hans Garten, München

• Dr. med. Volker von Baehr, Institut für medizinische Diag-

nostik Berlin-Potsdam

• PD Dr. Dirk Schulze, Digitales Diagnostikzentrum Freiburg

• Frau Dr. Gabriele Garz, Radiologie, Alsterdorfer Kranken-

haus, Hamburg

B A N D 5 · A U S G A B E 3 · J A H R G A N G 2 0 1 7

W I S S E N S C H A F T · Z A H N S TÖ R F E L D E R S P E Z I E L L : N I CO – E I N A S P E K T D E R B I O L O G I S C H E N Z A H N H E I L K U N D E

www.biogena.com

Biogena Naturprodukte GmbH & Co KGStrubergasse 24, A-5020 SalzburgInfoline: +43 662 23 11 11

Ein Unternehmen der Biogena-Gruppe

Ein Unternehmen der Biogena-Gruppe

Knochenstark

Osteo Calbon Komplex Gold Biogena Osteo Calbon Komplex Gold ist ein diätetisches Lebensmittel und stellt den neuesten Stand der ernährungsphysiologischen Begleittherapie bei Osteoporose und Osteopenie dar.

Mit Calcium und Phosphor aus natürlichem, mikrokristallinem Hydroxy-apatit (Calbon-N®), Vitamin K

2 (MenaQ7®), siliziumhaltiger Kieselsäure aus

Bambus-Extrakt sowie Bor und Vitamin D3 zur Erhaltung der Knochendichte.

• Zur nutritiven Behandlung von Osteopenie und Osteoporose• Zur Reduzierung der Knochenabbauraten, vor allem bei älteren Menschen• Zur Stabilisierung der Knochendichte• Zur Förderung und Beschleunigung von Therapieerfolgen

Gleich bestellen:

www.biogena.com

GEPRÜFTE QUALITÄTDr. G. Wichmannwww.lefo.de

APPROVEDBIOGENA SCIENCE

EXPERTISE

1711_Bio_Knochenstark_A4_LH_v2.indd 1 22.11.17 15:05

17

J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

W I S S E N S C H A F T · R A N T E S – B E D E U T U N G I M S E R U M …

18

Einleitung Chronische Erkrankungen liegen als Folge eines Immunsys-

tems, das ständig von Zytokinüberschüssen aktiviert wird, unter

der Oberfläche versteckt. Diese stimulieren auch unterschiedli-

che Signalwege, deren Expression wir auch im Kieferknochen

nachweisen konnten [1, 2]. Das bemerkenswerteste Ergebnis

dieser Analyse ist die extreme Überexpression von RANTES /

CCL5. Da Ganzheitliche ZahnMedizin seit jeher unter einem

Mangel an von der „Schule“ akzeptierten Erklärungsmodellen

leidet, ist der Nachweis der Überexpression dieses weitverbrei-

teten entzündlichen Botenstoffs im Kiefer ein echter Fortschritt

für Zahnmediziner aber auch komplementär und integrativ

denkende Therapeuten. Hier diskutieren wir den Nutzen und

die Grenzen des Nachweises von RANTES im Serum.

Was ist RANTES? RANTES (Regulated And Normal T cell Expressed and Secre-

ted) ist ein Chemokin mit chemotaktischer Wirkung. Eine in

der Literatur synonym verwendete Bezeichnung ist CCL-5.

RANTES / CCL5 (R / C) wird von zytotoxischen T-Lymphozyten

(CD28+ / CD8+) sowie Neutrophilen und Eosinophilen Granu-

lozyten produziert und nach Aktivierung sezerniert. Chemo-

taxis und Immunaktivierung sind die wichtigsten Funktionen

von R/C: R/C ist chemotaktisch wirksam, d.h. es induziert die

gezielte Anlockung von NK-Zellen, Granulozyten, Monozyten

und Makrophagen in ein bestehendes Entzündungsgebiet.

Es wirkt auf diese Zellen über die Bindung an Oberflächen-

rezeptoren wie CCR3, CCR5 und CCR1 (CCR = Chemokin-

Rezeptor). R/C ist somit an vielen Krankheitsbildern beteiligt,

bei denen entzündliche Prozesse auftreten. R/C bewirkt aber

gemeinsam mit Interleukin-2 (IL-2) und Interferon-gamma

(IFN-a) auch die Aktivierung von NK-Zellen und regt diese zur

Proliferation an.

RANTES als EntzündungsmarkerErhöhte R / C-Spiegel im Blut treten bei zahlreichen systemi-

schen Entzündungserkrankungen auf. Dazu zählen Rheu-

RANTES – Bedeutung im Serum und in fettig-degenerativen Osteonekrosen im KieferVON VOLKER VON BAEHR

ma, Allergien, Asthma, Multiple Sklerose und auch einigen

Tumorerkrankungen. Als Labormarker zum Nachweis einer

chronischen systemischen Entzündung hat R / C bisher kei-

ne wesentliche Bedeutung erlangt, da es mit TNF-a, IP-10

und IL-6 sensitivere Marker gibt.

RANTES / CCL5 bei „NICO“NICO steht für „Neuralgia Inducing Cavitational Osteonecro-

sis“ [1]. Dabei handelt es sich um aseptische fettig-degenera-

tive Osteonekrosen im Kiefer (FDOK, „Kieferrestostitis“). Die

Studien von Johann Lechner (München) weisen auf eine un-

mittelbare Bedeutung von R / C bei Patienten mit FDOK-Ent-

zündungsreaktionen im Medullarraum des Kieferknochens

hin, mit einem völlig eigenen Zytokinprofil: Lechner konnte

nachweisen, dass in dem fettig-osteolytischen Operationsge-

webe bei FDOK in allen von ihm untersuchten Fällen sehr

hohe lokale R/C-Spiegel messbar waren – mit bis zu 35-facher

Überexpression von R / C. Dagegen waren die Markerzytokine

einer akuten Entzündung wie TNF-a oder IL-6 weniger stark

exprimiert, als im gesunden Vergleichskieferknochen (siehe

Abb. 1). Daher empfiehl sich die Verwendung von R / Cim Se-

rum als Marker speziell für FDOK.

Nach Lechner zeigen die regelmäßig deutlich vermehrten

und veränderten Fettzellen charakteristische mukoide Dege-

neration des Fettgewebes und Gallertatrophie, in Form einer

aseptisch-ischämischen Osteonekrose [3]. Diese hypoxisch-

ischämischen Minimalheilungen sind als R / C-Quellen für die

Diskussion der systemischen FDOK-Wirkung am wichtigsten;

sie heilen häufig ohne chirurgische Ausräumung und Küret-

tage nicht aus.

Was sagt ein erhöhtes RANTES / CCL5 im Blut?In den aktuellen Untersuchungen, die wir gemeinsam mit

der Praxisklinik Dr. Lechner durchführen, wird die Bedeutung

B A N D 5 · A U S G A B E 3 · J A H R G A N G 2 0 1 7

W I S S E N S C H A F T · R A N T E S – B E D E U T U N G I M S E R U M …

19

Abb. 2: RANTES / CCL5 Überexpressionen in FDOK bei verschiedenen Patien-tenkollektiven mit chronisch-entzündlichen Systemerkrankungen (aus [5] mit Genehmigung)

Abb 1: Zytokinprofile von gesunden Kieferknochen (n = 19) im Vergleich zu FDOK Arealen; Röntgenbild zeigt Kontrast-mitteldarstellung eines zunächst unauffälligen FDOK-Areals. (aus [5] mit Genehmigung)

von R/C für die systemischen Wirkungen einer lokalen FDOK

untersucht. Wir finden bei chronisch-entzündlichen Syste-

merkrankungen auffällig hohe R / C Spiegel in FDOK (siehe

Abb. 2), weshalb parallel erhöhte R / C-Werte im Blut an eine

FDOK denken lassen und zu einer entsprechenden Diagnostik

führen sollten. Bisher hat sich bestätigt, dass erhöhte R / C-

Blutspiegel als Hinweis auf einen lokalen Entzündungsprozess

zu bewerten sind. Dabei

kann es sich um eine FDOK

handeln, wobei R / C als sys-

temischer Entzündungsmar-

ker dafür nicht spezifisch ist.

Auch im Rahmen anderer

Entzündungserkrankungen

(bakterielle Infektionen, sys-

temische Autoimmunerkran-

kungen) kann R / C im Blut

ansteigen. Bei diesbezüglich

unauffälligem Befund recht-

fertig ein erhöhter R/C aber

nicht, dass man an der Ver-

dachtsdiagnose hartnäckig

festhält. Auch bedeuten

persistierend leicht erhöhte

R / C-Spiegel nach einer OP

nicht in jedem Fall, dass noch

weitere FDOK-Ostitiden vor-

liegen. Umgekehrt ist bei

entsprechender antioxidativer Vorbehandlung auch ein niedri-

ger Serum R / C-Spiegel keine Ausschlussdiagnostik für FDOK.

Ab wann ist RANTES/CCL5 im Serum verdächtig erhöht?Da noch wenige Erkenntnisse über direkte klinische Verbindun-

gen der R / C Signalwege aus FDOK und erkranktem System

oder Organ vorliegen, kann der Vergleich von R / C aus FDOK

und R / C in Serum Einblick in mögliche Kausalketten geben

[4]. Diese Betrachtung macht Sinn, weil zahlreiche Forscher

einen Anstieg von R / C in Serum bei systemisch entzündlichen

Erkrankungen finden. Aus dem Mittelwert wissenschaftlich

publizierter Daten und eigener Normwertanalysen kann ein

R / C Normwert im Serum von ca. 30 ng/ml abgeleitet werden.

RANTES-Bestimmung im LaborDas abgenommene Venenblut wird als Vollblut oder Serum

in ein Röhrchen abgenommen. Die Laborkosten belaufen sich

auf 43,72 € (1,0 GOÄ) für Selbstzahler, für Privat-Versicherte

1,15 GOÄ.

Literatur1. J. Lechner, W. Mayer. Immune messengers in Neuralgia

Inducing Cavitational Osteonecrosis (NICO) in jaw bone

and systemic interference. European J of Integrative

Medicine 2 (2010) 71–77

J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

W I S S E N S C H A F T · R A N T E S – B E D E U T U N G I M S E R U M … W I S S E N S C H A F T · FA L L B E I S P I E L R A N T E S

20

InteressekonfliktDer Autor ist Ärztlicher Leiter des Labors IMD in Berlin. Im

IMD Berlin wurden die RANTES-Analysen für die Studien

von Dr. Lechner durchgeführt.

2. Lechner J, von Baehr V. RANTES and fibroblast growth

factor 2 in jawbone cavitations: triggers for systemic di-

sease? Int. Jour. of General Medicine; 2013:6 Pages 277

– 290, DOI: http://dx.doi.org/10.2147/IJGM.S43852

3. Lechner, J. Zytokin RANTES zur Validierung zahnärztli-

cher Röntgendiagnostik bei „silent inflammation“ im

Kieferknochen - Klinischer Vergleich von Röntgen und

Zytokinprofil bei chronischen Osteolysen des Kieferkno-

chens. ZWR Das Deutsche Zahnärzteblatt 2015; 124 (5),

216-221.

4. Lechner J, von Baehr V. Hyperactivated Signaling Pa-

thways of Chemokine RANTES/CCL5 in Osteopathies of

Jawbone in Breast Cancer Patients—Case Report and

Research. Breast Cancer: Basic and Clinical Research

2014:8 89–96

5. Lechner J, Bouquot JE, von Baehr V. Histologie und

Immunologie der kavitätenbildenen Osteolysen des Kie-

ferknochens. Band II; Eigenverlag München 2015. ISBN:

978-3-931351-4

Autorenkontakt:Dr. med. Volker von BaehrIMD Labor BerlinNicolaistraße 2212247 Berlin (Steglitz)Tel +49 30 77001-220Fax +49 30 77001-236E-Mail: [email protected] www. imd-berlin.de

Orthomolekular-Medizin, Nahrungsergänzungen, Homöopathie,

Spagyrik, Isopathie, Phytotherapie, Hildegard-Medizin, Anfertigung

individueller Rezepturen,Testsätze, Versandapotheke, Seminarräume

Info-Anforderung für Fachkreise:

Tel. 089 / 54 34 32-98 • Fax: 089 / 54 34 32-90 • [email protected] neue Anschrift: Färbergraben 12 Rgb • Postfach 10 09 05 • 80083 München

Infoportal für Therapeuten: www.kloesterl-infoportal.de

Klösterl-ApothekePartner der AK von Anfang an

B A N D 5 · A U S G A B E 3 · J A H R G A N G 2 0 1 7

W I S S E N S C H A F T · R A N T E S – B E D E U T U N G I M S E R U M … W I S S E N S C H A F T · FA L L B E I S P I E L R A N T E S

21

Fallbeispiel RANTES Lichen ruber planus und Chronic Fatigue Syndrom mit Infektanfälligkeit und chronisch rezidivierender Pharyngitis und Stomatitis

VON ANITA GINTER

ZusammenfassungEine Patientin (62 J.) mit langjähriger Multisystemerkran-

kung im Sinne eines Chronic fatigue Syndroms und multi-

fokaler Symptomatik wird gebessert durch Sanierung multi-

pler Herde im Kiefer. AK-Befund, positives DVT und positive

Labordiagnostik (RANTES) gaben Anlass zur Abklärung und

kieferchirurgischen Sanierung mit nachfolgend klinischer Be-

schwerdebesserung.

Bei der Sanierung des Herdes im Bereich der Regio 27 stellte sich intraoperativ zusätzlich eine ausgedehnte NICO in der Regio 28 dar.

Einleitung Die Kieferostitis als wichtiger Faktor chronisch entzündlicher

Erkrankung ist immer noch ein nicht einfach zweifelsfrei zu

diagnostizierender Herd und es existieren eine Vielzahl mögli-

cher diagnostischer Zugänge. Die bildgebende Diagnostik zu

diesem Thema ist begrenzt und die AK bietet hier ein wichti-

ges verbindendes Element zu den verfügbaren klinischen und

radiologischen Verfahren (2, 3, 4). Im Bereich der Labordiag-

nostik ist das Cytokin RANTES ebenfalls als möglicherweise

spezifischer Marker für das Vorliegen einer Kieferostitis ins-

besondere vom Typ NICO in den Blick geraten (5, siehe hierzu

auch [1] in diesem Heft).

Anamnese und BefundDie Patientin ist seit 1997 in AK-basierter Behandlung auf-

grund eines Lichen ruber planus der Zunge rechts mit Glossi-

tis. Bekannt sind ein chronic fatigue Syndrom mit inzwischen

jahrelanger Infektanfälligkeit mit rez. Pharyngitis, Cystitis, La-

ryngitis, Bronchitis, außerdem ein Reizdarmsyndrom mit teils

extremer Verstopfung im Wechsel mit Durchfall.

Eingangs konnte eine Materialunverträglichkeit bei verschie-

denen verwendeten Materialien im Zahnbereich als wichtiger

Faktor für die Multisystemerkrankung festgestellt werden.

Eine entsprechende Zahnsanierung erbrachte weitgehende

Beschwerdefreiheit bezüglich der Glossitis. Bekannt waren

neben jahrelanger Stressbelastung und einer Traumabelas-

tung aus der Kindheit, Z. n. rezidivierenden Streptokokken-

infekten, Z. n. komplikationsreicher Entfernung der Tonsillen

mit Nachblutung und Wundabszess als Kind, ein stattgeha-

bter EBV-Infekt ca. 1989. Weiterhin sind bekannt:Nervliche

Überreiztheit mit innerlichem Zittern, Ängstlichkeit, Schlaf-

störungen und Erschöpfungszustände, depressive Phasen

und mehrere Schübe einer Frozen shoulder links, sowie rezi-

divierende Bursitiden an den großen Gelenken nach geringer

mechanischer Fehlbelastung.

Sie beklagte außerdem immer wieder einsetzende Erschöp-

fungszustände mit Entzündungszeichen, Fieber, Durch-

fall, im Wechsel mit extremer Verstopfung, Nachtschweiß.

Schlafstörungen meist ausgelöst durch zusätzliche Akti-

vitäten oder falsches Essen (bekannte Histamin- und Glu-

tenunverträglichkeit), sowie extreme Infektanfälligkeit mit

Pharyngitis mit jeweils prolongiertem Verlauf. HNO-ärztlich

war klinisch ein autoimmun mitbedingtes Sicca-Syndrom

diagnostiziert worden. Außerdem wechselnde Schmerzzu-

stände in Schultern und Wirbelsäule. Klinisch lagen gering

vergrößert tastbare Lymphknoten im Bereich der retroau-

rikulären Lymphknoten vor. Im Mund war die Schleimhaut

um Regio 48 und der Seitenrand der Zunge etwas gerötet

und empfindlich tastbar. Auf dieser Seite war jedoch auch

der Lichen ruber planus lokalisiert, so dass sich hier Befunde

überschneiden könnten.

Stufendiagnostik der NICO

Erste Hinweise:

• Anamnese, klinischer Befund • Positiver Herdbefund mit Fernwirkung nach AK – Test (2) • Probebehandlung mit Neuraltherapeutikum

Weitere Diagnostische Möglichkeiten zur Absicherung des Verdachts:

• DVT (spez. für die Zahnmedizin entwickelte 3D-Technik)• Cavitat (spez. Ultraschalltechnik nach Dr. Lechner, München)• Dental-CT mit spezieller Software• RANTES im Serum

J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

W I S S E N S C H A F T · FA L L B E I S P I E L R A N T E S

22

Mit AK waren Befunde, die auf einen Herd im Bereich 27, 28,

48 hinweisen, sowie fraglich auch bei 25 und 44, vorhanden.

Es wurde eine positive magnetverstärkte TL mit Muskeln, die

dem Immunsystem und der Lymphe zugeordnet sind, sowie

dem unteren Trapezius getestet, die jeweils durch Nosoden

Kieferostitis D12, und die potenzierten Schadstoffe Thioäther

D12 und Mercaptopuran D12 aufgehoben wurde sowie

durch das Präparat WALA Periodontium / Silicea. Die Nosode

„fettige Kieferostitis“ D12 hob die positive Magnet-TL Be-

reich der 8er Regionen auf. Die Nackenbeuger und der M.

sternocleidomastoideus waren nicht hinweisend und reagier-

ten beidseits normoreaktiv.

Eine Probebehandlung an den Regionen 27, 28 und 48 mit

Meaverin + WALA Periodontium/Silicea hob ebenfalls sämt-

liche AK-Befunde auf und besserte den Brennschmerz im

Rachenbereich für einige Minuten (sog. Sekundenphänomen

nach Huneke).

Abb. 1a: IMD Befunde 12 / 2016 Abb. 1b: IMD Befunde 12 / 2016

Diagnostik 11/2016 erfolgte aufgrund erneut aufflammender Stomatitis,

Brennschmerz im Kiefer rechts und therapieresistenter viraler

Pharyngitis und Sinusitis eine erweiterte Abklärung entzünd-

licher Parameter und der Rheumawerte sowie des Cytokins

RANTES. 12 / 2016 zeigten sich im Labor unauffällige Werte

für Blutbild, sämtliche Rheumawerte und Autoimmunparame-

ter, sowie die proinflammatorischen Zytokine IP-10 und TNF-

alpha, jedoch ein positiver Befund für Histamin und RANTES

(s. Abb. 1a, b, c).

Daraufhin erfolgte die Abklärung mittels DVT 12 / 2016, was

leider nicht konsistente Befunde ergab (s. Abb. 2).

02 / 2017 Zweitmeinung bezüglich der Befundung des DVTs

und des vom Hauszahnarzt vorliegenden OPGs (s. Abb. 3).

• Ostitis bei 27,37, 44

• Restostitis bei 47-48

B A N D 5 · A U S G A B E 3 · J A H R G A N G 2 0 1 7

W I S S E N S C H A F T · FA L L B E I S P I E L R A N T E S

23

Abb. 1c: IMD Befunde 12 / 2016

Abb. 3: OPG von ihrem Hauszahnarzt Dr. Sander in Haslach

Abb. 2: DVT Befund 12 / 2016

J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

W I S S E N S C H A F T · FA L L B E I S P I E L R A N T E S

24

Abb. 5: IMD Befund 09 / 2017

Abb. 4a: DVT Bildausschnitt Regio 27

Abb. 4b: DVT Ausschnitt Regio 37

TherapieEin schrittweises Vorgehen wurde vereinbart, zunächst Sa-

nierung der Regio 27 (s. Abb. 4a) unter antientzündlicher

und orthomolekularer Begleittherapie. Danach war in zwei-

ter Sitzung die Sanierung von Regio 37 geplant (s. Abb. 4b).

02 / 2017 erfolgte in Analgo-Sedierung die Osteotomie 27,

der nur noch 2 Wurzeln aufwies (s. Abb. 3) und eine große

apikale Zyste.

Nachdem 27 entfernt

war, zeigte sich auf dem

Kieferkamm in Regio

28 direkt angrenzend

an die Alveole 27 ein

Wurzelrest. Bei der Ent-

fernung eröffnete sich

eine sehr ausgedehnte

Osteolysezone in Regio

28, die gründlich ku-

rettiert und gesäubert

wurde, außerdem er-

folgte dort eine OZON Injektion und Defektauffüllung bei

27 mit autologem Fibrin.

Der weitere Heilungsverlauf war bisher positiv. Inzwischen

sind alle entzündlichen Herde kieferchirurgisch entlastet

worden. Unmittelbar im Anschluss an die letzte Sanierung

trat erneut ein entzündliches Geschehen im Bereich der Si-

nus maxillaris auf bei dem interessanterweise kein Erreger

eruiert werden konnte und der nicht durch die Nosoden

Kieferostitis oder eine TL zu den Operationsgebieten auf-

gehoben werden konnte. Daraufhin wurde der Lymphab-

fluss im Kopfbereich unter anderem mit erweiterter Injury

recall Technique verbessert und es wurde homöopathisch

und mit Zink, Selen und Vitamin C behandelt. Die Kontrolle

von RANTES wurde in diesem Fall im Verlauf noch mehrfach

vorgenommen und zeigte erst nach Abschluss der letzten

Sanierungen einen Rückgang unter den Normwert. Eben-

falls war der stets erhöhte Histaminwert nun deutlich ge-

sunken (s. Abb. 5).

Aktuell ist Beschwerdefreiheit bezüglich der Erschöpfung,

der Stomatitis, des Nachtschweißes, des Reizdarmsyndroms,

der Schlafstörung und der Pharyngitis eingetreten.

B A N D 5 · A U S G A B E 3 · J A H R G A N G 2 0 1 7

W I S S E N S C H A F T · FA L L B E I S P I E L R A N T E S

25

Literatur1. v. Bähr, V., RANTES- Bedeutung im Serum und in

fettig-degenerativen Osteonekrosen im Kiefer;

JPAK Journal of Professional Applied Kinesiology

(JPAK) 02/2017

2. Garten H. (2014). „Herde und Störfelder im Tri-

geminusbereich: Ein Update“; Foci and Areas of

Disturbance in the Trigeminal Area, an Update.“

Journal of Professional Applied Kinesiology (JPAK)

(03/2014): 5-19.

3. Graf KH, Störfeld Zahn, Urban & Fischer Verlag/

Elsevier GmbH (18. Oktober 2010)

4. Lechner J, NICO – Ist fehlende röntgenologische

Evidenz Beweis fehlender klinischer Existenz?, ZWR –

Das Deutsche Zahnärzteblatt 2010; 119 (10) 578-592

5. Matter CM Handschin C, RANTES (Regulated on

Activation, Normal T Cell Expressed and Secreted),

Inflammation, Obesity, and the Metabolic Syndro-

me, Circulation. 2007;115:946-948

Autorenkontakt:Dr. Anita GinterMozartstrasse 20, 79104 FreiburgE-Mail: [email protected]

AutoimmundiagnostikOrganspezifische Autoimmunerkrankungen

Systemische Autoimmunerkrankungen

AllergiediagnostikLymphozytentransformationstest (LTT)

Basophilen Degranulationstest (BDT)

ImmungenetikTitanunverträglichkeitEntzündungsneigung

ImmuntoxikologieSchwermetalleMineralstoffe

ImmundefektdiagnostikZellfunktionsanalytik Zytokinanalytik

Institut für Medizinische Diagnostik Berlin-Potsdam

Nicolaistraße 22 · 12247 Berlin Tel.: +49 (0)30 77 001-220

[email protected]

Organspezifische Autoimmunerkrankungen

Ihr Labor für

SpezialDiagnostikImmunologische

Unsere Stärke ist die Entwicklung & Durchführung innovativer Labordiagnostik!

DiskussionDie Diagnostik der proentzündlichen Cytokine

und Autoimmunparameter lieferte in diesem Fall

keine richtungsweisenden Befunde, mit Ausnah-

me von RANTES. Dies bestätigte die mit AK erho-

benen Befunde. RANTES scheint im Verlauf eine

eher protrahierte Dynamik zu zeigen, dies konnte

auch an weiteren Fällen aus der Praxis der Auto-

rin beobachtet werden. In einem Fall kam es nach

Abschluss der kieferchirurgischen Sanierung der

bekannten entzündlichen Herde zu einem erneu-

ten Anstieg, was tatsächlich einen bis dato uner-

kannten oder auch noch inaktiven entzündlichen

Prozess an einem anderen Zahn anzeigte.

Fazit In diesem Fall lieferte der Laborwert RANTES ein

entscheidendes Puzzlestück um in Kombination

mit den positiven AK-Befunden die weitere kie-

ferchirurgische Therapie anzustreben.

J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

W I S S E N S C H A F T · A K- S P E Z I F I S C H E R B E F U N D S TA N D A R D I N D E R M A N U A L M E D I Z I N I S C H E N P R A X I S

26

Zusammenfassung Die vorliegende Arbeit verfolgt einerseits das Ziel, Befun-

dabläufe innerhalb der Applied Kinesiology (AK) zu struktu-

rieren und anzugleichen, andererseits soll angehenden und

bisher nicht manualmedizinisch arbeitenden AK-Therapeuten

der Einstieg anhand einer vorgegebenen Struktur erleichtert

werden. Vorweg soll ausdrücklich klargestellt werden, dass

die beschriebene Herangehensweise weder die einzig richtige

ist, noch soll eine Wertung anderer, individuell erprobter und

im Praxisalltag funktionierender Befundstrukturen stattfin-

den. Vielmehr sollen Anregungen gegeben werden, um die

AK so unkompliziert wie möglich in bestehende Abläufe zu

integrieren.

Schlüsselwörter AK-Befund, manuelle Medizin, Befund-Systematik

AK-Specific Diagnostic Protocol for Manual Practice

Abstract This article is written with the goal of giving a common struc-

ture to the diagnostic protocol of manually working AK-the-

rapists on one hand, and on the other hand, to provide an

easier start concerning AK related manual medicine for doc-

tors who have no previous experience in this field. The article

is not meant to describe the only possible way and does not

judge over others. Rather is it meant to facilitate the integra-

tion of AK in the an otherwise well established practice.

Key WordsDiagnostic protocols in AK, manual medicine, system of di-

agnostics

1. EinleitungEin großer Teil der AK-Ausbildung befasst sich mit manual-

medizinischen Techniken. Da die Kursteilnehmer jedoch aus

ganz unterschiedlichen Fachrichtungen kommen, haben

nicht alle dieselbe Erfahrung und denselben Hintergrund in

der Anwendung dieser Techniken und selbst unter denen, die

AK-spezifischer Befundstandard in der manualmedizinischen PraxisVON NICOLA DEWALD

bereits orthopädisch/manualmedizinisch arbeiten, finden sich

oft große Unterschiede. Um eine gemeinsame Herangehens-

weise in der Befunderhebung zu erreichen, wird im Folgen-

den ein mögliches Grundschema für einen sinnvollen Einstieg

in eine AK-Behandlung vorgestellt, wie es sich die Autorin

direkt nach dem Abschluss der AK-Ausbildung der DÄGAK

erarbeitet hat.

2. Allgemeine Grundlagen der Befunder-hebung in der manuellen MedizinVorrangiges Ziel eines detaillierten Befundes soll es sein,

durch genaue Anamnese und Untersuchungen die eigentli-

chen Beschwerdeursachen des Patienten herauszufinden und

somit unnötig langwierige und wenig erfolgversprechende

Behandlungen zu vermeiden (3). Eine genaue Anamnese ist,

wie in jeder Fachrichtung, auch in der Manuellen Medizin

von großer Bedeutung für die Befunderhebung. Sie ist unab-

dingbar, um eine Grundidee davon zu erhalten, warum der

Patient sich in Behandlung begibt. Darüberhinaus können

erste „Arbeitshypothesen“ erstellt werden und Prioritäten

für das weitere Vorgehen festgelegt werden. An die Anam-

nese schließen sich Inspektion und Palpation an, sowie die

Funktionsuntersuchung, die die Techniken der AK beinhaltet.

Diese sind gerade in der orthopädisch orientierten Arbeit sehr

wichtig.

2.1 AnamneseBereits beim „ersten Eindruck“ (z. B. der Weg vom Wartezim-

mer in den Behandlungsraum) bietet sich ganz nebenbei die

Möglichkeit, den Allgemeinzustand des Patienten zu erfas-

sen, grob Größe und Gewicht abzuschätzen und den Bewe-

gungsfluss zu beobachten. Dieser Moment, bevor der Patient

sich in der Untersuchungssituation fühlt, ist sogar von beson-

derer Bedeutung, da die Bewegungen (z. B. das Gangbild) oft

viel unbefangener ablaufen als wenn der Patient weiß, dass

er gerade kritisch beobachtet wird.

Zu Beginn der Anamnese sollte der Untersucher die aktuelle

Situation und den bisherigen Verlauf genau erfragen, damit

B A N D 5 · A U S G A B E 3 · J A H R G A N G 2 0 1 7

W I S S E N S C H A F T · A K- S P E Z I F I S C H E R B E F U N D S TA N D A R D I N D E R M A N U A L M E D I Z I N I S C H E N P R A X I S

27

er selbst weiß, worum es geht und damit der Patient sich

gleich aktiv einbringen kann.

Die zwei Hauptproblematiken, die Patienten in der ortho-

pädischen Praxis beeinträchtigen, sind sicherlich zum einen

Schmerzen und zum anderen Einschränkungen der Beweg-

lichkeit, sehr oft auch beides in Kombination. Wenn die

Schmerzproblematik im Vordergrund steht, sollte besonderes

Augenmerk auf eine genaue Schmerzanamnese gelegt wer-

den. Ist das Problem eher eine eingeschränkte Beweglichkeit,

dann liegt das Hauptaugenmerk wahrscheinlich mehr auf der

Funktionsuntersuchung.

Schmerzanamnese • Wo ist das Schmerzgebiet? Gibt es Ausstrahlungen? Ist

das Schmerzgebiet genau abgrenzbar oder diffus? Ist der

Schmerz oberflächlich oder tief? (Lokalisation)

• Wie fühlen sich die Schmerzen an? (Qualität)

• Wie stark sind die Schmerzen (Visuelle Analogskala; VAS)

• Welche Modalitäten beeinflussen sie: Ruhe? Bewegung?

Belastung? Welche Belastung? Tageszeit?

• Seit wann bestehen die Schmerzen? Haben sie plötzlich

begonnen? Gab es einen Auslöser? Wurden die Schmer-

zen früher schon einmal behandelt? Wurden sie seit Beginn

mehr / weniger / gleichbleibend? (Verlauf)

Obwohl in der orthopädischen Praxis in der Regel ein Be-

schwerdebild des Bewegungsapparates im Vordergrund

steht, ist es von großer Bedeutung, den Patienten nicht auf

seine orthopädischen Beschwerden zu reduzieren, sondern

das Geschehen ganzheitlich zu erfassen. In vielen Fällen kann

nur so die eigentliche Ursache gefunden werden und eine

gezielte Behandlung stattfinden. Wenn der Grund für die

aktuelle Konsultation geklärt ist, sollten folglich noch eine

Reihe weiterer Fragen routinemäßig geklärt werden, da diese

Aspekte sehr häufig Einfluss auf den Bewegungsapparat und/

oder Schmerzgeschehen haben können.

Allgemeine Anamnese• Vorerkrankungen

• Nebenerkrankungen, weitere Symptome mit untergeord-

neter Priorität

• Operationen, Wurzelbehandlungen, Zahnextraktionen,

Amalgamfüllungen

• Unfälle

• Trinkverhalten (sowohl alkoholfreie Getränke als auch Al-

kohol), Essverhalten, Nikotinkonsum

• Stuhlgang und Wasserlassen

• ggf. Zyklus

• Allergien / Unverträglichkeiten

• Medikation

• Schlafverhalten und die psychische Situation sind von gro-

ßer Bedeutung.

• Auch die Familiensituation und die Situation am Arbeits-

platz sollten erfasst werden.

2.2 Inspektion und PalpationIm Anschluss an die Anamnese werden Inspektion und Palpa-

tion durchgeführt, was oftmals gleichzeitig geschehen kann.

Somit können in der Inspektion auffällige Bereiche gleich pal-

piert werden, um einen besseren Gesamteindruck zu erhalten.

Beides findet im Stehen, am möglichst nur mit Unterwäsche

bekleideten Patienten statt. Ein weiterer wichtiger Punkt ist,

dass der Patient im Stand beide Füße auf gleicher Höhe hat,

ca. 1 fußbreit auseinander, um die Position reproduzierbar zu

machen. Ist dies nicht der Fall würde sich ein falsches Bild

in der Statik zeigen und die Körperachsen wären zwangsläu-

fig verschoben. Darüberhinaus sollte die Untersuchung einer

sinnvollen und gleichbleibenden Systematik folgen. Es ist z. B.

eine gute Möglichkeit, immer bei den Füßen zu beginnen und

am Kopf zu enden und auf dem Weg feste Referenzpunkte

zu betrachten. Die Inspektion und die Palpation finden von

dorsal, von ventral und von beiden Seiten statt. Zusätzlich zur

Statik wird auf Schwellungen, Hautveränderungen und Sei-

tenunterschiede im Muskelumfang und -tonus geachtet.

Bei den Füßen wird besonders auf die Fußstellung, den Zu-

stand des Längs- und Quergewölbes, die Stellung des Kalka-

neus sowie eventuelle Fehlstellungen der Zehen (z. B. Hallux

valgus) geachtet. Auf Höhe der Knie ist es interessant, darauf

zu achten, ob beide Kniekehlen auf gleicher Höhe sind, ein

varus/valgus in der Beinachse vorliegt, ob die Streckung sei-

tengleich ist und wie die Position der Patella ist.

Als nächster Referenzpunkt wird das Becken als eine Schlüs-

selstelle in der Gesamtstatik betrachtet. Zur Definition des

Beckengerad- oder schiefstandes mit den flachen Händen

von kranial auf den Beckenkämmen begibt sich der Untersu-

cher dorsal auf Augenhöhe mit dem Becken. Zudem werden

SIPS und SIAS palpiert, wobei zusätzlich zur Stellung im Sei-

tenvergleich auch die Druckschmerzhaftigkeit interessant ist.

Anschließend wird der Verlauf der Wirbelsäule sowohl von

dorsal (Skoliose) und von lateral (z. B. Hyperlordose, Massen-

verteilung insgesamt), als auch von kranial (Rotationsfehl-

stellung) betrachtet. Zur Beurteilung der Statik von dorsal

werden darüberhinaus die beiden Taillendreiecke verglichen.

J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

W I S S E N S C H A F T · A K- S P E Z I F I S C H E R B E F U N D S TA N D A R D I N D E R M A N U A L M E D I Z I N I S C H E N P R A X I S

28

Als Referenzpunkt, der ganz besonders wichtig bei Fragestel-

lungen rund um Schulter- / Nacken- / Armprobleme ist, wird in

der Folge die Stellung der Schulterblätter begutachtet. Dabei

registriert der Untersucher die Position von Angulus inferior

(Höhe und Scapula alata), Abstand und Parallelität der Margo

medialis zur Wirbelsäule. Weiter wird die Höhe der rechten

und linken Schulter-Nacken-Linie verglichen, was in direk-

tem Zusammenhang mit der Stellung der Schultergelenke

betrachtet wird. Besonders wird eine eventuelle Protraktion

der Schultern und eine vermehrte Innen- oder Außenrota-

tion der Arme beachtet. Da die Position der Ellbogen und

Handgelenke für die Statik keine große Rolle spielt, werden

Abweichungen von der Norm als mögliche muskuläre Fehl-

spannungsmuster zur Kenntnis genommen. Die Stellung der

HWS von dorsal, lateral und ventral wird genau registriert, da

dies – wie das Becken auch – eine wichtige Schlüsselstelle in

der Statik ist. Zum Abschluss der Inspektion/Palpation werden

noch die Zähne betrachtet und die Stellung der Zahnreihen

anhand der Angle-Klassifikation beurteilt. In jeder Phase wer-

den die Befunde in funktionelle Zusammenhänge eingeord-

net. Die im Lehrbuch Applied Kinesiology (1) auf S. 137 ff.

dargestellten „Männchen“ geben dabei wertvolle Hinweise.

Weitere Bilder, die dem Untersucher eine sehr gute Vorstel-

lung bieten, worauf er achten sollte, sind die ebenfalls aus

dem Lehrbuch Applied Kinesiology stammenden Fotografien

auf S. 130 (von dorsal), S. 135 (von lateral) und S. 136 (von

ventral) an Hand derer die verschiedenen Achsen und Refe-

renzpunkte einfach nachvollziehbar sind.

Um das Bild zu vervollständigen, ist es zusätzlich zum oben

beschriebenen Ablauf sinnvoll, die Statik des Patienten auch

in der „beschwerdeverursachenden Position“ zu untersuchen

und das Gangbild eine kurze Strecke über zu beobachten.

Hierbei wird hinsichtlich Bewegungsfluss, Rhythmus der

Schritte, Schrittlänge und Armpendel auf eventuelle Abwei-

chungen bzw. Seitenunterschiede geachtet.

2.3 FunktionsuntersuchungDie Funktionsuntersuchung beinhaltet zwei Teilbereiche: Die

Untersuchung der beschwerdeverursachenden Alltagsbewe-

gungen (ADL, Activity of Daily Life) und die Gelenkfunktions-

prüfung. Bei der Funktionsuntersuchung ist es empfehlens-

wert, sich nicht auf das betroffene Gelenk zu beschränken,

sondern mindestens noch die direkt angrenzenden Gelenke

mit einzubeziehen. Der Übergang zwischen Inspektion / Pal-

pation und Funktionsuntersuchung ist fließend, in der Pra-

xis werden einzelne Teile der Funktionsuntersuchung in den

Inspektions-Ablauf integriert.

Beispielsweise bietet es sich an, wenn das Becken untersucht

wird, gleich im Rahmen der Inspektion und Palpation einige

Funktionstests durchzuführen: Hipdrop, Spine- und Vorlauf-

test können neben der Palpation auf mögliche Asymmetrien

zusätzlich Informationen über den koordinativen und neuro-

logischen Status des Patienten liefern. Es zeigt sich, ob der

Patient in der Lage ist, den Bewegungsauftrag umzusetzen

und ob bzw. wie er auf einem Bein stehen kann.

Zu Beginn der eigentlichen Funktionsuntersuchung wird der

Patient dann gebeten, die Alltagsbewegung (ADL) auszu-

führen, die ihm die Beschwerden verursacht. Der Therapeut

achtet genau auf den Bewegungsfluss und eventuelle Aus-

weichbewegungen. Darüberhinaus registriert er, an welcher

Stelle die Beschwerden auftreten und welcher Art sie sind

(Schmerz und/oder Widerstand), unter anderem um später

einen Parameter für die Erfolgskontrolle zu haben. Sehr

Abb. 1: Haltung von posterior, Lehrbuch AK, S. 130 (Abb. 8.10)

B A N D 5 · A U S G A B E 3 · J A H R G A N G 2 0 1 7

W I S S E N S C H A F T · A K- S P E Z I F I S C H E R B E F U N D S TA N D A R D I N D E R M A N U A L M E D I Z I N I S C H E N P R A X I S

29

häufig erhält der Untersucher auch wichtige Informationen,

wenn er während der Ausführung der Bewegung das be-

troffene Gelenk palpiert.

Bei der Gelenkfunktionsprüfung wird die Ausgangsstellung

so gewählt, dass möglichst aktive und passive Bewegungen

bis zum aktuellen Bewegungsende durchgeführt werden

können. In der Regel findet die Untersuchung der unteren Ex-

tremität im Liegen und die der oberen im Sitzen statt. Eben-

falls im Sitzen wird eine globale Funktionsprüfung der HWS

durchgeführt und per passiver Seitneigung in C0 / C1 durch

Palpation des Proc. mastoideus im Bezug zum Querfortsatz

von C1 die Stellung des Okziputs abgeschätzt. Die Lenden-

wirbelsäule wird überwiegend im Stehen untersucht. Es gibt

dabei jedoch keine starre Vorschrift. Der Untersucher misst

den Range of Motion (ROM) sowohl aktiv, als auch passiv.

Bei der passiven Bewegung achtet der Therapeut zusätzlich

noch auf das Endgefühl und darauf, wie sich der gesamte

Bewegungsweg anfühlt. Therapeuten, die eine Ausbildung in

Manueller Therapie haben können an dieser Stelle ideal noch

den Gelenkspieltest durchführen.

Weiterführende Informationen können im Lehrbuch Applied

Kinesiology (1) im Kapitel Manuelle Untersuchung ab S. 119

nachgelesen werden.

3. Mehrwert bei der Befunderhebung durch AK In Praxen mit manualmedizinischer Ausrichtung werden an

der Oberfläche meist Fragestellungen in Zusammenhang mit

dem Bereich „Struktur“ auftauchen. Dieser Bereich bildet in

der Triad of Health die Basis des Dreiecks. Als ganzheitliche

Methode stellt die AK mit dem Konzept der Triad of Health

Abb. 2: Haltung von lateral Lehrbuch AK, S. 135 (Abb. 8.18) Abb. 3: Haltung von anterior Lehrbuch AK, S. 136 (Abb. 8.21)

J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

W I S S E N S C H A F T · A K- S P E Z I F I S C H E R B E F U N D S TA N D A R D I N D E R M A N U A L M E D I Z I N I S C H E N P R A X I S

30

jedoch den Anspruch, Balance auf der Seite der Struktur, der

Chemie und der Emotionen herzustellen, bzw. Dysbalancen

aufzudecken. (vgl. 1, Kap 1.4.) Eine alleinige Betrachtung der

Struktur, auch wenn sich die Symptome dort äußern, wird der

Komplexität des Körpers bei Weitem nicht gerecht. Um einen

dauerhaften Therapieerfolg zu erzielen, ist es unabdingbar,

die anderen beiden Seiten der Triad of Health bei der Befun-

derhebung miteinzubeziehen und die tatsächliche Ursache

zu finden. Die unmittelbare Rückmeldung, die der Therapeut

durch den manuellen Muskeltest erhält, ermöglicht es, im

Untersuchungsgang bereits wichtige Weichen zu stellen, um

so Hierarchien für die Behandlung abzuleiten. Sollte es dem

Untersucher selbst nicht möglich sein, die gefundene Ursa-

che zu behandeln, so kann er trotzdem die Ursache feststel-

len und ggf. an einen Kollegen verweisen.

3.1 Integration von AK-Tests in den BefundablaufIm oben beschriebenen Ablauf könnte der Therapeut als

Abschluss der Inspektion / Palpation im Stehen direkt per

Screening versuchen festzustellen, ob Hinweise für auf- / ab-

steigende Läsionsketten vorliegen. Dazu testet der Untersu-

cher im Stehen SCM, Latissimus, Deltoideus, Serratus ant.

je beidseits in Ruheschwebelage des Kiefers, also ohne dass

der Patient die Zähne zusammen beißt. Testen diese Mus-

keln normoreaktiv, so werden die Muskeltests mit festem

Biss im Stehen wiederholt. Wenn durch das feste Zusam-

menbeißen das Testergebnis hyporeaktiv wird, ist das ein

Hinweis auf Vorliegen einer temporomandibulären Störung.

Diese kann primär (temporomandibuläre Ursache) oder

sekundär (extratemporomandibuläre Ursache mit aufstei-

gender Läsionskette) sein. In diesem Fall sollte die weitere

Diagnostik auch das temporomandibuläre System (Kaumus-

kulatur, Kopfgelenke und HWS) genauer beinhalten. Zur

weiterem Differenzierung können die Muskeltests direkt

in Rückenlage mit festem Biss wiederholt werden. Wenn

die Muskeln in dieser Situation wieder normoreaktiv wer-

den, ist von einer ausgeprägten extratemporomandibulären

(statischen) Ursache auszugehen. Bleiben die o. g. Muskeln

im Liegen mit festem Biss genauso hyporeaktiv wie im Ste-

hen, dann ist das ein Hinweis auf eine temporomandibuläre

Problematik, also eine absteigende Kette. (vgl. 2, Kap. 4.2,

Abb. 4.17). Es handelt sich nur um einen Hinweis, keinen

Beweis, da eine z.B. Beckentorsion oder eine Kopfgelenks-

dysfunktion sich auch im Liegen auf den Biss auswirkt. Sind

die o. g. Muskeln bereits im Stehen ohne Zahnkontakt hy-

poreaktiv, werden die Tests in Rückenlage, ebenfalls ohne

Zahnkontakt, wiederholt. Werden dadurch die getesteten

Muskeln normoreaktiv, bedeutet dies, dass die statische Be-

lastung im Stehen für den Patienten soviel „strukturellen

Stress“ bedeutet, dass die o. g. Muskeln dysreaktiv werden.

Die in diesem Fall vorliegenden extratemporomandibulären

Störungen können eine aufsteigende Läsionskette verursa-

chen. Die weitere Untersuchung sollte dann unbedingt eine

genaue Beckendiagnostik beinhalten. Als nächsten Schritt

wird in diesem Fall der M. Piriformis beidseits getestet, da er

sich als Indikatormuskel für Beckenfehlstellungen sehr gut

eignet. Aber auch die Knie und Füße sollten im weiteren

Verlauf genauer befundet werden.

Zur endgültigen Definition – temporomandibulär oder ex-

tratemporomandibulär verursacht – bleibt im Endeffekt

nichts anderes übrig, als das Bewegungssystem von Kopf

bis Fuß zu korrigieren und per Schlusschallenge die Priori-

tät zu definieren: Gehen oder auf der Stelle Springen ohne

Zahnkontakt für die aufsteigende Kette, Kauen für die ab-

steigende Kette. Es kann beides gleichzeitig vorliegen. Oft

ändern weder der feste Biss, noch der Bodenkontakt etwas

am Muskeltestergebnis und die getesteten Muskeln bleiben

normoreaktiv / hyporeaktiv. Wenn der Untersucher bereits

an dieser Stelle im Befundablauf auf hyperreaktive (h) Mus-

keln stößt, ist das ebenfalls zu registrieren und ist dann ein

Indiz für das Vorliegen einer metabolischen Störung (s. u.).

Während der Funktionsuntersuchung wie oben beschrieben,

sollten ebenfalls Muskeltests eingebaut werden. Alle das

betroffene Gelenk umgebenden Muskeln werden durchge-

testet, um einen Einstieg in die konkret vorliegende Frage-

stellung zu erhalten. Bis zu diesem Punkt ist der Ablauf re-

lativ gleichbleibend, ab dann kann kein starrer Prozess mehr

vorgegeben werden, sondern lediglich eine Grundstruktur.

Diese Grundstruktur, die im folgenden Kapitel beschrieben

wird, erlaubt es, den „roten Faden“ nicht zu verlieren und

Prioritäten zu setzen. Neben dieser Grundstruktur sollten

aber noch einige Punkte im Hinterkopf behalten werden:

• Wenn symptombezogene Muskeln getestet werden, be-

kommt man oft zusätzliche wichtige Informationen, wenn

neben der „neutralen“ Position auch in der problemverur-

sachenden Position getestet wird.

• Die AK ermöglicht es, sog. Schlüsselläsionen (z. B. Injury-

Regionen oder Störfelder) zu finden. Diese sollten in der

Behandlungshierarchie auch ganz oben stehen (2, Kap. 1).

• Bilaterale Hyporeaktionen deuten auf Fixationen oder an-

dere ganz spezifische Störungen hin. (2, Kap.2.3).

B A N D 5 · A U S G A B E 3 · J A H R G A N G 2 0 1 7

W I S S E N S C H A F T · A K- S P E Z I F I S C H E R B E F U N D S TA N D A R D I N D E R M A N U A L M E D I Z I N I S C H E N P R A X I S

31

3.2 Grundstruktur der AK-BefundeDurch die unterschiedlichen Testergebnisse beim manuel-

len Muskeltest ergeben sich verschiedene Vorgehensweisen

zur Untersuchung und Behandlung. Im Folgenden wird die

Grundstruktur der AK-Diagnostik dargestellt und beschrie-

ben, welche Bedeutung die verschiedenen Ergebnisse für die

Behandlung haben. Dabei wird aufgrund der Beschränkung

dieses Artikels auf den manualmedizinischen Bereich auf die

genauere Ausführung bei hyperreaktiven Muskeln (h) ver-

zichtet. Dieses Testergebnis deutet auf eine metabolische (zu-

weilen psychische oder elektromagnetische) Problematik hin.

3.2.1 Hyporeaktive Muskeln, autogene FazilitationTestet einer oder mehrere Muskeln hyporeaktiv, dann sollte

der Untersucher zuerst eine Kontraktion bei Dehnung der

betreffenden Muskeln im Sinne einer propriozeptiven neuro-

muskulären Fazilitation durchführen lassen oder eine Mecha-

norezeptorenstimulation (Reiben) über den gesamten Mus-

kel, um die autogene Fazilitierbarkeit zu prüfen. Lässt sich der

Muskel dadurch temporär für den anschließenden Muskel-

test stärken, wird das Ergebnis AF positiv (+) genannt. Ist das

nicht der Fall und der Muskel bleibt hyporeaktiv, hieße das Er-

gebnis AF negativ (-), was auf eine extrasegmentale überge-

ordnete Störung (Störfeld / Injury-Region, Herd, biochemische

oder emotionale Stressoren) hindeutet. Injury Regionen sind

in der Behandlungshierarchie im Sinne einer „Key-Lesion“ zu

handhaben (2, Kap. 1). Dasselbe gilt auch für Herde. Bioche-

mische Stressoren müssen, wenn sie nicht zu generalisierten

Hypo- oder Hyperreaktionen Anlass geben, mindestens pa-

rallel zur strukturellen Behandlung mit untersucht und be-

handelt werden. Beim Vorliegen von AF (+)- Muskeln muss

weiter differenziert werden. Eines ist bereits eingegrenzt: die

Ursache der Hyporeaktion muss im Bereich des viszerosoma-

tischen Segments des Muskels liegen: 7 Faktoren des viszero-

somatischen Systems (7FVSS) bzw. intramuskuläre Störungen

(Ursprungs-Ansatz-Läsion, myofasziale Läsionen, wenn diese

zu Hyporeaktionen führen; 1, Kap. 10). Der Untersucher soll-

te vor Behandlung die Dysfunktionen „sammeln“ und erst

dann behandeln. Durch (Magnet-)TL oder Reibe-Challenge

der verursachenden Region, die dann die Hyporeaktion tem-

porär aufhebt, ist dies leicht möglich.

3.2.2 MuskelläsionskettenInsbesondere bei Sportlern ist daran zu denken, dass hypore-

aktive Muskeln Auswirkungen auf ihre Synergisten und Ant-

agonisten haben können, vor allem wenn die Situation schon

länger besteht. Es ist ratsam, unabhängig von der Ursache für

die Hyporeaktivität die Synergisten auf Strain-Counterstrain-,

die Antagonisten auf myofaszialen Hypertonus („Faszien-

muster“) hin zu prüfen.

3.2.3 Versteckte DysfunktionenSind alle Muskeln normoreaktiv, bedeutet das nicht automa-

tisch, dass keine Störung vorliegt. Möglicherweise zeigt der

normoreaktive Muskel einen kompensierten Zustand an, und

erst durch Provokation zeigt sich eine Dysreaktion (2, Kap. 1).

Die Provokation kann in einem „Geraderichten“ des Patien-

ten aus einem adaptierten (Spannungs)-Zustand oder die Po-

sitionierung in einen potenziellen Spannungszustand hinein

bestehen.

Außerdem können sich hinter normoreaktiven Muskeln int-

ramuskuläre Störungen verbergen, die nur durch Challenge

gefunden werden können: Strain-Counterstrain Läsionen,

die nach Anspannung in maximaler Verkürzung während 3

Sekunden und Faszienmuster, die durch kurzes Dehnen mit

sofort anschließendem Nachtesten zu Hyporeaktion führen,

sind solche Beispiele. Darüber hinaus könnte trotz initialer

Normoreaktivität ein reaktives Muskel-Muster vorliegen. Un-

mittelbar aufeinander folgende Muskeltests von Antagonis-

tenpaaren würden in diesem Fall den reaktiven Muskel hypo-

reaktiv werden lassen.

Auch als Ausgangspunkt zur eigentlichen Diagnostik von

Gelenkstrukturen sollten alle das Gelenk umgebenden Mus-

keln normoreaktiv sein. Davon ausgehend werden dann

spezifische Challenges für Kapsel und Ligamente (Dehnung

in genau definierter Richtung bei vollkommener Muskelent-

spannung), Knorpel und Labrum (Kompression in definierter

Richtung) und Sehnen (Zug unter Anspannung), durchge-

führt. In anderen Situationen kann ausgehend von einem

normoreaktiven Muskel („Indikatormuskel“) über Thera-

pielokalisation (TL) und Challenge (CH) die zu behandeln-

de Stelle gefunden werden, bzw. alle Fragestellungen wie

„macht das die Situation schlechter? Verträgt der Patient

das?“ beantwortet werden. Wirklich zufriedenstellend ist

ein normoreaktives Testergebnis nur, wenn TL/CH an der

Normoreaktivität nichts ändern.

In manchen Fällen testen alle Muskeln eines Patienten dys-

reaktiv (generalisierte Hyper- / Hyporeaktion). Das deutet auf

Vorliegen eines hochwertigen, übergeordneten Stressors hin.

Der Stressor kann chemisch oder emotional, selten strukturell

sein. Das Herausfinden und Behandeln eines solch hochwer-

tigen Stressors hat oberste Priorität (1, Kap. 4.2.).

J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

W I S S E N S C H A F T · A K- S P E Z I F I S C H E R B E F U N D S TA N D A R D I N D E R M A N U A L M E D I Z I N I S C H E N P R A X I S

32

Literatur1. Garten Hans. Lehrbuch Applied Kinesiology, 2. Auflage.

München: Elsevier, 2012

2. Garten Hans. Applied Kinesiology in Osteopathie und

Chirotherapie. München: Elsevier, 2016

3. Reimann Susanne. Befunderhebung, Grundlagenwissen

für Physiotherapeuten und Masseure, 4. Auflage. Mün-

chen: Elsevier, 2013

Autorenkontakt:Nicola DewaldPrivatpraxis für Physiotherapie und NaturheilkundeKißlingerstr. 2683700 Rottach-EgernE-Mail: [email protected].: 0170 5507663

4. Fazit Einen kompletten Standard für die Befunderhebung in

der AK zu erstellen, ist äußerst komplex und im Rahmen

eines Artikels, wie er hier vorliegt, kaum möglich. Zu vie-

le Eventualitäten wären zu berücksichtigen und die Dar-

stellung würde unter zu vielen „Abzweigungen“ leiden.

Trotzdem eine anwendbare Grundstruktur vorzugeben

und ein Stück weit zu vereinheitlichen, ist Ziel dieser

Arbeit. Eine ähnliche Grundstruktur für die metaboli-

sche und emotionale Arbeit zu erstellen, wäre sicherlich

hilfreich. Abschließend lässt sich sagen, dass hier nur

ein Teilaspekt aufgegriffen und strukturiert wurde. Es

ist zu beachten, dass die „engen Zusammenhänge zwi-

schen Struktur, Chemie und Psyche dazu führen, dass

eine manualmedizinische Diagnostik für sich allein kei-

ne vollständigen Aussagen erlaubt.“ (1, Kap. 8.1.). Sie

muss zum einen durch die manuelle Muskeltestung und

die AK-spezifischen Challenges ergänzt werden und

zum anderen biochemische und emotionale Faktoren

miteinbeziehen. Der AK-Therapeut sollte immer den

Anspruch haben, alle drei Seiten der Triad of Health zu

berücksichtigen und miteinander zu vernetzen.

Abb. 4: Strategie der AK-Untersuchung aus (2) Abb 1.1

2. Haltungsanalyse statisch, dynamisch (Gangmuster)1. Neurologische Basisdiagnostik

4. Hyperreaktive Muskeln > übergeordnete Störungsmuster

5. Übergeordnete metabolische, emotionale und elektromagnetischeStressoren definieren

Metabolische Stressoren a. Herde (v. a. Zahnherde) b. Dysbiosen (Pilze, Bakterien, Parasiten) c. Mangelnde Entgiftung (Paracetamol-, Koffein-Challenge) d. Unverträglichkeiten (Histamin, Kinin) e. Toxizitäten (Schwermetalle, Chemikalien)

Emotionale Stressoren Screening über TL der „Emotionalen Neuro- vaskulären Reflexpunkte“ (ENV)

Elektromagnetische Stressoren Screening mit Mobiltelefon

6. Hyporeaktive Muskeln; wenn nicht vorhanden: Ko-Stressor BID (Body into Distortion)

3. Muskeltests entsprechend 1. und 2. sowie symptombezogen (Schulter, Becken usw.)

9. Autogene Fazilitation (AF) positiv:

10. 7 FVSS, Muskelläsions- ketten

7. Autogene Fazilitation (AF) negativ:

8. ÜbergeordneteStörungsmuster:

• IR-Regionen > IRT in mehreren Stufen

• metabolische, emotionale, elektromagnetische Stressoren

B A N D 5 · A U S G A B E 3 · J A H R G A N G 2 0 1 7

W I S S E N S C H A F T · A K- S P E Z I F I S C H E R B E F U N D S TA N D A R D I N D E R M A N U A L M E D I Z I N I S C H E N P R A X I S ERNÄHRUNG UND AK · MIKROBIOM UND NEUROPSYCHIATRISCHE ERKRANKUNGEN

33

Die Verbindungen zwischen Verhaltensstörungen und Mikro-

organismen sind derzeit von zunehmendem wissenschaftli-

chen Interesse. Abgesehen von den unvermeidbaren Auswir-

kungen von systemischen Entzündungen und Infektionen auf

das zentrale Nervensystem (ZNS) (1; 2) wurde die Korrelation

zwischen Entzündungsreaktionen und Verhaltensstörungen

(Asthenie, Depressionen, kognitive Verschlechterungen) zu

lange unterschätzt (3). Obwohl diese Theorie unter Forschern

inzwischen anerkannt ist, müssen praktische Ärzte und Klini-

ker dies erst noch weiter „verdauen“. Erhöhte Entzündungs-

marker (z. B. IL-6, C-reaktives Protein) korrelieren eindeutig

mit Veränderungen der kognitiven Fähigkeiten und emotio-

nalen Störungen (4).

Unglücklicherweise ist diese Erkenntnis noch nicht im Praxis-

bzw. Klinikalltag angekommen, es sei denn, die Symptome

können bekannten Neurotoxinen (z. B. Botulinumtoxin, Te-

tanustoxin) oder solchen Toxinen, welche auch neurotoxisch

wirken können (z. B. Perfringolysin, Alphahämolysin) (5; 6; 7)

oder neurologischen Erkrankungen wie der Herpes-simplex-

Enzephalitis, der Creutzfeld-Jakob-Erkrankung (spongifor-

me Enzephalopathie durch Prione) oder der HIV- assoziierte

Demenz zugeordnet werden (8; 9; 10). Die Neurosyphilis,

hervorgerufen durch Treponema pallidum, war früher eine

häufige Diagnose. Die klinischen Manifestationen waren de-

menzähnliche Symptome, Niedergeschlagenheit/ Depressio-

nen, Wahnideen, Halluzinationen bis hin zu psychotischen

Symptomen (11; 12; 13). Jedoch wird nur dann, wenn eine

Infektion nachgewiesen wurde, eine Beteiligung der Infektion

an den oben genannten Symptomen in Erwägung gezogen.

Ein Umkehrschluss, ausgehend von der Verhaltensstörung

hin zur Infektion, findet normalerweise nicht statt. Daher ist

es das Ziel dieses Artikels, dem aufmerksamen Leser zu er-

läutern, dass alle Entzündungen einen Einfluss auf das emo-

tionale/kognitive Verhalten ausüben und dass es einen direk-

ten Zusammenhang zwischen den Mikroorganismen (welche

unseren Körper besiedeln) und der neuroimmunologischen

Balance gibt. Diese Korrelation (laut Claude Bernard (14) und

der angeblichen Aussage Pasteurs auf seinem Sterbebett)

muss immer zusammen mit einer Veränderung des inneren

Milieus betrachtet werden, da diese mit der Vorherrschaft

einer oder mehrerer Mikroorganismen einhergeht. Im Ver-

lauf der Zeit, wenn das Ungleichgewicht des inneren Milieus

weiter anhält, können diese Mikroorganismen ihre pathoge-

nen Merkmale exprimieren. Die klinischen und subklinischen

Symptome, die daraus entstehen, zeigen sich auf allen anth-

ropologischen Ebenen, demnach auch auf der emotionalen/

kognitiven. Weiterhin sollte berücksichtigt werden, dass eine

überwiegende Mehrheit der Bakterien und Pilze bereits Be-

standteil unseres Körpers und der Umwelt sind. Entweder in

der klassischen morphologischen Form (mit einer normalen

Zellwand) oder als Mykoplasma-ähnliche Form (L-Form), wel-

che auch als zellwandfreie Form („cell wall deficient – CWD)

bezeichnet wird (15; 16; 17).

In einem mikrobiologischen Labor können diese zellwandfrei-

en Formen jedoch mit Standarduntersuchungsverfahren nicht

nachgewiesen werden. CWDs benötigen spezielle, hypertone

Nährmedien (im Körper liegen die CWDs häufig intrazellu-

lär vor) und spezielle Färbemethoden, wie z.B. die Kinyoun-

Färbung oder die Identifizierung mittels Immunfluoreszenz.

Die äußere Membran der CWDs enthält mehr Lipide, als die

Membran der klassischen morphologischen Form (die Sterine

können jedoch nur aus der Umwelt aufgenommen und nicht

synthetisiert werden) und eine modifizierte Polysaccharid-

struktur, welche sich von der klassischen Form unterscheidet

und eine veränderte Immunogenität aufweist (18). Bedingt

durch ihr ubiquitäres, vorwiegend intrazelluläres Vorkommen

(in Erythrozyten, Leukozyten, Epithelzellen, endokrinen Zel-

len, etc.) und dem proinflammatorischen Potential durch die

veränderte Homöostase, ist es leicht verständlich, dass CWDs

VON MAURIZIO ITALIANO

Verhaltensstörungen und neuro- psychiatrische Erkrankungen – eine wichtige Verbindung zu humanpathogenen Erregern und symbiotischen Bakterien

J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

ERNÄHRUNG UND AK · MIKROBIOM UND NEUROPSYCHIATRISCHE ERKRANKUNGEN

34

bereits von Beginn an der Aufrechterhaltung von Entzün-

dungzuständen involviert sind, welche das ZNS beeinflussen.

Bezüglich des Zusammenhangs zwischen Mikroorganismen

und Verhaltensänderungen hat die internationale Literatur

durchaus die Verbindung zwischen dem Darmmikrobiom

(Human Gut Microbiota (HGM) – die Bakterien des Intestinal-

traktes), seiner „Störung“ und der Aktivität des ZNS entdeckt

(19; 20). Die Menge des genomischen Materials der HGM ist

um das 100fache größer, als das menschliche Genom (21).

Eine adäquate Kolonisierung des Darms beinhaltet bereits

in den ersten Lebenstagen eines Säuglings, eine korrekte

Entwicklung des Immun- und des endokrinen Systems, aber

auch des gesamten Nervensystems. Sie schließt den Schutz

gegen die Entwicklung infektiös-entzündlicher Erkrankungen

und Verhaltensstörungen mit ein, welche teilweise durch eine

Modulation des enterischen Nervensystems (ENS) und der

Aktivität des Nervus vagus bedingt sind.

Die von den Eingeweiden kommenden, sensorischen Reize

des Nervus vagus erreichen den Nucleus tractus solitarii (NST)

und werden von hier aus an verschiedene Gebiete im ZNS,

inkl. Cortex und Medulla oblongata weitergeleitet. Die Neu-

ronen der rostral ventrolateralen Medulla (RVLM) repräsentie-

ren den afferenten Hauptinput zum Locus caeruleus, welche

diese zu verschiedenen Hirnrindenarealen weiterleitet, die

mit Verhaltensreaktionen, Stress und affektiven Störungen

assoziert sind. Der Locus caeruleus wird auch als Hauptregi-

on für die Einordnung einer Stressantwort betrachtet. Eine

abnormale Stimulation dieser Reizwege kann Ängste und Pa-

nikattacken oder Depressionen auslösen (22; 23; 24). Experi-

mentelle Vagotomien konnten zeigen, dass die angstlösende

oder antidepressive Wirkung von Probiotika abnimmt, wenn

diese afferente Reizleitung unterbrochen ist (41).

Da die Kommunikation zwischen ZNS und Darmsystem bidi-

rektional ist, ist es sehr wichtig den afferent Aspekt zu beto-

nen, welcher die Modulation der Zytokine und eine generelle

Modulation der Immunantwort höherer Nervenfunktionen,

wozu auch die Stimmungslage gehört, beeinflusst (25). Die

Darmflora ist in der Lage, verschiedene neuroaktive Moleküle

zu bilden, wie z. B. g-Aminobuttersäure (GABA), Serotonin,

Melatonin, Histamin und Acetylcholin und gasförmige Ver-

bindungen wie Stickstoffmonoxid (NO durch Laktobazillen)

und Schwefelwasserstoff (H2S, z. B. durch Streptokokken, En-

terokokken, Prevotella spp. (26) und Desulfovibrio spp. (27)).

Schwefelwasserstoff, in physiologischen Mengen, spielt eine

wichtige Rolle bei der Regulierung des Blutkreislaufs, des ar-

teriellen Drucks, der Körpertemperatur, der Hypothalamus-

Hypophysen-Nebennieren Achse (HPA), aber auch als Neu-

romodulator der Darmmotorik. Auf zentraler Ebene erhöht

Schwefelwasserstoff die Reaktion des postsynaptischen

NMDA (N-Methyl-D-Aspartat) Rezeptors und fördert damit

eine „Langzeit-Potenzierung“, welche für die Gedächtnisbil-

dung und Lernprozesse wichtig ist (28).

Eine Eubiose ist von besonderer Bedeutung, da ein hoher

Gehalt an Schwefelwasserstoff die mitochondriale Enzy-

maktivität inhibiert, was die Entstehung eines chronischen

Erschöpfungssyndroms (CES) oder CES-ähnlichen Sympto-

men, wie auch Kopfschmerzerkrankungen, Schlafstörungen,

Photophobie, Gedächtnisstörungen und Gleichgewichtsstö-

rungen begünstigt (19). Übereinstimmend mit einigen Auto-

ren, sollte ein horizontaler Gentransfer in Erwägung gezogen

werden, welcher die Bildung und Nutzung von denselben

Molekülen mit einer neuroendokrinen Funktion (z. B. Kate-

cholamine, GABA) bewirkt. Dies führt dann zu einem Einfluss

der Mikroorganismen auf die Kommunikation und Sensibili-

sierung im neuroendokrinen System (29). Die Mikrobiota ist,

durch verschiede afferent Wege, in der Lage die enterozep-

tive viszerale Empfindlichkeit zu beeinflussen, was wiederum

die Stimmungslage verändern und Verhaltensstörungen lin-

dern oder verhindern kann (30). Einer der Hauptwege führt

wahrscheinlich über primär intrinsische, afferente Neuronen

des Intestinums (IPAN, Intrinsic Primary Afferent Neurons),

welche zum Auerbach Plexus gehören, der Bestandteil des

enteralen Nervensystems ist. IPANs sind chemosensitiv und

reagieren auf bakterielle Neuroaktivität.

Bei einigen Probiotika konnte klar gezeigt werden, dass sie

eine schmerzlindernde Wirkung haben und die Fähigkeit be-

sitzen, über einen pseudo-affektiven Weg die Schmerzant-

wort zu modulieren (z. B. Lactobacillus (L.) rhamnosus (38),

L. acidophilus (31), L. paracasei (32)). Dabei ist es wichtig

zu wissen, dass, um die Balance wiederherzustellen, nicht

notwendigerweise ganze und lebende Probiotika verwendet

werden müssen. Einige Bestandteile der Zellmembran oder

Stoffwechselprodukte sind ausreichend, um diesen Prozess

auszulösen. Bei Experimenten mit L. rhamnosus führte die

Gabe entweder einer lebenden oder einer inaktivierten Kul-

tur, in beiden Fällen zu den gleichen Ergebnissen (31). An

dieser Stelle wäre es sinnvoll, dass obige Experiment zu über-

denken, da ein Beweis möglicherweise nur ein Nebenprodukt

einer kulturellen oder prozesstechnischen Aufbereitung war.

Die Auswertung der Daten lässt keine eindeutige Interpreta-

B A N D 5 · A U S G A B E 3 · J A H R G A N G 2 0 1 7

ERNÄHRUNG UND AK · MIKROBIOM UND NEUROPSYCHIATRISCHE ERKRANKUNGEN

35

tion zu, berücksichtigt man die Kenntnisse über CWDs oder

L-Formen und über die Unwirksamkeit verschiedener Sterili-

sationsprozesse, welche diese Abtöten sollen (33).

Die Ergebnisse verschiedener Studien an Meerschweinchen

zeigen deutlich, dass eine adäquate Besiedlung durch die

Mikrobiota wichtig ist für eine gesunde Entwicklung des

neuroendokrinen Immunsystems, eine bessere Anpassung

an belastende Reize, die Entwicklung bestimmter Hirnregio-

nen (z. B. präfrontaler Kortex, Amygdala, Hippokampus), die

Produktion von Neurotrophinen wie dem BDNF (brain-deri-

ved neurotrophic factor) und folglich auch für das Verhalten

(34; 35). Ein niedriger Spiegel an BDNF korreliert mit Depres-

sionen. Bei suizidalen Patienten, bei denen eine Depression

vorlag, wurde postmortal im Hippokampus ein deutlicher

Mangel an BDNF nachgewiesen (36; 37). In der Literatur,

aber auch in klinischen Untersuchungen wurde festgestellt,

dass eine Eubiose mit einer Verbesserung der affektiven/

emotionalen Aspekte korreliert, welche häufig bei chronisch

entzündlichen Erkrankungen vorkommen (z. B. bei rheuma-

toider Arthritis, Asthma, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa).

Probiotika können hier sehr hilfreich bei der Reduzierung

von Ängsten, Depressionen und anderen Verhaltensstörun-

gen sein. Es gibt viele Hinweise, dass Lactobacillus rhamno-

sus (38) bei der Reduzierung von Ängsten und Depressionen

erfolgreich eingesetzt werden kann. Weniger Hinweise erga-

ben sich für einen Einsatz von Lactobacillus helveticus und

Bifidobacterium longum (39). Pathogene Mikroorganismen,

maskiert als CWDs, könnten als stiller „Bewohner“ im Ver-

lauf der Zeit zu Verhaltensveränderungen führen. Für Sal-

monella typhimurium konnte experimentell gezeigt werden

(40), dass die Bakterien eine negative neurotrope Reaktion

hervorrufen, sogar in Abwesenheit einer Immunreaktion.

Dies gilt auch für Campylobacter spp. (41). Auf diese Weise

können wir beobachten, dass dieselben afferenten Bahnen

(Vagusnerv und die dazugehörigen Strukturen) den Stimulus

je nach Bakterientyp (Probiotika oder fakultativ pathogene

Bakterien) selektiv und in unterschiedlicher Weise weiterlei-

ten, was zu einer Aktivierung, auch ohne einen manifesten

Entzündungzustand, führt (42). Der Vagusnerv ist nicht der

einzige Weg für eine Verhaltensänderung durch das Darm-

system. Auch hormonelle Aspekte spielen dabei eine relevan-

te Rolle (43). Eine hormonelle Aktivierung wird vermutlich

durch Enteropeptide, welche von enteroendokrinen Zellen

produziert werden, ausgelöst. Diese Enteropeptide wirken

auf die Area postrema ein (die Area postrema ist ein zirkum-

ventrikuläres Organ am kaudalen Ende der Rautengrube).

Sie enthält Chemorezeptoren und gehört zum Dorsal Vagal

Complex (DVC), zusammen mit dem Nucleus dorsalis nervi

vagi und dem Nucleus tractus solitarii. Die Enteropeptide sind

(neben ihrer Funktionen bezüglich der Nahrungsaufnahme

und Stoffwechsel) beteiligt am Schlaf-Wach Rhythmus, Se-

xualverhalten, Erregung und Furcht (44). Zu den wichtigsten

Peptiden mit einer Verbindung zum Darmtrakt gehören Ga-

lanin, Ghrelin, Peptide des Pankreas (wie z. B. Neuropeptid Y,

das pankreatische Hormon, kurz PP) und Leptin. Die Ente-

ropeptide sind beteiligt an der Stressregulation und bei der

Modulation der Stimmungslage. Vermutlich verändert eine

gestörte Mikrobiota die Nährstoffaufnahme im Darm und

in den betroffenen Gebieten kommt es ebenfalls zu einer

veränderten Freisetzung der Enteropeptide. Darüber hinaus

kommt es, aufgrund einer veränderten Immunantwort bei

einer Dysbiose, zur Bildung von Autoantikörpern (IgA und

IgG) gegen Enteropeptide, was vermutlich pathologisch eine

wichtige Rolle spielt. Kommensale und pathogene Mikroor-

ganismen bedienen sich beide der molekularen Mimikry und

bilden mikrobielle Proteine, welche analog zu den Entero-

peptiden sind. Dadurch kann ein direkter neurotropher Ef-

fekt und eine Autoimmunreaktion ausgelöst werden (45).

Wenn man bedenkt, wie viele Symbioten den menschlichen

Körper bewohnen (incl. der CWD-Formen bei Bakterien und

Pilzen), so kann die Balance schnell gestört werden, wenn

sich das Milieu zugunsten proinflammatorischer Elemente

(Azidität/ hohe Basizität der extrazellulären Matrix, Hypoper-

fusion des Gewebes, freie Radikale, anhaltende Chemothe-

rapie) verschiebt. Diese lösen eine Überlebensreaktion der

Mikroorganismen aus, wodurch sich aus apathogenen pa-

thogene Mikroorganismen entwickeln oder sich ihr entzünd-

liches Potential ändern kann. Im Jahr 1967 publizierte Dr.

Lynn Margulis (1938 – 2011) von der Boston Universität (46)

ihre Ergebnisse zur Endosymbioten-Theorie, welche in den

80er Jahren bestätigt wurde: Mitochondrien haben einen

bakteriellen, symbiotischen Ursprung. Basierend auf der An-

nahme, dass der Mensch wie ein Kulturmedium für die Bak-

terien ist, veröffentlichte Dr. Margulis ihre Forschungsergeb-

nisse, welche jene, die mit der Theorie des Pleomorphismus

vertraut sind, bereits kennen. Dieser wurde zeitgleich von

Lida Mattmann (1912 – 2008) und in der Vergangenheit von

Antoine Béchamp (1816 – 908), Wilhelm Reich (1897 – 1957)

und Günther Enderlein (1872 – 1968) entdeckt. Lynn Mar-

gulis betont die fundamentale Rolle der CWDs (oder Sphä-

roplasten) von Spirochäten für ein Ungleichgewicht des

Immunsystems, Stimmungsschwankungen und Verhalts-

veränderungen (47). Dank ihrer Laborerfahrungen und der

zahlreichen Nachweise einiger, vor allem russischer Forscher,

J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

ERNÄHRUNG UND AK · MIKROBIOM UND NEUROPSYCHIATRISCHE ERKRANKUNGEN

36

warnt Lynn Margulis uns vor den symbiotischen Zyklen der

Spirochäten im Menschen, welche nicht leicht nachzuweisen

sind. Treponema (T.) pallidum, gemäß molekularer Mimikry,

produziert Proteine, welche eine Autoimmunantwort (gegen

Fibronektin und Kollagen) auslösen. Dieser Mechanismus ist

häufig die Grundlage für die Aufrechterhaltung und Chroni-

zität der Entzündung (48). Im Verlauf der Zeit haben die Spi-

rochäten nach unzähligen symbiotischen Zyklen Anteile ihres

genetischen Materials zugunsten einer echten funktionellen

Symbiose abgegeben (T. pallidum und Borrelia (B.) burgdor-

feri wurden von einigen Nebenprodukten des humanen Ge-

noms abhängig) nebst der Präsenz einiger extremer Formen,

sogenannter „virus-ähnliche Partikel“ (virus-like particles)

welche eine reverse Trankriptase synthetisieren können (als

Bestandteil der Beziehung zwischen Erreger und Wirt). Die

genannten Formen werden von Generation zu Generati-

on weitergegeben. Die Spirochäten haben (genau wie die

Mitochondrien) zur Evolution der eukaryotischen Zelle bei-

getragen, indem sie der Zelle die Motilität des Zytoskeletts

ermöglicht haben (49). Nach belastenden Ereignissen (Anti-

biotika, Oxidierung, Nährstoffdefizit, inadäquate Konzentra-

tion von Vitaminen und Mineralsalzen, Proteaseinhibitoren,

wie z. B. in der HIV Therapie) verändert sich das Milieu in

einer unvorteilhaften Weise, die Spirochäten können L- oder

CWD Formen ausbilden. Die letztere erscheint, in extremen

Phasen, mit Symptomen, welche einer Immunsuppression

und AIDS ähneln und sie können demenz-ähnliche Symp-

tome (welche Alzheimer und Verhaltensauffälligkeiten äh-

neln) auslösen. Alle oben genannten Symptome können Sie

in alten Büchern über Syphilis und ihre Symptome nachlesen.

Unglücklicherweise werden diese Symptome selten in die-

sem Zusammenhang diagnostiziert (es sei denn, es kommen

Zweifel von jemanden auf, der die Zusammenhänge erkennt

und in einer Klinik arbeitet, wo CWDs auch nachgewiesen

werden können). Im Fall von Treponema pallidum hat der

unkritische Einsatz von Antibiotika zu einer Verbreitung von

CWDs geführt, welche verschiedenen Symptomen (PARESIS)

zugeordnet werden können. Diese Symptome repräsentieren

ein fortgeschrittenes Stadium der Syphilis: Persönlichkeits-

störungen, Veränderungen der Affektivität, gesteigerte Re-

flexe, Augen- (Eye-) anomalien, intellektuelle Beeinträchti-

gung, undeutliche (slurred) Sprache. Eine Ursache, die zur

Störung des Immunsystems führt, ist laut Margulis die Sti-

mulierung von Treponema spp., wodurch opportunistische

Infektionen, wie z. B. eine Kandidose ermöglicht werden.

Im Fall von Borrelia (B.) burgdorferi kann man ähnliche Zu-

stände wie bei Treponema spp. beobachten, die CWDs von

B. burgdorferi führen häufig zur Ausbildung von periphe-

ren Affektionen (Erythema migrans, Hautentzündungen,

Gelenkschmerzen), welche typisch für die Lyme-Borreliose

sind, aber auch bei neurologischen Affektionen (Überträ-

ger der Erkrankung sind Zecken der Gattung Ixodes). Laut

einiger Forscher wird die Lyme-Borreliose durch mehr als

einen mikrobiellen Erreger, in einer Art „Partnerschaft“,

verursacht, Borrelia spp. ist eine davon (50). Das Ziel die-

ser “Partnerschaft“ ist die Deaktivierung des Vitamin D

Rezeptors (VDR; der VDR hat eine Schlüsselrolle bei der

Aktivierung des angeborenen Immunsystems (51). Eine

Neuroborreliose (52) zeigt in der akuten Phase häufig keine

typischen pathognomischen Symptome, aber heftige Kopf-

schmerzen, Nackenschmerzen und radikuläre Schmerzen.

Eine Fazialislähmung kann ein- oder beidseitig auftreten.

Ein Teil der betroffenen Patienten kann eine Myelitis und

eine Enzephalitis entwickeln. Von gesellschaftlicher Bedeu-

tung sind subakute oder späte Ausbrüche der Erkrankung.

Aufgrund des häufigen Vorkommens von CWDs (53), gibt

es keine korrekte Diagnose. In diesen Fällen findet sich

eine subakute Enzephalopathie mit Gedächtnisverlust und

Wortfindungsstörungen, Schlafstörungen, Myalgien, Miss-

empfindungen, Depressionen, psychotische Störungen,

Alzheimer (54) bis hin zu Multipler Sklerose (55) und Amyo-

tropher Lateralsklerose (ALS). Bei Kindern manifestiert sich

die Erkrankung als widersetzliches Verhalten, Angststörun-

gen und ADHS (56).

Brucella (B.) melitensis, bzw. Brucella spp. sind ebenfalls in

der Lage, Borrelia-ähnliche Symptome im ZNS hervorzuru-

fen. Es gibt verschiedene Brucella-Arten, die wichtigsten

humanpathogenen Arten sind B. melitensis, B. suis und B.

abortus, wobei B. melitensis und B. abortus die Mehrheit der

Infektionen im Menschen hervorrufen. Sie können innerhalb

von Makrophagen überleben und die Hauptinfektionsquel-

len sind Milch, infizierte Milchprodukte oder der Kontakt mit

Tieren (Schafe, Ziegen, Rinder, Nagetiere, Hunde und Pfer-

de). Die ZNS-Symptome sind Demenz, Meningitis und peri-

phere Neuropathien (57). Psychiatrische Erkrankungen (u.a.

mit visuellen und auditiven Halluzinationen (58)) sind ebenso

häufig wie Multiple Sklerose und Amyotrope Lateralsklerose

(59) bis hin zu Fällen mit dem Guillain-Barré-Syndrom (60).

Das chronische Erschöpfungssyndrom (CES) ist häufig mit

der Infektion assoziiert, aber es wird so gut wie nie eine dif-

ferenzierte Diagnostik durchgeführt. Wegen der guten Aus-

breitung und der Beschwerdesymptomatiken wurde erwo-

gen, Brucella melitensis zur Entwicklung biologischer Waffen

einzusetzen (61).

B A N D 5 · A U S G A B E 3 · J A H R G A N G 2 0 1 7

ERNÄHRUNG UND AK · MIKROBIOM UND NEUROPSYCHIATRISCHE ERKRANKUNGEN

37

In Anbetracht der Tatsache, dass Mikroorganismen Verhalts-

störungen und ZNS Erkrankungen auslösen können, ist es

wichtig, auch Viren, intrazelluläre Bakterien und Protozoon

zu berücksichtigen. Schizophrenie ist häufig assoziiert mit

den Herpes Simplex Viren (HSV) 1 (62) und 2 (63) (ebenso

das Borna Virus; das humane endogene Retrovirus ist asso-

ziiert mit Multipler Sklerose; Infektionen mit Chlamydophila

pneumoniae, Chlamydophila psitacci und Toxoplasma gondii)

(63). Kinder von Müttern, bei denen während der Schwan-

gerschaft eine Infektion mit HSV2 nachgewiesen wurde, ha-

ben ein 6fach erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Schi-

zophrenie (64) als Kinder von nicht erkrankten Müttern (dies

gilt auch für Infektionen mit Toxoplasma gandii und Borrelia

spp.). Generell können Infektionen mit Parasiten, besonders

bei subklinischen Infektionen, mit psychiatrischen Sympto-

men beginnen (Giardia lamblia, Ascaris lumbricoides, Trichi-

nella spp.).

Aufgrund der klinischen Erfahrungen in den letzten Jahren,

möchten wir Ihre Aufmerksamkeit auf einige TLRs (Toll Like

Rezeptor) lenken, welche in die Antwort des angeborenem

Immunsystems gegen die oben beschriebenen Erreger, in-

volviert sind. Diese Überlegungen sind die Grundlage für

die Wahl des isopathisch-immunmodulatorischen Therapie-

systems. Bei Infektionen mit Brucella spp. sind überwiegend

TLR2 und TLR4 involviert (65; 66), ebenso bei Infektionen mit

Treponema spp. (67) und teilweise (TLR2) auch bei Infektio-

nen mit Borrelia burgdorferi (68; 69). Derselbe TLR2 ist eine

Schlüsselstelle für die Verbreitung einer HSV1 und HSV2 In-

fektion, ebenfalls ins ZNS (70; 71). Patienten, die eine HSV2

Meningitis entwickeln, scheinen eine Prädisposition für eine

überschießende Immunantwort aufzuweisen (welche regu-

liert werden muss), diese ist bedingt durch eine erhöhte Pro-

duktion von IFN-a (Alpha-Interferon) nach einer Stimulation

des TLR2 (72). TLR2 spielt jedoch auch eine zentrale Rolle

beim Schutz vor Protozoon, teilweise auch vor Toxoplasma

gondii (73).

Aufgrund des umfangreichen Themas, werden nur noch zwei

Mikroorganismen, die eine relevanten, klinischen Einfluss ha-

ben, vorgestellt. Die ersten Mikroorganismen gehören zur

Gattung Streptococcus (S.) und im speziellen handelt es sich

um b-hämolysierende S. pyogenes der Gruppe A (GAbHS).

Die GAbHS scheinen für den Ausbruch von PANDAS verant-

wortlich zu sein. PANDAS ist das Akronym von “pediatrische

autoimmune-neuropsychiatrische Erkrankungen (Disorders)

assoziiert mit Streptokokkeninfektionen”. Dieser Ausdruck

wurde geprägt von Swedo et al. 1998 (74). Die Gestalt von

GAbHS in PANDAS ist kugelförmig, nicht beweglich, gram-

positiv und GAbHS sind eine der Hauptursachen einer aku-

ten Pharyngitis im Kindes- und Jugendalter. Es ist nicht ganz

klar, welche Serotypen in PANDAS involviert sind (die Ober-

flächenproteine M und T prägen viele verschiedene Seroty-

pen). Zu Beginn kommt es normalerweise zu pharyngalen

Symptomen, denen andere, seltsame Symptome folgen, wie:

Zwangsstörungen, motorische Tics (75) und, in manchen Fäl-

len, bis hin zum Tourette-Syndrom (76). Molekulare Mimikry

scheint der Hauptmechanismus zu sein, wobei es zu einer

T-Zell vermittelten Immunantwort gegen zerebrale Lyso-Gan-

gliosideGM1 kommt (77).

Unabhängig von der gegenwärtigen wissenschaftlichen De-

batte muss betont werden, dass GAbHS als Auslöser be-

stimmter Erkrankungen angesehen werden, insbesondere

bei Patienten mit einer erhöhten Sensitivität. Diese Sensiti-

vität zeigt sich häufig durch eine gegenwärtige oder frühere

Episode eines rheumatischen Fiebers (auch in der Familien-

krankengeschichte präsent) (78). In PANDAS Fällen zeigen

die Kinder für gewöhnlich ein ritualisiertes Verhalten. Dies

repräsentiert die Art und Weise, wie die Kinder versuchen

ihre erlebten Zwangsvorstellungen zu bewältigen (wie z. B.

die Vorstellung eines Kindes, dass es beim Zähne putzen

mehrmals täglich immer genau 10 x bürsten muss, um zu

verhindern, dass die Eltern vom Wind weggeweht werden).

Jeder Arzt (besonders Pädiater und Psychiater) sollte geschult

werden, wie diese Erkrankung diagnostiziert wird. Denn in

der Realität wird sie häufig nicht- oder fehldiagnostiziert.

Die letzte zu erörternde Gattung ist Kandida, welche patho-

gen für den Menschen ist. Unter ihnen ist Candida (C.) albi-

Therapieschema Kandidose

ALBICANSAN® D5 Tropfen 1 x 10 tgl.,

PEFRAKEHL® D5 Tropfen 1 x 10 tgl. und

SANUKEHL® Cand D6 Tropfen 1 x 10 tgl.

für mind. 1 – 2 Monate.

Bei einer Genitalmykose zusätzlich:

EXMYKEHL® D3 Zäpfchen 1 x 1 tgl. für

mind. 10 Tage.

Generell: Ernährungsumstellung, ggf. Verände-

rung der Lebensgewohnheiten

J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

ERNÄHRUNG UND AK · MIKROBIOM UND NEUROPSYCHIATRISCHE ERKRANKUNGEN

38

cans die am meisten verbreitet Art (dann folgen C. tropicalis,

C. glabrata, C. krusei, C. parapsilosis, C. dubliniensis und C.

lusitaniae).

Auch bei Candida spp. kommen CWDs neben der klassi-

schen Form vor und solange eine gute systemische Balance

vorliegt, kommt es zu keiner Proliferation. Während einer

Dysbiose und begünstigenden Bedingungen kann es bei

den Candida spp. zur Hyphenbildung kommen (welche häu-

fig die Mukosa des Dünndarms infiltrieren). Auf die ätiolo-

gischen Faktoren und den Invasionsmechanismus kann an

dieser Stelle leider nicht eingegangen werden, aber auf-

grund des Schweregrads der weitverbreiteten Infektion ist

es unerlässlich daran zu erinnern, dass eine Intoxikation mit

Schwermetallen, Antibiotika, invasive Therapien oder Che-

motherapien, das Essen von einfachen Zuckern, Milchpro-

dukte und ein stressiger Lebensstilsind einige der Hauptfak-

toren sind, die eine pathogene Transformation der Candida

spp. begünstigen. Quecksilber und andere Schwermetalle

sind ein unbemerkt schwächender Umweltfaktor, welcher

zu einer Dysbiose führt. In der Anwesenheit von Quecksil-

ber können Candida spp. besser wachsen als andere Mik-

roorganismen, indem sie das Quecksilber chelatieren, ein-

lagern und in organisches Quecksilber (Methylquecksilber)

umwandeln (79; 80). Daher muss die wichtige Rolle von

Eisen für die Transformation von pathogenen zu apatho-

genen Candida spp. betont werden. Dabei wird das Eisen

durch Mizellenbildung gespeichert (81; 82; 83). Dr. Truss

nahm bereits 1978 an, dass Infektionen mit Candida spp.

weit verbreitet waren und dass es im Rahmen einer Infek-

tion zu systemischen, allergischen Reaktionen zusammen

mit mentalen und neurologischen Effekten kommen könn-

te (84). Seitdem hat unser Wissen deutlich zugenommen,

auch wenn der Fokus noch immer mehr bei Vaginalmyko-

sen (gefolgt von den Darmmykosen) liegt und nicht bei den

Effekten auf das ZNS, welche zu einer Verhaltensänderung

führen können. Trotz der mangelnden Verbreitung dieses

Wissens wurde der Zusammenhang zwischen Depressionen,

Serotonin und einer Kandidose mehrfach nachgewiesen;

z. B. durch die Tatsache, dass Antidepressiva, welche die

Serotoninaufnahme verhindern zu einem Verschwinden der

Schleimhautentzündung führen (85). Die Verbindung zwi-

schen Candida spp. und Serotonin konnte in vivo (86) und

in vitro gezeigt werden. Dabei reduziert das Serotonin die

Virulenz der Candida spp. (87). Candida spp. verursachen

einen Tryptophanmangel (88) während der Infiltration des

Dünndarms, sind beteiligt an der Entwicklung eines Leaky-

Gut-Syndroms und verursachen eine Reduzierung des ente-

rischen Serotoninspiegels (welcher toxisch für Candida spp.

ist). Zusätzlich kommt es zu einem Anstieg von Ammoniak,

welcher von Candida spp. produziert wird. Ammoniak kann

eine encephalopathische Wirkung haben.

Symptome, die im Zusammenhang mit dem ZNS stehen sind:

Fatigue, Kopfschmerzen, prämestruelles Syndrom, Depres-

sionen, Restless Legs Syndrom, Nervosität, Hyperaktivität,

Verwirrtheit und Desorientierung, Schwierigkeiten, Entschei-

dungen zu treffen, Gedächtnisverlust und Autismus (89). Die

Behandlung einer Kandidose bei autistischen Kindern (beson-

ders in Kombination mit einer Hyperaktivität) führt zu einer

deutlichen Verbesserung von Stimmung und Verhalten, wel-

che sich (je nach Fall) in einer Öffnung gegenüber Beziehun-

gen und Interaktionen mit Anderen äußert.

Eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen ist, dass ent-

stehendes Ammoniak frei wird für eine Reaktion mit Pro-

pionsäure, welche sich im Darmtrakt befindet (teilweise in

größeren Mengen, da Propionsäure auch als Lebensmittel-

zusatzstoff verwendet wird). Dadurch kommt es zur Bildung

von b-Alanin. b-Alanin kann die Blut-Hirn-Schranke über-

winden, wo es als GABA-Rezeptorantagonist agiert und zu

einem stabilen Anstieg des zirkulierenden GABA führt (dies

konnte bereits nachgewiesen werden), wodurch autistisches

Verhalten gefördert wird (90). Zu den Lebensmittelzusatz-

stoffen, die Proprionsäure enthalten, gehören E280, E281,

E282 und E283.

Fazit und therapeutischer Ansatz:Wenn man einen isopatischen und immunmodulieren-

den therapeutischen Ansatz wählt, kann man das phy-

siologische System wieder ins Gleichgewicht bringen,

wobei so wenig wie nötig in die körpereigenen Repa-

ratursysteme eingegriffen wird.

Ein Schwerpunkt bei der Behandlung von Verhaltens-

störungen und Erkrankungen des ZNS ist es, den Zu-

stand des Gastrointestinaltrakts zu überprüfen und

dann zu stabilisieren. Unsere Erfahrungen haben ge-

zeigt, dass bei den Patienten bislang nie ein optimal

funktionierender Verdauungstrakt in Verbindung mit

einer psychischen oder neurologischen Erkrankung

gefunden wurde. Eine weitere Erfahrung ist, dass sub-

jektive Angaben bezüglich des Wohlbefindens und der

B A N D 5 · A U S G A B E 3 · J A H R G A N G 2 0 1 7

ERNÄHRUNG UND AK · MIKROBIOM UND NEUROPSYCHIATRISCHE ERKRANKUNGEN

39

Funktionalität stets hinterfragt werden müssen. Gibt es

eindeutige Symptome, müssen diese weiter abgeklärt

werden, z. B. in speziellen Laboren, welche klassische,

pathogene Formen aber auch CWDs nachweisen kön-

nen. Auf diese Weise kann eine spezifische Therapie

durchgeführt werden. Die Ernährung muss angepasst

werden, damit die Proliferation pathogener Formen

vermieden wird und proinflammatorische Elemente

neutralisiert werden können. Dabei darf die Aufmerk-

samkeit nicht nur auf den Säure- bzw. Basengehalt

der Lebensmittel gerichtet werden, der glykämische

Index der Lebensmittel muss ebenfalls berücksichtigt

werden. Eine besondere Aufmerksamkeit bedarf die

Betrachtung der emotionalen und der kognitiv-emo-

tional-affektiven Balance, sowie der körperlichen und

äußeren Umstände des Patienten. Obwohl dieser An-

satz häufig verspottet wird, ist er doch grundlegend

bei der Behandlung von PANDAS (91), um die individu-

elle Gesundheit des Patienten zu fördern. Im Falle von

PANDAS verschreiben wir hauptsächlich SANUKEHL®

Strep D6 Tropfen mit einer variablen Dosierung (2 x 5

tgl. bis zu 5 – 6 x 5 tgl.), entsprechend dem Beschwer-

debild des Patienten. MUCEDOKEHL® (eine gute Wahl,

wenn Angstörungen Bestandteil des klinischen Bildes

sind) wird diesen Patienten häufig verschrieben. Die

eingesetzte Dosierung schwankt dabei zwischen 1 x 10

und 3 x 10 Tropfen täglich.

Unabhängig von der Symptomatik empfehlen wir zu-

nächst hinsichtlich einer schweren intestinalen Dysbi-

ose zu untersuchen und ob eine Kandidose oder eine

Infektion mit Protozoen vorliegt. Candida spp. zeigen

normalerweise viele Symptome (s. o.) und normaler-

weise können Candida spp. bei degenerativen ZNS

Erkrankungen, als auch bei Autismus, Epilepsie oder

ähnlichen irritativen Syndromen nachgewiesen wer-

den. Bei allen vorgestellten Fällen verfahren wir in

ähnlicher Weise, Abweichungen ergeben sich durch

individuelle Umstände. Bei einer Kandidose wird nor-

malerweise das klassische SANUM-Therapieschema

eingesetzt. Im Falle von Depressionen oder depressiven

Verstimmungen, Alzheimer, Psychosen und allen wich-

tigen neurologischen Erkrankungen, die nicht vaskulär

bedingt sind, empfehlen wir, parallel zur bestehenden

Therapie, den Einsatz von SANUKEHL® Brucel. In sol-

chen Situationen lässt sich normalerweise eine Betei-

ligung einiger der oben beschriebenen Mikroorganis-

LiteraturDie Literaturliste kann bei der JPAK- Redaktion angefordert

werden. Die SANUM-Post Redaktion in der dieser Artikel die-

ses Jahr bereits erschienen ist hat sie freundlicherweise zur

Verfügung gestellt

Anmerkung der Redaktion:Die Publikation erfolgte mit freundlicher Genehmigung von:

IMO S.p.A.,Via Firenze, 34

20060 Trezzano Rosa (MI), Italy

Dieser Artikel wurde bereits in der folgenden Zeitschrift pub-

liziert: OMEOPATIA OGGI, Rivista semestrale a cura del CSOA

anno 23, N.49, Febbrario 2013

Autorenkontakt:Maurizio ItalianoPresidente del Centro Studi La Ruota – Mailand, Italien / MD, MFHom, [email protected]

men nachweisen (Spirocheten oder Brucella spp.). Wir

können dies bestätigen und in mehreren Fällen konn-

ten die CWDs auf spezifischen Kulturmedien isoliert

werden (92). SANUKEHL® Brucel D6 Tropfen werden

als Isopathikum oder (bei Infektionen mit Borrelia spp.

und Herpes simplex) als Immunmodulator eingesetzt,

da es eine Antwort des involvierten TLR auslöst. Die

empfohlene Dosierung (welche in jedem Fall individu-

alisiert werden muss) ist normalerweise 3 x 5 Tropfen

täglich über einen Zeitraum von nicht weniger als zwei

Monaten. Bei Demenz und chronischen Erkrankungen

empfehlen wir eine Wiederholung des Therapiesche-

mas mit einer einmonatigen Pause in welcher die klini-

sche Reaktion beobachtet werden, um ggf. das Thera-

pieschema anzupassen.

J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

S E RVICE · KURSKALENDER 2018 SERV ICE · VORANKÜNDIGUNGEN / SONDERV ERANSTALT UNGEN

40

KURSE JANUAR BIS SEPTEMBER 2018 DATUM DOZENT/IN SEMINARORT ANMELDUNGJANUAR 2018 AK-CMD: Kraniomandibuläre Dysfunktion 12.-13.01.18 Angermaier Berlin AK-Zahnmedizin

AK-GS: Metabolische Störungen und IRT 12.-13.01.18 Weiss Rechenberg Dr. Weiss

AK-Modul 3: AK-GS: Metabolische Störungen und IRT 12.-14.01.18 Becker Hannover A.I.M.

AK-CMT: Craniomandibuläre Therapie 20.-21.01.18 Meierhöfer E. & R. Schwabach Dr. Meierhöfer

AK-Akupunktur und IRT 26.-28.01.18 Bruck Bremen FobiZe

AK-Einführung und IRT 27.01.2018 Balk München FiHH

AK-GS: Metabolische Störungen und IRT 28.-29.01.18 Balk München FiHH

AK-M1: Wirbelsäule und Becken, Myofasziale Störungen und 30.-31.01.18 Garten München FiHH IRT, Manuelle Untersuchung integriert (24 UE)

FEBRUAR 2018 AK-Akupunktur und IRT 01.-02.02.18 Garten München FiHH

AK-M1: Wirbelsäule und Becken, Myofasziale Störungen und 02.-04.02.18 Weiss Rechenberg Dr. Weiss IRT, Manuelle Untersuchung integriert (24 UE)

AK-Einführung und IRT 03.-04.02.18 Angermaier Roth AK-Zahnmedizin

Hospitationskurs, Behandlungsstrategiekurs 16.-18.02.18 Garten Hamburg FiHH

Prüfung zum DÄGAK-Diplom 18.02.2018 Garten Hamburg DÄGAK

MÄRZ 2018 NIT (Neuroceptor Impulse Technique) 2 02.-04.03.18 Brunck Köln PCL-Köln

AK-Modul 4: AK-Akupunktur, Repetition und Prüfung 02.-04.03.18 wird nachgereicht Hannover A.I.M.

AK-M2: Kraniosakrales System 08.-09.03.18 Balk München FiHH

AK-Einführung und IRT 09.-10.03.18 Wittmann Nürnberg EAZF

AK-CMD: Kraniomandibuläre Dysfunktion 09.-11.03.18 Balk München FiHH

AK-Akupunktur und IRT 23.-24.03.18 Weiss Rechenberg Dr. Weiss

APRIL 2018 AK-Strategie: Neurologische Dysorganisation, Persistierende 12.-13.04.18 Garten München FiHH Primitive Reflexe, IRT Neurol. Dysorg.

AK-M3: Radikuläre und pseudoradikuläre Störungen 13.-15.04.18 Garten München FiHH

AK-Einführung und IRT 20.04.2018 Balk Heidelberg FiHH

AK-GS: Metabolische Störungen und IRT 21.-22.04.18 Balk Heidelberg FiHH

AK-DS: Dentale Strategien 21.-22.04.18 Angermaier Roth AK-Zahnmedizin

AK-Einführung und IRT 27.04.2018 Garten Hamburg FiHH

AK-M1: Wirbelsäule und Becken, Myofasziale Störungen und 27.-28.04.18 Wittmann Nürnberg EAZF IRT, Manuelle Untersuchung integriert (24 UE)

AK-GS: Metabolische Störungen und IRT 28.-29.04.18 Garten Hamburg FiHH

MAI 2018 AK-M1: Wirbelsäule und Becken, Myofasziale Störungen und 03.-04.05.18 Ginter Heidelberg FiHH IRT, Manuelle Untersuchung integriert (24 UE)

AK-Akupunktur und IRT 05.-06.05.18 Ginter Heidelberg FiHH

AK-HR: Hormonelle Regelkreise 11.-12.05.18 Garten München FiHH

AK-VO: Viszerale Osteopathie 12.-13.05.18 Garten München FiHH

AK-M1: Wirbelsäule und Becken, Myofasziale Störungen und 17.-18.05.18 Garten Hamburg FiHH IRT, Manuelle Untersuchung integriert (24 UE)

AK-Akupunktur und IRT 19.-20.05.18 Garten Hamburg FiHH

AK-Einführung und IRT 19.-21.05.18 Brunck Bremen FobiZe

J U NI 2018 AK-M4: Störungen der oberen Extremität 14.-15.06.18 Balk München FiHH

B A N D 5 · A U S G A B E 3 · J A H R G A N G 2 0 1 7

SERV ICE · KU RSKAL END ER 2 0 1 8 S E RVICE · VORANKÜNDIGUNGEN / SONDERVERANSTALTU NGEN

41

KURSE JANUAR BIS SEPTEMBER 2018 DATUM DOZENT/IN SEMINARORT ANMELDUNGJUNI 2018 AK-M5: Störungen der unteren Extremität 15.-17.06.18 Balk München FiHH

AK-CMD: Kraniomandibuläre Dysfunktion 16.-17.06.18 Angermaier Roth AK-Zahnmedizin

JULI 2018 AK-GS: Metabolische Störungen und IRT 27.-28.07.18 Meierhöfer Nürnberg EAZF

S E PTEMBER 2018 AK-Einführung und IRT 14.09.2018 Garten Hamburg FiHH

AK-GS: Metabolische Störungen und IRT 15.-16.09.18 Garten Hamburg FiHH

AK-M1: Wirbelsäule und Becken, Myofasziale Störungen und 15.-17.09.18 Brunck Bremen FobiZe IRT, Manuelle Untersuchung integriert (24 UE)

AK-M1: Wirbelsäule und Becken, Myofasziale Störungen und 20.-21.09.18 Garten Hamburg FiHH IRT, Manuelle Untersuchung integriert

AK-Akupunktur und IRT 22.-23.09.18 Garten Hamburg FiHH

AK-Einführung und IRT 28.09.2018 Ginter Heidelberg FiHH

AK-GS: Metabolische Störungen und IRT 29.-30.09.18 Ginter Heidelberg FiHH

Psychische Umkehr und IRT – als Referenzbefund mit hoher Priorität Dozentin: Dr. Anita Ginter | 20./21. Januar 2018 | Freiburg Die sogenannte psychische Umkehr ist ein Begriff aus der energetischen Psychologie und bezeichnet Lösungsblockaden oder Therapiehindernisse wie sie häufig nach Trauma auftreten. In diesem Workshop wird der Zugang speziell für AK-Therapeu-ten aufgezeigt und in die Behandlung als wichtigem Befund im Rahmen einer erweiterten Injury Therapie eingeführt. Anita Ginter, Diplomate International Board of Applied Kinesiology, Trainer Energetische Psychologie Level IV, NLP-Practitioner· Mehr Infos: DAEGAK-Webseite, Sonderkurse 2017 · Anmeldung: Dr. Anita Ginter, 0761-7679090, E-Mail: [email protected]

Amalgam-Sonderkurs Dozenten: Dr. Dieter Becker, Dr. Alexandra Wörner | 02.-03.02.2018 | FobiZe, BremenIn diesem Kurs geht es um die Behandlungstrategien und Ausleitungsmöglichkeiten von Amalgam & Schwermetallen. Ver-mittelt werden neben den theoretischen Kenntnissen klassischer Entgiftungsschemata praktische, AK gestützte Tools. Diese ermöglichen eine schnelle und individuelle Patientenführung. · Weitere Infos: www.AK-Seminare.com

AK Sonderkurs – Hormonelle Regelkreise und IRTSeminarleitung Dr. Sabine Werdin | 9. – 11.03.2018 | Fobize BremenHinter vielen Gesundheitsstörungen stehen Dysbalancen im hormonellen System, die oft von Verletzungsmustern verursacht werden.Der Kurs vermittelt AK-Techniken in Verbindung mit der IRT, um Störungen der hormonellen Regulation zu erkennen und effektiv zu behandeln.· Anmeldung: [email protected] · Tel. 0511 3384777

Sonderkurs – NIT 2 Dozenten: Dr. Martin Brunck, Dr. Axel Bergen | 02. – 04.03.2018 | PCL, Köln Der zweite Teil der NIT-Kurse konzentriert sich auf Störungen im Extremitäten und Organbereich. Dieser Kurs kann auch unabhängig vom Kurs NIT 1 belegt werden. · Weitere Infos: www.AK-Seminare.com

Basisdiplom Rechenberg, neu von Januar bis Juni 2018, neuer Kursort: Ilshofen

VORANKÜNDIGUNGEN / SONDERVERANSTALTUNGEN:

ACHTUNG! TERMINVERSCHIEBUNG

J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

S E RVICE · VORANKÜNDIGUNGEN / SONDERVERANSTALTU NGEN

42

ANMELDEADRESSEN TEL EF O N I NTERNET · E- MAI LA.I.M. – Arbeitsgemeinschaft Interdisziplinäre Medizin 0511 - 22 06 66-0 www.aim-ak.de

AK-Seminare - Praxis Dr. Brunck 0511 - 69 65 651 www.ak-seminare.com

Dr. Angermaier 09171 - 85 19 219 [email protected]

DRM 09122 - 73 177 [email protected] oder www.DrMeierhöfer.de

EAZF Europäische Akademie f. zahnärztl. Fort- u. Weiterbildung 089 - 72 480-192 www.eazf.de/service/termine/list.asp?kid=3&tpl=i

FiHH - Das Fortbildungsinstitut in Hamburg 040 - 23 27 05 www.fortbildung-in-hamburg.de/de/AK-Applied-Kinesiology.htm

FobiZe - Fortbildungszentrum 0421 - 62 67 400 www.fobize.de/kurs_detail.php5?kennung=10406010

LZKS 0351 - 80 66 106 [email protected]

Pfaff – Phillipp-Pfaff-Institut 030 - 41 47 25-0 www.pfaff-berlin.de

Prävent Akademie Dortmund 0231 - 29 27 80 21 www.praevent-akademie.de/ak-seminare

VDB Physiotherapieverband Dresden 0351 - 25 49 767 www.vdb-physiotherapieverband.de

Dr. Gerald Weiss 07967 - 70 15 35 www.dr-gerald-weiss.de/ausbildungsprogramm/

Dr. Anita Ginter 0761 - 76 79 090 email: [email protected]

VORANKÜNDIGUNGEN / SONDERVERANSTALTUNGEN: Sonderkurs – Erfolgreiche Therapie in der Praxis mit AK

Dozent: Dr. Gerald Weiss | 6./7.04.2018 | RechbergZusatztermin geplant wegen hoher Nachfrage am 17./18.05.2018Praktisches Herangehen an ein Krankheitsbild im Praxisablauf: Untersuchung, Basisscreening mit AK und Diagnostik, zielfüh-rende Hierarchisierung. Therapeutische Optionen und deren Umsetzung. Bearbeitung praktischer Fälle, auch von Teilnehmern.· Anmeldung: E-Mail: [email protected]

Sonderkurs – IRT 1Dozenten: Dr. Dieter Becker, Dr. Martin Brunck | 13. – 15.04.2018 | FobiZe, BremenDer Kurs „Injury-Recall-Technique 1“ ist ein Strategiekurs zur Diagnose, Einordnung und Behandlung und von alten Ver-letzungsmustern, die die Grundlage von verschiedensten Gesundheitsstörungen sein können. Gelehrt werden die Tools der erweiterten IRT nach Becker und Brunck. · Weitere Infos: www.AK-Seminare.com

Sonderkurs – NIT 1Dozenten: Brunck, Dr. Axel Bergen | 14. – 16.09.2018 | PCL-Köln Die „Neuroceptor-Impulse-Technique“ ist ein manuelles Verfahren, bei dem durch gezielte und sehr schnelle kleine Impulse große Veränderungen in der Physiologie erreicht werden. NIT organisiert und beschleunigt die strukturelle Therapie in der AK, so dass ein hocheffektives Behandlungskonzept entsteht. · Weitere Infos: www.AK-Seminare.com

Sonderkurs – IRT 2 Dozenten: Dr. Dieter Becker, Dr. Martin Brunck | 16. – 18.11.2018 | FobiZe, BremenDer Kurs „Injury-Recall-Technique 2“ baut auf IRT 1 auf und rückt die hormonellen und biochemischen Veränderungen in den Mittelpunkt, die mit chronischen Verletzungsmustern einhergehen. Gelehrt werden diagnostische und therapeutische Strategien in diesem Bereich der erweiterten IRT. · Weitere Infos: www.AK-Seminare.com

Sonderkurs – IRT 1 Dozenten: Dr. Dieter Becker, Dr. Martin Brunck | 15. – 17.12.2018 | FobiZe, BremenDer Kurs „Injury-Recall-Technique 1“ ist ein Strategiekurs zur Diagnose, Einordnung und Behandlung und von alten Ver-letzungsmustern, die die Grundlage von verschiedensten Gesundheitsstörungen sein können. Gelehrt werden die Tools der erweiterten IRT nach Becker und Brunck. · Weitere Infos: www.AK-Seminare.com

B A N D 5 · A U S G A B E 3 · J A H R G A N G 2 0 1 7

SERV ICE · VO RANKÜ ND IGU NGEN / SO ND ERVERANSTALTU NGEN VE RMISCHTES · RÜCKBLICK SOMMERAKADE MI E 2 0 1 7

43

VON MICHAEL SCHEER

Ein Lichtblick im trüben Herbst Rückblick auf die Sommerakademie 2017

Stell Dir vor: Es ist Donnerstag, ein Donnerstagvormittag kurz

vor Mittsommer. Zwischen Bodensee und Schlei, zwischen

Rhein und Oder sind Menschen unterwegs, außergewöhnli-

che Menschen, Menschen mit einem gemeinsamen Ziel: Sie

wollen ihre therapeutische Kompetenz, die ohnehin schon

weit jenseits des Mainstreams anzusiedeln ist, noch weiter

verbessern. Sie sind begierig, ihr Wissen und Können zu trai-

nieren, im Austausch miteinander zu lernen. Und sie sind in

freudiger Erwartung und gespannt, welcher Kollegin und

welchem Kollegen sie diesmal helfen können, den eigenen

Gesundheitszustand auf ein höheres Niveau zu bringen. Mit

anderen Worten: Menschen werden durch gegenseitiges Be-

handeln maßgeblich verändert. Habe ich außerhalb der AK

noch bei keiner Fortbildung so erlebt.

Und natürlich freuen sich alle auf das Wiedersehen, auf die

gemütlichen Abende auf der Terrasse, ob beim Schnucken-

Bräu oder Aperol Spritz, natürlich auch bei Wasser und Apfel-

schorle. Gute Gespräche, Fachsimpelei, ein gehöriger Schuss

Humor und Spaß an der Freud. So war es auch diesmal wie-

der. Einige von uns mussten durch einen kilometerlangen

Stau auf der A7. Doch auch das haben alle überstanden. Zum

fünften Mal fand die Sommerakademie in diesem Jahr schon

statt, ein kleines Jubiläum. Martin Brunck und Dieter Becker

hatten wieder eine Menge Input vorbereitet. In gewohnt hu-

morvoller Art stellten sie ihre neuesten Beobachtungen zum

Thema Injury Recall Technique vor. Erstaunlich, was man noch

so alles finden kann.

Die wichtigsten fachlichen Inhalte in Kürze: IRT 1 und 2 sind durchgeführt über die B&E-Punkte, die Schä-

delnähte, die Blickrichtung, die Spannungszonen paraverte-

bral der HWS. Die hormonellen Aspekte der Verletzungs-

region, insbesondere ein mögliches Pilocarpin-Muster (zur

Erinnerung: das war das mit dem „don’t move me anymore“)

sind abgearbeitet. Eigentlich ist alles erledigt. Und dann fin-

det sich die Injury-Region immer noch aktiv, es lässt sich aber

kein B&E-Punkt mehr finden, den man behandeln könnte.

Was dann?

– Nährstoffe als Co-Stressor testen. Organ-TL als Co-Stressor

testen. Und ganz wichtig: Die Lymphreflexe als Co-Stressor

testen und im positiven Falle: diese behandeln. Die tun dann

ganz schön weh! Verblüffend, am eigenen Leibe zu spüren,

wie die Schmerzhaftigkeit der Lymphreflexe sich in Abhän-

gigkeit vom Kontakt zu einem Co-Stressor ändert. Wohlge-

merkt: Ohne Aktivierung der Injury-Region und Co-Stressor

spürst Du nichts. Mit Aktivierung wird es zur Folter. (Trotz-

dem: Danke an meinen Sparrings-Partner!)

Neurologisches Modell: Über die Behandlung der Lymphre-

flexe im ersten Schritt wird die sympathikovagale Balance

und damit die neuronale Steuerung des betroffenen Organs

wieder hergestellt. Im zweiten Schritt wird das Organ selbst

behandelt, welches durch Spannungen der Faszien in seiner

Funktion gestört ist. Nach Testung erfolgt die Behandlung

in der gefundenen Richtung des Testvektors manuell oder

auch mit Aktivator, wie wir ihn in der NIT kennengelernt

haben. Der nächste Schritt ist die Behandlung der Rippen

und zugeordneten Wirbelebenen, sofern dort durch TL oder

Challenge eine Störung gefunden wurde. Warum die Rip-

pen behandeln? – Nun, die Rippen-BWS-Verbindung liegt

nahe an den Grenzstrangganglien und hat darüber mögli-

cherweise direkte Effekte auf den Sympathikus. Alles klar?

– Es soll noch Injury-Update-Kurse zu diesen Themen geben.

Und wenn das noch nicht reicht: Über Testung des M. su-

praspinatus kann man noch in die Untersuchung des Ge-

hirns und der Hirnnerven einsteigen. Das würde aber hier zu

weit führen. Was ich unglaublich spannend finde: Manche

Psychotherapeuten arbeiten ebenfalls über „Klopfpunkte“,

wenn auch weniger spezifisch als in der Injury-Technik und

der AK. Gleichwohl zeichnet sich hier eine große Schnittmen-

ge ab. Und wir dürfen schon alle sehr gespannt sein auf die

Jahrestagung 2018, wo wir einen maßgeblichen Menschen

aus dem Bereich der energetischen Psychotherapie zu Gast

haben werden.

Ansonsten bleibt zu sagen:

DANKE an Martin Brunck und Dieter Becker für die Sommer-

akademie! Auf Wiedersehen in 2018!

J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

VE RMISCHTES · DÄGAK-JAHRESKONGRESS 2 0 1 7

44

Warum fällt es mir immer so schwer, mich zum Jahreskon-

gress der DÄGAK anzumelden? Jedes Mal wäge ich ab ob es

sich für mich wohl lohnt, die Vorträge zu meinen Themenge-

biet passen und ich etwas für meine Arbeit mitnehmen kann.

Und dann komme ich, wie dieses Mal auch wieder, ganz in-

spiriert und mit vielen neuen Ideen für meinen Praxisalltag

zurück, und die Lust an der Arbeit ist wie erneuert.

Ich habe dann das Gefühl, dass meine Gehirnsynapsen neu

belebt und angeregt sind. Genau das war auch das Thema des

Vorkongresses „Workshops Life Kinetik“. Hier ging es darum,

wie Wahrnehmungsimpulse auf verschiedenen Ebenen kombi-

niert werden können, um das Gehirn mittels nicht alltäglicher

koordinativer, kognitiver und visueller Aufgaben zu fordern.

Der Nutzen liegt in der Anregung neuronaler Lernvorgänge,

die neue Gehirnzellen anbinden und so Konzentrationsfähig-

keit und Leistungsfähigkeit bis hin zu demenziellen Sympto-

men verbessern sollen. Der Workshop war geprägt von viel

praktischem Ausprobieren im gemeinsamen Üben. Freude,

Spaß und eine neue Lust am Scheitern statt am Richtigma-

chen, ließen diesen Nachmittag zu einem kurzweiligen Event

werden, der dennoch sowohl theoretisch wie auch praktisch

den Nutzen dieser Methode erfahrbar werden ließ. Auch die

nächsten beiden Tage mit ihren Vorträgen und Workshops wa-

ren von einem offenen und lebendigen Geist des Austausches

getragen, die einen vielfältigen Einblick in verschiedene Berei-

che der AK Praxis gewährten. So gaben z. B. die beiden Vor-

träge: „Behandlungen von Allergien und Unverträglichkeiten

in der orthopädischen Praxis“ und „AK in der phlebologischen

Praxis – Chancen und Erfahrungen“ interessante Einblicke wie

die AK in beiden Bereichen eingesetzt werden kann. Ich finde

den Mut und die Offenheit beider Vortragenden bemerkens-

wert: Auf der einen Seite die Herangehensweise von Lars Kur-

vin an das wichtige Thema Allergien und Unverträglichkeit,

plastisch geschildert mit Beispielen aus seiner orthopädischen

Praxis –, auch wenn man inhaltlich sicherlich über einige Punk-

te diskutieren könnte. Auf der anderen Seite der Einblick in

eine phlebologische Praxis, und hier insbesondere das Einbe-

ziehen der IRT- Technik mit den erstaunlichen Ergebnissen auf

die Ödeme. Für mich eine echte Bereicherung.

Im weiteren Programm gab es eine gute Mischung aus praxi-

sorientierten und theoretischen Themen, die von den Berei-

chen Neuraltherapie, Pathophysiologie von Metallbelastun-

gen über oralen Galvanismus bis hin zur Posturographie in der

AK-Praxis und dem Myofaszialen Dialog im Akupunktursystem

reichten (um nur einige zu nennen). Auch die Vorträge nicht

AK-praktizierender Ärzte über die Effekte der Neuraltherapie

auf das vegetative Nervensystem, sowie die Asymmetrie im

Säuglingsalter waren qualitativ hochwertig und höchst infor-

mativ. Dieter Beckers Updates mit seinen neuen Aspekten der

Injury-Arbeit sind ebenfalls immer wieder höchst spannend

und repräsentieren den unermüdlichen Geist, diese Methode

und die AK fortwährend weiterzuentwickeln.

Wieder viel gelernt Bericht vom DÄGAK-Kongress in Ludwigsburg im Oktober 2017

VON MANFRED MORITZ

B A N D 5 · A U S G A B E 3 · J A H R G A N G 2 0 1 7

V ERMISCH TES · DÄGAK-JAHRESKO NGRESS 2 0 1 7

45

Ich halte auch die Aufteilung des Programms und dabei die

Möglichkeit an beiden Tagen sein Wissen neben den Vorträ-

gen in längeren Workshops zu vertiefen für ein gelungenes

Format dieses Kongresses. So gaben mir die beiden Work-

shops bei Hans Garten über „Exposure based treatments“

und bei Anita Ginter über „Psychische Umkehr und IRT“

nochmals wichtige Informationen und Impulse für die Be-

handlung der dritten Stufe der IRT.

Abschließend kann ich so ein wirklich positives Resümee

über diesen Kongress ziehen, der mich, wie anfangs schon

erwähnt, auf vielfältige Art und Weise angeregt und berei-

chert hat. Besonders herausstellen möchte ich hier außer-

dem noch den wirklich offenen und freundlichen Umgang

der Teilnehmer miteinander. Ich fühle mich als Physiothera-

peut hier auch mit den ärztlichen Kollegen als Gleicher unter

Gleichen und habe persönlich keinerlei Standesdünkel erlebt.

Dieser offene, wertschätzende und vorurteilsfreie Umgang

miteinander und die Atmosphäre des gemeinsamen Lernens

und Austauschens habe ich in vielen Gesprächen erfahren.

Das macht für mich die Besonderheit der DÄGAK Kongresse

aus. So kann ich nur jedem empfehlen sich das Datum des

nächsten Kongresses in seinen Terminkalender zu schreiben:

Braunschweig, 19. – 21.10.2018.

J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

VE RMISCHTES · BUCHBESPRECHUNGEN

46

Sy Montgomery

Rendezvous mit einem Oktopus

• Gelesen von Anita Ginter

Dieses Buch ist eine Reise in

die Welt der Ozeane, aber

mehr noch zu Kreaturen, die

zu den wohl erstaunlichs-

ten, schlauesten und emp-

findsamsten Bewohnern der

Meere zählen. Diese Tiere

gehören offiziell zur Ord-

nung der Kraken, sind also

Mollusken und gehören zur

Gattung der Oktopusse, den

„Tieren mit acht Füßen“. Die

Geschichten und Ausfüh-

rungen von Sy Montgomery

bringen die üblichen Ansich-

ten, die wir über diese Tiere haben, ordentlich ins Wanken.

Die bekannte amerikanische Autorin und Naturforscherin hat

sich intensiv und mit sehr viel persönlichem Einsatz diesen

fremdartigen Wesen angenähert. Sie zeichnet ein komplett

neues Bild dieser Ausnahmetiere:

Oktopusse sind extrem schlau, empfindsam, verspielt, aben-

teuerlustig, sie bersten vor Neugier Neues zu lernen Sie kön-

nen Beziehungen auch zu Menschen eingehen, abgesehen

von den erstaunlichen Fähigkeiten zur Anpassung an ihre

Umgebung. Diese Achtbeiner leben wild und gefährlich von

der ersten Sekunde ihres leider sehr kurzen Daseins, das

schließlich in der Fortpflanzung seine Erfüllung findet.

Buchbesprechungen Mit diesem Buch lernt man gleichzeitig ein fremdes Ner-

vensystem kennen, das zugleich doch so eng mit unserem

verwandt scheint, dass es viele bisher gesetzte Kategorien

durcheinanderwirbelt. Haben Kraken sogar ein Bewusstsein?

Mit Humor und viel detailreicher Sachkenntnis lässt uns die

Autorin an ihrer sehr persönlich berührenden Auseinander-

setzung mit diesen Wesen teilhaben.

Für den einen oder anderen Winterabend entführt das Buch

in diese faszinierenden Unterwasserwelten und ist daher nur

zu empfehlen.

Michael Bohne und Claudia Reinicke

Klopfen mit Kindern Gemeinsam mit PEP gegen Stress und für mehr Selbstvertrauen

• Gelesen von Anita Ginter

In diesem Buch berichtet die Autorin sehr praxisnah und,

wahrscheinlich auch über weite Strecken aus eigener Er-

fahrung, von der Entlastung konfliktreicher Situationen

des Lebens mit Kindern. Ob es um das Schreibaby, Ängste

beim Kind, die Meisterung

schwierig empfundener

Übergänge wie den Eintritt

in Kindergarten oder Schu-

le, schlechte Noten und

Mobbing, oder auch nur um

die Bewältigung des eige-

nen schlechten Gewissens,

es als Mutter oder Vater

nicht besser hinbekommen

zu haben, geht: Die Klopf-

techniken aus der energeti-

schen Psychologie können

Sy Montgomery

Rendezvous mit einem OktopusGebunde Ausgabe, 336 Seiten mit Abbildungen

MARE Verlag, 2017

ISBN: 3866482655

28,00 €

Michael Bohne und Claudia Reinicke

Klopfen mit Kindern Gebunde Ausgabe, 160 Seiten

Urania Verlag, 2016

ISBN: 978-3-451-66054-2

19,99 €

B A N D 5 · A U S G A B E 3 · J A H R G A N G 2 0 1 7

V ERMISCH TES · BU CH BESP RECH U NGEN

47

in all diesen Situationen zur emotionalen Entlastung beitra-

gen. Ob das beschriebene Miteinbeziehen weiterer Perso-

nen wie Erzieherinnen usw.

in der beschriebenen Weise

funktioniert, hängt neben

vielen weiteren Faktoren

sicher stark vom eigenen

diplomatischen Geschick ab

und ist vielleicht nicht ganz

so einfach wie beschrieben.

Die in belastenden Situati-

onen oft auftretenden Lö-

sungsblockaden, auch als

psychische Umkehrungen

bezeichnet, werden dabei

ebenfalls sehr ausführlich

und praxisnah behandelt.

Das Prinzip der Selbstannahme hilft hier die notwendi-

ge Dynamik entstehen zu lassen: Auch wenn … liebe und

akzeptiere ich mich so wie ich bin. Der Autorin gelingt es

sehr einfach und dennoch fundiert die wichtigsten Grun-

delemente zum Gelingen der vorgestellten Vorgehenswei-

sen darzustellen. Interessant ist auch ihre Beobachtung,

dass viele Kinder die Klopftechniken rasch zu ihrem eigenen

Selbsthilfe-Werkzeug machen, sobald sie einmal deren ent-

lastende Wirkung erfahren haben.

Das Buch ist eines in einer ganzen Reihe von Büchern zur

prozess- und embodimentfokussierten Psychologie, einer

Coaching- und Therapierichtung, die aus der energetischen

Psychologie hervorgegangen ist. Dabei wurden der vorher

obligatorische Muskeltest, sowie die energetischen Wirkhy-

pothesen entsorgt, um die Methode in der konventionellen

psychotherapeutischen Welt kompatibler zu machen. Die

bekannten und bewährten Akupunkturpunkte der energe-

tischen Psychologie wurden jedoch ebenso wie viele ener-

getischen Techniken unverändert übernommen. Für erfah-

rene AK AnwenderInnen ist der Muskeltest im Sinne eines

ideomotorischen Signals als sehr nützliches Instrument für

solche Prozesse weiter nutzbar und ehrlich gesagt: „Auch

wenn ich immer noch an die spezifische Wirkung von Aku-

punkturpunkten glaube luaimswib (liebe und akzeptiere ich

mich so wie ich bin)“

Helen MacDonald

H wie Habicht / Originaltitel: H is for Hawk Taschenbuch, 416 Seiten

Ullstein Verlag, 2016

ISBN-13: 9783793422983

12,00 €

Helen MacDonald

H wie Habicht

• Gelesen von Anita Ginter

Dies ist kein süßliches Buch über vermenschlichte Tierbezie-

hungen. Dieses Buch ist ein Hammer! Entstanden aus der Si-

tuation des Todes ihres geliebten Vaters und ihrer von Kindes-

beinen an spürbaren Leidenschaft für jagende Vögel, nimmt

die Autorin ihre Leser mit in den radikalen Selbstversuch ihres

ersten Trauerjahres. „Sie folgt ihrem weiblichen Habicht Ma-

bel in die innere Wildnis um aus dieser Erfahrung des Todes

und des Tötens, des Schmerzes, der Hingabe und der Lie-

be klug zu werden“ (Die Welt). Rein sprachlich ist das ganz

große Literatur, was diesem Buch viel Lob und einige Preise

eingetragen hat. Es ist aber auch eine Einführung in die sehr

spezielle Welt der Falknerei und der sogenannten Beizjagd,

der Jagd mit Greifvögeln, und erhascht damit einen Blick auf

die Welt durch die Augen eines Greifvogels.

Stephen W. Porges

Die Polyvagaltheorie – und die Suche nach Sicherheit

• Gelesen von Anita Ginter

In diesem Buch werden die wichtigsten Aussagen der soge-

nannten Polyvagaltheorie, die das Lebenswerk des inzwischen

emeritierten Professors für Psychiatrie, Stephen Porges, dar-

stellen, anschaulich beleuchtet. Wir alle haben das vegetative

System bisher als ein System von Sympathikus und Parasym-

pathikus wahrgenommen. Die Wechselwirkung von vegetati-

J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

48

Beate Strittmatter

Der Störherd und seine Entstörung

• Gelesen von Lars Kurvin

Der Untertitel dieses Buches „Wege aus der Therapieresis-

tenz“ trifft unser Fach mehr als alle anderen. Auch wenn

der Störfeld-Begriff in der AK und der Störherd-Begriff in

der Aurikulomedizin nicht deckungsgleich sind, kann ich die

Lektüre des Buches von Beate Strittmatter jedem wärmstens

ans Herz legen.

Allein schon den einleitenden Satz mit der Definition: „Ein

Störfeld ist eine Noxe, die den Körper in seiner kyberne-

tischen Regulierung, insbesondere der Ausregulierung von

die Ordnung störenden Reizen hindert“, halte ich für eine

hervorragende Zusammenfassung all dessen, was wir auch

in der AK als Auswirkung von Störfeldern und Injury-Re-

gionen kennen. Beate Strittmatter hat als rechte (und ver-

mutlich auch linke) Hand

von Frank Bahr, dem lang-

jährigen Vorstand der Deut-

schen Akademie für Aku-

punktur (DAA) für sich den

Auftrag angenommen und

in bewundernswerter Weise

umgesetzt, das gesammel-

te Wissen der westlichen

Körper- und Ohrdiagnostik

und Ohrakupunktur, das in

Frankreich von Nogier und

in Deutschland vor allem

von Bahr auf der Grundlage

der traditionell chinesischen

Medizin über die letzten 50 Jahre weiterentwickelt wurde,

zusammenzutragen und aufzuschreiben. Natürlich gibt es

auch ebenso die trockenen Textbücher über Ohrakupunk-

Stephen W. Porges

Die Polyvagaltheorie – und die Suche nach Sicherheit Taschenbuch, 249 Seiten

G. P. Probst Verlag Lichtenau, 1.Auflage, 2017

ISBN: 978-3-944476-19-3

25,00 €

vem Nervensystem und Organfunktion ist für alle Therapeuten

(außer vielleicht einigen Schulmedizinern) selbstverständliche

Gegebenheit. Stephen Porges konnte mit seinen Forschun-

gen nachweisen, dass der Parasympathikus selbst ebenfalls

ein zweigeteiltes System darstellt mit einem phylogenetisch

älteren Anteil, der hauptsächlich für die Defensivreaktion oder

Totstell-Reaktion bei traumatischen Erfahrungen verantwort-

lich ist und mit einem myelinisierten neueren Anteil. Dieser

neuere Vagus ist nur bei Säugetieren zu finden, da er deren

spezifisch sozial ausgerichtete Verhaltensweisen ermöglicht.

Das Buch erläutert neben

den wissenschaftlichen

Grundlagen auch die Bedeu-

tung der Erkenntnisse für Le-

bensführung und Therapie,

insbesondere die Auswir-

kung von Traumata auf die

Fähigkeit soziale Bindung zu

leben. Für die Therapie von

Traumata und für die Selbst-

regulation werden wichtige

neurophysiologische Grund-

voraussetzungen dargelegt.

Der englische Untertitel des

Buches ‚The Transformative Power of Feeling Safe’ trifft dabei

die Kernaussage der Polyvagaltheorie besser, als die deutsche

Übersetzung. Die Struktur des Werkes als Dialog mit Kolle-

gInnen aus Wissenschaft und Therapie ermöglicht einerseits

einen leichten Zugang zu diesem komplexen Thema, mir per-

sönlich erscheint einiges jedoch auch redundant und gleitet

daher für meinen Geschmack auf die Länge des Buches etwas

in typisch amerikanisch egozentriertes Erzählen ab.

Dennoch ist dieses Buch allen die sich mit der Thematik

Trauma auseinandersetzen, zu empfehlen – bestätigt diese

Grundlagenforschung doch die Beobachtungen der klini-

schen Traumatherapie.

VE RMISCHTES · BUCHBESPRECHUNGEN

Beate Strittmatter

Der Störherd und seine Entstörung – Wege aus der Therapieresistenz

Taschenbuch, 249 Seiten

Hippokrates Verlag 2.Auflage, 2005

ISBN: 9783830453260

59,95 €

B A N D 5 · A U S G A B E 3 · J A H R G A N G 2 0 1 7

49

V ERMISCH TES · BU CH BESP RECH U NGEN

tur und Aurikulomedizin sowie den Grossen Atlas mit allen

Punkten, an dem sie ebenfalls mitgewirkt hat. Das Störh-

erdbuch ist anders und besonders, da es durch und durch

persönlich ist.

Die Autorin hat das Buch didaktisch hervorragend aufgebaut

und hat das sehr komplexe Gebiet der Störherd-Diagnostik in

kleine Häppchen geteilt, dennoch bleibt das Buch von vorne

bis hinten für Interessierte ein relativ spannender Erlebnis-

bericht, der alle paar Seiten durch klinische Fallberichte und

Patientenbeispiele aufgelockert wird. Allein schon die Eintei-

lung des Buches in einen lediglich 42 Seiten langen Grund-

lagenteil und in den Praxisteil, der die restlichen 160 Seiten

umfasst, macht die Idee des Buches klar. Hier soll wirklich ge-

zeigt werden, wie man in der täglichen Praxis mit Störherden

umgeht. Auch wenn grundsätzlich die Beschäftigung mit den

konstitutionellen Aspekten der traditionellen chinesischen

Medizin für viele unserer Patienten hilfreich und wichtig ist,

bietet die Aurikulomedizin und ihr Umgang mit der Störherd-

Diagnostik für viele Therapeuten möglicherweise einen deut-

lich schnelleren und effektiveren Zugang zu den chinesischen

Wirkprinzipien. Die Grundlagen der RAC Puls Tastung (Re-

flexe Auriculo-Cardiac) oder auch Nogier-Reflex wird in der

praktischen Durchführung beschrieben. Dies ist immer dann

nützlich, wenn man ohne aufwändigen Muskeltest Hinweise

auf Störherd-Geschehen aufspüren will. Störherd-Geschehen

an Narben, Zähnen oder anderen Lokalisationen sind meiner

Erfahrung nach genauso gut über die RAC Puls Tastung wie

über die AK-Testreaktionen erfassbar. Auf jeden Fall entsteht

durch die Störherd-Definition von Beate Strittmatter eine

schöne Brücke zwischen dem Konzept der kybernetischen

Störung in der AK und den energetischen Blockaden in der

Aurikulomedizin.

Maja Storch, Benita Cantieni, Gerald Hüther und Wolf-gang Tschacher

Embodiment, die Wechselwirkung von Körper und Psyche verstehen und nutzen

• Gelesen von Anita Ginter

„Dieses Buch ist ein Wagnis. Kooperationspartner in diesem

Buch sind die Kognitionswissenschaften, die Neurobiolo-

gie, die Psychologie und die Körperarbeit. Bis heute hat der

Mensch in der akademisch-wissenschaftlichen Psychologie

keinen Körper. Er verfügt über Denkprozessse, Intelligenz

und Informationskapazität. Inzwischen ist er nicht mehr nur

eine Reiz-Reaktionsmaschine sondern ihm widerfahren auch

Emotionen und Affekte, er hat sogar unbewusste Motivati-

onslagen und Bedürfnisse, aber einen Körper hat er nicht“

(Vorbemerkungen).

Praktische Fragen des Coachings/psychotherapeutischen

Wirkens wie: „Warum fällt niemandem auf, dass ein

Mensch, dessen Körper ein Leben lang in eine ängstliche

Haltung hineingewachsen ist, nicht nur mit schierer Gedan-

kenkraft zum mutigen, durchsetzungsstarken Tiger werden

kann“? haben die AutorInnen ebenso bewegt das Wagnis

dieses Buches einzugehen

wie Erkenntnisse der neue-

ren neurobiologischen For-

schung. Nach Damasio ist

der Körper die Bühne der

Gefühle – dieses Buch zeigt

auf, dass der Körper auch

untrennbar mit anderen

wesentlichen Vorgängen

in unseren Gehirnen ver-

bunden ist – der Körper ist

so gesehen auch die Büh-

ne der Intelligenz. Für alle,

die sich z. B. mit kindlicher Entwicklung und beispielsweise

der Auswirkung von retinierten frühkindlichen Reflexen be-

schäftigen, gibt es hier jede Menge praktische Bestätigung

dieser Aussage.

In verschiedenen Kapiteln zeigen die Vertreter der einzelnen

Disziplinen Aspekte von Embodiment (Verkörperung) auf.

Die Beziehung von kognitiven Prozessen und verkörperten

Prozessen ist dabei immer als wechselseitig im Sinne einer

zirkulären Kausalitat zu sehen.

Maja Storch, Benita Cantieni, Gerald Hüther

und Wolfgang Tschacher

Embodiment, die Wechselwirkung von Körper und Psyche verstehen und nutzen

Gebundene Ausgabe, 180 Seiten

Verlag Hogrefe, vorm. Verlag Hans Huber, 2.Auflage, 2010

ISBN: 9783456858166

29,95 €

J O U R N A L O F P R O F E S S I O N A L A P P L I E D K I N E S I O L O G Y

50

Im Kapitel über die Geschichte des Embodiments wird recht

kurzweilig der Aufstieg und Fall der Forschung zur künstli-

chen Intelligenz (KI) verdeutlicht und wie sehr die Ignoranz

dessen, dass Intelligenz immer in Kontexten stattfindet, zum

jähen Absturz der prognostizierten Höhenflüge der KI ge-

führt hat.

„Menschen erlangen Intelli-

genz und Expertise offenbar

auf eine Weise, die das glatte

Gegenteil von regelgeleite-

ten Computersystemen ist.

Wahre Experten haben ihr

Wissen sprichwörtlich verkör-

pert. Experten ‚fühlen’ wenn

sie richtig liegen und ‚sehen’

einen guten Lösungsweg.

Logische Ableitungen aus

Regeln und Fakten, schulge-

rechtes Schlussfolgern sind

dagegen eher die klapperigen Hilfsmittel des Anfängers, des

‚Novizen’. Wahre Expertise verlangt Embodiment. (Wolfgang

Tschacher, S. 14).

Im Kapitel über die bisherige Forschung zu Embodiment wer-

den die wichtigsten psychologischen Experimente zur Embo-

dimentforschung vorgestellt, das berühmte Handflächen Ex-

periment darf hier natürlich auch nicht fehlen. Das Buch wäre

nicht von diesen AutorInnen geschrieben worden, wenn sie

bei der theoretischen Erläuterung und den neurobiologisch

bekannten Grundlagen dazu stehen bleiben würden. Selbst-

verständlich werden mögliche Anwendungen im konkreten

Tun angesprochen und verständlich dargelegt. Auch das letz-

te Kapitel in diesem Buch ist durchaus in eigene körperliche

Aktion übersetzbar.

Dieses Buch ist keine ganz leichte Kost, aber allen, die auf

dem großen Gebiet der Mind-body-Disziplinen unterwegs

sind, eine wertvolle Grundlage für ihr Tun liefern. Es wird ih-

nen helfen, besser zu verstehen und begründen zu können,

warum es wirkt. Für solche Menschen, denen das Körperliche

bisher eher weniger geläufig war, ist es eine Einladung, sich

mehr mit ihrem Körper zu beschäftigen.

„Es ist höchste Zeit das wichtigste Erfahrungsinstrument des

Menschen zurückzuerobern: den Körper“ (Klappentext).

VE RMISCHTES · BUCHBESPRECHUNGEN

Maja Storch

Machen Sie doch, was Sie wollen!: Wie ein Strudel-wurm den Weg zu Zufriedenheit und Freiheit zeigt Taschenbuch, 136 Seiten

Verlag Hogrefe, vorm. Verlag Hans Huber,

2., unveränderte Auflage, 2016

ISBN: 978-3-86264-252-6

17,95 €

Maja Storch

Machen Sie doch, was Sie wollen! Wie ein Strudelwurm den Weg zu Zufriedenheit und Freiheit zeigt

• Gelesen von Anita Ginter

Dieses Büchlein ist ein Versuch, in einfachster Sprache und

mit vielen humorvollen, anschaulichen Geschichten und Bil-

dern das Verhältnis von bewusstem Denken und dem großen

Unbewussten in uns zu veranschaulichen. Seit der Aufklärung

und Sätzen wie: „Ich denke also bin ich“ ist die allgemeine

Wahrnehmung immer noch tendenziell so, dass die Haupt-

schaltzentrale unseres Bewusstseins in kognitiv bewussten

rationalen Prozessen liegt. Es ist jedoch schon länger wis-

senschaftlich belegt, dass es sich damit wohl eher so verhält

wie Gunter Schmidt gern sagte: „Das Mittelhirn trifft eine

Entscheidung und das Großhirn erzählt dann die passende

Geschichte dazu“.

Dieses kurzweilige Büchlein hat für alle körperbasierten und

unbewussten Vorgänge unseres Gehirns den liebenswerten

Strudelwurm erfunden. In vielen Episoden und Geschichten

wird sein Dasein und ein harmonisches Zusammenleben mit

diesem inneren Wesen beschrieben. Als kurzweilige Lektüre

zu diesen komplexen Themen für Mußestunden und lange

Winterabende kann es nur wärmstens empfohlen werden.

Die Autorin Maja Storch ist Diplom-Psychologin, Psychoana-

lytikerin und Gründerin des Instituts für Selbstmanagement

und Motivation Zürich, das ein Spin-off der Universität Zürich

ist. Sie hat das sogenannte Züricher Ressourcen-Modell ZRM

entwickelt und ist eine maßgebliche Vertreterin der Embodi-

ment-Forschung in der Psychologie.

B A N D 5 · A U S G A B E 3 · J A H R G A N G 2 0 1 7

51

V ERMISCH TES · BU CH BESP RECH U NGEN

hypo-A GmbH, Kücknitzer Hauptstr. 53, 23569 Lübeckhypoallergene Nahrungsergänzung ohne Zusatzsto�ewww.hypo-a.de | [email protected] | Tel. 0451 / 307 21 21

Hypoallergene Nahrungsergänzungen ohne Zusatzstoffe - Für Allergiker geeignet!

* Selen, Zink, Vitamin B12 und Folsäure tragen zu einer normalen Funktion des Immunsystems bei.

** Vitamin E trägt dazu bei, die Zellen vor oxidativem Stress zu schützen. Zink trägt zu einem normalen Säure-Basen-

Sto�wechsel bei.

*** Vitamin A trägt zur Erhaltung normaler Schleimhäute bei. Zink trägt zu einer normalen Fettsäuresto�wechsel bei. Vitamin D und Zink haben eine Funktion bei der Zellteilung.

**** Calcium trägt zur normalen Funktion von Verdauungsenzymen bei. Vitamin B6 trägt zu einem normalen Eiweiß- und

Glycogensto�wechsel bei.

Hypoallergene Nahrungsergänzungen ohne Zusatzstoffe - Für Allergiker geeignet!

Reg

istr

ieren Sie sich unter

shop.hypo-a.d

e

10%Rabatt auf IhreErstbestellung** für Fachkreise

Info-Anforderung für Fachkreise Fax: 0451 - 304 179 oder E-Mail: [email protected]

D-JPAK 3.2017

Name / Vorname

Str. / Nr.

PLZ / Ort

Tel. / E-Mail

shop.hypo-a.de

1. Allgemeiner Zellschutz – mit dem Reha 1 Paket **Unterstützt den Säure-Basen-HaushaltLachsöl (Omega-3-Fettsäuren), Spurenelemente, Vit. B-Komplex plus, Magnesium-Calcium als Carbonate

2. Dünndarmpflege – mit dem ODS 1A Paket ***Erhält die SchleimhäuteVit. AE + Lycopin, Schwarzkümmelöl (Omega-6-Fettsäuren), 3-SymBiose, Kalium spe

3. Dickdarmpflege – mit dem ODS 2 Paket **** Für eine gesunde Verdauung und LeberLachsöl und Schwarzkümmelöl im Wechsel, 3-SymBiose plus, Magnesium-Calcium als Carbonate

Premium Orthomolekulariahypo-A

1. Allgemeiner Zellschutz – mit dem Reha 1 Paket**

Orthomolekulare Darmpflege Rundum gesund durch die kalte Jahreszeit! *

D-JPAK 3.2017_Darm_Winterbaum_210x297.pdf 1 13.11.2017 15:20:51

DAS IMMUNSYSTEMUNTERSTÜTZEN

www.puremed.net

PUREMED GmbH • Färbergraben 10, 1.OG • 80331 MünchenHotline: 0800 787 36 33 • [email protected]