20
Kartographie und Fernerkundung Stationen einer Entwicklung über acht Jahrzehnte Begleitheft zur Ausstellung der Kommission »Kartographie und Fernerkundung« Leiter: Prof. Dr.-Ing. Jörg Albertz Sekretär: Dipl.-Ing. Hartmut Lehmann 53. Deutscher Kartographentag der DGfK und 25. Wissenschaftlich-Technische Jahrestagung der DGPF 21.- bis 23. September 2005 Universität Rostock Deutsche Gesellschaft für Kartographie e.V.

Deutsche Gesellschaft für Kartographie e.V.misc.gis.tu-berlin.de/igg/htdocs-kw/fileadmin/DGfK/DGfK...Das Beispiel zeigt das Blatt 67 dieses Bildkartenwerks mit der Bismarckstraße

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Deutsche Gesellschaft für Kartographie e.V.misc.gis.tu-berlin.de/igg/htdocs-kw/fileadmin/DGfK/DGfK...Das Beispiel zeigt das Blatt 67 dieses Bildkartenwerks mit der Bismarckstraße

1

Kartographie und Fernerkundung

Stationen einer Entwicklung

über acht Jahrzehnte

Begleitheft zur Ausstellung

der Kommission »Kartographie und Fernerkundung«

Leiter: Prof. Dr.-Ing. Jörg Albertz

Sekretär: Dipl.-Ing. Hartmut Lehmann

53. Deutscher Kartographentag der DGfK und

25. Wissenschaftlich-Technische Jahrestagung der DGPF

21.- bis 23. September 2005

Universität Rostock

Deutsche Gesellschaftfür Kartographie e.V.

Page 2: Deutsche Gesellschaft für Kartographie e.V.misc.gis.tu-berlin.de/igg/htdocs-kw/fileadmin/DGfK/DGfK...Das Beispiel zeigt das Blatt 67 dieses Bildkartenwerks mit der Bismarckstraße

2

Seit rund acht Jahrzehnten sind Kartographie und Fernerkundung eng miteinanderverknüpft. Zwar hat sich der Begriff »Fernerkundung« erst um 1970 eingebürgert, alsdeutsches Äquivalent zu dem aus dem Amerikanischen kommenden »RemoteSensing«. Doch das methodische Prinzip, nämlich die Gewinnung von topographi-schen Informationen aus Bildern und ihre Anwendung in der Kartographie hat schondie Frühzeit des Luftbildwesens beherrscht.

Für die Nutzung von Luft- und Satellitenbildern für kartographische Zwecke gibt es imWesentlichen drei verschiedene Möglichkeiten:

1. Die topographischen Informationen, die in Karten als graphische Zeichen darge-stellt werden, können aus Luftbildern bzw. Satellitendaten gewonnen werden. Diesgeschieht in aller Regel mit den Methoden der Stereophotogrammetrie, die seitetwa 1930 zum Standardverfahren der topographischen Aufnahme geworden ist.Dieser Aspekt ist nicht Gegenstand der Ausstellung.

2. Die bildhafte Wiedergabe des Geländes in Luft- und Satellitenbildern hat zur Ent-wicklung eines eigenen Kartentyps geführt, den man früher nicht gekannt hat. Bild-pläne und Bildkarten haben die Palette kartographischer Produkte enorm erweitertund große praktische Bedeutung erlangt. Diesen Möglichkeiten und auch den da-mit verbundenen Problemen ist die kleine Ausstellung »Kartographie und Fern-erkundung« gewidmet.

3. Schließlich können Luftbilder und Satellitendaten in vielfältiger Weise zur Gewin-nung thematischer Informationen dienen, die in Thematischen Karten wiedergege-ben werden. In diesem Zusammenhang spielt auch die Nutzung von Fernerkun-dungsdaten für die Schaffung geeigneter Basiskarten eine große praktische Rolle.Dazu können in diesem Rahmen nur einzelne exemplarische Hinweise gegebenwerden.

Die kartographische Nutzung von Fernerkundungsdaten war stets durch die jeweilsgegebenen technischen Möglichkeiten geprägt. Deshalb hat die relativ einfache »Ent-zerrung« von Luftbildern mit der anschließenden Montage von Bildplänen und derAusarbeitung von »Luftbildkarten« sehr schnell praktische Bedeutung gewonnen undwurde in großem Umfang angewandt. Die Orthophototechnik hat einen höheren tech-nischen Stand vorausgesetzt, der sich rasch weiter entwickelt hat. EntscheidendeImpulse brachte die Verfügbarkeit von Satelliten-Bilddaten von immer höherer Quali-tät und – damit eng zusammenhängend – die zunehmende Nutzung der enorm flexib-len Möglichkeiten der Digitalen Bildverarbeitung. Die Radartechnik hat das Spektrumder Methoden buchstäblich erweitert. Schließlich ist nicht zu vergessen, dass diePlanetenkartographie ausschließlich eine Fernerkundungskartographie ist. Alle Kar-ten von Planeten, Monden und Asteroiden sind durch Fernerkundung gewonnen

Die kleine Ausstellung zur gemeinsamen Tagung der Deutschen Gesellschaft für Kar-tographie (DGfK) und der Deutschen Gesellschaft für Photogrammetrie, Fernerkundungund Geoinformation (DGPF) soll die wichtigsten Schritte dieser Entwicklung an Handvon einigen charakteristischen Beispielen veranschaulichen und zugleich die engeVerbindung von Kartographie und Fernerkundung bewusst machen.

Kartographie und Fernerkundung

Page 3: Deutsche Gesellschaft für Kartographie e.V.misc.gis.tu-berlin.de/igg/htdocs-kw/fileadmin/DGfK/DGfK...Das Beispiel zeigt das Blatt 67 dieses Bildkartenwerks mit der Bismarckstraße

3

Luftbildpläne und Luftbildkarten

In den Jahren 1927 und 1928 wurden von ganz Berlin Luftbilder zur Herstellung einesLuftbildkartenwerks aufgenommen. Die Bilder wurden entzerrt und zugleich auf deneinheitlichen Maßstab 1:4000 gebracht. Anschließend hat man sie zu Bildplänen imBlattschnitt des Stadtkartenwerks 1:4000 montiert und photographisch reproduziert.Das Beispiel zeigt das Blatt 67 dieses Bildkartenwerks mit der Bismarckstraße inCharlottenburg und dem »Knie« (dem heutigen Ernst-Reuter-Platz) und der östlichdavon gelegenen Technichen Hochschule.

Eine Reihe von Entzerrungs-geräten in den Räumen derHansa Luftbild GmbH in Ber-lin-Tempelhof. Die große Be-deutung des Entzerrungsver-fahrens kann man daran er-messen, dass die Firma vordem Zweiten Weltkrieg 30Entzerrungsgeräte betrieb.

Page 4: Deutsche Gesellschaft für Kartographie e.V.misc.gis.tu-berlin.de/igg/htdocs-kw/fileadmin/DGfK/DGfK...Das Beispiel zeigt das Blatt 67 dieses Bildkartenwerks mit der Bismarckstraße

4

Luftbildpläne des Deutschen Reiches 1934 bis 1944

Zwischen 1934 und 1944 wurde von einem großen Teil des Deutschen Reiches dieLuftbildkarte 1:25 000 hergestellt. Das Kartenwerk wurde aus Luftbildern im Maßstab1:15 000 abgeleitet und orientierte sich nach Blattschnitt, Koordinatennetz, Rand-bearbeitung und Namengebung an der Topographischen Karte 1:25 000. Das Bei-spiel aus dem Jahre 1939 zeigt das Blatt »Königs Wusterhausen« (Blatt 3647).

Die Luftbilder wurden einzelnentzerrt und mosaikartig zu»Bildplänen« montiert. Dannwurden sie zusammen mit ei-nem vorgefertigten Karten-rand reproduziert und photo-graphisch in geringer Stück-zahl vervielfältigt. Die Öffent-lichkeit hatte in der Regel kei-nen Zugang zu diesen Bild-karten.

Page 5: Deutsche Gesellschaft für Kartographie e.V.misc.gis.tu-berlin.de/igg/htdocs-kw/fileadmin/DGfK/DGfK...Das Beispiel zeigt das Blatt 67 dieses Bildkartenwerks mit der Bismarckstraße

5

Luftbildkarte/Orthophotokarte 1:5000 und 1:10000

Die Kriegs- und Nachkriegszeit führte zu einer Unterbrechung in der kartographischenNutzung von Luftbildern. Danach wurden von den Landesvermessungsämtern in gro-ßem Umfang großmaßstäbige Luftbildkarten hergestellt. Man hat derartige Karten alsBestandteil des Grundkartenwerks verstanden und deshalb z.B. die Bezeichnung»Deutsche Grundkarte 1:5000 (Luftbildkarte)« gewählt (Pape 1971). Die methodischbedingte Beschränkung auf flaches Gelände konnte in den sechziger Jahren durchdie Einführung der Orthophototechnik überwunden werden. Für die graphische Aus-gestaltung der Karten gab es sehr unterschiedliche Konzepte (z.B. Schweißthal 1967).

Lange Zeit war es üblich, die großmaßstäbigen Luftbildkarten in Schwarzweiß herzu-stellen. Der für den Druck von farbigen Bildkarten erforderliche zusätzliche Aufwanderschien nicht gerechtfertigt (Kellersmann 1985). Inzwischen ist es aber dank dertechnologischen Entwicklungen auch möglich, farbige Bildkarten in geringen Stück-zahlen und zu vertretbaren Kosten auf Rasterplottern auszugeben.

Page 6: Deutsche Gesellschaft für Kartographie e.V.misc.gis.tu-berlin.de/igg/htdocs-kw/fileadmin/DGfK/DGfK...Das Beispiel zeigt das Blatt 67 dieses Bildkartenwerks mit der Bismarckstraße

6

Ökonomische Karte von Schweden

Ein Kartenwerk besonderer Art ist die »ÖkonomischeKarte von Schweden«. Sie wurde 1937 begonnen undjahrzehntelang nahezu unverändert herausgegeben.Die Karte wird allgemein im Maßstab 1:10 000 herge-stellt, in weniger dicht besiedelten Gebieten im Maß-stab 1:20 000. Die nordwestlichen GebirgsregionenSchwedens werden nicht bearbeitet.

Die Karte verbindet den grün gedruckten Luftbildunter-grund mit topographischen und thematischen Infor-mationen (schwarz) und Höhenlinien (braun). Acker-flächen sind durch gelbe Flächenfarbe besonders her-vorgehoben (Jonasson 1965).

Seit 1983 erscheint die ähnliche »Gula kartan« (Gel-be Karte) im Maßstab 1:20 000. Sie wird in fünf Far-ben hergestellt und zeigt die Gewässer (die ursprüng-lich grün mitgedruckt wurden) in blauer Farbe.

Page 7: Deutsche Gesellschaft für Kartographie e.V.misc.gis.tu-berlin.de/igg/htdocs-kw/fileadmin/DGfK/DGfK...Das Beispiel zeigt das Blatt 67 dieses Bildkartenwerks mit der Bismarckstraße

7

Japanische Luftbildkarten 1:5000

In Japan wurden 1984 vom »Japan Map Center« Luftbildkarten im Maßstab 1:5000 ineiner kombinierten Form herausgegeben. Als Grundlage dienten Luftbilder, die zuOrthophotos umgebildet worden waren. Diese Bilder wurden dann so zusammenge-fügt, dass die Schnittkanten mit den Gitternetzlinien zusammen fallen. Die eine Seiteder zweiseitig bedruckten Karten zeigt die farbigen Bilder mit einigen exemplarischenAusschnitten als Interpretationslegende. Die andere Seite ist als Topograpische Kartemit den Bildern als dezentem Untergrund in grünlicher Farbe ausgearbeitet. Die über-lagerte Graphik zeigt Grundrisselemente, Höhenlinien und Beschriftung. ÖffentlicheGebäude, Parkplätze, Wasserflächen u.ä. sind durch farbige Flächendecker betont.

Page 8: Deutsche Gesellschaft für Kartographie e.V.misc.gis.tu-berlin.de/igg/htdocs-kw/fileadmin/DGfK/DGfK...Das Beispiel zeigt das Blatt 67 dieses Bildkartenwerks mit der Bismarckstraße

8

Erste Satellitenbildkarten

Mit dem Start des ersten für dieErderkundung konzipierten Satel-liten (der nachträglich LANDSAT-1genannt wurde) im Juli 1972 wur-de eine neue Phase der »Fern-erkundungskartographie« einge-leitet.

Die NASA brachte noch im Jahre1972 zusammen mit dem US Geo-logical Survey die Bildkarte »NewJersey« im Maßstab 1:500 000heraus. Die Farbgebung war dervon den Farbinfrarot-Luftbilderngeläufigen Form angepasst.

Auch in Deutschland wurden dieersten Versuche zur Herstellungvon Satellitenbildkarten unternom-men. Die experimentelle »Welt-raumbildkarte 1:200 000« wurde1974 vom Institut für AngewandteGeodäsie (IfAG) in Frankfurt her-ausgegeben. Sie ist nach Maß-stab und Blattschnitt am Blatt »CC7934 München« der Topographi-schen Übersichtskarte 1:200 000orientiert.

Die ersten Beispiele dieser neuenGeneration von Bildkarten zeigennoch deutlich die anfänglichenSchwächen. Die Auflösung derDaten war noch recht grob und estraten sensorbedingt streifige Stö-rungen auf. Auf die digitale Verar-beitung der primär digital vorlie-genden Daten war die Kartogra-phie noch nicht eingestellt. Des-halb wurden Analogbilder, welchevon den Satellitenempfangssta-tionen bezogen werden konnten,in herkömmlicher Weise zu Bild-plänen montiert und reproduziert.

Page 9: Deutsche Gesellschaft für Kartographie e.V.misc.gis.tu-berlin.de/igg/htdocs-kw/fileadmin/DGfK/DGfK...Das Beispiel zeigt das Blatt 67 dieses Bildkartenwerks mit der Bismarckstraße

9

Die weitere Entwicklung in der Herstellung von Satellitenbildkarten wurde entschei-dend vom Einsatz der Digitalen Bildverarbeitung geprägt. In der Regel müssen meh-rere Bildszenen zu einem Mosaik zusammengefügt und mit Hilfe von Pass- und Über-tragungspunkten in das für die Karte gewählte Koordinatensystem transformiert wer-den. Aus verschiedenen Gründen weisen die Bilder Helligkeits- und Farbunterschiedeauf. Deshalb sind die Bilddaten radiometrisch so aneinander anzupassen, dass einhomogenes Bild entsteht und an den Schnittstellen der einzelnen Szenen keine Stö-rungen mehr auftreten. Für diese Aufgabe sind flexibel einsetzbare Verfahren entwi-ckelt worden (z.B. Kähler 1989). Solche Verfahren gehören inzwischen zu den Grund-funktionen der für die Auswertung von Fernerkundungsdaten angebotenen Software-Pakete.

Die im Jahre 1985 hergestellte »Satellitenbildkarte Berlin 1:100 000« war die ersteaus Daten des Landsat »Thematic Mapper« (mit 30 m Auflösung) abgeleitete Karte indiesem Maßstabsbereich. Die hohen Ortsfrequenzen in Siedlungsgebieten (insbeson-dere das städtische Straßennetz) konnten in den Bilddaten dieser Generation abernoch nicht brauchbar wiedergegeben werden.

Satellitenbildkarten

Page 10: Deutsche Gesellschaft für Kartographie e.V.misc.gis.tu-berlin.de/igg/htdocs-kw/fileadmin/DGfK/DGfK...Das Beispiel zeigt das Blatt 67 dieses Bildkartenwerks mit der Bismarckstraße

10

Satellitenbildkarten

Im Jahre 1986 wurden erstmals die Schwarzweiß-Bilddaten des französischen Satel-liten SPOT verfügbar, die mit 10 m Auflösung einen für die Kartographie wichtigenQualitätssprung mit sich brachten. Um diese hohe Auflösung auch für die Herstellungfarbiger Bildkarten nutzen zu können, wurden Methoden entwickelt, die Schwarzweiß-Daten mit den Farbinformationen geringerer Auflösung zu verbinden, wie sie vonLandsat-TM zur Verfügung standen.

Im Laufe der Jahre wurden verschiedene andere Methoden entwickelt, die im We-sentlichen dasselbe Ziel verfolgen. Die Unterschiede beziehen sich vor allem auf dieFarbtreue des erzielten Ergebnisbildes.

Die »Satellite Image Map Somalia 1:50 000« (Blatt Laag) wurde 1990 durch die Kom-bination der TM-Kanäle Rot, Grün und Blau mit den Schwarzweiß-Daten des SPOT-Satelliten erstellt.

Eine häufig angewandte Metho-de war die IHS-Transformationder Farbdaten. In dieser Form derBilddaten konnte die Helligkeits-skomponente (Intensität) durchdie höher aufgelösten Schwarz-weiß-Daten ersetzt werden. Nachder Rücktransformation in denRGB-Farbraum erhält man einFarbbild mit hoher Auflösung.

Page 11: Deutsche Gesellschaft für Kartographie e.V.misc.gis.tu-berlin.de/igg/htdocs-kw/fileadmin/DGfK/DGfK...Das Beispiel zeigt das Blatt 67 dieses Bildkartenwerks mit der Bismarckstraße

11

Graphische Gestaltung von Bildkarten

Mit der zunehmenden Bedeutung von Bildkarten wurde deutlich, dass die traditionelleErfahrung der Kartographie für die Herstellung von Bildkarten nicht ausreicht. DieGraphik (Namen, Höhenlinien, Signaturen usw.) kann nicht auf weißem Papiergundfrei gestaltet werden, sondern ist in das Bild zu integrieren. Es sind also heterogeneDarstellungsmittel – nämlich Graphik und Bild – so zu vereinigen, dass sie beide guterkennbar sind und sich gegenseitig möglichst wenig beeinträchtigen.

Negative Schriften undSignaturen sind in dunk-len Bildbereichen gut zuerkennen. Sie stören aberden bildhaften Eindruckund wirken wie »Löcher«im Bild. Außerdem sindsie für hellen Bildunter-grund ungeeignet.

Um weiße Schriften undLinien auf hellem undauch auf dunklem Grundsichtbar zu machen, kannman sie schwarz kontu-rieren. Dabei wirkt stö-rend, dass die meisten Li-nien dreifach erscheinen.

Linien und Schriften aufdunklem Grund können –ähnlich wie in der klassi-schen Kartographie – freigestellt werden. Darunterleidet wiederum die Bild-wirkung. Außerdem tre-ten wieder dreifache Lini-en auf.

Page 12: Deutsche Gesellschaft für Kartographie e.V.misc.gis.tu-berlin.de/igg/htdocs-kw/fileadmin/DGfK/DGfK...Das Beispiel zeigt das Blatt 67 dieses Bildkartenwerks mit der Bismarckstraße

12

Ein schematisches Beispiel soll das Dilemma der Gestaltung von Bildkarten veran-schaulichen. Aus wahrnehmungspsychologischen Überlegungen folgt, dass es bes-ser ist, die graphischen Elemente schwarz in das Bild einzufügen (Albertz 1994). Siewirken dann als »Figur« vor einem durchgehenden »Grund«, nämlich dem Bild.

Die flexiblen Verfahren der Digitalen Bild-verarbeitung ermöglichen es, einer Lö-sung des Problems näher zu kommen.Um die schwarzen Graphikelemente he-rum kann man in dunklen Bildbereicheneinen aufgehellten Saum erzeugen, derdie Erkennbarkeit der Graphik verbessertund die Bildwirkung kaum stört.

Graphische Gestaltung von Bildkarten

Bei der aus Landsat-MSS-Daten abge-leiteten »Satellite Image Map 1:500 000Aswan« (Ägypten) wurde die Methode imBereich des Niltals bei Luxor angewandt.

Page 13: Deutsche Gesellschaft für Kartographie e.V.misc.gis.tu-berlin.de/igg/htdocs-kw/fileadmin/DGfK/DGfK...Das Beispiel zeigt das Blatt 67 dieses Bildkartenwerks mit der Bismarckstraße

13

Ab 1972 boten die ersten Satellitenbilder neue Möglichkeiten für die großräumigegeologische Kartierung. Die 1978 veröffentlichte Geologische Karte 1:1 000 000 desTibesti wurde durch visuelle Interpretation von Bildern des Landsat-1 erarbeitet. Dabeiwurden – ausgehend von vor Ort erkundeten Geländedaten – insgesamt 17 litho-logische Einheiten identifiziert. Die kartographische Darstellung beruht auf einem Mo-saik aus 14 Bildern. Das Bildmosaik wurde photomechanisch (durch photographischgewonnene Äquidensiten) bearbeitet, um eine feingliedrige Strukturzeichnung derSatellitenbilder zu erzielen. Es bildet die Basis für die farbige Differenzierung derlithologischen Einheiten und die graphische Darstellung der geologischen Struktur-elemente (List et al. 1978).

Geologische Karten aus Fernerkundungsdaten

Page 14: Deutsche Gesellschaft für Kartographie e.V.misc.gis.tu-berlin.de/igg/htdocs-kw/fileadmin/DGfK/DGfK...Das Beispiel zeigt das Blatt 67 dieses Bildkartenwerks mit der Bismarckstraße

14

Digitale Luftbildaufnahme

In der Luftbild-Aufnahmetechnik vollziehtsich derzeit ein technologischer Wandel.Die klassische, über Jahrzehnte extrem er-folgreiche photographische Kamera wirddurch digitale Kameras ersetzt. Die erstengroßen Erfolge auf diesem Gebiet konntenmit der für die Mars-Forschung entwickel-ten HRSC, der »High Resolution StereoCamera« des DLR erreicht werden. In Ver-bindung mit modernen GPS/INS-Naviga-tionssystemen wurden erste rein digitalephotogrammetrische Auswertungen mög-lich (Wewel et al. 1998). Für die Herstel-lung und Gestaltung großmaßstäbiger Bild-karten eröffnet dies neue Wege. Experi-mentelle Karten 1:5000 von Berlin machendies deutlich (Hoffmann et al. 2000).

Die

Zeilenweise Aufnahme mit der HRSC-A

Page 15: Deutsche Gesellschaft für Kartographie e.V.misc.gis.tu-berlin.de/igg/htdocs-kw/fileadmin/DGfK/DGfK...Das Beispiel zeigt das Blatt 67 dieses Bildkartenwerks mit der Bismarckstraße

15

Radar-Karten

Die abbildende Radartechnik benutzt die wolkendurchdringenden Mikrowellen. Dieseröffnete vor allem in den feuchten Tropen, wo die Luftbildaufnahme durch Wolkenstark behindert ist, neue Möglichkeiten. Nach der Entwicklung des Side-Looking Air-borne Radar haben die beiden Firmen Goodyear und Aero Service gemeinsam einFlugzeug vom Typ Caravelle zur Aufnahme von Radar-Bilddaten betrieben. Dabeiwurde die SAR-Technik (Synthetic Aperture Radar) angewandt. Die Daten wurden inhologrammartigen Datenfilmen aufgezeichnet, durch analoge optische Korrelation inBildstreifen umgesetzt und zu Bildkarten montiert. Dank der Radartechnik zeigen die-se Karten das topographiche Relief besonders akzentuiert.

Das größte Kartierprogrammwar das RADAM-Projekt. Eswurde 1972 für einen Teil vonBrasilien begonnen und spä-ter auf fast den ganzen Staatausgedehnt. Außer den Bild-karten 1:250 000 wurden auchthematische Kartierungen ab-geleitet (Fagundes 1974).

Page 16: Deutsche Gesellschaft für Kartographie e.V.misc.gis.tu-berlin.de/igg/htdocs-kw/fileadmin/DGfK/DGfK...Das Beispiel zeigt das Blatt 67 dieses Bildkartenwerks mit der Bismarckstraße

16

Für die Kartographie haben inzwischen digital arbeitende Radarsysteme Bedeutungerlangt. Dies gilt vor allem für flugzeuggestützt arbeitende interferometrische SAR-Systeme. Diese benutzen zwei am Flugzeugrumpf seitlich angebrachte Antennen.Aus den Phasenunterschieden der damit aufgezeichneten Daten kann die Geometrieder erfassten Oberfläche, d.h. ein Digitales Geländemodell, abgeleitet werden. Die-ses dient wiederum zur Berechnung von Höhenlinien und zur Gewinnung von hoch-auflösenden Orthobildern (Schwäbisch et al. 2000).

Radar-Karten

Verkleinerter Ausschnittaus der SAR-Orthobild-karte »Puerto Ayacucho«(Venezuela) im Maßstab1:50 000. Die Daten wur-den 1998 mit einem inter-ferometrischen SAR-Sys-tem der Firma Aero-Sen-sing (jetzt Intermap) auf-genommen. Die Differen-zierung in Wald, Gewäs-ser und offenes Geländewurde durch überwachteKlassifikation abgeleitet.

Page 17: Deutsche Gesellschaft für Kartographie e.V.misc.gis.tu-berlin.de/igg/htdocs-kw/fileadmin/DGfK/DGfK...Das Beispiel zeigt das Blatt 67 dieses Bildkartenwerks mit der Bismarckstraße

17

Planetenkartographie

Für die Darstellung der Plane-tenoberfläche wurde einespeziell entwickelte Technikeingesetzt. Die Geländefor-men wurden in den hinsicht-lich Maßstab und Beleuch-tung sehr uneinheitlichen Bil-dern visuell interpretiert unddurch manuelle Schumme-rung mitels der »Air-Brush-Methode« porträtiert. Dabeiwurde eine einheitliche Be-leuchtung von Westen her an-genommen.

Alle Karten von Mond, Planeten und Asteroiden sind durch Fernerkundung entstan-den. Im Mittelpunkt des Interesses stand und steht die Oberfläche des Planeten Mars.Die Bilddaten der Mars-Missionen Mariner 9 und Viking Orbiter 1/2 ermöglichten dieKartierung des Planeten in kleineren Maßstäben. Im Maßstab 1:5 Millionen wurde derMars in 30 Kartenblättern in konformen Projektionen (Mercator, Lambert konformeKegelprojektion und Stereographische Projektion) kartiert. Alle diese Arbeiten wurdenbeim U.S. Geological Survey in Flagstaff (Arizona) durchgeführt.

Page 18: Deutsche Gesellschaft für Kartographie e.V.misc.gis.tu-berlin.de/igg/htdocs-kw/fileadmin/DGfK/DGfK...Das Beispiel zeigt das Blatt 67 dieses Bildkartenwerks mit der Bismarckstraße

18

Planetenkartographie

Mit der europäischen Raumfahrtmission »Mars Express« ist die Planetenkartographiein eine neue Phase eingetreten. Die »High Resolution Stereo Camera« (HRSC) anBord ist die erste Kamera einer Planetenmission, die speziell für photogrammetrischeund kartographische Zwecke entwickelt wurde. Seit 2004 liefert sie multispektraleStereo-Bilddaten hoher Auflösung, die unter anderem die Grundlage für qualitativhochwertige Kartenprodukte darstellen.

In diesem Zusammenhang wurde als neues Standardkartenwerk für den Planetendie »Topographic Image Map Mars 1:200 000« definiert, das den Mars systematischin 10 372 einzelnen Blättern erfasst. Die einzelnen Karten basieren auf flächentreu-en Abbildungen – Sinusoidalprojektion bzw. Lambertsche Flächentreue Azimutal-projektion in den Polbereichen – und werden aus farbigen Orthobildmosaiken undDGMs weitgehend automatisch abgeleitet (Gehrke et al. 2005, Lehmann et al. 2005).

Das Beispiel zeigt die »Iani Chaos Region« des Mars (bei 2° Süd und 343° Ost) imStandardmaßstab 1:200 000. Das System ist so ausgelegt, dass bei Bedarf – ähn-lich wie bei den deutschen topographischen Kartenwerken – auch Kartenblätter in1:100 000 oder 1:50 000 gewonnen werden können.

Page 19: Deutsche Gesellschaft für Kartographie e.V.misc.gis.tu-berlin.de/igg/htdocs-kw/fileadmin/DGfK/DGfK...Das Beispiel zeigt das Blatt 67 dieses Bildkartenwerks mit der Bismarckstraße

19

Dem von Gerhard Neukum geleiteten Science Team des Projekts »HRSC on MarsExpress« gehören Wissenschaftler vieler Fachrichtungen an, die eine Vielzahl neuerErkenntnisse gewinnen und zu beeindruckenden Interpretationsergebnissen kom-men. Insbesondere die geowissenschaftlichen Befunde sind in Form von themati-schen Karten in geeigneter Weise zu dokumentieren. Hierzu bildet das Kartenwerk»Topographic Image Map 1:200 000« eine ausgezeichnete Grundlage. Je nach Auf-gabenstellung werden auch individuell angefertige Sonderkarten interessanter Ziel-gebiete in anderen Maßstäben hergestellt.

Das Beispiel zeigt die Geologische Karte der »Gusev Crater Region« (Landeplatzder amerikanischen Sonde Spirit) im Maßstab 1:600 000 (Lehmann et al. 2005).

Planetenkartographie

Page 20: Deutsche Gesellschaft für Kartographie e.V.misc.gis.tu-berlin.de/igg/htdocs-kw/fileadmin/DGfK/DGfK...Das Beispiel zeigt das Blatt 67 dieses Bildkartenwerks mit der Bismarckstraße

20

Literaturhinweise

Albertz, Jörg; Lehmann, Hartmut; Tauch, Rüdiger: Herstellung und Gestaltung hochauf-lösender Satelliten-Bildkarten. Kartographische Nachrichten 42 (1992) S. 205-213.

Albertz, Jörg: Wahrnehmungspsychologische Aspekte der Herstellung von Satelliten-Bildkrten. Festschrift Dorrer, Universität der Bundeswehr, Heft 46, 1994, S. 25-35.

Albertz, Jörg; Lehmann, Hartmut: Die Welt von oben – Kartographische Anwendungen vonLuft- und Satellitenbildern. In: Berlin-Brandenburg im Kartenbild. Staatsbibliothek zuBerlin, Ausstellungskataloge Neue Folge 42, Berlin 2000.

Fagundes, P. M.: Das »Radam«-Projekt – Radargrammetrie im Amazonasbecken. Bild-messung und Luftbildwesen 42 (1974) S. 47-52.

Gehrke, Stephan; et al.: Das kartographische Softwarepaket Planetary Image Mapper(PIMap). Photogrammetrie-Fernerkundung-Geoinformation, Heft 5/2005, S. 419-424.

Hoffmann, Andrea; Lehmann, Frank: Vom Mars zur Erde – Die erste digitale OrthobildkarteBerlin mit Daten der Kamera HRSC-A. Kartographische Nachrichten, Heft 2/2000, S.61-72.

Jonasson, Fredy: Die Ökonomische Karte 1:10 000 von Schweden, ihre Technologie, kar-tographische Gestaltung und Genauigkeit. Bildmessung und Luftbildwesen (1965) S.157-165.

Jonasson, Fredy; Ottoson, Lars: The Economic Map of Sweden – A Land Use Map with anAerial Photo Background. Bildmessung und Luftbildwesen (1974) S. 81-86.

Kähler, Martin: Radiometrische Bildverarbeitung bei der Herstellung von Satelliten-Bild-karten. Deutsche Geodätische Kommission, Reihe C, Heft 348, München 1989, 101 S.

Kellersmann, Henning: Farbige Luftbildkarten – nein danke? Bildmessung und Luftbild-wesen 53 (1985) S. 19-22.

Lehmann, Hartmut; Gehrke, Stephan; Albertz, Jörg; Wählisch, Marita; Neukum, Gerhardet al.: Großmaßstäbige topographische und thematische Mars-Karten. Photogrammetrie-Fernerkundung-Geoinformation, Heft 5/2005, S. 425-431.

List, F.K.; Helmcke, D.; Meissner, B.; Pöhlmann, G.; Roland, N.W.: Geologische Interpreta-tion des Tibesti nach Aufnahmen von Landsat-1 (Republik Tschad). Bildmessung undLuftbildwesen 46 (1978) S. 139-145.

Neukum, Gerhard; Neugebauer, Gustav: Fernerkundung der Planeten und kartographi-sche Ergebnisse. Schriftenreihe Studiengang Vermessungswesen der Hochschule derBundeswehr, Heft 14, München 1984, 100 S.

Pape, Erwin: Die Deutsche Grundkarte 1:5000 als Luftbildkarte. Bildmessung und Luftbild-wesen (1971) S. 194-198.

Schweißthal, Rudolf: Grundlagen, Bearbeitung und Herstellung großmaßstäbiger Luftbild-karten. Wiss. Arbeiten Lehrstühle für Geodäsie usw., TH Hannover, Heft 34, 1967.

Wewel, Franz; Scholten, Frank; Neuum, Gerhard; Albertz, Jörg: Digitale Luftbildaufnahmemit der HRSC – Ein Schritt in die Zukunft der Photogrammetrie. Photogrammetrie-Fern-erkundung-Geoinformation, Heft 6/1998, S. 337-348.