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Deutschlands Forstwirtschaft auf dem Holzweg BUND-Schwarzbuch Wald Redaktion Ralf Straußberger Nicola Uhde

Deutschlands Forstwirtschaft auf dem Holzweg BUND-Schwarzbuch … · 2019. 1. 31. · BUND-Schwarzbuch Wald Vorwort Mit dem Schwarzbuch Wald stellt sich der BUND nicht gegen die forstwirtschaftliche

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  • Deutschlands Forstwirtschaft auf dem Holzweg

    BUND-Schwarzbuch Wald

    Redaktion ■ Ralf Straußberger ■ Nicola Uhde

  • ■ BUND-Schwarzbuch Wald ■ 2009

    Inhalt

    3 Vorwort6 Persilschein für Raubbau

    Kernzone Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin

    9 Schwerwiegende Versäumnisse Kernzone Biosphärenreservat Spreewald

    12 Kahlschlag im Stadtwald Sommertalwald bei Meersburg

    14 Verkehrssicherung auf Vorrat FFH-Gebiet Flanken des Naabdurch -bruchtals zwischen Kallmünz und Mariaort

    16 Verheerender Eingriff Spessart, Forstbetrieb Heigenbrücken

    18 Schutzziele mit Füßen getretenNaturschutzgebiete Schwarzbruch undPechgraben

    20 Bonsai-Buchen im Nationalpark Nationalparke Vorpommersche Boddenlandschaft und Jasmund

    23 Alter Laubwald kahlgeschlagen Naturschutzgebiet Holzurburger Wald am Bederkesaer See

    26 Horst- & Höhlenbäume gefällt FFH- und Vogelschutzgebiet Sundern

    29 Biomasse um jeden Preis Elisenthal, Westertbachtal und Stromberg

    33 Finanzloch schluckt Staatswald 60 Waldflächen, insbesondere in der Eifel

    37 Entwertung von Lebensräumen Naturschutzgebiete Flotzgrün und Schwarzwald bei Mechtersheim

    41 Plündern vor Abgabe Ehemaliger Truppenübungsplatz Wentorfer Lohe

    44 Späte Einsicht Naturschutzgebiet Klüdener Pax-Wanneweh

    46 Deckmantel Verkehrssicherung Naturpark Kyffhäuser

    48 Fazit55 Abkürzungsverzeichnis56 Impressum

    Das BUND-Schwarzbuch Wald finden Sie hier als PDF:www.bund.net/schwarzbuch-wald

  • Vorwort

    Naturnahe Laubwälder, insbesondere Buchenwälder, sind das flächenmäßig bedeutendsteNatur erbe, das Deutschland zu bewahren hat. Aufgrund verschiedener historischer Entwicklun-gen wurde die Waldfläche in Deutschland auf etwa ein Drittel der Landesfläche zurückgedrängtund die ursprünglichen Laubwälder in Nadelholzforste umgewandelt. Die heutigen Wälder wer-den fast auf der gesamten Fläche mehr oder weniger intensiv bewirtschaftet. Nur 0,5 Prozentder Wälder unterliegen keiner forstlichen Nutzung.

    Der Deutsche Forstwirtschaftsrat, die Waldbesitzerverbände und die staatlichen Forstverwal-tungen behaupten, die derzeit praktizierte Waldwirtschaft genüge den gesetzlichen und natur-schutzfachlichen Anforderungen. Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen widerlegendies. Demnach sind viele Tier- und Pflanzenarten, die auf alte, naturnahe Wälder beziehungs-weise Naturwälder als Lebensraum angewiesen sind, durch die Waldwirtschaft der Gegenwartund der Vergangenheit bereits ausgestorben oder gefährdet. Immer wieder berichten Kreis- oderOrtsgruppen des BUND oder anderer Naturschutzverbände von schwerwiegenden Eingriffenund Schäden in deutschen Wäldern durch die Forstwirtschaft. Betroffen sind oftmals alte undökologisch wertvolle Laubwälder, sehr häufig auch in Schutzgebieten.

    Mit dem Schwarzbuch Wald möchte der BUND der Öffentlichkeit und insbesondere den Ver-antwortlichen in Politik und Verwaltung die derzeitigen Defizite in der deutschen Forstwirt-schaft aufzeigen. Am Beispiel von 15 Fallstudien aus elf Bundesländern verdeutlicht der BUND,dass es länderübergreifend ähnliche Fehlentwicklungen gibt.

    Obwohl in allen Waldbesitzarten Negativbeispiele zu verzeichnen sind, konzentriert sich dasSchwarzbuch auf die öffentlichen Wälder und in erster Linie auf den Staatswald. Denn diesemkommt eine Vorbildfunktion zu, er hat dem öffentlichen Wohl in besonderem Maße zu dienen.Wenn Naturschützer diese Eingriffe kritisieren, wird von Seiten der Behörden in der Regel dar-auf verwiesen, dass die forstlichen Maßnahmen keine Verstöße gegen Forst- und Naturschutz-gesetze oder Vorgaben der EU darstellen. Dies belegt die dringende Notwendigkeit der Novel-lierung der Waldgesetze mit verbindlichen Regelungen zur Beachtung der Ziele des Natur-schutzes, vor allem in den öffentlichen Wäldern. Überfällig ist auch die zügige Umsetzungbestehender EU-Richtlinien. Die hier dokumentierten Beispiele stellen leider keine Einzelfälledar. Ständig geben Aktive vor Ort neue Hinweise auf weitere Fälle an die Bundes-, Landes- undKreisgeschäftsstellen des BUND weiter.

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  • ■ BUND-Schwarzbuch Wald ■ Vorwort

    Mit dem Schwarzbuch Wald stellt sich der BUND nicht gegen die forstwirtschaftliche Nutzungder Wälder, da Holz ein vielseitiger, nachwachsender und damit umweltschonender Rohstoff ist,auf dessen nachhaltige Nutzung nicht verzichtet werden kann. Der Naturschutz im Wald unddie naturnahe Waldwirtschaft stehen jedoch unter erheblichem Druck angesichts zunehmenderBiomassenutzung und steigender Holzeinschläge, Forstreformen mit Personalabbau undGewinnmaximierung und der Verkehrssicherungspflicht. Gleichzeitig steigen aber auch Anfor-derungen der Gesellschaft und des Naturschutzes an den Wald.

    Deutschland hat sich auf der UN-Naturschutzkonferenz im Mai 2008 in Bonn für einen welt-weit besseren Schutz der Wälder engagiert und dafür auch finanzielle Mittel zur Verfügunggestellt. Nur wenn Deutschland auch im eigenen Land den Schutz der Wälder und deren nach-haltige Bewirtschaftung ernst nimmt, erfüllt die deutsche Politik die nationalen gesetzlichenVorgaben der Naturschutzgesetze und ist damit auch im internationalen Kontext glaubwürdig.So sind wir beim Waldschutz doppelt in der Pflicht. Ansonsten werden die berechtigten deut-schen Forderungen zum Schutz der Regenwälder von betroffenen Ländern nicht ernst genom-men.

    Prof. Dr. Hubert WeigerVorsitzender des BUND

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    Schwarzbuch Wald – 15 Fallbeispiele

  • ■ BUND-Schwarzbuch Wald ■ Kernzone Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin

    Bundesland: BrandenburgLandkreis: BarnimWaldbesitzart: Staatswald/LandeswaldVerantwortlich fürBewirtschaftung: Amt für Forstwirtschaft

    Eberswalde (jetzt Landes-betrieb Forst Brandenburg– Betriebsteil Eberswalde)– Oberförsterei Pechteich

    Zeitraum: Sommer 2008

    Tatbestand:Verstoß gegen Bundesnaturschutzgesetz, Bun -des artenschutzverordnung und gegen Prin -zipien einer pfleglichen Waldbewirtschaftungdurch Fällung wertvoller Alt- und Biotopbäu-me, Unterlassung einer FFH-Verträglichkeits-prüfung, Verstoß gegen NSG-Verordnung.

    Details: Im Sommer 2008 fanden umfangreiche forst-liche Einschlagmaßnahmen im sogenannten„Libanon“, dem Naturschutz- und FFH-Gebiet„Kienhorst, Köllnsee, Eichheide“ in der innerenSchorfheide, statt. Neben vielen anderen Ur -waldreliktarten wurde hier als prioritäre FFH-

    Art der Eremit festgestellt. Zusätzlich findensich in der Eichheide auch große Populationender FFH-Anhang II-Arten Hirschkäfer und Gro-ßer Eichenbock sowie ein Restvorkommen desseltenen Körnerbock-Käfers, der ebenfalls aufBiotopholz angewiesen ist. Beim Körnerbockhandelt es sich um das einzige Reliktvorkom-men in Mittel- und Norddeutschland. Dasnächste bekannte Vorkommen liegt in Hessen. Der Einschlag erfolgte auf 44 Hektar in zweiForstabteilungen. Hauptziel war die Erschlie-ßung mit Rückegassen gemäß den PEFC-Richtlinien. Etwa 2.000 Kubikmeter (circa4.500 Stämme) Holz, überwiegend Eichen,Birken, Buchen und uralte Kiefern, wurden beidem Eingriff geerntet, darunter eine großeMenge an ökologisch wertvollem Alt- undTotholz. Ein erheblicher Teil der Stämme wiesklar erkennbar umfangreich verpilzte Areale,Großhöhlen, große Mulmkörper und zum Teildeutlich erkennbare Larvengänge beziehungs-weise Schlupflöcher des Körnerbocks auf.Viele ältere Stammteile waren von Großhöh-len bildenden Pilzen wie Schwefelporling undEichenfeuerschwamm besiedelt. Zumindesteine vom Körnerbock besiedelte Altbuchewurde eingeschlagen. Heruntergebrochene

    Persilschein für Raubbau

    Riesige Polter mitökologisch wert-

    vollem Alt- undTotholz

    Kernzone Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin

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    Kronenteile von Uraltbuchen wurden aus demBestand gezogen und zum Abtransport bereit-gelegt. Erschwerend kommt hinzu, dass dasHolz über mehrere Monate im Wald gelagertwurde. Die riesigen Mengen an austrocknen-dem und verpilzendem Holz übten im Sommer2008 eine ungeheuere Anziehungskraft aufzahlreiche holzbrütende und streng geschütz-te Tiere aus und dienten als Bruthabitat. Fest-gestellt wurden unter anderem Larven vomEremiten und Körnerbock. Der größte Teil desHolzes wurde mitsamt der Brut der besondersstreng geschützten Arten aus dem Waldabtransportiert, an das Holzkraftwerk Ebers-walde abgegeben und somit vernichtet.

    Kritik bzw. Rechtsverstoß:Das damalige Amt für Forstwirtschaft Ebers-walde hat durch die Maßnahme eindeutiggegen § 41 und § 42 BNatSchG1 verstoßen, dadie Großhöhlen, Larvengänge und Pilzkonso-len eindeutig erkennbar gewesen sind und dasVorkommen des Körnerbocks bekannt war. Esliegen außerdem massive Verstöße gegen dieFFH-Richtlinie sowie die Biosphärenreservats-verordnung vor. Die Schutzvorschriften wur-den beim Verwaltungshandeln zu keinem Zeit-punkt angemessen berücksichtigt. Bei einerMaßnahme im Schutzgebiet besteht die Ver-pflichtung, zuvor in geeigneter Weise zu prü-fen, ob geschützte Arten beeinträchtigt wer -den. Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung wurdenicht durchgeführt. Die Zerstörung des Körnerbock-Habitats ent-spricht außerdem einem klarem Verstoß gegendie BArtSchV.

    Konsequenzen des Eigentümers, Wirtschafters bzw. der Behörden:Im August 2008 erstatteten der Biologe GeorgMöller und der Eberswalder WaldökologeAndreas Steiner wegen Verstoßes gegen dasNaturschutzgesetz Anzeige bei der Polizeisowie bei der Unteren Naturschutzbehörde

    gegen die Försterei Pechteich. Einen Verstoßkonnte aber weder die StaatsanwaltschaftFrankfurt (Oder) noch das Landesumweltamtfeststellen. Im Oktober 2008 fand auf Grund-lage dieser Anzeige eine Abschlussbespre-chung aller Verantwortlichen aus Forstwirt-schaft und Naturschutz statt. Anwesendwaren dabei Vertreter des Amtes für Forst-wirtschaft, der Unteren Naturschutzbehörde,des Landesumweltamtes, des Ministeriums fürLändliche Entwicklung, Umwelt und Verbrau-cherschutz sowie Sachverständige. Dabeiwurde als Ergebnis festgestellt: „Die Maßnah-men erfolgten nach den Prinzipien der ord-nungsgemäßen Forstwirtschaft (§ 4 LWaldG)“.Obwohl das Landesumweltamt das Protokollso nicht mittragen wollte und dagegen prote-stierte, wurde es bis heute nicht korrigiert.

    Schlussfolgerungen bzw. Forderungen des BUND:Die Brandenburger Forst- und Naturschutz-verwaltung ist offensichtlich weder fähignoch willens, eine Waldbewirtschaftungdurchzuführen oder durchzusetzen, die inhoch rangigen Schutzgebieten des Landeswal-des den naturschutzfachlichen Ansprüchen

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    Bruthöhlen derprioritären FFH-Art Eremit fielendem Eingriff zumOpfer.

  • ■ BUND-Schwarzbuch Wald ■ Kernzone Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin

    und den gesetzlichen Vorgaben entspricht.Dieser Fall offenbart, dass Forst- und Natur-schutzverwaltungen hier reihenweise versagthaben. Zuerst bei der Planung, dann bei derDurchführung der Maßnahmen und abschlie-ßend bei der Kontrolle. Diese Zustände sindnicht tragbar und müssen sich ändern. Geradebeim Vorkommen seltener Tier- und Pflanzen-arten, insbesondere von Anhang II- undAnhang IV-Arten nach der FFH- und SPA-Richtlinie, muss darauf Rücksicht genommenwerden und die Naturschutzverwaltung ist vorDurchführung der Maßnahme mit einzubezie-hen. Der Höhepunkt des Skandals bestehtallerdings darin, dass bei der oben genanntenAbschlussbesprechung in großer Runde quasiein „Persilschein“ für den Raubbau bezie-hungsweise für Verstöße gegen das Ver-schlechterungsverbot der FFH-Richtlinie aus-gestellt wurde. Hier müssen personelle Konse-quenzen gezogen werden. Ebenso macht die-ser Vorfall überdeutlich, dass eine ordnungs-gemäße Forstwirtschaft im Sinne einer gutenfachlichen Praxis definiert werden muss.

    1 § 41, Abs. 1, Satz 2, Ziff. 3 BNatSchG: „…Lebensstätten nicht ohne vernünftigen

    Grund zu beeinträchtigen oder zu zerstören.“§ 42, Abs. 1, Ziff. 1, BNatSchG: „Es

    ist verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen,

    sie zu fangen, sie zu töten oder ihre Entwicklungsformen, Nist-, Brut-, Wohn- oder

    Zufluchtstätten der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.“

    Brennholzpoltermit verpilzten

    Arealen, Groß-höhlen und

    großem Mulmkörper

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    Bundesland: BrandenburgLandkreis: Dahme-SpreewaldWaldbesitzart: Staatswald/LandeswaldVerantwortlich für Bewirtschaftung: Amt für Forstwirtschaft

    Lübben (jetzt: Landes -betrieb Forst Brandenburg– Betriebsteil Lübben) – Oberförsterei Krausnick

    Zeitraum: Januar 2008

    Tatbestand:Verstoß gegen Bundesnaturschutzgesetz, Bio-sphärenreservatsverordnung und gegen Prin-zipien einer ordnungsgemäßen und vorbildli-chen Waldbewirtschaftung (LWaldG) mitunpfleglicher Holzernte und Holzrücken sowiemassiven Bodenschäden

    Details: Im Januar 2008 fand auf einer als Totalreser-vat ausgewiesenen Landeswaldfläche des NSGInnerer Unterspreewald, welches Teil desUNESCO-Biosphärenreservates Spreewald ist,eine Hiebsmaßnahme statt, die als schwer-

    wiegender Verstoß gegen das Naturschutz-recht zu sehen ist.Im Revier Buchenhain wurde ein Verjüngungs-hieb für den Unternehmereinsatz ausgeschrie-ben. Dabei sollte mittels Harvestereinsatz dieHolzmenge des kommenden Jahrzehnts ineinem Eingriff entnommen werden, obwohldas verbindliche Forsteinrichtungswerk dieRealisierung der Entnahmemenge über zweiEingriffe vorsah. Die Maßnahme lief letztlichvöllig aus dem Ruder, weil ein Fahrer desbeauftragten Forstunternehmens rund 1.200Kubikmeter Holz, meist Eschen- und Erlen-Industrieholz sowie Stammholzabschnitte,mitten in die streng geschützte Kernzone I desNSG Innerer Unterspreewald verfrachtete undlagerte. In dieser Kernzone I sind keine forstli-chen Maßnahmen erlaubt und das Betreten istnur für wissenschaftliche Zwecke oder mitAusnahmegenehmigung erlaubt, die jedochnicht vorlag.Darüber hinaus wurde ein hinderlicher Grabeneinfach verrohrt, ein anderer verfüllt. Weil derWeg zugewachsen war und nachgab, wurdenentlang des Weges etwa 80 Bäume zur „Kor-rektur des Lichtraumprofils“ gefällt, wie es diezuständige PEFC-Auditorin nannte. Der Fahrer

    Im Naturschutz-gebiet (Zone 2)geschlagenes undauf der Trassedurch die nut-zungsfreie Kern-zone transpor-tiertes Holz.

    Schwerwiegende Versäumnisse

    Kernzone Biosphärenreservat Spreewald

  • ■ BUND-Schwarzbuch Wald ■ Kernzone Biosphärenreservat Spreewald

    hinterließ meterhohe Stöcke. Reisig und Prü-gel legte er zur besseren Lastverteilung überden Weg, die Bildung von über einen Metertiefen Gleisen wurde aber trotz erkennbarangelegter Bänder nicht verhindert.Daneben klagen Naturschutzgruppen vor Ortüber zu hohe Nutzungen in den Naturschutz-gebieten im Biosphärenreservat Spreewald.Der zuständige Leiter des damaligen Amtes fürForstwirtschaft Lübben gibt zu, dass im RevierBuchhain mit 9,9 Festmeter pro Hektar undJahr deutlich mehr eingeschlagen wird alsnachwächst (7,5 Festmeter). Die „überalter-ten“ Bestände im inneren Spreewald sollenabgebaut werden.

    Kritik bzw. Rechtsverstoß:Die verbotenen Eingriffe in das Totalreservatstellen klare Verstöße gegen die Biosphärenre-servatsverordnung dar. Die notwendige Aus-nahmegenehmigung wurde nicht eingeholt.Bei Vergabe von Leistungen an Unternehmerist das Amt für Forstwirtschaft für genaueEinweisung, Durchführung und laufende Kon-trolle des Unternehmers zuständig. Die Vorga-ben aus der Forsteinrichtung wurden missach-tet (§ 26, Abs. 4 LWaldG) und die Biosphären-

    reservatsverordnung wurde ignoriert. DieBodenschäden widersprechen dem Boden-schutzgesetz und dem Landeswaldgesetz (§ 4,Abs. 3, Ziff. 7, 8, 12). Die hohen Einschlägeund der Abbau der Altbestände widersprecheninsbesondere einer vorbildlichen und nachhal-tigen Bewirtschaftung unter vorrangigerBeachtung der Schutz- und Erholungsfunktio-nen (§ 26, Abs. 1 LWaldG).

    Konsequenzen des Eigentümers, Wirtschafters bzw. der BehördenNachdem der NABU-Kreisverband Spreewalddie Vorfälle aufgedeckt hatte, wies der Leiterdes damaligen Amtes für Forstwirtschaft Lüb-ben die Vorwürfe zunächst als „überzogen undpauschalisierend“ zurück (Lausitzer Rund-schau, 27.02.2008). Im Februar erstattete dasAmt für Forstwirtschaft jedoch Selbstanzeige,disziplinarische Maßnahmen wurden eingelei-tet, ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegendie beiden Waldarbeiter beim Umweltamt desLandkreises Dahme-Spreewald eröffnet. Als direkte Konsequenz aus dem missglücktenEinsatz hat die Oberförsterei Krausnick ihrePEFC-Zertifizierung verloren. Ein externer Gut-achter soll nun 2009 erneut eine Zertifizie-

    Tief verwundeteBöden blieben in

    der Kernzonezurück.

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    rungsprüfung für den Landeswald vornehmen.Des Weiteren sind neue Handlungsanweisun-gen ausgegeben worden und für bestimmteBiotoptypen, wie etwa alte Laubwälder, sollnun von der eher pauschalen 10-Jahres-Pla-nung abgewichen werden, eine jährliche, fle-xiblere Planung wird angestrebt.Für die geplante Erweiterung der Totalreserva-te im Spreewald auf eine Gesamtfläche vondrei Prozent haben sich sowohl das Biosphä-renreservat als auch das Amt für Forstwirt-schaft auf bestimmte Flächen geeinigt.

    Schlussfolgerungen bzw. Forderungen des BUND:Der BUND honoriert, dass das Amt für Forst-wirtschaft zumindest die Fehler im Totalreser-vat einräumt und Besserungen verspricht. Kri-tisiert wird allerdings, dass die Schäden alleinmit einem Versagen der Waldarbeiter bezie-hungsweise des Unternehmers begründetwerden. Da hier Defizite bei Planung, Durch-führung und Kontrolle der Eingriffe offen-sichtlich sind, liegen schwerwiegende Ver-säumnisse in der Führung des Amtes für Forst-wirtschaft beziehungsweise auf übergeordne-ter Ebene vor. Es wird gefordert, dass alle per-sonellen Ebenen der Waldbewirtschaftungüber die Naturschutzziele und deren Umset-zung intensiv geschult werden. In hochrangigen Schutzgebieten (Biosphären-reservat, Naturschutzgebiet) ist die Natur-schutzverwaltung vor Durchführung der Maß-nahmen mit einzubeziehen. Gerade bei derartökologisch wertvollen Flächen muss derNaturschutz Vorrang vor der forstlichen Nut-zung haben. Die Ausweitung von Totalreser-vatsflächen beziehungsweise Neuausweisungvon Flächen ohne forstliche Nutzung mussdaher das erklärte Ziel sein. In bewirtschafte-ten Wäldern sind konkrete Ziele wie zehn Bio-topbäume und 40 Festmeter Totholz pro Hekt-ar vorzusehen und zügig umzusetzen. Da diezu „weich“ gefassten PEFC-Kriterien nicht in

    der Lage sind, dem Naturschutz im Wald aus-reichend Rechnung zu tragen, sollten dieStaatswälder daher FSC- beziehungsweiseNaturland-zertifiziert werden.

    Fläche nach demHolzeinschlag imNSG InnererUnterspreewald(Zone 2)

  • ■ BUND-Schwarzbuch Wald ■ Sommertalwald bei Meersburg

    Bundesland: Baden-WürttembergLandkreis: BodenseekreisWaldbesitzart: KörperschaftswaldVerantwortlich für Bewirtschaftung: Stadt Meersburg – Kreis-

    forstamt BodenseekreisZeitraum: 2006 bis 2008

    Tatbestand:Verstoß gegen Prinzipien einer pfleglichenWaldbewirtschaftung, Beeinträchtigung desLandschaftsbildes und der Erholungsfunktiondurch Kahlschläge

    Details: Im Stadtwald Meersburg wurden in wichtigenstadtnahen Erholungswäldern im Landschafts-schutzgebiet Kahlschläge durchgeführt.Im Winter 2006/2007 wurden auf etwa dreiHektar rund 700 Festmeter Holz in Form einesKahlschlages eingeschlagen. Dabei wurdennur wenige ältere Bäume geschont und diebereits vorhandene Laubholz-Naturverjün-gung fast vollständig vernichtet. Ein Teil derFläche wurde danach mit Douglasie aufgefor-stet. Als Planung hatte das verpflichtende

    Forsteinrichtungswerk für das laufende Jahr-zehnt eigentlich zwei femelschlagartige Ein-griffe zur Förderung der vorhandenen Natur-verjüngung vorgesehen.Im Winter 2007/2008 wurde am Ost-Trauf desWaldteils Lichtengehau ein 40 bis 50 Meterbreiter Altholzstreifen vorwiegend aus Bucheund einigen Eichen und Kirschen ebenfalls inForm eines Kahlhiebes auf etwa einem Hektargeräumt und die hier ebenfalls bereits fast flä-chig vorhandene Laubholz-Naturverjüngungtotal vernichtet. Beide Flächen sind in der Waldfunktionenkar-tierung als Erholungswald ausgewiesen. BeideEingriffe wurden ausschließlich mit dem über-raschend schlechten Gesundheitszustand desBestandes in Verbindung mit der Verkehrssi-cherungspflicht begründet. Die Kahlschlägebeeinträchtigen das Landschaftsbild und dieErholungseignung des Waldes massiv.

    Kritik bzw. Rechtsverstoß:Die Kahlschläge verstoßen gegen §§ 14, 15, 46LWaldG in Verbindung mit § 45, Abs. 1 LWaldG.Die Vorgaben der Forsteinrichtung wurdenignoriert; somit liegt ein Verstoß gegen § 50LWaldG vor. Die überwiegende Mehrzahl der

    Kahlschlag im Stadtwald

    Sommertalwald bei Meersburg

    Sommertalwaldnach dem Kahl-

    schlag, der mitVerkehrssiche-

    rung begründetwurde

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    Stöcke, wie auch der noch am Weg lagerndenStämme, wurden durch zwei Gutachter imAnschluss an die Maßnahme als „kerngesund“im Sinne der Stabilität eingestuft. Eine einzel-stamm- bis gruppenweise Durchforstung inAnlehnung an die Vorgaben der Forsteinrich-tung hätte ausgereicht, um eine ausreichendeVerkehrssicherung zu gewährleisten, und siehätte die ökologischen Schäden auf ein trag-bares Maß reduziert.

    Konsequenzen des Eigentümers, Wirtschafters bzw. der Behörden:Im Vorfeld des Kahlschlages protestierten derBUND Meersburg und engagierte Bürger ausMeersburg und Umgebung als „Bürgerinitiati-ve gegen Kahlschlag im Sommertalwald“. Diesbrachte jedoch keine Einsicht bei der Stadt-verwaltung. Auch das anderslautende Forst-einrichtungswerk und eine Begehung desSommertalwaldes durch einen Forstsachver-ständigen, der den starken Eingriff in denstadtnahen Wald als äußerst bedenklich ein-stufte, zumal es bei der Vielzahl der Buchenum Bäume ging, die kein Verkehrsrisiko dar-stellten und die nur in einzelnen Fällen hättengefällt werden müssen, konnten den Kahl-schlag nicht aufhalten. Anstelle der altenBuchen wurden inzwischen obendrein auchnoch standortfremde Douglasien auf einemTeil der Fläche gepflanzt. Nachfolgend gab eskeine Verbesserungen, im Gegenteil: 2008machte der zuständige Revierleiter mit einemneuen Kahlschlag weiter (siehe oben).

    Schlussfolgerungen bzw. Forderungen des BUND:Nach übereinstimmender Ansicht zweierunabhängig voneinander urteilender Forst-sachverständiger können und müssen die bei-den Hiebsmaßnahmen als Musterbeispiele füreinen völlig unsensiblen Umgang mit einemwichtigen stadtnahen Erholungswald imLandschaftsschutzgebiet und ebenso für ein

    angesichts der bestehenden Tatsachen- undRechtslage völlig überzogenes Sicherheitsden-ken gelten. Der BUND fordert deshalb, dass Verkehrssiche-rungsmaßnahmen immer einzelbaumbezogenbegründet und durchgeführt werden müssen.Die Maßnahmen müssen den aktuellen Erfor-dernissen angemessen sein und dürfen nicht„auf Vorrat“ oder „im Vorgriff“ durchgeführtwerden. Kahlschläge und flächige Nutzungenim Zuge der Verkehrssicherung sind nichtzulässig. Grundsätzlich hält der BUND einegesetzliche Regelung der Verkehrssicherungfür zwingend notwendig, mit der die Pflichtender Waldbesitzer deutlich reduziert werden.Außerdem fordert der BUND eine Definitionder guten fachlichen Praxis für das Bundes-waldgesetz und die Ländergesetzgebung miteinem generellen Kahlschlagverbot.

    Durch den Kahl-schlag werdendas Landschafts-bild und die Erholungs -eignung beein trächtigt.

  • ■ BUND-Schwarzbuch Wald ■ FFH-Gebiet Flanken des Naabdurchbruchtals zwischen Kallmünz und Mariaort

    Bundesland: BayernLandkreis: RegensburgWaldbesitzart: StaatswaldVerantwortlich für Bewirtschaftung: Bayerische Staatsforsten

    AöR – Forstbetrieb Burg-lengenfeld

    Zeitraum: Januar 2007

    Tatbestand:Verstoß gegen Prinzipien einer sachgemäßenund vorbildlichen Waldbewirtschaftung undgegen das Waldgesetz durch Kahlschlag imRahmen von Verkehrssicherungsmaßnahmenin einem Natura 2000-Gebiet ohne FFH-Ver-träglichkeitsprüfung oder Einbeziehung derzuständigen Naturschutzbehörde

    Details: Im Januar 2007 fand im Bereich der Westhän-ge des Naabtals eine Hiebsmaßnahme durchden Forstbetrieb Burglengenfeld statt. DerEinschlag entspricht aus mehreren Gründennicht den Vorgaben des Bayerischen Waldge-setzes (vorbildlich nach Art. 18 und sachge-mäß nach Art. 4 und 14 BayWaldG). Mit der

    Begründung von Verkehrssicherungspflichtensind zahlreiche Bäume, vor allem Buchen, derSäge zum Opfer gefallen. Dabei wurde nichtnur das Straßenbegleitgrün unmittelbar ent-lang der Straße vollständig abgeräumt, son-dern bis auf einzelne Bäume und Jungwuchs-bestände auch die Hangbereiche bis in etwa150 Meter (fünf Baumlängen!) Entfernungoberhalb dieser Straße.

    Kritik bzw. Rechtsverstoß:Das betroffene Waldstück ist laut EU-Verord-nung Teil des FFH-Gebiets „Flanken des Naab-durchbruchtals zwischen Kallmünz und Mari-aort bei Regensburg“. Die möglichen negativenAuswirkungen der Hiebsmaßnahme wurdenvorher trotzdem nicht geprüft.Zusätzlich ist der Wald laut Waldfunktions-plan Bodenschutzwald. Diese Schutzfunktionist durch den Kahlschlag massiv beeinträch-tigt. Des Weiteren ist im Waldfunktionsplanan mehreren Stellen Wald mit der Bedeutungals Biotop und damit als wichtiger Lebens-raum für verschiedene Tier- und Pflanzenarteneingetragen, auch im Bereich der durchge-führten Maßnahme. Angrenzend ist das NSG„Naabtalhänge bei Pielenhofen“ ausgewiesen.

    Verkehrssicherung auf Vorrat

    Nach dem Kahl-schlag wegen

    „Verkehrssiche-rungspflichten“

    bleiben tiefeFahrrinnen und

    flächige Boden-schäden zurück.

    FFH-Gebiet Flanken des Naabdurchbruchtals zwischen Kallmünz und Mariaort

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    Ein solcher Eingriff im Verzahnungsbereichkann zu negativen Entwicklungen im NSGführen. Die landschaftlich prägenden Hängedes Naabtals wurden aufgerissen, das Land-schaftsbild wurde dadurch außerordentlichbeeinträchtigt. Damit wird gegen die Verord-nung des Landschaftsschutzgebietes versto-ßen, welches das Naabtal mit kleinen Neben-tälern von Kallmünz bis zur Naabmündung indie Donau umfasst.

    Konsequenzen des Eigentümers, Wirtschafters bzw. der Behörden:Die Vorwürfe wurden von der örtlichen BUND-Gruppe an die Bayerische Staatsforsten, dasAmt für Landwirtschaft und Forsten und andie Naturschutzbehörden herangetragen.Nachdem auch der Vorstand der Staatsforstendamit befasst wurde, lenkte er ein. Der Eingriffsei stärker ausgefallen als ursprünglich ge-plant. Für künftige Hiebsmaßnahmen sollenkürzere Abschnitte und kleinere Arbeitsfeldergewählt werden, um die Auswirkungen aufÖkologie und Landschaftsbild so gering wiemöglich zu halten. Die entsprechenden Natur-schutzbehörden und auch die BUND-Gruppenvor Ort werden nunmehr teilweise aktiver indie Staatswaldbewirtschaftung mit einbezo-gen, beispielsweise durch einen gemeinsamenOrtstermin vor der nächsten Maßnahme.

    Schlussfolgerungen bzw. Forderungen des BUND:In derartigen ökologisch sensiblen Bereichenist es geboten, die Waldbewirtschaftung sodifferenziert zu gestalten, dass der Wald allseine Funktionen (unter anderem für dasLandschaftsbild, als Biotop, für den Boden-schutz) dauerhaft erfüllen kann. Verkehrssi-cherungsmaßnahmen dürfen nicht als Vor-wand für sonst nicht zulässige Einschläge oderflächige Nutzungen bis hin zum Kahlschlagmissbraucht werden. Sie dürfen auch nicht„auf Vorrat“ für die nächsten Jahrzehnte

    durchgeführt werden. Detaillierte Gutachtenmüssen die Notwendigkeit des Vorgehens vorder Durchführung bestätigen. Zur Einschät-zung der Stabilität beziehungsweise der Ver-kehrsgefährdung eines Baumes in Straßennä-he ist eine detaillierte, einzelbaumweise Prü-fung notwendig. Nicht jeder Baum am Stra-ßenrand ist ein Risiko. Denn dann dürfte eskeinen Baum mehr in der Stadt geben. Ent-scheidend ist, das Risiko zu beurteilen. Dafürgibt es die VTA-Methode, bei der der Baumnach verschiedenen Kriterien (zum BeispielKronenausformung, Verhältnis Krone-Stamm-Wurzel) beurteilt wird. Angesichts sich häufender Fälle von streifen-weisen bis flächigen Entnahmen entlang vonVerkehrswegen ist zu befürchten, dass einzel-baumbezogene Verkehrssicherungsmaßnah-men umgangen werden sollen, weil diesemehr Personal vor Ort im Wald und gegebe-nenfalls mehr Kosten verursachen. Deshalbwerden anscheinend mögliche „Problembäu-me“ vorsorglich entnommen. Die Vorgaben desWaldgesetzes, der Waldfunktionspläne und fürdie Bewirtschaftung von FFH-Gebieten müs-sen in ihrer Gesamtheit eingehalten werden.Übergeordnetes Ziel sollte es nach BUND-Auf-fassung allerdings sein, die Verkehrssiche-rungspflichten der Waldbesitzer deutlich zureduzieren. So sollten die Waldbesitzer gegen-über Waldbesuchern, Waldnutzern undAngrenzern nicht für natur- oder waldtypi-sche Gefahren haften, insbesondere nicht fürsolche, die von lebenden oder toten Bäumen,sonstigem Aufwuchs oder natürlichem Boden-zustand, also von sogenannten „waldtypi-schen“ Gefahren, ausgehen.

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  • ■ BUND-Schwarzbuch Wald ■ Spessart, Forstbetrieb Heigenbrücken

    Bundesland: BayernLandkreis: AschaffenburgWaldbesitzart: StaatswaldVerantwortlich für Bewirtschaftung: Bayerische Staatsforsten

    AöR – Forstbetrieb Hei-genbrücken

    Zeitraum: Winter 2007/2008

    Tatbestand:Verstoß gegen Prinzipien einer sachgemäßenund vorbildlichen Waldbewirtschaftung undgegen das Waldgesetz durch Kahlschlag, Ent-nahme von Biotopbäumen und Bodenschäden

    Details: Im Winter 2007/2008 fanden im Spessart imBereich des Forstbetriebes Heigenbrücken, derfür 17.000 Hektar Staatswald verantwortlichist, großflächige Hiebsmaßnahmen statt. Die Bund Naturschutz Orts- und Kreisgruppenkritisierten stark aufgelichtete Waldbeständebis hin zum Kahlschlag auf zwei Hektar der Flä-che. Die Folgen dieses verheerenden Eingriffswaren außerdem reihenweise gefällte Biotop-

    bäume und durch Rückemaschinen zerfurchteWaldböden aufgrund fehlenden Winterfrosts.

    Kritik bzw. Rechtsverstoß:Durch die Zerstörung von Höhlenbäumenwurde eindeutig gegen §§ 41 und 42 BNatschGverstoßen. Verstoßen wurde auch gegenBestimmungen des Bayerischen Waldgesetzes,etwa gegen Art. 18 (vorbildliche Bewirtschaf-tung im Staatswald) und Art. 14 BayWaldG,nach dem Wald im Sinne des Waldgesetzessachgemäß zu bewirtschaften und vor Schä-den zu bewahren ist. Dabei sind die Wälderbedarfsgerecht und naturschonend zu er -schließen und Kahlhiebe zu vermeiden (Art. 14BayWaldG).

    Konsequenzen des Eigentümers, Wirtschafters bzw. der Behörden:Nachdem die Defizite aufgedeckt wurden, fan-den mehrere Gespräche zwischen dem BundNaturschutz und dem Forstbetrieb statt. DerForstbetrieb Heigenbrücken zog einige positiveKonsequenzen. So sollen Biotopbäume nunkünftig deutlicher markiert werden, die Försterwurden naturschutzfachlich geschult und dieWaldwege wieder instand gesetzt.

    Verheerender Eingriff

    Ein ganzer Hangwald fiel der „Verkehrs -

    sicherungs-pflicht“ zum

    Opfer.

    Spessart, Forstbetrieb Heigenbrücken

  • 17

    Ebenso wurde über eine Extensivierung derNutzung der alten Laubwälder diskutiert. Inder Folgezeit wurden einige weitere Kritik-punkte an der Arbeit des Forstbetriebes Hei-genbrücken geäußert, die teilweise auch vonden Naturschutzbehörden geprüft werden, sozum Beispiel die Trockenlegung eines Erlen-bruchs, das Befahren von moorartigen Flächen(Fahrspuren) oder das Verfüllen von Laich -gewässern zur Laichzeit (Quellgebiet mit Feuer salamanderlarven!). Eine Reihe von Bildern der verschiedenen Eingriffe sind unterwww.spessart-wald.de zu sehen.

    Schlussfolgerungen bzw. Forderungen des BUND:Die Häufung und die Dimension der Verstößegegen Naturschutz- und Forstrecht lässt denSchluss zu, dass Naturschutzbelangen nichtder erforderliche Stellenwert eingeräumt, son-dern ökonomischen Zielen untergeordnet wur-den. Es tritt ein eklatantes Missverhältnis zwi-schen den verkündeten Zielen der BayerischeStaatsforsten und der Umsetzung vor Ort zuta-ge, die massiv im Widerspruch zu einer vor-bildlichen Waldwirtschaft mit Optimierung desGesamtnutzens steht (Art. 18 BayWaldG).Besonders wird kritisiert, dass die Natur-schutzziele in vielen Forstbetrieben immernoch nicht umgesetzt werden – und dies dreiJahre nachdem sie vom Vorstand verkündetwurden. Die Vorbildfunktion des Staatswaldesmuss deshalb messbar und nachprüfbargemacht werden, um solche Fehler künftigvermeiden zu können. Die im Waldgesetz fest-gesetzten Gemeinwohlziele müssen im Staats -wald vorbildlich umgesetzt werden. Gewinn-maximierung (Hiebsatz: 130.000 Festmeter!)darf daher nicht oberstes Ziel sein. Die Sicherung der biologischen Vielfalt ist bei allen Maßnahmen zu berücksichtigen, Bio-top-, Nist- und Höhlenbäume dürfen nichtgenutzt werden.

    Analog zum Nachbarforstbetrieb Rothenbuchist der Hiebsatz zu reduzieren, damit Natur-schutzziele umgesetzt werden können, ohnedass andernorts dies durch Übernutzungenausgeglichen werden muss. Eine weitere Reduktion des Forstpersonalsmuss unterbleiben. Bereits jetzt beträgt diedurchschnittliche Reviergröße etwa 2.000Hektar, was eine verantwortungsvolle Betreu-ung kaum mehr ermöglicht. Ein wirklichesKontrollorgan für die Forstbetriebe fehlt. Diefür die Forstaufsicht zuständigen Ämter fürErnährung, Landwirtschaft und Forsten sindaufgrund der Forstreform 2005 ebenfalls per-sonell häufig deutlich unterbesetzt, eine aus-reichende Kontrolle ist daher nicht möglich.Im Spessart konnte das zuständige Amt fürLandwirtschaft und Forsten erst bei einerBegehung nach dem Einschlag die widerrecht-liche Fällung der Biotopbäume feststellen undnicht schon zu einem früheren Zeitpunkt ein-schreiten.

    16 |

    Wertvolle Höhlenbäumewurden im Zugeder Maßnahmebeseitigt.

  • ■ BUND-Schwarzbuch Wald ■ Naturschutzgebiete Schwarzbruch und Pechgraben

    Bundesland: HessenLandkreis: OffenbachWaldbesitzart: KommunalwaldVerantwortlich fürBewirtschaftung: Landesbetrieb Hessen-

    Forst – Forstamt LangenZeitraum: Ende 2008/Anfang 2009

    Tatbestand:Verstoß gegen die forstwirtschaftlichen Aufla-gen der NSG-Verordnung und Abwertung desFFH-Lebensraumtyps ohne FFH-Verträglich-keitsprüfung (betreffend den FFH-Lebens-raumtyp 9160)

    Details: Im Winter 2008/2009 wurden auf etwa elfHektar Waldfläche insgesamt 400 FestmeterAltbäume der Baumarten Eiche und Linde ent-nommen. Die betroffenen Waldabteilungensind Bestandteile des FFH-Gebiets 5919-303„NSG Schwarzbruch und NSG Pechgraben beiSeligenstadt“. Zusätzlich ist das Gebiet alsNSG „Pechgraben bei Klein-Krotzenburg“ seit1995 geschützt. Dabei wurden im Gebiet teil-weise Rückegassen angelegt, deren Fahrspu-

    ren durch bis zu 50 Zentimeter tiefe Gleisbil-dungen gekennzeichnet sind. Durch die Ent-nahme großer Mengen an Althölzern wurdedas Biotopholzpotenzial im Gebiet deutlichverschlechtert. Darunter waren auch Höhlen-bäume, die nicht gekennzeichnet waren undinsbesondere für Fledermäuse eine Habitat-funktion hatten. Sogenannte „Biotopbauman-wärter“ als Nachfolger der zum Teil deutlichälteren Biotopbäume sind entnommen wor-den. Zusätzlich wurden das gesamte Kronenmate-rial und sogar teilweise die Wurzelstöcke vonder Waldfläche entfernt und auf die Seitegeräumt. Durch Räumung einer größeren Teil-fläche (knapp 0,5 Hektar) ist eine Freiflächefast ohne Bewuchs entstanden. Diese Flächewurde zwischenzeitlich eingezäunt, um eineNeubegründung mit Eichen zu beginnen. Hier-zu ist gemäß NSG-Verordnung ausschließlicheine Verjüngung auf natürlichem Wege zuläs-sig. Durch Belassen der Kronenreste hätte maneiner Naturverjüngung bessere Startchanceneinräumen können, da sie einen natürlichenSchutz vor Wildverbiss bieten.

    Schutzziele mit Füßen getreten

    Eingeschlagenedicke Altbäume

    im Naturschutz-gebiet

    Pechgraben

    Naturschutzgebiete Schwarzbruch und Pechgraben

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    Kritik bzw. Rechtsverstoß:Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung ist nichterfolgt und die möglichen negativen Auswir-kungen der Hiebsmaßnahme wurden vorhernicht geprüft. Die Maßnahmen wie flächigeRäumung bis hin zum Kahlschlag, Bodenschä-den und Entnahme der Altbäume widerspre-chen der NSG-Verordnung, die explizite Aus-sagen zu einer nur eingeschränkt und aus-schließlich den Schutzzielen dienenden forst-lichen Bewirtschaftung enthält. Dieser Schutzist durch die massive Entnahme von Altholzund die dabei teilweise entstandene Freiflächenicht mehr gegeben.

    Konsequenzen des Eigentümers, Wirtschafters bzw. der Behörden:Das zuständige Forstamt und die Obere Natur-schutzbehörde (!) sehen lediglich Problemeund unzureichende Aktivitäten im Bereich derKommunikation mit Vertretern der Natur-schutzverbände. Die Kommunikation soll inZukunft im Rahmen der jeweiligen Pflege-planbesprechungen und vor Durchführung vonweiteren Maßnahmen verbessert werden.

    Schlussfolgerungen bzw. Forderungen des BUND:Um derart gravierende Eingriffe in das ökolo-gische Potenzial geschützter Waldbestände inZukunft wirksam zu verhindern, muss dergesamte Waldbestand im Naturschutzgebiet,der insgesamt nur eine Fläche von elf Hektarausmacht, aus der Nutzung genommen wer-den. Dazu ist die NSG-Verordnung, die bislangohnehin nur noch kleinere und zielgerichteteforstliche Maßnahmen zulässt, zu ändern. Soist auf jegliche forstwirtschaftliche Nutzungzu verzichten, eventuell kann die Natur-schutzbehörde dem Wald dienende Maßnah-men veranlassen. Hierbei sind Fällung undEntnahme von Bäumen auszusparen.

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    oben: Wertvolle Biotopbäume für holzbewoh-nende Käfer, Fledermäuse und Vögelwurden beseitigt.

    unten: Neben einem ausgeräumten Waldwaren Bodenschäden das Ergebnisdieser forstlichen Maßnahme.

  • ■ BUND-Schwarzbuch Wald ■ Nationalparke Vorpommersche Boddenlandschaft und Jasmund

    Bundesland: Mecklenburg-Vorpommern

    Landkreis: RügenWaldbesitzart: LandeswaldVerantwortlich für Bewirtschaftung: Nationalparkamt

    VorpommernZeitraum: 2005 bis 2009

    Tatbestand:Verstoß gegen die FSC-Richtlinien, die Natio-nalparkverordnung, die Jagdverordnung, dieWaldbehandlungsrichtlinie sowie falschesWildtiermanagement in den NationalparkenVorpommersche Boddenlandschaft und Jas-mund

    Details: Mit Wirkung vom 01.01.2004 wurden die Lan-deswälder in den Großschutzgebieten inMecklenburg-Vorpommern mit dem FSC-Sie-gel (hier Gruppenzertifikat) zertifiziert. ImNovember 2005 entdeckten Anwohner diverseVerstöße gegen die FSC-Richtlinien, die Natio-nalparkverordnung, die Jagdvorordnung unddie Waldbehandlungsrichtlinie. Beim Audit im

    Nationalpark Vorpommersche Boddenland-schaft am 16.03.2006 wurden unter anderemfolgende Mängel festgestellt: ■ Entnahme von Biotop- und Totholz sowie

    dessen Aufarbeitung zu Brennholz■ tiefe und flächige Bodenbearbeitung mit

    dem Paint-Plant-Verfahren zur Pflanzvor-bereitung

    ■ unzureichendes Wildtiermanagement■ Pflanzung von nicht standortgerechten

    Pflan zen (zum Beispiel Roteiche und Haus-apfel)

    ■ Einzelschutz von nicht standortgerechtenBaumarten (zum Beispiel Strobe)

    ■ mangelhafte Öffentlichkeitsarbeit und Ein-beziehung der Interessengruppen

    ■ fehlendes innerbetriebliches Monitoring■ fehlende Aussagen der Forsteinrichtung

    über Totholz, Wild- und Rückeschädensowie zur Personalsituation

    Das Zertifikat wurde daraufhin ausgesetzt.Das Land hat die Mängel akzeptiert, woraufdas Siegel kurz darauf wieder eingesetztwurde.

    Bonsai-Buchen im Nationalpark

    Kaum Naturver-jüngung durch

    falsches Wildtier-management im

    NationalparkVorpommersche

    Boddenland-schaft

    Nationalparke Vorpommersche Boddenlandschaft und Jasmund

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    Beim Kontrollaudit am 17.07.2007 wurden inbeiden Nationalparken erneut erheblicheMängel festgestellt. Darunter waren:■ Jagd und Wildtiermanagement: sieben

    Verstöße, davon zwei schwere■ Waldumbau: fünf Verstöße, davon zwei

    schwere■ Kommunikation: fünf Verstöße, davon zwei

    schwere■ Arbeitsschutz: ein schwerer Verstoß

    Die sieben schweren Verstöße führten dannwiederum zur Suspendierung des Zertifikates.Zu ihnen zählten: ■ unzulässiger Laubholzeinschlag■ unzulässige Bodenbearbeitung■ Nichteinhaltung der Abschusspläne■ mangelnde innerbetriebliche Kommunikation■ Mängel bei der Umsetzung der Arbeitssi-

    cherheitDas Zertifikat wurde daraufhin erneut länger-fristig ausgesetzt.

    Laut FSC Deutschland ist es weltweit einmalig,dass ein Betrieb zweimal hintereinander mit sotiefgreifenden Mängeln das Zertifikat verliert.Es ist ein Skandal, dass es einem Nationalpark-amt nicht gelingt, die FSC-Standards einzuhal-ten, die in Schutzgebieten in erster Linie dieEinhaltung der eigenen Schutzgebietsverord-nungen und -richtlinien darstellen.

    Kritik bzw. Rechtsverstoß:Nichteinhaltung der FSC-Richtlinien, derNationalparkverordnung, der Jagdverordnungund der Waldbehandlungsrichtlinie

    Konsequenzen des Eigentümers bzw. Wirtschafters bzw. der Behörden:Auffällig war in allen Fällen, dass die Natio-nalparkverwaltung keinerlei Einsicht zeigte,sondern immer wieder die von ihr durchge-führten Maßnahmen verteidigte. Das zuständige Ministerium für Landwirt-

    schaft, Umwelt und Verbraucherschutz unddas Nationalparkamt sahen das Land durch dieÖffentlichkeitsarbeit der NGOs zu den Sach-verhalten in ein schlechtes Licht gerückt.Anstatt die Mängel konsequent abzustellen,ließ das Ministerium das FSC-Zertifikat zum31.12.2008 auslaufen und erneuerte den Ver-trag nicht. Das derzeitige Hauptproblem ist das nichtnationalparkgerechte Wildtiermanagement inbeiden Nationalparken. Eine Arbeitsgruppe ausVertretern der zuständigen Abteilungen imMinisterium, den Verbänden und Fachleutenhat in den letzten drei Jahren zum Thema zwarein umfangreiches Kompromisspapier erarbei-tet, das von allen Seiten getragen wurde. Derzuständige Minister, Till Backhaus, will esjedoch in vier entscheidenden Punkten wiederaufweichen. Unter dem Blickwinkel der Natio-nalparkzielstellung sind diese Punkte nichtnachvollziehbar. So sollen die Jagd auf Präda-toren bei Gesellschaftsjagden erlaubt sein,zahlende Gäste die Möglichkeit der Teilnahmean Gesellschaftsjagden haben, Kirrungen inSchilf- und Farngebieten zulässig sein sowieeine Aufweichung der vorgeschlagenen Jagd-zeiten erfolgen.

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    Bonsai-Niveau:von großen Dam-wildherden abge-weidete Buchen-verjüngung imNationalpark Jasmund

  • ■ BUND-Schwarzbuch Wald ■ Nationalparke Vorpommersche Boddenlandschaft und Jasmund

    Das Nationalparkamt Vorpommern setzt keinkonsequentes nationalparkgerechtes Wildtier-management um. Trophäenschauen undSchauen der Abwurfstangen vermitteln immerwieder überholte Hegekriterien, die jederwildbiologischen Begründung entbehren. Durch die Mitgliedschaft in den Hegegemein-schaften und deren Restriktionen für die Jagdwerden darüber hinaus ausreichend hoheAbschusszahlen und effektive nationalparkge-rechte Jagdmethoden blockiert. Trotz erheblicher Verstöße und wiederkehren-der Mängel sowie fehlender grundsätzlicherEinsicht in die Notwendigkeit der Veränderun-gen gab es keine personellen Konsequenzen.

    Schlussfolgerungen bzw. Forderungen des BUND:In den Nationalparken Vorpommersche Bod-denlandschaft und Jasmund muss stärker aufdie konsequente Umsetzung der Nationalpark-verordnung, der Jagdverordnung sowie derWaldbehandlungsrichtlinie geachtet werden. In die neue Jagdverordnung muss das von derAG Wildtiermanagement erarbeitete Kompro-misspapier ohne Abweichungen Eingang fin-

    den. Das Ministerium muss sich stärker vor Ortum die Durchsetzung der jagdlichen Vorgabenkümmern. Das Nationalparkamt muss aus denbeiden Hegegemeinschaften herausgelöst wer-den. Solange es keine adäquate externe Kon-trollmöglichkeit gibt, sollte FSC grundsätzlichwieder eingeführt werden. Für die Nachfolge des amtierenden National-parkleiters, der im August 2010 in Ruhestandgeht, muss eine Person gefunden werden, diesich mit dem Nationalparkgedanken identifi-ziert und hinter den Leitzielen des Schutzge-bietes steht.

    Flächiges Befahren zur

    Anlage vonPflanzrinnen

    führt zu Boden-und Wurzel -

    schäden.

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    Bundesland: NiedersachsenLandkreis: CuxhavenWaldbesitzart: StaatswaldVerantwortlich für Bewirtschaftung: Niedersächsische

    Landesforsten – Forstamt Harsefeld

    Zeitraum: Winter 2005/2006

    Tatbestand:Missachtung der Vorgaben der FFH-Richtlinie,Verstoß gegen Prinzipien einer pfleglichenWaldbewirtschaftung durch Kahlschlag undEntnahme von Alt- und Biotopbäumen

    Details: Im Winter 2005/2006 führte die Revierförste-rei Holzurburg des Forstamtes Harsefeld derAnstalt Niedersächsische Landesforsten einenungefähr drei Hektar großen Kahlschlag imHolzurburger Wald bei Bad Bederkesa durch.Auf der Fläche stockten etwa 225-jährigeBuchen und Eichen. Im Kahlschlagsgebietblieb kein Baum stehen. Der Kahlschlag fandinnerhalb des FFH-Gebietes „Ahlen-Falkenber-

    ger Moor, Seen bei Bederkesa“ statt und hatden FFH-Lebensraumtyp „Eichen-Hainbu-chenwälder“ betroffen. Das Gebiet ist heuteNaturschutzgebiet (NSG), zum Zeitpunkt derMaßnahme befand sich das NSG im Auswei-sungsverfahren, die rechtsverbindliche Erklä-rung stand noch aus. Die naturschutzfachlicheBedeutung war jedoch allseits bekannt.Außerdem wurden weitere Einzelbäumehohen Alters in der Umgebung entnommen.

    Die Nutzung des Bestandes war nach Meinungder Forstverwaltung notwendig, da einebeginnende Kernfäule festgestellt worden sei,die zu einer erheblichen Wertminderung deswertvollen Rohstoffes Holz geführt habe. Dar-über hinaus sei die Maßnahme auch zuranschließenden künstlichen Verjüngung desBestandes durch Pflanzung notwendig gewe-sen, da eine natürliche Verjüngung und klein-flächige Pflanzungen nach Aussage des Forst-amtes aufgrund von Wildverbiss und Brom-beerwuchs verhindert worden sei. Folge derEingriffe war, dass der Mittelspecht, der dasGebiet gerade wieder neu besiedelt hatte,wieder vertrieben worden ist. Dem Forstamt

    Auf einer Flächevon drei Hektarwurden über 200Jahre alte Eichenund Buchen imFFH- Gebietgefällt.

    Alter Laubwald kahlgeschlagen

    Naturschutzgebiet Holzurburger Wald am Bederkesaer See

  • ■ BUND-Schwarzbuch Wald ■ Naturschutzgebiet Holzurburger Wald am Bederkesaer See

    Harsefeld, das in Folge der Forstreform erstseit dem 01.01.2005 für die Bewirtschaftungdes Waldgebietes zuständig war, war das Mit-telspechtvorkommen nicht bekannt.

    Kritik bzw. Rechtsverstoß:Der Kahlschlag widerspricht § 12 NWaldG,nach dem Kahlschläge von mehr als einemHektar anzeigepflichtig sind, und dem Grund-satz Nr. 6 des LÖWE-Programms, der lediglicheine einzelstamm- bis gruppenweise Nutzunghiebsreifer Bestände vorsieht (Zielstärkennut-zung). Die europäischen Vorgaben der FFH-Richtlinieund der Vogelschutzrichtlinie wurden nichteingehalten, da der Erhaltungszustand der zuschützenden Lebensraumtypen verschlechtert,Wohnstätten von der Vogelschutzrichtlinieunterstehenden Arten zerstört und die beiderartigen Eingriffen vorgeschriebene Ver-träglichkeitsprüfung nicht durchgeführt wur-den (Verstoß gegen § 34 NNatG). Da der Mit-telspecht eine nach Bundesnaturschutzgesetzbesonders und streng geschützte Art ist, stelltdie Vernichtung seiner Brutstätten außerdemeinen Verstoß gegen § 42 BNatSchG dar.

    Konsequenzen des Eigentümers, Wirtschafters bzw. der Behörden:Nachdem BUND- und NABU-Gruppen sowiePolitiker die Eingriffe kritisiert hatten, zeigtesich das zuständige Forstamt überrascht undräumte Kommunikationsdefizite ein. Im März2006 lenkte die Forstverwaltung ein. In einerAnhörung im Umweltausschuss des Landkrei-ses Cuxhaven sagte die Forstverwaltung zu,zukünftig mit der Unteren Wald- und Natur-schutzbehörde enger zusammenzuarbeitenund frühzeitiger über Maßnahmen zu infor-mieren. Dennoch wurde an der Rechtmäßig-keit des Handelns als ordnungsgemäße Forst-wirtschaft festgehalten.Der Umweltausschuss des Landkreisesbeschäftigte sich mit dem Sachverhalt und

    kritisierte den „vollzogenen großflächigenKahlschlag des bisher größten zusammenhän-genden und ökologisch wertvollen Alteichen-bestands des Landkreises Cuxhaven im Holzur-burger Wald. In Zukunft muss eine verbindli-che Regelung bei Waldeinschlagmaßnahmengetroffen werden. Gegenseitige Information,Absprache und fachliche Zusammenarbeit vonForstverwaltung und der Unteren Natur-schutzbehörde des Landkreises Cuxhavenmüssen erfolgen. Auslichten der Altbeständesollte vor großflächigen Kahlschlägen stehen.“(Niederschrift aus der Sitzung des Umwelt-ausschusses, 07.03.2006). Die Umsetzung die-ses Beschlusses lässt bis heute allerdings zuwünschen übrig.

    Schlussfolgerungen bzw. Forderungen des BUND:Der schwerwiegende Eingriff macht deutlich,dass es vordringlich ist, umgehend Manage-mentpläne für die FFH-Gebiete aufzustellen.Die Bewirtschaftung in FFH-Gebieten mussauf aussagekräftigen Managementplänenberuhen. Die Aufstellung dieser Pläne hatumgehend zu erfolgen. Es ist nicht akzeptabel,dass nach Planung des zuständigen Nieder-sächsischen Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz noch Jahre ins Land gehen sollen,bis flächendeckend die Erstellung vonManagementplänen abgeschlossen sein soll.Bis diese vorliegen, muss die Forstverwaltungdurch geeignete Vorgaben sicherstellen, dasses zu keinen negativen Eingriffen und schlei-chenden Entwertungen der FFH-Gebietekommt. Deshalb sollten in den ökologischwertvollsten alten Laubwäldern die Nutzun-gen zurückgestellt werden. Für die übrigenBestände sind konkrete Ziele wie zehn Biotop-bäume und 40 Festmeter Totholz pro Hektarvorzusehen und zügig umzusetzen.Die fehlende ökologische Sensibilität und dienicht vorhandenen Kenntnisse über dieBesonderheiten des Gebietes machen zweier-

  • 24 | 25

    lei deutlich. Zum einen, dass die Forstreformmit einem Wechsel der Zuständigkeitenschädlich ist für eine vorbildliche Waldbewirt-schaftung auf hohem ökologischen Niveau,die fach- und ortskundiges Personal vor Orterfordert. Zum anderen zeigt sich, dass dieForstämter bei der aktuellen Personalausstat-tung und Zielsetzung mit der Bewirtschaftungökologisch besonders wertvoller Wälderoffensichtlich fachlich überfordert sind.

    Die Rückkehr zu großflächigen Kahlschlägenals Verjüngungsverfahren für Eichen bedeuteteine Abkehr von einer naturnahen Forstwirt-schaft. Als Gründe für das „Misslingen“ klein-flächiger Verjüngungsverfahren nennt dasForstamt Wildverbiss und Brombeerwuchs.Damit ist klar, dass zu hohe Wildbestände dieeigentliche Ursache darstellen, die eine natür-liche Verjüngung der Eichen verhindert und zueiner „Verunkrautung“ der Flächen mit Grasund Brombeere führt. Deshalb gilt es, dieungelöste Wald-Wildfrage anzugehen und dieüberhöhten Schalenwildbestände abzubauen.Kahlschläge sind kein probates Mittel zurWaldverjüngung und daher gesetzlich generellzu verbieten. Naturverjüngung ist anderenVerjüngungsverfahren vorzuziehen. Waldbe-stände über 200 Jahre sind grundsätzlich ausder Nutzung zu nehmen.Bei Maßnahmen in Waldnaturschutzgebietensind vorab die zuständigen Naturschutzbehör-den zu beteiligen und die Öffentlichkeit sowiedie Naturschutzverbände zu informieren. LÖWE-Programm: Die Landesregierung hat

    1991 das niedersächsische Programm zurlangfristigen ökologischen Waldentwicklungin den Landesforsten (LÖWE) beschlossen unddamit den Landeswald stärker in die Verant-wortung genommen als andere Waldbesitzar-ten. Sie hat der Landesforstverwaltung damitein zukunftsorientiertes, in 13 Grundsätzenprägnant dargestelltes Instrumentarium forst-lichen Wirkens als verbindliche Richtschnur andie Hand gegeben.

    In der weiterenUmgebung wur-den außerdemviele alte Biotop-bäume entnom-men, darunterdiese alte Eiche

  • ■ BUND-Schwarzbuch Wald ■ FFH- und Vogelschutzgebiet Sundern

    Bundesland: NiedersachsenLandkreis: HelmstedtWaldbesitzart: StaatswaldVerantwortlich für Bewirtschaftung: Niedersächsische

    Landesforsten – Forstamt Wolfenbüttel

    Zeitraum: 2005 bis 2008

    Tatbestand:Missachtung der Vorgaben der FFH-Richtlinie,Verstoß gegen Prinzipien einer pfleglichenWald bewirtschaftung durch Entnahme vonAlt- und Biotopbäumen sowie Überschreitungdes Nachhaltshiebsatzes durch zu hohe Ein-griffstärken

    Details: Im den letzten Jahren führte das ForstamtWolfenbüttel der Niedersächsischen Landes-forsten mehrere Einschläge im FFH-GebietSundern durch.Der Sundern gehört zu dem Waldsystem„Braunschweiger Eichen-Hainbuchenwälder“,das fast vollständig als FFH-Gebiet und flä-chengleich als Vogelschutzgebiet ausgewiesenist. Leittierarten im Gebiet sind Bechsteinfle-

    dermaus, Mopsfledermaus, Springfrosch,Kammmolch, Mittelspecht, Rotmilan undKolkrabe. Schutzgut sind überwiegend Hain-simsen-Buchenwälder sowie Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwälder. Als Schutzzielwurde festgelegt, dass die Altbestände alsLebensraumtyp erhalten werden sollen.Unter anderem wurde Mitte April 2005, in derBrutzeit, in einem Eichenaltholz (etwa 180Jahre) ein 0,8 Hektar großer Kahlschlagdurchgeführt. Die Fläche wurde ganzflächigbefahren, sodass 40 Zentimeter tiefe Boden-gleise entstanden sind. Ein Bussardhorst mitGelege wurde gefällt, ebenfalls drei Eichen mitSchwarzspechthöhlen.Die Holzeinschläge in den Altbeständen über-schritten deutlich die Planvorgaben derBetriebsinventur, die einen Planungszeitraumvon 2001 bis 2011 umfassen. Bereits 2005überschritten die Holznutzungen die imBetriebswerk angesetzten Hiebsmassen umdas 1,4 bis 2,7-Fache. Die radikale Auflichtungbewirkte durch Belichtung und Erwärmungeine Stickstofffreisetzung und als Folge einespontane Veränderung der Krautvegetationvon Stermieren-Teppichen zur großflächigenDominanz der Großen Brennnessel. Totholz,

    Horst- & Höhlenbäume gefällt

    Altbestände vonHainsimsen-

    Buchenwäldernsowie Stern -

    mieren-Eichen-Hainbuchen -

    wäldern vor dem Eingriff

    FFH- und Vogelschutzgebiet Sundern

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    das bereits mehrere Jahre lag, wurde mit demneu anfallenden Kronenholz vollständig zuBrennholz aufgearbeitet. Weder existierte einManagementplan oder eine Strukturanalyse,noch gab es außer Erfassungen des BUND fau-nistische Daten.In die Altbestände wurden in dichter FolgeKahlschläge von 0,6 bis 1,8 Hektar Größegetrieben. In den schmalen belassenen Alt-holzbestandsstreifen zwischen den Kahlschlä-gen wurde alles Derbholz über sieben Zenti-meter vollständig für Brennholzzwecke ent-nommen. Nachweislich mindestens 22 Höh-lenbäume wurden gefällt. Stehendes Totholzwurde fast vollständig geerntet und auf demWertholzplatz Wendhausen angeboten. DieKahlschläge wurden flächig befahren. In dieNeukulturen wurden teilweise Roteichen ein-gebracht. Durch eine Bestandserfassung 2008wurde festgestellt, dass sich die Mittelspecht-population innerhalb von vier Jahren deutlichverringert hat. Ein Milanhorst und eine mehr-jährig genutzte Bruthöhle des Grauspechtesfielen Kahlschlägen zum Opfer.

    Kritik bzw. Rechtsverstoß:■ Wald ist im Sinne des BWaldG ordnungs-

    gemäß und nachhaltig zu bewirtschaftenund vor Schäden zu bewahren. Im Nieder-sächsischen Waldgesetz wird diese Ord-nungsmäßigkeit sogar genauer bestimmt.So sind unter anderem nach § 11 NWaldLGHolzproduktion und die Sicherung vonLebensräumen als gleichwertig anzusehen.

    ■ Die zahlreichen Kahlschläge widersprechenzen tralen Grundsätzen des BWaldG, desNWaldLG, des PEFC und des LÖWE-Pro-grammes, nach dem Kahlschläge vermie-den werden sollen (Grundsatz Nr. 5). ImGrundsatz Nr. 6 ist lediglich eine einzel-stamm- bis gruppenweise Nutzung hiebs-reifer Bestände vorgesehen (Zielstärken-nutzung).

    ■ Die Fällung der Horstbäume von Rotmilanund Bussard sowie der zahlreichen Höhlen-bäume unter anderem von Schwarz- undGrauspecht stellen klare Verstöße gegen § 42 BNatSchG in Verbindung mit derBArtSchV dar.

    ■ Die teilweise flächige Entnahme von ste-hendem und liegendem Totholz verstößtgegen den Grundsatz Nr. 7 des LÖWE-Programms, der fordert, einen ausreichen-den Anteil an Alt- und Totholz im Wald zubelassen (gezielter Nutzungsverzicht mussverstärkt werden, um Mangel an Alt- undTotholz vorzubeugen).

    ■ Die Erschließung der Bestände hatbestands- und bodenschonend zu erfolgen.Eine flächige Befahrung und die Boden-schäden verstoßen gegen § 11 NWaldLGund sind auch nach den Vorgaben desPEFC nicht zulässig.

    Die oben geschilderten Eingriffe beeinträchti-gen den Zustand des FFH-/SPA-Gebietes mar-kant und stellen deshalb einen Verstoß gegendie FFH- und SPA-Richtline dar. Die europäi-schen Vorgaben der FFH-Richtlinie wurdennicht eingehalten, Verträglichkeitsprüfungennicht durchgeführt.

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    Kahlschlag imEichenaltholzmitten in der Brutzeit,begleitet von 40 Zentimetertiefen Boden -gleisen

  • ■ BUND-Schwarzbuch Wald ■ FFH- und Vogelschutzgebiet Sundern

    Konsequenzen des Eigentümers, Wirtschafters bzw. der Behörden:Bei einem Treffen mit Vertretern des Natur-schutzes sagte das Forstamt zu, weitere Maß-nahmen künftig mit der Unteren Naturschutz-behörde und an einem Rundem Tisch abzu-stimmen. Diese Zusage wurde jedoch nichteingehalten.

    Schlussfolgerungen bzw. Forderungen des BUND:Die zahlreichen, teils schwerwiegenden undwiederholten Eingriffe in das staatliche FFH-Gebiet Sundern decken die naturschutzfachli-chen Defizite der Staatswaldbewirtschaftungim Forstamt Wolfenbüttel auf. Da hier allepersonellen Ebenen von der Amtsleitung überden Revierförster bis hin zum Waldarbeiterversagt haben, liegt hier wohl kein zufälligerFehler Einzelner vor, sondern ein Systemfehler.Anscheinend werden Naturschutzbelange denökonomischen und rein forstlichen Belangenauch in einem hochrangigen Schutzgebiet klaruntergeordnet. Dies muss abgestellt werden.Deshalb bedarf es von ministerieller Seiteeiner Änderung der Weichenstellung. Im Ein-zelnen bedeutet dies eine Intensivierung der

    Fortbildung in ökologischen Belangen aufallen Ebenen, ein Kahlschlagsverbot, Verträg-lichkeitsprüfungen für FFH-Gebiete, Abspra-che mit Naturschutzbehörden und Informati-on der Öffentlichkeit vor den Eingriffen inSchutzgebieten, umgehende Erstellung derManagementpläne für FFH-Gebiete und kon-krete ökologische Zielvorgaben für die Wirt-schafter vor Ort.

    LÖWE-Programm: Die Landesregierung hat1991 das niedersächsische Programm zurlangfristigen ökologischen Waldentwicklungin den Landesforsten (LÖWE) beschlossen unddamit den Landeswald stärker in die Verant-wortung genommen als andere Waldbesitzar-ten. Sie hat der Landesforstverwaltung damitein zukunftsorientiertes, in 13 Grundsätzenprägnant dargestelltes Instrumentarium forst-lichen Wirkens als verbindliche Richtschnur andie Hand gegeben.

    Durch radikaleAuflichtung

    erfolgte einespontane Verän-

    derung derKrautvegetationvon Stermieren-

    Teppichen zurgroßflächigenDominanz der

    Großen Brenn-nessel.

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    Bundesland: Nordrhein-WestfalenLandkreis: Rhein-SiegkreisWaldbesitzart: StaatswaldVerantwortlich für Bewirtschaftung: Landesbetrieb Wald und

    Holz NRW – Regional-forstamt Rhein-Sieg-Erft

    Zeitraum: laufend

    Tatbestand:Verstöße gegen Prinzipien einer ordnungsge-mäßen Waldbewirtschaftung durch Kahl-schläge

    Details: Allen Beispielen aus dem Rhein-Siegkreis istgemeinsam, dass hier mit rigorosen Mitteln imÜbermaß Biomasse aus dem Wald entnom-men, Wald kahl geschlagen und umgewandeltwurde, entweder mit dem vorgeblichen Zieleiner Gefahrenbeseitigung (Verkehrssiche-rungspflicht) oder der erklärten Umwandlungeines Wald- oder Landschaftsbestandteiles ineine andere Nutzungsform (Niederwald, Neu-anpflanzung), die als Naturschutzmaßnahmedeklariert wurde.

    Umbau Elisenthal/Gemeinde Windeck, RheinSieg Kreis: Bei der Maßnahme im Elisenthal erfolgte nachDarstellung des verantwortlichen Revierleiterseine umfassende Beseitigung der Nadelbäumemit der Zielsetzung, naturnahen Buchenwaldanzupflanzen oder entstehen zu lassen. Beider Aktion wurde der gesamte Nadelwald imTal unter Einsatz einer 23,5 Tonnen schweren„Restholzbündelmaschine“ (mit entsprechen-der Bodenverdichtung!) weitgehend beseitigt,wobei bei einem Pressetermin ausdrücklich dieVerarbeitung sämtlicher Restholzmengen(Äste, Zweige, Kronenabschnitte), die bisherim Wald liegen geblieben waren, zu „Biomas-se“ als Vorteil der maschinellen Verarbeitungherausgestellt wurde. Sämtliche Restholzbün-del wurden nach ursprünglichen Angaben zumAbtransport für die Biomasseverarbeitung inein Wärmekraftwerk nach Hachenburg bereit-gestellt. Bei der Aktion wurde des Weiteren entlangdes Elisenthalbaches das gesamte bachbeglei-tende Ufergehölz inklusive größerer Weidenund Erlen beseitigt. Im Ergebnis ist der Bachjetzt schon im dritten Jahr von vorerst kahlerLandschaft umgeben, das heißt im Sommer

    Biomasse um jeden Preis

    Stromberg: Kahl-schlag aus „Ver-kehrssicherungs-gründen“.

    Elisenthal, Westertbachtal und Stromberg

  • ■ BUND-Schwarzbuch Wald ■ Elisenthal, Westertbachtal und Stromberg

    weitgehend unbeschattet, mit entsprechendenAuswirkungen auf den ökologischen Zustandeines normalerweise durchgehend beschatte-ten Waldbaches.

    Kahlschläge/Rodungen an der B 256 von Win -deck-Rosbach bis Spurkenbach (Wes tert -bachtal):Der Kahlschlag an den östlichen Hängen ent-lang der Bundesstraße 256 wurde vom zustän-digen Forstamt der Öffentlichkeit gegenüber als„hochwertige Naturschutzmaßnahme“ aufBasis eines landschaftsökologischen Gutach-tens dargestellt, mit der Zielsetzung, wiedereinen „wesentlich artenreicheren“ und früherim Siegerland weit verbreiteten Niederwald zuentwickeln. Mit der „Niederwaldentwicklung“könnten unter anderem für den selten gewor-denen Eichenzipfelfalter oder für das Hasel-huhn neue Biotope geschaffen werden.Darüber hinaus habe dies auch Vorteile für dieHangstabilität und diene der Verkehrssiche-rung, da höher wachsende Bäume zunehmendsturzgefährdet seien. Nach weiteren Kahlschlägen an den benach-barten Hängen war zu befürchten, dass unterdem Begriff „Niederwaldentwicklung“ großflä-

    chige Umwandlungsmaßnahmen eingeleitetwerden, zumal zeitgleich die energetische Nut-zung von Niederwäldern in Plantagenform fürdie von RWE geplanten Biomasseheizkraftwer-ke in der Umgebung propagiert wurde.

    Kahlschlag bei Stromberg:Ein landschaftsprägender Buchen-Eichenwaldwurde auf mehreren Hektar Fläche komplettgefällt, auch hier mit der Begründung von Ver-kehrssicherungspflichten. Weil es in Straßen-nähe einige instabile Bäume gegeben habensoll, hat man aus Sicherheitserwägungen denganzen Bestand auf mehreren Hektar Flächemit Unterstützung des zuständigen Regional-forstamtes kahl geschlagen.

    Kritik bzw. Rechtsverstoß:■ Die Maßnahmen stehen klar im Widerspruch

    zu den Vorgaben für die nachhaltige undordnungsgemäße Forstwirtschaft in § 1a und§ 1b LFoG und den Vorgaben des § 2 LFoG.

    ■ Die Fällaktion im Elisenthal ist eine massi-ve Beeinträchtigung des Gewässers unddes Uferbereiches und verstößt gegen § 31BNatSchG und gegen § 2 LFoG.

    ■ Die oben geschilderte Umwandlung einesAltbestandes in einen Niederwald und dienachfolgend angestrebte Biomassenutzungwiderspricht mehreren zentralen Vorgabendes LFoG wie § 1b, Ziff. 3 (Vermeidunggroßflächiger Kahlhiebe), Ziff. 6 (pfleglichesVorgehen, insbesondere bei Verjüngungs-maßnahmen), Ziff. 11 (ausreichenderUmfang von Alt- und Totholzanteilen zurSicherung der Lebensräume wildlebenderTiere, Pflanzen und sonstiger Organismen),§ 10, Abs. 1, Satz 2 (Waldboden und seineFruchtbarkeit sind zu erhalten) und § 31,Abs.1 (Ertragskraft erhalten, Wald vorSchäden bewahren).

    ■ Die Kahlschläge verstoßen gegen § 2c, Abs.5 Landschaftsgesetz und §§ 1b und 10LFoG.

    Ein landschafts-prägender

    Buchen-Eichen-wald wurde auf

    mehreren HektarFläche komplett

    gefällt.

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    Konsequenzen des Eigentümers, Wirtschafters bzw. der Behörden:Zu der Verwertung der im Elisenthal angefalle-nen Holzmengen teilte das zuständige Ministe-rium für Umwelt und Naturschutz, Land -wirtschaft und Verbraucherschutz zwischen-zeitlich auf Anfrage und ohne Angabe vonGründen mit, dass die Restholzbündel im Waldverblieben seien. Wir gehen davon aus, dass dieöffentliche kritische Auseinandersetzung mitder erhöhten, maschinell unterstützten Bio -masse entnahme aus den Wäldern in NRW zueiner gewissen Zurückhaltung beigetragen hat.

    Aufgrund der vorgebrachten Kritik und einer inden Medien geführten Auseinandersetzung derlokalen Naturschutzgruppen zu der Maßnah-me im Westertbachtal gab es eine Veranstal-tung der Naturschützer mit dem zuständigenRevierförster, bei der die Maßnahme diskutiert,aber auch die historische Niederwaldnutzungin einem Referat dargestellt wurde. Hierbestand der Eindruck, dass die vorgebrachteKritik durchaus positive Effekte zeigte. Klare Aussage war jetzt, dass die Schaffungvon Niederwald-Bereichen nur eine Ausnahmesei und nur in der Form von Trittsteinbiotopenan einzelnen geeigneten Hangbereichen Sinnmache. Niemand denke daran, im großen StilHochwald umzuwandeln. Zeitgleich kam dieMeldung, dass RWE die Idee aufgegeben habe,Niederwald-ähnliche Kurzumtriebsplantagen(KUPs) im Wald einzurichten, da diese nichtmaschinell bearbeitet werden könnten. Hierzupasste dann auch der Vortrag zur „Siegerlän-der Haubergswirtschaft“, der klar machte, dassdiese extrem arbeitsintensive Nutzform heutenur noch in kleinen, musealen Bereichendenkbar wäre. Hinzu käme, dass sich für eineNiederwaldnutzung in NRW gerade mal 0,6Prozent der Waldfläche eignen. Damit dürftedie Idee „Niederwald als ideale Nutzform fürNaturschutz und Biomassegewinnung“ ausdem Rennen sein.

    Schlussfolgerungen bzw. Forderungen des BUND:Die Kahlschläge bis in einen Abstand vonmehreren Baumlängen zu den Straßen sind zurVerkehrssicherung nicht notwendig gewesen.Es ist fraglich, ob Hangsicherung erreichtwurde, da Erosion und Rutschungen am kahlgeschlagenen Hang zu beobachten waren.Trotz des Kahlschlages sah sich das Straßen-bauamt zur Anlage einer mehrere hundertMeter langen, extrem aufwändigen Zaunsiche-rung am Hang veranlasst. Insgesamt drängt sich der Eindruck auf, dassder Wald im Rhein-Sieg-Kreis unter hohenNutzungsdruck geraten ist, weil RWE in Trois-dorf – also im direkten Einzugsbereich,umringt von FFH-Waldschutzgebieten – zweiBiomassekraftwerke verwirklichen will, dienach bisherigen Planungen im Wesentlichenauf der Nutzung von Holz aus dem Wald basie-ren sollten. 50.000 Tonnen Hackschnitzel wer-den pro Jahr für eine Anlage gebraucht, dasentspricht etwa 100.000 Festmeter Holz. Auf-grund erhöhter Widerstände und Bedenken ausdem Naturschutz wurde zwischenzeitlichzusätzlich die Anlage von Kurzumtriebsplanta-gen in landwirtschaftlichen Bereichen avisiert.

    Im Elisenthalwurde dasgesamte bachbe-gleitende Uferge-hölz entnommenund damit dasbiologischeGleichgewichtdes Bachesgefährdet.

  • ■ BUND-Schwarzbuch Wald ■ Elisenthal, Westertbachtal und Stromberg

    Neben den Sägeresthölzern aus der Industriesieht der Staatswalddezernent des Regional-forstamtes vor allem in der Weiterverarbei-tung von Baumkronen, die bei der Holzernteanfallen, großes Nutzungspotenzial. DenNährstoffentzug für die Waldböden schätzt erdabei nicht als Problem ein. Darüber hinausbiete die Nutzung von bislang „brachliegen-den“ ehemaligen Niederwäldern weitere Mög-lichkeiten für die Holznutzung und könnedurch die mögliche Wiederansiedlung vonNiederwaldarten zusätzlich einen wertvollenBeitrag zum Naturschutz liefern.

    Der naturschutzfachliche Wert des neu ange-legten Niederwaldes ist insgesamt zweifel-haft, vor allem auch vor dem Hintergrund derangestrebten intensiven Nutzung. Die ange-führte Niederwaldleitart Haselhuhn dürfte dieNiederwaldstreifen entlang der Bundesstraße256 nicht besiedeln. Es ist zu begrüßen, dassoffensichtlich eine Zwangs-Umwandlung vonHoch- in Niederwald in größerem Stil nichtmehr beabsichtigt zu sein scheint. Diesewürde nach Auffassung des BUND den Grund-sätzen und Zielsätzen einer nachhaltigenForstwirtschaft widersprechen. Vor weiteren Umwandlungen im Sinne von„Trittsteinbiotopen“ für die vom Niederwaldprofitierenden Arten sollte anhand intensiverBegleituntersuchungen dies kritisch überprüftund bewertet werden. Im Prinzip handelt essich hierbei um eine künstliche Waldform, diefür fast alle waldtypischen Arten keinen Platzmehr bietet; insbesondere nicht für die Höh-lenbewohner, seien es Spechte oder xylobion-te Käferarten. Das gilt ebenso für die an star-kes Totholz gebundenen Pilzarten. Nieder-wald-Bewirtschaftung führt zur Degradationder Waldböden. Das hat zur Folge, dass derZuwachs in solchen Wäldern dramatischabsinkt, im Gegensatz zum Hochwald, der dasDrei- bis Vierfache an Zuwachs hat (je nachStandort). Um den Wald als CO2-Senke nutzen

    zu können, sollte aber der Zuwachs hochge-halten werden, so wie das in vorratsreichenWäldern der Fall ist. Niederwald ist dagegenextrem vorratsarm. Mögliche zur Umwand-lung geeignete Bestände müssen daher einergenauen Bewertung unterzogen werden.

    Im Bundeswaldgesetz ist ein Kahlschlagsver-bot aufzunehmen. Die bisherige Regelung imLFoG zur Vermeidung „großflächiger Kahl-schläge“ bleibt wirkungslos.

    Bei allen dargestellten Fällen stand ursprüng-lich die Erzielung maximaler Profite vor demHintergrund guter Preise für Buchen- undEichenstammholz sowie der zusätzlichen Bio-massevermarktung in der Region im Vorder-grund. Offensichtlich versuchte man durch dieVerknüpfung mit anderen Zielsetzungen (Ver-kehrssicherung, Naturschutz) Synergien dar-zustellen, die nur begrenzt sinnvoll und tat-sächlich gegeben waren. Nach Einschätzungdes BUND wäre in allen Fällen eine maßvolle-re, besser abgestimmte und vorsichtigere Her-angehensweise möglich gewesen, die zu bes-seren Ergebnissen, mehr Akzeptanz und zueinem günstigeren Kosten-Nutzen-Verhältnisgeführt hätte.

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    Finanzloch schluckt Staatswald

    Bundesland: Nordrhein-WestfalenLandkreise: Kreis Euskirchen

    und weitereWaldbesitzart: StaatswaldVerantwortlich für Bewirtschaftung/Verkauf: Landesbetrieb Wald und

    Holz NRW/Land NRW Zeitraum: laufend

    Tatbestand:Verstoß gegen Landesforstgesetz, Bundesna-turschutzgesetz, Programm Ahr 20001 undLiegenschaftskonzept des Landes Nordrhein-Westfalen

    Details:Der Landesbetrieb Wald und Holz hat insge-samt fast 60 Waldflächen in NRW zum Ver-kauf ausgeschrieben. Darunter befinden sichviele kleine Splitterbesitzparzellen, aber auchgroße zusammenhängende Waldflächen. Ganzbesonders betroffen ist der Kreis Euskirchen.Hier stehen insgesamt etwa 2.700 Hektar infünf Gebieten zum Verkauf an. Darunter auchökologisch wertvolle Gebiete wie die Natura2000-Flächen Weyerer Wald im MechernicherStadtgebiet und Stromberg im Bereich derGemeinde Blankenheim. Als größter Käufer istdie Bofrost-Stiftung im Gespräch, aber auchverschiedene kommunale Körperschaftenhaben Interesse an den Flächen bekundet. DerVerkaufserlös, rund 25,5 Millionen Euro, sollder Haushaltskonsolidierung dienen.

    Das Land Nord-rhein Westfalenverkauft sogar inSchutzgebietenwertvolle Wälder,um seinen Haus-halt zu sanieren.

    60 Waldflächen, insbesondere in der Eifel

  • ■ BUND-Schwarzbuch Wald ■ 60 Waldflächen, insbesondere in der Eifel

    Kritik bzw. Rechtsverstoß:Im Landeswaldgesetz (§§ 31 ff LFoG) sind eineReihe von besonderen Vorschriften für denStaatswald und öffentlichen Waldbesitz auf-geführt, die der besonderen Gemeinwohlver-pflichtung des öffentlichen Waldes Rechnungtragen sollen und die für den Privatwald nichtgelten. Eine Privatisierung von Staatswäldernbedeutet demnach eine Absenkung dergesetzlichen Vorgaben für die betroffenenWälder. Dies betrifft die Verpflichtungen imStaatswald, die Wohlfahrtswirkungen desWaldes zu sichern, in besonderem Maße dieErholung der Bevölkerung zu ermöglichen,den Wald vor Schäden zu bewahren und wis-senschaftliche Forschung zu ermöglichen.NRW weist als bevölkerungsreichstes Bundes-land mit nur 14 Prozent den geringsten Wald-anteil aller Bundesländer auf. Zusätzlich sindnur 120.000 von 900.000 Hektar der Waldflä-che in öffentlicher Hand und dienen deshalbder Bevölkerung zur Erholung in besonderemMaße. Ein Verkauf würde deshalb einen Ver-stoß gegen § 31 LFoG darstellen: „Die betrau-ten Stellen haben die Wohlfahrtswirkungendes Waldes zu sichern und in besonderemMaße die Erholung der Bevölkerung zu

    ermöglichen“. Das Landesforstgesetz weistdem Wald in öffentlichem Eigentum somiteine besondere Bedeutung für die Erholungs-funktion zu. Diese besondere Zweckbindungginge mit einem Verkauf an Private verloren.

    Die jetzt im Kreis Euskirchen zum Verkauf ste-henden Flächen sind in weiten Teilen (47 Pro-zent) Schutzgebiete (NSG und FFH), unteranderem sind Kalkbuchenwälder, orchideen-reicher Magerrasen sowie wertvolle Auenbe-reiche geschützt. Mit dem Schwarzstorch, derWildkatze und verschiedenen Spechtartensind in vielen Gebieten auch zahlreichebesonders schützenswerte Arten der europäi-schen Natura 2000-Anhanglisten zu finden.Gerade hier sind besondere Sensibilität undder Schutz einer schonenden Bewirtschaftungdurch die öffentliche Hand von herausragen-der Bedeutung.

    In vielen der Gebiete greift das von der EUvorgeschriebene Verschlechterungsverbot unddie Verpflichtung, die Gebiete im Natur-schutzsinne weiterzuentwickeln, da es sichum FFH-Gebiete handelt. Da das Land NRWtrotz Flächenverkauf für die gemeldetenNatura 2000-Gebiete verantwortlich bleibt,sind Sanktionszahlungen des Landes an die EUin Millionenhöhe zu erwarten, sollte sich derZustand der Schutzgebiete und der gefährde-ten Arten nachhaltig verschlechtern.Der geplante Verkauf von rund 2,3 Prozent derGesamtstaatswaldfläche an die Bofrost-Stif-tung (oder an einen anderen privaten Unter-nehmer) widerspricht somit den Vorgaben desLandesforstgesetzes im Hinblick auf die Erfül-lung der Schutz- und Erholungsfunktionen inallen Punkten.Der Verkauf ist auch problematisch im Hin-blick auf § 7 BNatSchG zu sehen. Dieser for-dert bei der Bewirtschaftung von Grundflä-chen im Eigentum oder Besitz der öffentlichenHand, dass die Ziele und Grundsätze des

    Das Land trägtVerantwortunggegenüber den

    künftigen Gene-rationen – auch

    im Wald!

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    Naturschutzes und der Landschaftspflege inbesonderer Weise berücksichtigt werden. Fürden Naturschutz besonders wertvolle Grund-flächen sollen in ihrer ökologischen Beschaf-fenheit nicht nachteilig verändert werden.Eine Privatisierung würde auch hier eineAbsenkung der gesetzlichen Standards bedeu-ten (siehe oben).

    Der Verkauf steht zudem dem forstfiskalischenLiegenschaftskonzept des Landesbetriebesentgegen, wonach große arrondierte Waldge-biete in den Staatswaldkernregionen die wirt-schaftliche Basis des landeseigenen Forstbe-triebes bilden sollen. Ziffer 2.1. des Konzeptssieht als Ziel die „Sicherung und Vermehrungder landeseigenen Waldfläche und andererökologisch wertvoller Flächen“ vor. Unter Zif-fer 2.3 wird ausdrücklich auf die Förderungder Wertigkeit des Waldes für den Tourismusin den ländlichen Räumen sowie auf die Erhal-tung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raumhingewiesen. Deshalb soll nur Streubesitz vongeringer wirtschaftlicher Größe verkauft wer-den. Bei über 2.700 Hektar, verteilt auf ledig-lich fünf Waldorte, kann aber keinesfalls mehrvon Streubesitz gesprochen werden. Die Ver-kaufspläne widersprechen auch Aussagen vonForstminister Uhlenberg, der 2005 zusagte,dass weder eine Privatisierung des Staatswal-des noch ein Verkauf zugunsten des Landes-haushaltes geplant sei.2

    Konsequenzen des Eigentümers, Wirtschafters bzw. der Behörden:Am 06.02.09 fand im Plenum des DüsseldorferLandtags die Expertenanhörung zum Staat-waldverkauf statt. Neben den Vertretern derForst- und Umweltverbände nahmen auch dieBürgermeister der betroffenen Eifelgemeindensowie rund 150 Bürger teil. Mit Ausnahme desLeiters des Privatforstbetriebes Fürst zu Für-stenberg und des Sprechers des Waldbauern-verbandes sprachen sich alle Experten mit

    schlüssigen Argumenten klar und deutlichgegen den Staatswaldverkauf aus. Nachdemdie Regierungsmehrheit versuchte, über denBeschluss des Nachtragshaushalts auch denWaldverkauf zu legitimieren, kam es nach hef-tigem Streit in nichtöffentlichen Sondersit-zungen des Umweltausschusses und desUnterausschusses für Landesbetriebe undSondervermögen, der ein Unterausschuss desHaushaltsausschusses ist, doch noch zu einerDebatte und einem gesonderten Beschluss desLandtages. Als Käufer soll jetzt doch dieBofrost-Stiftung fungieren und nicht dieWaldverwertungs-GmbH in Verbindung mitder Silva NRW GbR. Damit soll der Wider-spruch zwischen Anbieter im Submissionsver-fahren und Käufer beseitigt werden. Trotz massiver öffentlicher Proteste hat derLandtag am 06.05.09 mit 91 gegen 82 Stim-men den Staatswaldverkauf beschlossen.Damit hat erstmals in der Geschichte des Lan-des NRW eine Landesregierung Staatswaldmit dem Argument der Sanierung der Staats-finanzen veräußert. Bisher bestand immerunter allen im Düsseldorfer Landtag vertrete-nen Parteien vor dem Hintergrund der gerin-gen landeseigenen Waldfläche der Konsens,

    Das Schicksaldieser schönenalten Eiche istnach dem Ver-kauf genausoungeklärt, wiedas vieler andererBäume.

  • ■ BUND-Schwarzbuch Wald ■ 60 Waldflächen, insbesondere in der Eifel

    die Staatswaldfläche zu mehren oder minde-stens zu erhalten. Erlöse aus bisherigen Ver-käufen wurden immer wieder in neue Wal-dankäufe zur Arrondierung oder aus natur-schutzfachlichen Gründen investiert. Bemer-kenswert ist der erhebliche Protest der betrof-fenen Bürger. Innerhalb weniger Wochenwurden über 4.000 Unterschriften gesammeltund dem Umweltminister übergeben. Zwi-schenzeitlich haben einzelne betroffene Eifel-Kommunen (Blankenheim, Nettersheim)beschlossen, bestimmte Naturschutzflächenauf ihrem Gebiet, die in diesem Verkaufspaketenthalten sind, über den Kreis Euskirchen, derhierfür ein Vorkaufsrecht hat, zu erwerben.Damit wären zumindest einige Kernzonen derBofrost-Fläche weiter für die öffentliche Handgesichert.

    Schlussfolgerungen bzw. Forderungen des BUND:Die vom Landtag beschlossenen großflächigenVerkäufe zeigen aus Sicht des BUND diegeringe Wertschätzung der derzeitigen Regie-rung des Landes Nordrhein-Westfalen im Hin-blick auf die vielfältigen Gemeinwohlfunktio-nen des Staatswaldes. Viele für den Natur-schutz und die Erholung besonders wertvolleFlächen befinden sich im Staatswald, demBürgerwald. Die öffentliche Hand ist nationalund international zahlreiche Verpflichtungenzum besseren Schutz der Wälder eingegan-gen. Diese Vorgaben müssen zuerst in staatli-chen Wäldern umgesetzt werden. Im Staats-wald sind also verstärkt jene Aufgaben zuerfüllen, die im Privatwald nicht erfüllt wer-den, weil sie mit den wirtschaftlichen Interes-sen nicht übereinstimmen. Der Staat darf sichhier nicht aus den Gemeinwohlverpflichtun-gen zurückziehen und diese Verpflichtungenauf den Privatwald abschieben. Gerade wenndie Flächen derartige Bedeutung für die biolo-gische Vielfalt haben, darf nicht das fehlendeGeld in der Haushaltskasse die Entscheidung

    für oder gegen den Wald bestimmen. Die vier anerkannten Naturschutzverbände(BUND, NABU, LNU, SDW) lehnen deshalb ineiner gemeinsamen Stellungnahme denStaatswaldverkauf ab. Sollte das Land trotz seiner selbst gestelltenVorgaben vom November 2008 zusammen-hängende Waldstücke veräußern, bleibt fürden BUND und die anderen Naturschutzver-bände Voraussetzung, dass ein solcher Verkaufnur an die öffentliche Hand und/oder einegemeinnützige Natur- und Umweltstiftungerfolgt. Angesichts der geringen Staatswald-quote des Landes NRW ist allerdings ein Ver-kauf an (andere) kommunale Körperschaftennur als zweitbeste Lösung gegenüber demVerbleib beim Land zu sehen. Wie in Umfragenimmer wieder bestätigt wird, lehnt es die ganzüberwiegende Mehrheit der Bürgerinnen undBürger ab, Staatswald als Wald aller Bürgerin-nen und Bürger zu verkaufen.

    1 Eine Machbarkeitsstudie zeigte Anfang der 90er Jahre, dass der Oberlauf der Ahr

    hervorragende Bedingungen für den Schutz und die Entwicklung eines typischen

    Fließgewässers im Mittelgebirge aufwies. So wurde im Jahr 1993 das Naturschutz-

    Großprojekt Ahr 2000 aus der Taufe gehoben. Projektträger ist der Kreis Euskirchen.

    Die weitere finanzielle Förderung erfolgte über den Bund (Bundesamt für Natur-

    schutz), das Land Nordrhein-Westfalen (Ministerium für Umwelt und Naturschutz,

    Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen) und die

    Nordrhein-Westfalen-Stiftung für Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege. Für die

    Wälder wurde die Zielsetzung formuliert, den Anteil naturnah bewirtschafteter

    Laubwälder im Gebiet zu erhöhen. Zur Erhöhung der Artendiversität und zur Schaf-

    fung naturnaher Waldlebensräume sollen Teilbereiche der altholzreichen Buchen-

    wälder dauerhaft aus der forstlichen Nutzung genommen werden.

    2 AGRA-EUROPE 37/05 vom 12. September 2005: Staatswald in Nordrhein-West-

    falen wird nicht zerschlagen (30)

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    Bundesland: Rheinland-PfalzLandkreise: Germersheim, Ludwigsha

    fen und kreisfreie Stadt Speyer

    Waldbesitzart: Staatswald, GemeindewaldLingenfeld, StadtwaldSpeyer, Bundeswald (Was-ser- und SchifffahrtsamtMannheim)

    Verantwortlich für Bewirtschaftung: Landesforsten Rheinland-

    Pfalz – Forstamt PfälzerRheinauen und Bundes-forstverwaltung Albers-weiler

    Zeitraum: laufend seit 1992

    Tatbestand:Zahlreiche Verstöße gegen Erhaltungszielebeziehungsweise das Verschlechterungsverbotder FFH-Richtlinie

    Details: Seit Inkrafttreten der FFH-Richtlinie im Jahr1992 wurden in der rezenten Aue zwischenSpeyer und Mechtersheim rund 120 forstliche

    Eingriffe registriert und dokumentiert, die zueinem erheblichen Teil den Habitatschutznach Maßgabe der FFH-Richtlinie verletzen1.Das Gesamtgebiet umfasst 2.063 Hektar undist sowohl als FFH- als auch als SPA-Gebietausgewiesen.

    Exemplarisch werden im Folgenden zweiSachverhalte, die den 2005 definierten Erhal-tungszielen für das FFH-Gebiet eindeutigwidersprechen, näher beleuchtet.

    1. Entwertung der Restbestände des reifenStieleichen-Feldulmen-Auenwaldes (LRT 91F0)durch fortwährende Entnahme alter Bäume:Viele Eichen-Altgehölze wurden stark aufge-lichtet, weshalb sich im Unter- und Zwischen-stand vor allem die Esche immer mehr durch-setzt. Auf diese Weise findet so zwangsläufigeine allmähliche Überführung von Alteichen-Beständen in Eschen-Wirtschaftswald statt.Unter naturschutzfachlichen Gesichtspunktensind schon viele Altgehölze stark entwertet. Ein Nutzungsverzicht auf Anraten des BUNDwurde von der Leiterin des Forstamts PfälzerRheinauen abgelehnt.

    Entwertung von Lebensräumen

    Gefällte Altbuche mit dreiSchwarzspecht-höhlen aus demBestand - Verkehrssiche-rungspflicht kannnicht als Recht-fertigung gelten

    Naturschutzgebiete Flotzgrün und Schwarzwald bei Mechtersheim

  • ■ BUND-Schwarzbuch Wald ■ Naturschutzgebiete Flotzgrün und Schwarzwald bei Mechtersheim

    Das NSG Flotzgrün (202 Hektar) besaß 5,2Hektar naturnahe Alteichen-Gehölze, bevorim Januar 2006 östlich der Entenlache aufmehr als zwei Hektar weit über die Hälfte der80- bis 90-jährigen Stieleichen (91F0) gefälltwurden. Auf den Flächen verblieben in ersterLinie Bergahorn sowie einige Buchen undEschen. Die kleinen Eichenwäldchen warensehr unterholzreich, die Waldbodenvegetationtypisch ausgeprägt. Massenhaft kamen Wald-veilchen, Maiglöckchen und Scharbockskrautvor, und auch die Einbeere trat relativ häufigauf. Im August 2006 war die biotoptypischeWaldbodenvegetation bereits überwiegendvon Sumpfsegge und Indischem Springkrautverdrängt.

    2. Holzernte mit zu hoher Eingriffsstärke ineinem Eichen-Hainbuchen-Bestand (LRT9160):In der Altaue im NSG Schwarzwald bei Mech-tersheim (Staatsforst) wurde auf einer Flächevon rund vier Hektar im Winter 2007/2008etwa die Hälfte der Bäume entnommen. ImUnterstand hat sich eine üppige, nahezugleichaltrige Naturverjüngung von Esche,Berg- und Spitzahorn etabliert. Der Eichen-

    Hainbuchen-Bestand wird, gewollt oder nicht,in einen Eschen-Ahorn-Wirtschaftswald über-führt. Durch den Eingriff wurden die Habitatezahlreicher Fledermausarten wie Höhlenbäu-me beeinträchtigt beziehungsweise gefälltund damit zerstört. Großer Abendsegler, Klei-ner Abendsegler, Rauhhautfledermaus, Mük-kenfledermaus, Wasserfledermaus, Fransen-fledermaus, Braunes Langohr (Anhang lV-Arten) und Bechsteinfledermaus (Anhang ll-und lV-Art) konnten vorher dort beobachtetbeziehungsweise nachgewiesen werden. Daneben verursachte eine intensive Holznut-zung in Kulturpappelbeständen nach Kahl-schlag auch massive Bodenschäden durchtiefe Gleisbildung in den Rückegassen unddurch flächiges Befahren.

    Kritik bzw. Rechtsverstoß:Es liegen mehrfache Verstöße gegen die FFH-Richtlinie und SPA-Richtlinie vor:■ Entwertung der Restbestände des reifen

    Stiel eichen-Feldulmen-Auenwaldes (LRT91F0) durch fortwährende Entnahme alterBäume

    ■ Entwertung des Lebensraumtyps Eichen-Hainbuchen-Bestand (LRT 9160) durch

    Eichen-Hain -buchen-Bestand,in dem im Winter2007/08 etwa dieHälfte der Bäume

    entnommenwurde.

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    Holzernte mit hoher Eingriffsstärke undEntnahme von Biotopbäumen

    ■ Verhinderung der Neuansiedlung von Sil-berweiden-Auenwäldern (LRT *91E0) durcherneute Bestockung mit Kulturpappel nachNutzung hiebsreifer Bestände auf Weich-holzaue-Standorten

    ■ Zerstörung des prioritären Lebensraumtyps*91E0 durch Kappung von Baumweiden

    ■ Durch starke, teilweise viel zu frühe Auf-lichtung wurde und wird eine flächigeAusbreitung von Neophyten (Kahle Goldru-te, Drüsiges Springkraut) gefördert undinfolgedessen eine Naturverjüngung ver-hindert.

    ■ Erhebliche Beeinträchtigung durch Ent-wertung der Lebensräume folgender Artennach Anhängen der FFH-/VS-Richtlinien:Bechsteinfledermaus, Hirschkäfer, Grau-specht, Mittelspecht und Schwarzspecht

    ■ Die flächigen Entnahmen sind als Kahl-schlag zu werten, werden aber nach demLandeswaldgesetz als ordnungsgemäßbezeichnet2.

    ■ Die Fällung von Höhlenbäumen wird alsVerstoß gegen § 25 LWaldG und § 28LNatSchG gewertet.

    ■ Die Bodenschäden durch Holzernte- undRückemaschinen und das flächige Befah-ren der Waldbestände widersprechen demBodenschutzgesetz, § 5, Abs. 1 LWaldGsowie den PEFC-Richtlinien.

    Konsequenzen des Eigentümers, Wirtschafters bzw. der Behörden:Auf Anregung des BUND-LandesverbandesRheinland-Pfalz fand am 05.09.2008 eingemeinsamer Ortstermin mit Vertretern vonForst- und Naturschutzbehörden statt. Wenn-gleich die Forstverwaltung eingeräumte, dassim Einzelfall die Entnahme zu hoch sei, solldie generelle Wirtschaftsweise beibehaltenwerden. Auf den Einsatz von Vollerntemaschi-nen (Harvester) im Auwald wird aufgrundeiner diesbezüglich erfolgreichen FSC-Beschwerde seit dem Jahr 2003 generell ver-zichtet.Die umfangreichen Fällungen in der Altaue imNSG Schwarzwald bei Mechtersheim begrün-deten die Forstbehörden mit Verkehrssiche-rungsmaßnahmen und Hallimaschbefall. Dieswurde von BUND-Vertretern vor Ort über-prüft. Dazu wurde jedoch keine für Hallimaschtypischen Kennzeichen festgestellt. Verkehrs-

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  • ■ BUND-Schwarzbuch Wald ■ Naturschutzgebiete Flotzgrün und Schwarzwald bei Mechtersheim

    sicherungsmaßnahmen sind für flächigeHiebsmaßnahmen, die vor allem im Innerender Waldbestände durchgeführt werden,schlicht nicht notwendig.

    Schlussfolgerungen bzw. Forderungen des BUND:Die Wirtschaftsweise in den Natura 2000-Wäldern südlich von Speyer verschlechtertlaufend deren naturschutzfachlichen Wert.Dies steht im Widerspruch zu der FFH- bezie-hungsweise Vogelschutz-Richtlinie und zuzentralen Punkten des Landeswaldgesetzes.Ein Management- oder Bewirtschaftungsplanfür das FFH-Gebiet Germersheim-Speyer wiefür sehr viele weitere FFH-Gebiete im gesam-ten Bundesgebiet ex