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1 Die Anfänge der Photogrammetrie in Hannover Vortrag zum 50. Jubiläum des Instituts für Photogrammetrie und Ingenieurvermessungen der Universität Hannover von Gottfried Konecny, Emeritus Professor gehalten am 1.10.1999 Aufgabe dieses Beitrags ist ein geschichtlicher Rückblick auf die Entstehung und Entwicklung des Instituts für Photogrammetrie und Ingenieur- vermessungen und speziell auf die Anfänge der Photogrammetrie an der Universität Hannover. Die Leitung des Instituts lag in den ersten 22 Jahren bei Prof. Gerhard Lehmann. In den 27 Jahren meiner aktiven Tätigkeit am Institut lag nach dem Niedersächsischen Hochschulgesetz die geschäfts- führende Leitung 23 Jahre bei mir, zwei Jahre bei Prof. Bernhard Wrobel und zwei Jahre bei Prof. Wilfried Wester-Ebbinghaus. Seit einem Jahr ist sie auf Prof. Christian Heipke übergegangen. Die Festversammlung zum 50jährigen Bestehen des Instituts kennt die letzten Jahre der Instituts- geschichte sehr gut, deshalb möchte ich mich in meinem Beitrag konzentrieren auf die vielen unbekannten Jahre der ersten Zeit. Die erste Phase der Photogrammetrie zwischen 1850 und 1900 wird ja bekanntlich als die Meß- tischphotogrammetrie bezeichnet, in der Geodäten das photographisch registrierte, zweidimensionale Bild zur meist graphischen Rekonstruktion der Geometrie des Raumes für beschränkte Vermes- sungsaufgaben verwendeten. Ab 1900 bis hinein in die Fünfziger-, Sechziger- und sogar Siebzigerjahre spielte die optische und mechanische Projektion der Koordinatentransfor- mation von Stereoaufnahmen in Form der Analog- photogrammetrie eine führende Rolle. Diese Phase wurde durch die analytische Photogrammetrie ab- gelöst, in welcher der Computer zunehmend die Automation der geometrischen Transformation, der Orientierung und der Datenausgabe übernahm, bis schließlich das digitalisierte Bild in der digitalen Photogrammetrie verarbeitet werden konnte. Dabei spielte die Fernerkundung von Satelliten mit digit- alen Sensoren eine wesentliche Vorreiterrolle. Die Aktivitäten in Hannover erstrecken sich über alle vier dieser Phasen. Am 1. Oktober 1999 feiert die Volksrepublik China ihr 50jähriges Bestehen. Am 1. November 1999 wird auch das Institut für Photogrammetrie und Ingenieurvermessungen der Universität Hannover 50 Jahre alt. China, das „Reich der Mitte“ und seine Kultur sind aber weit älter. So ist es auch beim Institut für Photogrammetrie und Ingenieur- vermessungen in seiner Entwicklung aus dem Bereich des Vermessungswesens in Hannover. Schon vor 1949 wurde Photogrammetrie in Han- nover am Geodätischen Institut oder seinen Vor- läufern betrieben. Der Beginn der späteren Technischen Hochschule, Technischen Universität und Universität war die Höhere Gewerbeschule in Hannover, gegründet im Jahre 1831. Der vom König beauftragte Karl Karmarsch (s. Bild 1) sah für das Studienfach Bauwesen die Notwendigkeit für die Abhaltung der Lehre in Vermessungskunde. So kam ein Mitarbeiter von Carl Friedrich Gauss, Friedrich Hartmann, geb. 1796 in Elbingerode im Harz, nach Hannover. Er hatte bei der Vermessung des Gauss‘schen Hannoverschen Netzes mitgeholfen und war an der Ausweitung dieses Netzes zwischen 1828 und 1844 beteiligt. Er wurde im Jahre 1831 als Lehrer für Praktische Geometrie bestellt. Bild 1: Karl Karmarsch Auf Hartmann folgte im Jahre 1834 der in Hanno- ver im Jahre 1800 geborene Arnold Deichmann als Lehrer für praktische Geometrie (s. Bild 2) und im

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Die Anfänge der Photogrammetrie in Hannover

Vortrag zum 50. Jubiläum des Instituts für Photogrammetrie und Ingenieurvermessungen der Universität Hannover

vonGottfried Konecny, Emeritus Professor

gehalten am 1.10.1999

Aufgabe dieses Beitrags ist ein geschichtlicherRückblick auf die Entstehung und Entwicklungdes Instituts für Photogrammetrie und Ingenieur-vermessungen und speziell auf die Anfänge derPhotogrammetrie an der Universität Hannover.

Die Leitung des Instituts lag in den ersten 22 Jahrenbei Prof. Gerhard Lehmann. In den 27 Jahrenmeiner aktiven Tätigkeit am Institut lag nach demNiedersächsischen Hochschulgesetz die geschäfts-führende Leitung 23 Jahre bei mir, zwei Jahre beiProf. Bernhard Wrobel und zwei Jahre bei Prof.Wilfried Wester-Ebbinghaus. Seit einem Jahr istsie auf Prof. Christian Heipke übergegangen.

Die Festversammlung zum 50jährigen Bestehendes Instituts kennt die letzten Jahre der Instituts-geschichte sehr gut, deshalb möchte ich mich inmeinem Beitrag konzentrieren auf die vielenunbekannten Jahre der ersten Zeit.

Die erste Phase der Photogrammetrie zwischen1850 und 1900 wird ja bekanntlich als die Meß-tischphotogrammetrie bezeichnet, in der Geodätendas photographisch registrierte, zweidimensionaleBild zur meist graphischen Rekonstruktion derGeometrie des Raumes für beschränkte Vermes-sungsaufgaben verwendeten.

Ab 1900 bis hinein in die Fünfziger-, Sechziger-und sogar Siebzigerjahre spielte die optische undmechanische Projektion der Koordinatentransfor-mation von Stereoaufnahmen in Form der Analog-photogrammetrie eine führende Rolle. Diese Phasewurde durch die analytische Photogrammetrie ab-gelöst, in welcher der Computer zunehmend dieAutomation der geometrischen Transformation, derOrientierung und der Datenausgabe übernahm, bisschließlich das digitalisierte Bild in der digitalenPhotogrammetrie verarbeitet werden konnte. Dabeispielte die Fernerkundung von Satelliten mit digit-alen Sensoren eine wesentliche Vorreiterrolle.

Die Aktivitäten in Hannover erstrecken sich überalle vier dieser Phasen.

Am 1. Oktober 1999 feiert die Volksrepublik Chinaihr 50jähriges Bestehen. Am 1. November 1999wird auch das Institut für Photogrammetrie undIngenieurvermessungen der Universität Hannover

50 Jahre alt. China, das „Reich der Mitte“ undseine Kultur sind aber weit älter. So ist es auchbeim Institut für Photogrammetrie und Ingenieur-vermessungen in seiner Entwicklung aus demBereich des Vermessungswesens in Hannover.Schon vor 1949 wurde Photogrammetrie in Han-nover am Geodätischen Institut oder seinen Vor-läufern betrieben.

Der Beginn der späteren Technischen Hochschule,Technischen Universität und Universität war dieHöhere Gewerbeschule in Hannover, gegründetim Jahre 1831. Der vom König beauftragte KarlKarmarsch (s. Bild 1) sah für das StudienfachBauwesen die Notwendigkeit für die Abhaltungder Lehre in Vermessungskunde. So kam einMitarbeiter von Carl Friedrich Gauss, FriedrichHartmann, geb. 1796 in Elbingerode im Harz,nach Hannover. Er hatte bei der Vermessung desGauss‘schen Hannoverschen Netzes mitgeholfenund war an der Ausweitung dieses Netzeszwischen 1828 und 1844 beteiligt. Er wurde imJahre 1831 als Lehrer für Praktische Geometriebestellt.

Bild 1: Karl Karmarsch

Auf Hartmann folgte im Jahre 1834 der in Hanno-ver im Jahre 1800 geborene Arnold Deichmann alsLehrer für praktische Geometrie (s. Bild 2) und im

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Jahre 1843 der im Jahre 1802 in Goslar geboreneGeorg Hunaeus als Lehrer für DarstellendeGeometrie, der bis 1881 im Dienst war (s. Bild 3).

Bild 2: Arnold Deichmann

Bild 3: Georg Hunaeus

Im Jahre 1881 wurde in Hannover erstmals einwissenschaftlich orientierter Professor für das FachGeodäsie und Praktische Geometrie berufen, Will-helm Jordan (Bild 4).

Die Höhere Gewerbeschule wurde damals inTechnische Hochschule umbenannt. Jordan wurde1842 in Ellwangen in Württemberg geboren. Erlehrte von 1865 bis 1868 an der PolytechnischenSchule in Stuttgart und von 1868 bis 1881 an derPolytechnischen Schule in Karlsruhe. 1874 nahmer an der Rahlfschen Expedition nach Libyen teil.

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Bild 4: Wilhelm Jordan

den Einsatz der Meßtischphotogrammetrie, als Vermessungsexperte beherrschte, gelangährend dieser Expedition die Kartierung der

Dachel (Bild 5).

: Photogrammetrische Aufnahme der Oaase Dachel inLibyen im Jahre 1874

n schrieb schon vor der Berufung nach Han- ein Lehrbuch der Praktischen Geometrie,es 1873 in Stuttgart erschien (Bild 6). Seintwerk aber war das in Hannover verfaßtebuch für Vermessungskunde, welches auchapitel über die Meßtischphotogrammetrielt.

ordan im Jahre 1899 verstarb, war diesesbuch noch nicht fertig. Es wurde von seinemfolger im Amt, Carl Reinhertz, geboren 1859

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in Xanten, herausgegeben (Bild 7). Reinhertz warvon 1892 bis 1899 an der LandwirtschaftlichenSchule Poppelsdorf (heute zu Bonn gehörig) in derLehre der Vermessungskunde tätig.

war von 1880 bis 1907 an der Technischen Hoch-schule München tätig. Als Professor für Geodäsiewar er von 1907 bis 1926 an der TechnischenHochschule Hannover.

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Bild 6: Taschenbuch der praktischen Geodäsie von W.Jordan, 1873

Bild 7: Carl Reinhertz

Auf Reinhertz folgte im Jahre 1907 Carl Oertel(Bild 8). Er wurde 1858 in Nürnberg geboren und

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Bild 8: Carl Oertel

en Oertel wirkte von 1921 bis 1930 Mathiashelm Fritz als Privatdozent für Geodäsie (BildIm Jahre 1930 wurde er an die Technischehschule Stuttgart berufen, wo er bis 1941 alsessor wirkte.

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Bild 9: Mathias Wilhelm Fritz

hre 1930 wurde der erste Professor für Geo-und Photogrammetrie in Hannover berufen,

Gast (Bild 10). Gast wurde im Jahre 1876 inaden geboren. Von 1900 an war er mit Unter-

ungen bis 1911 an der TH Darmstadt tätig.

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Bild 10: Paul Gast

Zwischen 1906 und 1909 arbeitete er als Geodätbeim Aufbau trigonometrischer Netze am InstitutoGeografico Militar (IGM) in Buenos Aires inArgentinien. 1911 wurde er an die TH Aachenberufen. Wiederum war er von 1922 bis 1926 inArgentinien bevor er nach Aachen zurückkehrte.

Gast hatte sich in Argentinien bereits einenNamen gemacht. Das bezeugen seine Publika-tionen. 1910 schrieb er über „die Triangulation inKolonialländern“. Auch nach seiner zweitenRückkehr nach Deutschland galt sein Interesseden Vermessungsaufgaben der großen nochungenügend geodätisch erfaßten Kontinente. ImJahre 1926 publizierte er über „den Gebrauch vonLeuchtraketen bei der Erkundung 1. Ordnung“.1927 beschäftigte er sich mit „der Ausgleichungder Westhälfte der Nordamerikanischen Haupt-dreiecksketten“. Sein Interesse galt aber ingleichem Ausmaß der Photogrammetrie. 1929schrieb er einen Artikel über „Das Einschneidenaus dem gefährlichen Ort in der Aerophoto-grammetrie“. Seine Beschäftigung mit denmathematischen Grundlagen der Photogrammetrieführte zur Herausgabe eines Lehrbuchs mit demTitel „Vorlesungen über Photogrammetrie“, dasim Jahre 1930 erschienen ist (Bild 11). In diesemBuch sind erstmals die heute so bekanntenKollinearitätsgleichungen abgeleitet (Bild 12).

Gast war übrigens aktiv bei der Einrichtung desDiplomstudienganges Vermessungswesen an derTH Hannover im Jahre 1930. Gasts Auslands-erfahrung ermutigte ihn zu weiteren Unterneh-mungen im Ausland. So nahm er das Ramesseumin Ägypten durch terrestrische Photogrammetrieauf (Bild 13).

Bild 11: Lehrbuch für Photogrammetrie von Paul Gast

Bild 12: Ableitung der Kollinearitätsgleichungen in GastsLehrbuch

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Feyer wurde

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Bild 13: Terrestrisch-photogrammetrische Aufnahme desRamesseums in Ägypten durch Gast

Ab 1930 beschäftigte er sich mit der Auswertungder trigonometrischen Messungen der Alai-Pamir-Expedition, die sein Privatdozent und spätererNachfolger Richard Finsterwalder im Jahre 1928gemacht hatte. Gast war bis zum Jahre 1939 Pro-fessor in Hannover.

Sein Nachfolger als ordentlicher Professor wurdeEdwin Feyer, der von 1939 bis 1943 in Hannovertätig war (Bild 14).

Bild 14: Erwin Feyer

1888 in Breslaugeboren und warvon 1914 bis1936 an der THBreslau tätig.Im Jahre 1936wurde er Leitereines Entwick-lungshilfepro-jekts in China.An der Tung-Chi Universitätin Shanghaiwar er verant-wortlich für dieEinrichtung ei-nes Studien-gangs für Ver-messungswesenzusammen mitanderen deut-schen Dozenten.

Bei der Besetzung von Shanghai durch japanischeTruppen kehrte er mit der deutschen Delegationnach Deutschland zurück und wurde Professor ander TH Hannover. 1943 wurde er als Professor andie TH Stuttgart berufen, wo er bis 1945 lehrte.

Feyers Nachfolger als ordentlicher Professor warRichard Finsterwalder von 1943 bis 1948 (Bild 15).

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Bild 15: Richard Finsterwalder

rd Finsterwalder wurde als Sohn des berühm-Pioniers der Photogrammetrie, Sebastianrwalder, der in München lehrte, im Jahrein München geboren. Er studierte Bauwesen

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in München und war von 1922 bis 1929 an der THMünchen tätig. Wegen seiner Verbindungen zumDeutschen Alpenverein nahm er bei der Alai-Pamir-Expedition im Jahre 1928 teil. 1930 ging erals Privatdozent an die TH Hannover.

Finsterwalder widmete sich der Expeditionskarto-graphie. Im Jahre 1932 publizierte er die „Wis-senschaftlichen Ergebnisse der Alai-Pamir-Expe-dition von 1928“. 1934 nahm er an der deutschenNanga-Parbat-Expedition im Himalaya teil (Bild16).

Bild 16: Der Nanga Parbat

Er veröffentlichte die Ergebnisse dieser Expeditionim Jahre 1937 unter dem Titel „Die geodätischenund topographischen Arbeiten der Nanga-Parbat-Expedition 1934 und ihr Ergebnis“ (Bild 17).

Als Teil dieser Ergebnisse wurde eine topogra-phische Karte 1:50 000 des Nanga Parbat vonhoher kartographischer Qualität publiziert. Finster-walder führte hierzu alle terrestrisch-photogram-metrischen und alle trigonometrischen Messungen(Bild 18) sogar in Höhen von über 5000 m selbstdurch.

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Bild 17: Die Karte des Nanga Parbat 1:50 000

Bild 18: Das trigonometrische Netz am Nanga Parbat

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Als Nebenprodukt dieser Arbeiten publizierte erim Jahre 1937 über „Die Bestimmung von Lot-abweichungen aus der trigonometrischen Höhen-messung“.

Er setzte Gasts Arbeiten mit einem 1938 erschie-nenen Artikel über „Den gefährlichen Zylinderbeim Normalfall der räumlichen Doppelpunkt-einschaltug“ fort.

Sein Hauptinteresse galt aber topographisch-morphologisch-kartographischen Fragestellungen,in denen er versuchte, die Photogrammetrie derGeographie näherzubringen.

Gleichzeitig mit Richard Finsterwalder wurde imJahre 1943 Walter Großmann zum Professor fürGeodäsie berufen (Bild 19). Dadurch wurde dasGeodätische Institut geschaffen. Richard Finster-walder und Walter Großmann kümmerten sichgemeinsam um den Wiederaufbau des Institutsnach den Kriegszerstörungen.

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des Institutsdirektors wurde zum 1.11.1949Gerhard Lehmann berufen (Bild 20).

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Bild 19: Walter Großmann

lter Großmann wurde 1897 in Norden geboren.war von 1927 bis 1938 an der TH Berlin tätig.n 1938 bis 1943 gehörte er dem Reichsamt fürndesaufnahme an. Er blieb bis zum Jahre 1968rektor des Geodätischen Instituts.

hard Finsterwalder erhielt 1948 einen Ruf an TH München, wo er Direktor des Instituts fürotogrammetrie und Kartographie wurde, bis er63 starb.

s Finsterwalder nach München ging, wurde an TH Hannover von Walter Großmann die

haffung eines Instituts für Photogrammetrie undenieurvermessungen geplant. Auf die Stelle

Bild 20: Gerhard Lehmann

Lehmann wurde 1907 in Stettin geboren. Er stu-dierte an der TH Berlin und legte als erster Dipl.-Ing. des Studiengangs Vermessungswesen in Han-nover die Diplomhauptprüfung ab. Bis 1936 warer an der TH Berlin tätig. Von 1936 bis 1941 warer am Geodätischen Institut Potsdam beschäftigt,um sich 1941 an der TH Berlin zu habilitieren undum dort zu lehren.

Lehmann wurde in Hannover als Professor fürPhotogrammetrie und Ingenieurvermessungenberufen. Aber er kam aus der Geodäsie und war inden ersten Nachkriegsjahren in der Kataster-verwaltung in Niedersachsen tätig. Deshalb warihm auch der Einsatz der Photogrammetrie bei derBewältigung der lokalen Nachkriegsprobleme einAnliegen. Diese lagen bei drei Verwaltungen:- bei der Landesvermessung in Niedersachsen- bei der Flurbereinigungsverwaltung Nieder-

sachsen- beim Stadtvermessungsamt Hannover.Bei diesen drei Verwaltungen sorgte GerhardLehmann für den Einsatz der Photogrammetrie.

Lehmanns Publikationen spiegeln das theoretischeInteresse an diesen Einsatzmöglichkeiten wider.So sein Artikel „Photogrammetrische Kataster-messung“ aus dem Jahre 1951. Im Jahre 1955folgt eine Abhandlung über die „photogramme-trische Herstellung großmaßstäbiger Pläne“.

Aber auch theoretische Teilfragen werden dabei inAngriff genommen. So 1954 „die Ausgleichung

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von Beobachtungsgrößen zwischen denen Abhän-gigkeiten bestehen“ und 1956 „Zur Transforma-tion photogrammetrischer Maschinenkoordinatenin Landeskoordinaten“.

1959 verfaßte Lehmann einen vielbeachtetenGöschenband „Photogrammetrie“ (Bild 21).

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(1968: J. Müller: „Blockausgleichungen mit Model-len in der großmaßstäbigen Photogrammetrie“;1970: H. Bauer: „Photogrammetrische Kataster-vermessungsverfahren in der Flurbereinigung“).

Lehmanns letzte Publikation betraf 1972 Unter-suchungen „Zur Koordinaten- und Streckenge-nauigkeit photogrammetrischer Modellauswer-tungen“ (Bild 22).

ild 21: Göschenband „Photogrammetrie“ von G. Lehman

hmann verstand es aber auch, mit der Zeit hen und in die Anfänge der analytischen Phoammetrie einzusteigen.

59 beantragte Lehmann ein DFG-Projenalytische Photogrammetrie“ und erhielt einr ersten Stereokomparatoren von Zeiss als Lebe. In Kooperation mit Carl Zeiss wurde derät untersucht. Die Ergebnisse wurden 1960 artikel „Probemessungen am Zeiss-Präzisionereokomparator“ publiziert. Auch andere Geräurden untersucht (1960: „Versuchsauswertung Planitop“, 1962: Über das Entzerrungsge

rion II/S). 1962 folgte die Publikation „Wssen sich die Ergebnisse unserer Bildflüge vssern?“ Schließlich schuf Lehmann die Möhkeit, Berechnungen auf einer eigenen Rechelage effizient durchzuführen (1963: „Beschng der LGP 30 Rechenanlage“).

araus resultierten Anregungen zu bedeutendissertationen der analytischen Photogrammet

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Bild 22: Gerhard Lehmanns Publikation über maximaleStreckenfehler

Lehmann wurde im Jahr 1971 emeritiert. Die durchihn eingeführten Entwicklungen wurden mitgetra-gen vom seinerzeitigen Abteilungsvorsteher undProfessor Werner Wunderlich (Bild 23).

Bild 23: Werner Wunderlich

Wunderlich, geboren 1926 in Stuttgart, war an derTH Hannover (TU) von 1956 bis 1973 tätig. Seine

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Tätigkeit spiegelt Lehmanns Interessensgebietewider. Wunderlichs Publikationen betreffen z.B.:

1961: „Zur Leistungssteigerung großmaßstäbi-ger Luftbildauswertungen“

1962: „Erfahrungen mit dem Präzisions-Stereo-Komparator von Zeiss-Aerotopograph“

1964: „Cronar in der großmaßstäbigen Aus-wertepraxis“

1965: „Der Elektronenrechner LGP 30 in Geo-däsie und Photogrammetrie“.

Wunderlichs Hauptinteresse aber galt der Anwen-dung der Bildmessung für den Denkmalschutz imIn- und Ausland. Wunderlich erhielt 1973 einenRuf als ordentlicher Professor für Photogram-metrie an die TU Braunschweig. Er verstarb leiderschon im Jahre 1974.

Lehmanns Nachfolger wurde im Jahre 1971 derVerfasser. Er wurde unterstützt durch WernerWunderlichs Nachfolger, Bernhard Wrobel. InNeisse im Jahre 1935 geboren und vor seinerBerufung an der Universität Bonn beschäftigt, warer von 1974 bis 1982 in Hannover tätig, bevor eran die TH Darmstadt berufen wurde. Sein Haupt-interesse galt theoretischen Fragestellungen (An-wendungen der nichttopographischen Photo-grammetrie, digitale Bildkorrelation).

Bild 24: Wilfried Wester-Ebbinghaus

Wrobels Nachfolger wurde Wilfried Wester-Ebbinghaus, geboren 1947 in Bielefeld, an der UniBonn vor seiner Berufung im Jahre 1983 tätig(Bild 24). In Hannover widmete er sichnichttopographischen Anwendungen.

Im Jahre 1986 wurde er als Professor für Photo-grammetrie an die TU Braunschweig berufen, wo

bis er zu seinem plötzlichen Tod im Jahre 1993wirkte.

Erwähnt werden sollen auch die vom Institut oderunter Mitwirkung des Instituts verliehenen Ehren-promotionen:

1965 an Willem Schermerhorn, den Begründerdes ITC in Holland;

1976 an Frederick Doyle, der als Lehrer, Forscherund Weltraumprotagonist in den USAgewirkt hat;

1981 an Karl Rinner aus Graz, einen All-Round-Geodäten, der aber wesentliche Beiträge zuranalytischen Photogrammetrie geliefert hat;

1997 an Friedrich Ackermann aus Stuttgart, derdie Entwicklung der analytischen und digi-talen Photogrammetrie in den letzten Jahr-zehnten wesentlich vorangetrieben hat.

Genannt werden sollen ferner die internationalenVeranstaltungen, Caravan Workshops und Partner-schaften, die das Institut initiiert oder mitgetragenhat:

Internationale Veranstaltungen:

1978 Symposium über digitale Komponenten inder Photogrammetrie (Hobrough, Helava),Universität Hannover

1980 XIV. Internationaler Kongress der Inter-nationalen Gesellschaft für Photogram-metrie, CCH Hamburg

1987 Seminar on Photogrammetric Mappingfrom SPOT Imagery, Universität Hannover

1993 EARSeL Workshop, Universität Hannover

1995 IUSM-GIS Symposium, Universität Hanno-ver

1997 ISPRS Kommission I/IV-Workshop „Sen-sors and Mapping from Space“, UniversitätHannover

1999 ISPRS Kommission I/IV-Workshop „Sen-sors and Mapping from Space 1999“,Universität Hannover

Caravan Workshops

1996 GIS, Middle East Technical University,Ankara, Türkei

1997 GIS, Remote Sensing Center, Beirut,Libanon

1998 Digitale Photogrammetrie, gemeinsam mitdem Asian Institute of Technology,Bangkok, in Ho Chi Minh City, Vietnam

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1999 GIS, National University of Science andTechnology, Rawalpindi, Pakistan

1999 Digitale Photogrammetrie, gemeinsam mitdem Asian Institute of Technology,Bangkok, in Diyatalawa, Sri Lanka

Partnerschaften

1980-1988 Wuhan Technical University ofSurveys and Mapping, China

1988-1992 University of Zimbabwe, Harare,Zimbabwe

1992-1998 Anna University, Chennai (Madras),Indien

1995-1998 ITC, Enschede, Niederlande

Aus meiner aktiven Zeit möchte ich nur stich-wortartig einige wesentliche Einflüsse erwähnen,die zur Gestaltung und zum Zusammenhaltunseres Instituts beigetragen haben:

Da war erstens das Flugzeugmeßprogramm desBMFT, an dem unser Institut zwischen 1972 und1975 mit der Einführung von Fernerkundungs-methoden im Küstenbereich beteiligt war. Diesführte zu einer Kooperation mit dem DLR, die bisheute andauert. Die Dissertationen von H.P. Bähr,G. Dowideit und W. Schuhr geben davon Zeugnis.

Die Fortsetzung dieser Aktivitäten wurde durchden Sonderforschungsbereich 173 „Vermessungs-und Fernerkundungsverfahren an Küsten undMeeren“ bis 1985 möglich. Daraus entstandenmodulare Bildverarbeitungspakete, deren ModuleEinsatz beim DLR fanden.

Durch die Kooperation mit dem DLR wurde dieBeteiligung an Weltraummissionen gewährleistet:die erste Spacelab-Mission mit der „MetricCamera“ 1983, von SPOT 1986 und von MOMS02 auf Space Shuttle D2 im Jahre 1993 und aufMIR-Priroda 1996 bis 1998.

Da war die Ausrichtung des ISPRS-Kongresses1980 in Hamburg, dem wir die Zugehörigkeit vonFrau G. Böttcher zum Institut verdanken, aberauch die Ausweitung unserer internationalenAktivitäten.

Wir hatten den ersten analytischen Plotter inDeutschland.

Hobrough und Helava, die ein Jahr am Institutverbrachten, halfen uns, durch D. Pape den erstenBildkorrelator in Deutschland zu bauen.

P. Lohmann gelang es durch die Kooperation mitder Firma ContextVision, die erste deutschedigitale Stereoarbeitsstation zu konzipieren.

Das Bündelblockausgleichungsprogramm BLUHist durch die kontinuierliche Forschungs- undEntwicklungstätigkeit von K. Jacobsen zu einemMarkenbegriff geworden. Es läuft mit über 100Installationen in allen Kontinenten und hat demInstitut eine solide finanzielle Basis geschaffen.

Christian Heipke hat bereits im ersten Jahr seinerTätigkeit die Weichen für das Wachstum desInstituts im neuen Jahrtausend gestellt.

Charakteristisch für diese Entwicklungen ist dieSolidarität aller Institutsmitglieder. Hierfür einkleines Beispiel:

Als im Jahre 1990 das Niedersächsische Hoch-schulgesetz die Auflösung von kleineren Institutenanregte und der Senat der Universität dieSchaffung von Großinstituten anregte, gab esÜberlegungen zur Zusammenlegung der Instituteim Vermessungswesen. Aber wir waren mutig undbeantragten vier Einzelinstitute. Aber die politischmotivierten Senatsmitglieder der Professoren undder wissenschaftlichen Mitarbeiter wollen dasnicht akzeptieren. Die Wahl 7:6 wurde schließlichdurch die Aktivitäten der nichtwissenschaftlichenMitarbeiter entschieden. Namentlich Herr Schmidt,aber auch Herr Bämpfer überzeugten durch ihrSchlagwort „Verschlechterung der Arbeitsbedin-gungen“ ihren Vertreter im Senat; und somitkönnen wir heute das 50. Jubliläum des Institutsfür Photogrammetrie und Ingenieurvermessungenfeiern.