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Berichte: Blickpunkt Arbeitsmarkt | Juli 2021 Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

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Page 1: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Berichte: Blickpunkt Arbeitsmarkt | Juli 2021

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen

und Männern 2020

Page 2: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern

2

Impressum

Produktlinie/Reihe: Berichte: Blickpunkt Arbeitsmarkt

Titel: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Veröffentlichung: Juli 2021

Herausgeberin: Bundesagentur für Arbeit

Statistik/Arbeitsmarktberichterstattung

Rückfragen an: Kirsten Singer

Nicole Fleischer

Regensburger Straße 104

90478 Nürnberg

E-Mail: [email protected]

Telefon: 0911 179-1080

Fax: 0911 179-3532

Internet: https://statistik.arbeitsagentur.de

Zitierhinweis: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Berichte: Blickpunkt Arbeitsmarkt – Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Män-

nern 2020, Nürnberg, Juli 2021

Nutzungsbedingungen: © Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Sie können Informationen speichern, (auch auszugsweise) mit Quellenangabe weiter-

geben, vervielfältigen und verbreiten. Die Inhalte dürfen nicht verändert oder ver-

fälscht werden. Eigene Berechnungen sind erlaubt, jedoch als solche kenntlich zu ma-

chen.

Im Falle einer Zugänglichmachung im Internet soll dies in Form einer Verlinkung auf

die Homepage der Statistik der Bundesagentur für Arbeit erfolgen.

Die Nutzung der Inhalte für gewerbliche Zwecke, ausgenommen Presse, Rundfunk

und Fernsehen und wissenschaftliche Publikationen, bedarf der Genehmigung durch

die Statistik der Bundesagentur für Arbeit.

Page 3: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern

3

Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste in Kürze .................................................................................................................................................................. 4

1 Erwerbsneigung und Erwerbsbeteiligung ............................................................................................................................... 5

1.1 Erwerbsneigung und -beteiligung in Deutschland .............................................................................................................. 5

1.2 Erwerbstätigkeit in Europa ................................................................................................................................................. 7

2 Beschäftigung ........................................................................................................................................................................ 9

2.1 Beschäftigung im längerfristigen Zeitvergleich .................................................................................................................. 9

2.2 Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung - Aktuelle Entwicklung ................................................................................. 9

2.3 Formen der Beschäftigung .............................................................................................................................................. 10

2.4 Minijobs - Aktuelle Entwicklung ....................................................................................................................................... 12

2.5 Beschäftigung nach Branchen ......................................................................................................................................... 13

2.6 Soziodemografie der Beschäftigten ................................................................................................................................. 14

2.7 Entlohnung und Führungsverantwortung ......................................................................................................................... 14

2.8 Beschäftigung nach Bundesländern ................................................................................................................................ 15

2.9 Kurzarbeit ........................................................................................................................................................................ 16

3 Arbeitslosigkeit ..................................................................................................................................................................... 19

3.1 Arbeitslosigkeit im längerfristigen Zeitvergleich ............................................................................................................... 19

3.2 Arbeitslosigkeit - Aktuelle Entwicklung ............................................................................................................................. 19

3.3 Dynamik und Dauer der Arbeitslosigkeit .......................................................................................................................... 21

3.4 Soziodemografie der Arbeitslosen ................................................................................................................................... 22

3.5 Arbeitslosigkeit nach Bundesländern ............................................................................................................................... 25

3.6 Erwerbslosigkeit in Europa .............................................................................................................................................. 25

4 Förderung ............................................................................................................................................................................ 26

Glossar ......................................................................................................................................................................................... 28

Page 4: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern

4

Das Wichtigste in Kürze

Die Erwerbsneigung und Erwerbsbeteiligung von Frauen und Männern sind in Deutschland in den letzten

zehn Jahren deutlich gestiegen. Nur in wenigen Ländern Europas ist die Erwerbsbeteiligung insgesamt und

insbesondere von Frauen so hoch wie in Deutschland.

Frauen und Männer sind unterschiedlich in den verschiedenen Formen der Erwerbstätigkeit vertreten:

Rund zwei Drittel der Selbständigen sind Männer. Die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sowie die

Beamten sind ebenfalls mehrheitlich männlich. Minijobs sind hingegen eine Frauendomäne.

Die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen ist auf lange Sicht gewachsen. Infolge der

Corona-Krise bzw. der Maßnahmen zu deren Eindämmung wurde das Wachstum jedoch bei Frauen wie

bei Männern im Frühjahr 2020 vorübergehend gestoppt.

Frauen sind überproportional im tertiären Sektor, Männer häufiger im Verarbeitenden Gewerbe, dem Be-

reich Verkehr und Lagerei sowie im Baugewerbe beschäftigt. Da die Corona-Krise – anders als frühere Kri-

sen – auch weite Teile des Dienstleistungssektors beeinträchtigt, sind Frauen von den Folgen wie Beschäf-

tigungseinbußen und Kurzarbeit ebenfalls stark betroffen.

Teilzeitbeschäftigung kommt bei Frauen weiterhin deutlich häufiger vor als bei Männern.

Männer verdienen im Mittel deutlich mehr als Frauen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Sie reichen von der

Berufswahl über die Familienpflichten bis hin zu den Rahmenbedingungen für eine Aufwärtsmobilität. Dabei

wird der Unterschied in sehr kleinen Schritten geringer.

In Führungspositionen sind Frauen auch bei gleicher Qualifikation unterrepräsentiert.

Aufgrund der Corona-Krise stieg die Arbeitslosigkeit sowohl bei Frauen als auch bei Männern in erhebli-

chem Maße. Die Arbeitslosenquote der Frauen ist aber nach wie vor geringer als die Quote der Männer.

Männer haben ein höheres Risiko ihre Beschäftigung zu verlieren und arbeitslos zu werden, aber auch bes-

sere Chancen Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer Beschäftigung wieder zu überwinden. Das liegt auch

daran, dass Männer öfter in konjunktur- bzw. saisonabhängigen Berufen arbeiten.

Der Anteil der Langzeitarbeitslosen unterscheidet sich zwischen Männern und Frauen nur noch leicht.

Frauen stehen erheblich häufiger als Männer vor der Herausforderung, neben der Arbeitsuche allein für die

Erziehung eines oder mehrerer Kinder verantwortlich zu sein.

Frauen sind in etwa entsprechend ihrem Anteil an den Arbeitslosen und ihrer relativen Betroffenheit von

Arbeitslosigkeit an der Förderung durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen beteiligt.

Page 5: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern

5

1 Erwerbsneigung und Erwerbsbeteiligung

Sowohl die Erwerbsneigung als auch die Erwerbsbeteiligung

von Frauen und Männern sind bis 2019 deutlich gestiegen.

Auch im internationalen Vergleich wird dies deutlich: Nur in

wenigen europäischen Volkswirtschaften ist die Beteiligung

von Frauen und Männern am Erwerbsleben so hoch wie in

Deutschland. Trotzdem existieren auch am deutschen Ar-

beitsmarkt weiterhin erhebliche Unterschiede zwischen den

Geschlechtern.

1.1 Erwerbsneigung und -beteili-

gung in Deutschland

2019 gingen in Deutschland 42,4 Millionen Menschen einer

Erwerbstätigkeit nach – 22,6 Millionen Männer und 19,8 Milli-

onen Frauen. Addiert man zu den Erwerbstätigen die Zahl

der Erwerbslosen, ergibt sich eine Zahl von insgesamt

43,8 Millionen Erwerbspersonen, die dem deutschen Arbeits-

markt 2019 zur Verfügung standen.

ERWERBSPERSONEN

2019 lebten in Deutschland 26,4 Millionen Frauen und

27,1 Millionen Männer im erwerbsfähigen Alter von 15 bis

unter 65 Jahren. Die Zahl der Frauen in dieser Altersgruppe,

die eine bezahlte Tätigkeit ausübten oder suchten, ist in den

zehn Jahren von 2009 bis 2019 um knapp eine Million auf

19,8 Millionen gestiegen. Dieses deutliche Plus bei den

weiblichen Erwerbspersonen trug den überwiegenden Teil

zum Wachstum der Zahl der 15- bis 64-jährigen Erwerbsper-

sonen insgesamt bei.

Als Maß für die Erwerbsneigung kann die Erwerbsquote her-

angezogen werden, welche die Zahl der Erwerbspersonen in

Relation zur Bevölkerung setzt. Hier zeigt sich bei den

Frauen innerhalb der letzten zehn Jahre ein stetiger Anstieg:

Waren 2009 nur 70,3 Prozent der Frauen zwischen 15 und

65 Jahren erwerbstätig oder auf der Suche nach einer Er-

werbstätigkeit, galt dies 2019 bereits für 74,9 Prozent

(Abb. 1). Die Erwerbsquote der Männer erhöhte sich bis

2011 leicht und war in den folgenden Jahren etwas rückläu-

fig. Seit 2017 stieg sie wieder an bis auf 83,5 Prozent im

Jahr 2019.

Der Abstand zwischen den Geschlechtern hat damit in der

langfristigen Betrachtung seit 2009 um mehr als drei Pro-

zentpunkte abgenommen. Nach einem geringen Anstieg

2018 stagniert dieser allerdings 2019. Die Erwerbsquote der

Männer liegt somit weiterhin deutlich über derjenigen der

Frauen.

Abbildung 1

Erwerbsquoten und Erwerbstätigenquoten von Frauen und Männern

Datenquelle: Statistisches Bundesamt, M ikrozensus

Anteil der Erwerbspersonen bzw. Erwerbstätigen an der Bevölkerung (15 bis unter 65 Jahre)

Deutschland

70,7%74,9%

66,0%

72,8%

2010 2013 2016 2019

82,1% 83,5%

75,9%80,5%

2010 2013 2016 2019

Frauen Männer

Erwerbsquote

Erwerbstätigen-quote

Erwerbsquote

Erwerbstätigen-quote

Page 6: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern

6

ERWERBSTÄTIGKEIT

Ausschlaggebend für den Anstieg der Erwerbspersonen ist

ein deutliches Wachstum bei den Erwerbstätigen. Deren

Zahl ist in den zehn Jahren bis 2019 um 3,1 Millionen Er-

werbstätige zwischen 15 und 65 Jahren auf 41,0 Millionen

gestiegen. Mit einem Plus von 1,8 Millionen trugen Frauen

deutlich stärker zu diesem Wachstum bei als Männer mit

+1,2 Millionen. Die Zahl der erwerbslosen Menschen in die-

ser Altersgruppe hat sich im gleichen Zeitraum mehr als hal-

biert.

Während das Wachstum der Erwerbstätigkeit bei den Frauen

in den letzten zehn Jahren ungebrochen ist, gab es bei der

Zahl der erwerbstätigen Männer – jeweils im Zusammen-

hang mit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 und

der Europäischen Staatschuldenkrise 2011/2012 – geringfü-

gige Rückgänge. Die Erwerbstätigenquote, also der Anteil

der männlichen Erwerbstätigen an allen Männern zwischen

15 und 65 Jahren, hat sich zuletzt spürbar erhöht. Dabei ver-

zeichnen gerade die jüngeren Altersgruppen bis unter 30

Jahren deutliche Anstiege bei den Erwerbstätigenquoten.

Der Anstieg der Erwerbstätigenquote der Frauen verteilt sich

auf alle Altersgruppen. Von 2009 bis 2019 hat sie sich um

knapp acht, die der Männer um gut fünf Prozentpunkte er-

höht. 2019 waren damit 72,8 Prozent der Frauen in Deutsch-

land zwischen 15 und 65 Jahren erwerbstätig; bei den Män-

nern waren es 80,5 Prozent. Am stärksten ausgeprägt ist die

unterschiedliche Beteiligung der Geschlechter am Erwerbsle-

ben bei den 30- bis unter 35-Jährigen von mehr als zwölf

Prozentpunkten. Bei diesen Altersgruppen spielt offenbar

eine Rolle, dass Frauen in der Zeit der Familiengründung

und Kindererziehung noch öfter die Erwerbstätigkeit unter-

brechen. Die stetig steigende Erwerbstätigenquote der 35-

bis unter 40-jährigen Frauen – und damit einhergehend die

sinkende Differenz zur vergleichbaren Quote der Männer –

spricht dagegen dafür, dass im Anschluss daran schneller

ein (Wieder-) Einstieg ins Erwerbsleben gesucht wird. Seit

2009 haben sich die Erwerbstätigenquoten der beiden Ge-

schlechter am stärksten in der Altersgruppe der 60- bis unter

65-Jährigen angenähert. Der Unterschied liegt 2019 mit fast

zehn Prozentpunkten jedoch weiterhin auf hohem Niveau.

FORMEN DER ERWERBSTÄTIGKEIT

Etwa 80 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland sind so-

zialversicherungspflichtig beschäftigt. Neben diesen zählen

ausschließlich geringfügig entlohnte Beschäftigte, Beamtin-

nen und Beamte, Selbständige und mithelfende Familienan-

gehörige sowie Menschen in Arbeitsgelegenheiten zu den

Erwerbstätigen. Die Beteiligung von Frauen und Männern an

diesen Formen der Erwerbstätigkeit fällt unterschiedlich aus

(Abb. 2). Nur gut ein Drittel der Selbständigen und mithelfen-

den Familienangehörigen ist weiblich. Blendet man die mit-

helfenden Familienangehörigen aus, fällt der Frauenanteil

Abbildung 2

Formen der Erwerbstätigkeit - Insgesamt und Frauenanteil

Datenquelle: Statistisches Bundesamt, M ikrozensus, Statistik der Bundesagentur für Arbeit Juni*, Jahresdurchschnitt**

Deutschland

Sozialversiche-rungspflichtigBeschäftigte*

ausschließlich geringfügig

entlohnt Beschäftigte*

Im Nebenjob geringfügig

entlohntBeschäftigte*

Selbständige, Mithelfende Famillienan-gehörige**

Arbeits-gelegen-

heiten**

Beamtinnen

und Beamte**

46%

2020: 33,3 Mio

34%

2019: 4,1 Mio

61%

2020: 4,3 Mio

55%

2020: 2,8 Mio

48%

2019: 2,1 Mio

40%

2020: 59.000

Page 7: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern

7

bei den knapp 4,0 Millionen Selbständigen um einen Pro-

zentpunkt geringer aus, denn gerade bei den 119.000 mithel-

fenden Familienangehörigen überwiegt der Frauenanteil mit

zwei Dritteln deutlich. Da die Zahl der weiblichen Beamten

seit 2009 nahezu kontinuierlich steigt, während die Zahl der

männlichen Beamten stetig sinkt, ist im Zuge dessen der

Frauenanteil bei den gut zwei Millionen Beamtinnen und Be-

amten seither um mehr als acht Prozentpunkte auf über

48 Prozent gestiegen. Auch Personen in Arbeitsgelegenhei-

ten nach dem SGB II sind mehrheitlich männlich. Dagegen

ist die geringfügige Beschäftigung eine Frauendomäne.

Deutlich mehr als die Hälfte der im Nebenjob geringfügig ent-

lohnt Beschäftigten und mehr als sechs von zehn der aus-

schließlich geringfügig entlohnt Beschäftigten sind Frauen.

ZUKÜNFTIGE ENTWICKLUNG UND FACHKRÄF-

TESICHERUNG

Aufgrund des demografischen Wandels wird die Zahl der Er-

werbspersonen in Deutschland bis 2060 voraussichtlich –

unter anderem durch das Ausscheiden der geburtenstarken

Jahrgänge 1955 bis 1970 aus dem erwerbsfähigen Alter –

deutlich zurückgehen.1 Auch wenn die Zuwanderung dem

derzeit noch entgegenwirkt, besteht die Gefahr, dass sich ein

1 https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilun-

gen/2020/11/PD20_436_12411.html 2 Vgl. dazu: WSI-Genderportal https://www.boeckler.de/51973.htm

Mangel an Fachkräften entwickelt. Eine steigende Erwerbs-

neigung der Frauen wird wahrscheinlich den Effekt des Be-

völkerungsrückgangs nicht ausgleichen. Bei den Frauen

könnte damit trotz steigender Erwerbsquote die Zahl der Er-

werbspersonen sinken.

Ein wesentliches Potenzial besteht in einer Erhöhung des Ar-

beitszeitvolumens von Frauen. Vor allem Mütter haben eine

geringere wöchentliche Arbeitszeit als Männer und Frauen

ohne Kinder.2 Eine Möglichkeit, rückläufigen Zahlen bei den

Erwerbspersonen und einem drohenden Mangel an Arbeits-

kräften zu begegnen, kann in einer Umwandlung von Teil-

zeit- in Vollzeitstellen und einer Erhöhung der durchschnittli-

chen Arbeitszeit berufstätiger Mütter liegen. Dazu müssen

die Rahmenbedingungen weiter verbessert werden.

1.2 Erwerbstätigkeit in Europa

Für internationale Vergleiche liegen von Eurostat, dem Sta-

tistischen Amt der Europäischen Union, erste Angaben zur

Erwerbstätigkeit in Europa bereits für 2020 vor3.

Die Erwerbsbeteiligung der 15- bis unter 65-jährigen Frauen

und Männer in Deutschland zählt zu den höchsten in Europa.

3 https://ec.europa.eu/eurostat/web/main/data/database

Abbildung 3

Erwerbstätigenquoten von Frauen und Männern im europäischen Vergleich

Datenquelle: Eurostat

15 bis unter 65 Jahre, Jahresdurchschnitt 2020

Frauen Männer

#03_Erwerbstätigenquote

männer

unter 60%

60% bis unter 65%

65% bis unter 70%

70% bis unter 75%

75% und höher

#03_Erwerbstätigenquote

frauen

unter 60%

60% bis unter 65%

65% bis unter 70%

70% bis unter 75%

75% und höher

Page 8: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern

8

Nach den vorliegenden Daten hatten aufgrund der Corona-

Krise im Jahr 2020 fast alle europäischen Länder Rückgänge

der Erwerbstätigenquoten zu verzeichnen. In Deutschland

betrug dieser nach deutlichen Zuwächsen in den vorange-

gangenen Jahren 0,5 Prozentpunkte, die Erwerbstätigen-

quote lag damit 2020 bei 76,2 Prozent.

ERWERBSBETEILIGUNG

Die Erwerbstätigenquote der Männer im Alter von 15 bis un-

ter 65 Jahren betrug 2020 im Durchschnitt der 27 EU-Staa-

ten 72,8 Prozent. Deutschland liegt mit einer Quote von

79,0 Prozent deutlich über dem EU-Wert. Übertroffen wird

Deutschland innerhalb der EU nur von Malta (81,8 Prozent),

den Niederlanden (81,6 Prozent) sowie der Tschechischen

Republik (81,4 Prozent). Darüber hinaus ist die Erwerbstäti-

genquote der Männer auch in Island und der Schweiz höher

als in Deutschland (Abb. 3).

Die Erwerbstätigenquote von Frauen im Alter von 15 bis un-

ter 65 Jahren liegt in allen europäischen Ländern gut zehn

Prozentpunkte unter der von Männern. EU-weit betrug sie

2020 62,5 Prozent. Deutschland hat mit einer Quote von

73,2 Prozent die dritthöchste in der EU und wird nur von den

Niederlanden (73,9 Prozent) und Schweden (73,5 Prozent)

übertroffen. Außerhalb der EU erreichen Island und die

Schweiz ebenfalls höhere Erwerbstätigenquoten von Frauen

als Deutschland.

Die Unterschiede in den Erwerbstätigenquoten von Frauen

und Männern sind in Europa zum Teil beträchtlich, auch

wenn sie überwiegend geringer geworden sind. Am gravie-

rendsten sind sie in Italien (18,2 Prozentpunkte) sowie Ru-

mänien (17,9 Prozentpunkte) und Griechenland (17,7 Pro-

zentpunkte) ausgeprägt. Demgegenüber sind die Unter-

schiede zum Teil im Baltikum sowie in den skandinavischen

Ländern gering. Und auch in Deutschland fällt der Ge-

schlechterunterschied (5,8 Prozentpunkte) geringer aus als

im Durchschnitt der EU (10,3 Prozentpunkte).

Page 9: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern

9

2 Beschäftigung

Die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten bilden mit Ab-

stand die größte Gruppe der Erwerbstätigen in Deutschland

und der Anteil wächst, zuletzt auf rund 80 Prozent.

Nach der Wirtschaftskrise 2008/2009 war die Beschäftigung

von Frauen über einige Jahre stärker gewachsen als die der

Männer. Ab 2017 ist jedoch die Zahl der beschäftigten Män-

ner zunächst wieder deutlicher gestiegen. Eine Ursache

dürfte hier auch die Flüchtlingszuwanderung sein, da die Er-

werbsbeteiligung unter den weiblichen Geflüchteten bislang

geringer ist4.

Im Jahr 2020 haben die Auswirkungen der Corona-Pande-

mie die Entwicklung am Arbeitsmarkt stark beeinträchtigt und

den zehnjährigen Beschäftigungsaufbau gestoppt. Dass es

bislang nicht zu erheblichen Rückgängen der sozialversiche-

rungspflichtigen Beschäftigung gekommen ist, ist nicht zu-

letzt dem massiven Einsatz von Kurzarbeit geschuldet.

2.1 Beschäftigung im längerfristi-

gen Zeitvergleich

Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung5 hat inner-

halb der letzten zehn Jahre ein deutliches Wachstum erlebt.

Von Juni 2010 auf Juni 2020 ist sie um 18 Prozent auf

32,9 Millionen Beschäftigte angestiegen. Wie bei allen Er-

werbstätigen profitierten auch bei den sozialversicherungs-

pflichtig Beschäftigten in der längerfristigen Betrachtung

Frauen relativ gesehen etwas stärker vom Wachstum

(+20 Prozent, Männer: +17 Prozent). Absolut gesehen ver-

zeichnen die Männer mit einer Steigerung von fast 2,6 Millio-

nen das größere Plus (Frauen +2,5 Millionen).

KONJUNKTUR- UND JAHRESVERLAUF

Die Beschäftigungsentwicklung der letzten fünfzehn Jahre

war bei den Frauen wesentlich konstanter und weniger kon-

junkturreagibel als bei den Männern. So waren Männer in

deutlich größerem Ausmaß von der Wirtschafts- und Finanz-

krise 2008/2009 betroffen als Frauen. Das Gleiche gilt –

wenn auch deutlich abgeschwächter – für die europäische

Staatsschuldenkrise 2011/2012. Ein zentraler Faktor, warum

die Beschäftigung von Männern stärker dem Auf und Ab der

Wirtschaft folgt, liegt in der unterschiedlichen Beschäftigung

nach Branchen. Während Männer überproportional im kon-

4 http://doku.iab.de/kurzber/2021/kb2021-08.pdf 5 Wenn nicht anders angegeben, werden hier die Beschäftigten im erwerbsfä-

higen Alter (15 bis 65 Jahre) betrachtet.

junkturabhängigen Verarbeitenden Gewerbe tätig sind, arbei-

ten überdurchschnittlich viele Frauen in weniger konjunktur-

abhängigen Dienstleistungsbereichen wie dem Gesundheits-

und Sozialwesen (s.a. Kapitel 2.5.).

Mit einem Hoch im Spätsommer und einem Tief zu Jahres-

beginn schwanken die Beschäftigtenzahlen bei Männern

auch im Jahresverlauf stärker als bei Frauen. Diese Entwick-

lung ist ebenfalls in Zusammenhang mit geschlechtsspezifi-

schen Schwerpunkten bei der Berufswahl zu sehen. So ar-

beiten nach wie vor z.B. sehr viel mehr Männer als Frauen in

Berufen, deren Beschäftigung ein klares Saisonmuster be-

sitzt, wie beispielsweise in Bau- und Außenberufen.

2.2 Sozialversicherungspflichtige

Beschäftigung - Aktuelle Ent-

wicklung

Im Juni 2020 lag die Zahl der sozialversicherungspflichtig

Beschäftigten um 84.000 bzw. 0,3 Prozent unter der des

Vorjahres. Einen Monat zuvor hatte die sozialversicherungs-

pflichtige Beschäftigung insgesamt erstmals seit der Wirt-

schafts- und Finanzkrise das Vorjahresniveau unterschritten

und damit das Ende eines zehnjährigen Beschäftigungsauf-

baus markiert. Dabei hatte die Zahl der männlichen Beschäf-

tigten infolge der Corona-Krise bzw. der Maßnahmen zu de-

ren Eindämmung bereits im April 2020 den Vorjahreswert

unterschritten; bei den Frauen gab es bis zum Juni 2020

noch minimale Anstiege.

Typischerweise sind in Krisen vorrangig Männer vom Ar-

beitsplatzabbau betroffen (s.a. Kapitel 2.1), weil häufig in-

dustrielle Arbeitsplätze leiden. Aufgrund der beinahe flächen-

deckenden Betroffenheit der Wirtschaft durch die Corona-

Pandemie, sind im Jahr 2020 hingegen Männer und Frauen

gleichermaßen von der schlechteren Entwicklung der sozial-

versicherungspflichtigen Beschäftigung betroffen.

Zur Abschätzung der coronabedingten Auswirkungen auf die

Beschäftigung wird der sogenannte Corona-Effekt herange-

zogen6. Er wird berechnet, indem die Beschäftigungsent-

wicklung in den Monaten seit Beginn der Krise mit der in den

entsprechenden Vorjahresmonaten verglichen wird. Dabei

wird unterstellt, dass sich die Entwicklung, die sich bis vor

Einsetzen der Corona-Krise in den Daten zeigte, fortsetzt,

weil in den Veränderungen des Vorjahres auch der Trend

6 Ausführliche und monatsaktuelle Informationen zu den Auswirkungen der

Corona-Krise auf den Arbeitsmarkt auch im Arbeitsmarkt kompakt: Corona https://statistik.arbeitsagentur.de/SiteGlobals/Forms/Suche/Einzelheftsu-che_Formular.html?nn=20726&topic_f=am-kompakt-corona

Page 10: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern

10

des Vorjahres enthalten ist. Der so berechnete Corona-Effekt

bringt zum Ausdruck, um wie viel höher die Beschäftigung

bis März 2021 gewesen wäre, wenn es die Corona-Krise

nicht gegeben hätte und sich der Vor-Corona-Trend tenden-

ziell steigender Beschäftigung fortgesetzt hätte.

Von März 2020 bis März 2021 sind dieser Berechnung fol-

gend rund eine halbe Million sozialversicherungspflichtige

Arbeitsplätze verloren gegangen oder nicht entstanden. Da-

von gehen 47 Prozent auf Frauen zurück, was in etwa auch

ihrem Beschäftigungsanteil von rund 46 Prozent entspricht.

Zwar liegen keine hochgerechneten geschlechtsspezifischen

Daten zur Beschäftigung nach Branchen vor, der Blick auf

die Entwicklung der Gesamtbeschäftigung am aktuellen

Rand (März 2021) zeigt jedoch eine breite Branchenbetrof-

fenheit: Neben dem in Krisen häufig gebeutelten Produzie-

renden Bereich sind durch die Maßnahmen zur Eindämmung

der Corona-Pandemie auch Dienstleistungsbranchen betrof-

fen, in denen häufig Frauen einen großen Teil der Beschäf-

tigten stellen. So dürfte sich die etwa gleiche Betroffenheit

von Männern und Frauen in dieser Krise erklären. Die höchs-

ten Anteile am Corona-Effekt bis März 2021 haben das Gast-

gewerbe mit 36 Prozent, das Verarbeitende Gewerbe

(23 Prozent) und die Sonstigen wirtschaftliche Dienstleistun-

gen (ohne Arbeitnehmerüberlassung) – hierzu gehören

bspw. Reisebüros und Reiseveranstalter sowie Messe- und

Ausstellungsveranstalter (14 Prozent). Auf den Handel und

die Sonstigen Dienstleistungen, wie etwa Friseure oder Frei-

zeiteinrichtungen, kamen je 12 Prozent.

2.3 Formen der Beschäftigung

Teilzeitarbeit und Minijobs sind Frauendomänen. Beinahe

viermal so viele Frauen wie Männer arbeiten in Teilzeit;

knapp zwei Drittel aller ausschließlich geringfügig entlohnt

Beschäftigten im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 65

Jahren sind weiblich. Die weitaus stärkere Nutzung dieser

beiden Beschäftigungsformen durch Frauen stellt zwei der

markantesten Unterschiede zwischen den Geschlechtern am

Arbeitsmarkt dar. Darüber hinaus üben merklich mehr

Frauen als Männer neben einer sozialversicherungspflichti-

gen Hauptbeschäftigung einen Minijob als Nebenjob aus.

TEILZEITBESCHÄFTIGUNG

49 Prozent aller sozialversicherungspflichtig beschäftigten

Frauen arbeiteten im Juni 2020 in Teilzeit, d. h. weniger als

die tariflich oder vertraglich vereinbarte Arbeitszeit der Voll-

zeitbeschäftigten beim jeweiligen Arbeitgeber. Bei den Män-

nern sind es nur elf Prozent. In Abhängigkeit vom Alter gibt

es deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Bei

weiblichen Beschäftigten steigt die Teilzeitquote bis auf ein

Abbildung 4

Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit * Dezember 2020 bis M ärz 2021 hochgerechnet und daher vorläufig

Januar 2019 bis März 2021* und Vorjahresveränderung in Prozent

Deutschland

+2,2

-0,1

+1,8

+0,0

Jan 19 Jun 19 Nov 19 Apr 20 Sep 20 Feb 21

17,8 Mio 18,1 Mio 18,0 Mio

15,4 Mio 15,6 Mio 15,6 Mio

Männer

Frauen

1. Lockdown im März 2020

erneute Beschränkungen im

November 2020

2. Lockdown im Dezember 2020

Mrz 21

Page 11: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern

11

kurzes Plateau von Mitte bis Ende der 20er Jahre kontinuier-

lich an und erreicht Mitte der 40er Jahre den Höchstwert von

59 Prozent. Danach nimmt die Teilzeitquote bis zu den ren-

tennahen Altersgruppen nur geringfügig ab. Teilzeitquoten

von nennenswert mehr als zehn Prozent haben männliche

Beschäftigte in den 20er bis zu Beginn der 30er Jahre.

Hierzu könnten die Regelungen zur Elternzeit plus beitragen.

Aber auch sich langsam wandelnde Rollenbilder der jünge-

ren Generation könnten sich hier bereits niederschlagen.

Zum anderen sind es bei den Männern die Über-60-Jähri-

gen, die vermehrt Teilzeitarbeit in Anspruch nehmen (vgl.

Abb. 5).

In allen Wirtschaftszweigen ist der Teilzeitanteil bei den

Frauen höher als bei den Männern. Besonders auffällig sind

die Differenzen in den folgenden Gebieten: Im Bereich Erzie-

hung und Unterricht, im Gastgewerbe, im Gesundheits- und

Sozialwesen sowie im Handel sind jeweils mehr als die

Hälfte der beschäftigten Frauen in Teilzeit tätig, aber nur

etwa jeder dritte (Erziehung und Unterricht, Gastgewerbe)

bzw. jeder vierte (Gesundheits- und Sozialwesen) beschäf-

tigte Mann. Im Handel liegt der Anteil der Teilzeitbeschäftig-

ten Männer mit elf Prozent auf dem Durchschnitt über alle

Branchen. In einigen Branchen übertrifft die Teilzeitquote der

Frauen die der Männer um ein Vielfaches: In der öffentlichen

Verwaltung ist fast die Hälfte der Frauen, aber nur knapp je-

der zehnte Mann in Teilzeit angestellt. Im Finanz- und Versi-

cherungssektor sind 46 Prozent der Frauen teilzeitbeschäf-

tigt, aber nur acht Prozent der Männer.

MINIJOBS

Mitte 2020 waren insgesamt 7,1 Millionen Menschen gering-

fügig entlohnt Beschäftigte. Diese Beschäftigungsform wird

umgangssprachlich oft als „Minijob“ bezeichnet. Minijobberin-

nen und -jobber können diese Tätigkeit neben einer weiteren

Beschäftigung ausüben (geringfügig Beschäftigte im Neben-

job) oder ausschließlich im Minijob beschäftigt sein (aus-

schließlich geringfügig Beschäftigte). Ausschließlich gering-

fügig entlohnt beschäftigt waren insgesamt 4,3 Millionen Per-

sonen, darunter 3,2 Millionen im Alter zwischen 15 und 65

Jahren. Die allein vom Arbeitgeber zu tragende Abgaben-

pauschale und das deutsche Steuersystem („Ehegattensplit-

ting“) machen Minijobs zumindest auf den ersten Blick zu ei-

ner attraktiven Erwerbsform für Paare, die nicht beide Voll-

zeit arbeiten (wollen oder können). Unter diesen Rahmenbe-

dingungen erscheint es bei einem häufig immer noch traditio-

nellen Rollenverständnis nicht verwunderlich, dass zwei Drit-

tel der ausschließlich geringfügig entlohnt Beschäftigten im

erwerbsfähigen Alter Frauen sind.

Die meisten ausschließlich geringfügig entlohnt Beschäftig-

ten im erwerbsfähigen Alter sind im Handel (inkl. Instandhal-

tung und Reparatur von Kfz 623.000) sowie im Gastgewerbe

(431.000) beschäftigt. Ähnlich wie bei der sozialversiche-

rungspflichtigen Teilzeitbeschäftigung ist auch bei den Mi-

nijobs der Frauenanteil im Gesundheits- und Sozialwesen

besonders hoch (81 Prozent). Ebenfalls hoch fällt er im Be-

reich der Sonstigen Dienstleistungen und der Privaten Haus-

halte aus (73 bzw. 92 Prozent).

MINIJOB ALS NEBENJOB

Mitte 2020 hatten 2,8 Millionen Beschäftigte im erwerbsfähi-

gen Alter zusätzlich zu ihrer sozialversicherungspflichtigen

Hauptbeschäftigung einen Minijob als Nebenjob. Bei Mi-

nijobs als Nebenjob sind die pauschalen Abgaben – ebenso

wie bei ausschließlich geringfügiger Beschäftigung – allein

vom Arbeitgeber zu tragen. Das kann dazu führen, dass bei

gleicher Zahl Arbeitsstunden eine Kombination aus Haupt-

und Nebenjob finanziell günstiger ist als eine sozialversiche-

rungspflichtige Beschäftigung allein. Allerdings kann dieser

aktuelle positive finanzielle Vorteil zu langfristigen finanziel-

len Nachteilen führen.

Auch sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mit geringfü-

gig entlohntem Nebenjob sind mehrheitlich weiblich (1,5 Milli-

onen; Männer: 1,3 Millionen). Der Unterschied zwischen den

Geschlechtern ist jedoch wesentlich geringer als bei den

Abbildung 5

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

nach Alter, Geschlecht und ArbeitszeitJuni 2020

Frauen Männer

15

25

35

45

55

65

VollzeitTeilzeit Vollzeit Teilzeit

500.000 500.000250.000 250.000Alter

Page 12: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern

12

ausschließlich geringfügig entlohnt Beschäftigten. In Relation

zur Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zeigt

sich der Unterschied zwischen Frauen und Männern etwas

deutlicher: Bundesweit hat jede zehnte sozialversicherungs-

pflichtig beschäftigte Frau einen Minijob als Nebenjob, aber

nur jeder vierzehnte Mann.

2.4 Minijobs - Aktuelle Entwicklung

Im Juni 2020 waren 4,3 Millionen Menschen in Deutschland

ausschließlich geringfügig entlohnt beschäftigt, 1,7 Millionen

Männer und 2.6 Millionen Frauen. Das waren acht Prozent

weniger als ein Jahr zuvor, Frauen waren dabei mit einem

Minus von neun Prozent etwas stärker betroffen als Männer

(-7 Prozent). Mini-Jobs waren zwar schon länger rückläufig,

doch bei weitem nicht so stark.

Anders als bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäfti-

gung setzte der verstärkte Rückgang unmittelbar mit dem

ersten Lockdown im März 2020 ein. Geringfügig entlohnte

Beschäftigungsverhältnisse als flexiblere Beschäftigungs-

form haben in ihrer Entwicklung damit schneller und deutli-

cher als sozialversicherungspflichtige auf Maßnahmen zur

Eindämmung der Corona-Pandemie reagiert, zumal sie nicht

durch Kurzarbeit stabilisiert werden können. Insgesamt wird

der coronabedingte Rückgang bis zum März 2021 auf rund

344.000 beziffert.

Die Auswirkungen waren insbesondere während des ersten

und zweiten Lockdowns sichtbar, da mehr als die Hälfte die-

ses Rückgangs auf das Gastgewerbe zurückzuführen ist.

Sowohl im Frühjahr 2020 als auch im Winter 2020/2021 wirk-

ten sich die Schließungen spürbar und zeitnah auf die ge-

ringfügigen Beschäftigungsverhältnisse aus.

Relativ stark betroffen von den Maßnahmen zur Eindäm-

mung der Corona-Pandemie waren bei den Mini-Jobs zudem

die Sonstigen Dienstleistungen, zu denen u.a. Friseursalons

gehören. Auch hier schlugen sich Betriebsschließungen zur

Eindämmung der Pandemie nieder. Da dort gut drei Viertel

der Beschäftigten weiblich sind, trug dies ebenfalls zu der

stärkeren Betroffenheit von Frauen bei.

Da die Daten zur geringfügigen Beschäftigung nicht ge-

schlechtsspezifisch hochgerechnet werden, kann der

Corona-Effekt für die ausschließlich geringfügig entlohnte

Beschäftigung hier nur bis November 2020 ausgewiesen

werden. Bis zum ersten Monat des zweiten Lockdowns be-

trug der Corona-Effekt 264.000. Davon gehen 65 Prozent auf

Frauen zurück. Ihr Anteil an der ausschließlich geringfügig

entlohnten Beschäftigung ist mit 61 Prozent etwas geringer.

Abbildung 6

Ausschließlich geringfügig entlohnt Beschäftigte

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Januar 2019 bis November 2020 und Vorjahresveränderung in Prozent

Deutschland

-0,8

-3,7-6,6

-2,5

-5,7

-9,0

Jan 19 Mrz 19 Mai 19 Jul 19 Sep 19 Nov 19 Jan 20 Mrz 20 Mai 20 Jul 20 Sep 20 Nov 20

1,8 Mio 1,8 Mio 1,7 Mio 1,6 Mio

2,8 Mio 2,8 Mio 2,6 Mio 2,5 Mio

Männer

Frauen

1. Lockdown im März 2020

erneute Beschränkungen im

November 2020

Page 13: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern

13

2.5 Beschäftigung nach Branchen

Frauen und Männer setzen nach wie vor in ihrer Berufswahl

und bei den Branchen, in denen sie tätig sind, unterschiedli-

che Schwerpunkte. So sind über einen langen Zeitraum vor

allem das Gesundheits- und Sozialwesen sowie Erziehung

und Unterricht die Wirtschaftszweige, in denen viel mehr

Frauen als Männer tätig sind. Das Verarbeitende Gewerbe,

der Bereich Verkehr und Lagerei sowie das Baugewerbe

sind dagegen Männerdomänen.

FRAUEN- UND MÄNNERDOMÄNEN

Allgemein sind Frauen eher im Dienstleistungssektor, Män-

ner hingegen vor allem in der Industrie sowie im Bauge-

werbe beschäftigt (Abb. 7). Mit gut 3,8 Millionen sozialversi-

cherungspflichtig beschäftigten Frauen und einem Anteil

weiblicher Beschäftigter im erwerbsfähigen Alter von 77 Pro-

zent im Juni 2020 war das Gesundheits- und Sozialwesen

unverändert der Wirtschaftszweig mit absolut den meisten

Frauen. Einen hohen Frauenanteil verzeichnet auch der Be-

reich Erziehung und Unterricht (72 Prozent; 0,9 Millionen

Frauen). In Privathaushalten und sonstigen Dienstleistungen,

zu denen u. a. Friseur- und Kosmetiksalons zählen, und in

der öffentlichen Verwaltung waren etwa zwei Drittel der Be-

schäftigten Frauen. Von Männern dominiert ist vor allem das

Baugewerbe – fast neun von zehn Beschäftigten im erwerbs-

fähigen Alter sind hier Männer (1,7 Millionen). Im Bereich

Verkehr und Lagerei und im Verarbeitenden Gewerbe waren

drei von vier Beschäftigten Männer (1,4 bzw. 5,1 Millionen).

Anzeichen für eine grundlegende Änderung dieser Schwer-

punkte von Männern und Frauen gibt es zumindest auf

Ebene der Fachkräfte kaum. In der Berufswahl und Tätigkeit

der 1,6 Millionen sozialversicherungspflichtig beschäftigten

Auszubildenden im September 2020 spiegeln sich weitge-

hend die hergebrachten Muster. Die meisten männlichen

Auszubildenden gab es unverändert in Maschinenbau- und

Fahrzeugtechnikberufen sowie in Metall- und Elektroberufen,

ein Drittel der männlichen Auszubildenden sind hier beschäf-

tigt. Die meisten weiblichen Auszubildenden gab es in medi-

zinischen wie nicht medizinischen Gesundheitsberufen und

in Büroberufen, die Hälfte aller weiblichen Auszubildenden

war in diesen Bereichen beschäftigt.

Die unterschiedliche Verteilung der Geschlechter auf die

Branchen hat vielfältige Folgen: Unterschiedliche saisonale

und konjunkturelle Muster der Beschäftigung werden

dadurch ebenso beeinflusst wie geschlechtsspezifische Ver-

änderungen der Arbeitslosenzahlen im Konjunktur- und Jah-

resverlauf oder die erzielten Entgelte.

Abbildung 7

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nach Branchen, Geschlecht und Arbeitszeit

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Juni 2020, 15 bis unter 65 Jahre, Anteile in Prozent

DeutschlandFrauen Männer

Vollzeit Teilzeit VollzeitTeilzeit

24

35

30

33

29

30

25

23

26

22

20

18

14

14

7

23

42

42

31

35

25

29

28

21

11

13

8

10

7

6

6

6

10

4

9

3

17

6

8

7

8

2

10

3

6

48

17

18

32

26

41

30

43

45

60

59

72

66

75

81

Insgesamt

Gesundheits- und Sozialwesen

Erziehung und Unterricht

Öff. Verwaltung, Verteidigung; Sozialvers.

Sonst. Dienstleistungen, Priv. Haushalte

Finanz- und Versicherungsdienstl.

Gastgewerbe

Handel, Instandhalt. u. Reparatur v. KfZ

Wirtschaftliche Dienstleistungen

Information und Kommunikation

Land- und Forstwirtschaft, Fischerei

Verarbeitendes Gewerbe

Verkehr und Lagerei

Bergbau, Energie, Wasser/ Entsorgung

Baugewerbe

32,93

4,96

1,31

1,87

1,16

0,96

1,01

4,45

4,72

1,16

0,25

6,80

1,80

0,58

1,90

BeschäftigteInsg. in Mio

Page 14: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern

14

2.6 Soziodemografie der Beschäf-

tigten

In der Altersstruktur der sozialversicherungspflichtig beschäf-

tigten Frauen machen sich vor allem ihr Ausbildungsverhal-

ten sowie die Jahre der Familiengründung bemerkbar. Die

Beschäftigung von Menschen ohne deutschen Pass hat sich

bei beiden Geschlechtern in den vergangenen zehn Jahren

etwa verdoppelt.

ALTERSSTRUKTUR

Die Verteilung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten

auf die Altersgruppen folgt bei Männern ebenso wie bei

Frauen weitgehend der Bevölkerungsstruktur. Über alle Al-

tersgruppen hinweg beträgt der Frauenanteil 46 Prozent. Un-

mittelbar zum (möglichen) Beginn des Erwerbslebens liegt

der Frauenanteil an den Beschäftigten jedoch unter 40 Pro-

zent. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass junge

Frauen eher zu schulischen Berufsausbildungen sowie zu

höheren Schulabschlüssen neigen und damit länger im

Schulbildungssystem verbleiben als gleichaltrige Männer. Bis

in die Mitte der Zwanziger steigt der Frauenanteil auf 46 Pro-

zent. Die anschließende Delle des Frauenanteils auf bis zu

44 Prozent, die bis Ende der 30er Jahre sichtbar ist, dürfte

die Zeit der Familienphase markieren. In den folgenden Wie-

dereinstiegsjahren steigt der Anteil der teilzeitarbeitenden

Frauen an allen Frauen auf bis zu 59 Prozent. Gleichzeitig

nimmt der Anteil weiblicher Beschäftigter zu Beginn 40er

Jahre wieder zu und liegt über dem Durchschnitt. Gleichzei-

tig bleibt der Teilzeitanteil der Frauen im weiteren Erwerbs-

verlauf bei über 50 Prozent und damit über dem Durchschnitt

von 49 Prozent.

Die Altersstruktur sozialversicherungspflichtiger beschäftigter

Männer ist homogener, als die der Frauen (Abb. 5). Im

Durchschnitt über alle Altersgruppen sind rund 54 Prozent

der Beschäftigten männlich. Im Alter zwischen 15 und 20

Jahren, zu Beginn des Erwerbslebens, ist ihr Anteil an den

Beschäftigten mit teilweise über 60 Prozent deutlich überpro-

portional. Junge Männer wählen tendenziell häufiger eine du-

ale Berufsausbildung oder steigen häufiger direkt nach der

schulischen Ausbildung in das Berufsleben ein. Ein weiterer

Grund für den hohen Männeranteil in dieser Altersgruppe

dürfte die Zuwanderung von Geflüchteten in den letzten Jah-

ren sein. Diese Personengruppe zeichnet sich durch einen

hohen Anteil junger Männer aus. Bei den jüngeren Männern

im Alter zwischen 20 und 30 Jahren fällt darüber hinaus ein

erhöhter Teilzeitanteil auf: knapp jeder Fünfte in dieser Al-

tersgruppe arbeitet in Teilzeit. Danach fällt der Anteil wieder

auf die durchschnittlichen 12 Prozent (vgl. Kapitel 2.3).

STAATSANGEHÖRIGKEIT

Zehn Prozent der Frauen und 15 Prozent der sozialversiche-

rungspflichtig beschäftigten Männer besitzen keinen deut-

schen Pass. Mit Abstand die größte Gruppe, sowohl bei den

Frauen als auch bei den Männern, stellen Beschäftigte türki-

scher Staatsangehörigkeit. Auf Platz zwei folgen polnische,

danach rumänische und italienische Beschäftigte. Der Zu-

wachs der Beschäftigung wird sowohl bei Frauen als auch

bei Männern stark von der Zuwanderung geprägt. So geht

der Beschäftigungszuwachs der vergangenen zehn Jahre

bei den Männern zu beinahe drei Fünfteln auf ausländische

Beschäftigte zurück und bei den Frauen zu einem Drittel.

Die Auswirkungen der Corona-Krise haben jedoch im letzten

Jahr erstmals seit zehn Jahren das Wachstum der Beschäf-

tigten mit ausländischem Pass gebremst: Insgesamt ist ihre

Zahl um 79.000 bzw. 1,9 Prozent gewachsen, ein Jahr zuvor

waren es noch +7,9 Prozent. Bis 2019 hatten ausländische

Männer die größeren Beschäftigungsanstiege, im Krisenjahr

2020 entwickelte sich jedoch die Beschäftigung der Frauen

sowohl absolut als auch prozentual etwas besser (+44.000

bzw. +2,9 Prozent). Bei den deutschen Beschäftigten hinge-

gen war bei beiden Geschlechtern ein Rückgang zu ver-

zeichnen.

2.7 Entlohnung und Führungsver-

antwortung

Das monatliche Bruttoarbeitsentgelt von sozialversiche-

rungspflichtig Vollzeitbeschäftigten der Kerngruppe insge-

samt lag 2019 (neuere Daten liegen nicht vor) im Mittel bei

3.401 €. Dabei bezogen Männer mit 3.560 € ein deutlich hö-

heres mittleres monatliches Bruttoarbeitsentgelt als Frauen

mit 3.117 €. Sie verdienten damit im Durchschnitt zwölf Pro-

zent weniger als Männer. Fünf Jahre zuvor hatte der Unter-

schied noch 16 Prozent betragen. Besonders deutlich fällt

der Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen in

Aufsichts- bzw. Führungspositionen aus: Männer verdienen

hier im Durchschnitt mindestens 21 Prozent mehr als

Frauen.

Dieser sogenannte unbereinigte Gender Pay Gap hat ver-

schiedene Ursachen. Eine entscheidende Rolle spielen da-

bei die unterschiedlichen Berufsfelder bzw. Branchenschwer-

punkte von Frauen und Männern. Zudem verfügt ein höherer

Anteil der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Männer

über ein abgeschlossenes (Fach-)Hochschulstudium. Mit ei-

nem akademischen Abschluss geht bei entsprechender Be-

rufserfahrung in der Regel eine höhere Entlohnung einher.

Neben den beschriebenen Unterschieden weisen Frauen

Page 15: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern

15

häufiger familienbedingte Erwerbsunterbrechungen oder fa-

milienbedingte Teilzeitarbeit auf. Damit werden möglicher-

weise Aufstiegschancen und in diesem Zuge höhere Er-

werbseinkommen verzögert oder verhindert. Aber auch unter

Berücksichtigung verschiedener Merkmale, wie z.B. Alter,

Beruf und Qualifikation bei der Berechnung des bereinigten

Gender Pay Gap, lag 2018 der Gehaltsunterschied zwischen

Männern und Frauen laut Statistischem Bundesamt noch bei

immerhin sechs Prozent. Basis ist die Verdienststrukturerhe-

bung, die alle vier Jahre durchgeführt wird und aktuell für

2018 vorliegt7.

FRAUEN IN FÜHRUNGSPOSITIONEN

Obwohl knapp die Hälfte der Beschäftigten weiblich ist, sind

Frauen in Aufsichts- und Führungspositionen nach wie vor

unterrepräsentiert (vgl. Abb. 8). Lediglich 517.000 bzw.

27 Prozent der Beschäftigten mit Aufsichts- und Führungs-

funktionen sind weiblich. Auch bei gleicher Qualifikation (glei-

cher Berufsabschluss) sind Frauen in Aufsichts- und Füh-

rungspositionen unterrepräsentiert: Knapp die Hälfte der Be-

schäftigten mit akademischem Abschluss sind weiblich. Ihr

Anteil unter den Aufsichts- bzw. Führungskräften beträgt je- 7 Verdienststrukturerhebung 2018: https://www.destatis.de/DE/Themen/Ar-

beit/Verdienste/Verdienste-Verdienstunterschiede/Tabellen/bgbp-stunden-la-ender-2018.html

doch nur 34 bzw. 25 Prozent. Insbesondere bei Führungspo-

sitionen fällt auf, dass der Anteil von Frauen mit höherem

Abschluss kleiner ist.

2.8 Beschäftigung nach Bundeslän-

dern

Die Beschäftigungsquote setzt die quantitativ bedeutendste

Erwerbstätigengruppe, die sozialversicherungspflichtig Be-

schäftigten, ins Verhältnis zur Bevölkerung. Wie die Erwerbs-

tätigenquote liegt auch die Beschäftigungsquote, bezogen

auf die 15- bis unter 65-Jährigen, für Frauen mit 57,6 Pro-

zent unter dem Wert für Männer (64,2 Prozent). Die regiona-

len Unterschiede sind allerdings beachtlich: fast zwei Drittel

der Sächsinnen im erwerbsfähigen Alter sind sozialversiche-

rungspflichtig beschäftigt (65,4 Prozent), aber nur gut jede

zweite Frau in Bremen (51,6 Prozent).

In den Bundesländern fallen die Abweichungen zwischen der

Beschäftigungsquote für Frauen und der für Männern sehr

unterschiedlich aus: Während in Nordrhein-Westfalen die

Beschäftigungsquote von Frauen um gut neun Prozent-

Abbildung 8

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mit Leitungsfunktion nach dem Berufsabschluss

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Juni 2020, Anteile in Prozent

Deutschland

Anteile ohne nicht zuordenbare Angaben.

24

49

3444

72

49

62

53

4

2

4

3

562.000

815.000

210.000

307.000

Aufsicht Führung Aufsicht Führung

Akademischer Berufsabschluss

Anerkannter Berufsabschluss

Ohne Berufsabschluss

FrauenMänner

46

SvB Insgesamt

Frauen-anteil

27

SvBAufsicht/FührungFrauen-anteil

Page 16: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern

16

punkte geringer ist als jene für Männer, übertraf in Mecklen-

burg-Vorpommern und Brandenburg die Beschäftigungs-

quote von Frauen sogar die der Männer.

Generell liegt die Beschäftigungsquote der Frauen in Ost-

deutschland mit 61,6 Prozent unverändert über der in West-

deutschland (56,6 Prozent). Zudem haben Männer und

Frauen in den ostdeutschen Bundesländern annähernd

gleich hohe Beschäftigungsquoten. Allerdings war seit 2016

sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland eine Zunahme

der Differenz zwischen den Geschlechtern zu beobachten,

welche jedoch 2020 – vermutlich im Zuge der Corona-Krise

– gebremst wurde.

In längerfristiger Beobachtung nähern sich die Beschäfti-

gungsquoten der Männer in Ost und West immer mehr an.

2020 lag diese für die westdeutschen Männer 2,3 Prozent-

punkte über derjenigen ostdeutscher Männer. Bei den weibli-

chen Beschäftigten liegt die Quote in Ostdeutschland deut-

lich über der westdeutschen. Dabei war die Differenz im

langfristigen Vergleich weitgehend stabil, verringerte sich

aber in den letzten beiden Jahren nennenswert auf nunmehr

5,0 Prozentpunkte.

2.9 Kurzarbeit

Die Maßnahmen zu Eindämmung der Corona-Pandemie hat-

ten enorme Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Dem massi-

ven Einsatz von Kurzarbeit, die die Beschäftigungsverhält-

nisse in erheblichem Umfang stabilisiert hat, ist es zu ver-

danken, dass das Beschäftigungswachstum nur vergleichs-

weise moderat gedämpft wurde. Im April 2020 – dem am

stärksten betroffenen Monat – bezogen knapp sechs Millio-

nen Beschäftigte Kurzarbeitergeld aus konjunkturellen Grün-

den. Der Einsatz von Kurzarbeit hat damit in der Spitze rech-

nerisch Arbeitsplätze rund 3 Millionen Beschäftigte gesichert

und deren vorübergehende Arbeitslosigkeit verhindert.

Im Laufe des Sommers 2020 sanken die Kurzarbeiterzahlen

bis Oktober 2020. Die erneuten Eindämmungsmaßnahmen

ab November führten bis zum Februar 2021 wieder zu stei-

genden Kurzarbeiterzahlen. Im März 2021 ließen u.a. die an-

ziehende Industriekonjunktur und die Aussicht auf eine brei-

tere Verfügbarkeit von Impfstoffen die Geschäftserwartungen

und die Hoffnung auf (Teil-)Öffnungen der geschlossenen

Bereiche steigen und die Zahl der Kurzarbeiterinnen und

Kurzarbeiter ist erstmals seit Oktober 2020 wieder gesunken.

Aufgrund der Branchenstruktur – die Maßnahmen zur Ein-

dämmung der Corona-Pandemie haben insbesondere Teile

des Dienstleistungssektors beeinträchtigt – sind in der

Abbildung 9

Beschäftigungsquoten von Frauen in Prozent

Datenquelle: Statistisches Bundesamt, M ikrozensus, Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Juni 2020, 15 bis unter 65 Jahre, Vergleich zu Männern

Deutschland

+1,5

+0,3

-0,3

-1,4

-1,6

-1,8

-4,1

-4,8

-6,4

-6,6

-7,3

-7,4

-7,5

-7,9

-8,1

-8,2

-9,2

Mecklenburg-Vorpommern

Brandenburg

Sachsen

Berlin

Sachsen-Anhalt

Thüringen

Schleswig-Holstein

Hamburg

Saarland

Deutschland

Bayern

Bremen

Rheinland-Pfalz

Hessen

Baden-Württemberg

Niedersachsen

Nordrhein-Westfalen

Beschäftigungsquote der Frauen liegt um ... Prozent-punkte über/ unter der der Männer

frauen_akt_rund

unter 55%

55% bis unter 60%

60% bis unter 65%

65% und höher

BeschäftigungsquoteDeutschlandFrauen: 57,6Männer: 64,2

Hamburg58,5

Bremen51,6

Berlin55,1

Sachsen-Anhalt62,8

Thüringen63,4

Hessen56,0

Niedersachsen56,6

Bayern60,3

Brandenburg63,4

Baden-Württemberg

58,4

Sachsen65,4

Schleswig-Holstein

57,0Mecklenburg-Vorpommern

61,9

Rheinland-Pfalz54,9

Saarland53,9

Nordrhein-Westfalen

53,6

Page 17: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern

17

Corona-Krise deutlich mehr Frauen von Kurzarbeit betroffen

als in vorangegangenen Krisen. Während der Anteil der

Kurzarbeiterinnen üblicherweise bei 20 bis 25 Prozent aller

kurzarbeitenden Beschäftigten liegt, lag er im Jahr 2020 teils

über 40 Prozent. In der Spitze waren zu Beginn der Pande-

mie im März 2020 gut 46 Prozent der Beziehenden von

Kurzarbeitergeld weiblich. Damit war der Frauenanteil dop-

pelt so hoch wie während der Großen Rezession, als

schwerpunktmäßig das Verarbeitende Gewerbe – und damit

mehrheitlich Männer (78 Prozent) – betroffen war.

Im Laufe des Sommers 2020 sank der Frauenanteil wieder

deutlich unter 40 Prozent. Aufgrund der erneut starken Be-

troffenheit von Handel und Gastgewerbe stieg er im Novem-

ber 2020 allerdings wieder auf 42 Prozent (vgl. Abb. 10). Ak-

tuellere Werte liegen nicht vor, da keine Hochrechnung der

realisierten Kurzarbeit nach Geschlecht möglich ist.

Insgesamt waren im November 2020 7,0 Prozent der sozial-

versicherungspflichtig Beschäftigten in Kurzarbeit (Kurzarbei-

terquote). Bei den männlichen Beschäftigten lag die Kurzar-

Abbildung 11

Konjunkturelle Kurzarbeit - Kurzarbeiterquote* nach Geschlecht und Branchen

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Mai 2020 und November 2020, in Prozent

Deutschland

* Anteil Kurzarbeiter an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im jeweiligen M onat

18,715,3

7,66,4

Gesamt

29,729,1

10,611,1

VerarbeitendesGewerbe

20,117,3

6,45,8

Handel

64,161,1

51,8

47,7

Gastgewerbe

17,519,6

6,79,5

Sonstige wirt-schaftliche

Dienstleistungen

25,921,9

18,316,1

Sonst. Dienst-leistungen sow.Kunst, Unterh.und Erholung

Männer November 2020Frauen November 2020

Männer Mai 2020Frauen Mai 2020

Abbildung 10

Realisierte konjunkturelle Kurzarbeit

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Zahl der Kurzarbeitenden* und Frauenanteil

* Werte von Dezember 2020 bis M ärz 2021 werden hochgerechnet und sind daher noch vorläufig

Deutschland

Frauenanteil1,4 Mio

6,0 Mio

2,6 Mio

22% 19% 19%

46%

44% 41%39%

38% 38% 37% 37% 42%

Sep 19 Dez 19 Mrz 20 Jun 20 Sep 20 Dez 20 Mrz 21

Kurzarbeitende

Mai 09 Jan 20

Page 18: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern

18

beiterquote bei 7,6 Prozent, bei den weiblichen mit 6,4 Pro-

zent darunter. Während der gesamten Krise waren Frauen

etwas weniger von Kurzarbeit betroffen. In früheren Krisen,

bspw. der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009 war der

Abstand zwischen Männern und Frauen deutlich größer ge-

wesen (Mai 2009: Männer 7,5%, Frauen 2,5%). Damals war

vor allem der Produzierende Bereich von den Folgen der

Krise betroffen, in dem schwerpunktmäßig Männer beschäf-

tigt sind.

Innerhalb der Branchen unterscheidet sich die Betroffenheit

von Kurzarbeit zwischen Männern und Frauen nicht wesent-

lich. Dass in den Sonstigen Wirtschaftlichen Dienstleistungen

ein höherer Prozentsatz der weiblichen als der männlichen

sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Kurzarbeit war,

dürfte nicht zuletzt damit zusammenhängen, dass hierzu un-

ter anderem die Reisebüros gehören, in denen viele Frauen

arbeiten. Diese waren durch die tiefgreifenden Einschnitte in

den Tourismus hart von den Folgen der Corona-Pandemie

getroffen.

Page 19: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern

19

3 Arbeitslosigkeit

Die Arbeitslosigkeit von Frauen und Männern konnte in den

letzten Jahren tendenziell abgebaut werden. Im Jahr 2020

haben die Auswirkungen der Corona-Pandemie die Entwick-

lung am Arbeitsmarkt stark beeinträchtigt und diesen Trend

gebrochen. Zwar liegt die Arbeitslosenquote von Frauen wei-

terhin unter der Quote von Männern. Einige Probleme von

Frauen am Arbeitsmarkt, wie die Herausforderung alleiner-

ziehend und arbeitsuchend zu sein sowie geringere Ab-

gangschancen, bestehen aber fort.

3.1 Arbeitslosigkeit im längerfristi-

gen Zeitvergleich

Die Zahl der arbeitslosen Menschen in Deutschland ist 2020

auf 2,7 Millionen im Jahresdurchschnitt gestiegen – gegen-

über 2005, als die Arbeitslosigkeit einen Höchststand hatte,

hat sie sich aber immer noch beinahe halbiert (-2,2 Millio-

nen). Frauen und Männer konnten bis zum Ausbruch der

Corona-Pandemie von der guten Arbeitsmarktlage profitie-

ren.

Diese Entwicklung bei den absoluten Arbeitslosenzahlen

drückt sich auch in einer in langfristiger Tendenz rückläufi-

gen Arbeitslosenquote aus, die 2020 für Frauen 5,5 Prozent

und für Männer 6,3 Prozent betrug (Abb. 12).

Die Arbeitslosenquote der Frauen lag damit das zwölfte Jahr

in Folge – wenn auch teils sehr knapp – unter der Quote der

Männer. Noch in den 1990-er Jahren war das umgekehrt, bei

deutlich größerem Abstand zwischen den Geschlechtern. Ur-

sache war vor allem die hohe Frauen-Arbeitslosigkeit im Os-

ten. Danach gab es lediglich im Zusammenhang mit der Ein-

führung des SGB II eine Phase, in der die Arbeitslosenquote

der Frauen über der Quote der Männer lag (2005-2008).

3.2 Arbeitslosigkeit - Aktuelle Ent-

wicklung

In Folge der Corona-Pandemie und der begleitenden Ein-

dämmungsmaßnahmen war die Arbeitslosigkeit im Frühjahr

2020 sprunghaft angestiegen. Aufgrund der Verbesserung

der Pandemie-Lage und damit einhergehender Lockerungen

im Sommer 2020 ging die Arbeitslosigkeit zwar leicht zurück,

der zweite Lockdown ab November 2020 führte jedoch er-

neut zu Anstiegen. So lag die Arbeitslosigkeit im Mai 2021

sowohl bei Frauen wie auch bei Männern 20 Prozent über

dem entsprechenden Vorkrisenniveau (Mai 2019).

Der gesamte Corona-Effekt auf die Arbeitslosigkeit seit Be-

ginn der Krise lässt sich – ähnlich wie bei der Beschäftigung

– abschätzen, indem deren Entwicklung in den Monaten seit

Abbildung 12

Arbeitslosenquoten nach Geschlecht

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Jahresdurchschnitte in Prozent

Deutschland

8,5

10,8

9,911,7

8,3

5,2

6,3

10,6

12,2

9,5

11,8

7,9

4,75,5

1995 2000 2005 2010 2015 2020

Frauen

Männer

Wirt-schafts-

u. Finanz-krise

Corona-Krise

europ. Staats-

schulden-krise

Page 20: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern

20

Beginn der Krise mit der in den entsprechenden Vorjah-

resmonaten verglichen wird. Auch hier wird unterstellt, dass

die Entwicklung, die sich bis vor Einsetzen der Corona-Krise

zeigte, fortsetzt, weil in den Veränderungen des Vorjahres

auch der Trend des Vorjahres enthalten ist. Der so berech-

nete Corona-Effekt bringt zum Ausdruck, um wie viel niedri-

ger die Arbeitslosigkeit bis Mai 2021 gewesen wäre, wenn es

die Corona-Krise nicht gegeben hätte und sich der Vor-

Corona-Trend fortgesetzt hätte. Demnach hätte die Zahl der

Arbeitslosen bis Mai 2021 um gut 450.000 niedriger gelegen.

Dies hätte eine um einen Prozentpunkt niedrigere Arbeitslo-

senquote bedeutet.

Aufgrund ihrer unterschiedlichen Betroffenheit eignet sich die

Arbeitslosenquote auch besser als der absolute Effekt zur

Beurteilung der Auswirkungen der Pandemie auf die Arbeits-

losigkeit von Männern und Frauen. So gingen im Mai 2021

von der Arbeitslosenquote der Männer 0,9 Prozentpunkte,

bei den Frauen 1,1 Prozentpunkte, auf die Corona-Pandemie

und die Maßnahmen zu deren Eindämmung zurück. Damit

weisen Frauen im Mai 2021 einen etwas höheren Effekt auf,

anfangs waren es Männer (Abb.14). Der Unterschied betrug

aber nie mehr als 0,2 Prozentpunkte.

In den ersten Monaten zeigten sich die Folgen der Pandemie

stärker bei Männern; sowohl die gestiegenen Neu-Meldun-

gen von Arbeitslosen als auch die schlechteren Beschäfti-

gungschancen für Arbeitslose beeinträchtigten diese anfangs

stärker als Frauen. Insbesondere die Arbeitslosmeldungen

von Männern nach vorheriger Beschäftigung haben sich aber

nach dem Anstieg im April und Mai 2020 schnell erholt. Seit-

dem werden sogar monatlich weniger Männer im Anschluss

an eine Beschäftigung arbeitslos als ein Jahr zuvor und auch

insgesamt haben seit Beginn der Krise weniger Männer ihre

Beschäftigung verloren als im entsprechende Vorjahreszeit-

raum.

Seit den Sommermonaten ist daher bei männlichen Arbeits-

losen ein Erholungsprozess zu beobachten, der sich bei

Frauen nicht im gleichen Umfang zeigt. Eine der Ursachen

dürfte sein, dass sich die männerdominierte Industrie nach

dem ersten Schock im Frühjahr 2020 schnell gefangen hat,

wohingegen die Dienstleistungsbranchen wie Handel und

Gastgewerbe, in denen Frauen jeweils gut die Hälfte der Be-

schäftigten stellen, bis heute leiden.

Neben den oben beschriebenen fehlenden Beschäftigungs-

aufnahmen direkt aus der Arbeitslosigkeit, fehlten aber auch

Beschäftigungsmöglichkeiten für Absolventen arbeitsmarkt-

politischer Maßnahmen. Darüber hinaus beeinflussen auch

ausgebliebene Förderungen und geschlossene Dienststellen

in Folge der Eindämmungsmaßnahmen die Arbeitslosigkeit

negativ. Inwieweit sich hier die Effekte zwischen den Ge-

schlechtern unterscheiden lässt sich nicht beziffern.

Abbildung 13

Entwicklung der Arbeitslosigkeit

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Januar 2019 bis Mai 2021

Deutschland

1,3 Mio

1,5 Mio

1,0 Mio

1,2 Mio

Jan 19 Aug 19 Mrz 20 Okt 20 Mai 21

Frauen

Männer

saisonbereinigte Werte

Ursprungswerte

Abbildung 14

Arbeitslosenquoten und Abgangsraten

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

in Prozent, jeweils Mai

Deutschland

5,1 4,6 5,1 4,5 5,2 4,4

1,41,2

0,91,1

5,14,6

6,55,7 6,1

5,5

ohne Corona

Corona-Effekt

Arbeitslosen-quote

2019 2020 2021

8,32

4,82

7,056,77

3,78

5,34

nn

er

Fra

ue

n

2019 2020 2021

Abgangsraten - gleitende Monatswerte

Page 21: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern

21

3.3 Dynamik und Dauer der Arbeits-

losigkeit

Das Risiko arbeitslos zu werden ist für Frauen seit Jahren

geringer als für Männer. Einmal arbeitslos sind ihre Chan-

cen, die Arbeitslosigkeit durch die Aufnahme einer Beschäfti-

gung zu beenden, aber ebenfalls niedriger.

DYNAMIK DER ARBEITSLOSIGKEIT

Bezieht man die Zahl der Personen, die ihre Beschäftigung

verloren haben und sich arbeitslos melden, auf die sozial-

versicherungspflichtig Beschäftigten, erhält man ein Maß für

das Risiko arbeitslos zu werden. Das Gegenstück ist die Ab-

gangschance aus Arbeitslosigkeit, die die Zahl der Arbeitslo-

sen, die eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt er-

greifen, in Relation zum Arbeitslosenbestand setzt.

Seit der Finanz- und Wirtschaftskrise bis zum Jahr 2018 war

das Risiko arbeitslos zu werden sowohl für beschäftigte

Frauen als auch Männer kontinuierlich gesunken. Während

es im Jahr 2019 für Frauen in der Tendenz noch leicht zu-

rückging, stieg es für Männer aufgrund der konjunkturellen

Abkühlung leicht an. Mit der Corona-Krise, insbesondere

während des ersten Lockdowns, stieg das Zugangsrisiko al-

lerdings kräftig an. Für Frauen ist das Risiko arbeitslos zu

werden geringer als für Männer. Sind sie jedoch arbeitslos

geworden, finden sie schwerer als Männer eine Beschäfti-

gung und bleiben häufiger und länger arbeitslos. Die

Chance, Arbeitslosigkeit durch die Aufnahme einer Beschäf-

tigung zu überwinden, hat sich entsprechend entwickelt und

ist 2020 sowohl bei Frauen als auch bei Männern kräftig ge-

sunken (Abb. 15).

Die Unterschiede zwischen Männern und Frauen können vor

allem durch die immer noch vorhandenen geschlechtstypi-

schen Muster der Berufswahl erklärt werden. So arbeiten

Männer vorwiegend in konjunkturreagiblen und saisonabhän-

gigen Berufen und Branchen, die Einfluss auf die Dauer der

Beschäftigungsverhältnisse haben (vgl. Kapitel 2.5). Von al-

len beendeten Beschäftigungsverhältnissen 2019 wurden bei

Männern 41 Prozent nach weniger als sechs Monaten been-

det; bei Frauen waren es lediglich 35 Prozent. Darüber hin-

aus kann die Beschäftigungsaufnahme von Frauen auch

dadurch erschwert werden, dass Kinderbetreuungsmöglich-

keiten fehlen oder Wünsche nach Teilzeit oder zur Lage bzw.

Verteilung der Arbeitszeit nicht realisiert werden können.

DAUER UND LANGZEITARBEITSLOSIGKEIT

Mit einer durchschnittlichen bisherigen Dauer von 63 Wo-

chen waren arbeitslose Frauen 2020 im Mittel drei Wochen

länger arbeitslos als Männer. Knapp ein Drittel der arbeitslo-

sen Frauen (31 Prozent bzw. 364.000 Frauen) waren bereits

Abbildung 15

Zugangsrisiken in und Abgangschancen aus Arbeitslosigkeit nach Geschlecht

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

gleitende Jahresdurchschnitte Dezember 2010 bis Dezember 2020 in Prozent

Deutschland

8,09

6,48

5,79 5,65

2010 2012 2014 2016 2018 2020

1,090,76

0,80 0,58

2010 2012 2014 2016 2018 2020

Männer

Frauen

Abgangschancen

Zugangsrisiken

Page 22: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern

22

ein Jahr oder länger arbeitslos und werden daher als lang-

zeitarbeitslos bezeichnet. Damit liegt der Anteil der Langzeit-

arbeitslosen auch im Krisenjahr 2020 bei Frauen nur noch

geringfügig über dem Anteil langzeitarbeitsloser Männer

(30 Prozent) (Abb. 16).

Bis 2015 lag die Zahl der Langzeitarbeitslosen im Jahres-

durchschnitt über einer Million, 2016 wurde diese Grenze un-

terschritten. Im April 2020 hat ihre Zahl erstmals wieder zu-

genommen und lag Jahresdurchschnitt 2020 bei 817.000.

Anstiege gab es bei beiden Geschlechtern, bei Frauen war

die Zunahme merklich schwächer als bei Männern (+9 Pro-

zent auf 364.000 bzw. +15 Prozent auf 453.000).

Bei Frauen führt insbesondere die Kombination der fehlen-

den Berufsausbildung und des Status alleinerziehend häufi-

ger zu Langzeitarbeitslosigkeit. Aber auch ausländische

Frauen ohne Berufsausbildung werden deutlich häufiger

langzeitarbeitslos, das gilt – anders als bei Männern – auch

für Frauen aus dem Europäischen Wirtschaftsraum.

Da im Jahr 2020 die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes

stark eingeschränkt war, gab es viele Arbeitslose, die die kri-

tische Schwelle von 12 Monaten Arbeitslosigkeit erst kurz

überschritten hatten. Die durchschnittliche bisherige Dauer

der Arbeitslosigkeit ist daher trotz des Anstieges der lang-

zeitarbeitslosen Personen um über zehn Wochen gesunken.

2020 waren langzeitarbeitslose Frauen im Mittel 160 Wo-

chen und Männer 156 Wochen (je -10 Wochen) arbeitslos.

3.4 Soziodemografie der Arbeitslo-

sen

Männer sind im Vergleich zu Frauen häufiger am Anfang des

Berufslebens arbeitslos. Frauen üben dagegen eher in der

Mitte des Erwerbslebens keine bezahlte Tätigkeit aus.

Darüber hinaus zeigen sich wenig Unterschiede hinsichtlich

Alter, formaler Berufsabschlüsse oder der Frage, ob die Ar-

beitslosen einen deutschen oder ausländischen Pass besit-

zen (Abb. 17). Große Unterschiede hingegen ergeben sich

nach wie vor durch die weit größeren Anteile, die Frauen bei

der sogenannten Care-Arbeit übernehmen sowie den (noch)

verbreiteten tradierten Rollenverteilungen. Dadurch sind die

Anteile Alleinerziehender sowie Berufsrückkehrender bei ar-

beitslosen Frauen erheblich höher als bei Männern.

ALTERSSTRUKTUR

Die Altersstruktur der 1,2 Millionen arbeitslosen Frauen und

der 1,5 Millionen arbeitslosen Männer unterscheidet sich nur

wenig (Abb. 17). So sind jeweils gut 20 Prozent der arbeitslo-

sen Frauen und Männer 55 Jahre oder älter. Innerhalb dieser

Abbildung 16

Langzeitarbeitslosigkeit

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Januar 2019 bis Mai 2021 und Vorjahresveränderung in Prozent

Deutschland

-10,4

+38,2

-11,5

+34,6

Jan 19 Mai 19 Sep 19 Jan 20 Mai 20 Sep 20 Jan 21 Mai 21

417.000 397.000 390.000

596.000

357.000 337.000 318.000

469.000

Männer

Frauen

1. Lockdown im März 2020

erneute Beschränkungen im

November 2020

2. Lockdown im Dezember 2020

Page 23: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern

23

Altersgruppe zeigt sich allerdings im Verlauf der letzten zehn

Jahre ein deutlicher Anstieg der Arbeitslosen, die 60 Jahre

oder älter sind. Der Anstieg lässt sich mit der demografi-

schen Entwicklung, der Anhebung des Renteneintrittsalters

sowie den ausgelaufenen Sonderregelungen nach § 428

SGB III erklären. Einen Unterschied zwischen den Ge-

schlechtern gibt es in dieser Altersgruppe nicht mehr.

Dass der Anteil der jüngeren Männer unter 25 Jahre mit

elf Prozent aller arbeitslosen Männer etwas höher ist als der

entsprechende Anteil bei den Frauen (8 Prozent), dürfte zum

einen noch mit der Flüchtlingszuwanderung und zum ande-

ren mit dem längeren Verbleib junger Frauen im Bildungs-

system zusammenhängen. In der Mitte des Erwerbslebens

zwischen 25 und 55 Jahren sind relativ mehr Frauen als

Männer arbeitslos. Dies dürfte auch darin begründet sein,

dass der Wiedereinstieg von Frauen nach einer familien-be-

dingten Pause nicht immer einfach ist.

QUALIFIKATION

Fehlende Qualifikation stellt für sehr viele Arbeitslose eine

Hürde bei der Integration ins Erwerbsleben dar. Gut 1,4 Milli-

onen arbeitslose Menschen hatten 2020 keine abgeschlos-

sene Berufsausbildung. Die Unterschiede zwischen den Ge-

schlechtern sind gering. Der Anteil Arbeitsloser ohne Ausbil-

dung betrug bei Frauen und Männern jeweils 52 Prozent.

Der Akademikeranteil ist in den vergangenen zehn Jahren

bei beiden Geschlechtern gestiegen und war bei Frauen

durchweg höher als bei Männern. Im Jahr 2020 lag er mit

zehn Prozent zwei Prozentpunkte über dem der Männer

(8 Prozent).

STAATSANGEHÖRIGKEIT

In der Entwicklung der Arbeitslosigkeit zeigten sich auch

2020 die Auswirkungen der Zuwanderung – insbesondere

seit 2015. Der Anteil der arbeitslosen Ausländer hat sich seit-

dem nochmals deutlich erhöht, so dass inzwischen beinahe

jeder dritte Arbeitslose keinen deutschen Pass besitzt: Das

waren 352.000 Frauen und 443.000 Männer. Unterschiede

zwischen den Geschlechtern gibt es dabei kaum noch.

ALLEINERZIEHENDE

Die Zahl der alleinerziehenden Arbeitslosen hat sich in den

vergangenen zehn Jahren positiver entwickelt als die Ar-

beitslosigkeit insgesamt. Auch der – zwar kräftige – Anstieg

im Vergleich zu 2019 von plus zehn Prozent war geringer als

bei nicht Alleinerziehenden (+20 Prozent). Trotzdem war

weiterhin jeder dreizehnte Arbeitslose (203.000 Personen)

alleinerziehend. Dabei tragen weibliche Arbeitslose sehr viel

öfter als Männer die alleinige Verantwortung für ein oder

mehrere Kinder. Die Zahl der alleinerziehenden Frauen, die

arbeitslos gemeldet waren, war 2020 mit 184.000 mehr als

Abbildung 17

Arbeitslosigkeit nach Merkmalen und Geschlecht

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit Anteile ohne Werte, für die keine Angabe vorliegt

Jahresdurchschnitt 2020; Anteil an allen Arbeitslosen

Deutschland

8

70

22

70

30

10

37

52

16

3

31

1,2 Mio Frauen 1,5 Mio Männer

11

68

21

70

29

8

39

52

1

0,2

30

unter 25 Jahre

ohne abgeschl.Berufsausbildung

Alleinerziehende

Berufsrückkehrende

55 Jahre und älter

Deutsche

Ausländer

Akademische Ausbildung

25 bis unter 55 Jahre

betriebliche/ schul. Ausbildung

Langzeitarbeitslose

Page 24: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern

24

zehnmal so hoch wie die Zahl der arbeitslosen alleinerzie-

henden Männer (18.000). Insgesamt waren 16 Prozent der

arbeitslosen Frauen alleinerziehend (Männer: 1 Prozent).

Arbeitslose Alleinerziehende sind meist schlechter qualifiziert

als der Durchschnitt aller Arbeitslosen. So hatten 2020 fast

62 Prozent aller alleinerziehenden Arbeitslosen keine abge-

schlossene Berufsausbildung (zum Vergleich alle Arbeitslo-

sen: 52 Prozent). Hinzu kommt, dass sie vergleichsweise oft

Beschäftigungen in Berufen suchen, die häufig eine hohe

zeitliche Flexibilität verlangen und unterdurchschnittlich ent-

lohnt werden (z.B. im Verkauf, als Reinigungskräfte, Haus-

wirtschaftsberufe oder Erziehungs- und soziale Berufe). Sie

sind deshalb vergleichsweise lange arbeitslos und werden

überwiegend von Jobcentern betreut (82 Prozent, zum Ver-

gleich nicht Alleinerziehende: 56 Prozent).

Dass es für Alleinerziehende besonders schwer ist, Kinder-

ziehung und Beruf zu vereinbaren, weil entweder die Kinder-

betreuung nicht im erforderlichen Maße gesichert werden

kann oder aber Arbeitszeitwunsch und -angebot nicht zu-

sammenpassen8, zeigt sich auch in der SGB II-Hilfequote.

Während im Schnitt knapp neun Prozent der Haushalte Leis-

tungen aus der Grundsicherung beziehen, ist es bei Alleiner-

ziehenden-Bedarfsgemeinschaften ein Drittel (33 Prozent).

Mit steigender Kinderzahl nimmt die Hilfequote drastisch zu.

8 https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldun-

gen/2021/maerz/arbeitszeit-von-maennern-und-frauen-wunsch-und-wirklich-keit-klaffen-auseinander

Bei Alleinerziehenden-Bedarfsgemeinschaften mit drei und

mehr minderjährigen Kindern liegt sie bei 70 Prozent (zum

Vergleich: Paar-Bedarfsgemeinschaften mit drei und mehr

Kindern 18 Prozent). Dabei erzielen alleinerziehende er-

werbsfähige Leistungsberechtigte anteilig häufiger Einkom-

men aus Erwerbstätigkeit (28 Prozent bzw. 140.000 Perso-

nen) das den Bedarf der Bedarfsgemeinschaft jedoch nicht

deckt. Dieser Anteil liegt damit über dem aller erwerbsfähi-

gen Leistungsberechtigten (24 %). Hilfebedürftigkeit von er-

werbstätigen Alleinerziehenden entsteht überwiegend des-

halb, weil sie entweder nur einen Minijob (55.000 Personen)

oder eine (Teilzeit-)Beschäftigung mit einem Einkommen un-

ter 1.300 Euro ausüben (66.000 Personen).

BERUFSRÜCKKEHRENDE

Berufsrückkehrende sind Frauen und Männer, die ihre Er-

werbstätigkeit oder Arbeitslosigkeit zur Betreuung von Kin-

dern oder pflegebedürftigen Angehörigen unterbrochen ha-

ben und innerhalb angemessener Zeit wieder in den Beruf

zurückkehren wollen (§ 20 SGB III). Mit zwei Prozent aller

bei Agenturen für Arbeit und Jobcentern gemeldete Arbeits-

losen sind Berufsrückkehrerinnen und Berufsrückkehrer eine

vergleichsweise kleine Gruppe. Mit einem Frauenanteil von

Abbildung 18

Arbeitslosenquoten von Frauen in Prozent

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Jahresdurchschnitt 2020, Vergleich zu Männern

Deutschland

-0,5

-0,5

-0,6

-0,6

-0,7

-0,8

-0,8

-0,9

-1,0

-1,0

-1,1

-1,3

-1,3

-1,4

-1,5

-1,6

-1,6

Hessen

Bayern

Rheinland-Pfalz

Baden-Württemberg

Niedersachsen

Deutschland

Nordrhein-Westfalen

Thüringen

Hamburg

Schleswig-Holstein

Sachsen

Brandenburg

Sachsen-Anhalt

Berlin

Saarland

Bremen

Mecklenburg-Vorpommern

Arbeitslosenquote der Frauen liegt um ... Prozent-punkte unter der der Männer

ArbeitslosenquoteDeutschlandFrauen: 5,5Männer: 6,3

Hamburg7,0

Saarland6,4

Bremen10,3 Berlin

9,0

Sachsen-Anhalt

7,0

Thüringen5,5

Hessen5,1

Niedersachsen5,4

Nordrhein-Westfalen

7,1

Brandenburg5,5

Sachsen5,5

Schleswig-Holstein

5,3Mecklenburg-Vorpommern

6,9

Rheinland-Pfalz4,9

Bayern3,4Baden-

Württemberg3,8

Arbeitslosenquote

frauen_akt_rund

unter 5,0%

5,0% bis unter 6,0%

6,0% bis unter 7,0%

7,0% und höher

Page 25: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern

25

92 Prozent waren 2020 die meisten der insgesamt 42.000

arbeitslosen Berufsrückkehrenden Frauen.

Aufgrund ihres Alters – fast drei Viertel ist zwischen 30 und

50 Jahre – und ihrer überdurchschnittlichen Qualifikation –

gut zwei Drittel verfügen über eine abgeschlossene Berufs-

ausbildung – stellen Berufsrückkehrende aber eine interes-

sante Gruppe zur Sicherung des Fachkräftebedarfs dar.

3.5 Arbeitslosigkeit nach Bundes-

ländern

Die Unterschiede bei der Arbeitslosigkeit der Bundesländer

werden grundsätzlich von demografischen Entwicklungen,

aber auch regionalen Unterschieden in der Wirtschaftskraft

der Bundesländer bestimmt. Im Süden Deutschlands ist die

Arbeitslosigkeit nach wie vor deutlich geringer als im Osten

und Norden. Die geringsten Arbeitslosenquoten sowohl für

Frauen als auch für Männer wurden 2020 mit 3,4 bzw.

3,9 Prozent unverändert in Bayern erreicht. Die höchsten Ar-

beitslosenquoten wies unverändert Bremen aus. Hier betrug

die Arbeitslosenquote für Frauen 10,3 Prozent und für Män-

ner lag sie bei 11,9 Prozent.

Die Arbeitslosenquote der Männer übersteigt die der Frauen

in allen Bundesländern. In Mecklenburg-Vorpommern und

Bremen ist die Differenz der Arbeitslosenquoten von Män-

nern und Frauen mit 1,6 Prozentpunkten am größten. In Bay-

ern und Hessen sind Frauen und Männer etwa gleicherma-

ßen von Arbeitslosigkeit betroffen.

3.6 Erwerbslosigkeit in Europa

Die international vergleichbare Erwerbslosenquote der 15-

bis 64-Jährigen belief sich in Deutschland 2020 auf 3,9 Pro-

zent9. Das war – gemeinsam mit den Niederlanden – die

drittniedrigste Quote in der Europäischen Union. Eine gerin-

gere Quote wiesen nur die Tschechische Republik mit

2,6 Prozent und Polen mit 3,2 Prozent auf. Im Durchschnitt

der 27 EU-Staaten war die Erwerbslosenquote der 15- bis

64-Jährigen 2020 mit 7,2 Prozent fast doppelt so hoch wie in

Deutschland.

Anders als in Deutschland, wo die Erwerbslosenquote der

Frauen mit 3,4 Prozent deutlich unter der von Männern lag

(4,3 Prozent), war die weibliche Erwerbslosenquote im

Durchschnitt der 27 EU-Staaten etwas höher als die männli-

che (7,5 bzw. 7,0 Prozent).

Bei längerfristiger Betrachtung unterscheidet sich die Ent-

wicklung in Deutschland vom EU-Trend: Während die euro-

paweite Erwerbslosenquote der Frauen von 2010 bis 2013

stetig zunahm und erst in den darauffolgenden sechs Jahren

rückläufig war, hat sich die deutsche Quote in dieser Zeit ste-

tig verringert. 2020 ist – durch die Auswirkungen der Corona-

Krise – sowohl für den europäischen Durchschnitt als auch

für Deutschland ein Anstieg zu erkennen. Dies gilt auch für

die Erwerbslosenquote der Männer.

Allerdings kommen die Auswirkungen der Corona-Krise auf

den europäischen Arbeitsmärkten in diesen Daten nur un-

vollständig zum Ausdruck. So verweist Eurostat auf die Dis-

krepanz zwischen den Zahlen zu den registrierten Arbeitslo-

sen und denen der Erwerbslosen nach dem ILO-Erwerbs-

konzept, die u.a. dadurch erklärt wird, dass ein signifikanter

Teil der registrierten Arbeitslosen nicht als Erwerbslose ge-

zählt werden, weil sie aufgrund der Kontaktbeschränkungen

keine aktiven Suchschritte unternommen hatten oder dem

Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung standen.

Die schlechte Lage auf dem Arbeitsmarkt, die sich in hohen

Erwerbslosenquoten ausdrückt, ist vor allem in den südeuro-

päischen Staaten ein Hindernis für eine stärkere Erwerbsbe-

teiligung von Frauen und Männern. Während im EU-Schnitt

die weibliche und männliche Erwerbslosenquote nur wenig

differieren, waren in den Staaten mit ohnehin hoher Erwerbs-

losigkeit, wie Griechenland, Spanien und Italien, Frauen

noch stärker von Erwerbslosigkeit betroffen als Männer.

9 https://ec.europa.eu/eurostat/de/web/main/data/database

Page 26: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern

26

4 Förderung

Frauen profitieren in etwa entsprechend ihrem Anteil an den

Arbeitslosen und der relativen Betroffenheit von Arbeitslosig-

keit von Fördermaßnahmen. Dabei sind Unterschiede zwi-

schen den Rechtskreisen erkennbar. Diese können unter-

schiedlichen Bedarfen in der Unterstützung von Frauen und

Männern folgen.

MINDESTBETEILIGUNG VON FRAUEN

Der Gesetzgeber verpflichtet Arbeitsagenturen und Jobcen-

ter die berufliche Situation von Frauen zu verbessern und sie

mit den Mitteln der Arbeitsmarktpolitik entsprechend ihrem

Anteil an den Arbeitslosen und ihrer relativen Betroffenheit

von Arbeitslosigkeit zu fördern (§ 1 Abs. 2 Nr. 4 SGB III). Ba-

sierend auf dem Anteil von Frauen an allen Arbeitslosen und

der geschlechtsspezifischen Arbeitslosenquote kann eine

Mindestbeteiligung für Frauen an Fördermaßnahmen be-

rechnet werden. In der Arbeitslosenversicherung wurde die

Zielförderquote von 37,1 Prozent mit einem Frauenförderan-

teil von 43,4 Prozent wie im Vorjahr deutlich übertroffen. In

der Grundsicherung wurde der Zielwert von 42,7 Prozent da-

gegen mit 41,0 Prozent erneut nicht erreicht.

INSTRUMENTE DER ARBEITSMARKTPOLITIK

Im Jahresdurchschnitt 2020 nahmen 335.000 Frauen und

466.000 Männer an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme

teil. Gegenüber 2019 ist die Zahl Geförderten deutlich zu-

rückgegangen, bei Teilnehmerinnen etwa gleich stark wie bei

Teilnehmern (-8 Prozent). Das dürfte vor allem auf die Kon-

taktbeschränkungen im Zusammenhang mit der Corona-

Pandemie zurückzuführen sein.

Die Förderschwerpunkte von Frauen und Männern unter-

scheiden sich erheblich: Männer nutzen überdurchschnittlich

oft Maßnahmen zur Berufswahl und -ausbildung (23 Prozent

aller Maßnahmeteilnehmer, Frauen: 16 Prozent). Ein

Schwerpunkt der Förderung von Frauen liegt in der berufli-

chen Weiterbildung. Mehr als jede vierte Maßnahmeteil-

nahme einer Frau galt der beruflichen Weiterbildung (28 Pro-

zent; Männer 19 Prozent). Darüber hinaus nahmen jeweils

gut ein Fünftel der geförderten Frauen und Männer an Maß-

nahmen der Aktivierung und beruflichen Eingliederung teil.

Im Jahr 2020 befanden sich 39.000 Frauen und 35.000 Män-

ner in Maßnahmen, die zu einem anerkannten Berufsab-

schluss führen. Das waren bei allen Teilnehmerinnen in

Maßnahmen geförderten Weiterbildung mehr als die Hälfte

und bei allen Teilnehmern an einer geförderten Weiterbil-

dung 45 Prozent. Dabei unterscheiden sich die Aus- und

Weiterbildungsziele von Frauen und Männern deutlich. Bei

Frauen dominieren – so wie auch bei der Erstausbildung –

die sozialen Berufe: Fast jede dritte der 39.000 Teilnehme-

rinnen im Jahresdurchschnitt 2020 will einen Beruf in der Al-

tenpflege erlernen (13.000 Teilnahmen). Ebenfalls beliebt

sind Ausbildungen im Büro- und Sekretariatswesen und im

Bereich Erziehung, Sozialarbeit, Heilerziehungspflege (6.000

bzw. 3.000) sowie der Verwaltung (3.000). Die meisten der

35.000 Männer streben dagegen einen Abschluss in techni-

schen oder ähnlichen Berufen an: An der Spitze steht der

Bereich Informatik (3.000 Teilnehmer), gefolgt von der Ma-

schinenbau- und Betriebstechnik (3.000) sowie der Alten-

pflege (3.000), dem einzigen sozialen Beruf unter den

Top 10 der Weiterbildungsziele von Männern. Auf Rang vier

stehen Qualifizierungen in der Lagerwirtschaft (2.000).

QUALIFIZIERUNGSCHANCENGESETZ

Im Jahr 2019, mit Inkrafttreten des Qualifizierungschancen-

gesetzes, wurde die Möglichkeit der Förderung der berufli-

chen Weiterbildung Beschäftigter erweitert. Dadurch gab es

Abbildung 19

Einsatz arbeitsmarktpolitischer Instrumente

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Bestand, Frauenanteil in Prozent, Jahresdurchschnitte

Deutschland

41,6 41,0 41,3 41,6 41,8

868.000893.000

843.000873.000

801.000

2016 2017 2018 2019 2020

Männer

Frauen

Page 27: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern

27

einen deutlichen Anstieg dieser Qualifizierungsform und ins-

gesamt begannen 2019 knapp 35.000 Beschäftigte eine

durch eine Arbeitsagentur oder ein Jobcenter geförderte

Weiterbildung, 16.000 Frauen und 18.000 Männer. Der An-

stieg wurde durch die enorme Steigerung der Förderung

weiblicher Beschäftigter getragen (plus 19 Prozent; Männer

minus 3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr). Hauptursache

dürften die erweiterten Fördermöglichkeiten im Bereich der

Altenpflege gewesen sein. Im Corona-Jahr 2020 war – wie

über alle Eintritte hinweg – allerdings auch die Zahl der be-

gonnenen Beschäftigtenqualifizierungen stark rückläufig.

Frauen waren dabei mit einem Minus von 3.000 etwas stär-

ker betroffen als Männer (minus 2.000).

WIRKSAMKEIT ARBEITSMARKTPOLITISCHER

INSTRUMENTE

Die Wirksamkeit arbeitsmarktpolitischer Instrumente kann

anhand der Eingliederungsquote aufgezeigt werden. Die Ein-

gliederungsquote gibt den Anteil der Maßnahmeabsolventen

an, der sechs Monate nach Maßnahmeende sozialversiche-

rungspflichtig beschäftigt ist. Eingliederungsquoten liegen

aktuell für die Maßnahmeaustritte im Zeitraum August 2019

bis Juli 2020 vor.

Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sind die Eingliederungs-

quoten coronabedingt bei den meisten Instrumenten zurück-

gegangen, unabhängig vom Geschlecht. Für Frauen und

Männer liegen sie meist nah beieinander. Insbesondere bei

der beruflichen Weiterbildung waren die Eingliederungsquo-

ten fast identisch (Frauen: 49,3 Prozent; Männer: 49,1 Pro-

zent).

Abbildung 20

Einsatz arbeitsmarktpolitischer Instrumente

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Bestand, Jahresdurchschnitt 2020, Anteile in Prozent

Deutschland

1415

8

912

1428

1916

2323

21

Frauen Männer

Aktivierung und berufliche Eingliederung

Berufliche Weiterbildung

Förderung Erwerbstätigkeit

Maßn. z. Teilh. beh. Menschen

Sonstige Maßnahmen

Berufsorientierung, -ausbildung

Page 28: Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2020

Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern

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Glossar

Erwerbspersonen/ Erwerbsquote

Erwerbstätige und Erwerbslose bilden die Gruppe der Erwerbspersonen. Die Erwerbsquote ist ein Maß für die Beteiligung der

Wohnbevölkerung am Erwerbsleben. Sie wird berechnet als Anteil der Erwerbspersonen (Erwerbstätige und Erwerbslose) an

der Bevölkerung. Eine Einschränkung auf Personengruppen ist möglich, z.B. die Bevölkerung im Alter von 15 bis unter 65

Jahren.

Erwerbstätige/Erwerbstätigenquote

Als Erwerbstätiger gilt gemäß dem Konzept der ILO, wer älter als 15 Jahre ist und pro Woche mindestens eine Stunde gegen

Entgelt arbeitet; auf den zeitlichen Umfang der Tätigkeit kommt es nicht an. Die Erwerbstätigenquote ist der Anteil der Erwerb-

stätigen (einer bestimmten Personengruppe) an der entsprechenden Gesamtbevölkerung. Im Gegensatz zur Beschäftigungs-

quote werden hier neben den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten auch andere Erwerbstätige berücksichtigt; die Er-

werbstätigenquote liegt daher höher als die Beschäftigungsquote.

Erwerbslose

Zu den Erwerbslosen zählt, wer nicht erwerbstätig ist, aber in den letzten vier Wochen aktiv nach einer neuen Tätigkeit ge-

sucht hat.

Beschäftigungsquote

Die Beschäftigungsquote ist der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (einer bestimmten Personengruppe) an

der entsprechenden Gesamtbevölkerung. Im Gegensatz zur Erwerbstätigenquote berücksichtigt die Beschäftigungsquote nur

die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, nicht aber bspw. Selbstständige oder Minijobber. Sie ist daher niedriger als die

Erwerbstätigenquote.

Geringfügig Beschäftigte

Bei der geringfügigen Beschäftigung wird zwischen zwei Arten unterschieden:

1. geringfügig entlohnte Beschäftigung: Eine geringfügig entlohnte Beschäftigung nach § 8 (1) Nr.1 SGB IV liegt vor,

wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung (§ 14 SGB IV) regelmäßig im Monat 450,- € nicht überschreitet.

Auch bei Kombination einer sozialversicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung mit einem Mini-Job bleibt dieser sozi-

alversicherungsfrei.

2. kurzfristige Beschäftigung: Eine kurzfristige Beschäftigung liegt nach § 8 (1) Nr.2 SGB IV vor, wenn die Beschäfti-

gung für eine Zeitdauer ausgeübt wird, die im Laufe eines Kalenderjahres seit ihrem Beginn auf nicht mehr als drei

Monate oder insgesamt 70 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich be-

grenzt ist.

Abgangschance/Chance, Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zu beenden

Die Abgangschance bezieht den Abgang aus Arbeitslosigkeit eines Monats in Beschäftigung am 1. Arbeitsmarkt einschließlich

(außer-)betrieblicher Ausbildung auf den Arbeitslosenbestand des Vormonats. Um saisonale Schwankungen auszugleichen,

wird in der Regel ein gleitender Jahresdurchschnitt verwendet.

Förderung von Frauen – Mindestbeteiligung nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 SGB III

Die Agenturen für Arbeit und die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind verpflichtet zur Verbesserung der berufli-

chen Situation von Frauen beizutragen. Frauen sollen mindestens entsprechend ihrem Anteil an den Arbeitslosen und ihrer

relativen Betroffenheit von Arbeitslosigkeit gefördert werden (§ 1 Abs. 2 Nr. 4 SGB III). Der angestrebte Förderanteil für

Frauen berechnet sich wie folgt:

rkFAF = AanALF * rkALQF / (AanALF * rkALQF + AanALM * rkALQM)

(AanALF: Anteil der Frauen an den Arbeitslosen nach dem Rechtskreis; rkALQF: rechtskreisanteilige Arbeitslosenquote

Frauen; AanALM: Anteil der Männer an den Arbeitslosen nach dem Rechtskreis; rkALQM: rechtskreisanteilige Arbeitslosen-

quote Männer)

Zugangsrisiko/Risiko, aus sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung heraus arbeitslos zu werden

Das Risiko, aus sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung heraus arbeitslos zu werden, bezieht den Zugang in Arbeitslosig-

keit aus Beschäftigung am 1. Arbeitsmarkt einschließlich (außer-)betrieblicher Ausbildung eines Monats auf den Bestand an

sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung des Vormonats. Um saisonale Schwankungen auszugleichen, wird ein gleitender

Jahresdurchschnitt verwendet. Aufgrund von Datenrevisionen kann es zu Abweichungen mit früheren Veröffentlichungen

kommen

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Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern

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Statistik-Infoseite

Im Internet stehen statistische Informationen unterteilt nach folgenden Themenbereichen zur Verfügung:

Fachstatistiken:

Arbeitsuche, Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung

Ausbildungsmarkt

Beschäftigung

Einnahmen/Ausgaben

Förderung und berufliche Rehabilitation

Gemeldete Arbeitsstellen

Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II)

Leistungen SGB III

Themen im Fokus:

Berufe

Bildung

Corona

Demografie

Eingliederungsbilanzen

Entgelt

Fachkräftebedarf

Familien und Kinder

Frauen und Männer

Langzeitarbeitslosigkeit

Menschen mit Behinderungen

Migration

Regionale Mobilität

Wirtschaftszweige

Zeitarbeit

Die Methodischen Hinweise der Statistik bieten ergänzende Informationen.

Die Qualitätsberichte der Statistik erläutern die Entstehung und Aussagekraft der jeweiligen Fachstatistik.

Das Glossar enthält Erläuterungen zu allen statistisch relevanten Begriffen, die in den verschiedenen Produkten

der Statistik der BA Verwendung finden.

Abkürzungen und Zeichen, die in den Produkten der Statistik der Bundesagentur für Arbeit vorkommen, werden im

Abkürzungsverzeichnis bzw. der Zeichenerklärung der Statistik der BA erläutert.

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